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Wenn die Arbeit zu viel wird Überforderungsgefühle am Arbeitsplatz nehmen zu. Die Ursachen können dabei vielgestaltig sein: Haben wir zu hohe Ansprüche an uns selbst oder ist es wirklich die Arbeit, die uns überfordert? Sind wir weniger leistungsfähig als früher oder ist die Arbeit im Laufe der Jahre immer mehr geworden? Ist es die Führungskraſt, die uns unnötig unter Druck setzt, oder bringen wir den Stress von zu Hause mit in den Betrieb? 8.1 Ehrlicher Selbst-Check: Wann ist „viel Arbeit“ zuviel? Den Perfektionsanspruch hinterfragen Eigentlich wollen wir alle einen guten Job machen. Wir brauchen für einen gelun- genen Feierabend den Eindruck, heute einen Beitrag geleistet zu haben – zur Gesell- schaſt oder dazu, dass es unserem Unternehmen auch morgen noch gut geht. Oder wenigstens die Gewissheit: „Ich habe heute einen guten Job gemacht“. Das gibt uns ein Gefühl von Befriedigung („Den Feierabend hab’ ich mir verdient“). Manche sind schon mit relativ wenig zufrieden; andere stellen so hohe Ansprüche an sich selbst, dass sie daran scheitern müssen. Wer immer 100 % oder mehr abliefern möchte, muss sich irgendwann selbst enttäuschen. Anhand der folgenden Fragen können Sie überprüfen, wer die Leistungsansprüche in Ihrem Leben zu hoch setzt: die Arbeit, Ihr Vorgesetzter oder Sie selbst. Fällt es Ihnen schwer, bei Forderungen Nein zu sagen? Hat Ihr Arbeitspensum in den letzten Jahren zugenommen? Möchten Sie am liebsten alles selbst machen? Ist es Ihnen wichtig, Ihre Führungskraſt nicht zu enttäuschen? Macht Ihre Führungskraſt mehr Druck als nötig? Haben Sie Angst vor Konflikten? Sind Sie zu Hause einem Berg von Anforderungen ausgesetzt? Ist Ihre Arbeit schwieriger, inhaltlich überfordernder, als früher? Verlangen Sie von sich selbst, keine Fehler zu machen? Fühlen Sie alleine sich verantwortlich dafür, dass alles gut läuſt? Beschäſtigen Sie sich daheim mit der Arbeit, ohne das zu wollen? Müssen Sie in der Freizeit für Ihren Vorgesetzten erreichbar sein? Haben Sie den Anspruch, es allen recht zu machen? 8.

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Page 1: 8. Wenn die Arbeit zu viel wird...Wenn die Arbeit zu viel wird · 113 Rückmeldung. Ihre Führungskra˜ braucht die! Sie ist sogar darauf angewiesen (und bekommt sie viel zu selten).

Wenn die Arbeit zu viel wird

Überforderungsgefühle am Arbeitsplatz nehmen zu. Die Ursachen können dabei vielgestaltig sein: Haben wir zu hohe Ansprüche an uns selbst oder ist es wirklich die Arbeit, die uns überfordert? Sind wir weniger leistungsfähig als früher oder ist die Arbeit im Laufe der Jahre immer mehr geworden? Ist es die Führungskra�, die uns unnötig unter Druck setzt, oder bringen wir den Stress von zu Hause mit in den Betrieb?

8.1 Ehrlicher Selbst-Check: Wann ist „viel Arbeit“ zuviel?

Den Perfektionsanspruch hinterfragen

Eigentlich wollen wir alle einen guten Job machen. Wir brauchen für einen gelun-genen Feierabend den Eindruck, heute einen Beitrag geleistet zu haben – zur Gesell-scha� oder dazu, dass es unserem Unternehmen auch morgen noch gut geht. Oder wenigstens die Gewissheit: „Ich habe heute einen guten Job gemacht“. Das gibt uns ein Gefühl von Befriedigung („Den Feierabend hab’ ich mir verdient“).

Manche sind schon mit relativ wenig zufrieden; andere stellen so hohe Ansprüche an sich selbst, dass sie daran scheitern müssen. Wer immer 100 % oder mehr abliefern möchte, muss sich irgendwann selbst enttäuschen. Anhand der folgenden Fragen können Sie überprüfen, wer die Leistungsansprüche in Ihrem Leben zu hoch setzt: die Arbeit, Ihr Vorgesetzter oder Sie selbst.

� Fällt es Ihnen schwer, bei Forderungen Nein zu sagen? � Hat Ihr Arbeitspensum in den letzten Jahren zugenommen? � Möchten Sie am liebsten alles selbst machen? � Ist es Ihnen wichtig, Ihre Führungskra� nicht zu enttäuschen? � Macht Ihre Führungskra� mehr Druck als nötig? � Haben Sie Angst vor Kon�ikten? � Sind Sie zu Hause einem Berg von Anforderungen ausgesetzt? � Ist Ihre Arbeit schwieriger, inhaltlich überfordernder, als früher? � Verlangen Sie von sich selbst, keine Fehler zu machen? � Fühlen Sie alleine sich verantwortlich dafür, dass alles gut läu�? � Beschä�igen Sie sich daheim mit der Arbeit, ohne das zu wollen? � Müssen Sie in der Freizeit für Ihren Vorgesetzten erreichbar sein? � Haben Sie den Anspruch, es allen recht zu machen?

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112 · Stark im Job

� Sind Sie gut genug ausgebildet für Ihre Tätigkeit? � Gönnen Sie sich am Wochenende wirklich Erholung? � Haben Sie Ihrer Führungskra� gesagt, dass es Ihnen zu viel ist? � Können Sie nach Feierabend und im Urlaub gut abschalten?

Ist wirklich der Job schuld am Nicht-Abschalten-Können?

Wenn Sie nicht gut abschalten können, ist daran zunächst einmal nicht unbedingt der Job schuld. Es sei denn, Ihre Führungskra� verlangt von Ihnen, dass Sie auch nach Feierabend noch erreichbar sind. Oder dass Sie auch am Wochenende und im Urlaub Ihre E-Mails beantworten. In diesen Fällen ruiniert Ihnen tatsächlich die Arbeit Ihre Erholung.

Daher sollten Sie prüfen, ob die ständige Erreichbarkeit wirklich erforderlich ist und ob Sie nicht im Gespräch mit Ihrem Vorgesetzten eine Veränderung dieser Erreich-barkeitsansprüche erwirken können. Vielleicht lässt sich eine Ru�ereitscha� ein-richten, bei der Sie sich mit Kollegen abwechseln. Oder Sie vereinbaren, was manche Großkonzerne schon lange praktizieren: „E-Mail-Verbot am Wochenende“.

Falls es keine Erreichbarkeitsansprüche oder Ähnliches sind, die Sie nicht abschalten lassen, dann sollten Sie Ihr Abschalt-Verhalten überprüfen. Zur Erinnerung: In Ka-pitel 7 �nden Sie viele Tipps zum leichteren Abschalten nach Feierabend, und auch zum besseren Schlafen. Man sollte nicht leichtfertig dem Job die Schuld geben, wenn man nach Feierabend noch an die Arbeit denkt. – Wie Sie oben lesen können, ist Abschalten-Können auch eine Frage der Selbstdisziplin.

Feedback geben

Ihre Führungskra� weiß nicht von selber, dass Sie überfordert sind. Das müssen Sie ihr sagen. Wenn sie besonders aufmerksam ist, fallen ihr vielleicht einzelne Sym-ptome an Ihnen auf – Veränderungen im Aussehen, unter Umständen auch eine Zunahme der Fehlerhäu�gkeit, Stimmungsschwankungen oder ein motziger Ge-sichtsausdruck. Aber es verlangt schon sehr viel von einer Führungskra�, dass diese aus solchen Au�älligkeiten auf eine Überforderung des Mitarbeiters oder der Mitar-beiterin schließen soll.

Übernehmen Sie die Verantwortung für sich, Ihr Be�nden und Ihre Gesundheit, indem Sie Ihrer Führungskra� ein Feedback geben: „Chef(in), ich kann nicht mehr, es ist zu viel Arbeit.“ Es geht dabei nicht um Arbeitsverweigerung, sondern um eine

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Rückmeldung. Ihre Führungskra� braucht die! Sie ist sogar darauf angewiesen (und bekommt sie viel zu selten).

Die Schlüsselkompetenz der Zukunft

Meistens ist es nämlich keine Bösartigkeit, wenn Geschä�sleitungen die Schrauben immer weiter andrehen. Natürlich ist es im wirtscha�lichen Interesse eines Unter-nehmens, die Produktivität zu erhöhen. Aber nach meiner Beobachtung werden die Schrauben (auch) deshalb angezogen, weil zu wenig Beschä�igte den Mut haben, Nein zu sagen. Sie wollen nichts riskieren – und riskieren darüber ihre Gesundheit. Das soll Ihnen nicht passieren. Sie sollten daher Ihrem Vorgesetzten sagen, wenn es Ihnen zu viel wird.

Diese Form der Rückmeldung zu geben, wird in Zukun� immer wichtiger. Denn wir alle werden immer länger arbeiten müssen, bis wir in Rente gehen. Wir sind auf unsere Gesundheit angewiesen, wenn wir bis zum Renteneintritt und möglichst noch lange darüber hinaus �t bleiben wollen. Wäre doch schade, die Gesundheit jetzt schon für einen Job zu riskieren, der vielleicht noch nicht einmal Erfüllung bedeutet. Umso wichtiger ist es, sich heute schon gegen Überlastung zur Wehr zu setzen und Nein zu sagen. Wer nicht Nein sagt, geht unter. Nein-Sagen wird die Schlüsselkompetenz der Zukun�.

das Fazit dieses unterkapitels lautet: übernehmen Sie die Verantwortung für sich selbst!