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ENTWICKLUNG DER MUSKELN BEI A N T H E R A E A 343
Welche Eigenschaften der Zellen zu dieser Veränderung der Adhäsion führen, ist noch eine offene Frage. W e is s 19 hat kürzlich verschiedene Möglichkeiten vorgeschlagen, welche die Repulsionskräfte19 L. W e is s , J. Theoret. Biol. 6, 275 [1964].
zweier benachbarter Zellen beeinträchtigen könnten. Mit diesen Möglichkeiten befassen sich z. Z. unsere Untersuchungen, es ist aber noch zu früh, etwas Sicheres über den Mechanismus der induzierten Zelladhäsion zu sagen.
über die strukturelle und funktionelle Entwicklung der Muskeln bei Antheraea (Lepidoptera)
H a n s N ü esch
Zoologisches Institu t der Universität Basel
(Z. Naturforschg. 20 b , 343—347 [1965] ; eingegangen am 9. Dezember 196-4)
Herrn Prof. Dr. A. K ühn zum 80. G eburtstag gew idm et
Die Differenzierung des imaginalen Flugmuskels aus der frühpupalen Anlage wird mit seiner funktioneilen Entwicklung verglichen. Der Beginn der K ontraktilität fällt zeitlich mit dem Entstehen der Myofibrillen in den Fasern zusammen. Gleichzeitig konnte in den Fasern Actomyosin erstmals nachgewiesen werden. Die Kontraktion ist zunächst eine sehr langsame und auf den Reizort beschränkte Zuckung. Erst längere Zeit nach Auftreten der Querstreifung vermag sich der Muskel tetanisch zu kontrahieren. Mit zunehmender Differenzierung sinkt die Reizschwelle für Zuckung und Tetanus in wenigen Tagen auf den für die Imago charakteristischen W ert ab. Jede Funktionsweise scheint eine bestimmte M inim alstruktur zu verlangen.
Entwicklungsgeschichtliche Untersuchungen befassen sich fast ausschließlich mit der Struktur der Gewebe und Organe. Physiologische Studien an Entwicklungsstadien betreffen die Faktoren, die die D ifferenzierung der Teile in bestimmte Bahnen leiten. Die Funktion der Organe selbst wird am fertig ausgebildeten Gewebe untersucht, entweder möglichst intakt oder zur Vereinfachung des geprüften Systems nach teilweisem Abbau in die einzelnen Komponenten.
Nur sehr wenig untersucht ist die Frage, wie sich neben der Strukturdifferenzierung die Funktion eines Gewebes entwickelt. Ein Organ nähert sich in der Entwicklung immer mehr dem Zustand, der im gesamten Körpersystem des Tieres eine bestimmte Leistung ausübt. Die Struktur ist dieser Leistung schließlich vollkommen angepaßt. Irgendwann unterwegs zwischen der ersten Organanlage mit embryonalen Zellen und dem fertig ausgebildeten Organ mit seiner vollen Leistung muß das Gewebe fähig werden, seine Funktion auszuüben. Entsprechend dem schrittweisen Strukturaufbau dürfte auch die Funktion sich allmählich entwickeln1. Die Funktionsentwicklung ist in ihrem Fortschreiten sicher von der sich bildenden Struktur abhängig, es dürfte für jeden Leistungsgrad eine gewisse Minimaldifferenzierung
erforderlich sein, ohne die die Funktion nicht ausgeübt werden kann.
Die Untersuchung dieser Funktionsentwicklung läßt sich am besten bei Geweben durchführen, bei denen quantitativ gesetzte Reize eine eindeutige Antwort ergeben. Besonders günstig dürfte der Muskel sein, da die Leistung als Verkürzung, Spannung, Aktionspotential leicht festzustellen ist und auch durch genau abgestufte Reize hervorgerufen werden kann. Im folgenden wird über Untersuchungen berichtet, die am mesothorakalen Flugmuskel der Saturniiden Antheraea polyphemus Cr. und A. pernyi Guer. durchgeführt wurden.
Die strukturelle Untersuchung erfolgte mit den üblichen histologischen Methoden. Für die physiologische Prüfung wurden die Tiere in C02-Narkose sagittal halbiert, unter Belassung des Ganglions in der rechten Hälfte. Mit dem Mikromanipulator wurden Platinelektroden an das Ganglion angelegt und in die Muskulatur eingestochen, so daß die Muskeln nach Wahl direkt oder auch über das Ganglion stimuliert werden konnten. Da der Muskel nur bei Benetzung mit dem eigenen Blut oder mit R i n g e r - Lösung arbeitet, ist der Weg des Reizes leider nicht ganz eindeutig, in der Flüssigkeit können Nebenschlüsse auftreten. Besonders geprüft wurden die Frequenzen 3/sec und 50/sec bei1 msec Dauer des rechteckigen Einzelreizes. Ein 3. Elektrodenpaar diente der Ableitung der Potentiale zur
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Kontrolle der Tätigkeit. Für die genaue Vergleichbarkeit der Entwicklungsstadien mußte zunächst eine Zeittabelle aufgestellt werden, die für jeden Entwicklungstag charakteristische Merkmale enthält 2.
Struktur-Entwicklung 3
Die Imago besitzt im Mesothorax als Flügelsenker ein Paar mächtiger dorsaler Längsmuskeln, die jederseits, in fünf Bündel unterteilt, etwa 2500 Muskelfasern enthalten. In der Diapausepuppe, also vor dem Beginn der Imaginalentwicklung, ist in große Fettkörpermassen eingeschlossen eine kleine Muskelanlage vorhanden, die als dünner Schleier von der vorderen zur hinteren Segmentgrenze zieht. Die Anlage besteht aus rundlichen, einkernigen Myoblasten, die aus dem Abbau der larvalen Muskeln hervorgehen. Eine geringe Verdickung in der Mitte stellt die Region dar, in der der Muskelnerv eintritt und sich zwischen den Myoblasten sehr fein verästelt.
Nach einer Mitoseperiode von zwei Tagen verschmelzen Reihen von Myoblasten zu langen, dünnen syncvtialen Strängen, den Anlagen der eigentlichen Muskelfasern. Ihre Kerne strecken sich in die Länge und teilen sich nun in den nächsten Tagen nur noch amitotisch zu langen Kernreihen. Zuerst füllen diese den Durchmesser der etwa 3 /( dicken Faseranlage fast ganz aus. Gleichzeitig mit der Kernvermehrung wird aber auch die Cytoplasmamasse vermehrt, so daß die einzelnen Fasern am 9. Entwicklungstag einen Durchmesser von etwa 14 ju besitzen. Da der Thorax in der Puppenhülle sich nicht mehr streckt, wachsen die Fasern nur in der Dicke, nicht aber in der Länge. Schon mit der Faserbildung hat sich die ganze Muskelanlage in fünf Stränge aufgeteilt, die den fünf Faserbündeln des Adultmuskels entsprechen.
Schon früh, am 3. der total 21 Entwicklungstage, treten im Cytoplasma sehr feine Granula auf, die sich bald in Längsreihen anordnen. Am 8. Tag erscheinen zunächst nur an einzelnen Stellen, bald aber im gesamten Plasma, die Längsdifferenzierungen der Myofibrillen. Da gleichzeitig die Granula verschwin
1 Hier sei nur die Ausrichtung auf die Adultfunktion betrachtet. Es besteht außerdem die Möglichkeit, daß die Teile des Organismus während der Entwicklung noch andere Leistungen ausüben, die der adulten nicht entsprechen. Besonders B l e c h s c h m i d t (Ber. phys. med. Ges. W ürzburg, N.F. 64, 11 [1941] ; Archiv Ohren- usw. Heilk. 162, 35 [1952]) weist auf diese Erscheinungen hin. braucht den Ausdruck „Funktionsentwicklung“ also in anderem Sinne als es hier geschieht.
den, ist ein entwicklungsgeschichtlicher Zusammenhang zwischen beiden Strukturen sehr wahrscheinlich. Er dürfte durch elektronenmikroskopische Untersuchungen, die im Gang sind, aufgeklärt werden. Es zeigt sich dort ( B i e n z , unveröffentlicht), daß A- und I-Filamente zunächst zerstreut vorhanden sind. Die Myofilamente gruppieren sich aber erst zu größeren Verbänden, wenn ihre Zahl erheblich zugenommen hat; dann werden sie im Lichtmikroskop sichtbar. Die Längsstrukturierung der Faser zeigt sich auch deutlich im Auftreten der Doppelbrechung der ganzen Muskelanlage.
Zwei Tage nach dem Sichtbarwerden der ersten Myofibrillen beginnen die bis jetzt axial gelegenen Kerne an die Faserperipherie abzuwandern. Ebenfalls am 10. Tag ist die Querstreifung erstmals erkennbar. Es werden sehr feine Punktreihen als Andeutung der späteren Z-Membran sichtbar, gleichzeitig je zwischen zwei Z-Reihen die breiten Q-Bänder. Auch dies zeigt sich wieder in der Änderung der Doppelbrechung: Q bleibt anisotrop, I wird isotrop. Erst etwas später teilt sich das breite Q-Band durch das Auftreten der schmalen H-Schicht in ihrer Mitte; eine eigentliche M-Linie fehlt.
Die weitere Entwicklung betrifft vor allem die Vermehrung der Myofibrillen, die durch Längsteilung der vorhandenen Fibrillen geschieht. Der Durchmesser der Faser nimmt dadurch auf etwa das 15 — 20-fache der anfänglichen Dicke zu.
Biochemische Untersuchungen von E i g e n m a n n
zeigten, daß das Aktomyosin zum 1. Mal am 8. Entwicklungstag nachweisbar ist (Viskositätsmessungen und Berechnung der ATP-Empfindlichkeit nach P o r t z e h l et a lias)4. Wenn auch noch keine genauen quantitativen Angaben über die Vermehrung der kontraktilen Substanz gemacht werden können, zeigt sich doch eine erhebliche Zunahme bis zum 15. Tag. Das Auftreten des Aktomyosins in nachweisbaren Mengen stimmt zeitlich mit dem Erscheinen der Myofibrillen im mikroskopischen Bild überein.
In der Abb. 1 sind die erwähnten Differenzierungen zusammengefaßt. Da für Antheraea pernyi mehr
2 H. N ü e s c h , Zool. Jb., im Druck.3 Das Folgende basiert z. T. auf eigenen Untersuchungen an
Antheraea polyphem us, außerdem aber auf noch unveröffentlichten Ergebnissen meines Schülers R. E i g e n m a n n an A. pernyi und A. polyphem us.
4 H. P o r t z e h l , G. S c h r a m m u . H. H. W e b e r , Z. Naturforschg.5 b. 61 [1950].
ENTW ICKLUNG DER MUSKELN BEI A NT HE R AE A 345
Abb. 1. Entwicklung des dorsalen Flugmuskels von Antheraea pernyi. A • — • Faserdurchmesser, B 0 — 0 Fibrillenzahl der einzelnen Faser, C x —x ATP-Empfindlichkeit. Oben Angabe der Dauer einiger Differenzierungs-Perioden; durch Pfeile ist
das Auftreten einzelner Strukturen markiert.
Daten verfügbar sind, wurden die Werte dieser Art eingetragen. Bei A. polyphemus wurden nur unwesentliche Unterschiede festgestellt, z. B. eine etwas größere Dicke der imaginalen Muskelfaser. Biochemisch wurde A. polyphemus noch nicht untersucht.
Funktions-Entwicklung
Ein imaginaler Muskel kontrahiert sich in meiner Versuchsanordnung bei einem Einzelreiz von etwa 1 V durch eine kurze Zuckung. Bei steigender Frequenz geht die summative Verkürzung bei 30 — 32 Reizen pro sec in einen glatten Tetanus über, aus dem der Muskel aber leicht in die Zuckungsfolge von etwa 6 —8/sec herausfällt, die der Flügelschlagfre- quenz im Flug entspricht.
Werden nun die Entwicklungsstadien elektrisch gereizt, so zeigt sich die 1. Reaktion am 9. Entwicklungstag. Die Reizschwelle ist hoch, sind doch 15 V oder noch mehr und eine Frequenz von 50/sec bei 1 msec Dauer des einzelnen Reizes erforderlich. Die Reaktion besteht in einer sehr langsamen, geringen Verkürzung, die streng lokal zwischen den in der Muskelanlage selbst steckenden Elektroden erfolgt, unter leichter Dehnung der benachbarten Teile. Sofort anschließend erschlafft der Muskel ebenso langsam wieder, trotz weiterer Stimulation in gleicher Stärke. Der ganze Vorgang dauert etwa 8 — 10 Sekunden. Die Kontraktion kann wiederholt werden, aber erst nach einer Latenzzeit von 15 — 20 Sekunden.
Schon am nächsten Tag ist die Reaktion stark verändert. Die Reizschwelle für direkten Vielfachreiz ist auf 7 V gesunken, außerdem spricht die Muskelanlage nun auch auf Ganglienreizung an, auf 3 V bei Frequenz 50/sec, auf 10 V bei Einzelreiz. Auch jetzt noch sind es langsame Verkürzungen zwischen den Elektroden, Ganglienreize ergeben vor allem Reaktionen im mittleren Faserteil, in dem primär der Nerv ansetzt. Immer noch folgt auf die Reaktion eine lange Latenzzeit. Bei einer Folge von Einzelreizen wird daher nur der 1. Reiz beantwortet.
Wieder einen Tag später ist die Reizschwelle nochmals gesunken, fast auf 1 V im besten Fall. Außerdem ist aber die Kontraktion nicht mehr nur lokal, sowohl bei direkter als bei Ganglienreizung. Die Muskelanlage verkürzt sich wohl zunächst nur an einer Stelle; während sie hier wieder erschlafft, kontrahiert sich aber der benachbarte Abschnitt, so daß im ganzen eine langsame Kontraktionswelle über die Faser wegläuft. Es kann auch bald da, bald dort zur Verkürzung kommen, was ein konvulsives Aussehen ergibt, das nicht mit der Reizfrequenz im Takt steht. Da die Verkürzungen immer nur kleines Ausmaß haben, kommt es noch nicht zu einer stärkeren Bewegung des ganzen Thorax. Außer der elektrischen führt gelegentlich auch mechanische Reizung zur Reaktion, z. B. das Einstechen der Elektronennadeln. In einem Fall ergab schon das Einlegen der einen Thoraxhälfte in R i n g e r - Lösung eine leichte Verkürzung.
Drei Tage nach dem Auftreten der 1. Kontraktion nach elektrischem Reiz verkürzt sich der Muskel zwischen Reizen auch spontan in langsamer Zuckung. Oft muß der Muskel mit starker Stimulation gleichsam geweckt werden, ein nächster Reiz kann also wesentlich niedriger sein, um trotzdem beantwortet zu werden. Unmittelbar nach einer Reaktion ist der Muskel unempfindlich, auch ein wesentlich stärkerer Reiz wird nicht beantwortet. Erst nach etwa 5 sec ist die Reaktionsbereitschaft wiederhergestellt.
Wieder einen Tag später kommt es zur tetanischen Kontraktion eines Muskelbündels, indem sich die Fasern nun in Reizdauer um weniges verkürzen, bei direkter Reizung mit Frequenz 50/Sekunde.
Sechs Tage vor Schlüpfen des Schmetterlings beobachtete ich zum l.M a l eine der charakteristischen Gesamtkontraktionen des dorsalen Längsmuskels, wie sie beim Fliegen zum Senken des Flügels erfolgen. Es war eine bei der Präparation des Tieres auftretende spontane Zuckung (sofern man bei dieser
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Operation überhaupt von „spontan“ sprechen kann). Der Muskel hat also jetzt die Fähigkeit und auch den Innervationsapparat für diese Reaktion zur Verfügung. Erst einen Tag später konnte das Ganglion zu dieser Tätigkeit elektrisch stimuliert werden. Gleichzeitig wurden auch nicht nur Zuckungen, sondern tetanische Dauerkontraktionen erreicht, die zwei Tage später auch vom Ganglion spontan hervorgerufen werden.
Diese tetanischen Gesamtkontraktionen sind eine Leistung, die natürlicherweise von diesem Längsmuskel kaum je gefordert wird. Er bewegt sich ja nur im Rhythmus des Flügelschlages mit Einzelzuckungen (etwa 6 — 9 /se c ) , weit unterhalb der Tetanusfrequenz. Bei der Imago können tetanische Kontraktionen aber durch elektrische Reize sehr leicht erhalten werden. Häufig kommt es dabei nur zur teilweisen Verkürzung, der aufgesetzt in langsamem Spontanrhythmus erfolgende Zuckungen ablaufen, die nach rascher Totalverkürzung sofort wieder zurückgehen.
a Zuckung ____~ Kontraktionswelle n Tetanus
_ A 50/sec Reiz am Muskel Ä A& Einzel reiz am Ganglion V j ▲ Gesamtkontraktion \ I
MyofibrillenQuerstreifung
spont.
des Muskels \
l!f tw\
\ ' y
&—
\
_l___ I___ I___ I___ I___ I____I___ I___ I___ L0 3 6 9 12 15 18 21 Tage
Abb. 2. Funktionsentwicklung des Flugmuskels von A. poly- phem us. Die Signaturen bezeichnen den Anfang der betreffenden Leistung nach Entwicklungszeit und erforderlicher Reiz
stärke.
In der Abb. 2 sind diese Ergebnisse wieder zusammengefaßt. Es ist deutlich erkennbar, wie die verschiedenen Kontraktionsformen mit fortschreitender Differenzierung immer leichter geleistet werden. Das gleiche Ergebnis wird ein, zwei oder drei Tage
später mit wesentlich schwächerem Reiz erhalten, sowohl die Zuckung, die Konvulsion, die Dauerkontraktion einzelner Teile, als auch die Gesamtzuckung und der Gesamttetanus. Sie alle beginnen mit hoher Reizschwelle, die im Laufe der nächsten Tage auf den für die Imago charakteristischen Wert absinkt.
Diskussion
Der Vergleich zwischen Struktur-Differenzierung und Funktions-Entwicklung zeigt, daß schon die im Lichtmikroskop eben wahrnehmbaren Myofibrillen die für die Kontraktion notwendige „funktionelle Minimalstruktur“ besitzen. Die Kontraktilität tritt vor der Querstreifung auf, wie dies auch schon bei Skelett- und Herzmuskeln von Wirbeltieren 5 festgestellt wurde. Die Leistung ist allerdings zunächst viel einfacher und schwächer. Es braucht einen bedeutend stärkeren Reiz als beim ausdifferenzierten Muskel, um überhaupt eine langsame Reaktion zu erzwingen. Möglicherweise erreicht die Muskelmembran den Schwellenwert der Depolarisation, der zur Kontraktion notwendig ist, mit größerer Schwierigkeit als in späteren Stadien. Welcher Art die hiefür maßgebenden Strukturunterschiede sind, ist noch unbekannt.
Eine raschere Reaktion entsteht erst mit dem Auftreten der Querstreifung. Damit haben sich die schon vorher vorhandenen A- und I-Filamente in die definitive straffe Ordnung gruppiert. Die Konvulsionen zeigen, daß die Muskelfasern nun auch auf Dehnung ansprechen. Durch lokale Verkürzung werden die benachbarten Teile gedehnt und antworten nun selbst mit Kontraktion. Nach zwei Tagen ist auch diese Phase überwunden und die ganze Muskelfaser reagiert als Einheit. Dies dürfte vor allem durch die weitere Differenzierung des Nervensystems bedingt sein. Leider sind die auf die Entwicklung der Muskelinnervation gerichteten Untersuchungen noch nicht abgeschlossen. Wir hoffen, diese Lücke bald schließen zu können. Auch die zunehmende Durchdringung mit Tracheen und die Ausbildung des energieliefernden Fermentapparates spielen sicher eine große Rolle. Elektronenmikroskopische Untersuchungen ergaben eine gewaltige Vermehrung der Mito- chondrien (B ie n z , unveröffentlicht, V o g e l l 6 ) .
5 B. M. P a t t e n , Physiol. Rev. 29. 31 [1949] ; C. M. Goss, 6 W . V o g e l l . Naturwiss. Rdsch. 17, 336 [1964]. Vortrag Dtsch. Anatom. Rec. 76. 19 [1940] ; W. L. S t r a u s u . G. W e d e l l . J. Natf. u. Arzte, mir leider nur in kurzem Referat bekannt.Neurophysiology 3, 358 [1940].
OXYGEN CONSUM PTION OF SNAIL ECGS 347
Die vorgelegten Resultate ergeben erst ein sehr unvollständiges Bild von der Beziehung zwischen Struktur- und Funktionsentwicklung. Wesentlich scheint der Nachweis, daß die Funktionsfähigkeit sich auch — ähnlich wie die Struktur — graduell ausbildet. Erst wenn auch die eben erwähnten Fragen beantwortet sind, wird sich ein Verständnis der gegenseitigen Abhängigkeit von Struktur und Funktion anbahnen können.
Es ist mir eine besondere Freude, diese Arbeit Herrn Prof. Dr. A. K ü h n z u seinem 80. Geburtstag widmen zu dürfen. Sind doch viele Überlegungen in meiner Arbeit der steten Auseinandersetzung mit seinen eigenen Arbeiten und denen seiner zahlreichen Schüler entwachsen.
Die physiologischen Untersuchungen wurden mit Unterstützung des S c h w e i z e r i s c h e n N a t i o n a l f o n d s durchgeführt.
The Developmental Rate and Oxygen Consumption of Snail Eggs at Various Temperatures*
A. G l e n n R i c h a r d s
Department of Entomology, Fisheries & W ildlife, University of Minnesota,St. Paul, Minnesota, U.S.A.
(Z. Naturforschg. 20 b , 347—349 [1965] ; eingegangen am 30. Dezember 1964)
D edicated to Prof. Dr. A. K ühn on the occasion of his 80t/l b irthday
Niedrige Temperaturen verzögern die Eientwicklung der Schnecken Australorbis glabratus und Lymnaea stagnalis stärker als ihren Sauerstoffverbrauch. Folglich bedarf die Embryonalentwicklung bei Minimaltemperaturen größerer Energie durch den Stoffwechsel. Die umfangreichen Angaben für Insekteneier lassen vermuten, daß das Stoffwechselgleichgewicht durch Inkubation bei subminimalen Temperaturen gestört wird, und daß diese Gleichgewichtsstörung des Stoffwechsels das Vorhandensein von Temperaturschwellen für vollständige Entwicklung bestimmt. Offenbar handelt es sich hier um eine Allgemeinerscheinung bei Eiern, denn wir haben jetzt gleichartige Ergebnisse für die Eier von Insekten, Milben, Seeigel, Schnecken und Fische erhalten.
In this laboratory we have been concerned for some years with the effects of temperature on the development of insect eggs, especially attempting to find a physiological explanation for the existence of a definite temperature threshold for hatching. On A r r h e n i u s plots the oxygen consumption of developing insect eggs plots as a straight or nearly straight line but growth rate (the reciprocal of time from laying to hatching) plots as a downwardly curved line. The amount of downward curvature may be either moderate or considerable depending on the species being considered. Since oxygen consumption is a measure of energy expenditure, inspection of the curves suggests that more energy is required for development at minimal temperatures. This has been verified by determination of weight-loss, most of which is lipid-loss, at various temperatures. It follows that minimal temperatures not only retard growth
more than they lower oxygen consumption, but that development at minimal temperatures is metabolically more expensive ( = less efficient). A review of the voluminous data from insect eggs and discussion of their significance has been given recently by R i c h a r d s *. The present study represents part of a survey to see if this phenomenon is general for animal eggs or true only for insect eggs.
Material and Methods
Two species of aquatic snails were employed. A u stra lorb is g labra tu s is from the New World tropics where the water is relatively warm at the breeding sites; Lym naea stagnalis is one of the common snails in Minnesota lakes where water temperatures during the breeding season are relatively cool though not cold. These snails were cultured throughout the year in the laboratory at room temperature (usually 22 — 27°)
* Paper Nr. 5591, Scientific Journal Series, Minnesota Agricultural Experiment Station, St. Paul, Minnesota, U.S.A. The author’s thanks are due to Miss M a r i a n H o l m e s for making the oxygen consumption determinations, and to
the N a t i o n a l I n s t i t u t e s o f H e a l t h for financial assistance under Grant No. GM-06671 and for the colony of Australorbis glabratus.
1 A. G. R i c h a r d s , Physiol. Zoöl. 37, 199 [1964].