2 Der Selbstversorger DB - QUICUMQUEmagazin-quicumque.de/WebRoot/Store22/Shops/5ef1fd05-225c... ·...
Transcript of 2 Der Selbstversorger DB - QUICUMQUEmagazin-quicumque.de/WebRoot/Store22/Shops/5ef1fd05-225c... ·...
QUICUMQUE Z e i t s c h r i f t f ü r a u t a r k e s L e b e n
ww
w.q
uicu
mqu
e.de
Aus
gabe
02
2015
ISSN
236
4-70
51
Q
UIC
UM
QU
E –
Zeits
chrif
t für
aut
arke
s Le
ben
Eur
8,8
0 (D
)
Zisternenbau
Notapotheke
Strom aus Holz
Werkzeug schärfen
Die Imkerin
Editorial
QUICUMQUE, lateinisch für jeder der...
Auch in der zweiten Ausgabe von QUICUMQUE befassen wir uns mit grundlegenden Dingen der Selbstversor-
gung: Jeder, der sich mit autarker Energiewirtschaft auseinandersetzen möchte, jeder, der wissen will, wie man
brauchbare Dinge mit den eigenen Händen schaffen kann, jeder, der den Abhängigkeiten in der modernen Welt
mit den Mitteln der modernen Welt trotzen will, findet in QUICUMQUE Antworten und Anregungen.
Stolz selbst Angebautes in der eigenen Vorratskammer einlagern, Reparieren statt Wegwerfen, die Welt um uns
herum mit den Augen des Sammlers und Vermessers, des Bewahrers und gleichzeitig Erneuerers betrachten – all
das ruft eine besondere Zufriedenheit hervor. Jeder, der diese Art Glück einmal erfahren hat, wird süchtig danach.
Wir möchten mit QUICUMQUE ermuntern, anleiten und Planungshilfe für vielfältige Themen rund um autarkes
Leben und zeitgemäße Selbstversorgung geben – übrigens für Frauen und Männer, auch wenn wir uns aus Grün-
den der besseren Lesbarkeit häufig auf die Verwendung männlicher Formen beschränken.
Unsere Fertigkeiten, wenn es ums Selbermachen, Erfinderischsein und Ausprobieren geht, sind nicht so trainiert
wie unsere Fähigkeiten, sicher durch den Autoverkehr zu kommen, E-Mails zu schreiben und uns im Supermarkt
zurechtzufinden. Diese Praktiken üben wir jeden Tag vielfach ein und bringen es so zu einer alltagstauglichen Vir-
tuosität.
Dagegen wäre es lebensfern, diese Virtuosität in der Selbstversorgung zu erwarten. Wir sind in anderen Struktu-
ren gebunden und haben wenig Zeit, Autarkie zu üben. Deshalb brauchen wir in erster Linie solide Praxis, Groß-
zügigkeit gegenüber den Ergebnissen, Freude an der Freiheit und gute Laune.
In diesem Sinne: der Schwerpunkt des zweiten Heftes ist „klein weitermachen“.
Viel Spaß beim Lesen wünscht Ihnen Ihre QUICUMQUE-Redaktion
Dr. Axenia SchäferChefredakteur
Björn SchäferChef vom Dienst
Gudrun SchäferRessort Garten und Haushalt
Barbara StuhlmannLayout
• Essen sammeln Brennnessel
• Editorial
• Brotbacken für Stadt und Land
• Die Imkerin
• Vorratswirtschaft; Grundlagen 2Notapotheke und Werkzeugkiste
• Holzöfen
• Planung der Selbstversorgung, Teil 2 Haltbarmachen
• Holzmachen
• Schafe scheren
• Scherwerkzeug
• Zisternenbau
• Strom aus Holz
• Werkzeug schärfenDas Schärfen der Säge
• Pflanzenportrait Bohnen
• Gleichgewichtsgeld Ein Interview mit Dr. Dag Schulze
• Wie man den Wald vermisst Messen stehender Bäume
• InfantariusDie Seite für Kinder
• Urbane Selbstversorger Ein Interview mit Jörn M. Klein
• Mit dem Netz gefischt Veranstaltungen
• Impressum, Rätsellösung
I N HA LTS. 2
S. 3
S. 6
S. 15
S. 19
S. 28
S. 37
S. 48
S. 50
S. 58
S. 64
S. 69
S. 73
S. 75
S. 78
S. 83
S. 90
S. 92
S. 95
S. 98
Strom aus Holz
Es gibt viel Energieverschwendung in der Republik.
Uwe Schönfelder denkt dabei aber weniger an Privat-
haushalte, die zum Fenster raus heizen, als an den
täglichen Holzabfall, der in Form von Hackschnitzeln
auf Beeten und Böschungen verrottet, sowie an Äste
und Baumkronen, die ungenutzt im Wald verbleiben,
anstatt verfeuert zu werden.
Der Installateur aus Sachsen unternimmt etwas, denn
er ist der Überzeugung, dass
der, der etwas bewegen will,
tätig sein muss: Schönfelder
macht Strom aus Holz. Das
Besondere ist, dass die von
ihm ausgesuchten Öfen alles
nehmen, was hölzern ist. Sie
verbrennen, je nach Ausfüh-
rung, feuchtes Hackgut, alte
Spanplatten, Pellets und ge-
nauso Meterscheite schöns-
ter Buche. Dabei ist die
Technik so ausgefeilt, dass
die Anlagen ohne zusätzliche
Filter die vorgeschriebenen
Abgasgrenzwerte der Bun-
des-Immissionschutzverord-
nung BImSchV unterschrei-
ten.
Ein besonderes Brennkam-
mer- und Nachschubsystem,
ein 20 mm dickes Stahlge-
häuse, eine zugunabhängige
Abluftvorrichtung und jede
Menge Hitze machen dies
möglich.
Burn baby, burn
Wer Hackgut aller Art verbrennen will, muss einen
Ofen wählen, bei dem über der Brennkammer eine
Schüttung angebracht ist. Über diese Schüttung
rutscht der Holzabfall peu à peu Richtung Brennwabe,
wobei die unterste Schicht auf dem Glutbett ver-
brennt und ein Teil der dabei entstehende Hitze das
im Schacht befindliche Hackgut trocknet. Scheitholz
kann von Hand oder automa-
tisch aus einem Holzspeicher
nachgelegt werden. Eine
ausreichend dimensionierte
Schüttung lässt auch ganze
Paletten Richtung Glutbett
rutschen.
Die Brennwabe, auf der das
Holz ausbrennt, besteht aus
Keramik, die in Spezialguss,
einer Legierung aus Chrom-
nickelstahl, eingelassen ist.
So verbinden sich die hervor-
ragenden Ausbrandeigen-
schaften des ansonsten emp-
findlichen Materials Keramik
mit Widerstandskraft gegen
große mechanische Belas-
tungen. Das ist auch nötig:
Die Hackschnitzel mögen
sanft zum Material sein – pol-
ternde Meterscheite sind es
nicht im Geringsten.
Auf der Brennwabe wird das
Holz entzündet und abge-
brannt. Primärluft, wie sie für
die Holzvergasung benötigt wird, wird durch Löcher in
der Brennwabe zugeführt. Zuerst verdampft das Was-
ser, das auch im luftgetrockneten und gut gelagerten
Holz noch vorhanden ist. Brenntechnisch befinden wir
Wie man Wärme in Strom umwandelt
Abb. vorige Seite: Scheitholz, Brennwabe und Übergang zur zwei-ten Brennkammer eines hochmodernen Ofens.
Schicker Stahlkoloss: Der Schacht zur Bestückung des Ofens wird vom darüber
liegenden Stockwerk aus befüllt.
Schafe scheren
Schafscherer war früher ein Lehrberuf. Es braucht
Zeit, bis man die Technik gut genug beherrscht, um
weder dem Schaf noch sich selbst zu schaden. Sche-
ren geht ins Kreuz, in die Arme und in die Hände.
Heute wird das Metier meist von professionellen
Scherkolonnen oder Privatpersonen im Nebenerwerb
oder als Hobby ausgeübt. Gute Schafscherer schaffen
es, mehr als hundert Tiere am Tag aus der Wolle zu
pellen. Rekordhalter kommen auf über 300 Schafe.
Bei Schermeisterschaften werden Schafe in gut einer
Minute geschoren. Bewertet werden vor allem Unver-
sehrtheit, Schurtechnik und Exaktheit; Schnelligkeit ist
nur ein kleiner Bewertungspunkt.
Scheren muss man sich wie einen Tanz mit dem Schaf vorstellen:
Bei der Boden-
m e t h o d e , d e r
gebräuchlichsten
und schonends-
ten Schurtechnik,
sitzt das Schaf auf
den Füßen des
Scherers. Er gibt
ihm mit seinen
Füßen, Beinen
und Armen die
Richtung, die es
braucht, um sich
perfekt unter der
Schermaschine zu
bewegen oder
stillzuhalten.
Bei der Bankme-
thode setzt ein
Helfer das Schaf
auf ein Podest.
D e r S c h e r e r
klemmt ein Vor-
derbein zwischen
seine Beine. Er
hält und bewegt
das Schaf mit sei-
nem Körper. Die
Helfer müssen die Kunst beherrschen, das Schaf auf
das niedrige Podest zu setzen, und der Scherer muss
darauf achten, dass es von dort nicht herunterrutscht.
Der Vorteil besteht darin, dass man sich nicht bis auf
den Boden bücken muss. Wer die Bodenmethode
geübt hat, wird sich nicht auf die Bankmethode um-
stellen wollen und umgekehrt auch eher nicht. Es
würde sich anfühlen wie das Lernen eines anderen
Fingersatzes beim Saiteninstrument: Umgewöhnen ist
schwerer als neu lernen.
Schafe müssen einmal im Jahr geschoren werden,
Bergschafe sogar zweimal, auch wenn die Wolle hier-
zulande fast nichts wert ist und in keinem Fall die
Lohnkosten für den Schafscherer aufwiegt. Die we-
nigsten Rassen
werfen ihre Wolle
einfach ab, und
ein zu dickes Fell
z e h r t a n d e n
Schafen. Unter-
bleibt die regel-
mäß ige Schur,
wird das Wärme-
regulationsverhal-
ten der Tiere er-
heblich gestört.
Der Parasitenbe-
fall nimmt zu, und
die Lämmer ha-
ben Probleme,
die Zitzen ihrer
Mütter zu finden.
Wichtig zu wissen
i s t aber auch,
dass die Schafe
frisch geschoren
n a t ü r l i c h e r s t
Nicht dick, nur dick an: ein Bergschafbock lässt sich aus dem Mantel hel- fen.
Brotbackenfür Stadt und Land
mit Backup(damit es auf jeden Fall was zum Frühstück gibt)
Wir haben schon etliche Brotbackbücher auspro-
biert und waren von den Resultaten selten überzeugt.
Die Brote waren oft speckig, krümelig, fest und
schmeckten nur mit viel Begeisterung für Selbstge-
machtes und allenfalls in den ersten zehn Minuten.
Von den Experimenten ist jedoch ein Favorit übrig
geblieben. Das Brotbackbuch Nr. 1 von Lutz Geißler
zeigt nicht nur mit Liebe zum Detail, sondern vor al-
lem praxiserprobter Kenntnis, wie man leckeres Brot
backt. Die wichtigsten Zutaten: Planung, Zeit, Mehl,
Wasser, Salz und ab und zu ein itzebisschen Hefe.
Weil die Eigenschaften von Backhäusern (Backes) und
Backöfen sowie Land- und Stadtküchen sehr unter-
schiedlich sind, haben wir zwei Brotrezepte aus dem
Brotbackbuch Nr. 1 dem Härtetest „Urbanes Leben“
unterzogen: kein Platz auf der Arbeitsplatte und im
Kühlschrank, maximale Ofentemperatur 250°C, nor-
male Arbeitstage drumherum. Als Backup (falls das
Brot nichts wird) dienen Croissants. Unser Held in der
Feinbäckerei heißt Gaston Lenôtre und ist einer der
berühmtesten Pâtissiers der Welt.
Planung
Der erste Schritt besteht in der Entscheidung, wann
und was man backen möchte. Von hier an wird rück-
wärts gerechnet, um alle Arbeits- und Garschritte im
Tag/Uhrzeit diverse Vorbereitungen Landbrot Weizenmischbrot Croissants
Di 7 Uhr/19 Uhr Sauerteig Stufe 1
Mi 7 Uhr/19 Uhr Sauerteig Stufe 2
Do 7 Uhr/19 Uhr Sauerteig Stufe 3
Fr 7 Uhr/19 Uhr Sauerteig Stufe 4
Sa 8 Uhr Vorteig mischen (24 Stunden Gare)
Vorteig mischen(18 Stunden Gare)
Sa 17 Uhr Grundteig herstellen (1 Stunde Gare)
Sa 18 Uhr 3 Stunden Gare im Kühlschrank
Sa 21 Uhr 1. Tour(12 Stunden Gare)
So ab 8 Uhr Brotteig kneten (15 Min. + 1 Stunde Gare)
Autolyseteig (30 Minuten Gare)
So ab 8:30 Uhr Brotteig kneten (10 Min. + 1 Stunde Gare)
So ab 9 Uhr Backes an Brotteig kneten (3 Min. + 1½ Stunde Gare)
Brotteig kneten (3 Min. + 45 Minuten Gare)
2. Tour(1 Stunde Gare)
So ab 10 Uhr E-Ofen an Croissants formen
So 11 Uhr Brot einschießen Brot einschießen
So 12 Uhr Croissants backen
VorratswirtschaftGrundlagen 2
In der ersten QUICUMQUE-Ausgabe haben wir eine
Notfallkiste für Stadt und Land zusammengestellt, mit
der man vorübergehend grundversorgt sein kann.
Licht, Wasser, eine Kochgelegenheit, eine Toilette und
Nahrung für zwei Wochen waren darin enthalten. Im
zweiten Teil wollen wir weite-
re wichtige Utensilien hinzu-
fügen, mit denen ein Haus-
halt eine Weile unabhängig
sein kann: den Inhalt von
Notapotheke und Werkzeug-
kiste.
Ein unter medizinischen und
rechtlichen Gesichtspunkten
heikles Thema sind Medika-
mente und jede Art von Be-
handlungsvorschlägen. Des-
halb an dieser Stelle gleich
der ausdrückliche Hinweis
darauf, dass wir keine Thera-
pieempfehlungen abgeben
und auch niemanden zu Un-
fug anstiften wollen. Wir stel-
len nur zusammen, was unse-
rer Erfahrung nach sinnvoll ist
– und da wir mit der Tierapo-
theke aufgewachsen sind, lässt sich leicht schließen,
dass wir ein einigermaßen robustes, aber nicht grund-
sätzlich gesundes Verhältnis zu den Dingen haben.
Vielleicht sollte man sogar hinzufügen, dass unsere
medizinische Selbstversorgerkiste keinesfalls zur
Nachahmung zu empfehlen, sondern lediglich als An-
regung gedacht ist. Mit diesem dreifachen Sicher-
heitsnetz wagen wir einen Blick in unsere Bestände
und Maßnahmen.
Zur elementaren Vorsorge gehört bei uns das Impfen.
Wir sind bekennende Impfer, denn es ist unseres Er-
achtens klug, schwere und lebensgefährliche Erkran-
kungen wo möglich zu vermeiden. Die STIKO, die
Ständige Impfkommission, gibt Empfehlungen heraus,
gegen was man hierzulande geimpft sein sollte. 2014
waren mit dem Zusatz „alle Personen“ Impfungen
gegen Tetanus, Diphterie und Poliomyelitis gekenn-
zeichnet. Der Impfkalender
und die Empfehlungen der
STIKO können auf den Inter-
netseiten des Robert Koch-
Institutes eingesehen wer-
den.
AlkoholEines der ältesten Univer-
salmittel ist Alkohol: Er wird
seit tausenden von Jahren in
Form von Wein und Bier
hergestellt. Wann genau der
Mensch mit dem Destillieren
begonnen hat, ist nicht be-
kannt. Erste sichere Hinweise
und Anleitungen zum Destil-
lieren finden sich im 13.
Jahrhundert; insbesondere
Klöster entwickelten Medizin
auf alkoholischer Basis. Ihre
Schnäpse und Kräuterliköre
erfreuen sich noch heute großer Beliebtheit. Alkohol
kann zur Bekämpfung von Schmerzen, Angst, Schlaf-
losigkeit und zur Traumabewältigung eingesetzt wer-
den. Reiner Alkohol wirkt keimtötend und desinfizie-
rend. Im Regal stehen bei uns deshalb zwei Flaschen
Doppelkorn zur inneren Anwendung und eine Flasche
96 %iger Ethylalkohol für die äußere.
Außerdem ist Alkohol bekannt für seine aphrodisie-
renden Eigenschaften, was allerdings für die Notfalla-
potheke zweitrangig sein mag. Und alle Vorzüge än-
dern leider nichts an der Tatsache, dass Alkohol, re-
gelmäßig und in größeren Mengen genossen, der
Notapotheke und Werkzeugkiste
Gesundheit und
dem Bruttosozial-
produkt recht ab-
träglich ist.
Honig
Das zweite Univer-
salmittel ist kalt
g e s c h l e u d e r t e r
Bienenhonig. Ins-
besondere zur Be-
handlung offener
und schlecht hei-
lender Wunden
eignet sich er sich
h e r v o r r a g e n d ,
denn er enthält
antibakteriell wir-
kende Substanzen,
reinigt das Wund-
bett und regt neue
Zellen zum Wachstum an. In Studien konnte gezeigt
werden, dass selbst schwierige und stark entzündete
Wunden, die mit Honigverbänden versorgt wurden,
heilten. Honig hat in der Wundversorgung zusätzlich
den Vorzug, einen schmerzfreien Verbandwechsel zu
ermöglichen. Die Honigauflage erlaubt nämlich (an-
ders als ein mit den neu gebildeten Zellen verklebter
Verband) Kompressen ohne Zerstörung der frischen
Hautzellen abzuziehen.
Allerdings kommt in neuerer Zeit in der professionel-
len Wundversorgung nur medizinischer Honig zum
Einsatz, der mit Hilfe von Gammastrahlen sterilisiert
wurde.
Wer Speisehonig nimmt, muss wissen, dass auch die-
ser von Natur aus steril ist, er jedoch Sporen des Er-
regers Clostridium botulinum enthalten kann. Diese
mögliche Verunreinigung ist auch der Grund, warum
Säuglinge bis zu einem Jahr keinen Honig essen soll-
ten. Ihre Darmflora ist noch nicht ausreichend entwi-
ckelt, so dass die Sporen keimen können und das gif-
tige Botulinumtoxin freigesetzt wird. Bei der Wund-
behandlung mit kontaminiertem Speisehonig kann es
zu Wundbotulismus kommen. Botulinumtoxin wird
zwar in der Medizin zur Behandlung von Spastiken
und Migräne eingesetzt. In höheren Dosen verursacht
es allerdings Lähmungen bis hin zum tödlichen Atem-
stillstand. Lähmung der Augenmuskulatur und Dop-
pelbilder sind in der Regel die ersten Symptome, die
auf Botulismus hinweisen. Die Inkubationszeit beträgt
ungefähr zwei Wochen. Das Bieneninstitut Celle hat
im Jahr 2000 in zwei von 200 Honigproben den Erre-
ger nachweisen können. Laut Ärzteblatt (April 2015)
trat der letzte Fall von Wundbotulismus in Deutsch-
land im Jahr 2010 auf. Botulismus ist meldepflichtig.
Bei Verdacht auf Botulismus ist schleunigst der Arzt
aufzusuchen, der ein Antitoxin spritzen wird. Ist kein
Arzt in der Nähe, hilft nur noch beten – und der Dop-
pelkorn aus der Hausapotheke gegen die Angst.
Honig eignet sich aufgrund seiner antibiotischen Ei-
genschaften zur Behandlung von Halsschmerzen und
Magen-Darm-Beschwerden. Hierzu löst man ihn am
besten in Tee oder warmer Milch auf. Ihm werden
auch blutdrucksenkende und herzschützende Eigen-
schaften zugeschrieben.
Pille mit Honig versüßt
HaltbarmachenSauer Einlegen, Einkochen, Trockenlagern, Einlagern
Im ersten Teil unserer Selbstversor-
gungsreihe haben wir einen Garten
für einen Vierpersonenhaushalt
angelegt. In dieser Ausgabe be-
fassen wir uns mit dem Konser-
vieren des geernteten Gemüses.
Die hier zugrunde gelegten Men-
gen beziehen sich deshalb einer-
seits auf den Ertrag aus diesem
Garten. Andererseits können
sie auch einfach als Richt-
schnur für eine Wintervor-
ratswirtschaft dienen.
GrundlagenEinkochen, Einlegen, Einlagern
Vorräte sollten mindestens für die Zeit von
Ende Oktober bis Ende März angelegt werden.
Als Faustregel kann gelten, dass eine Person
pro Tag 250 Gramm Gemüse verzehrt.
Gemüse wird eingekocht, eingelegt oder ein-
gelagert. Lauch und Rosenkohl können
auf den Beeten bleiben und überste-
hen auch Frost.
Ausgereifte Bohnen und Erbsen so-
wie Zwiebeln eignen sich für die
Trockenaufbewahrung.
Wir haben bei unseren Überlegungen be-wusst auf die Gefrierbevorratung
verzichtet.
Einfrieren ist zwar sehr praktisch
und zeitsparend, macht
aber eben auch ab-
hängig von kontinu-
ierlicher Stromver-
sorgung. Sellerie,
Erbsen, Möhren,
Rosenkohl und
Lauch können gut
roh e ingef roren
werden. Rot- und
Weißkohl, Bohnen und
Oberkohlrabi sollten vor dem
Einfrieren blanchiert werden.
Alle übrigen Gemüsesorten
gewinnen im Gefrierschrank
unserer Erfahrung nach
nicht an Qualität.
Einkochen
Zum Einwecken oder Einkochen
benötigt man Einmachgläser – wir ver-
wenden 1-Liter-Gläser, Gummieinmach-
ringe, Klammern und einen Topf zum
Einkochen.
Planung der Selbstversorgung, Teil 2
Laut Duden online erhielt der Begriff „einwecken“ zu ersten Mal 1934 einen Platz in dem berühmten
Nachschlagewerk. Das Wort ist auf Johann Carl Weck zurückzuführen (1841 - 1914), der das Ein-
kochverfahren in Deutschland bekannt machte. In Süddeutschland und Österreich benutzt man häu-
figer das Wort „einrexen“.
Einkochapparat, Topf, Wäschekessel
Am praktischsten ist ein moderner Einkochapparat. Es
kann aber auch in jedem Kochtopf, der groß genug
ist, in einem emaillierten Kessel mit Gläsereinsatz und
Thermostat oder, wie früher üblich, in einem Wasch-
kessel über dem Feuer eingekocht werden. Egal wo-
mit man einkocht: Es muss immer ein Rost im Topf
liegen, damit die Gläser nicht direkt auf der Heizquel-
le stehen. In den normalen emaillierten Einkocher be-
kommt man fünf 1-Liter-Gläser. Rundrandgläser kön-
nen in mehreren Lagen eingekocht werden.
Gläserarten
Besonders geeignet sind Rundrandgläser, aber auch
die älteren Schleifrand- und Rillengläser sowie mo-
derne Gläser mit Twist-off-Verschlüssen sind
brauchbar. Gläser mit Bügelverschluss sind schön und
beim Einkochen praktisch, später ist es aber schwer zu
kontrollieren, ob sie wirklich dicht schließen.
Gläser spülen und füllen
Die Gläser müssen sauber gespült und absolut seifen-
frei sein. Rand und Deckel der Gläser dürfen nicht
beschädigt sein.
Die Gummiringe kocht man 2 bis 3 Minuten in Wasser
mit einem Schuss Essig auf, spült sie mit heißem Was-
ser klar nach und lässt sie bis zum Gebrauch in diesem
Wasser liegen. Die Ringe werden nass aufgelegt. Alte
Einmachgläser mit einem Massiv- oder Rillenrand dür-
fen nur bis 2 cm unter dem Rand befüllt werden. Die-
se Füllhöhe führt dazu, dass die oberste Schicht des
Einkochgutes sich im Laufe der Zeit verfärbt, da sie
mit Luft in Kontakt kommt. Rundrandgläser lassen sich
am einfachsten befüllen. Hier kann das Kochgut bis
zur Unterkante des Randes eingefüllt werden. Es ist
kein Luftpolster nötig – ausgenommen bei Wurstmas-
se und Kuchenteig, weil diese beim Einkochen aufge-
hen.
Zum Einwecken Gummiring und Deckel auflegen und
das Glas zuklammern. Zwischen Glasrand und Ver-
Rillenglas
Dag Schulze ist eigentlich Physiker. Sein naturwis-senschaftliches Interesse führte ihn zum Klima-schutz, der Klimaschutz zum langfristigen Wirt-schaften und das langfristige Wirtschaften schließ-lich zur Auseinandersetzung mit alternativen und ökonomisch sinnvollen Geldströmen. Schulze hat in Berlin eine komplementäre Währung,
den BERLINER, eingeführt, die Solardraisine an der
Bergstraße in Bewegung gesetzt und er gehört zu den
Pionieren, die für die Bundesregierung bereits in den
90ern Bilder von der Wärmeabstrahlung ungedämm-
ter Häuser erstellt haben. Hauptamtlich ist er in der
Europäischen Geschäftsstelle des Klima-Bündnis für
den Fachbereich Energie zuständig. Seine Kernthe-
men sind Nachhaltigkeit und Wirtschaftspluralismus.
QCQ: Herr Dr. Schulze, wie können Selbstversor-gung und autarke Lebensformen, die fast zwangs-läufig mit sparsamem Konsum zu tun haben, mit Wohlstand und damit mit Friedenssicherung – den Garanten freiheitlicher Lebensformen – in Einklang gebracht werden?DS: Wirtschaftspluralismus wäre eine Möglichkeit, also
die Koexistenz von beispielsweise Tauschringen und
Selbstversorgung neben der kreditgeldbasierten Wirt-
schaft.
Ein großes Problem unserer Zeit ist die Neigung zur
Einfalt, zum Monopol, und der Verlust von Vielfalt.
Alternativlosigkeit ist eine Bedrohung für Marktwirt-
schaft und übrigens auch für Demokratie. Sobald vor-
wiegend Monopole bestehen, können Monopolisten
Der PhysikerDie Ökonomie der Autarkie
Ein Interview mit Dr. Dag Schulze
einen beliebigen Preis festsetzen; eine die Marktwirt-
schaft kennzeichnende Preisbildung über Angebot
und Nachfrage ist dann nicht mehr möglich. Die sozi-
alistischen Wirtschaften waren zum großen Teil von
einem Mangel an Vielfältigkeit geprägt. Monopole
sind gefährlich für eine Demokratie, weil Staaten er-
pressbar werden. Es sollte uns beunruhigen, dass wir
die Rede von der Alternativlosigkeit bestimmter Maß-
nahmen während der Finanzkrise unserer Bundeskanz-
lerin haben durchgehen lassen.
QCQ: Das liegt eventuell daran, dass nicht alle Al-ternativvorschläge sinnvoll genug sind, um es auf die Titelseiten zu schaffen. Welche Alternativen sehen Sie?DS: Langsam die Unabhängigkeit steigern. Das isses
auch schon.
QCQ: Im Sinne von „bloß kei-ne Revolution“?DS: Ja. Ich würde eher von ei-
ner Evolution reden wollen.
Wobei leider ein Problem ist,
dass Menschen erst etwas än-
dern, wenn es weh tut. Wir sind
sehr bequem und müssen oft
erst fühlen, bevor wir umdenken.
Der langsame Prozess gestei-
gerter Unabhängigkeit beginnt
meines Erachtens im Wesentlichen damit, die Abhän-
gigkeit von Erwerbsarbeit zu reduzieren.
QCQ: Wohlstand ohne Arbeit? DS: Nein. Gearbeitet werden muss. Es geht um Wohl-
stand mit weniger Erwerbsarbeit und weniger Kon-
sum. Gesellschaftlicher Status kommt hierzulande viel
über Erwerbsarbeit zustande. Geld und Eigentum
werden häufig darüber gerechtfertigt, dass man sich
das erarbeitet hat. Nehmen Sie die Immobilienkrise in
Amerika: Man hätte die Krise ja auch lösen können,
indem man die Leute in den Häusern gelassen hätte.
Wenn man das Geld, das man für die Bankenrettung
ausgegeben hat, den Menschen gegeben hätte, hät-
ten die auf einen Schlag ihr Häuser abbezahlen kön-
nen. Wir hätten dann die gleiche Situation wie heute,
mit dem Unterschied, dass die Leute ein Dach über
dem Kopf hätten und die Häuser nicht verfallen wür-
den. Sie würden die Häuser besitzen und die Bank
hätte das Geld und wäre auch gerettet. Aber das ist
nicht möglich, weil wir der Ideologie anhängen, dass
man erfolgreiche Erwerbsarbeit betreiben muss, um
etwas zu bekommen. Wobei der produktiven Er-
werbsarbeit ein wesentlich größerer Wert beigemes-
sen wird als der reproduktiven: Für Kindererziehung
gibt es wesentlich weniger Anerkennung als bei-
spielsweise für den Bau eines Computers.
QCQ: Wäre nicht jeder, der versucht, ordentlich zur Wertschöpfung beizutragen, gestraft, wenn es anders liefe als über Erwerbsarbeit? DS: Wenn es ein bedingungsloses Grundeinkommen
gäbe, das mit einer neuartigen
Parallelwährung ausgezahlt
wird, könnte die Abhängigkeit
von Erwerbsarbeit reduziert
werden. Damit ist noch nichts
über die Kaufkraft der Parallel-
währung gesagt. Vielleicht sind
100 Währungseinheiten aus
dem Grundeinkommen 100
Euro wert, vielleicht bekomme
ich dafür aber auch nur ein
Brot. Das hängt davon ab, wie
viel die Menschen in diesem
System arbeiten, wie viel sie leisten, denn die Geld-
menge ist in diesem System nur abhängig von der
Anzahl der Köpfe.
Angenommen, es würde immer weniger Brot geba-
cken, weil jeder im Prinzip aufgrund des monatlichen
Grundeinkommens faul sein könnte, dann würde der
Brotpreis steigen, dann müssten die Leute sich ent-
weder über steigende Selbstversorgung das Brot or-
ganisieren oder sie müssten wieder mehr arbeiten,
um sich Brot leisten zu können. Wir bleiben in einem
marktwirtschaftlichen System: mehr Arbeit, mehr Ein-
kommen. Nur der, der über ein bestimmtes Vermögen
hinaus spart – die Eigentumsfrage einmal außen vor
gelassen, denn sie kann dieses System ein Stück weit
unterhöhlen – wird bestraft. Es gibt kein Sparen um des
Sparens willen, sondern Austausch wird attraktiv. Das
Alternativlosigkeit ist eine Bedrohung für die Marktwirtschaft und übrigens auch für die Demokratie.