About Baroque Juli 2015

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ABOUT BAROQUE Das Magazin des Freiburger Barockorchesters JULI | 2015 2. JAHRGANG KANTATEN MIT PHILIPPE JAROUSSKY Ein Sängerstar entdeckt für sich Bach und Telemann BRANDENBURGER IN ITALIEN Mit der Visitenkarte des FBO ins Land des Concerto grosso RESIDENZ IN AIX-EN-PROVENCE II Der zweite Sommer mit Freiburger Klängen in der Provence

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Das Magazin des Freiburger Barockorchesters

Transcript of About Baroque Juli 2015

  • A b o u t

    Baroque Das Magazin des Freiburger Barockorchesters

    Juli | 20152. JAhrgAng

    Kantaten mit PhiliPPe JaroussKy Ein Sngerstar entdeckt fr sich Bach und Telemann

    BrandenBurger in italien Mit der Visitenkarte des FBO ins Land des Concerto grosso

    residenz in aix-en-Provence ii Der zweite Sommer mit FreiburgerKlngen in der Provence

  • 3Liebe Freunde des Freiburger Barockorchesters,

    wir freuen uns, Ihnen mit der vorliegenden Ausgabe von About Baroque das erste Heft aus dem zweiten Jahrgang unseres Magazins prsentieren zu knnen. Auf dem Titelbild sehen Sie einen Aus-schnitt vom Konzerthaus Freiburg mit dem FBO-Banner ber dem Eingang, wie vor jedem unserer Konzerte. Die Saison 2015 |16 ist die zwanzigste Konzertsaison des Freiburger Barockorchesters im Konzerthaus! Kein Wunder, dass unsere Konzerte hier als Heim-spiel laufen. Auch in der Stuttgarter Liederhalle und der Berliner Philharmonie haben wir seit der Saison 1999/2000 eine eigene Konzertreihe, in der sich unsere Musiker ebenfalls zuhause fhlen.

    Freiburg, Stuttgart, Berlin: Diese drei Heimspielorte bilden die Konstante innerhalb eines reichhaltigen Tourneekalenders. An diesen Orten erproben unsere Musiker besondere Programmideen, musika-lische Entdeckungen, auffhrungspraktische Eigenheiten im Zusam-menspiel mit einem vertrauten Publikum, das sie regelmig in ihrem Konzertsaal erlebt. Manchmal sind Heimspiele Ausgangspunkt oder hochwillkommener Zwischenstopp einer internationalen Konzert-tournee.

    Womit wir bei den Auswrtsspielen angelangt wren, dem zweiten Standbein des Freiburger Barockorchesters, von denen unsere Heimspiele genauso profitieren. Schon ihre groe Anzahl und die Exklusivitt der Auftrittsorte sprechen fr sich: Festival Internatio-nal dArt Lyrique dAix-en-Provence, Concertgebouw Amsterdam, Liceu Barcelona, Wiener Musikverein, Lincoln Center New York

    About Baroque gibt Ihnen einen detaillierten Ausblick auf smt-liche Heimspiele und Auswrtsspiele des Freiburger Barock- orchesters in den nchsten zwlf Monaten. Als inhaltliches Portfolio begngt sich unser Magazin nicht mit der bloen Annoncierung der einzelnen Projekte. Es mchte Sie vielmehr mit den inneren Zusam-menhngen und musikalischen Besonderheiten unserer Programme vertraut machen. Damit werfen Sie einen Insiderblick auf die Arbeit unserer Musiker und sind zugleich bei jedem ihrer Auftritte mit von der Partie: als interessierte Leser oder (im schnsten Fall) als neugierige Hrer, nachdem Sie die vorliegende Ausgabe von About Baroque gelesen haben.

    In jedem Fall wnschen wir Ihnen eine anregende Lektre!

    Ihr FBO

    Ausblick

    DR . H E G E R

    Weingut Dr.Heger Weinhaus Heger Bachenstrae 19 -21 D-79241 Ihringen/Kaiserstuhl Tel.+49 (0)7668 -995110 www.heger-weine.de

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    Musikalische Horizonte

    Residenz in Aix-en-Provence IIDer zweite Sommer mit Freiburger Klngen in der Provence

    Orfeo alla danzaSasha Waltz und das Freiburger BarockConsort: der Tanz geht weiter

    When I am laid in earth17. Jahrhundert trifft Gegenwart

    Bach und KollegenGipfeltreffen mit Thomaskantor und geschtzten Zeitgenossen

    Don Giovanni konzertantRen Jacobs und das FBO verfhren mit Mozarts Oper aller Opern

    Ensemble-Akademie Freiburg 2015Zwei Ensembles unterrichten Alte und Neue Musik im Dialog

    Le rivali concordiEine musikalische Ausgrabung kehrt zurck nach Hannover

    Grand Concert pour Louis XIV.Musik fr den Sonnenknig aus seinem engsten Kreis

    Mozart mit (und ohne) Christian Gerhaher Dreamteam on tour

    Wiener DreigestirnDer moderne Klang einer historischen Sitzordnung

    Alte Musik fr junge OhrenLebendiger geht nicht: die Jugendarbeit des FBO

    Kantaten mit Philippe JarousskyEin Sngerstar entdeckt fr sich Bach und Telemann

    Silvesterkonzert Bachs Weihnachtsoratorium als perfekte Musik zum Jahreswechsel

    Al modo dOrfeo Hommage im Kleinen mit Kammerkantaten und Konzerten

    10 Jahre Theater an der WienRen Jacobs und das FBO gratulieren mit Mozarts Idomeneo

    Telemanns Seliges ErwgenEin selten gespieltes Passionsoratorium zur Vorosterzeit

    Brandenburger in Italien Mit der Visitenkarte des FBO ins Land des Concerto grosso

    Spa und SportEin musikalischer Vorgeschmack auf die Olympischen Spiele

    Beethovens Missa Solemnis mit dem KreuzchorDresden ist immer eine Messe wert

    Tritt auf die GlaubensbahnWeimarer Kantaten: so jung war Bach nie wieder!

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    klassische Stimmton auch fr das Konzertprogramm, die Morgenrte der Romantik aus der vergangenen Saison, da man zu Mendelssohns Zeiten seine Werke noch mit dem Instrumentarium der Wiener Klassik auffhrte. Historische Auffhrungspraxis beinhaltet eben auch gewisse Grenzen; sie zu berschreiten erfordert Kreativitt und Flexibilitt. Vor allem, wenn man als Opernorchester auch noch teilweise in die Bhnenhandlung eingebaut wird, wie es Simon McBurney in der letztjhrigen Zauberflte mit dem FBO getan hat. Wie es in diesem Jahr werden wird wer wei? Gerade Martin Kusej, der Regisseur der Entfhrung aus dem Serail, ist fr unkonventionelle Ideen bekannt

    Fhrt man im Juli nach Aix-en-Provence, erlebt man nahezu paradiesische Zustnde. Sicher, das Wetter ist schn, die Landschaft herrlich, eine ausgezeichnete Kche und feine Weine locken. Das kann man hier auch in anderen Monaten haben. Aber nur im Juli dreht sich alles ums rtliche Festival, die ganze Stadt ist geflaggt mit seinen Farben, und an jeder Ecke sieht man ins Gesprch vertiefte oder sinnend vor sich hin flanierende Menschen, bei denen sich alles eindeutig um eben dieses Festival zu drehen scheint. Anders als beispiels-weise in Salzburg geht es hier jedoch nicht ums Sehen und Gesehen-Werden, um das internationale Klassentreffen eines kulturellen Jetsets. Dem stehen provenzalische Lebensart, das beschauliche Aix und die vor allem rtliche Verwurzelung des Festivals in eben dieser beschaulichen Stadt entgegen, denn die frhere Hauptstadt der Provence existiert in den anderen Monaten des Jahres ohne das Festival genauso idyllisch und genieerisch weiter. Umgekehrt sind es nicht zuletzt seine Unabhngigkeit und sein Flair, die dieses Festival so beson-ders machen. Vielleicht ist das ja einer der Grnde, warum die Musiker vom Freiburger Barockorchester aus der kleinen, sddeutschen Universittsstadt so gut nach Aix passen: Vieles kommt ihnen hier sehr bekannt vor. Dafr sind sie bereit, einige Strapazen auf sich zu nehmen, die ihren Kollegen aus traditionellen Sinfonieorchestern fremd sein drften: Fr die beiden Opern, die in unterschiedlichen Stimmtonhhen zu spielen sind (Hndels Alcina in 415 Hz, Mozarts Entfhrung aus dem Serail in 430 Hz), verwenden sie unterschiedliche Instrumente barocke und klassische. Vor allem fr die Blser macht dies einen eklatanten Unterschied, und da die Opern tglich alternierend auf dem Spielplan stehen, haben sie einige Herausforderungen zu meistern. Glcklicherweise gilt der

    Der erste Teil der auf drei Jahre angelegten Residenz beim Festival International dArt Lyrique dAix-en-Provence war eine groartige Erfahrung fr die Musiker des FBO. 2014 brillierten sie als Opernorchester mit Hndels Ariodante und Mozarts Zauberflte sowie als Konzertorchester mit einem Barock- und einem Klassikprogramm. 2015 widmen sie sich erneut einer Hndel- und einer Mozart-Oper. Auerdem machen sie sich im Konzert auf den Weg in die Romantik. Vielseitiger kann man sich kaum prsentieren.

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    W. A. MozartDie Entfhrung aus dem Serail KV 384 **

    Jane ArchibaldKonstanze

    Daniel BehleBelmonte

    Rachele GilmoreBlondchen

    David PortilloPedrillo

    Franz-Josef Selig/Mischa SchelomianskiOsmin

    Tobias MorettiBassa Selim

    Martin KusejRegie

    Chor MusicaAeterna

    Freiburger Barockorchester

    Jrmie RhorerDirigent

    KONZERT ***J. C. de Arriaga, Ouvertre zu Los Esclavos Felices

    L. v. Beethoven, Klavierkonzert Nr. 3 c-Moll op. 37

    F. Mendelssohn, Sinfonie Nr. 3 a-Moll op. 56 Schottische

    Kristian BezuidenhoutHammerklavier

    Freiburger Barockorchester

    Pablo Heras-CasadoDirigent

    G. Fr. HndelAlcina HWV 34 *

    Patricia PetibonAlcina

    Philippe JarousskyRuggiero

    Anna ProhaskaMorgana

    Anthony GregoryOronte

    Katarina BradicBradamante

    Krzysztof BaczykMelisso

    Katie MitchellRegie

    Freiburger Barockorchester

    Andrea MarconDirigent

    Festival International dArt Lyrique dAix-en-Provence

    2., 4., 10., 12., 16., 18., 20. Juli 2015 | 19 UhrAix-en-Provence (F), Grand Thtre de Provence*

    3., 6., 8., 11., 13., 17., 21. Juli 2015 | 21.30 UhrAix-en-Provence (F), Thtre de lArchevch * *

    15. Juli 2015 | 20 UhrAix-en-Provence (F), Grand Thtre de Provence * * *

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    1., 2., 3., 5., 6. Juli 2015 | 19.30 UhrBerlin, Staatsoper im Schillertheater

    20., 21., 23., 24. Mai 2016 | 20 UhrLille (F), Opra

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    C. MonteverdiLOrfeo

    Sasha WaltzRegie

    Alexander SchwarzBhnenbild

    Sasha Waltz & GuestsTanzcompagnie

    Torsten JohannLeitung

    Georg NiglOrfeo

    Anna Lucia RichterEuridice / La Musica

    Charlotte HellekantMessaggiera / La Speranza

    Douglas WilliamsCaronte

    Konstantin WolffPlutone

    Luciana ManciniProserpina

    Vocalconsort Berlin

    Freiburger BarockConsort

    Ma an Freiraum fr Musiker und Snger zur Entfaltung ihrer eigenen Persnlichkeit. Siehe Georg Nigl.

    Dass umgekehrt hiervon auch die Tnzer Impulse erhalten sollen, ist Teil des Plans. Und ist durchaus riskant, wie die Financial Times nach der Amsterdamer Premiere analysiert: Das Problem in der Kombination von Tnzern und Sngern ist, dass sich beide gegenseitig keinen Gefallen zu tun scheinen. Die Snger lassen die Tnzer stumm und die Tnzer die Snger steif aussehen. In ihrer neuen Produktion von Monteverdis Orfeo fr die Nederlandse Opera hat Sasha Waltz gleich beide Probleme gelst. Ihre Snger tanzen, und ihre Tnzer singen. Das Ergebnis ist eine nahezu perfekte Synthese zweier Genres, ein nahtloser Fluss von Klang und Bewegung.

    Das Risiko hat sich gelohnt: Der Orfeo ist so lebendig wie nie zuvor

    Die besten Ideen sind ganz einfach (man muss allerdings erst einmal darauf kommen). So wie die von Sasha Waltz zu Claudio Monteverdis Orfeo. Eine getanzte Inszenierung wrde, so dachte sich die Choreografin, der ersten Oper der Musik-geschichte im wahrsten Sinne des Wortes auf die Sprnge helfen. Darunter ist nicht einfach nur die Mitwirkung von Tnzern zu verstehen nein: hier ist alles Tanz, die Snger werden ebenso von den Tnzern angesteckt wie die Musiker vom Freiburger BarockConsort, die sich auf der Bhne (zu deren beiden Seiten sie ansonsten platziert sind) gelegentlich unter die Protagonisten mischen. Das lebendige Ergebnis verblfft, denn es scheint, als htte diese Oper nie anders als in dieser Form existiert. Und das Publikum erlebt nichts weniger als die Wiederauferstehung eines Gesamtkunstwerks aus Musik, Bhne, Tanz.

    Doch dieses Projekt ausschlielich an der beflgelnden Wirkung des Tanzes festzumachen, greift zu kurz. Nicht um-sonst wird in dieser Oper die Wirkung von Musik verhandelt und die Macht des Gesangs zum Thema gemacht. Verkrpert wird letzteres durch die Gestalt des Sngerhalbgotts Orpheus, und Georg Nigl ist ein auergewhnlicher Orfeo: Nigl ist das Herzstck des Abends, ein Monomane, ein Leidensmann, ein Meisterhedonist und ein Megavirtuose. So hemmungslos wie Nigl das Glck aussingt, endlich Euridice rumgekriegt zu haben, so hemmungslos jammert er auch ber ihren Verlust in der Unterwelt, hat Reinhard Brembeck in der Sddeutschen Zeitung ber die Amsterdamer Premiere geschrieben. Auch dieses Lob spricht fr die Qualitt der Inszenierung, in der Orfeo alla danza nicht den bloen Tanz meint, sondern von einer Rckbesinnung auf das Krperliche in einer Oper durch den Tanz ausgeht. Dazu gehrt auch ein gertteltes

    In Amsterdam, Luxemburg und Bergen hat Monteverdis getanzter Orfeo von Sasha Waltz mit ihrer Tanzcompagnie und dem Freiburger BarockConsort fr Furore gesorgt. Das Publikum staunte ber die tnzerische Qualitt dieser Oper und ber die Selbstverstndlichkeit, mit der die Musiker aus Freiburg mit Tnzern wie Sngern agierten, sich sogar auf der Bhne unter sie mischten. Jetzt geht der Tanz weiter, mit Auffhrungen in Berlin und Lille.

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    4. und 7. Juli 2015 | 20 UhrBerlin, Staatsoper im Schillertheater | INFEKTION! Festival fr Neues Musiktheater

    Einen hnlichen Bezug zwischen Werken aus weit vonein-ander entfernten Jahrhunderten beinhaltet das Konzert- programm vom Freiburger BarockConsort. So wie die beiden Opern auf lteres (mythologisches) Material zurckgreifen, bezieht sich das vom ensemble recherche initiierte Witten In Nomine Broken Consort Book auf die englische In nomine-Tradition des 16. und 17. Jahrhunderts. Zugleich lassen sich die zeitgenssischen Kompositionen dieser offe-nen Sammlung (die bestndig weiterwchst) wunderbar mit Originalwerken aus dem England des 17. Jahrhunderts kombinieren. Den Kern des Programms bildet das titel- gebende Lamento der Dido aus Purcells Oper Dido and Aeneas: When I am laid in earth. Stilistisch bezieht sich Purcell eindeutig auf die italienischen Lamenti vom Ende des 17. Jahrhunderts, beispielsweise auf Giovanni Legrenzis Lamento der Venus aus seiner Oper La divisione del mondo. An Purcells Lamento schliet ausdrucksstark Isabel Mundrys Der letzte Seufzer an, erneut gefolgt von Purcells Song Oh Solitude, an den wiederum Claus-Steffen Mahnkopfs requiescant in pace. In memoriam victimarum christianitatis andockt, ein im unteren Schallbereich angesiedeltes Stck, das nicht nur die Stimmung des Purcell-Songs aufzugreifen scheint, sondern zugleich in Anthony Holbornes Image of Melancholy berleitet. In diesem Programm ergnzen, er-lutern sich Alte und Neue Musik gegenseitig und kreieren eine ganz eigene, gemeinsame musikalische Atmosphre. Am Ende ist die Trennung zwischen den Jahrhunderten aufgehoben. Was bleibt, ist ein Universum des Augenblicks.

    Manchmal sind Dramaturgen besonders glckliche Menschen, nmlich dann, wenn sie aus der Not eine Tugend zu machen und aus zwei auf den ersten Blick unvereinbaren Klangwelten ein schlssiges Ganzes zu formen haben. Wie schlgt man eine musikalische Brcke zwischen LOrfeo von Claudio Monteverdi, der ersten Oper der Musikgeschichte, und der Oper Matsukaze von Toshio Hosokawa, deren Stoff auf einem Klassiker des japanischen N-Theaters basiert?

    Schon die Idee der Berliner Staatsoper, in ihrem Festival LOrfeo und Matsukaze nebeneinander zu stellen, ist absolut faszinierend: Beide Opern beziehen sich auf eine Art thea-tralische Urform, Monteverdis Oper erzhlt als Grndungs-dokument der europischen Gattung einen der ltesten Mythen der Musik, und Hosokawas Komposition aus dem Reich des N-Theaters geht zurck auf eine japanische Theaterform des 14. Jahrhunderts, deren Stcke meist aus der Mythologie stammten und sowohl gesungen als auch getanzt aufgefhrt wurden. Diese Paritt von Gesang und Tanz findet sich in beiden Inszenierungen von Sasha Waltz und verbindet beide Opern miteinander. Hinzu kommt, dass die Geschichte von Matsukaze wie eine Art Negativfolie zu der des Orfeo wirkt: Das Stck handelt von zwei Schwestern, die, von unerfllter Zuneigung zu einem Mann beherrscht, als Totengeister ins Diesseits zurckkehren (also genau um-gekehrt zur Geschichte von Orpheus, der als Lebender zu seiner verstorbenen Frau in das Reich der Toten hinabsteigt, um sie zurckzuholen).

    Zwischen den Berliner Auffhrungen von Monteverdis Orfeo ist das Freiburger BarockConsort im Schillertheater auch in zwei Konzerten zu hren. Ihr Programm schlgt eine Brcke zwischen der Musik Monteverdis aus dem 17. Jahrhundert und der des zeitgenssischen Komponisten Toshio Hosokawa, dessen Oper Matsukaze (wie der Orfeo inszeniert von Sasha Waltz) ebenfalls im Rahmen des INFEKTION!-Festivals aufgefhrt wird. When I am laid in earth verbindet Stcke von Henry Purcell und seinen Zeitgenossen mit Werken, die im Auftrag des WDR fr das Witten In Nomine Broken Consort Book geschrieben worden sind. Eine spannende Mischung ber die Jahrhunderte.

    William Lawes (1602 1645)Set a 5 in C major

    Bryn Harrison (*1969)In nomine after William Byrd

    Salvatore Sciarrino (*1947)In Nomine Nominis

    Henry Purcell (1659 1695)Thy hand Belinda When I am laid in earth (aus Dido and Aeneas Z. 626)

    Isabel Mundry (*1963)Der letzte Seufzer

    Henry PurcellOh Solitude Z. 406

    Claus-Steffen Mahnkopf (*1962)requiescant in pace. In memoriam victimarum christianitatis

    Anthony Holborne (1545 1602)The Image of Melancholy

    Toshio Hosokawa (*1955)A song from far away in Nomine

    Thomas Tallis | Grard Pesson (*1958)In nomine instrumentation colore II

    Henry PurcellIf music be the food of love Z. 379

    Henry PurcellSweeter than roses Z. 585

    Brice Pauset (*1965)In stilo fantastico

    Matthew Locke (1610 1677)Suite No. 1 in D minor

    Klaus Huber (*1924)In Nomine Ricercare il nome

    Mitglieder der Staatskapelle Berlin

    Dorothee MieldsSopran

    Freiburger BarockConsort

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    G. Ph. TelemannOuvertre B-Dur TWV 55: B 1 und Conclusion B-Dur TWV 50:10 (aus: Musique de Table, III. Production)

    J. S. BachCembalokonzert f-Moll BWV 1056

    J. Fr. FaschConcerto d-Moll fr Violine und Oboe FWV L:d 4

    J. D. ZelenkaHipocondrie 7 Concertanti ZWV 187

    J. S. BachCembalokonzert g-Moll BWV 1058 Cembalokonzert A-Dur BWV 1055

    Andreas StaierCembalo

    Susanne Regel*Oboe

    Ann-Kathrin BrggemannOboe

    Freiburger Barockorchester

    Petra Mllejans Violine und Leitung

    nur eine kleine Abteilung innerhalb seines uvres dafr ist sie sehr eigenstndig (fast schon eigensinnig) und ausdrucks-stark. Seine Hipocondrie berrascht den Hrer immer wieder mit abrupten Wechseln in Harmonik, Rhythmik und Melodik. In der perfekten Handhabung des Orchestersatzes zeigt sich, dass Zelenka obendrein im besten Ensemble seiner Zeit spielte. Hipocondrie ist eines der Leib- und Magenstcke des Freiburger Barockorchesters. Anders verhlt es sich mit Bach und Johann Friedrich Fasch: Persnlich kannten sie sich nicht, obwohl sich ihre bio- graphischen Lebenslinien durchaus kreuzten, sei es ber gemeinsame Bekannte (Telemann, Pisendel, Zelenka) oder bei der gleichzeitigen Bewerbung um das Amt des Leipziger Thomaskantors. Letztere zog Fasch allerdings wieder zurck, als er 1722 am Hof von Anhalt-Zerbst eine Lebensstellung als Kapellmeister erhielt. In seiner Zeit wurde er als der berhmte Herr Capellmeister Fasch zu Zerbst geschtzt (Friedrich Wilhelm Marpurg, Historisch-Kritische Beytrge zur Aufnahme der Musik von 1756). Viele seiner Werke kursierten in Abschriften im mitteldeutschen Raum, auerdem sorgten Faschs Bekannte fr ihre Verbreitung. So kann man davon ausgehen, dass Bach Faschs Musik durchaus gekannt, ja viel-leicht sogar zum Teil in der eigenen Konzertreihe im Cafe-Hau Zimmermann aufgefhrt hat. Immerhin bentigte er ein groes Repertoire fr die Programme dieser Konzertabende, in denen er selbst auch mit seinen Cembalokonzerten als Orchesterleiter und Solist wirkte. Bach und Kollegen ermglicht uns Heutigen ein inspiriertes Gipfeltreffen groer Barockkomponisten in trauter Runde, das den Zeitgenossen des 18. Jahrhunderts so nie vergnnt gewesen ist.

    Kann man sich den einzigartigen Bach in einer kollegialen Gesprchsrunde mit anderen Komponisten seiner Zeit vor-stellen? Schwerlich. Dafr ist unser Bild von Bach einfach zu sehr von seiner einsamen musikalischen Gre bestimmt. Tat-schlich kannte Bach einige seiner zeitgenssischen Kollegen. Mit Georg Philipp Telemann hatte er sich in seiner Zeit am Weimarer Hof (1708 1717) angefreundet, als dieser im nicht weit entfernten Eisenach als Hofkapellmeister wirkte (1708 1712). 1714 machte Bach ihn sogar zum Patenonkel seines Zweitgeborenen Carl Philipp Emanuel. Telemanns Musique de Table von 1733 war ein groer Wurf, der fr Aufsehen sorgte: als kompositorisches Vademecum smtlicher Instrumentalgattungen und Stile des Barock und als verlege-rische Grotat einer europaweit zur Subskription angebotenen Werkausgabe. Eine Werkausgabe, die Bach natrlich kannte, und die von Hndel nicht nur subskribiert, sondern auch fr eigene Kompositionen als Anregung genutzt wurde Den seit 1710/11 in Dresden engagierten Jan Dismas Zelenka kannte der ab 1723 in Leipzig wirkende Thomaskantor eben-falls persnlich. Ursprnglich Kontrabassist in der berhmten Dresdner Hofkapelle, machte sich Zelenka in der Elb- metropole schnell als versierter Komponist vor allem von Kirchenmusik einen Namen. Faktisch leitete er zwischen 1728 und 1733 die Hofkapelle als Kapellmeister, doch wurde ihm eine tatschliche Ernennung stets verwehrt (die statt-dessen Johann Adolph Hasse 1734 erhielt). Immerhin ernannte Friedrich August II. Zelenka 1735 zum Kirchen-Compositeur. Bach, der mit vielen Mitgliedern der Hofkapelle in Kontakt stand und 1736 den Ehrentitel eines Kniglich-Polnischen und Kurfrstlich-Schsischen Hofcompositeurs erhielt, schtzte dessen Musik sehr, wie sein Sohn Carl Philipp Emanuel spter zu berichten wusste. Zelenkas Orchestermusik bildet zwar

    Im August 2015 erscheint eine Doppel-CD mit sieben Cembalokonzerten von Johann Sebastian Bach bei harmonia mundi France: mit Andreas Staier und dem Freiburger Barockorchester unter der Leitung von Petra Mllejans. Auf einer groangelegten Tour, die bis in den Februar 2016 reicht, prsentieren die Musiker drei der Cembalokonzerte in Kombination mit Werken von Komponistenkollegen des Thomaskantors, mit denen er entweder persnlich zu tun hatte, oder deren Musik er kannte und schtzte.

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    22. August 2015 | 20.15 UhrBasel (CH), Martinskirche*

    24. August 2015Santander (E), Festival *

    26. August 2015Warschau (PL), Polskie Radio (W. Lutoslawski Studio)*

    3. September 2015 | 20 UhrBarockkloster St. Mang, Kaisersaal | Festival Vielsaitig*

    31. Januar 2016 Antwerpen (B), Amuz | Festival van Vlaanderen

    1. Februar 2016 | 20.15 Uhr Groningen (NL), De Oosterpoort

    3. Februar 2016 | 20 UhrWangen/Allgu, Stadthalle

    4. Februar 2016 | 20 UhrStuttgarter Liederhalle, Mozartsaal

    5. Februar 2016 | 20 UhrKonzerthaus Freiburg, Rolf-Bhme-Saal

    8. Februar 2016 | 20 UhrBerliner Philharmonie, Kammermusiksaal

    10. Februar 2016Ljubljana (SLO), Cankarjev Dom

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    Der vielumjubelte Erfolg der Urauffhrung ihres Il dissoluto punito ossia Il Don Giovanni am 29. Oktober 1787 im Grf-lich-Nostizschen Nationaltheater von Prag gab ihnen recht.

    brigens fhrte Mozart damals selbst die Bhnenregie und studierte die Szenen mit seinen Sngern ein. Nikolaus von Nissen, Constanze Mozarts zweiter Mann, berichtet in seiner Mozart-Biografie von 1828: Mozart studirte selbst die Rollen mit einem jedem der genannten Mitglieder ein. Da nun bey der ersten Probe dieser Oper im Theater Signora Bondini als Zerlina zu Ende des ersten Actes, da, wo sie vom Don Juan ergriffen wird, nach mehrmaliger Wiederholung nicht gehrig und in dem wahren Augenblicke aufzuschreyen vermochte, so verlie Mozart das Orchester, ging auf die Bhne, lie die Scene noch einmal wiederholen und wartete den Augenblick ab, ergriff sie dann in demselben so schnell und gewaltig, dass sie ganz erschrocken aufschrie. So ist es recht, sagte er dann, sie dafr belobend, zu ihr, so muss man aufschreyen.

    Wie Mozart damals bringt Ren Jacobs heute seine (halb-)szenische Deutung des Stcks auf die Konzertbhne, allerdings ohne sich an den Sngern zu vergreifen. Fr ihn bietet die historisch verbrgte Besetzung der Rollen des Masetto und Commendatore durch einen Snger den Aufhnger, um die bekannte Geschichte etwas anders zu erzhlen: Masetto, dessen Braut von Don Giovanni hartnckig umworben und belstigt wird, beschliet, sich an diesem zu rchen und sucht ihn in der Verkleidung des ermordeten Commendatore heim

    Verfolgt man genauer die Arbeit von Ren Jacobs, dann verblffen immer wieder sein Mut zu unkonventionellen Entscheidungen sowie die Bereitschaft, frher getroffene musikalische Entscheidungen zu berdenken, ja sogar noch einmal ganz anders zu realisieren. Mozarts Don Giovanni ist hierfr ein gutes Beispiel. 2006, bei den Innsbrucker Fest-wochen, hatte Jacobs mit dem Freiburger Barockorchester noch philologisch sauber zwischen der frheren Prager und der spteren Wiener Auffhrungsgestalt des Werks unter-schieden (und deshalb zwei unterschiedliche Opernabende einstudiert). 2015, im Rahmen einer groen konzertanten Tour, entscheidet er sich fr die an internationalen Opern-bhnen bliche Mischfassung mit beiden Don-Ottavio Arien (Dalla sua pace und die in Wien eigentlich anstelle der ersten eingefgte Il mio tesoro intanto) sowie mit dem fr die Sngerin der Donna Elvira in Wien hinzukomponierten Recitativo accompagnato In quali eccessi, o numi und der Arie Mi trad quell alma ingrata. Warum etwa aus wissenschaftlicher Laxheit? Ganz und gar nicht: aus purer Spielfreude!

    Ursprnglich gar nicht als Opernlibretto vorgesehen, handelt es sich bei der Geschichte des Don Giovanni um ein aus mehreren Versatzstcken zusammengesetztes Stck mit springender, nicht immer logisch verlaufender Handlung, die an wechselnden Orten stattfindet. Es enthlt grotesk-komische und tragische Elemente, garniert mit der Sphre des bernatrlichen und Wunderbaren, eine Vielfalt, die jeder dramatischen Regel spottet. Mozart und sein Librettist Da Ponte sahen hier ihre Chance, vor allem, weil gerade Prag eine spezifische Don Giovanni-Tradition vorzuweisen hatte, auf die sie sich in zahlreichen Anspielungen beziehen konnten.

    Nach Spanien, China und Paris beglcken Ren Jacobs, das Freiburger Barock-orchester und eine groartige Sngerbesetzung nun Prag und Freiburg mit der Oper aller Opern: Mozarts Don Giovanni verkrpert ein Musiktheater, wie man es kein zweites Mal zu hren bekommt. Erst recht nicht im Konzertsaal,wenn sich Ren Jacobs noch dazu eine halbszenische Inszenierung einfallen lsst, die selbst eingeschworene Opernaficionados die fehlende Theaterbhne mit allem Drum und Dran vergessen lsst.

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    10. September 2015 | 20 Uhr Prag (CZ), Rudolfinum | Dvok Festival *

    12. September 2015 | 19 UhrFreiburg, Konzerthaus**

    W. A. MozartIl dissoluto punito ossia Il Don Giovanni KV 527 (konzertant) [Prager Fassung mit zwei Wiener Ergnzungen]

    Johannes WeisserDon Giovanni

    Birgitte ChristensenDonna Anna

    Jeremy OvendenDon Ottavio

    Alex PendaDonna Elvira

    Marcos FinkLeporello

    Tareq NazmiMasetto & Il Commendatore

    Sunhae ImZerlina

    Khn Choir of Prague*

    Camerata Vocale Freiburg**

    Freiburger Barockorchester

    Ren JacobsDirigent

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    von auen Hinweise geben und in Stimmproben das Ganze vertiefen. Wichtig ist, dass die Nachwuchsbarocker von Anfang an die Arbeits- und Spielweise eines demokratisch organisierten und vom Konzertmeisterpult aus geleiteten Barockorchesters erleben und den Mut bekommen, eigene Akzente in der gemeinsamen Ensemblearbeit zu setzen.

    Am Beginn der Ensemble-Akademie steht das traditionelle Erffnungskonzert durch die Dozenten beider Ensembles, ihr Ende markiert ein groes Abschlusskonzert, das ausschlie-lich von den Teilnehmern bestritten wird. Dazwischen liegen morgendliche Vortrge und Kurzkonzerte, spannende Unter-richtseinheiten und inspirierende Begegnungen.

    Jedes Jahr veranstalten ensemble recherche und Freiburger Barockorchester ihre Ensemble-Akademie Freiburg. Die Aka-demie wendet sich an fortgeschrittene Studenten und pro-fessionelle Musiker. Im Zentrum steht der Unterricht im Ensemblespiel von Alter und Neuer Musik. Hinzu kommt Einzelunterricht bei den Dozenten beider Ensembles, auer-dem bietet das FBO alle zwei Jahre einen Orchesterkurs an, der den Nachwuchsmusikern das dirigentenlose Spiel in einem Barockorchester vermittelt. Zweifellos ein Alleinstellungs-merkmal, denn bisher bieten Musikhochschulen weder Kammermusikkurse in Alter und Neuer Musik noch einen Orchesterkurs im Spiel auf Barockinstrumenten an. Kein Wunder, dass sich jedes Jahr im September durchschnittlich 80 Teilnehmer aus 15 Nationen auf den Weg nach Freiburg machen, um in den Genuss dieser einzigartigen Ensemble-Akademie zu kommen. Zweimal sind die Musiker beider Ensembles sogar schon mit ihrer Akademie auf Tour gegangen. 2007 gings nach Mexiko, 2011 nach St. Plten. Die Ensemble-Akademie als Exportschlager und als Finger am Puls der Zeit: Einige Akademieteilnehmer haben inzwischen als Gast-musiker in Projekten des FBO mitgespielt (wie gerade erst im Sommer 2014 beim Festival dArt Lyrique dAix-en-Provence), auerdem geht die internationale Entwicklung in der Musiker-ausbildung zunehmend weg vom Spezialistentum. Viele Teilnehmer der Ensemble-Akademie melden sich inzwischen fr beides an Alt und Neu. Les extrmes se touchent

    Im diesjhrigen Orchesterkurs formieren sich die Akademie-teilnehmer zu zwei Barockorchestern und studieren, angeleitet von den FBO-Dozenten, Werke aus dem Kreis der Dresdner Hofkapelle (Pisendel, Heinichen) ein. Erstmalig werden sich die Dozenten nicht selbst ins Orchester setzen, sondern nur

    In diesem Jahr geht die Ensemble-Akademie Freiburg in das elfte Jahr ihres Bestehens. Was 2004 als einfache Meisterkurse von Musikern zweier Ensembles begann, hat sich inzwischen zu einer Veranstaltung von internationaler Strahl-kraft entwickelt, die unter dem gemeinsamen Dach des Ensemblehauses Alte und Neue Musik miteinander verbindet. 2015 bietet das Freiburger Barockorchester wieder einen Orchesterkurs an, in dem die Nachwuchsmusiker lernen, im Ensemble ohne Dirigenten und auf historischen Instrumenten die Klangrede eines Barockwerks zum Sprechen zu bringen.

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    Erffnungskonzert 16. September 2015 | 20 UhrFreiburg, Ensemblehaus

    Solo am Morgen mit Torsten Johann 16. September | 9 UhrEnsemblehaus

    mit Gottfried von der Goltz, Violine 17. September | 9 UhrEnsemblehaus

    mit Barbara Maurer 18. September | 9 UhrEnsemblehaus

    mit Jean-Pierre Collot, Klavier 19. September | 9 UhrEnsemblehaus

    Abschlusskonzert 20. September | 20 UhrEnsemblehaus

    Meisterkurse zur Auffhrungspraxis Alter und Neuer MusikFreiburger Barockorchester und ensemble recherche

    ErffnungskonzertG. Ph. Telemann: Ouvertre B-Dur TWV 55: B1 und Conclusion B-Dur TWV 50:10 (aus: Musique de Table, III. Production) J. Fr. Fasch: Concerto d-Moll fr Violine und Oboe FWV L:d 4 A. v. Webern: Streichtrio op. 20 J. Xenakis: Dmaathen B. Mantovani: Lre de rien

    Dozenten vom Freiburger Barockorchester und dem ensemble recherche

    Solo am Morgen mit Torsten Johann mit Gottfried von der Goltz, Violine mit Barbara Maurer mit Jean-Pierre Collot, Klavier

    AbschlusskonzertMusik aus dem 18. bis 21. Jahrhundert Teilnehmer der Ensemble-Akademie

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    26. September 2015Hannover, Galeriegebude

    Hoforganist. Bereits 1678 sehen wir ihn erneut auf Reisen, diesmal nach Paris, wo er Jean-Baptiste Lully persnlich kennenlernt, mit der franzsischen Oper in Kontakt kommt und sogar vor Louis XIV. auf dem Cembalo glnzen darf. Nach seiner Rckkehr ins Bayerische wird Steffani (der nebenbei Theologie studiert hat) 1680 zum Priester geweiht. 1681 schreibt er seine erste Oper Marco Aurelio, die ganz dem franzsischen Stil verpflichtet ist. Befrdert zum Direktor der Kammermusik, schreibt er weitere Opern fr den bayerischen Kurfrst Maximilian II. Emanuel, der den gewandten und sprachbegabten Musiker (Steffani sprach neben Italienisch Franzsisch, Deutsch, Spanisch und Latein) auch zunehmend als Geheimdiplomaten einsetzt. Ein zweites Berufsfeld, dem sich dieser mehr und mehr zuwenden wird besonders ab 1688, dem Jahr, in dem er als Hofkapellmeister an den Hof von Hannover wechselt. Der dortige Herzog Ernst-August strebt nmlich nach der Kurfrstenwrde, die er 1692 nicht zuletzt dank des Verhandlungsgeschicks seines Hofkapell-meisters auch erhlt. In der Oper Le rivali concordi kommen der geniale Musiker wie der geschmeidige Diplomat Steffani zu Wort: Ihre mytho-logische Handlung mit wechselnden Allianzen, Heirats- interessen, kriegerischen Auseinandersetzungen und einem wahrhaft diplomatischen happy end bezieht sich stark alle-gorisch auf die damalige barocke Realitt. In der Musik wiederum verbindet Steffani souvern italienische und franzsische Stilelemente zu einer eigenen Tonsprache, einem style mixte avant la lettre, in dem flieende Wechsel unterschiedlicher Affekte innerhalb einer Arie dem jeweiligen Protagonisten ein beinahe psychologisches Profil verleihen. Hannover kann sich auf einen besonderen Opernabend freuen!

    Mit diesem Programm aus dem spten 17. Jahrhundert sind die Freiburger hrbar wieder ganz bei sich, schreibt der Kritiker der Stuttgarter Zeitung zu dem konzertanten Querschnitt durch Steffanis Le rivali concordi, der am 9. Mai im Mozartsaal der Stuttgarter Liederhalle erklungen war. Und er schwrmt von diesem bisher unbekannten Stck, das FBO-Cembalist Torsten Johann da aus der Versenkung geholt, geschickt auf die Essenz seiner Handlung gekrzt und mit exzellenter Orchestermusik vom Hannoverschen Hof Ende des 17. Jahrhunderts zu einem mitreienden Konzert-abend kombiniert hat: Italienische Oper mit einer Prise franzsischem Lully in den exzellenten Holzblsern, das mythologische Personal vermenschlicht und dem aufkom-menden Rationalismus unterworfen. Eminent originell klingt, wie Steffani die Begleitstimme der Vokalisten mit eigener Motivik versieht, ganz unterschiedlich besetzt und damit auch innerhalb einer Arie wechselt: mit feinen chromatischen Effekten zur Vertiefung des Ausdrucks. Italienische Oper und Lully, Mythologie und Rationalismus: Die elegante Verbindung dieser unterschiedlichen Strmungen innerhalb eines Werks charakterisiert sehr gut die heraus-ragende Persnlichkeit und die Qualitt der Musik von Agostino Steffani (1654 1728). Nach erster musikalischer Ausbildung in Padua wird der erst vierzehnjhrige Steffani vom Mnchner Kurfrsten an seinen Hof mitgenommen und zum dortigen Organisten Johann Kaspar Kerll zur Ausbil-dung gegeben. Dieser bildet den Jungen im Cembalo- und Orgelspiel aus und vermittelt ihm erste Grundlagen in der Komposition. 1672 geht Steffani nach Rom zu Giacomo Carissimi und Ercole Bernabei und komponiert dort seine ersten Kirchenwerke. Mit Bernabei kehrt er 1674 nach Mnchen zurck dieser wird Hofkapellmeister, Steffani

    Im Mai, als Abschluss der vergangenen Konzertsaison, prsentierte das Freiburger Barockorchester unter der Leitung von Cembalist Torsten Johann in seiner Stuttgarter und Freiburger Konzertreihe eine echte Trouvaille: einen konzer-tanten Querschnitt durch Agostino Steffanis Oper Le rivali concordi. Im September 2015 bringen sie die 1693 fr den frisch gebackenen Kurfrsten Ernst-August und sein neu gebautes Opernhaus komponierte Musik wieder an ihrem Herkunftsort Hannover zum Klingen.

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    A. SteffaniLe rivali concordi (Opernquerschnitt)

    Sunhae ImSopran

    Miriam FeuersingerSopran

    David HansenAlt

    Knut SchochTenor

    Freiburger Barockorchester

    Torsten JohannLeitung

  • 2021

    3. Oktober 2015 | 14.15 UhrAmsterdam (NL), Concertgebouw*

    7. Oktober 2015 | 20 UhrKln, Philharmonie

    8. Oktober 2015 | 20 Uhr

    Berliner Philharmonie, Kammermusiksaal

    11. Oktober 2015 | 20 UhrStuttgarter Liederhalle, Mozartsaal

    12. Oktober 2015 | 20 UhrKonzerthaus Freiburg, Rolf-Bhme-Saal

    Knig verhaften und seinen Besitz beschlagnahmen. Auer-dem beschloss er, das alte Jagdschloss seines Vaters zu einer prunkvolleren Residenz auszubauen. So entstand die Zauber-insel Versailles, deren Freuden (plaisirs) Lully 1664 fr das Erffnungsfest besang.

    Einen anderen Illusionszauber fr die Zauberinsel Versailles schrieb Andr Campra 1699 fr den Knig, indem er mit seinem groangelegten opra-ballet die gesamte Szenerie in den Karneval von Venedig verlegte. Das Werk besteht aus einem Prolog, drei Akten, einem italienischen (Orfeo nellinferi: Orpheus in der Unterwelt) und einem franzsischen diver-tissement (Le Bal). Die Kombination von italienischen und franzsischen Stilmitteln zu einer franco-italienischen Eleganz und Natrlichkeit ist typisch fr Campra und charakterisiert die von ihm erfundene Gattung des opra-ballet.

    Intimer wird es mit Michel-Richard de Lalandes Deuxime Fantaisie ou Caprice, die vom Knig wohl besonders oft gewnscht und die stets zu seinem (vom Hofstaat beobach-teten) Zu-Bett-Gehen gespielt wurde. Dafr whlte der Lully-Nachfolger zarte Tne anders als in seinem strahlenden Concert de Trompettes. Jean-Fry Rebels tombeau fr Lully und Marin Marais virtuose Variationen ber Les folies dEspagne gehren ebenfalls in die knigliche Kammer.

    Aus diesem vielfltigen musikalischen Kosmos setzt sich das Louis XIV. gewidmete Grand concert zusammen, das von den Musikern des Freiburger Barockorchesters in dem tiefe-ren, samtig klingenden franzsischen Stimmton von 392 Hz aufgefhrt wird. Der Knig ist tot? Es lebe der Knig!

    Ltat cest moi. Der Ausspruch wird immer noch hart-nckig Louis XIV. zugeschrieben in dessen Regentschaft (1661 1715) sich alles auf seine Person konzentrierte: die Macht des Staates und die inszenierte Pracht ihrer Reprsentation. Den Knsten, dem Theater mit dem Ballett an erster Stelle, kam dabei eine groe Bedeutung zu, da sie den Bedrfnissen des Monarchen nach eindrucksvoller Selbst-darstellung besonders entsprachen. Jean-Baptiste Lully, seit 1653 Compositeur de la musique instrumentale und ab 1661 Surintendant de la musique du roi, war fraglos die zentrale Persnlichkeit im inneren Kreis um den Knig, den er denn auch nachhaltig prgte. In jungen Jahren stand er zusammen mit dem Monarchen als Tnzer auf der Bhne; sein Ballet royal de la nuit gab Louis 1653 in der Hauptrolle des Sonnen-gottes Apollo die Gelegenheit zu einem effektvollen Auftritt, der ihm wahrscheinlich den Spitznamen Sonnenknig eingebracht hat. Siebzehn Jahre spter verabschiedete sich der knigliche Tnzer ebenso prominent von der Bhne, die ihm die Welt erffnet hatte: In dem von Lully und Molire komponierten comdie-ballet Les amants magnifiques fr den Karneval im Februar 1670 tanzte Louis XIV. zum letzten Mal. Das Entre dApollon war der Tanz des Knigs, und mit ihm beginnt das Freiburger Barockorchester unter der Leitung von Gottfried von der Goltz sein Grand concert pour Louis XIV.

    Auch Jean-Baptiste Lullys Les plaisirs de lle enchante markierte ein wichtiges Ereignis. Nachdem 1661 der knig-liche Finanzminister Nicolas Fouquet seinen Herrn in seinen Palast in Vaux-le-Vicomte mit den beraus prachtvollen, von Andr le Ntre gestalteten Gartenanlagen zu einem rauschenden Fest eingeladen hatte, lie ihn der verrgerte

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    . Anlsslich des 300. Todestags von Louis XIV., dem Roi de Soleil, widmet ihm das Freiburger Barockorchester ein Programm mit Werken von Komponisten aus seiner engsten Umgebung. Die Regentschaft Louis XIV. steht fr ein goldenes Zeitalter der Knste vor allem der Musik in Frankreich, dessen charakte-ristischer Stil fr ganz Europa richtungsweisend wurde. Das Grand Concert pour Louis XIV. des FBO zeichnet mit ausgewhlten Musikwerken die schillernde Gre und Farbigkeit der Persnlichkeit von Louis le Grand nach, die bis heute nichts von ihrer Faszination verloren hat.

    J. B. LullyPrlude Entre dApollon Menuet des Trompettes (aus dem comdie-ballet Les amants magnifiques)

    J. B. LullySuite aus Les plaisirs de lle enchante

    M. MaraisLes folies dEspagne

    M.-R. de LalandeDeuxime Fantaisie ou Caprice que le Roi demandait souvent (aus Symphonies pour le souper du Roi)

    A. CampraSuite aus dem opra-ballet Le carnaval de Venise

    J.-F. RebelTombeau pour Monsieur de Lully

    M.-R. de LalandeConcert de Trompettes pour les festes sur le canal de Versailles

    Anstelle von M. Marais Les folies dEspagne:Fr. Geminiani, Concerto grosso d-Moll La Follia (nach Corelli)*

    Hille PerlViola da Gamba

    Jaroslav Roucek & Hannes RuxTrompete

    Charlie FischerPauke

    Freiburger Barockorchester

    Gottfried von der Goltz Violine und Leitung

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    20. Oktober 2015Barcelona (E), Liceu*

    21. Oktober 2015La Coruna (E)*

    23. Oktober 2015Luxemburg (L), Philharmonie*

    25. Oktober 2015 | 20.30 UhrPerugia (I), Teatro Morlacchi *

    28. Oktober 2015Gteborg (S), Konserthus*

    29. Oktober 2015Stockholm (S), Konserthus*

    30. Oktober 2015Stavanger (S), Konserthus

    31. Oktober 2015Malm (S), Konserthus

    15. Februar 2016 | 20 UhrKln, Philharmonie*

    17. Februar 2016Wien (A), Musikverein*

    18. Februar 2016Budapest, Filharmonia*

    25. Februar 2016 | 19.30 UhrNew York (USA), Lincoln Center*

    26. Februar 2016Ithaca (USA), Cornell University*

    29. Februar 2016Dublin (IRL), National Concert Hall *

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    Christian Gerhaher *Bariton

    Lorenzo CoppolaClarinette damour

    Kathrin TrgerVioline

    Freiburger Barockorchester

    Gottfried von der Goltz Violine und Leitung

    W. A. Mozart*Pariser Sinfonie D-Dur KV 297Arie Rivolgete a lui lo sguardo KV 584Arien aus Don Giovanni & Le nozze di FigaroKlarinettenkonzert A-Dur KV 622Kontretanz Les filles malicieuses KV 610

    W. A. MozartLinzer Sinfonie C-Dur KV 425Concertone C-Dur KV 190Klarinettenkonzert A-Dur KV 622Pariser Sinfonie D-Dur KV 297

    Hanswurst, sagt Christian Gerhaher, und seine Art, dessen Arien fein und geradezu nobel zu singen, gibt dieser Figur ein groes Ma an Wrde zurck. Er ist kein Intellektueller, keiner von den Eingeweihten, so Gerhaher, hat aber ein klares Gespr fr das, was er ist und das, was er nicht ist. Auch hinter den Arien des ewigen Verfhrers Don Giovanni sieht der Bariton menschliche Zge, die meistens bersehen werden: Die Canzonetta Deh vieni alla finestra singt er mehr mechanisch als wirklich von Herzen kommend. Er wei, wies geht hat er ja auch schon oft gemacht und so macht er es dann auch. Wie ein lange eingebtes Ritual. Bei Met di voi qua vadano ist das anders. Hier schickt er als Leporello verkleidet die ihn jagenden Bauern in die Irre und verprgelt danach den Masetto. Dieses Ruber-und-Gendarm-Spiel das mag er! Man merkt, dass sich der Ausnahme-snger mit jeder einzelnen Rolle intensiv beschftigt hat und sie im Gesang lebt. Deshalb stellt sich bei ihm am Ende von Don Giovannis Champagnerarie Fin chhan dal vino eine totale krperliche Erschpfung ein. Klar kalkuliert und dennoch mit Haut und Haaren hat er sich in ihr den Rausch des Titelhelden zu Eigen gemacht.

    Vor den beiden Konzerten, am Ende der Probenphase, gibt es nur noch strahlende Gesichter im Ensemblehaus. Ich habe mich bei Euch so unheimlich wohl gefhlt wie sonst kaum, gesteht Christian Gerhaher dem Orchester. Den Musikern um Gottfried von der Goltz geht es genauso. Wie schn, dass noch einige gemeinsame Konzerte vor ihnen liegen!

    Freiburg, in der ersten Januarhlfte 2015. Das FBO probt unter der Leitung von Gottfried von der Goltz mit Christian Gerhaher Arien aus Mozarts Le nozze di Figaro, Don Giovanni, Die Zauberflte sowie Rivolgete a lui lo sguardo, die ur-sprnglich fr den Guglielmo in Cos fan tutte vorgesehene und spter gestrichene Arie. Ein immenses Pensum ist zu bewltigen, denn zu den vielen Arien kommen noch die Linzer Sinfonie KV 425, das d-Moll-Klavierkonzert KV 466 (mit Kristian Bezuidenhout), die Sinfonia concertante fr Blser und Orchester KV 297B sowie ein paar kleinere Orchesterwerke von Mozart hinzu. Aus ihnen bilden sich zwei unterschiedliche Programme fr zwei aufeinander- folgende Konzertabende, die beide im Konzerthaus Freiburg stattfinden eins in der eigenen Konzertreihe des FBO und eins bei den Albert-Konzerten. Der identische Konzertort ist wichtig, denn die Arien und die Sinfonie werden von SONY mitgeschnitten und (nach einem zustzlichen Aufnahmetag) zu einer CD zusammengefgt, die im Juni 2015 erscheint.

    Im Oktober 2015 und im Februar 2016 geht es dann auf zwei ausgedehnte Tourneen, und zwar wieder mit zwei Program-men: eins mit Arien und Christian Gerhaher und eins als FBO pur, mit zwei Mozart-Sinfonien, dem Klarinetten-konzert und dem wunderschnen, allerdings nur selten gespielten Concertone fr zwei Violinen KV 190. Der Mozart-Ansatz Gerhahers begeistert mit seiner unglaublichen Art der Textdurchdringung. Hier ist ein Sprachknstler des Lied-gesangs am Werk, der keine Lautfrbung, keinen Wortakzent und kein Punkt oder Komma unbedacht interpretiert, her-ausarbeitet. Gerade die Arien des Papageno aus Mozarts Zauberflte profitieren davon. Fr mich ist der Papageno nicht einfach blo der Naturkasper oder ein unwissender

    Mit dem Bariton Christian Gerhaher und dem Freiburger Barockorchester haben sich zwei ideale Partner gesucht und gefunden. Nach einer erfolgreichen Tournee im Juli 2008, mit drei Konzerten in Lenox, New York und Montreal,traf man sich zu einer erneuten Zusammenarbeit im Januar 2015. Zwei Konzerte im heimischen Konzerthaus Freiburg standen im Kalender, dazu ein weiterer Aufnahmetag fr eine gemeinsame Mozart-CD, die gerade im Juni bei SONYerschienen ist. Sie bildet den Ausgangspunkt fr eine gro angelegte Konzert-tournee, die das dreamteam im Oktober 2015 nach Spanien, Luxemburg,Italien und Schweden sowie im Februar 2016 von Kln ber Wien in die USA und zum Schluss nach Irland fhren wird.

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    Ein anderer musikalischer Fingerabdruck findet sich in Wolfgang Amad Mozarts Klavierkonzert c-Moll KV 491, fr das die Musiker mit Kristian Bezuidenhout wieder zur traditionellen, nach Stimmen gegliederten Sitzordnung zu-rckkehren. Dieses Konzert aus dem Februar 1786 ist ein typisches Autorenkonzert, das sich Mozart als Solist auf seine gelufigen Finger komponiert hat. Doch weit mehr als ein Virtuosenstck zur Selbstdarstellung hat der Komponist hier ein modernes Konzept des Klavierkonzerts realisiert, das auf kommende Epochen vorausweist (gerade Ludwig van Beet-hovens drittes Klavierkonzert ist diesem Konzert sehr ver-pflichtet). Mozart schreibt ein sinfonisches Klavierkonzert, in dem vor allem die Blser eine wichtige Rolle bernehmen (es ist brigens nur eins von drei Konzerten mit Klarinet-ten!). In seinem Zentrum steht der dialogische Austausch zwischen Solist und Orchester, zwischen einzelnen Instru-mentengruppen innerhalb des Orchesters und zwischen smtlichen Musikern und einem mit- bzw. nachvollziehend hrenden Publikum. Dieser vielfltige musikalische Dialog mit einem Solisten in den eigenen Reihen funktioniert nur in der traditionellen Sitzordnung des Orchesters.

    Fr Ludwig van Beethovens sechste Sinfonie, die Pastorale, wagen die Musiker dann erneut das Experiment mit der durchmischten Sitzordnung aus Haydns London. Gerade einem Orchester ohne Dirigenten hilft sie sehr, da sie das Orchester noch kompakter, kammermusikalischer zusam-menschweit und berdies den Konzertmeister fr die Blser sehr gut sichtbar in der Mitte platziert. Mal sehen, wie das Ganze im tobenden Gewitter der Pastorale funktioniert

    Sieht man diese Orchestersitzordnung zum ersten Mal, kommt sie einem reichlich ungewhnlich vor: links sitzt zwar ein Pult erste Geigen, doch hinter ihnen ein Pult Brat-schen und dahinter ein Pult Celli, Kontrabsse. Rechts dann spiegelbildlich ein Pult zweite Geigen, Bratschen, Celli, Kontrabsse. Die weiteren Geigen verteilen sich nach innen, eingerahmt wird der Streicherkorpus von den im Halbkreis angeordneten Blsern. Und der Konzertmeister? Sitzt nicht vorne links, sondern steht in der Mitte des Ensembles vor den Blsern. Aber wenn das Orchester anfngt zu spielen, berwltigt einen der Klang: fein durchmischt und genau austariert, und der Eindruck drngt sich auf, eine moderne Hifi-Anlage auf der Konzertbhne zu erleben. Ganz davon zu schweigen, dass eine derartige Orchesteraufstellung tatsch-lich keines Dirigenten bedarf. Alles ist auf Kommunikation untereinander geeicht, der nach allen Seiten spielende und dirigierende Konzertmeister (eine Paraderolle fr Gottfried von der Goltz) ist berall gut zu sehen und kann selbst immer direkt ins musikalische Geschehen eingreifen.

    Kein Wunder, dass Haydns Londoner Sinfonien mit ihrer przis regulierten Klangregie als Prototyp einer modernen Sinfonik gelten, die bis zum Ende des 19. Jahrhunderts ihre Gltigkeit besa. Im Finale seiner Sinfonie Nr. 98 zieht er in ihrem Autograph zustzliche Notenlinien oberhalb der Sys-teme und notiert dort jeweils ein Violinsolo und ein Cem-balosolo: ersteres fr Johann Peter Salomon, den Impresario und Konzertmeister, letzteres fr sich selbst am Tasten- instrument. Auch das ist beraus modern, denkt man etwa an heutige Rock- oder Jazzkonzerte, in denen sich einzelne Bandmitglieder mit einer Soloimprovisation vorstellen.

    Auch wenn Pioniere wie Nikolaus Harnoncourt die Werkzeuge und das Voka-bular der historischen Auffhrungspraxis in den letzten Jahrzehnten auf den Weg gebracht haben, kann man heute immer noch kleine Entdeckungen machen, die berraschend Neues zutage frdern. Dazu gehrt eine historische Orchester-aufstellung, die Joseph Haydn ab 1793 fr die Auffhrung seiner zwlf Londoner Sinfonien in den Hanover Square Rooms verwendet hat. Das FBO unter der Leitung von Konzertmeister Gottfried von der Goltz bringt sie nun in den Konzertsaal und nutzt sie auerdem fr eine dirigentenlose Auffhrung von Beethovens Pastorale.

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    12. November 2015 | 20 UhrBerliner Philharmonie, Kammermusiksaal

    16. November 2015 | 20 UhrKonzerthaus Freiburg, Rolf-Bhme-Saal

    17. November 2015 | 20 UhrInnsbruck (A), Congress

    18. November 2015 | 20 UhrStuttgarter Liederhalle, Mozartsaal

    J. HaydnLondoner Sinfonie B-Dur Hob. I:98

    W. A. MozartKlavierkonzert c-Moll KV 491

    L. v. BeethovenSinfonie Nr. 6 F-Dur op. 68 Pastorale

    Kristian BezuidenhoutHammerklavier

    Freiburger Barockorchester

    Gottfried von der GoltzLeitung

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    FBOs Youth Sneak Preview Sonntag, 4. Oktober 2015 | 17 UhrFreiburg, Ensemblehaus

    Familienkonzert Sonntag, 29. November 2015 | 11 Uhr und 15 Uhr Freiburg, Ensemblehaus

    Schlerkonzert Mittwoch, 9. Mrz 2016 | 11 Uhr

    Freiburg, Ensemblehaus

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    FBOs Youth Sneak PreviewGrand Concert pour Louis XIV.

    FamilienkonzertVorweihnachtliche Musik mit vorgelesenen Geschichten

    SchlerkonzertHaydn: Der Zerstreute

    Freiburger Barockorchester

    Am 1. Advent bietet das FBO ein Familienkonzert an, mit passender Musik zur Vorweihnachtszeit (auf Instrumenten wie Schalmei, Pommer, Dudelsack), die stimmungsvoll mit vorgelesenen Weihnachtsgeschichten kombiniert wird. Wenn es dann schon kalt genug ist, gibt es bestimmt auch einen heien Glhwein dazu!

    Das Schlerkonzert bezieht sich mit Joseph Haydns Sinfonie Il distratto (Der Zerstreute) auf das Programm Spa und Sport vom April. Haydns Sinfonie ist da eindeutig fr den Spa zustndig: Zu Beginn ihres fetzigen Presto-Finales bricht pltzlich das ganze Orchester ab und die Geigen mssen ihre Saiten nachstimmen. Das hatten sie nmlich im Eifer des Gefechtes vergessen Die Musik wie auch ihre Darstellung durch die Musiker drfte fr ein vergngliches und zwangloses Beisammensein mit den Schlern sorgen. Alte Musik fr junge Ohren: Lebendiger geht nicht!

    Den Youth Sneak Preview des FBO gibt es inzwischen seit drei Jahren. Sein Titel orientiert sich an den Sneak Pre-views der Kinos, in denen ein Film schon vor seinem offizi-ellen Start einer ausgewhlten Zuschauerschar prsentiert wird. Hinter dem Preview des FBO verbirgt sich ein mode-riertes Konzert fr Schler ab 10 Jahren, in dem ausgewhlte Stcke aus dem Programm eines Freiburger Abonnement-konzerts oder aus einem Tourprogramm erlutert und von den Musikern erst in Ausschnitten und dann komplett ge-spielt werden. Natrlich handelt es sich hier um ein richtiges Konzert und nicht um eine pdagogische Veranstaltung. Die Moderation ergibt sich aus den Stcken und ist stark auf das Spiel der Musiker, also ganz aufs Musikmachen zugeschnit-ten. Im Oktober werden die FBO-Musiker unter der Lei-tung von Gottfried von der Goltz den jungen Hrern Teile aus ihrem Grand concert pour Louis XIV. vorstellen und sie mit der faszinierenden Welt des franzsischen Barock be-kannt machen. Der Ablauf eines blichen Konzerts wird im Youth Sneak Preview auf den Kopf gestellt: Die Konzertpause heit hier Konzertschlusspause und markiert das Ende des ungefhr einstndigen Konzerts. Bei Brezeln und Saft kn-nen die jungen Hrer nach dem Konzert ihre Eindrcke ver-arbeiten; vor allem aber knnen sie die Musiker und ihre Instrumente aus nchster Nhe kennenlernen, sie Lcher in den Bauch fragen und dabei die in ihrem eigenen Bauch genussvoll schlieen

    Junge Menschen an Musik heranzufhren, lag den Musikern des FreiburgerBarockorchesters neben ihrer Konzertttigkeit schon immer am Herzen. Allein es fehlten bisher die Gegebenheiten: Waren frher zum Beispiel Probenbesuche von Schulklassen mit groem planerischem Aufwand verbunden, da das Ensemble ber keine eigenen Proben- und Arbeitsrume verfgte und die meisten seiner Konzerte auerhalb Freiburgs gab (und immer noch gibt), so hat sich dies 2012 mit dem Einzug ins neue Ensemblehaus entscheidend gendert. Seitdem haben die Musiker unterschiedliche Aktivitten und Formate fr Jugend- und Familien-konzerte entwickelt: Alte Musik fr junge Ohren.

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    5. Dezember 2015 | 20 UhrLe Sentier (F), Temple du Sentier

    7. Dezember 2015 | 20.15 UhrGroningen (NL), De Oosterpoort

    10. Dezember 2015 | 20 UhrKonzerthaus Berlin, Groer Saal

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    G. Ph. TelemannOuvertre zu Der fr die Snde der Welt leidende und sterbende Jesus (Brockes Passion) TWV 5:1

    J. S. BachKantate BWV 82 Ich habe genung Kantate BWV 170 Vergngte Ruh, beliebte Seelenlust

    G. Ph. TelemannKantate Der am lberg zagende Jesus TWV 1:364Kantate Jesus liegt in letzten Zgen TWV 1:983

    Philippe JarousskyCountertenor

    Freiburger Barockorchester

    Petra MllejansLeitung

    einnimmt. Whrend seiner Auszeit hat Philippe Jaroussky genau nachgedacht, sich berlegt, wie es fr ihn in den nchsten Jahren weitergehen soll. Ewig wird er nicht das halsbrecherische Repertoire barocker Kastratenopern singen knnen, das ist ihm klar. Auerdem liegt seine Strke in seiner Musikalitt und in lyrischen Partien mit denen er sein Publikum zu Trnen rhren kann. Deshalb beschftigt er sich intensiv mit den berhmten Solokantaten von Johann Sebastian Bach. Und mit den eher unbekannteren von Georg Philipp Telemann. Dabei wird ihm klar: Hier liegt sein Repertoire der Zukunft, und die mchte er in Zusammenarbeit mit dem FBO einluten. In typisch barocker Arbeitsweise whlt sich Jaroussky vier Kantaten aus, zwei von Bach und zwei von Telemann. Die Kantate BWV 82 Ich habe genung existiert vom Thomaskantor in zwei Fassungen, in der Erst-fassung fr Bass von 1727 und in der spteren (wahrscheinlich fr Anna Magdalena Bach bearbeiteten) fr Sopran aus den 1730er Jahren. Vergngte Ruh, beliebte Seelenlust BWV 170 existiert hingegen nur als Altkantate, whrend die beiden Telemann-Kantaten jeweils fr Solo-Bariton gesetzt und mit ziemlicher Sicherheit von Telemann selbst gesungen wurden. Es handelt sich hier also um ein Kantatenprogramm mit Werken, die den beiden Komponistenfreunden sehr am Herzen lagen. Und nun hat Philippe Jaroussky diese Herzenswerke zu einer Herzenssache gemacht, die er mit dem FBO unter der Leitung von Petra Mllejans unbedingt teilen mchte. Zunchst gibt es nur drei Konzerte, an die sich dann im Freiburger Ensemblehaus die CD-Aufnahme anschliet. Doch sobald sie erscheint, geht es richtig los.

    Am Ende des Konzerts von Philippe Jaroussky und dem Freiburger Barockorchester in der groen Berliner Philhar-monie erhob das gesamte Publikum nach einer langen, gerhrten Stille von seinen Pltzen und spendete frenetischen Beifall. Alto Giove, eine die Welt anhaltende, himmlische Arie von Nicola Antonio Porpora, war gerade als zweite Zugabe des Abends verklungen. Direkt nach diesem Konzert sind sich alle Beteiligten einig: diese beglckende Zusam-menarbeit schreit nach einer Fortsetzung! Doch in naher Zukunft rufen andere Verpflichtungen, auerdem wird der Snger eine einjhrige Auszeit nehmen. Aber danach!, ver-spricht er mit leuchtenden Augen. Zwei Tage spter berschlgt sich die nicht gerade fr ihr berkochendes Temperament bekannte Berliner Presse mit Superlativen. Jaroussky [] lebt Eleganz und wei sich darin einig mit dem Freiburger Barockorchester, in dessen Farbspiel sein Countertenor eintaucht, als sei er ein Instru-ment unter vielen. [] Dann die Zugabe, von Porpora fr Farinelli geschrieben: ein schwellender Ton aus dem Nichts, abgefangen mit einem Lcheln. Nie war es unwiderstehlicher, Versuchungen nicht vollends nachzugeben, schwrmt Ulrich Amling im Tagesspiegel. Sein Kollege Peter Uehling von der Berliner Zeitung stimmt in die Begeisterung ein mit Alles an ihm ist Rhythmus und Gesang und vergisst ebenfalls nicht, das ungeheuer aufeinander eingespielte Freiburger Barockorchester zu erwhnen, das er dem Snger sogar als rhetorisches Vorbild fr eine kontrastreiche Darstellung vor Augen hlt.

    Tatschlich verlieren sich beide Seiten nicht aus den Augen. Schnell werden Plne fr die weitere Zukunft geschmiedet, in der eine gemeinsame CD-Aufnahme einen wichtigen Platz

    Im Winter 2011 fand der Jungfernflug des Freiburger Barockorchesters mit dem Star-Countertenor Philippe Jaroussky statt. Mit einem Hndel-Programm gaben sie Konzerte in Freiburg, Halle, Hamburg, Berlin, Barcelona, La Coruna, und wo sie auch auftraten, waren die Menschen aus dem Huschen. Das lag natr-lich an Jarousskys berckender Stimmkunst aber auch an seinem kongenialen Partner: dem FBO. Vier Jahre spter, im Winter 2015, beginnt nun endlich das nchste gemeinsame Projekt. Mit anderem Repertoire und einer gemein-samen CD-Aufnahme.

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    31. Dezember 2015 | 17 UhrKonzerthaus Freiburg, Rolf-Bhme-Saal

    hilft es zu wissen, dass sich Bach in dieser Zeit verstrkt weltlichen Kompositionen zuwandte, zum einen, weil er sich ab 1729 das exzellente Collegium Musicum der Leipziger Neukirche als festes Ensemble sichern konnte, und zum anderen, weil er sich verstrkt um den Titel eines kur- frstlich-schsischen Hofcompositeurs bemhte (den er 1736 auch erhielt). Die Huldigungskantaten Tnet, ihr Pauken! Erschallet, Trompeten! BWV 214, Preise dein Glcke, gesegnetes Sachsen BWV 215 und Lasst uns sorgen, lasst uns wachen (Hercules auf dem Scheidewege) BWV 213 schrieb er zwischen September 1733 und Oktober 1734 fr den Dresdner Hof. Sie bilden den Grundstock seines Weihnachtsoratoriums, wurden also in kunstvoller Parodie von ihm umgearbeitet, ein im 18. Jahrhundert bliches Kompositionsverfahren, das den Wert eines Stckes keines-falls schmlerte. Jauchzet, frohlocket, auf, preiset die Tage!, der berhmte Eingangschor des Weihnachtsoratoriums, erklang ursprnglich als Tnet, ihr Pauken! Erschallet, Trompeten! (weshalb auch vor dem Einsatz des Chores erst die Pauken und dann die Trompeten erklingen). Aber wrde nicht jeder von uns schwren, dass diese Musik nur fr Jauchzet, frohlocket geschrieben worden sein kann? Hier uert sich eindrcklich Johann Sebastian Bachs groe Meisterschaft.

    Mit ihrer Geschichte verbinden die beiden Hlften von Bachs komplettem Weihnachtsoratorium Jahresende und Jahres-anfang zweier aufeinander folgender Jahre miteinander. Ihre Botschaft ist zeitlos und passt ideal zu einem Jahreswechsel: Friede auf Erden. Und den Menschen ein Wohlgefallen.

    Johann Sebastian Bachs Weihnachtsoratorium wird meis-tens in der Vorweihnachtszeit zur Einstimmung auf die kommenden Festtage aufgefhrt. Komponiert hatte es der Thomaskantor allerdings fr die drei Weihnachtstage des Jahres 1734 (25. bis 27. Dezember: Teile I III) und fr den Jahresbeginn 1735 (1., 2. und 6. Januar 1735: Teile IV VI). Also in genauer zeitlicher Anlehnung an die Chronologie der biblischen Ereignisse, die sich ber diese Tage erstreckt: die Geburt Christi, die Engelsbotschaft, die Anbetung der Hirten, die Geschichte von Christi Beschneidung, die Suche der Weisen aus dem Morgenland und schlielich die Anbetung des Kindes durch die Weisen. 2015 bringt das Freiburger Barockorchester unter der Leitung von Wolfgang Schfer nun in einem Silvesterkonzert alle sechs Kantaten zur Auf-fhrung und platziert damit das Weihnachtsoratorium genau zwischen die Tage, an denen es ursprnglich aufge-fhrt wurde.

    Der Chordirigent Wolfgang Schfer ist dem Freiburger Barockorchester schon seit langen Zeiten verbunden, er hat sogar mit den Musikern eine CD aufgenommen (Georg Philipp Telemanns Tageszeiten), als diese noch unter dem Namen Collegium Musicum vor der Grndung des FBO ihre ersten Schritte im Reich der historischen Auffhrungs-praxis unternahmen. Die erneute Zusammenarbeit mit ihm ist auch eine Besinnung auf die eigenen Wurzeln. Die Wurzeln von Bachs Weihnachtsoratorium liegen brigens erstaunlicherweise in einem Fundus von weltlicher Musik, die er in den 1730er Jahren komponiert hatte und anschlie-end im sogenannten Parodieverfahren (der Unterlegung eines neuen Textes unter eine bereits vorhandene Vokal-komposition) zum Weihnachtsoratorium umschrieb. Dabei

    Bachs Weihnachtsoratorium gehrt zur Advents- und Weihnachtszeit wie Christstollen und Spekulatius. Aber warum eigentlich? Ursprnglich hatte der Thomaskantor dieses aus sechs Kantaten bestehende Werk nmlich fr die drei Weihnachtstage des Jahres 1734 und fr den Jahresbeginn 1735 geschrieben. Der letzte Teil bezieht sich somit auf den 6. Januar, den Tag der Ankunft der Heiligen Drei Knige. Unter der Leitung von Wolfgang Schfer und mit einer ausgewhlten Sngerschar fhrt das Freiburger Barockorchester das komplette Weihnachtsoratorium 2015 am Silvesterabend auf als Scharnier zwischen den Jahren.

    J. S. BachWeihnachtsoratorium BWV 248 (Kantaten I VI)

    Emke BarathSopran

    Marion EcksteinAlt

    Sebastian KohlheppTenor

    Andr SchuenBass

    Freiburger Vokalensemble

    Freiburger Barockorchester

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    unterschiedlicher Musikstile, deren Spektrum vom 17. Jahr-hundert bis zum galanten Stil aus Pergolesis eigener Zeit reicht. Auch hier finden wir eine Oper en miniature vor, in der ein Snger als Erzhler mit begleitenden Streichern in zwei Rezitativen und zwei Arien mit kontrastierenden Affekten und geschickt platzierten Effekten das bekannte Drama vor den Augen des Hrers entstehen lassen.

    Das dritte Orpheus-Stck stammt von Johann Joseph Fux, der seit 1711 als Hofkapellmeister Karls VI. in Wien wirkte. 1715 schrieb er zum Geburtstag des Kaisers Orfeo ed Euridice, ein Componimento da camera (Kammeroper), das in diesem Kontext natrlich glcklich enden musste: Am Ende bekommt Orpheus seine Eurydike wieder zurck, und alle besingen die den Tod besiegende, treue Liebe (sowie eine verheiungs-volle Schwangerschaft der Kaiserin, wie das Libretto verrt).

    Wie diese drei Werke zeigen, wurde der Orpheus-Mythos in der ersten Hlfte des 18. Jahrhunderts fr die unterschiedlichs-ten Anlsse genutzt und in die verschiedensten Richtungen interpretiert. Als instrumentale Ergnzung wartet das Pro-gramm noch mit brillanten Blockfltenkonzerten und zwei expressiven Streicherstcken von Fux und den Zeitgenossen Domenico Sarro, Francesco Durante und Francesco Mancini auf. Damit begegnen sich in Al modo dOrfeo virtuose Gesangs- und Instrumentalkunst auf Augenhhe, um zu-sammen den grten Mythos der Musikgeschichte zu feiern.

    Orfeo und kein Ende wie schn! Nach der Monteverdi-Produktion mit Sasha Waltz beleuchtet das Freiburger BarockConsort dieses Thema nun aus einer ganz anderen Perspektive. Zusammen mit der Sopranistin Dorothee Mields und der Blockfltistin Isabel Lehmann zelebrieren die Musiker diese mystische Geschichte als Hommage im Kleinen: mit Kammerkantaten, Ausschnitten aus einer Kammeroper, Blockfltenkonzerten sowie einer Suite und einem Concerto fr Streicher. Den Auftakt bildet Alessandro Scarlattis Cantata da camera Dalloscura magion, die den klassischen Orpheus-Stoff berraschend mit einer hchst subjektiven Perspektive versieht. Wohl zwischen 1700 und 1702 entstanden, handelt es sich bei dieser Kammerkantate um eine Oper im Kleinen, in der nach einer kurzen, drei-stzigen instrumentalen Einleitung (nach Art einer Ouvertre) zunchst die Geschichte des Orpheus in vier Rezitativen und Arien erzhlt wird. Danach versieht der anonyme Erzhler die Geschichte mit einem Epilog, in dem er sich berraschend an seine Geliebte wendet und sie fragt, wie sie, nachdem sie die Leiden des Orpheus gehrt habe, nicht Mitleid mit ihm haben knne, da er sein Herz komplett an sie verloren habe. Der Orpheus-Mythos wird hier also hchst modern nicht blo erzhlt, sondern aufgegriffen und zum Ausdruck eines individuellen Liebesschmerzes weitergeschrieben.

    Das Schlussstck des Programms, Pergolesis Kammerkantate Orfeo, ist in den Jahren 1730 35 entstanden und interessanter-weise fast mehr dem 17. Jahrhundert verhaftet als die Kantate von Scarlatti. Sie gilt als Musterbeispiel fr Pergolesis lyrisch-expressiven Stil und zirkulierte nach seinem frhen Tod (1736) in zahlreichen Abschriften und Drucken in Europa. Die gesamte Kantate besteht aus einer schillernden Mischung

    Der Orfeo-Stoff trieb die Komponisten des frhen 18. Jahrhunderts auch im Kleinen um: Alessandro Scarlatti und Giovanni Battista Pergolesi schrieben zwei Kammerkantaten, die die Geschichte des gttlichen Sngers hochdramatisch mit einer Handvoll Arien und Rezitative von einem einzigen Snger erzhlen lie. Dorothee Mields und das Freiburger BarockConsort bringen diese Preziosen mit dem fr sie typischen Elan auf die Konzertbhne. Flankiert werden sie von der Blockfltistin Isabel Lehmann, die mit zwei virtuosen Concerti auch fr instrumentale Verzauberung sorgt.

    10. Januar 2016 | 20 UhrKln, Philharmonie

    11. Januar 2016 | 20 UhrStuttgarter Liederhalle, Mozartsaal

    12. Januar 2016 | 20 UhrBerliner Philharmonie, Kammermusiksaal

    14. Januar 2016 | 20 UhrKonzerthaus Freiburg, Rolf-Bhme-Saal

    A. ScarlattiCantata da camera Dalloscura magion (LOrfeo)

    D. N. SarroConcerto a-Moll fr Blockflte und Streicher

    J. J. FuxSuite 4 F-Dur Ouvertre und Arien aus dem Componimento da camera Orfeo ed Euridice K. 309

    Fr. DuranteConcerto g-Moll fr Streicher

    Fr. ManciniSonata d-Moll fr Blockflte und Streicher

    G. B. PergolesiCantata da camera Orfeo

    Dorothee MieldsSopran

    Isabel LehmannBlockflte

    Freiburger BarockConsort

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    22. Januar 2016 | 19 UhrWien (A), Theater an der Wien

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    W. A. MozartIdomeneo, Re di Creta KV 366 (konzertant)

    Jeremy OvendenIdomeneo

    Galle ArquezIdamante

    Sophie KarthuserIlia

    Alex PendaElettra

    Julien BehrArbace

    Nicholas RivenqGran Sacerdote di Nettuno

    Christoph SeidlLa Voce

    Arnold Schnberg Chor Wien

    Freiburger Barockorchester

    Ren JacobsDirigent

    Sngern alles, was sie brauchen, um diesen Idomeneo zu etwas ganz Besonderem zu machen. Und das in einem solchen Ausma, dass man sich, kaum dass der Vorhang gefallen ist, wnscht, das Ganze sofort noch einmal hren zu knnen. In der Titelrolle verkrpert Richard Croft alles, was man sich nur wnschen kann [...]. Sophie Karthuser ist eine Ilia, die den Hrer in jedem Moment ihr Dilemma mitfhlen lsst, und das mit einem unterlegten Sinn von warmherziger Gro-zgigkeit, der ihren Charakter sogar noch sympathischer macht. Als Idamante schafft es Galle Arquez, wie die japa-nische Animation eines idealen Mannes zu wirken, und zwar jungenhaft, anmutig und maskulin zugleich; ihre schrfere Stimmfarbe erzeugt dabei einen guten Kontrast zu der der Ilia. Julien Behrs Arbace ist wunderbar rund und empathisch in seiner Darstellung, die Elettra von Marlis Petersen kommt funkelnd und mitreiend geistesgestrt rber.

    In der konzertanten Auffhrung des Idomeneo werden wieder Sophie Karthuser, Galle Arquez und Julien Behr zu hren sein und die Magie der Produktion von 2013 heraufbe-schwren. Ihnen stellt Ren Jacobs nun mit Jeremy Ovenden als Idomeneo und Alex Penda als Elettra zwei gute Bekannte an die Seite, mit denen er und das FBO schon fters zusam-mengearbeitet haben. Sie werden dem Ganzen ein paar neue Farben hinzufgen und dafr sorgen, dass dieses Konzert nicht zu einer rckwrtsgewandten Gedenkveranstaltung, sondern zu einem rauschenden Geburtstagsfest wird.

    Wenn Ren Jacobs mit seinem authentischen Freiburger Barockorchester in das ehrwrdige Theater an der Wien kommt, scheint sich ein logischer Kreis zu schlieen. [] Mit voller Wucht, in den voluminsen Basspartien aufge-hend, lieen sich die Musiker in die Partitur fallen. Jacobs trieb das Ensemble vor sich her, kein Misston war zu hren: Diese Intonationstreue soll dem Originalklangensemble erst einmal einer nachmachen, schwrmte im November 2013 die Wiener Zeitung von der Produktion des Idomeneo am Theater an der Wien mit dem Freiburger Barockorchester unter der Leitung von Ren Jacobs. Wiens jngstes und zugleich ltestes Opernhaus, wie sich das Theater an der Wien selbst auf der eigenen Homepage nennt, wurde zwar 1801 von Emanuel Schikaneder erbaut. Doch seit dem Mozartjahr 2006 prsentiert es sich als Neues Opernhaus: ein ganzjhrig bespieltes Stagione-Theater ohne festes Ensemble, dafr aber mit unterschiedlichen Gastensembles, -dirigenten und -knst-lern, die ein vielschichtiges Programm auf hohem Niveau garantieren.

    Zum Geburtstagsfest im Januar 2016 gratulieren Ren Jacobs und das FBO mit einer erneuten, diesmal konzertanten Auffhrung ihres Idomeneo. Es scheint, alles htte man die Konsequenzen aus dem damaligen Presseecho gezogen, das berwiegend die musikalische Seite der Produktion fr ihre berragende Qualitt verantwortlich gemacht hatte. So schrieb beispielsweise Shirley Apthorp von der Financial Times: Aber eigentlich sollte man diese Produktion als Ren Jacobs Idomeneo bezeichnen. Mit dem Freiburger Barockorchester, das seine exzentrische Gestik in herzzerreiende, wundervolle Musik bersetzt, und mit seinem einzigartigen Verstndnis von Tempo und Rhetorik gibt Jacobs seinen erstklassigen

    Als das FBO unter der Leitung von Ren Jacobs im November 2013 fr eine Neuproduktion von Mozarts Idomeneo im Theater an der Wien auftrat, kannte nach der Premiere die Begeisterung des Publikums keine Grenzen: Snger, Orchester und Dirigent wurden ausdauernd gefeiert. Im Januar 2016 feiert nun das altehr-wrdige Theater an der Wien sein zehnjhriges Jubilum als Neues Opernhaus.Mit Mozarts Idomeneo, dem FBO und Ren Jacobs

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    13. Mrz 2016 | 16 UhrMagdeburg, Telemann-Festtage

    16. Mrz 2015 | 20 UhrKonzerthaus Freiburg, Rolf-Bhme-Saal

    hiermit personalisiert Telemann die Betrachtungen ber das Passionsgeschehen, whlt er eine intime Art der vokalen Besetzung, um so den Hrer direkt in die Leidensgeschichte Christi hinein zu nehmen. In ihrem einfach besetzten, vier-stimmigen Satz bilden die Chorle ein Gegengewicht zu den emotional aufgeladenen Arien der Solisten. Im Orchester verlangt das Selige Erwgen neben Block- und Querflten, Oboen und Fagotten sowie zwei Hrnern auch zwei Chalu-meau, die Telemann besonders zur Erzeugung dunkler und dsterer Klnge verwendet. Dabei beauftragt er die Blser nicht nur mit der blichen Verstrkung der Streicher, sondern gesteht ihnen auch eigenstndige und zum Teil solistische Aufgaben zu. In der erffnenden Sinfonia leistet er sich sogar den Clou, die Melodie O Haupt voll Blut und Wunden in den Oberstimmen des langsamen Erffnungsteils kontrapunktisch verarbeitet zu verstecken.

    Als Telemann im Herbst 1721 in Hamburg seinen Dienst als Director Musices antrat, prsentierte er sich in den unter-schiedlichsten Konzertbereichen als neuer musikalischer Fixstern der Hansestadt. Dazu gehrte die Auffhrung von Passionsoratorien im Werk- und Zuchthaus. Dort erklang am 19. Mrz 1722 zum ersten Mal das Passionsoratorium Seliges Erwgen des bittern Leidens und Sterbens Jesu Christi. Sein Erfolg war so gro, dass er noch im Nekrolog auf Telemann Erwhnung fand: Di ist eine Paionsmusic, wovon der selige Herr Telemann nicht nur die Composition, sondern auch die Poesie verfertiget, und welche stets mit so vielem Beyfall aufgenommen worden, da [] diese in einigen Nebenkirchen [] alle Jahr, und zwar bey einer vorzglich starken Anzahl der Zuhrer aufgefhret wird.

    In Telemanns Seliges Erwgen uern sich eine Kreativitt und Vielseitigkeit, die man heute leider kaum noch mit diesem auergewhnlichen Komponisten in Verbindung bringt. Telemann hatte den Text selbst geschrieben, bei ihm handelt es sich um eine Nachdichtung des Bibeltexts. Zur Gattung des Passionsoratoriums gehrte immer die Paraphrasierung des Bibelworts, die im Gegensatz zu einer Vertonung des Originals eine grere gestalterische Freiheit fr Textdichter wie Komponisten garantierte. Auch wenn sich Telemann in seiner Dichtung durchaus von den Libretti anderer Verfasser anregen lie, verfolgte er doch einen gnzlich anderen Plan: In seinem Oratorium wird keine Handlung erzhlt, sondern ber die von ihm als bekannt vorausgesetzte Passionsgeschichte reflektiert. Im Gegensatz zu einer Passionsvertonung, in deren Zentrum die Dramatik des Geschehens steht, finden sich im Passionsoratorium neben den historischen auch allegorische Figuren, die als Betrachter des Geschehens auftreten. Bei Telemann ist dies die Figur der Andacht, fr die er die meisten Rezitative und Arien geschrieben hat. Mit diesem deutlichen Schwerpunkt auf der Betrachtung ist das Libretto des Seligen Erwgens nicht dramatisch, sondern lyrisch ange-legt. Betrachtet und reflektiert werden das letzte Abendmahl von Jesus und seinen Jngern, der Treueschwur des Petrus, das Gebet Jesu, sein Verhr durch den Oberpriester Caiphas, die Reue des Petrus, die Geielung und die Kreuzigung, der sterbende und der ins Grab gelegte Jesus. Wie ein Prediger kommentiert die Figur der Andacht das Geschehen und vermittelt so zwischen Hrern und Gehrtem.

    Neben Rezitative und Arie platziert Georg Philipp Telemann Chorle, die von den Solisten im kleinen Chorverbund ge-sungen werden (einen greren Chor sah er nicht vor). Auch

    Georg Philipp Telemanns Passionsoratorium Seliges Erwgen des bittern Leidens und Sterbens Jesu Christi gehrte zu den Werken, durch die er bei seinen Zeitgenossen und seiner unmittelbaren Nachwelt berhmt geworden ist. 1722, zu Beginn seiner Hamburger Zeit, entstanden, erfreute sich das Stck sogleich groer Beliebtheit und wurde nach seinem Tod sogar weiterhin jedes Jahr in den Nebenkirchen der Hansestadt aufgefhrt. Im 19. Jahrhundert geriet das Selige Erwgen in Vergessenheit und ist seitdem nur noch selten im Konzertsaal zu finden. Das FBO bringt es nun unter der Leitung von Gottfried von der Goltz wieder zu Gehr.

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    G. Ph. TelemannSeliges Erwgen des bittern Leidens und Sterbens Jesu Christi TWV 5:2

    Anna Lucia RichterGlaube/Andacht

    Fabio TrmpyAndacht

    Tobias BerndtJesus

    Hans Jrg MammelPetrus

    Konstantin WolffCaiphas

    Freiburger Barockorchester

    Gottfried von der GoltzLeitung

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    5. April 2016Ferrara (I), Teatro Comunale Claudio Abbado

    6. April 2016Treviso (I), Teatro Comunale Mario del Monaco

    7. April 2016Rom (I), Teatro Argentina

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    ien J. S. BachConcerto Nr. 1 F-Dur BWV 1046Concerto Nr. 5 D-Dur BWV 1050Concerto Nr. 3 G-Dur BWV 1048

    Orchestersuite Nr. 1 C-Dur BWV 1066Concerto Nr. 4 G-Dur BWV 1049Orchestersuite Nr. 2 h-Moll BWV 1067

    Susanne Kaiser Traversflte

    Isabel Lehmann Marie DellerBlockflte

    Sebastian WienandCembalo

    Freiburger Barockorchester

    Petra Mllejans und Gottfried von der Goltz Violine und Leitung

    avec plusieurs instruments. Damit bezog er sich deutlich auf Antonio Vivaldis Concerti per molti stromenti, eine erweiterte Form des vor allem von Arcangelo Corelli etablierten Concerto grosso. Zwischen 1717 und 1723 war Bach Hofkapellmeister in Anhalt-Kthen. Wie die dort entstandenen Sonaten und Partiten fr Violine solo und die Solosuiten fr Violoncello sind die Brandenburgischen Konzerte ein Demonstrations-zyklus, in dem der Komponist smtliche Mglichkeiten barocken Konzertierens auslotet. Hinzu kommt, dass er in Kthen erstmals ein richtiges Profiorchester zur Verfgung hatte, fr das er mit diesen sechs Gruppenkonzerten eine konzertante Visitenkarte komponierte.

    Jedes der Konzerte ist fr eine andere Besetzung komponiert, sodass sich der gesamte Zyklus wie ein Musterkatalog von Bachs Fhigkeiten als Instrumentalkomponist liest: Im ersten Konzert verbindet er frstliche Jagdhrner, dreistimmigen Oboenchor und eine hher klingende Spielmannsfiedel (Violino piccolo) aus der Volksmusik miteinander, whrend das dritte die gesamte moderne Streicherfamilie (3 Violinen, 3 Violen, 3 Celli) miteinander konzertieren lsst. Gnzlich andere Klnge dann im vierten und fnften der Branden-burgischen Konzerte: mit zwei flauti decho (Blockflten) und Solovioline bzw. mit Cembalo, Violine und Traversflte im Concertino (der Sologruppe eines Concerto grosso). Das fnfte ist eindeutig das modernste der Konzerte und kann mit Fug und Recht als das erste Klavierkonzert der Geschichte bezeichnet werden, in dem Bach dem Cembalo eine Doppel-rolle als Soloinstrument und als Orchesterinstrument (im Basso continuo) zugesteht.

    Die Brandenburgischen Konzerte von Johann Sebastian Bach sind die konzertante Visitenkarte eines Orchesters, genauer gesagt: eines Barockorchesters. Fr Bach war das damals natrlich selbstverstndlich, aber heute ist dies von groer Bedeutung, denn bei einem Barockorchester (anders als bei einem modernen Sinfonieorchester) handelt es sich um einen in Klangfarben und Farbmischungen fein abgestimmten Klang-krper. Sein Tutti ist meist vier-/fnfstimmig angelegt, Blser treten hinzu, verschwinden wieder, und meistens spielen sie das Gleiche wie die Streicher (colla parte). Es herrscht das Prinzip der Klangverschmelzung, das Rckgrat des barocken Orchesterklangs bilden die Kombinationen Oboe-Violine und Fagott-Violoncello. Aufgelockert wird diese Colla parte-Schreibweise durch konzertante Soli von Trompeten, Flten, Oboen, Streichern. Die Seele eines Barockorchesters verkr-pert dabei das Cembalo, das rhythmischen Zusammenhalt ohne Dirigenten garantiert und als Generalbass die Harmonien akkordisch ausfllt.

    Aus dieser orchestralen Klangregie ist das barocke Concerto entstanden: einzelne Instrumente treten aus dem Tutti her-vor und wieder in es zurck. So entsteht ein konzertanter Dialog. Ein Solostck mit dominierendem Solisten und blo begleitendem Orchester ist dieser Auffassung fremd (und stammt aus der Romantik). Deutlich wird auch aus diesen berlegungen, dass solch eine eigene Klangregie von einem modernen Orchester auf seinen Instrumenten gar nicht geleistet werden kann ihm fehlt das Verschmelzen aller Stimmen mit gleichzeitig gut durchhrbarer Transparenz.

    Johann Sebastian Bach betitelte seine heute als Branden-burgische Konzerte bekannten Werke seinerzeit mit Concerts

    Kennst Du das Land, wo die Concerti grossi blhen? Zumindest im 18. Jahr-hundert htte man diese Frage frei nach Goethe stellen knnen. Und daraufnatrlich nur eine Antwort erhalten: Italien! Inzwischen gibt es zahlreiche Barockorchester in verschiedenen Lndern, die alle diese barocke Paradegattung zum Blhen bringen. Aber es ist immer noch etwas Besonderes, mit Concerti grossi im Gepck nach Italien zu reisen und dort aufzutreten. Das FBO realisiert diesen Traum unter der Leitung von Petra Mllejans und Gottfried von der Goltz im April 2016 mit vier von Bachs Brandenburgischen Konzerten in Ferrara, Treviso und Rom. Zwei seiner Orchestersuiten haben sie auch noch dabei.

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    11. April 2016 | 20 UhrBerliner Philharmonie, Kammermusiksaal

    12. April 2016 | 20 UhrKonzerthaus Freiburg, Rolf-Bhme-Saal

    13. April 2016 | 20 UhrStuttgarter Liederhalle, Mozartsaal

    Megacles Befreiungsversuch schlgt fehl. Vorher hatte er noch mit Argene gesprochen und festgestellt, dass sie Licida immer noch liebt. Vor Licidas Verurteilung spricht Clistene mit ihm und versprt ihm gegenber vterliche Gefhle, die er sich nicht erklren kann. Argenes Auftritt klrt dann alles auf und fhrt zum obligatorischen happy end: Sie prsentiert sich als die Braut Licidas und zeigt als Beweis ein Medaillon vor, das ihr dieser zur Verlobung geschenkt hatte. Clistene erkennt darin das Medaillon, das er einst dem Zwillingsbaby um den Hals gehngt hatte. Licida ist demnach sein Sohn und der Bruder Aristeas. Die Oper endet mit einer Doppelhoch-zeit, mit den Paaren Licida/Argene und Megacle/Aristea.

    Neben Traetta, aus dessen Olimpiade die Zornesarie der Argene (Chi non mi disse un di) ins Programm gefunden hat, beschftigte sich der junge Mozart mit dem Opernstoff. Seine Konzertarie Non s donde viene KV 294, in der Clistene seine berraschenden Vatergefhle schildert, schrieb er 1778 fr Aloisia Weber. Eingerahmt werden die Arien von zwei Orchesterstcken, die fr Spa und Unterhaltung stehen: den Spa reprsentiert Haydns komische Sinfonie Il Distratto von 1775, die sich auf ein Schauspiel mit dem Titel Der Zerstreute bezieht. Zu Beginn ihres fetzigen Presto-Finales bricht pltzlich das ganze Orchester ab die Geigen mssen ihre Saiten nachstimmen. Das hatten sie nm-lich im Eifer des Gefechtes vergessen Das Ende dieses ungewhnlichen Programms markiert eine Finalmusik Mozarts Posthornserenade , die 1779 fr die Studenten der Salzburger Universitt zu Ehren ihres Studienabschlusses aufgefhrt wurde, bevor sie sich auf die Reise in ihre Heimat-orte machten.

    Man glaubt es kaum, aber eines der beliebtesten Opernlibretti des 18. Jahrhunderts natrlich aus der Feder des berhmten Metastasio handelt tatschlich von Olympischen Spielen! LOlimpiade wurde von zahlreichen Komponisten vertont (berliefert sind ber siebzig), darunter prominente Namen wie Caldara, Vivaldi, Pergolesi, Galuppi, Wagenseil, Hasse, Piccini, Jommelli, Cimarosa und Paisiello. Auch Tommaso Traetta gehrte zu diesem illustren Kreis, seine Oper erlebte 1758 ihre Urauffhrung in Verona. Metastasios Libretto erzhlt eine verwickelte Liebes- und Vater-Sohn-Geschichte, wie sie das 18. Jahrhundert liebte: Knig Clistene wurden einst Zwillinge geboren, ein Sohn und eine Tochter, doch das Orakel von Delphi prophezeite ihm, dass der Sohn eines Tages einen Mordanschlag auf ihn verben wrde. Aus diesem Grund lie er das Kind in der Wildnis aussetzen. Jahre spter stehen die Olympischen Spiele vor der Tr, und Clistene verspricht dem Sieger die Hand seiner Tochter Aristea. Licida berredet seinen Freund Megacle, unter seinem Namen an den Spielen teilzunehmen, worauf dieser freudig einwilligt. Doch als er vom Siegpreis erfhrt, schlgt seine Laune um: Aristea ist seine Geliebte, von der er sich trennen musste, da Clistene ihr den Umgang mit ihm verbot. Trotzdem erklrt er sich weiterhin bereit, fr den Freund anzutreten. Whrenddessen trauert Argene um ihren Geliebten Licida, den sie verloren hat. Tatschlich gewinnt Megacle die Olympischen Spiele, Aristea freut sich bis sie erfhrt, dass er fr jemand anderen gewonnen hat, den sie nun heiraten muss. Argene zrnt Licida, da er Aristea heiraten will. Diese weist ihn jedoch ab, und der ganze Betrug fliegt auf. Licida wird vom Hof gejagt, weshalb er, dem Wahnsinn nahe, versucht, einen Anschlag auf den Knig zu verben, der vereitelt wird. Licida wird zum Tode verurteilt, und

    Fr das Jahr der Olympischen Sommerspiele schickt das FBO unter dem unge-whnlichen Titel Spa und Sport ein Konzertprogramm als klingenden Vorgeschmack auf die Wettkmpfe in Rio de Janeiro ins Rennen. Neben der Sopranistin Christina Landshamer, die bereits fter mit dem Orchester zusam-mengearbeitet hat, ist in diesem Projekt erstmalig die italienische Geigerin Lorenza Borrani, Konzertmeisterin vom Chamber Orchestra of Europe, als musikalische Leiterin mit von der Partie.

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    J. HaydnSinfonie C-Dur Hob. I:60 Il distratto

    T. TraettaArie Che non mi disse un di! aus der Oper LOlimpiade

    W. A. MozartRezitativ Alcandro lo confesso und Arie Non s donde viene KV 294 Posthornserenade D-Dur KV 320

    Christina LandshamerSopran

    Freiburger Barockorchester

    Lorenza BorraniLeitung

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    23. April 2016 | 17 UhrDresden, Kreuzkirche

    L. v. BeethovenMissa solemnis D-Dur op.123

    Camilla NylundSopran

    Gerhild RombergerAlt

    Jrg SchneiderTenor

    NNBass

    Dresdner Kreuzchor

    Vocal Concert Dresden

    Freiburger Barockorchester

    Roderich KreileDirigent

    Blickt man auf die musikalische Struktur der Messe, dann merkt man schnell, dass es sich hier natrlich nur um ein geistliches Werk handeln kann. Allerdings um ein geistliches Werk, das sich durchaus in einem Konzertsaal auffhren lsst. Fest steht, dass Beethoven absichtsvoll keine solistische Konzertmesse geschrieben hat. Arien und Duette finden sich in ihr berhaupt nicht, vielmehr werden die Solisten ber-wiegend paarweise oder als Vokalblock gegenber dem Chor eingesetzt. Vielleicht meinte Beethoven das, als er ein wenig rtselhaft zu seiner Missa solemnis anmerkte, dass man sie beinahe bloss a cappella auffhren knne. Zweifelsohne stand fr ihn der Chor im Mittelpunkt des musikalischen Geschehens, und gerade das macht diese Messe zu einem idealen Werk, um den 800. Geburtstag des Kreuzchors zu feiern: in der Kreuzkirche, mit herausragenden Solisten, dem Freiburger Barockorchester und unter der Leitung von Kreuz-kantor Roderich Kreile.

    Von Herzen Mge es wieder zu Herzen gehen! Dieser berhmte Vermerk, den Beethoven im Autograph seiner Missa solemnis oberhalb des Kyrie notierte, illustriert die geistige Haltung, die dieses Werk durchzieht, und verleiht der Komposition auerdem eine herausgehobene Stellung im gesamten uvre des Meisters. Ursprnglich von ihm fr das Hochamt anlsslich der Inthronisation seines Gnners Erzherzog Rudolf als Erzbischof von Olmtz im Jahr 1820 vorgesehen, bentigte Beethoven jedoch noch knapp vier weitere Jahre, um die Messe fertigzustellen, ber die er am 10. Mrz 1824 an seinen Verleger Schott in Mainz schrieb: [] so schwer es mir wird, ber mich selbst zu reden, so halte ich sie doch fr mein grtes Werk. Ungewhnlich ist ebenfalls die Auffhrungsgeschichte der Missa solemnis. Sie erlebte ihre Urauffhrung nicht in Wien, sondern in St. Peters-burg, da Frst Galitzin ein weiterer Gnner Beethovens, fr den er die spten Streichquartette op. 127, 132 und 130 schrieb dort eine Auffhrung im Rahmen der Philharmo-nischen Konzerte durchgesetzt hatte. Interessanterweise wurde die Messe im Programm als Oratorium bezeichnet, was generell zu der Frage fhrt, um was fr ein Werk es sich bei Ihr berhaupt handelt: um eine Messe frs kirchliche Hochamt oder fr den Konzertsaal? Um ein Oratorium oder vielleicht gar um eine Chorsinfonie mit liturgischem Text? Die erste Wiener Auffhrung, im Mai 1824, fand nmlich im kniglich-kaiserlichen Hoftheater statt, ohne Gloria und Sanctus und noch dazu mit der Ouvertre Die Weihe des Hauses op. 124 und der 9. Sinfonie!

    2016 feiert der Dresdner Kreuzchor sein 800jhriges Jubilum. ber das ganze Jahr verteilt wird der weltbekannte Chor, der als einer der ltesten Knabenchre in Europa gilt, mit unterschiedlichen Partnern eine Reihe von Jubilums-konzerten geben. Dazu gehrt auch die Auffhrung von Ludwig van Beethovens Missa solemnis mit dem Freiburger Barockorchester in der Dresdner Kreuzkirche,der Heimatkirche des Chors und zugleich die grte evangelische Kirche Sachsens,die in dem Jahr ebenfalls ihren 800. Geburtstag feiert.

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    6. Mai 2016Stein am Rhein, Stadtkirche | Internationales Bachfest Schaffhausen

    8. Mai 2016 | 18.30 UhrLuzern (CH), KKL

    11. Mai 2016 | 20 UhrKonzerthaus Freiburg, Rolf-Bhme-Saal

    genitt seltsam geschlossen wirkendes, faszinierendes Stck, das von einer franzsischen Aperture erffnet wird und ein f