Aachener Netzwerk für humanitäre Hilfe und interkulturelle ... · Arif und die Kleiderkammer Auf...

8
Aachener Netzwerk für humanitäre Hilfe und interkulturelle Friedensarbeit e.V. Newsletter – Ausgabe 7 – April 2018 Inhaltsverzeichnis Hallo liebe Leserinnen und Leser!.....................1 Friedenslauf 2018..............................................1 Ein Osterei für Bina Mira................................... 2 Arif und die Kleiderkammer............................... 3 Wie ich Arif kennenlernte...................................3 Arifs Leben........................................................ 4 Viel Arbeit, wenig Erfolg.................................... 6 Beitrittserklärung................................................8 Hallo zusammen, dieses ist die siebte Ausgabe des Newsletters des Aachener Netzwerks für humanitäre Hilfe und interkulturelle Friedensarbeit e.V. . Hallo liebe Leserinnen und Leser! Wie helfen wir Geflüchteten? Wie können wir ihnen helfen? Wie sollten wir ihnen helfen? Keine einfachen Fragen… und keine einfachen Antworten! Es gibt den politischen Ansatz: Lass uns die Verhältnisse verbessern. Die Verhältnisse hier, die Verhältnisse in den Herkunftsländern. Einfachere Verfahren, leichterer Familiennach- zug, weniger Krieg durch weniger Waffen, … Langfristig alles richtig, aber es hilft denen nicht, die heute Probleme haben. Also versuchen wir den Spagat. Und versuchen dann, durch Schilderung dieser Einzelfälle zu zeigen, woran das System krankt. Und wie man trotzdem helfen kann. Nicht immer. Aber oft. Schon im Juli letzten Jahres haben wir über Arif geschrieben, der Ende 2015 in Aachen ankam. Er ist ein Musterbeispiel dafür, was durch gemeinsames Engagement von Geflüchteten und HelferInnen bewirkt werden kann. Nun nähert sich sein Asylverfahren endlich dem Ende. Aber lesen Sie selbst... Nicht immer führt viel Engagement zu positiven Resultaten. Ich erinnere mich an 5 junge Männer, die intensiv betreut wurden, aber dann in den Nahen Osten zurück flogen, als der Vater rief. Ähnlich ging es mir mit Mohammed, der Hals über Kopf von Aachen zurück nach Bayern ging – und jetzt bei Audi arbeitet. Es muss ja nicht immer der direkte Weg sein, der zum Erfolg führt. So wie viele Geflüchtete sucht auch der Vorstand des Netzwerks seinen Weg. Nicht immer einfach. Aber es muss ja nicht immer der einfache Weg sein, ... Helmut Hardy Friedenslauf 2018 1918 – Ende des großen Kriegs Im Gedenkjahr 2014 zur 100. Wiederkehr des Beginns des 1. Weltkriegs starteten wir unseren großen Friedenslauf von Sarajewo nach Aachen. Vier Jahre später erinnern wir in diesem Jahr an dessen Beendigung mit einem Lauf über das Gebiet der heutigen Euregio Maas-Rhein. Die speziell hierzu erarbeitete Route verbindet 12 Stationen, die als besondere Erinnerungsorte an den 1. Weltkrieg im Grenzraum Belgien-Niederlande-Deutsch- land besondere Bedeutsamkeit besitzen. In einer Dokumentation werden diese zeitnah zum Lauf auf unserer Homepage und in einem Leporello für die teilnehmenden LäuferInnen dargestellt. Voraussichtliches Datum: der Antikriegstag, Samstag, 1. September 2018. Peter Hellmann

Transcript of Aachener Netzwerk für humanitäre Hilfe und interkulturelle ... · Arif und die Kleiderkammer Auf...

Page 1: Aachener Netzwerk für humanitäre Hilfe und interkulturelle ... · Arif und die Kleiderkammer Auf dem Höhepunkt der Flüchtlingswelle Ende 2015 leitete ich, Richard Schmitt, den

Aachener Netzwerk für humanitäre Hilfe

und interkulturelle Friedensarbeit e.V.

Newsletter – Ausgabe 7 – April 2018

InhaltsverzeichnisHallo liebe Leserinnen und Leser!.....................1Friedenslauf 2018..............................................1Ein Osterei für Bina Mira...................................2Arif und die Kleiderkammer...............................3Wie ich Arif kennenlernte...................................3Arifs Leben........................................................4Viel Arbeit, wenig Erfolg....................................6Beitrittserklärung................................................8

Hallo zusammen,

dieses ist die siebte Ausgabe des Newslettersdes Aachener Netzwerks für humanitäre Hilfeund interkulturelle Friedensarbeit e.V. .

Hallo liebe Leserinnen und Leser!

Wie helfen wir Geflüchteten? Wie können wirihnen helfen? Wie sollten wir ihnen helfen?

Keine einfachen Fragen…und keine einfachen Antworten!

Es gibt den politischen Ansatz: Lass uns dieVerhältnisse verbessern. Die Verhältnisse hier,die Verhältnisse in den Herkunftsländern.Einfachere Verfahren, leichterer Familiennach-zug, weniger Krieg durch weniger Waffen, …

Langfristig alles richtig, aber es hilft denennicht, die heute Probleme haben.

Also versuchen wir den Spagat. Und versuchendann, durch Schilderung dieser Einzelfälle zuzeigen, woran das System krankt. Und wie mantrotzdem helfen kann. Nicht immer. Aber oft.

Schon im Juli letzten Jahres haben wir über Arifgeschrieben, der Ende 2015 in Aachen ankam.Er ist ein Musterbeispiel dafür, was durchgemeinsames Engagement von Geflüchtetenund HelferInnen bewirkt werden kann. Nun

nähert sich sein Asylverfahren endlich demEnde. Aber lesen Sie selbst...

Nicht immer führt viel Engagement zu positivenResultaten. Ich erinnere mich an 5 jungeMänner, die intensiv betreut wurden, aber dannin den Nahen Osten zurück flogen, als derVater rief.

Ähnlich ging es mir mit Mohammed, der Halsüber Kopf von Aachen zurück nach Bayern ging– und jetzt bei Audi arbeitet.

Es muss ja nicht immer der direkte Weg sein,der zum Erfolg führt.

So wie viele Geflüchtete sucht auch derVorstand des Netzwerks seinen Weg. Nichtimmer einfach. Aber es muss ja nicht immer dereinfache Weg sein, ...

Helmut Hardy

Friedenslauf 2018

1918 – Ende des großen Kriegs

Im Gedenkjahr 2014 zur 100. Wiederkehr desBeginns des 1. Weltkriegs starteten wir unserengroßen Friedenslauf von Sarajewo nachAachen. Vier Jahre später erinnern wir indiesem Jahr an dessen Beendigung mit einemLauf über das Gebiet der heutigen EuregioMaas-Rhein. Die speziell hierzu erarbeiteteRoute verbindet 12 Stationen, die alsbesondere Erinnerungsorte an den 1. Weltkriegim Grenzraum Belgien-Niederlande-Deutsch-land besondere Bedeutsamkeit besitzen. Ineiner Dokumentation werden diese zeitnah zumLauf auf unserer Homepage und in einemLeporello für die teilnehmenden LäuferInnendargestellt.

Voraussichtliches Datum: der Antikriegstag, Samstag, 1. September 2018.

Peter Hellmann

Page 2: Aachener Netzwerk für humanitäre Hilfe und interkulturelle ... · Arif und die Kleiderkammer Auf dem Höhepunkt der Flüchtlingswelle Ende 2015 leitete ich, Richard Schmitt, den

Ein Osterei für Bina Mira

Ende März, kurz vor Ostern, kam der Bescheidvon Erasmus+. Dank der KofinanzierungERASMUS+ durch die Nationalagentur derDeutschsprachigen Gemeinschaft Ostbelgienskann das große Friedenstheaterfestival vom 16.bis 23. September 2018 in der GründerstadtTuzla stattfinden. 100 Jugendliche aus 6europäischen Ländern und deren Begleiterfeiern gemeinsam 10 Jahre BINA MIRA undspielen auf der Bühne des Friedens.

Die Resonanz auf diese gute Nachricht wargroßartig, hier einige Beispiele:

Kristina Culic aus Banja Luka, DISteatar:WUNDERBAR!!!

Suada Selimovic aus Bosnien/Herzegowina:Vielen Dank für die gute Info...für Bina Mira

Jasmina Krivošija von der kooperierendenBehindertenassoziation in Tuzla: That is a greatnews. See you in September in Tuzla.

Susanne Schrader vom Agora Theater inSt.Vith/Belgien: YESSS! Ich freue mich sehr!

Jost Mattar von Bina Mira, Aachener Netzwerk:Das ist ja super!

Sebastian Schmidt, Kunsttherapeut aus Aachenund Workshopleiter: Congratulations!!!

Peter Hellmann, Flame for Peace, AachenerNetzwerk: Super, herzlichen Glückwunsch.

Halida, Adnan, Ademir, Gastgeber in Tuzla: Inthe name of Tuzla Youth Theater we would liketo congralute you on the great score andapproval for Bina mira project. We are veryhappy that Bina mira will have opportunity tocelebrate it's 10th birthday here in Tuzla. Wewill give our best to organise the festival.

Eckhard Debour, rohes theater, Aachen: Das isttatsächlich ein schönes Ostergeschenk! PrimaElfriede

Dagmar Diebels: Oh! Das freut mich so so sehr!

Wir begrüßen drei neue Partner:

Krystyna Gren (Polen) stellt ihreSchule vor: Wir sind eine kleine Schule mit 270

Schülern in Pierściec. Unser Dorf ist 13Kilometer von der tschechischen Grenzeentfernt. Außer den obligatorischen Fächernwerden auch die zwei Fremdsprachen Englischund Deutsch unterrichtet. Nach der Schulenehmen die Schüler an verschiedenen AGs teil.Am liebsten machen sie Sport, Tanzen, Theateroder Basteln. Jedes Jahr wird ein Theaterstückvorgespielt.

Miroslaw Ilic aus Bosnien undHerzegowina: Hauptziel der„Domkultur“ ist die Entwicklung derkulturellen und künstlerischen Kreativi-

tät, die Bereicherung des kulturellen Lebens inZepce und die Verbindung zu anderen Ländernüber die Kultur. Das Leben und Überleben derKultur hängt unmittelbar mit der jungenGeneration zusammen und entsprechend sinddie Bemühungen.

Wir nehmen an verschiedenen Projekten undWorkshops teil, um Jugendliche durch dasTheaterspiel, durch Tanz und Teamarbeit mitder Gemeinschaft und untereinander zuverbinden. Das Ziel ist eine tolerantere undglücklichere Gemeinschaft.

Cristina Drescan (Rumänien) meint:Unser Gymnasium, Liceul TehnologicLucian Blaga aus Reghin, Rumänien,hat zwei Abteilungen: eine

rumänische und eine ungarische, d.h. dass fastalle Fächer in entweder der einen oder anderenSprache unterrichtet werden. Das kommt daher,dass Reghin eine multiethnische und -kulturelleStadt ist, wo Rumänen, Ungarn, Deutsche(Siebenbürgensachsen) und Roma zusammen-leben und -arbeiten. Wir sind auch deswegenan dem Bina Mira-Projekt sehr interessiert, dawir es wichtig finden, stereotypes Denkenabzubauen und stereotypisches Verhalten zuvermeiden.

Elfriede Belleflamme

Page 3: Aachener Netzwerk für humanitäre Hilfe und interkulturelle ... · Arif und die Kleiderkammer Auf dem Höhepunkt der Flüchtlingswelle Ende 2015 leitete ich, Richard Schmitt, den

Arif und die Kleiderkammer

Auf dem Höhepunkt derFlüchtlingswelle Ende 2015leitete ich, Richard Schmitt,den Einsatz der Ehrenamtlerin der Erstaufnahmeein-richtung in der Körner-Kaserne. Neben der Essens-

ausgabe, der ersten Sprachausbildung und derKinderbetreuung war ein Schwerpunkt dieAusstattung der Flüchtlinge mit Bekleidung.

Dazu wurde in mehreren Kellerräumen eineKleiderkammer eingerichtet. Die größteHerausforderung war eine geeignete Personzur Leitung der Kleiderkammer zu finden. Indiesem Zusammenhang lernte ich Arif kennen.

Er war in der Turnhalle der GrundschuleDrimborn untergebracht und hatte raschKontakt zu Heike Heinen und Marga Meieraufgenommen. Auf der Suche nach einerAufgabe wurde er auf unsere Kleiderkammerhingewiesen. Als ausgebildeter Schneider warer die ideale Besetzung für diese Aufgabe.Hilfreich war auch, dass er sich mit einemgroßen Teil der Bewohner in ihrer Mutter-sprache verständigen konnte.

Rasch hatte er sich erste Grundlagen derdeutschen Sprache angeeignet, sodass ichmich gut mit ihm verständigen konnte.

Viele Stunden und Tage verbrachte er in derKleiderkammer, sortierte Kleidung, bereitete dieAusgabe vor und leitete diese. Sein aus-geprägtes kommunikatives Verhalten und seinePersönlichkeit verschafften ihm rasch denRespekt der ehrenamtlichen Helfer und derBewohner der Unterkunft.

Ausgestattet mit einer Nähmaschine reparierteer Kleidung und passte bei Bedarf Hemden undHosen an die Bedürfnisse der Kunden an.

Ich war und bin sehr beeindruckt von seinerhohen Leistungsbereitschaft und seinemunglaublichen Einsatz. Arif wollte und will sichmit allen Kräften in sein neues Umfeldintegrieren und anderen Geflüchteten bei ihremschweren Weg der Integration helfen.

Durch den Kontakt mit Marga Meier ist es raschgelungen eine kleine Wohnung für Arif zufinden. Aus dem Möbelpool konnte dieseWohnung ausgestattet werden und Arif konntenun ein selbstbestimmtes Leben beginnen.

Arif ist ein beeindruckendes Beispiel für einerasche und gelungene Integration einesGeflüchteten. Ich wünsche ihm weiterhin allesGute auf diesem Weg.

Richard Schmitt

Wie ich Arif kennenlernte...

Arif kenne ich, Helmut Hardy, persönlich schonseit 2015, als er noch in der Turnhalle Drim-bornstraße lebt und später die Kleiderkammerder Körner-Kaserne 'unter sich hatte'. Damalssind wir mit unserem Lauftreff zu den beidenUnterkünften gelaufen und haben die Bewohnereingeladen, mitzulaufen.

So kam dann auch das "Aachener Netzwerk fürhumanitäre Hilfe und interkulturelle Friedens-arbeit e.V.", wo ich mittlerweile Kassenwart bin,ins Spiel. Im Rundbrief des Netzwerks vom Juli2017 hat Heike Heinen Arif als positives wienegatives Beispiel zitiert. Positiv z.B. bezüglichseines Engagements bei den Stadtspazier-gängen, wo er als Übersetzer dabei war.Negativ z.B., weil er als Afghane nie einenDeutschkurs bekommen hat.

Trotzdem hat er sehr schnell Deutsch gelerntund war auch bei 'meinen' Treffen 'Deutschsprechen' (siehe Rundbrief vom Mai 2017) oftdabei - rührig, wie man ihn kennt.

Zusammen haben wir seine Geschichteaufgeschrieben:

Page 4: Aachener Netzwerk für humanitäre Hilfe und interkulturelle ... · Arif und die Kleiderkammer Auf dem Höhepunkt der Flüchtlingswelle Ende 2015 leitete ich, Richard Schmitt, den

Arifs Leben

Mein Name ist Arif Hussain Naurozi. Geborenbin ich 1993 in Afghanistan. Ich hatteKinderlähmung und konnte deshalb nicht laufenund war sehr schwach. Zur Schule konnte ichdeshalb auch nicht. 2001 wurde die Krankheitdiagnostiziert, aber nicht behandelt. Kurzdanach ist meine Familie mit mir vor denTaliban nach Pakistan geflüchtet. In einemFlüchtlingslager habe ich 5 Jahre die Schulebesucht und als Teppichknüpfer gearbeitet.2004 hat meine Schwester geheiratet. 2007bzw. 2010 sind meine Eltern an Hepatitis Cgestorben. Von 2011 bis 2014 habe ich alsSchneider im Iran gearbeitet. Da ich illegal dortwar, konnte ich den Keller, in dem ich gewohntund gearbeitet habe, kaum verlassen. ImHerbst 2015 habe ich meine Flucht fortgesetztund bin nach 6 Wochen Ende Oktober inDeutschland angekommen. Über München,Trier (dort fand die Registrierung statt),Dortmund und Unna, wo ich teilweise 2 bis 3Wochen war, wurde ich schließlich nachAachen geschickt, wo ich Anfang Dezemberangekommen bin.

Arif und sein Vermieter, Herr Bachmann

Mit 50 anderen Geflüchteten aus aller HerrenLänder lebte ich 40 Tage in der Turnhalle

Drimbornstraße, wo ich Helmut Hardy, HeikeHeinen und Martin Obrikat kennenlernte.

Über Heike Heinen habe ich Richard Schmittkennen gelernt. Da ich mehrere Sprachen(Hazaragi, Englisch, Urdu, Hindi und Persisch)konnte, hat er mir einen Job in der Kleiderkammer der Körner-Kaserne angeboten, denich am 5. Januar angetreten habe.

Mitte Januar 2016 wurde ich in die ehemaligeHauptschule Franzstraße verlegt. Einen Monatspäter wurde mir über Richard Schmitt undMarga Meier eine Wohnung in der Lousberg-straße angeboten, wo ich seitdem wohne.

Parallel zu meiner Arbeit in der Kleiderkammerhalf ich mit vielen anderen Geflüchteten als(inoffizieller) Übersetzer bei den Behörden.Zuerst übersetzte ich auf Englisch, aber nachund nach immer öfter auf Deutsch. Da ich nieeinen Deutschkurs genehmigt bekommen habe,musste ich mir alles selbst erarbeiten.

Heike Heinen half ich als Dolmetscher bei ihrenStadtspaziergängen, z.B. im Stadttheater, inmehreren Museen, bei Nobis, bei Deubner, ander TH, … sowie bei den Terminen in derBarockfabrik.

Mittlerweile war die Kleiderkammer in derKörner-Kaserne geschlossen worden und ichsuchte einen neuen Job. Als Schneider amTheater, als Übersetzer im CentreCharlemagne oder ein Praktikum in einemzahntechnischen Labor? Ich entschied mich fürdas Labor, weil ich da hoffentlich eineAusbildung zum Zahntechniker machen könnenwürde – die ich tatsächlich, nach einerzusätzlich 10monatigen Einstiegsqualifikation,im August 2017 anfangen konnte.

Nicht so gut lief es mit der Anerkennung alsFlüchtling.

Meine Registrierung als Asylsuchender warschon im Oktober 2015 in Trier, aber bis zumeiner ersten Anhörung beim BAMF dauerte esfast ein Jahr. Im Oktober 2016 war ich deshalbin Bielefeld, ein halbes Jahr später zur zweiten

Page 5: Aachener Netzwerk für humanitäre Hilfe und interkulturelle ... · Arif und die Kleiderkammer Auf dem Höhepunkt der Flüchtlingswelle Ende 2015 leitete ich, Richard Schmitt, den

Anhörung in Bonn. Ralf Commer war mit, dennich wollte ungern alleine da hin.

Zwei Monate später kam der ablehnendeBescheid: „Bitte verlassen Sie Deutschland inden nächsten 4 Wochen.“ Ich war sehr ent-täuscht und verzweifelt. Was würde jetztpassieren?

Mit Hilfe von Ali Ismailovski von Cafe Zufluchtreichte ich Klage ein – dazu braucht mankeinen Anwalt. Der Anwalt, der mich beimProzess vertreten sollte, legte kurz vorher seinMandat nieder, nachdem der Antrag aufProzesskostenhilfe abgelehnt wurde.

Mit Hilfe von Birgit Leismann fand ich kurzfristigeine neue Rechtsanwältin, die mich am 24.November 2017 beim VerwaltungsgerichtAachen vertrat. Zu meiner Unterstützung warenFrank Busse, Hans-Peter Claasen, RalfCommer, Heike Heinen, mein Chef StefanJodat, Birgit und Hans Leismann, Marga Meier,Ly Wieser sowie der WDR da. Bestimmt habeich noch ein paar Leute vergessen.

Die Richterin bat mich, von meinem Leben inAfghanistan, Pakistan und den Gründenunserer Flucht zu erzählen. Ich erzählte alles inDari und ein Dolmetscher übersetzte alles inDeutsch. Auch von der Kinderlähmung habe icherzählt und dass sie in Afghanistan nichtbehandelt wurde.

Am 6. Dezember bekam ich das Urteil: AlsFlüchtling wurde ich nicht anerkannt, aberwegen der Kinderlähmung wurde einAbschiebestopp verhängt.

Nach dem Prozess gaben Heike und ich nochein Interview, das abends im Fernsehengesendet wurde.

Nun, über 3 Monate später, fehlt noch derBescheid vom BAMF, der dieses Urteilbestätigt. Wenn ich den habe, kann ich zumAusländeramt gehen und die Aufenthalts-gestattung beantragen.

Nach dem Prozess wurden Spenden für dieRechnung meiner Rechtsanwältin gesammelt,denn von meinen Gehalt als Auszubildenderhätte ich es nicht bezahlen können. Viele Leutehaben kleinere und größere Beträge für michgespendet. Ich weiß nicht genau wer und wieviel. Mir wurde aber gesagt, dass ich mancheschon seit über 2 Jahren kenne. Ein paar sindaus dem Chor, in dem ich singe. Manche ausder ‚Deutsch sprechen‘-Gruppe von Helmut.

Es ist gut, wenn man Freunde hat.

Erzählt von Arif Hussain Naurozi,aufgeschrieben von Helmut Hardy

Page 6: Aachener Netzwerk für humanitäre Hilfe und interkulturelle ... · Arif und die Kleiderkammer Auf dem Höhepunkt der Flüchtlingswelle Ende 2015 leitete ich, Richard Schmitt, den

Viel Arbeit, wenig Erfolg

Dies ist die Geschichte vonMohammed. Eine Geschichtevon vielen. Denn jedeRGeflüchtete hat seine bzw.ihre ganz eigene Geschichte.Mohammed kam im Herbst2015 mit der großen

Flüchtlingswelle nach Deutschland. Schon imDezember 2015 wurde er als Flüchtlinganerkannt und war dadurch freizügig, durftealso wohnen, wo er wollte. Anfang Septemberkam Mohammed zusammen mit einem Freundvon Bayern nach Aachen. Sein Freund wurdeauch als Flüchtling anerkannt, aber erst im April2016, und durfte deshalb das Bundesland nichtohne Genehmigung dauerhaft verlassen. Diebeiden wollten aber zusammen nach Aachen.Es gab dort Verwandte und dort sei es gut. Manbekommt die Genehmigung zum Umzug, wennman anderswo eine Arbeit hat. Deshalb unter-schrieben die beiden einen Arbeitsvertrag für 3Monate bei einer Zeitarbeitsfirma, 11.9. -15.12.2017.

Durch den Umzug gibt es natürlich kein Geldmehr vom Jobcenter in Roth. Die Zeitarbeits-firma zahlt aber erst am 15. des Folgemonats.Es gab also erst Mitte Oktober ein Gehalt für 15Arbeitstage, von dem Mohammed 2,5 Monate(vom 1.9. - 15.10.) leben musste – was ihmauch nicht so klar war.

Drei Monate harte Arbeit im Lager: Weihnachts-Schokolade hin und her schieben. Frühaufstehen, zu einem Parkplatz, von dort mitdem Firmenbus zum Einsatz in Alsdorf, abendsentsprechend zurück.

Die Zeitarbeitsfirma arbeitete mit hartenBandagen: Es gab nicht beliebig Urlaub,unentschuldigtes Fehlen führte sofort zurAbmahnung, Ausfallzeiten wurden nur mitärztlichem Attest bezahlt. Termin beimAusländeramt? Vor der Arbeit haben sie nochzu, abends haben sie wieder zu – also Urlaub.Zu krank, um zum Arzt zu gehen? Odervergessen? Kein Attest, also kein Geld – undeine Abmahnung.

Sie wohnten bei einem Verwandten, musstenkeine Miete zahlen und hatten wenig Zeit, Geldauszugeben. Sie kamen über die Runden, aberes blieb auch nicht viel übrig.

So waren sie nicht zu traurig, als die Saison-arbeit zu Ende war. Sie wollten weiter Deutschlernen und einen Ausbildungsplatz suchen.Oder sogar studieren? Immerhin hatteMohammed in Syrien schon 3 Jahre Informatikstudiert. Er hatte sein Abitur in Syrien an einerberuflichen Schule gemacht. In Deutschlandwerden aber lediglich das literarische sowie dasnaturwissenschaftliche Abitur als Fachhoch-schul- bzw. Hochschulreife anerkannt. Für dieAnerkennung der Hochschulreife ist dieBezirksregierung in Düsseldorf zuständig, fürdie Anerkennung als mittlerer allgemein-bildender Schulabschluss (Realschulabschluss)die Bezirksregierung in Köln. Wieder etwasgelernt. Noch schnell das Zeugnis übersetzenlassen (von einem vom Oberlandesgerichtermächtigen/vereidigten Übersetzer/Dolmet-scher), schon geht die Post ab und es heißtwarten.

Okay, studieren geht nicht. Also eineAusbildung im IT-Bereich? Sollte in Aachendoch zu finden sein. Die Antwort einer derangeschriebenen Firmen war: „Dieses Jahr hatein syrischer Flüchtling seine Ausbildung alsMatSe bei uns begonnen. ... Leider muss ichIhnen aber mitteilen, dass in unseremGeschäftsbereich dieses und nächstes Jahrkeine Praktikums- und Ausbildungsstelle mehrvakant ist.“

Parallel meldete sich Mohammed beimJobcenter. Wie immer hat man dort mit zweiAbteilungen zu tun. Die eine, das Fall-management, kümmert sich um Ausbildung undArbeit, die andere ums Geld (Leistungen).

Mohammed hatte an der Berufsschule in Rothordentlich Deutsch gelernt (B1). Kurz vorWeihnachten musste er trotzdem einenSprachtest an der Sprachenakademie machen.Den hat er bestanden und bekam daraufhinvom Jobcenter einen Berechtigungsschein für

Page 7: Aachener Netzwerk für humanitäre Hilfe und interkulturelle ... · Arif und die Kleiderkammer Auf dem Höhepunkt der Flüchtlingswelle Ende 2015 leitete ich, Richard Schmitt, den

einen B2-Kurs, der dann am 8. Januar begann.Super, alles im Lot.

Und wie sah es auf der anderen Seite, die derLeistungen, aus?

Ein schöner Begriff traf Mohammed und seinenFreund besonders hart: das Zuflussprinzip.

In dem Monat, wo Mohammed sein Gehaltbekommt, wird es auf seine Sozialleistungenangerechnet. Da er im Dezember sein Gehaltfür November bekam, konnte er dort kein Geldvom Jobcenter erwarten. Und da er MitteJanuar sein Gehalt für 11 Arbeitstage imDezember bekam, bekam er auch für Januarnichts.

Dumm gelaufen. Das hätte man sicher andersangefangen, wenn man das vorher gewussthätte.

Aber vor dem Geld stehen noch zahlreicheBriefe und Formulare: Arbeitsvertrag, Gehalts-abrechnungen, Kontoauszüge. Okay, aberwieso ein Kündigungsschreiben bei einembefristeten Arbeitsvertrag?

Ein Antrag über 11 Seiten, plus Anlagen – wozu?

Wieso soll er einen Kindergeldantrag stellen?Nach einigen eMails und Telefonaten bekamenwir raus, dass nicht er, sondern nur seine Elterneinen Kindergeldantrag stellen dürfen. DieEltern lebten noch in Bayern, konnten kaumDeutsch und die Betreuerin war im Urlaub.Okay, also füllten wir den Antrag aus,Mohammed nahm ihn zum Unterschreiben mitzu seinen Eltern – jetzt fehlte nur noch einFormular, das von Aachener Jobcenterausgefüllt werden musste und welches wirmehrfach anforderten. Schließlich wechselteder Sachbearbeiter in eine Sachbearbeiterin,wir bekamen das ausgefüllte Formular undkonnten den Antrag gen Süden schicken - und

schon nach 3 Tagen kam die Antwort von derFamilienkasse in Nürnberg:

„Ihr Antrag wird abgelehnt. … Eine Berück-sichtigung eines arbeitssuchenden Kindes istnur bis zur Vollendung des 21. Lebensjahresmöglich.“ Mohammed wurde im gleichen Monat23. Warum also mussten wir diesen Antragstellen???

Wieso braucht die Leistungsabteilung einenNachweis, dass Mohammed einen Termin beimFallmanagement wahrgenommen hat? Habendie keinen Computer, wo man das sehen kann?

Schließlich wollte die Leistungsabteilung nochwissen, warum Mohammed nicht mehr beiseinen Eltern wohnt – zwei Monate nach derAntragstellung.

Mohammeds Vater hatte in Bayern einenschweren Unfall, weshalb Mohammed ihnmehrfach besuchte und am 23. Februarschließlich endgültig zurück nach Bayern zog…womit der Fall für mich ein plötzliches Endefand.

Helmut Hardy

Page 8: Aachener Netzwerk für humanitäre Hilfe und interkulturelle ... · Arif und die Kleiderkammer Auf dem Höhepunkt der Flüchtlingswelle Ende 2015 leitete ich, Richard Schmitt, den

Beitrittserklärung

Antrag auf Mitgliedschaft im„Aachener Netzwerk für humanitäre Hilfeund interkulturelle Friedensarbeit e. V.“

Hiermit beantrage(n) ich (wir) meine (unsere) Mitgliedschaft im „Aachener Netzwerk für humanitäre Hilfe und interkulturelle Friedensarbeit e. V.“!

Mit meiner (unserer) Mitgliedschaft erkläre(n) ich (wir) die Satzung des oben genannten Vereins als für mich (uns) verbindlich!

Name: ________________________

Vorname: ________________________

Straße: ________________________

PLZ: ______ Ort: __________________

E-Mail: ________________________

Telefon: ________________________

Ein Mitgliedsbeitrag wird nicht erhoben.

Im Falle einer finanziellen Unterstützung überweise(n) ich (wir) den entsprechenden Betrag auf das Konto IBAN DE21 3905 0000 0000 3170 08, BIC AACSDE33XXX bei der SK Aachen.

Ort, Datum: ______________________

Unterschrift: ______________________

Diesen Newsletter erhalten alle Mitglieder undAbonnenten.

Wir freuen uns über jeden und jede, der/dieInteresse an unserem Newsletter hat!

Wer also jemanden kennt, der/die sich fürunsere Arbeit interessiert:

eine E-Mail an [email protected] reicht.Wer den Newsletter nicht mehr erhaltenmöchte, schicke einfach eine formlose E-Mailan [email protected].

Aachener Netzwerk für humanitäre Hilfe undinterkulturelle Friedensarbeit e.V.

http://www.Aachener-Netzwerk.dec/o Helmut HardyIm Grüntal 18a52066 AachenTel +49 241 970138

Das Aachener Netzwerk ist gemeinnützig undSpenden sind deshalb steuerlich absetzbar.Unser Spendenkonto ist:

Aachener Netzwerk für humanitäre Hilfe undinterkulturelle Friedensarbeit e.V.

Sparkasse AachenIBAN DE21 3905 0000 0000 3170 08BIC AACSDE33XXX