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Vorwort 4

1 LernenausderGeschichte 6

Baubetrieb, schon bei den Römern 8

Gesellschaftliches Umfeld vor 50 Jahren bei Gründung des Studiengangs 9

Studiengangsgründung: Aus der Not die Einsicht 1 1

Wissensaufbau im Baubetrieb über eine Schriftenreihe 1 4

Vom Zeichenbrett zu CAD (seit 1993) 1 6

Baubetrieb Karlsruhe erobert die Welt: 1. Masterkurs an einer deutschen FH 20

Baumanagement als Weiterentwicklung des Baubetriebs 22

2 Baubetriebheute 26

Aktuelle Lehrfelder im Studiengang Baubetrieb, Baumanagement 27

Immobilienmanagement (Prof. Carolin Bahr) 28

Kalkulation im Bauwesen (Prof. Ralph Bartsch) 3 1

Massivbau (Prof. Richard Harich) 34

Baumanagement (Prof. Hermann Hütter) 36

Ausschreibung, Vergabe, Abrechnung (AVA)/Projektablaufplanung (Prof. Michael Korn) 38

Bauverfahrenstechnik, Bautechnik und Unternehmensführung (Prof. Alexander Lange) 42

Recht (Prof. Andreas Luckey) 45

Entwerfen und Konstruieren: Baustatik und Holzbau (Prof. Robert Pawlowski) 47

Baustoffe, Bauchemie (Prof. Karsten Schubert) 50

Baubetriebswirtschaftslehre (Prof. Matthias Urmersbach) 53

Ingenieurmathematik (Prof. Olga Wilderotter) 56

Projekte, Symposien und angewandte Forschung 58

Projekt: IngenieurHandwerk 58

Projekt: Synergie Strukturen, Kloster Frauenalb – Bauen im Bestand 59

Projekt: Ästhetik des Gleichgewichts 60

Projekt: Monitoring von Dachtragwerken 6 1

Forschungsprojekt: „Kostenoptimiertes Bauen (KoBau)“ (BMBF) 62

Forschungsprojekt: „Anwenderzentrum ökonomisch nachhaltiger Immobilien“ (BMBF) 63

Forschungsprojekt: „Planernetzwerk“ (BMBF) 64

Projekt: „Entwicklung eines Hochbau-Instandhaltungsplanes für die ÖBB Infrastruktur AG“ 65

Projekt: „Kosten- und Personalbedarf für das Betreiben technischer Anlagen“ 66

Projekt: „Personalbemessung im Facility Management öffentlicher Einrichtungen“ 67

Symposium: „Warum geht bauen in Deutschland schief? Ursachen und Lösungsvorschläge“ 68

Highlights aus Exkursionen und dem Studienalltag 69

Besondere Auslandsexkursionen: China und Japan, Gotthard-Basistunnel 69

Aktuelle Baubetriebsexkursionen in Deutschland 7 1

Corporate Identity: Bergtouren und Hüttenerfahrung 73

Fußballturnier-Baubetrieb: eine neue Tradition 75

Symposiums-Beiträge: Baubetrieb morgen 76

BIM und Digitalisierung im Baubetrieb 76

Baubetriebliche Kernkompetenzen im ÖPP-Projekt VIA A6 79

Übertragung von Lean Prinzipien auf Großprojekte im Spezialtiefbau 83

3 Baubetriebmorgen—Zukunftsvisionen 88

4 Anhang 96

Zeittafel Absolventen und Professoren des Studienganges BB/BM 1 0 1

Externe Dozenten und Referenten 103

Sponsoren und Firmen, die den Studiengang unterstützen 104

Inhalt

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Vorwort

Baubetrieb als Studiengang besteht an der Hochschule Karlsruhe, Technik und Wirtschaft nun seit einhundert Semestern. Was hat die Verantwortlichen da-mals bewogen, den Studiengang „Baubetrieb“ zu gründen? Was können wir aus der Geschichte lernen, was waren Highlights und besondere Ideen innerhalb des Studiengangs in der Vergangenheit? Wo stehen wir heute? Mit welchen aktuellen Projekten, Lehrinhalten und Themen werden Studierende im Baubetrieb für die Planungs- und Bauwirtschaft ausgerüstet? Und in welche Richtung könnte sich Baubetrieb in einem Zeitsprung von 100 Semestern in der Zukunft entwickeln?

Diesen Fragen geht das folgende Booklet auf den Grund und gliedert sich in 3 Bereiche: Lernen aus der Geschichte, Baubetrieb heute und Baubetrieb morgen. Ein weiteres Ziel des Booklets und des Symposiums „Baubetrieb morgen“ ist, eine gute Vernetzung unter den ehemaligen Studierenden mit Professoren, Lehrbeauf-tragten, aktuellen Studierenden und zukünftigen Interessenten zu erreichen. Das Gestaltungspotenzial, das wir gemeinsam innehaben ist unglaublich.

Fest steht, dass sich die Welt, die Gesellschaft und so auch die Planungs- und Bau-wirtschaft ändert. Darin liegen viele Chancen und Herausforderungen zugleich. Es geht nicht darum alles neu zu gestalten und die Vergangenheit zu vergessen. Und doch geht es für uns als Studiengang und für jeden Einzelnen darum, sich bezüglich des Wandels zu hinterfragen, kontinuierlich weiter zu lernen und die Zukunft mit- zugestalten. Diesen Chancen und Herausforderungen wollen wir uns stellen.

Ein herzlicher Dank gilt allen Kolleginnen, Kollegen und Mitarbeitern, die in der Vergangenheit und heute sich dafür eingesetzt haben, dass Baumanagement und Baubetrieb als Studiengang erfolgreich in Karlsruhe etabliert wurde und über 2170 Absolventen unseres Studiengangs heute in der Planungs- und Bauwirtschaft arbeiten. Ein ganz besonderer Dank gilt Prof. Dr. Breunig, der sich sehr für das Gelingen dieses Booklets und Symposiums eingesetzt hat.

Ebenfalls danken wir allen Unterstützern und Alumni, die mit dem Studiengang weiterhin in Verbindung stehen, die Exkursionen ermöglichen und die auch den Studiengang Baubetrieb innerhalb der Lehre, Forschung oder anderen Projekten unterstützen. Setzen Sie dieses Engagement bitte fort, denn damit können wir die Zukunft positiv mitgestalten.

Karlsruhe,08.06.2018

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Lernen aus der

GeschichteBaubetrieb, bei den Römern, über die Gründungszeit des Studiengangs, bis heute...

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Baubetrieb, schon bei den Römern

In früheren Zeiten waren „Baumeister“ für alle Belange des Bauens zuständig und schon vor über 2000 Jahren gab es ganzheitliche Anweisungen für Entwurf und Ausführung. Als Beispiel sei auf die zehn Bücher über Architektur „de architec- tura libri decem“ des römischen Architekturlehrers Markus Vitruvius Pollio aus dem ersten Jahrhundert v. Chr. verwiesen. Dort sind Ratschläge für die Anlage von ganzen Städten bis zu Details wie Mörtelmischungen enthalten.

Die römischen Baumeister wurden in Westeuropa von den Bauhütten beerbt, die in der Romanik und Gotik gewaltige Sakralbauten errichteten und dabei eben-falls für das gesamte Bauwerk verantwortlich waren wie schon die Baumeister zu Hammurabis Zeiten. Immer lag der Berufsausübung der Meister und Gesellen eine handwerkliche Ausbildung zugrunde. Noch der große Barock- und Rokokobau-meister Balthasar Neumann, 1687 im böhmischen Eger geboren, hatte in Würzburg erst das Handwerk des Kanonengießers erlernt, bevor er das heutige Weltkultur-gut „Residenz der Würzburger Fürstbischöfe“ bauen durfte.

Außerhalb der Residenzstädte baute man schon immer „nach den Regeln der Baukunst“ mithilfe der Leistungen spezialisierter kundiger Handwerker und Meis-ter, die in den Zünften organisiert waren, wo auch eine Qualitätskontrolle statt-fand. Im Zuge des Bevölkerungswachstums, der Industrialisierung und der Steige-rung des Bauvolumens erfolgte dann zunehmend eine differenzierte Behandlung der Aufgaben durch eine Vielzahl noch weiter spezialisierter Handwerker. In den Gründerjahren, als nach dem deutsch-französischen Krieg 1871 beträchtliche Geld-mittel aus den von Frankreich zu leistenden Reparationen zur Verfügung standen, wuchs wiederum das Bauvolumen massiv. So war die Zeit reif für eine Aktualisie-rung und Differenzierung der Baumeisterausbildung.

An vielen Orten im wiedererrichteten (Zweiten) Deutschen Reich wurden Schu-len zur Ausbildung einer neuen Generation von Bauschaffenden gegründet. So entsteht auch in Karlsruhe die spätere Fachhochschule und der Studiengang Bau-betrieb wie der folgende Auszug aus der Geschichte zeigt:

1878 Gründung der Großherzoglichen Badischen Baugewerkeschule für Hochbau und 1893 für Tiefbau

1919 Badische Höhere Technische Lehranstalt (Staatstechnikum)1963 Staatliche Ingenieurschule Karlsruhe 1968 Start des Fachbereichs Baubetrieb1971 Umbenennung zur Fachhochschule Karlsruhe (FH) und 2005 zu

Hochschule für Technik und Wirtschaft2006 Start des Fachbereichs Baumanagement mit der Umstellung von

Diplom (FH) auf Bachelor- und Master

Gesellschaftliches Umfeld vor 50 Jahren bei Gründung des Studiengangs

Was waren große Umbrüche des 20. Jahrhunderts, die zu Zeiten der Studien-gangsgründung eine gesellschaftliche Rolle spielten? Der erste Weltkrieg, die Weltwirtschaftskrise, das Aufkommen des Kommunismus und des Nationalsozialis-mus, eine große Inflation, der zweite Weltkrieg und die Abwürfe zweier Atombom-ben. Der „kalte Krieg“ folgte dem „heißen“, bis gegen Ende des Jahrhunderts die sozialistisch bevormundeten Staaten Osteuropas dem wirtschaftlichen Charme des Kapitalismus erlagen. Nach dem ideologisch motivierten „Ost-West-Konflikt“ zeichnete sich ein neues Konfliktfeld ab, das Samuel P. Huntington zeitnah als „The Clash of Civilizations“ beschrieben hatte.

Dagegen sehen die Ereignisse der 60er-Jahre weltweit und speziell in Deutsch-land eher bescheiden aus, aber völlig unwichtig waren sie nicht. Hierzu zählen z. B.:

• der Bau der Berliner Mauer im August 1961• der Krieg in Vietnam mit weltweiten Gegendemonstrationen• das Drogenevent in Woodstock im August 1969• die Morde am US-Präsidenten John F. Kennedy und an Pastor Martin Luther King

Berliner Mauerbau 1961

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Studiengangsgründung: Aus der Not die Einsicht

Die Vorteile der steigenden Abiturientenquote sind umstritten, so lag diese noch 1950 bei ca. 5 % eines Jahrgangs und bewegt sich inzwischen auf die 50 % zu. Kritiker sehen z. B. einen Zusammenhang zwischen höheren Abiturientenquoten und Jugendarbeitslosigkeit (vgl. FAZ 04.12.2014, R. Bölling). Zugleich bringt dies auch veränderte Anforderungen an die Hochschulen mit sich.

Die Gründung des Fachbereichs „Baubetrieb“ kann als Glücksfall in stürmischen Zeiten der Hochschulpolitik gesehen werden. Dank der Bildungseuphorie, ausge-löst durch die befürchtete Bildungskatastrophe, wurde in Karlsruhe nicht nur ein neuer Campus für die Staatliche Ingenieurschule Karlsruhe errichtet, sondern die Gründung eines Baubetriebsstudiengangs betrieben. Die 3 Studiengänge des Bau-bereichs dieser Hochschule hatten dann die Zuständigkeit für:

• die Architekten, die für die Ästhetik des Entwurfs verantwortlich sein sollten• die Bauingenieure, die für die Standfestigkeit der Bauwerke sorgen sollten• die Baubetriebler (später Baumanager), die für „schwarze Zahlen“ am Bau zu-

ständig sein sollten

In Deutschland setzte die große Koalition (1966-1969) die „Notstands-gesetze“ gegen den Widerstand einer außerparlamentarischen Opposition durch, aus deren Wurzelgeflecht eine zunehmende Gewaltbereitschaft er-wuchs. Am 11. April 1968 schoss der Hilfsarbeiter Josef Bachmann in Ber-lin dreimal auf den marxistischen Aktivisten Rudi Dutschke, der dabei schwere Hirnschäden erlitt. Am 1. Mai 1969 gründeten Horst Mahler und Hans-Christian Ströbele in Berlin das Sozialistische Anwaltskollektiv, das Mitglieder der deutsch-terroristischen Gruppe RAF verteidigte.

Das Gesamtbild wäre ohne weitere Mosaiksteine unvollständig, etwa die Sympathie westdeutscher Studenten-führer für kommunistische Diktatoren wie Fidel Castro, Ho Chi Minh und Mao Tse-Tung. Weiter gehören hierzu die Frauen-, Hippie- und Schwulenbe-wegung und die Sexuelle Revolution: „Wer zweimal mit derselben pennt, gehört schon zum Establishment“ und „last but not least“ der Kampf gegen (auch universitäre) Autoritäten: „Unter den Talaren – Muff von 1000 Jahren“. Im Vergleich zu heute waren zu Zeiten der Studiengangsgründung (1968) die Studierenden in Deutschland stark po-litisch aktiv und forderten die Politik und Gesellschaft provokativ heraus.

Mit dem Schlagwort „Bildungskatas-trophe“ wurde damals in der Bundes-republik Deutschland der vermeintli-che Zustand des Bildungswesens beschrieben. In die Diskussion gebracht hat den Begriff Georg Picht mit einer 1964 in der Zeitschrift „Christ und Welt“ publizierten Artikelserie. Die Folgen waren zahlreiche Reformbemühungen, eine Vielzahl von Hochschulgesetzen, Neugründungen und Hochschulbauten, begleitet von einer stetigen Zunahme von Abiturienten und Studierenden.

Krieg in VietnamFidel CastroMartin Luther King

Mensa im Luftschutzkeller des Staatstechnikums 1960

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Schon Ende der 50er-Jahre des vergangenen Jahrhunderts waren im Staat-lichen Hochbauamt Karlsruhe Pläne zu einer Erweiterung des Staatstechnikums (als Vorläufer der späteren Hochschule) in den nördlich der Moltkestraße gele-genen Hardtwald hinein entstanden. Die Erweiterung war dringend notwendig, herrschten doch laut BNN vom 4. Februar 1960 „skandalöse Zustände beim Stu-dentenmenu“, drängten sich doch bei lediglich 90 Sitzplätzen 650 Studenten in den Gängen der „Katakomben“. Letztere waren die früheren Luftschutzkeller des Staatstechnikums und hatten diesem zum Prädikat „Stall“ verholfen. Älteren Semestern mag diese Bezeichnung noch geläufig sein.

Der Modellentwurf der Planungsgemein-schaft Seemann, Elsässer, Groh, Krause, Roßmann und Stroh lässt die tatsächlich realisierten Baukörper erkennen. Für die Baumaßnahme standen bis zu 50 Mio. DM zur Verfügung und die Fertigstellung war für 1968 vorgesehen.

Für die beteiligten Firmen stellten die neu-en Fertigungstechniken unter Anwendung industriell auf der Baustelle hergestellter Betonfertigteile „Quellen der Erkenntnis“ dar, da man kalkulatorisch wie betriebstech-nisch Neuland betreten hatte. 150 Arbeiter erstellten innerhalb nur eines Jahres bis zum Frühjahr 1965 die 4 Hörsaalgebäude F, M, E und B im Rohbau mit umbautem Raum von insgesamt 150.000 Kubikmetern. Im Vergleich dazu dauert der aktuelle kleinere Neubau des P-Gebäudes auf dem Campus bereits über 3 Jahre.

Das Bauvorhaben stellte damals gleichzeitig ein Beispiel für „Baubetrieb in der Praxis“ dar und war richtungweisend für die Lehrinhalte des zeitgleich in Gründung befindlichen neuen Studiengangs „Baubetrieb“. Die Neugründung erfolgte einer-seits auf Anregung der 3 am Neubau beteiligten Bauunternehmen. Andererseits trug sie dem Umstand Rechnung, dass nach den „fetten“ Jahren (Deckung des kriegsbedingten Nachholbedarfs) die deutsche Bauwirtschaft künftig auch mit schärfer gewordenem Wettbewerb zu rechnen und sich mit Kostenreduzierungen zu befassen hatte. So kam dem Baubetrieb als Disziplin eine dem „Wirtschaftsinge-nieurwesen“ vergleichbare Funktion zu.

Der Modellentwurf der Hörsaalgebäude F, M, E und B von 1965

zeigt die realisierten und bis heute bestehenden Baukörper.

Staatstechnikum Karlsruhe

Ehemaliges Signet des Fachbereichs Baubetrieb

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Wissensaufbau im Baubetrieb über eine Schriftenreihe

Die 144 Enzyklopädisten waren Kinder der Aufklärung und ihr Werk war zwischen 1751 und 1765 in Paris in 17 Textbänden erschienen. Ganz so anspruchsvoll war die Schriftenreihe „Beiträge zum Baubetrieb“ nicht angelegt, aber inspiriert war sie von den großen Vorbildern. Heinrich-Theodor Schmidt, einer der Gründerväter des Studiengangs, hatte mit Unterstützung einiger Baubetriebskollegen begon-nen, eigene Vorlesungsskripte in loser Folge zu veröffentlichen. Ein Vorhaben, das leider bald versandete.

Rechtzeitig zur Harmonisierung des Europäischen Baumarktes begründete Prof. Dr. Bernd Breunig die Schriftenreihe neu, um ein mehrfaches Ziel anzustreben. Einerseits sollte eine Plattform geschaffen werden für die in relativ großer Zahl hervorragenden Diplomarbeiten, in denen gelegentlich neue Themenkreise be-handelt worden waren und deren Lektüre den Studierenden dringend ans Herz zu legen war. Für eine Ablage im Archiv waren die Inhalte einfach zu schade. Andererseits waren die Ergebnisse der Symposien über den Augenblick hinaus einer größeren Leserschaft zur Verfügung zu stellen und schließlich sollte Gele-genheit geboten werden, Vorlesungsmanuskripte und Reprints wichtiger Mono-graphien in wohlfeiler Ausstattung für den Vorlesungsbetrieb erwerben zu können.

Der „Freundeskreis Baubetrieb“ erklärte sich zur Anschubfinanzierung der Reihe bereit und so erblickte Band Nr. 1 der „Schriftenreihe zum Baubetrieb“ 1992 das Licht der Welt. Nach mehreren Versuchen mit örtlichen, darunter auch der haus- eigenen Druckerei, wurde die endgültige Form und Ausstattung gefunden, die nach mehrfachen Änderungen (FH-Logo und „Studiengang Baubetrieb“ an Stelle des „Fachbereiches Baubetrieb“) in nunmehr endgültiger Fassung „steht“.

Mit Beginn des Jahres 2002 übergab Prof. Dr. Bernd Breunig die Aufgabe an einen Kollegen. Für die Zukunft war geplant, auf neuer finanzieller Basis die Reihe weiterzuführen und dafür eine Internetplattform zu erstellen. Das Projekt wurde damals jedoch nicht fortgesetzt.

Nachfolgende Bände wurden von Heinrich-Theodor Schmidt übernommen:

NR09 Deckungsbeitragsrechnung in der Praxis der Bauunternehmen (Behrendt/Schmidt)

NR10 Marketing im Bauwesen (Kutsch/Schiffers)NR12 Baubetriebliche Begriffe (Behrendt/Schmidt)NR21 Grunddaten und Methodik der baubetrieblichen Kalkulation,

Lernprogramm zur Einführung (Dieter Behrendt)NR23 Baustellen – Einrichtungsplanung (Günther Rosenheinrich)NR24 Vorberechnungen zur Einzelkostenermittlung (Heinrich-Theodor

Schmidt)NR26 Technische Nachkalkulation in der Bauunternehmung

(Heinrich-Theodor Schmidt)

Neu aufgenommen wurden die nachfolgenden Bände:

NR02 Projektsteuerung mit ablaufbedingten Kosten (Hauke Hartmann)NR03 Empfehlungen für die Durchführung von Diplomarbeiten (NN)NR06 EDV- gestützte Analyse einer Bauunternehmungsbilanz

(Dirk Meinzer)NR08 Operative und strategische Führung von kleinen und mittleren

Bauunternehmen (Jürgen Breyer)NR11 Organisationshandbuch für eine mittlere Bauunternehmung

(Holger Scheerschmidt)NR13 Textbuch zur Vorlesung Fertigungsplanung (Heinrich Eing)NR16 Projektentwicklung als unternehmenspolitisches Instrument

(Ludwig Will)NR19 Anwendung von Methoden des Operations Research im Bauwesen

(Manfred Winkelmann)NR22 Seminarbeiträge zu Rechtsfragen der Bauausführung

(Bissinger/Meyer-Schattenhöfer/Müller/Parmentier)NR25 Text- und Arbeitsbuch zur Vorlesung Rechnungswesen-Bau

(Bernd Breunig)NR28 Bauleiter Handbuch (Baubetriebliches Seminar)NR29 Feasibilitystudie zur Rekonstruktion der Puente del Diablo über den

Foz de, Lumbier, Spanien (Bernd Breunig)NR31 Fachausdrücke aus dem Bauwesen: Deutsch / Englisch / Französisch

(Dieter Pfaffenzeller)NR32 Controlling im Baubetrieb (Jost-Albrecht Nies)NR37 Handbuch für den Schalungsbau, Schalung und Schalungszubehör

(Adrian Pflieger)NR41 Einladung zur Politik, Text- und Arbeitsbuch zur Vorlesung: „Europäi-

sche Kultur, Politik & Soziologie“ im MSc ECM (Bernd Breunig)

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Vom Zeichenbrett zu CAD (seit 1993)

Die Sprache des Ingenieurs ist seit jeher die Zeichnung. In der Ingenieurausbildung ist es deshalb wichtig, den Studierenden beizubringen, wie Zeichnungen zu erstel-len und zu lesen/zu interpretieren sind. Abhängig vom Studiengang findet dies in unterschiedlichen Tiefen mit entsprechend der Notwendigkeiten formulierten Zielen statt. Im Bereich Baumanagement/Baubetrieb ist es wichtig, dass die Stu-dierenden in der Lage sind, einzelne Sachverhalte, auch Details, zeichnerisch zu

erfassen und andere zur Umsetzung/Ausführung anzuleiten. Abhängig von den technischen Möglichkeiten und Gegebenheiten,

haben sich im Laufe der Zeit verschiedene Techniken bewährt. Begin- nend bei der manuellen Bearbeitung von Zeichnungen, mit dem Rüst-zeug des richtigen Pergamentpapiers, der Rapidographen in der rich-tigen Stärke und der Beherrschung großer mechanischer Zeichenma-schinen, auf denen Pläne im A0-Format erarbeitet werden konnten, hat sich die Lehre sukzessive an die technischen Möglichkeiten ange-passt und entwickelt. Heute spricht man von BIM (Building Information Modeling), das vollständig digitalisierte Gebäudemodelle in Form von dreidimensionalen CAD-Objekten mit Attributen zur Verfügung stellt, die wiederum von den verschiedenen Planungsdisziplinen für die Erar-beitung der eigenen Fachmodelle genutzt werden können.

Kennzeichnend für die Zeichenbretter waren große Konstruktionssäle in Unternehmen, an denen bevorzugt Technische Zeichner und Ingeni-eure an Konstruktionszeichnungen gearbeitet haben. Die vollständigen Zusammenhänge waren in mehreren A0-Plänen sichtbar, die Arbeit sehr transparent und nachvollziehbar. Die Arbeitsmittel Pergamentpapier, Bleistift und Tusche waren nötig, vervielfältigt wurde über Pausmaschi-nen, deren Ammoniakgeruch weithin vernehmbar war. Wurden Ände-

rungen an den Plänen erforderlich, kratzten die Zeichner mittels Rasierklingen die Linien vom Papier und überarbeiteten die Planung entsprechend. Man war darauf angewiesen, dass das Originaltransparent auch dauerhaft für Planpausen verfügbar war. Ein schnelles erneutes Zeichnen war meist nicht möglich.

Der Beitrag der Hochschule Karlsruhe im Rahmen der Lehre waren stets Vorle-sungen, die das Zeichnen und das Konstruieren von Detaillösungen gefördert und gefordert hat, um den Studierenden so die Fähigkeit zu vermitteln, Pläne zu lesen und kleinere Veränderungen selbst einzufügen. So waren die angehenden Baulei-ter in der Lage, ihren Job gut zu meistern, auf der Baustelle soweit erforderlich kleinere Ergänzungen in Plänen vorzunehmen oder schnell skizzenhaft Ausfüh-rungsdetails für die ausführenden Unternehmen anzufertigen.

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In der 80er-Jahren des 20. Jahrhunderts hat sich dann die CAD-Planung (Com-puter-Aided Design) entwickelt. Geplant wurde am PC bzw. am Großrechner; entsprechende Softwareprogramme standen zur Verfügung und werden seither stetig weiterentwickelt. Der Trend ging hin zu Datenbanken mit Planungsdetails, die einmal vorhanden waren und immer wieder eingesetzt werden konnten. Nach anfänglichem Mehraufwand in der Planung und Konstruktion hat sich damit ein Effizienzvorteil in der Planungsarbeit ergeben. Änderungen konnten leicht einge-arbeitet werden, es mussten ja nur Striche im Rechner modifiziert werden. Durch neuen Ausdruck standen aktuelle Pläne zeitnah zur Verfügung. Die Pausmaschine wurde durch großformatige Plotter ersetzt, die die Zeichnungen aus den Rechnern auf Papier ausgegeben haben. Großformatige Kopiermaschinen erleichterten die Vervielfältigung von Plänen. Parallel dazu haben sich Dienstleister etabliert, die den Ausdruck, die Vervielfältigung und die Verteilung von Papierplänen übernom-men haben. Im Laufe der Zeit fand eine Weiterentwicklung der Softwareprodukte auf 3D statt, die die dritte geometrische Dimension gut darstellen konnten.

Eine Parallelentwicklung fand für den Datenaustausch im Bereich der inter-netgestützten Projekträume statt. So ist es seit Mitte/Ende der 90er-Jahre des 20. Jahrhunderts möglich, Plandateien auf Server hochzuladen, auf die die Pro- jektbeteiligten ausgewählte Zugriffsmöglichkeiten haben und sich die Dateien/ Pläne selbst herunterladen und ausdrucken können.

Der Arbeitsplatz des Zeichners hat sich hin zur reinen Rechnerarbeit verändert. Die Ingenieure übernahmen einen Teil der Aufgaben von den Technischen Zeich-nern. Hier ist auch erkennbar, dass Know-how der Ingenieure und Zeichner in Bau-steine/Module geflossen ist, die über Datenbanken jederzeit verfügbar sind. Die Arbeit und der technische Anspruch haben sich damit stark verändert.

Der Beitrag der Hochschule Karlsruhe liegt in Vorlesungen, die CAD-Zeichen-programme zum Inhalt haben und die Studierenden sukzessive an diese komplexen Softwareanwendungen heranführen. Damit verbunden sind zum einen Grund-kenntnisse in der Anwendung ausgewählter Softwareprogramme und Kenntnisse in der Konstruktion von Bauteilen und Details. Darüber hinaus ist die Beherrschung von Dateiformaten und die Kenntnis von Datenschnittstellen wichtiges Know-how für die Studierenden. Mit diesen Lehrinhalten können die angehenden Bau- und Projektleiter bei Bedarf digitale Pläne öffnen, kleinere Ergänzungen und Korrek- turen selbst vornehmen und so ihre Baustellen/Projekte leiten.

Die frühe Pionierphase hat spätestens im Jahr 2017 das BIM (Building Infor-mation Modeling) überwunden. Basierend auf objektorientiertem 3D-CAD wer-den digitale Planungen erstellt, Objekte mit Merkmalen verknüpft und digitale Gebäudemodelle zwischen verschiedenen Planungsgewerken ausgetauscht. Die Fachplanungen arbeiten in Fachmodellen. Das Ziel dieser Vorgehensweise ist eine hohe Transparenz und Übersichtlichkeit in allen Planungsgewerken. Nicht nur den

Kollisionsprüfungen der verschiedenen Leitungstrassen kommen hierbei eine hohe Bedeutung zu. Auch wenn aktuell die Erwartungen an die Möglichkeiten der ver-schiedenen Softwareprodukte noch höher sind als es die vorhandenen Funktiona-litäten ermöglichen, zeichnet sich doch ein klarer Trend hin zu einer vollständigen und umfassenden Digitalisierung der Bauplanung mit weitreichenden Folgen ab.

Beiträge des Studiengangs Baumanagement/Baubetrieb sind seit mehr als zwei Jahren Vorlesungen zu „BIM“. Die objektorientierte 3D-CAD-Planung, der Da-tenaustausch sowie die übergeordnete Projektorganisation solcher BIM-Projekte werden gelehrt. Die Studierenden erwerben sich hier wiederum grundlegende Fähigkeiten, mit den Programmen und Techniken umzugehen, um auf die spätere Anwendung in den Ingenieurbüros und ausführenden Unternehmen vorbereitet zu sein. In der Lehre ist in den nächsten Jahren eine weitere Durchdringung der Lehrveranstaltungen mit BIM-Anwendungen zu erwarten.

Seit 2017 wird darüber hinaus ein Weiterbildungskurs Building Information Modeling an der Hochschule Karlsruhe angeboten, der für Praktiker aus Büros und Unternehmen konzipiert ist und das notwendige Rüstzeug in Kombination aus The-orie und Praxis für die Praktiker in Ingenieurbüros und Unternehmen vermittelt.

Digitalisierung ist ein derzeit wichtiges Thema in Wirtschaft, Wissenschaft und Politik. Industrie 4.0 bzw. Handwerk 4.0 sind zwei einschlägige übergeordnete Begriffe, die in diesem Zusammenhang präsent sind. Alle Baubeteiligten, ob Planer, Gutachter oder ausführende Unternehmen, gewöhnen sich aktuell an Begriffe wie Digitalisierung, Smart Logistik, Smart Home, Datenaustausch, Vernetzung, Inter-net als Netzwerk, Internet der Dinge (IOT), Big Data und Datensicherheit, um nur wenige zu nennen. Alle sind aufgefordert, für den eigenen Geschäftszweck hier Wege zu suchen, die zukunftsfähig sind. Es steht die These im Raum, dass Unternehmen in näherer Zukunft entweder digitalisiert oder geschlossen haben werden. So schwarz/weiß diese Betrachtung auch ist, sie scheint doch in hohem Maße plausibel zu sein.

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Baubetrieb Karlsruhe erobert die Welt: 1. Masterkurs an einer deutschen FH

Die damalige Fachhochschule Karlsruhe wirkte am Masterkurs „Master of Science in European Construction Management – MSC ECM“ mit, der ab 1987 auf Initiative von Michael Doyle vom WRTC (Waterford Regional Technical College) aufgebaut worden ist. Die Bezeichnung des Studiengangs wurde nach einigen Jahren geän-dert in „MSC ICM: Master of Science in International Construction Management“, um Interessenten außerhalb Europas besser anzusprechen.

Vier Hochschulen wirkten von Beginn an mit:• Ecole Supérieur d’Ingénieurs en Génie d’Environnement et de la Construction

(ESIGEC), Université de Chambéry, Frankreich• Fachhochschule Karlsruhe (FH KA, heutige HsKA), Deutschland• The Nottingham Trent University (NTU), Großbritannien• Waterford Regional Technical College (WRTC), später Waterford Institute of

Technology (WIT), Irland

Dieser europäische/internationale Ansatz war der Zeit voraus. Die Unterstüt-zung, die die ausländischen Hochschulen von ihren Ministerien erhielten, blieb der FH Karlsruhe leider versagt. So bedurfte es der Überzeugung des damaligen Rektors und dem Engagement der koordinierenden Professoren, diesen Kurs unter schwierigen Rahmenbedingungen über lange Jahre aufrechtzuerhalten.

Die Absolventen sollten im Bereich Construction Management in ganz Europa und selbstverständlich auch in international tätigen Firmen einsetzbar sein. Des-halb lagen die Hauptgewichte der Lehre, neben Softskills, insbesondere auf dem Management von Unternehmen unter Berücksichtigung der Unterschiede in europäischen Ländern. Verbunden mit der Förderung der Mobilität über Landes-grenzen hinaus, der Förderung der Sprachkompetenz sowie erworbener Kennt-nisse in Streitvermeidung und Schlichtung wurde ein umfassendes Lehrkonzept geboten. Der Kursansatz, dass die Studierenden alle 4 Monate an einer anderen Hochschule studieren, war, nicht zuletzt wegen der geforderten Dreisprachigkeit, sehr anspruchsvoll.

Im Laufe der Zeit kam es zu Nachjustierungen, u. a. verursacht durch Evaluierun-gen und Validierungen der ausländischen Hochschulen, die hohe Hürde der gefor-derten Dreisprachigkeit und das Ausscheiden der französischen Partneruniversität Chambéry nach Ende des Akademischen Jahrs 2000/2001. In einer modifizierten Konzeption wurde festgelegt, dass die wesentlichen Inhalte des Kursprogramms an allen Standorten in englischer Sprache abgehalten und auch geprüft werden. Die Modulstruktur wurde in einem Handbuch zusammengestellt und noch besser aufeinander abgestimmt, der Fokus der Lehrveranstaltungen geschärft.

Absolventenfeier des Masterstudiengangs im Baumanagement mit Studiengangsleiter

Prof. Hütter und Prof. Schubert

Das geänderte Programm war dann bis zum Jahr 2007 aktiv. Im Zuge der Kom-merzialisierung der Studiengänge in England, „Profit“ war fortan das wesentliche Kriterium, führte die notwendige Verdoppelung der Studiengebühren zu Proble-men in der Akzeptanz bei Studieninteressierten. Darüber hinaus sollten die Vorle-sungen dann blockweise in Dubai abgehalten werden, um den asiatischen Studien-interessierten entgegen zu kommen. Dieses Konzept war dann letztlich nicht mehr tragfähig.

Die Koordination an der Hochschule Karlsruhe lag seit der Gründung des Kurses bei Prof. Pfefferle, nach dessen ruhestandsbedingtem Ausscheiden im Jahr 2000 bei Prof. Garrecht und seit 2006 bei Prof. Luckey.

Im Zuge der Umsetzung der Anforderungen des Bologna-Prozesses in Deutsch-land, mit den gestuften Abschlüssen „Bachelor“ und „Master“, konnte an der Hochschule Karlsruhe der Masterstudiengang Baumanagement etabliert werden, der bis heute erfolgreich und gut nachgefragt ist.

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Baumanagement als Weiterentwicklung des Baubetriebs

Der Studiengang Baubetrieb war seit 1968 etabliert und zu einem Erfolgsmodell der Hochschullandschaft geworden.

Ende der 80er-Jahre wurde die Ausbildung für die ursprüngliche Zielgruppe „Bauausführende Industrie“ überdacht und eine Umstrukturierung eingeleitet. Der Baubetriebsingenieur soll das Bauwerk in seinem gesamten Lebenszyklus umfas-send betreuen können: Also von der Idee des Bauherrn, ein Bauwerk erstellen zu wollen, bis zum Zeitpunkt, an dem die Idee bzw. der Zweck des Bauwerks überholt ist und seine Beseitigung erfolgen soll.

Auf derselben Linie lag das Anforderungsprofil des Hauptverbands der Deut-schen Bauindustrie von 1988: „Wir wünschen uns einen Mitarbeiter, der eine solide Grundausbildung erhalten hat, der die Zusammenhänge zwischen Entwurf, Statik, Konstruktion, Ausführung und nicht zuletzt Kosten sieht und der vor allem eins gelernt hat: Denken, selbständiges Denken.“

Mitte der 90er-Jahre sollten in der Ausbildung folgende Arbeitsfelder miteinfließen:

• Ganzheitliches und integriertes Bauen• Privates Finanzieren und Betreiben von Bauwerken• Facility Management• Schlüsselfertiges Bauen• Technischer Ausbau• Umwelttechnik• Sanierung und Bauunterhaltung• Berücksichtigung der europäischen Richtlinien• Normungen und Qualitätsmanagement

Die deutsche Wiedervereinigung 1989/1990 sowie die Einführung des „Europä-ischen Baumarktes“ 1992 ließen Forderung der Bauindustrie nach neuen Schwer-punkten in der Ausbildung laut werden. Eine eigens gebildete „ARGE Problem- analyse“ stellte sich der Aufgabe, in Form einer Studie einen Soll-Lehrplan zu kon-zipieren, der ausschließlich den künftigen Erwartungen des Marktes entsprechen sollte. Der gestellten Aufgabe gingen Studierende des Fachbereichs Baubetrieb der FH Karlsruhe (University of Technology) im Sommersemester 1996 nach und erarbeiteten einen Fragebogen, der an 239 Firmen versandt wurde, um seriöse In-formationen für eine weitere Diskussion zu erhalten. Der Abschlussbericht wurde als Studie „Zur Praxisrelevanz der Baubetriebsausbildung – Fragen und Antworten“ in Form des Bandes Nr. 27 vorgelegt. Die Ergebnisse flossen in den Lehrplan des neu zu konzipierenden Studienganges Baumanagement ein.

Um die Jahrtausendwende waren im Baubetrieb 3 Studiengänge angeboten wor-den: der grundständige Studiengang Baubetrieb (Diplom), der Aufbaustudiengang Baubetrieb (Diplom) sowie der internationale Masterstudiengang Baumanage-ment (MSc ECM = Master of Science in European Construction Management).

Die damalige Umbruchsituation des baubezogenen Hochschulwesens hing mit einem schmerzhaften Anpassungsprozess in der deutschen Bauwirtschaft zusammen. Von ihr wurden nach neuestem Stand ausgebildete, bereits berufs- fertige Absolventen gefordert. Gleichzeitig wurde wiederum über eine auffällige Diskrepanz zwischen den Schwerpunkten in der Ingenieur-Ausbildung und den insbesondere von der Bauwirtschaft nachgefragten Tugenden der Absolventen geklagt.

Umfragen zeigten einen eindeutigen Nachfragetrend hin zu mehr baubetrieb-licher Qualifikation. Bauunternehmen gaben vermittelten Lehrinhalten aus dem Fachgebiet Baubetrieb mehr Gewicht als dem traditionell stark bewerteten Fach-gebiet „Konstruktiver Ingenieurbau“. In einer einschlägigen Untersuchung waren lediglich 30 % der befragten Betriebe mit dem Ausbildungsniveau der neu einge-stellten Hochschulabsolventen zufrieden – Hauptkritikpunkte waren mangelnde Praxisnähe der Ausbildung sowie fehlende bzw. unvollkommene Management-kenntnisse.

Als Beleg der Abweichung zwischen Ausbildungsinhalten und tatsächlicher Be-rufsausübung sowie als Hinweis für die Richtigkeit der genannten Untersuchun-gen kann das „Drama“ um den ehemaligen Marktführer, die Philipp Holzmann AG, angeführt werden. Als Schadensursache wurde ein erhebliches Defizit auf dem Gebiet der Management-Kapazitäten genannt. Zwar wurde das Finanzloch in ers-ter Linie durch Altlasten aus dem Projektgeschäft und im Beteiligungsbereich aufgerissen, darüber hinaus belasteten den Baukonzern aber auch erhebliche stra-tegische und operative Schwächen im Inlandsgeschäft. Dazu gehörten u. a. ein unzureichendes Ertragsdenken in den Niederlassungen, ein aufgeblähtes Projekt-volumen und die Verzettelung in zu kleinen Aufträgen. Waren dies auch Resultate einer zu „engen“ Ausbildung?

Die Forderung an die Hochschulausbildung konnte also nur lauten, bedarfsge-rechter auszubilden. Ausländische Wettbewerber und Subunternehmer mit völlig anderen Kostenstrukturen drängen heute auf den Binnenmarkt. Große und mitt-lere deutsche Bauunternehmen bedienen sich bei der Erfüllung ihrer Aufgaben in weit größerem Umfang der Hilfe von Subunternehmen als vor zehn Jahren. Auf den Baustellen werden – abstrakt formuliert – Produktionsfaktoren kombiniert. Aber die Zusammensetzung dieser Faktoren hat sich signifikant verändert. Ge-fragt ist derjenige, der die neuen Faktoren kombinieren kann, also der juristisch geschulte und kostenbewusste Baumanager. Insbesondere sollte der baubetrieb-liche Flügel (Wirtschaft, Recht und Organisation) der Bauingenieurausbildung

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gestärkt werden – möglichst in einem grundständigen Studiengang, um künftig die Fehlleitung volkswirtschaftlicher Ressourcen zu verhindern.

Zur Abhilfe dieser Ausbildungsmängel wurde – ausgehend vom bewährten grund-ständigen Studiengang Baubetrieb – der neue Studiengang Baumanagement kon-zipiert, dessen Lehrinhalte alle Kennzeichen eines Wirtschaftsingenieurstudiums tragen. Die stärkere Hinwendung zu den wirtschaftlichen, organisatorischen und juristischen Aspekten eines Betriebs legten es nahe, dass der neue Studiengang zum Abschluss Dipl.-Wirt.-Ing. Bau (FH) führt. Die Lehrinhalte verließen bewusst die Weitergabe umfassender Bauingenieurkenntnisse und legten den Ausbildungs-schwerpunkt auf die genannten Inhalte. Der Abschluss verzichtete konsequenter-weise auf die Qualifikation der „Planvorlageberechtigung“, die auf dem Markt in ausreichendem Umfang zur Verfügung stand – zu Gunsten der Qualifikation zum Baumanger, der sich inzwischen als marktgängiges Berufsbild durchgesetzt hat.

Seit 1968 absolvierten bis heute über 2000 Studenten an der Hochschule Karlsruhe, Wirtschaft und Technik den Studiengang Baumanagement oder Bau- betrieb und prägen heute national und international die Bauwirtschaft.

Zahlen der Absolventen und Absolventinnen der Studiengänge Baumanagement und Baubetrieb

an der Hochschule Karlsruhe, Technik und Wirtschaft von 1968 bis 2018

Anzahl der Absolventen Baumanagement und Baubetrieb HsKA

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Auch heute geht es beim Bauen um die folgenden zentralen Fragen:

Wie lässt sich ein Bauwerk realisieren, was kostet es und wann steht es funktionsfähig

zur Verfügung?

Wirtschaftliches Bauen ohne Kenntnisse des Baubetriebs, oder besser des Betreibens des Bauens ist heute nicht mehr möglich und erfordert eine breite Ausbildung in den Bereichen Bautechnik, Bauwirtschaft und Baurecht. Der Erfolg der praktischen Realisierung der abstrakten Planung eines Bauvorhabens ist nicht möglich ohne Berücksichtigung der Wirtschaftlichkeit und Rechtssicherheit für alle am Bau Beteiligten. Vor dem Hintergrund neuer Baustoffe, neuer Bauverfah-ren, neuer Baumaschinen, der Vielzahl immer komplexer werdender Vorschriften und der immer stärkeren Digitalisierung verschwimmen die Grenzen zwischen die-sen Bereichen immer mehr.

Der Studiengang Baumanagement und Baubetrieb bildet mit seinem in Deutsch-land einzigartigen Fächerkanon aus gleichermaßen bauingenieurtechnischen sowie rechts- und wirtschaftswissenschaftlichen Fächern den gesamten Lebenszyklus eines Bauwerks ab.

Am Anfang steht in der Regel eine Projektidee für ein neues Bauwerk oder die Sanierung bzw. Umnutzung eines bereits bestehenden Bauwerks. Anschließend geht es bei Neubau oder Bauen im Bestand um die richtige Auswahl bzw. Erfassung der jeweiligen Tragwerke und Baustoffe. Auf dieser Grundlage erfolgt die für die Realisierung der Baumaßnahme entscheidende Kalkulation, an die sich Ausschrei-bung, Vergabe und Abrechnung der Bauleistungen anschließen.

Der Hauptanteil im Lebenszyklus eines Bauwerks ist die Nutzung, die für Ingenieurbauwerke in der Regel mindestens 50 Jahre beträgt. Maßgeblich für die Nutzungszeit sind insbesondere die bauphysikalischen Anforderungen und deren Umsetzung im Rahmen der technischen Gebäudeausrüstung. Der Lebenszy- klus endet mit dem Rückbau und dem Recycling der Baumaterialien in Form von Sekundärrohstoffen.

Dazu kommt eine Vielzahl von Fächern, die einzelne Phasen des Lebenszyklus miteinander verbinden und die wirtschaftlichen und rechtlichen Rahmen bilden, und die entsprechenden Bedingungen des Bauens und Betreibens definieren.

Das Verhältnis der am Bau Beteiligten ist von hoher Intensität geprägt! Kom-munikation, Philosophie und Ethik sind wichtige Grundlagen für eine erfolgreiche Unternehmens- und Personalführung und komplettieren das breite Angebot an Lehrgebieten des Studiengangs.

Die einzelnen Lernfelder werden im Folgenden kurz von den jeweils verantwort-lichen Professorinnen und Professoren des Studiengangs Baumanagement und Baubetrieb vorgestellt.

Baubetrieb heute

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Immobilienmanagementvon Prof. Dr.-Ing. Carolin Bahr

In der Bauwirtschaft hat ein Paradigmenwechsel weg vom Neubau hin zur systema-tischen Erhaltung und dem professionellen Gebäudebetrieb stattgefunden.

Mit dem Lehrgebiet Immobilienmanagement, das seit dem Wintersemester 2012/2013 erstmalig mit einer eigenen Professur am Studiengang abgedeckt wird, wird diesem Aspekt Rechnung getragen und die Studierenden auf die zunehmen-den Anforderungen im Immobilienmanagement vorbereitet.

Die Komplexität von Immobilien und ihren technischen Anlagen nimmt aufgrund zunehmender gesetzlicher Regelungen, steigender Erwartungen der Nutzer nach Komfort, Sicherheit und möglichst geringen Kosten sowie den gesellschaftlichen Forderungen hinsichtlich Ökologie und Ressourcenschonung stetig zu. Immobi-lien und ihre technischen Anlagen benötigen über die fachgemäße Planung und Ausführung hinaus insbesondere auch einen professionellen Gebäudebetrieb, um die Versorgung und die dauerhafte Nutzung zu gewährleisten.

Die Studierenden werden in den Lehrveranstaltungen auf diese ganzheitlichen Aufgaben, die sich über den gesamten Lebenszyklus einer Immobilie erstrecken, vorbereitet. So spielt in der Veranstaltung Facility Management (FM) z.B. die lebenszyklusphasen-übergreifende Denkweise eine zentrale Rolle. Das FM be-schäftigt sich schon in der frühen Konzeptions- und Planungsphase mit den späte-ren Abläufen und Prozessen im Gebäude und versucht diese zu optimieren. Denn Entscheidungen, die einmal in der Planungsphase getroffen werden, haben enor-me Auswirkungen auf die Nutzungsphase eines Gebäudes, die mehrere Jahrzehnte umfasst und mit bis zu 80 % einen sehr großen Anteil an den gesamten Lebenszy-kluskosten hat.

Das Gebäude wird ganzheitlich über den gesamten Lebenszyklus betrachtet, sodass neben ökonomischen Fragestellungen die Auswirkung auf den Menschen und die Umwelt im Fokus steht.

Diesbezüglich spielt u. a. auch die Gebäudetechnik mit den Möglichkeiten zur Nutzung von regenerativen Energien und innovativen Konzepten sowie die Ge-bäudeautomation eine wichtige Rolle. In den Vorlesungen Technischer Ausbau und Gebäudeautomation werden die Studierenden zunächst mit dem jeweiligen Funktionsprinzip der technischen Anlagen und deren Zusammenspiel und Art der Kommunikation vertraut gemacht. Hierbei werden auch die unterschiedlichen Bedürfnisse verschiedener Akteure kritisch diskutiert. Der Nutzer z.B. fühlt sich

mit der Bedienung von hochkomplexer Gebäudetechnik häufig überfordert und verhält sich anders als von den Fachplanern ursprünglich vorgesehen. Mögliche Energieeinsparungen können so häufig nicht realisiert werden. Für den Facility Manager verursacht das Betreiben der technischen Anlagen wiederum einen hohen Aufwand und aufgrund der kürzeren Austauschzyklen auch höhere Instand-haltungskosten.

Ein großes Aufgabenspektrum unserer Absolventen liegt neben den klassischen Aufgaben des Gebäudemanagements insbesondere auch in der Instandhaltung und Modernisierung des Gebäudebestandes, welcher ein Bruttoanlagevermö-gen von 13,8 Bil. Euro umfasst. Das Bauvolumen im Gebäudebestand übersteigt

Lebenszykluskosten und Möglichkeit der Kostenbeeinflussung

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das des Neubaus um ein Vielfaches. In der Praxisveranstaltung Baubestandsma-nagement werden die Studierenden in Zusammenarbeit mit den Unternehmen „Algabro“ und „dieBauingenieure“ von der Bestandsaufnahme und möglichen Schadstoffen bis hin zur energetischen Sanierung und Fördermöglichkeiten auf diese Themenfelder vorbereitet. Ein Highlight sind u. a. die Praxisworkshops, bei denen die Studierenden selbst Gebäude in der Weststadt thermografieren, Zeu-ge einer aufwändigen Schallmessung werden oder einen Blower Door Test durch- führen.

Ihre Abschlussarbeiten können die Absolventen im Rahmen von verschiede-nen Forschungs- und Transferprojekten, wie z.B. dem Projekt „Entwicklung eines Instandhaltungsplanes für die ÖBB Infrastruktur AG“, sowie im Rahmen von Akti-vitäten in Fachverbänden erstellen. Derzeit werden verschiedene Abschlussarbei-ten in Zusammenarbeit mit dem GEFMA AK „Personalbemessung im FM“, dessen Leitung die Inhaberin des Fachgebietes hat, sowie Arbeitskreisen des VDI und der AMEV durchgeführt. Die Studierenden erhalten dadurch Kontakt zur Wirtschaft und haben die Möglichkeit, Zugang zu aktuellen Themen und Fragestellungen der Immobilienbesitzer zu erhalten. Von der hohen Qualität zeugen die Auszeich-nungen und Preise, die unsere Absolventen mit Ihren Arbeiten gewinnen. So wurde z. B. die Masterarbeit von Tim Bosch mit dem 1. Platz des GEFMA-Förderpreis 2018 des Deutschen Verbands für Facility Management e.V. GEFMA (dotiert mit 3.000 Euro) ausgezeichnet (siehe Bild).

Auch Kongressbeiträge und Veröffentlichungen im Fachbereich Facility Ma-nagement überzeugen externe Gutachter. So wurde der Beitrag im Rahmen des INservFM Kongress 2018 von Prof. Bahr und Dr. Liers (Uni Mainz) mit dem „Best Paper Award“ ausgezeichnet. Der Beitrag befasst sich mit der Personalbemessung im FM.

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Kalkulation im Bauwesenvon Prof. Dr. techn. Ralph Bartsch

Am Ende stellt sich trotz aller architektonischen und konstruktiven Möglichkeiten und Wünschen immer wieder die Frage nach den Kosten und dem wirtschaftlichen Ergebnis. Eine Idee wird durch architektonische und konstruktive Überlegungen in eine Gestalt verwandelt, baubetriebliche Überlegungen und Bauablauf zeigen den Weg, wie die Idee umzusetzen ist, rechtliche Aspekte und der Abschluss eines Bauvertrages leiten die Umsetzung ein. Jeder einzelne Schritt von der Idee bis zur Fertigstellung, wie auch der spätere Betrieb, wird auf die Frage hin untersucht, welche Kosten verursacht werden und inwieweit diese optimiert werden können. Somit führt die Kalkulation mit der Bandbreite ihrer Disziplinen zu iterativen Ent-wicklungsschritten eines jeden Bauprojektes. Das Fachgebiet der Kalkulation stellt somit die Klammer um alle technischen, baubetrieblichen, wirtschaftlichen und sonstigen Disziplinen dar.

Bereits im Grundstudium werden den Studierenden mittels der Vorlesung Grundlagen der Baubetriebslehre die Freiheitsgrade der baubetrieblichen Planung vermittelt. Sie werden in die Lage versetzt, aus dem Spektrum von Alternativen, wirtschaftlich sinnvolle Entscheidungen zu treffen. Die Studierenden erlangen ein Grundverständnis über die Methodik, wie eine Ressourceninanspruchnahme zu einer Kostenbelastung der verursachenden Kostenstelle führt. Hierdurch werden die Voraussetzungen für ein Grundverständnis der Ablaufschritte einer Auftrags-kalkulation geschaffen. Die Thematik der Baubetriebsführung vermittelt über die operativ planende Tätigkeit hinaus Grundkenntnisse über strategische Planungsan-sätze in der Aufbau- und Ablauforganisation der Bauunternehmung.

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In der Vorlesung Betriebswirtschaftslehre Bau werden die Studierenden mit betriebswirtschaftlichen Denkweisen vertraut gemacht und sollen in die Lage ver-setzt werden, die „Visitenkarte eines Unternehmens“ zu lesen. Dazu ist die Kennt-nis der Unternehmensformen und des Jahresabschlusses erforderlich. Weiterhin lernen die Studierenden geeignete Kennzahlen zur Jahresabschlussanalyse und damit wichtige Parameter der Unternehmensführung kennen.

In den Vorlesungen Kalkulation I bis III werden den zukünftigen Baubetrieble-rinnen und Bauberieblern die Grundlagen der Kalkulation über Angebots-, Auf-trags-, Arbeits-, Nach- und Nachtragskalkulation gelehrt und anhand praktischer Beispiele, Studienarbeiten und mittels entsprechender Programmsoftware ver-tieft. Neben den Kostenverläufen, Kosteneinflüssen, Kostenarten etc. wird vermit-telt, wie Baupreise gebildet werden und welche Grundsätze bei der Kalkulation zu berücksichtigen sind. Die Studierenden erlangen so die Kenntnisse, aufbauend auf den Fertigungsverfahren, den Ablaufmethoden und unter Berücksichtigung aktueller Disziplinen, wie Lean Management und BIM, Baupreise sicher zu kalku-lieren. Aber auch die Berücksichtigung der rechtlichen Grundlagen, die auf Chan-cen und Risiken in der Kalkulation Auswirkungen haben, spielen hierbei eine Rolle. Sie werden in die Lage versetzt, aus den Erfahrungen der tatsächlichen Kosten der Bauausführung auf zukünftige Kalkulationen zu schließen. Die Studierenden lernen, über die kalkulierten Kosten Bauablauf und Bauverfahren hinsichtlich der Kosten zu optimieren. Die erlernten theoretischen Grundlagen werden in den Vor-lesungen Kalkulation II und III anhand praktischer Beispiele und von den Studieren-den zu bearbeitender Projekte angewendet und so vertieft.

In der Projektarbeit Baubetrieb werden die erlernten baubetrieblichen und kal-kulatorischen Fähigkeiten zusammengeführt und anhand einer von den Studieren-den zu bearbeitenden Semesterarbeit praktisch umgesetzt. Hierdurch erlernen die Studierenden, ihr theoretisch erlangtes Wissen in einem komplexen Projekt um-fassend anzuwenden. Sie werden so auf die spätere Praxis vorbereitet – ein erster „Sprung ins kalte Wasser“.

Das Bauvertragsrecht hat in den vergangenen Jahren, insbesondere auch hin-sichtlich Mehrkosten und Bauzeitverlängerungen, einen immer höheren Stel-lenwert in der Bauausführung und Bekanntheitsgrad in der Gesellschaft erlangt. Insofern ist es von hoher Bedeutung, die Studierenden auch hier auf ihr späteres Berufsleben vorzubereiten. Mit der Vorlesung Nachtragsmanagement werden die Grundlagen der Kalkulation von Mehrkosten auf Grundlage der unterschiedlichen Bauvertragstypen gelehrt. Nachtragsrisiken bereits in der Planungs- und Ange-botsphase zu erkennen und zu beherrschen, Ansprüche während der Bauausfüh-rung abzusichern, zu berechnen und sachgerecht durchzusetzen bzw. zu bewer-ten, gehören zum gelehrten Stoff. Auch Ansprüche aus Bauzeitverlängerungen zu erkennen und zu bewerten, ist Teil des Lehrinhaltes.

Weitere Disziplinen der Kalkulation stellen das Controlling und das Risk-Manage- ment mit der internen Revision dar. Die Inhalte dieser werden den Baumanage-rinnen und Baumanageren in der Vorlesung Controlling und in der Vorlesung Risk-Management und interne Revision gelehrt. Die Vorlesung Controlling lehrt, welche Erfolgsfaktoren im Baubetrieb gelten, wie das Baustellencontrolling und das Unternehmenscontrolling umgesetzt werden und welche Controllingkultur im Unternehmen von Bedeutung ist. Die Vorlesung Risk–Management und interne Revision hat das rechtzeitige Erkennen von Risiken bei der Angebotskalkulation, in den Ausschreibungsunterlagen, in den Verträgen, in der Planung und bei der Bau-ausführung zum Ziel. Es wird die Einleitung von Maßnahmen zur Risikominderung und zum Aufbau von Risikomanagementsystemen vermittelt.

Auch die Forschung kommt in der Kalkulation nicht zu kurz. Zwar werden Bau-preise seit Jahrzehnten nach denselben Grundsätzen kalkuliert, Änderungen von Gesetzen und Normen führen jedoch immer wieder zu Änderungen in altbekann-ten Herangehensweisen, bei denen die Forschung der Praxis Hilfestellung und Grundlagen geben muss. So führt z. B. die Umstellung von Bodenklassen zu Homo-genbereichen zu neuen Herausforderungen für die Kalkulatoren. Auch das neue Bauvertragsrecht, welches seit dem 01.01.2018 gilt, stellt die Kalkulation hinsicht-lich der Frage was „tatsächlich erforderliche Kosten“ oder „angemessene Zuschlä-ge für allgemeine Geschäftskosten und Wagnis und Gewinn“ darstellen vor neue und noch kalkulatorisch unbeantwortete Fragen. Es gibt also auch hier viel in der Forschung zu tun!

Prof. Bartsch, der zum 01.03.2018 das Lehrgebiet der Kalkulation übernom-men hat, kann aus einer Vielzahl von Projekten aller Gewerke und aller Phasen von Planung und Bauausführung schöpfen und sein praktisches Wissen als Grundlage heranziehen, den Studierenden die Kenntnisse in den o.g. Bereichen zu vermitteln. Er stellt sich dieser neuen Aufgabe mit Freude und aller Kraft.

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Massivbauvon Prof. Dr.-Ing. Richard Harich

Die Tragkonstruktion der meisten heute errichteten Gebäude werden aus Stahlbe-ton verwirklicht.

Werden die Gebäude mit Sachverstand geplant, konstruiert und ausgeführt, gewährleistet diese Bauweise über viele Jahrzehnte, wenn nicht Jahrhunderte, sowohl die Tragsicherheit als auch die Gebrauchstauglichkeit.

Fehlt bei den planenden und ausführenden Ingenieuren das Verständnis für die Baustoffe oder für die mechanischen Beanspruchungen der Bauteile, bzw. für den Einfluss der Umweltbedingungen auf den Verbundwerkstoff Stahlbeton, ist aller-dings schon nach wenigen Jahren die Sanierung oder aus Kostengründen der Ab-bruch erforderlich.

Die Gesellschaft erwartet von den Gebäuden und von der Infrastruktur, dass diese, obwohl jedes Tragwerk ein Unikat und Prototyp ist, fehlerfrei geplant und ausgeführt werden. Möglichst ohne Wartung sollen sie jahrzehntelang tragsicher und gebrauchstauglich sein. Dagegen wird die kurzfristige Haltbarkeit in unserer Wegwerfgesellschaft in vielen Bereichen des Handels und der Industrie teilweise eingeplant und von der Bevölkerung akzeptiert.

Die Erwartung an fehlerfreie Planung und Ausführung ist im Sinne der Nach-haltigkeit auch sinnvoll, kann allerdings nur gelingen, wenn man gut ausgebildeten Ingenieuren auch die notwendige Zeit zur Planung der Tragwerke und Vorbereitung der Ausführung zugesteht. Selbstverständlich ist auch eine engmaschige Überwa-chung der oft nur angelernten Ausführenden erforderlich, da es häufig aufgrund von mangelnden Sprachkenntnissen zu Kommunikationsproblemen kommt.

Bei den in der Praxis tätigen Ingenieuren ist immer wieder festzustellen, dass sie sich zum Teil hinter ihren Rechenprogrammen verstecken. Sie sind nicht mehr in der Lage, die Normen und Vorschriften zu verstehen, geschweige denn sinnvoll anzuwenden. Das kommt daher, dass Normen und Vorschriften in den letzten Jah-ren mehrfach geändert wurden und in ihrem Umfang um ein Vielfaches gewachsen sind. Dies ist natürlich im Sinne der oben angesprochenen Erwartungen unserer Gesellschaft an die Qualität der Planung und Ausführung ein unhaltbarer Zustand.

Deshalb wird bei den Studierenden des Studiengangs Baumanagement und Bau-betrieb viel Wert auf das Verständnis der mechanischen Grundlagen der Statik und Festigkeitslehre gelegt. So wichtig wie die Bedienung von Rechenprogram-men auch ist, ersetzt es nicht das tiefe Verständnis für die statischen Systeme der Tragwerke und der Mechanik des Verbundwerkstoffes Stahlbetonbau. Dieses Verständnis kann nur mit der intensiven Beschäftigung mit zahlreichen Praxisbei-spielen erreicht werden.

Des Weiteren wird viel Aufmerksamkeit auf das Konstruieren im Stahlbetonbau und den Bezug zur praktischen Bewehrungstechnik auf der Baustelle gelegt, wobei natürlich auch die Kenntnis der einschlägigen Vorschriften wichtig ist.

Ziel ist es, einen Ingenieurnachwuchs auszubilden, der sowohl in der Planung, in der Schnittstelle von Planung und Arbeitsvorbereitung als auch in der Kontrolle der Bauausführung routiniert ist. Denn durch seine erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten kann er sicherstellen, dass sowohl tragsichere als auch dauerhafte und gebrauchstaugliche nach Möglichkeit auch noch wirtschaftliche Tragwerke entstehen.

Prof.Dr.-Ing.RichardHarich

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Baumanagementvon Prof. Dr.-Ing. Hermann Hütter

Die Lehrveranstaltungen sind in vier Themenbereiche gliederbar. Dies sind das Pro-jektmanagement (mit den Lehrveranstaltungen Projektmanagement, Fallstudie PM, EDV im Projektmanagement-Primavera sowie Baukostenplanung/Projektent-wicklung), das Qualitätsmanagement (mit den Lehrveranstaltungen Qualitätsma-nagementsysteme, QM-Führungsmethoden), die Immobilienwirtschaft (mit der Lehrveranstaltung Due Diligence) sowie die projektorientierten Arbeiten (mit den Lehrveranstaltungen Großprojekte, unterteilt in Termin- und Kostenmanagement sowie Projektarbeit in großen Teams). Abgerundet wird das umfangreiche Lehrge-biet durch die Lehrveranstaltungen Wissenschaftliches Arbeiten und das Wahlfach Management Academy.

Die Förderung der Studierenden findet durch anspruchsvolle Aufgabenstel-lungen, projekt- und kundenorientiertes Arbeiten, intensive Betreuung sowie durchdachte didaktische Konzepte statt. In Verbindung mit einer systematischen Betreuung bei der Bearbeitung von Abschlussarbeiten entsteht so ein fundier-tes Rüstzeug für den Berufsstart und Ansätze für das lebenslange Lernen bei den Absolventen.

Prof. Hütter ist Studiendekan für den Masterstudiengang Baumanagement und trägt die Verantwortung für die curriculare Gestaltung und Entwicklung des Studiengangs. Bereits im Zuge der Umstellung der Diplomstudiengänge auf das Bachelor-/Mastersystem, eingeführt zum Wintersemester 2006/2007, erfolgte eine intensive Mitwirkung bei der Gestaltung der Strukturen und Lehrinhalte, die in angepasster Form bis heute erfolgreich sind. Der Studiengang ist etabliert und bei vielen namhaften Firmen bekannt. Die Absolventen erhalten gute Arbeits-angebote und bekleiden verantwortungsvolle Positionen in Bau-, Planungs- und Consultingunternehmen.

Des Weiteren ist Prof. Hütter u. a. gewähltes Mitglied im Fakultätsrat, und im Prüfungsausschuss des Studiengangs, Beiratsmitglied im Career-Center der Hochschule Karlsruhe und verantwortlich für die Vorbereitung und Durchführung der Akkreditierungsverfahren (Akkreditierung 2006-2008; Reakkreditierung 2013/2014).

Transferleistungen von der Theorie zur Unternehmenspraxis finden im Rahmen der Leitung des Steinbeis-Transferzentrums „drei | consult + management | pro-jekte, prozesse, nachhaltigkeit“ statt. Mittelständische Unternehmen verschiede-ner Größen werden auf der Grundlage aktueller und fundierter wissenschaftlicher Ansätze und Methoden beraten.

Als Leiter der Arbeitsgruppe „WI 4.4 Ingenieur-Leistungen“ in der Deutschen Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e.V. (DWA) erfolgt die ver-antwortliche Gestaltung und wissenschaftliche Begleitung von Regelwerken zum Thema „Qualität von Ingenieurleistungen in der Abwasserwirtschaft“. Bauherren aller Größenordnungen und die auf dieses Fachgebiet spezialisierten Planungs- büros sollen Handreichungen für eine umfassende Bedarfsplanung, für eine qua-litätsorientierte Vergabe, für die Durchführung, die Entgegennahme sowie die Abnahme von Ingenieurleistungen bekommen.

Für drei Forschungsvorhaben konnten insgesamt ca. 750.000 Euro Fördermittel vom BMBF generiert werden. Das Projekt „KoBau“ beschäftigte sich mit ganzheit-licher Kostenoptimierung, das Projekt „Anwenderzentrum“ mit der Berechnung von Lebenszykluskosten und Ökobilanzen und das Projekt „Planernetzwerk“ u. a. mit der Prozessplanung und -modellierung von Generalplanerleistungen. Durch die Mitarbeit von Masterstudierenden sowie im Rahmen von speziell auf die For-schungsinhalte abgestimmten Lehrveranstaltungen wurden die erzielten Erkennt-nisse direkt an Studierende vermittelt. Es fand eine intensive Verknüpfung von Forschung und Lehre statt, die beteiligten Forschungspartner profitierten durch die aktive Mitwirkung an den Vorhaben.

Nicht nur im Rahmen der Forschungsprojekte sind darüber hinaus zahlreiche Veröffentlichungen und Vorträge entstanden, die einer interessierten Fachöffent-lichkeit zur Verfügung stehen.

Prof.Dr.-Ing.HermannHütter

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Ausschreibung, Vergabe, Abrechnung (AVA)/Projektablaufplanung

von Prof. Dr. Dipl. Wirt. Ing. Michael Korn

„Lean Construction“ und „Building Information Modeling“ als Verknüpfung der historischen Entwicklungsstränge des Fachgebietes

Das Fachgebiet Ausschreibung Vergabe Abrechnung (AVA) und Projektablauf-planung ist im Kernbereich der baubetrieblichen Wissenschaft angesiedelt, scheint jedoch ohne nähere Betrachtung zwei sich kaum tangierende Segmente des Bau-betriebes abzudecken:

Zum einen umfasst die Professur den Bereich der Ablaufplanung, somit den Bereich des zielgerichteten vorausschauenden Durchdenkens der Produktion im Baubetrieb. Dabei denkt der Laie zunächst einmal an die eigentliche Bauausfüh-rung, somit den Bauprozess auf der Baustelle. Damit wird jedoch ein wesentlicher Teilbereich der baubetrieblichen Wertschöpfungskette (von der Realisationsidee hin zur fertigen Immobilie) vernachlässigt, nämlich der gesamte Planungsprozess. Dieser Teilbereich der Planung wird von der Professur jedoch als mindestens eben-so wichtig wie die Bauausführung angesehen.

Aus historischer Sicht führte die Bauablaufplanung lange Zeit eher ein Schat-tendasein, war durch Improvisation und Iteration geprägt. Klare Leitregeln waren nicht vorhanden, die Beteiligten im Bauprozess durchdachten die Bauproduktion von Projekt zu Projekt neu und ihren individuellen Fähigkeiten entsprechend. Ein erster wichtiger Schritt vorwärts ergab sich in den 1950er-Jahren mit der Einfüh-

rung der Netzplantechnik. Hierdurch wurde es möglich, Balkenpläne und Linien- diagramme mit Verknüpfungen zu erstellen, wodurch komplexe Abläufe schritt-weise logisch erfasst und in ihrer Lage berechnet werden konnten.

Diese Technik nutzte der Berufszweig des Projektmanagers, der in Deutsch-land in den 1960er-Jahren neu entstand. Es folgte ein strukturierter Ausbau des Handlungsbereiches „Termine, Kapazitäten und Logistik“ in Bauprojekten. In den folgenden Jahrzehnten entstanden in Projekt-, Organisations- und Qualitätshand- büchern Musterstrukturen, Prozessabläufe und Ablaufpläne in den verschiedens-ten Ausprägungen. Die Vorlesungen Ablaufplanung I und Ablaufplanung II sollen den Studierenden hier das nötige Rüstzeug vermitteln.

Zum anderen wird von der Professur die Gesamtheit der Vergabe- und Abrech-nungsprozesse wissenschaftlich untersucht. In Deutschland existiert mit der „Ver-gabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen“ bereits seit 1926 ein entsprechen-des Regelwerk. Dies hat aber erst 1971 mit der ersten Baukoordinierungsrichtlinie ein europäisches Pendant gefunden. Seitdem ist insbesondere das europarechtli-che Vergaberecht vielfach modifiziert und verkompliziert worden – nicht immer zur Freude der Studierenden. Die Übersicht über dieses komplexe Rechtsgebiet ist Lehrinhalt der Vorlesung AVA und Voraussetzung einer VOB-gerechten Aus-schreibung, deren Grundlagen ebenso in der Vorlesung „AVA“ vermittelt werden.

Die Vermittlung des legislativen Rahmens in Deutschland ist jedoch nur ein Teil-gebiet der Aufgaben der Professur. Darüber hinaus strebt die Professur im Rahmen der englischsprachigen Vorlesung International and National Tendering an, die Studierenden im Master-Studiengang Baumanagement in die vergaberechtlichen Rahmen verschiedener Staaten vergleichend einzuführen.

Nationale und internationale Großprojekte der öffentlichen Hand werden u. a. in der Projektabwicklungsform einer Öffentlich-Privaten-Partnerschaft (ÖPP) gestaltet. Die dabei zu berücksichtigenden u. a. vergaberechtlichen Randbedin-gungen, insbesondere im Vorfeld der Bezuschlagung, werden im Rahmen der Vor-lesung Grundlagen der ÖPP vermittelt. Neben dem aufbau- und ablauforganisa-torischen Umfeld werden u. a. planbilanzielle und steuerliche Fragen abgehandelt.

Innerhalb dieser Großprojekte spielt die Übertragung der Finanzierung an den privaten Partner und somit eine Gesamtvergabe, einschließlich der Finanzierungs-leistungen, eine wesentliche Rolle. Zur Finanzierung solcher Projekte werden häufig internationale Bankenkonsortien herangezogen. In der Vorlesung Interna-tionale Finanzierung werden die Studierenden in die Grundlagen derartiger Pro-jektfinanzierungen, aber auch in Möglichkeiten für Unternehmensfinanzierungen der Bauunternehmungen, eingeführt. In Zusammenhang mit internationalen Pro-jekten werden auch Währungstransaktionen und Hedging-Verfahren erörtert.

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In der jüngsten Vergangenheit ist in der Bauwirtschaft vor allem die prozess-gesteuerte Ablauforganisation in den Fokus geraten. In diesem Zusammenhang werden die beiden Begriffe „Lean Construction“ (LC) und „Building Information Modeling“ (BIM) in zahlreichen Veröffentlichungen genannt.

Unter Lean Construction versteht man eine branchenbezogene Ausrichtung der Lean-Management-Prinzipien. Lean Management wiederum lässt sich als Ge-samtheit von Grundsätzen, Methoden und Werkzeugen begreifen, die mit dem Ziel einer auf den Kundennutzen hin optimierten Produktion verwendet werden. Dabei wird die Wertschöpfungskette von hinten (vom Kunden) nach vorne (dem Beginn der Produktion) durchlaufen, um Verschwendungen zu minimieren. Diese Fokussierung auf den Wertstrom bedeutet gleichzeitig eine Orientierung an Pro-zessen. Innerhalb dieser Prozesse und zwischen den Prozessen wird versucht, die wertschöpfenden Tätigkeiten ‘fließen’ zu lassen, d.h. eine Tätigkeit abgestimmt auf die andere ohne Störung auszuführen. Dabei wird eine im Wertstrom vorgelager-te Tätigkeit erst dann ausgeführt, wenn die im Wertstrom nachgelagerte Tätigkeit erstere benötigt und damit ‘ziehend’, im Pull-Prinzip, anfordert. Sämtliche Prozes-se unterliegen dabei einem kontinuierlichen Verbesserungsprozess. Wesentlich für einen erfolgreichen Einsatz dieser Management-Prinzipien sind dabei ein kollabo-ratives Umfeld und eine organisatorische Unterstützung von Kommunikation.

Eine derartige detaillierte prozessgesteuerte Ablaufplanung lässt sich mit Erfolg auf die Bauwirtschaft übertragen. Die Planung der Planung kann z.B. mithilfe von „Target Value Design“ und den dahinterliegenden Prinzipien des „Value Enginee-ring“ und des „Last Planner System“ optimiert werden. Agile Methoden der Pro-jektsteuerung können positiv verstärkend wirken. Die Planung der Bauausführung lässt sich z.B. ebenfalls mittels des „Last Planner System“ sowie der Methode „Takt-planung“ optimieren. In der Vorlesung Lean Construction Project werden die Stu-dierenden an realen Projekten in verschiedene dieser Methoden eingeführt.

Ebenfalls unterstützend für alle Phasen des Wertschöpfungsprozesses kann eine Projektabwicklung unter Nutzung des „Building Information Modeling“ (BIM) sein. Von vielen wird BIM häufig noch immer fälschlich beschrieben – als der Einsatz einer Modellierungssoftware. Dies ist insofern richtig, als dass alle Prozesse sich auf ein Modell beziehen, welches grafische und alphanumerische Bauteilinforma-tionen enthält und im Laufe des Planungs- und Ausführungsprozesses detailliert und umgestaltet wird. BIM ist jedoch weit mehr, nämlich die Umsetzung eines Gesamtkonzeptes über sämtliche Wertschöpfungsstufen und viele Beteiligte eines Bauvorhabens. In diesem Konzept werden tradierte Prozesse der Planung und Aus-führung aufgebrochen und mit dem Ziel einer Effizienzsteigerung neugestaltet. Das Planen und Bauen erfolgt in einer auf Ganzheitlichkeit gerichteten Organisa-tionsstruktur, die bisherige Aufgabentrennung wird aufgeweicht und kollaborative Arbeit zwischen definierten Rollen gefördert.

Schon aus dieser Beschreibung gehen die Synergieeffekte der Methode BIM für das Management-Prinzip der Lean Construction hervor. BIM unterstützt in idea-ler Weise das für LC erforderliche kollaborative Umfeld. Verschiedene sogenannte BIM-Anwendungsfälle vereinfachen andere LC-Methoden, wie z. B. Target Value Design.

Vor diesem Hintergrund hat sich die Professur AVA/Projektablaufplanung zum Ziel gesetzt, mit den Studierenden der Vorlesungen AVA und Ablaufplanung eine ganzheitliche Projektabwicklung zu simulieren. Dies beginnend mit der Modellie-rung eines Bauobjektes und einer darauffolgenden Ableitung von Leistungsver-zeichnissen aus dem Modell als Voraussetzung des Vergabeprozesses sowie einer weitergehenden Verwendung des Modells zu Simulationszwecken des Ablaufs und zu Soll-Ist-Abgleichen. Erste Schritte in diese Richtung sind erfolgreich absolviert.

In diesem Zusammenhang ist schließlich ein weiteres wesentliches Handlungs-feld der Professur zu nennen: die Unterstützung der „Third Mission“ der Hoch-schule Karlsruhe. Unter diesem Begriff lässt sich u. a. die Weiterbildung beruflich Tätiger an akademischen Institutionen subsumieren. Die Professur AVA/Projekt- ablaufplanung hat mit weiteren Professuren den Weiterbildungsstudiengang „Buil-ding Information Modeling“ zusammen mit Praxispartnern aus der Bauwirtschaft und der Softwareindustrie ins Leben gerufen und hat hier die Studiengangsleitung inne. Aktuell werden 17 Studierende mit dem Ziel, den Abschluss „Zertifizierter BIM Professional“ zu erreichen, ausgebildet.

Prof.Dr.Dipl.Wirt.Ing.MichaelKorn

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Bauverfahrenstechnik, Bautechnik und Unternehmensführung

von Prof. Dr.-Ing. Alexander Lange

Die Lehre zu Fertigungsverfahren behandelt die Frage, mit welchen Maschinen, Verfahren und Methoden sich Bauprojekte bestmöglich realisieren lassen?

Dazu werden innerhalb der Vorlesung Fertigungsverfahren 1 zunächst die we-sentlichen Herstellungsprozesse von Baustoffen (Stahl, Zement, Holzwerkstof-fe) behandelt sowie die Baumaschinen und Verfahren im Spezialtiefbau, Erdbau, Hochbau und Innenausbau. Die Studierenden sollen wissen, welche Baumaschinen es gibt und für welche Bauverfahren die jeweiligen Maschinen einzusetzen sind. Zugleich wird ein technisches Verständnis vom Aufbau der wesentlichen Maschi-nenkomponenten, wie z.B. Hydraulikzylinder, Pumpen und Motoren, und den ver-wendeten Technologien vermittelt, wobei auch die Digitalisierung innerhalb der Baumaschinen eine immer wichtigere Rolle spielt. Vorlesungsbegleitend erarbei-ten die Studierenden in Kleingruppen jeweils ein ergänzendes Thema entlang der Bauverfahrenstechnik und stellen dies den Kommilitonen vor. Theorie und Praxis werden durch Exkursionen ergänzt, wie z. B. die Besichtigung des Produktionszen-trums für Hydraulikbagger von Liebherr, der Tunnelbaustellen bei Stuttgart 21 oder des Projektes Stadtbahntunnel KASIG.

Ziel ist es, die Grundlagen der wesentlichen Bauverfahren zu verinnerlichen, Prozess- und Produktionsverständnis zu fördern und Einblicke in die Baumaschi-nenindustrie zu ermöglichen. Hierbei geht es weniger darum, was gebaut wird, sondern um die Maschinen und Prozesse, d. h. wie und mit welchen Bauverfahren am effizientesten eine technische Lösung erarbeitet werden kann.

Die Vorlesungen Baulogistik, Baustelleneinrichtung und Fertigungsverfahren 2 bauen im 4. und 6. Semester auf die Vorlesung Bauverfahrenstechnik auf. Die-se Fächer umfassen mehr als die klassische „Arbeitsvorbereitung“. Es geht um die Produktionsplanung oder Fertigungsplanung, die im Wesentlichen über die Wirt-schaftlichkeit eines Bauprojektes entscheidet. Innerhalb der Baustelleneinrichtung und Fertigungsverfahren 2 lernen Studierende die Erstellung von Baustellenein-richtungsplänen (BE-Plan), die Dimensionierung von Bauverfahren sowie die Opti-mierung von Logistikprozessen, Wegen, Flächen und Baumaschinen. Zusätzlich ist in Kleingruppen an einem aktuellen Projektbeispiel ein BE-Plan zu erstellen und die dafür passenden Baugeräte und Schalungssysteme sind zu dimensionieren. Ziel ist es, zu verstehen, wie verschiedene Bauprozesse mit Verfahren, Maschinen, Res-sourcen und Leistungskennzahlen gesteuert und optimiert werden können. Denn davon hängt bei Planungs- und Bauprojekten in der Realität ab, ob und wie positiv die Gewinnmargen ausfallen werden.

Bauverfahrenstechnik umfasst Baumaschinen, Fertigungsverfahren und

digitale Unterstützungsmöglichkeiten

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Ein seit 2016 dazugekommenes Lehrgebiet von Prof. Lange umfasst die Vor- lesungen internationale strategische Unternehmensführung und internationale Baumärkte. Innerhalb dieses Moduls lernen Studierende die Prinzipien der Unter-nehmensgründung, der Marktanalyse, Führungsprinzipien innerhalb von Start-up- Unternehmen, klein- und mittelständische Unternehmen (KMUs) und internatio-nalen Baukonzernen. Parallel zu den Vorlesungsinhalten können die Studierenden unter zwei verschiedenen fiktiven Fallstudien (z.B. „Dr.-Bagger“ oder „Mc-Bau- Beratung“) eine Studie wählen. Zu diesem Thema ist dann ein Businessplan zu erstel-len und die Ergebnisse inklusive Marktanalyse und internationaler Wachstumsstra-tegie zu präsentieren. Unternehmensführung, ob national oder international, be-zieht sich nicht nur auf die Führung von großen internationalen Konzernen, sondern beginnt bei Start-ups und KMUs. Dies stellt einen interessanten Arbeitsbereich für die Absolventen dar. Zugleich sollen die Studierenden dabei ihre Kreativität und Professionalität fördern, indem sie entlang der Projektstudie trainieren, wie sie ein Planungs-, Bau- oder Dienstleistungsunternehmen gründen, voranbringen und führen würden.

Weitere von Prof. Lange gehaltene Vorlesungen sind: Baukonstruktion (1. Se-mester), Straßenbau (2. Semester), Vorfertigung (5. Semester) und Bautechnik (mit den Vorlesungen Abdichtung, Schalung, Sanierung, im 6. Semester).

Der Fokus der Betreuung von Forschungs- und Abschlussarbeiten durch Prof. Lange liegt auf Lean Construction mit dem Schwerpunkt der Fertigungsoptimie-rung. Optimierung hierbei heißt Konzeptionierung, Anwendung und Weiterent-wicklung von Lean-Construction-Methoden, Produktionssystemen für Baufirmen, Maschinen-Prozessketten und die Kombination zwischen Lean Construction, BIM und Industrie 4.0 bezüglich der Digitalisierung von Arbeitsprozessen und Bauma-schinen.

Neben dem Vorsitz der VDI-Arbeitsgruppe zu Lean Construction ist Prof. Lange Mitglied im VDI-Fachbeirat für Bautechnik. Des Weiteren publizierte er 2016 das Buch: „Lean Construction, practical insights for innovating construction manage-ment“.

Prof.Dr.-Ing.AlexanderLange

Rechtvon Prof. Dr. iur. Andreas Luckey

Der Studiengang hat der Bedeutung des Rechts im Bereich des Bauwesens durch Einrichtung einer entsprechenden Professur Rechnung getragen. Die erste Beru-fung erfolgte im Jahre 2001. Der jetzige Inhaber lehrt am Studiengang seit dem Jahre 2005.

Das statistische Bundesamt weist für das Jahr 2016 rund 43.500 vor den Amts-, Land- und Oberlandesgerichten in Deutschland erledigte Gerichtsverfahren in Bau- und Architektensachen (ohne Architektenhonorarsachen) aus.

Durch das Gesetz zur Reform des Bauvertragsrechts und zur Änderung der kauf-rechtlichen Mängelhaftung (BauVG), das zum 01.01.2018 in Kraft getreten ist, hat der Gesetzgeber bei den Land- und Oberlandesgerichten auf das Baurecht spezi-alisierte Spruchkörper eingerichtet, wodurch er sich eine Qualitätssteigerung der Rechtsprechung in diesem Bereich verspricht. Der Bund hat dem bekanntermaßen durch Einrichtung des 7. Senats am Bundesgerichtshof in Karlsruhe, der sich im Wesentlichen mit Rechtsfragen aus den Bereichen Werkvertrags- und Architek-tenrecht beschäftigt, bereits seit Jahrzehnten Rechnung getragen.

Mit dem BauVG hat der Gesetzgeber zum 01.01.2018 zum ersten Mal seit Bestehen des Bürgerlichen Gesetzbuchs seit dem 1. Januar 1900 ein eigenes Bauvertragsrecht, Architekten- und Ingenieurvertragsrecht sowie ein Bauträger-vertragsrecht in das Bürgerliche Gesetzbuch eingefügt und damit im Bereich des

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9. Titels („Werkvertragsrecht und ähnliche Verträge“) des 8. Abschnitts des 2. Buchs des BGB einer seit langer Zeit erhobenen Forderung Rechnung getragen, diesen Bereichen ein eigenes, ihren Besonderheiten Rechnung tragendes, Ver-tragsrecht in Kraft zu setzen. In diesem Zusammenhang hat der Gesetzgeber auch besondere Regelungen für den „Verbraucherbauvertrag“ getroffen.

Der Studiengang hat es sich zur Aufgabe gemacht, den Studierenden vor dem Hintergrund der Bedeutung des Baurechts in der Praxis einen breiten Kanon an Themengebieten im Rahmen des Studiums zu vermitteln. Im Bachelorstudien-gang besuchen die Studierenden im 2. Semester die beiden Vorlesungen Bürger-liches Recht und Öffentliches Baurecht, hier werden erste Grundlagen gelegt. Im 4. Semester hören die Studierenden eine Vorlesung zum Bauausführungsrecht, im 5. Semester eine Vorlesung zum Ingenieurrecht sowie zum Steuerrecht, im 6. Se-mester folgt eine Vorlesung zum Bauvertragsrecht. Jeder Vorlesung folgt am Ende des Semesters eine schriftliche Prüfung. Die Studierenden haben die Möglichkeit, ihre Abschlussarbeit im Bereich des Baurechts zu schreiben.

Im Masterstudiengang vertiefen die Studierenden ihre Kenntnisse im Bereich des Baurechts im Rahmen der Vorlesung National and International Construction Law. Der Studiengang hält es für erforderlich, den Studierenden auch Rechtskenntnis-se in Gebieten zu vermitteln, die das Berufsleben im Wirtschaftsbereich „Bauen“ begleiten. Deshalb besuchen die Studierenden des Masterstudiengangs die Vorle-sungen Unternehmensrecht und Arbeitsrecht und haben die Möglichkeit, aus dem Wahlpflichtfachbereich die Vorlesung Internationales Steuerrecht zu hören. Alle Vorlesungen schließen auch hier am Ende des Semesters mit einer schriftlichen Prüfung. Masterabschlussarbeiten im Bereich des nationalen und internationalen Baurechts komplettieren das den Studierenden unterbreitete Angebot.

Den Studierenden wird im Rahmen fachspezifischer Exkursionen Gelegenheit gegeben, praxisnah (bau-)rechtliche Verfahren kennenzulernen. Der Besuch der International Chamber of Commerce (ICC) in Paris oder des Europäischen Ge-richtshofs in Luxemburg stehen dafür nur beispielhaft.

Prof.Dr.iur.AndreasLuckey

Entwerfen und Konstruieren: Baustatik und Holzbauvon Prof. Dr.-Ing. Robert Pawlowski

Tragwerke zu planen, also die tragende Struktur von Bauwerken zu gestalten, ist eine äußerst kreative, fordernde, vielfältige und verantwortungsvolle Aufgabe. Tragwerksplaner entwerfen und konstruieren räumliche Systeme, die im Stan-de sind, alle auf das Bauwerk einwirkenden Lasten sicher, dauerhaft, zuverlässig aufzunehmen und zum Baugrund abzuleiten (Tragfähigkeit und Standsicherheit). Dabei soll die Nutzung nicht über Maß beeinträchtigt werden, z. B. durch zu große Verformungen oder unangenehme Schwingungen (Gebrauchstauglichkeit). Das Tragwerk und sein Entwurf werden durch technische Kriterien, wie Brand-, Schall-, Wärme-, Gesundheit- und Umweltschutz, sowie Anforderungen an Ökologie und Ökonomie (Nachhaltigkeit) geprägt. Nicht zuletzt muss das Tragwerk formalem Anspruch genügen (Baukultur).

Um dieser komplexen Aufgabe gerecht zu werden, müssen die künftigen Inge-nieure, neben einem fundierten technischen Wissen (Materialkunde, Mechanik, Statik, Dynamik, Bemessung etc.), über breit gefächerte Kenntnisse und Fähigkei-ten verfügen, Kraftfluss nachvollziehen und beurteilen (Tragwerkslehre), tragen-de Strukturen effizient und nachhaltig gestalten (Entwerfen und Konstruieren) können, ohne dabei die baukulturelle Verantwortung aus den Augen zu verlieren (Grundlagen der Architektur, Baugeschichte).

Diese vielfältigen Anforderungen und der durch die Einführung von Building Information Modeling (BIM) bevorstehende Umbruch in der Projektbearbei-tung werden eine interdisziplinäre Planung noch weiter stärken und unabdingbar machen. Die Grundlagen dafür werden gegenwärtig mit der Erarbeitung von Regelwerken und Richtlinien für die digitale Planung (BIM) geschaffen. Hoffent-lich in einer Form, die die Kreativität im Entwurfs- und Planungsprozess unter-stützt und die fachübergreifende Kommunikation zwischen den am Bau Beteilig-ten vereinfacht.

Lehre in der Baustatik: Kraftfluss – Form – FunktionAus der Geschichte lernen, um neue Wege gehen zu können.

Hier wird Basiswissen über Begriffe und Methoden der Statik und die wichtigsten Tragsysteme erarbeitet sowie die Einbindung der lastabtragenden Elemente, d.h. des Tragwerks, in den Gesamtzusammenhang eines Bauwerkes dargestellt. Dazu werden praxisbezogene statische Berechnungen sowohl von Hand als auch mithil-fe von Computerprogrammen durchgeführt. Durch Versuche mit Tragwerksmo-dellen und durch Beispiele aus der Geschichte und Gegenwart wird die statische Wirkungsweise der Tragsysteme veranschaulicht und die baukulturelle Verantwor-tung verdeutlicht.

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Lehre im Holzbau Um dem Klimawandel entgegen zu wirken, müssen im Bauwesen nachhaltige,

energie- und kohlenstoffeffiziente Materialien verstärkt Anwendung finden. Mit dem Einsatz von Holz und Holzwerkstoffen wird ein wichtiger Beitrag dazu geleis-tet. Holz und Holzwerkstoffe verfügen über einige sehr günstige Eigenschaften für die Anwendung im Bauwesen, die seit Jahrtausenden geschätzt werden. Sie sind leicht und fest (Reißlänge), einfach und präzise zu verarbeiten, biogen (nach-wachsend), klimaschonend (binden CO2), nachhaltig (CO2-Kreislauf) und weisen eine positive Energie- und Kohlenstoffbilanz auf. Holz ist zwar entflammbar, sein Brandverhalten ist jedoch gutmütig. Bedingt durch den komplexen Aufbau (hy-groskopisch, inhomogen und anisotrop) ist das Bauen mit Holz eine anspruchsvolle Aufgabe. Beim sorgfältigen Entwerfen und Konstruieren und materialgerechtem Einsatz sind Bauwerke aus Holz und Holzwerkstoffen dauerhaft (konstruktiver Holzschutz), haben einen Risikolevel wie herkömmliche Bauweisen/Materialien (Stahl, Stahlbeton, Mauerwerk) und den Vorteil eines einfacheren stofflichen und energetischen Recyclings.

Entwerfen und Konstruieren – Projektarbeiten Bachelor und MasterBauwerke sind Unikate, deren Entwurfs- und Realisierungskriterien sich von

Projekt zu Projekt ändern. Der Entwurf von Baukonstruktionen verlangt von allen Projektbeteiligten flexible und kreative Lösungen, die technischen, ökonomischen und ökologischen Anforderungen genügen müssen.

Im Rahmen der konstruktiven Projektarbeiten entwerfen Studierende ihre ei-genständigen Bauwerke mit einem aktuellen und unmittelbaren Praxisbezug. Die entworfenen Tragwerke sollen den Anforderungen an die Konstruktion und die Ge-staltung genügen. Gleichzeitig soll die Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit nicht aus den Augen verloren werden. Um diese Ziele zu erreichen, lernen die Studieren-den in Alternativen zu denken. Verschiedene Tragsysteme werden entworfen und vordimensioniert, zunächst von Hand und anschließend mithilfe von Computer-programmen. Die Entwurfsgedanken werden mittels Skizzen und Arbeitsmodellen festgehalten und bewertet. Die aus diesem Prozess resultierende Variante wird weiter optimiert, präzisiert, bemessen und digital in Form von Plänen und Visua-lisierungen abgebildet. Der gesamte Entwurf wird in einer zusammenhängenden, vollständigen Statik zusammengefasst. Auf dieser Basis bauen Studierende ein Modell des Tragwerks, mit dem sie die räumliche Tragwirkung vollständig erfassen können. Hierfür stehen den Studierenden die modernsten Modellbauwerkzeuge zur Verfügung, an die die zuvor gezeichneten CAD-Pläne übergeben werden kön-nen, um die Modellbauteile automatisiert zu fertigen. Zuletzt präsentieren Studie-rende ihr Projekt vor einem Gremium, dessen Mitglieder sowohl aus der Lehre als auch aus der Praxis kommen.

Prof.Dr.-Ing.RobertPawlowski

Die Bezeichnung „Tragwerksplaner“ beschreibt das Entwerfen und Konstruieren

von tragenden Strukturen.

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Baustoffe, Bauchemievon Prof. Dr. rer. nat. Dipl. Chem. Karsten Schubert

Vom Pantheon zu Burj KhalifaDie frühe Geschichte der Menschheit ist die Geschichte der Baustoffe. Steinzeit,

Kupferzeit, Bronzezeit und Eisenzeit stehen in der Archäologie für die Epochen der Jäger und Sammler vor 500.000 Jahren bis hin zur Römischen Kaiserzeit.

Aus Sicht der Baustoffe ist die römische Kaiserzeit die Zement- oder besser die Betonzeit, die Zeit der industriellen Revolution im 19. Jahrhundert die Stahlzeit und seit 100 Jahren leben wir in der Stahlbetonzeit. In den letzten 30 Jahren findet der Übergang zu einer neuen Epoche statt, der Kunststoffzeit. Weltweit spielen neben Beton, Stahl und Kunststoffen natürliche Baustoffe wie Holz, Lehm und Bambus eine zentrale Rolle.

Die Vorlesungen aus den Lehrgebieten Baustoffe und Bauchemie sind die Schnitt-stelle zwischen den Ingenieurwissenschaften, wie Baukonstruktion und Tragwerks-lehre, und den Naturwissenschaften Physik und Chemie. Neben den Grundlagen, den klassischen Spannungs-Dehnungs-Diagrammen der Baustoffe oder z. B. der Frage, bei welcher Länge ein frei hängendes Kunststoffseil aus Polyethylen (Frisch-haltefolie) unter seinem Eigengewicht versagt, verfolgen die Vorlesungen konse-quent einen interdisziplinären Ansatz. Das Denken über den Tellerrand hinaus.

Die Kombination ingenieurtechnischer und physikalisch-chemischer Methoden ist der Schlüssel für dauerhaftes (langlebiges), ressourcenschonendes und kosten- effizientes Bauen.

Stellvertretend für alle heute eingesetzten Baustoffe soll deren Entwicklung am Beispiel Beton verdeutlicht werden. Beton/Stahlbeton war und ist der wichtigste Baustoff im 20. und 21. Jahrhundert. In Deutschland wird derzeit pro Einwohner und Jahr ein Kubikmeter Beton verbaut. In Zahlen entspricht diese Menge rund 80 Millionen Kubikmetern oder 190 Millionen Tonnen Beton.

Beton weckt bei den Menschen die unterschiedlichsten Vorstellungen, Erwar-tungen und Emotionen. Die Geschichte des Betons begann vor 2000 Jahren in Rom mit dem „opus caementitium“. Herausragendes Beispiel für die gestalteri-schen Möglichkeiten und die Dauerhaftigkeit des Baustoffs Beton ist das in der Zeit von 30 bis 25 v.Chr. in Rom erbaute Pantheon I bzw. das 110 n.Chr. nach einem Brand neu gebaute Pantheon II. Seither ist der Baustoff Garant für die Erstellung äußert robuster, dauerhafter Tragwerke.

Im 20. Jahrhundert verleiht das Material Beton neuen gestalterischen Synthesen aus Material und Kunst vor dem Hintergrund unterschiedlicher Weltanschauungen Ausdruck. Das von Rudolf Steiner entworfene und 1925 bis 1928 erbaute Goethe-anum in Dornach und die 1955 fertiggestellte Kapelle Notre Dame du Haut von Ronchamp von Le Corbusier sind prominente Beispiele für dieses neue Material-verständnis.

Santiago Calatrava demonstriert stellvertretend für die heutige Generation von Bauingenieuren und Architekten die neuen Möglichkeiten der Formgebung in be-eindruckender Weise in seinem extravaganten Opernhaus Palacio de las Artes in Valencia.

Im März 2009 erreichte schließlich der Burj Khalifa in Dubai seine endgültige Höhe von 818 Metern und ist damit das derzeit höchste Gebäude der Welt. Der 2000 Jahre alte römische Beton hat sich insbesondere in den letzten zwei Jahr-zehnten des 20. Jahrhunderts zu einem komplexen 6-Stoff-System entwickelt. Heutiger Beton ist Produkt aus 6 Komponenten: Zement, Wasser, Gesteinskör-nung, Betonzusatzstoffe, Betonzusatzmittel und Luft. Dass an jeden einzelnen die-ser Ausgangstoffe in Normen und anderen technischen Regelwerken vorgegebene besondere Anforderungen gestellt werden, versteht sich von selbst. Hinter jedem Betonausgangsstoff steht heute ein Industriezweig von klein- und mittelständi-schen Betrieben bis hin zur Großindustrie. Heute gibt es eine Vielzahl moderner Spezialbetone. Diese zeichnen sich beispielsweise durch einen minimalen Zement-gehalt aus, zur Senkung des Energieverbrauchs und des Kohlenstoffdioxid-Aussto-ßes bei der Zementproduktion.

Eine weitere Besonderheit eines Spezialbetons ist ein besonderes Viskositäts-verhalten. Die Bauchemie liefert Betonzusatzmittel, sogenannte Fließmittel, die eine gezielte Steuerung der Viskosität erlauben und u. a. zur Entwicklung selbstver-

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dichtender Betone führten, die auf der Baustelle ohne den Einsatz von Rüttelfla-schen eingebaut werden können. Ein hoher Zementgehalt führt zu einer besonders hohen Festigkeit. Die sichere Beherrschung aller Ausgangstoffe und deren Reak-tivität führt zu ultrahochfesten Betonen, deren Festigkeiten das bis zu 20-fache normaler Betone erreichen.

Das Erscheinungsbild eines Betons, insbesondere eines sogenannten Sichtbe-tons, ist eine weitere besondere Eigenschaft eines modernen Spezialbetons. Die Herstellungsverfahren der genannten Spezialbetone sind hoch komplizierte Pro-zesse, die das Verständnis der chemischen und physikalischen Grundlagen zwin-gend voraussetzen. Diese Prozesse auf der Nanoebene sind für den Erfolg genauso wichtig wie der baustellenseitige Einfluss der Witterung oder die gezielte Steue-rung der notwendigen Bauabläufe auf der Makroebene.

Unsere Gesellschaft generiert mit den steigenden technologischen Möglichkei-ten ständig neue Herausforderungen an die gebaute Umwelt. Mit zunehmender Komplexität der Nutzungen steigen sowohl die Anforderungen an den Neubau als auch an das Bauen im Bestand, das derzeit 60-70 % der Bauaufgaben ausmacht.

Bauen im Bestand dient der Lebensdauerverlängerung bestehender Bausubs-tanz durch Umbau, Ergänzung oder Ertüchtigung. Entscheidende Voraussetzung in allen Fällen ist eine sichere Einschätzung der bestehenden Bausubstanz. Darüber hinaus erfordern auch die Vielzahl möglicher auftretender extremer Wetterlagen neue Überwachungskonzepte bestehender Bausubstanz. In diesem Bereich kom-men insbesondere die Methoden der Bauwerksdiagnostik und zerstörungsfreie Prüfverfahren zum Einsatz. Die entsprechenden in den Vorlesungen vermittelten Grundlagen ermöglichen den Studierenden Mängel an Bauwerken zu erfassen und Aussagen über einen möglichen Sanierungsbedarf oder die Standsicherheit zu treffen. Darüber hinaus können sie dieses Wissen auch bei der Planung innovativer Neubauten zur Gewährleistung der Nachhaltigkeit der Bauwerke einsetzen.

Post Skriptum: Ein Kunststoffseil aus Polyethylen versagt unter seinem Eigengewicht bei einer Länge

von rund 400 Kilometern. Bei modernen Hochleistungsstahlseilen liegt die entspre-chende Reißlänge bei ca. 25 Kilometern.

Prof.Dr.rer.nat.Dipl.Chem.KarstenSchubert

Baubetriebswirtschaftslehrevon Prof. Dr.-Ing. Matthias Urmersbach

In der bauwirtschaftlichen Forschung stand anfänglich die Durchführung des Bau-vorgangs und seine wirtschaftliche Durchdringung im Vordergrund. Ein anderer Schwerpunkt der bauwirtschaftlichen Forschung war die Auseinandersetzung mit der Phase der Planung des Bauens, insbesondere mit der Netzplantechnik, dem Standard-Leistungsbuch sowie der rechnerischen Abspiegelung der Planungs- und Bauprozesse.

In den 60er und 70er-Jahren lagen die Forschungsschwerpunkte vornehmlich in der Steigerung der Wirtschaftlichkeit der Bauproduktion, wie bspw. die Entwick-lung neuer Berechnungsverfahren und die konstruktive Optimierung von Bauwer-ken. Ein weiteres Ziel war die kostenrechnerische Durchdringung der Planung der Bauten. Ausgehend von der Ölkrise 1973/1974 entstand ein geändertes Energie- und Umweltbewusstsein. Neben den reinen Baukosten erhielten Betriebs- und Folgekosten eine wesentlich stärkere Bedeutung. Energie- und umweltbezogene Forschungen fanden in fast allen Fachgebieten des Bauwesens an den Hochschu-len Eingang.

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Angesichts des geplanten Ausstiegs aus der Atomenergie und der ökologischen Belastung infolge der Verbrennung fossiler Brennstoffe, hat die Erforschung und die Nutzung von regenerativen Energiequellen erheblich an Bedeutung zugenom-men. Die gesellschaftliche Forderung nach einer nachhaltigen Entwicklung („Sus-tainable Development“) hat Auswirkungen auf die gesamte Bauwirtschaft.

Das gestiegene Umweltbewusstsein erfordert zunehmend eine Bewertung der Bauwerke und der Bauprozesse unter ökologischen Aspekten. Zahlreiche Zertifi- zierungssysteme konkurrieren am Markt, um die Nachhaltigkeit von Baustoffen und Gebäuden in Bau und Betrieb zu untersuchen und zu dokumentieren.

Da die Bauunternehmen, die im Rahmen von Bauprojekten die klassische Rolle einer ausschließlich ausführenden Unternehmung übernehmen, nur noch gerin-ge Renditeaussichten haben und ihre Wettbewerbssituation überwiegend durch einen reinen Preiswettbewerb gekennzeichnet ist, werden in Theorie und Praxis neue Modelle für Unternehmenseinsatzformen (Betreibermodelle, Systemanbie-terkonzepte, ÖPP-Modelle, Partnering Modelle u. a.) diskutiert und umgesetzt. Bauunternehmen versuchen, ihr Leistungsbild samt vertikaler Integration laufend anzupassen. Dies hat logischerweise zu einer Veränderung der Kernkompetenzen geführt. Bauunternehmen müssen ihre Wertschöpfungsprozesse auf die Bedürf-nisse der Kunden zuschneiden und optimieren. Dabei sind die Wettbewerbsvorteile weder per se dauerhaft noch zwangsläufig Renten generierend.

Ein weiterer aktueller Schwerpunkt ist die Bewältigung der Informationsflut und der Informationsverluste im Datenaustausch. Rund 80 % der unternehmens-strategisch relevanten Informationen befinden sich in Berichten, Gutachten, Pro-jektunterlagen, Zeichnungen, Produktbeschreibungen usw. Die dort abgelegten Informationen sind wenig strukturiert, stark kontextabhängig und im Laufe des Projektes durch Datenbrüche gekennzeichnet. Die effiziente Nutzung der Res-source „Information“ wird aber für die am Bau beteiligten Unternehmen immer mehr zum entscheidenden Wettbewerbsvorteil. Die durchgehende Digitalisierung der bau- und immobilienwirtschaftlichen Prozesse wird in den nächsten Jahren eine der Hauptaufgaben sein. Gerade in einem Wirtschaftszweig, der durch eine automisierte Struktur geprägt ist, ist die Kollaboration sowie der gesicherte und standardisierte Informationsaustausch von entscheidender Bedeutung.

Mit über 817.000 Unternehmen und ca. 3 Millionen Erwerbstätigen ist die Bau- und Immobilienwirtschaft der größte Wirtschaftszweig in Deutschland. Die Branche vereinigt 25,1 % aller Unternehmen und 10 % aller Beschäftigten auf sich. Mit rund 500 Milliarden Euro trug die Immobilienwirtschaft im Jahr 2015 zur ge-samtwirtschaftlichen Wertschöpfung bei. Sie ist damit wesentlich größer als der Fahrzeugbau, dessen Wertschöpfung bei 129,6 Milliarden Euro lag. Der Wert der Wohn- und Nichtwohnbauten (ohne Grundstücke) betrug 2015 rund 8 Billi-onen Euro. Davon entfielen 60 % auf Wohnbauten und 40 % auf Gewerbe- und

Infrastrukturbauten. Die Verzahnung der Immobilienwirtschaft mit anderen Teilen der Volkswirtschaft zeigt sich insbesondere in der Finanzwirtschaft. Mehr als 50 % aller Kredite werden durch Immobilien besichert. Insgesamt belief sich im Jahr 2015 das Kreditvolumen für den Bau und Erwerb von Wohnungen auf ca. 3,2 Billi-onen Euro.

An zahlreichen Universitäten hat sich im Bereich der Wirtschaftswissenschaf-ten die Baubetriebswirtschaftslehre als spezielle Betriebswirtschaft etabliert. Das interdisziplinäre Lehrgebiet der Baubetriebswirtschaft umfasst somit ingenieur-wissenschaftliche und geisteswissenschaftliche Inhalte.

An der Hochschule Karlsruhe werden im Lehrgebiet Baubetriebswirtschaftslehre im Bachelorstudiengang die Lehrveranstaltungen Betriebswirtschaftslehre, Rech-nungswesen, Betriebsorganisation, Unternehmensplanung, Volkswirtschaftslehre, Investition- und Finanzierung sowie das Seminar Baumanagement gelehrt.

In der Lehre wird großer Wert auf integrierte praktische Elemente gelegt. Im Rahmen von Gastvorträgen aus der Wirtschaft, Unternehmensplanspielen, kon-kreten Projekten aus der Baupraxis sowie durch die Kooperation mit Unternehmen werden Lerninhalte realistisch dargestellt und vermittelt. Zugleich werden aktuelle Entwicklungen in der Bau- und Immobilienwirtschaft reflektiert. Ziel ist es, dass die Studierenden schon während ihres Studiums erste Einblicke in ihre späteren Arbeitsfelder erhalten und ihnen somit der Übergang vom Studium zum Beruf er-leichtert wird.

Die im Studium bearbeiteten Projekte haben grundsätzlich einen Praxisbezug. Mit der Architekturfakultät an der Berliner Beuth Hochschule besteht seit vielen Jahren ein intensiver Austausch. Regelmäßig werden Exkursionen durchgeführt und Praxisprojekte gemeinsam in Workshops bearbeitet.

Im Masterstudiengang Baumanagement werden die Lehrveranstaltungen stra-tegische und operative Unternehmensplanung sowie Immobilienwirtschaft ge-lehrt. Seit 2014 wird im Rahmen der Lehrveranstaltung Immobilienwirtschaft eine Tagung zu aktuellen Themen durchgeführt. Externe Experten und Studierende präsentieren in dieser eintägigen Veranstaltung ihre Ergebnisse zu bestimmten im-mobilienwirtschaftlichen Problemstellungen.

Prof.Dr.-Ing.MatthiasUrmersbach

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Ingenieurmathematikvon Prof. Dr. rer. nat. Olga Wilderotter

Die Mathematik ist ein unentbehrliches Hilfsmittel des Ingenieurs. Ohne die An-wendung von mathematischen Theorien und Verfahren sind grundlegende inge- nieurtechnische Probleme nicht lösbar.

Auch die Bauwissenschaften unterliegen fortschreitender Mathematisierung. In fast allen Fachgebieten der Bauwissenschaft, wie z. B. Baubetrieb und Bauma-nagement, Baustatik und Baukonstruktion, Materialwissenschaften oder Baulogis-tik, ist Mathematik unerlässlich geworden.

Die Stabilität von Brücken und Hochhäusern basiert auf Erfolgen der Statik und mathematischen Methoden in der Werkstoff- und Bauteilsimulation. Die Unter-suchung des Stabilitätsverhaltens von Brücken ist ohne numerische Simulationen nicht denkbar. Auch im Baumanagement gehört Mathematik zum notwendigen Handwerkszeug. Eine umfassende Risikoquantifizierung bei großen Bauvorhaben erfordert inzwischen geeignete Risikosimulationsverfahren. Ohne ausgefeilte ma-thematische Modelle blieben viele Optimierungsfragen, die im Baumanagement auftreten, nicht beantwortet.

So durchzieht die Mathematik auch das gesamte Studium im Bereich des Bau-betriebs und Baumanagements. Im 1. und 2. Semester wird mit den Grundlagen der Mathematik angefangen, die zum Verständnis moderner Methoden der Trag-werksstatik, der Festigkeitslehre, der Baubetriebslehre, der Tragwerkssicherheit sowie der Verkehrsplanung benötigt werden. In den höheren Semestern werden fortgeschrittene Prinzipien der Wahrscheinlichkeitstheorie und Statistik sowie Algorithmen aus Analysis, Numerik und Optimierung herangezogen.

Auch im Masterstudium spielt Mathematik eine wesentliche Rolle. Hier wird die Anwendung mathematischer Methoden auf die Fragestellungen aus der Optimal-planung sowie zur Lösung großer Transport- und Logistikproblemen mithilfe der Methoden aus Operations Research behandelt. Wenngleich ein Baumanager sein bevorzugtes Handwerkszeug nicht in der Anwendung mathematischer Methoden sieht, so soll er mit den Methoden aus Operations Research in die Lage versetzt werden, Entscheidungsgrundlagen mithilfe mathematischer Methoden kritisch zu hinterfragen. Diese Methoden geben ihm die nötigen Werkzeuge an die Hand, um Entscheidungen abzuwägen und verantwortungsbewusst treffen zu können.

Der Einsatz der Mathematik im Ingenieurwesen wird immer umfassender. Viele komplexe technische und betriebswirtschaftliche Probleme fordern aufgrund der neuen rechentechnischen Möglichkeiten die Mathematiker heraus. Um darauf im-mer geeignete Antworten parat zu haben und die Lehre praxisbezogen zu gestal-ten, finden im Rahmen der Kooperationen mit der Unternehmenspraxis gemein- same Forschungsaktivitäten statt:

• im Bereich Risikobewertung und Risikoreporting mit der Commerzbank• im Bereich „Risikocontrolling“ mit „Roland Berger Strategy Consultants“• im Bereich „Financial Services“ aktuell mit der ODDO BHF Bank• im Bereich „COO Private Wealth Management“

Außerdem werden Finanzdienstleister verschiedener Größen auf der Grundlage aktueller wissenschaftlicher Ansätze bei Implementierung quantitativer Lösungen beraten.

Prof.Dr.rer.nat.OlgaWilderotter

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Projekte, Symposien und angewandte Forschung

IngenieurHandwerk

Das Projekt IngenieurHandwerk ging aus der Ausschreibung „ProStudium“ der Hochschule Karlsruhe im Jahr 2009 hervor. Die Ziele der praxisorientierten Pro-jektarbeit lagen in der Stärkung der analytischen Arbeitsweise und der technischen Kreativität als auch in der Förderung der Fähigkeit der Studierenden zur fachüber-greifenden Zusammenarbeit. Im Rahmen des Projektes entwarfen Studierende in kleinen Gruppen unter praxisnahen Bedingungen insgesamt 27 Ingenieurbau- werke, darunter 19 Brücken und 8 Türme. 10 Brückenentwürfe wurden als begeh-bare Brückengroßmodelle in Zusammenarbeit mit den Auszubildenden des Ausbil-dungszentrums Bauwirtschaft Nordbaden und der Handwerkskammer Karlsruhe gebaut.

Das Projekt ist durchgeführt durch Prof. Dr.-Ing. Robert Pawlowski mit Prof. Dr. Karsten Schubert, Ausbildungszentrum Karlsruhe der Bauwirtschaft Nordbaden e.V., Handwerkskammer Karlsruhe, Ingenieurkammer Baden-Württemberg, Beton Marke-ting Süd GmbH, DUCON Europe GmbH & CoKG, MEVA Schalungs-Systeme GmbH, Wacker Ingenieure, Prof. Dipl.-Ing. Christoph Ackermann.

Synergie Strukturen, Kloster Frauenalb – Bauen im Bestand

Das Projekt SynergieStrukturen – Kloster Frauenalb ging ebenfalls aus der Aus-schreibung „ProStudium“ der Hochschule Karlsruhe im Jahr 2009 hervor. Über zwei Jahre hinweg haben sich mehr als hundert Studierende, Mitarbeiter und Dozenten der Fakultäten Architektur und Bauwesen, Elektro- und Informations-technik sowie Geomatik mit der Geschichte, dem baulichen Bestand und dem Ent-wicklungspotenzial des Bau- und Kulturdenkmals Klosterruine Frauenalb befasst. Die Komplexität der Projektanforderungen machte es notwendig, neue Wege zu gehen und Brücken zwischen Lehre, Praxis und Forschung zu schlagen. In dem Projekt wurden 3 Grundgedanken verwirklicht: Das Planen und Bauen im Bestand wurde entsprechend seiner stetig wachsenden Bedeutung stärker im Studium ver-ankert, das interdisziplinäre Denken und Arbeiten innerhalb der Hochschule und darüber hinaus wurde gefördert und schließlich konnten die beiden genannten Aspekte an einer konkreten Aufgabe praxisorientiert angewandt werden.

Das Projekt ist durchgeführt von Prof. Dr.-Ing. Robert Pawlowski mit Prof. Dipl.-Ing. Florian Burgstaller, Prof. Dr.-Ing. Hermann Hütter, Prof. Dr.-Ing. Tilman Müller et al.

Brückengroßmodell mit mikrobewehrter 18 mm starker Stahlbetonplatte am Regionaltag 2011

Projekt

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Ästhetik des Gleichgewichts

Gratwanderung der Ingenieure zwischen Kraftfluss und FormIngenieurbaukunst ist weit mehr als das systematische Umsetzen physikalischer

Gesetzmäßigkeiten mithilfe von statischen Berechnungen. In gelungenen Bauwer-ken offenbart sich das Gespür der Ingenieure für Material und Form, ihr Verständ-nis für angemessene Dimensionierung und ihre Fähigkeit, die Bauteile ihrer Be-anspruchung entsprechend zu fügen, ohne dabei die ästhetischen, ökonomischen und mittlerweile auch ökologischen Aspekte aus den Augen zu verlieren. Seit 2011 gehen wir, Prof. Anja Grunwald und Prof. Dr. Robert Pawlowski, gemeinsam mit Studierenden der Fachbereiche Baumanagement und Baubetrieb, Bauingenieur-wesen sowie Kommunikation und Medienmanagement der Frage nach, wie man diesen Anspruch in der Lehre vermittelt. Da wir über die Grenzen der eigenen

Fakultäten arbeiten, betrachten wir die vor uns stehenden Aufgaben aus unter-schiedlichen Perspektiven, was eine umfassende Sicht ermöglicht. Wir lernen voneinander, differenzierte Methoden einzusetzen, um komplexe Sachverhalte zu verstehen und zu erläutern. Die im Ingenieurwesen üblichen algorithmusaffinen Arbeitsweisen werden mit kreativen Impulsen aus der visuellen Informations- und Wissensvermittlung angereichert. Dabei lernen die Studierenden, flexibel und ideenreich mit ungewöhnlichen und schwierigen Anforderungen umzugehen. Die herkömmlichen didaktischen Ansätze werden durch den Einsatz verschiedener Medien erweitert, wodurch sich neue Lösungswege erschließen.

Das Projekt ist durchgeführt von Prof. Dr.-Ing. Robert Pawlowski mit Prof. Dipl.-Ing. Anja Grunwald.

Monitoring von Dachtragwerken

Überwachung von Bauwerksverformungen mittels digitaler BildverarbeitungUm ein einfaches, robustes und kostengünstiges Verfahren zur kontinuierlichen

Verformungsüberwachung von Bauwerken zu entwickeln, wurden die Methoden der digitalen Bildverarbeitung in das Bauwesen übertragen. Ausgewählte Punkte des Tragwerks werden mit elektronischen Kameras periodisch erfasst und ihre Ab-bildungen im digitalen Bild vermessen. Als Zielpunkte werden Leuchtdioden (LEDs) verwendet. Um störende Einflüsse aus Umgebungslicht auszublenden, dienen als Zielpunkte LEDs, deren Strahlung im Infrarotbereich liegt. Die Kameras sind ent-sprechend auf diesen Spektralbereich eingestellt. Durch Vorversuche im Labor konnte gezeigt werden, dass mithilfe der digitalen Bildverarbeitung Bewegungen von Zielpunkten auch über Distanzen im Gebäudemaßstab millimetergenau erfasst werden können. Die Praxistauglichkeit des Verfahrens wurde in Zusammenarbeit mit der Technischen Universität München im Rahmen eines Pilotprojektes nach-gewiesen. Als Objekt wurde die Dreifachturnhalle des Staffelsee-Gymnasiums in Murnau im Landkreis Garmisch-Partenkirchen ausgewählt. Das weitgespannte Dachtragwerk aus Holz wurde mit einem Messsystem auf Basis der digitalen Bild-verarbeitung ausgestattet, das an jedem der 4 Hauptträger der Halle die Bewe-gungen von jeweils 3 Punkten erfasst. Mit einem zusätzlich fest eingebauten Laser-messsystem können Kontrollmessungen durchgeführt werden. Um die Korrelation zwischen Witterungseinflüssen und Verformungen beobachten zu können, wurde zusätzlich auf dem Dach der Halle eine Wetterstation mit Schneekissen installiert. Das Monitoringsystem ist an verschiedene Alarmeinrichtungen angeschlossen und wird bis heute betrieben.

Das Projekt ist durchgeführt von Prof. Dr.-Ing. Robert Pawlowski mit Dr.-Ing. Klaudius Henke, Prof. Dr.-Ing. Stefan Winter (beide TUM) und Dipl.-Ing. Peter Schregle (Impuls Bildanalyse GmbH).

Adaptive BrückeAuf dem Gebiet der adaptiven Tragwerke werden die Kennwerte und Eigen-

schaften der Tragwerkselemente nicht nur erfasst, sondern auch gezielt verändert. Im Rahmen einer interdisziplinären Projektarbeit befassen sich Studierende der Fakultäten Architektur und Bauwesen (AB) und Maschinenbau und Mechatronik (MMT) an der Hochschule Karlsruhe mit adaptiven Systemen im Bauwesen. Im Sommersemester 2011 wurde eine adaptive Brücke entworfen und konstruiert und als Großmodell mit einer Stützweite von 3 Metern gebaut. Die Projektarbeit wurde mit dem Bosch Award 2011 ausgezeichnet.

Projekt Projekt

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„Kostenoptimiertes Bauen (KoBau)“ (BMBF)

Bedarf und Angebot ganzheitlich kostenoptimierter Bauwerke. Strategien, An-sätze und Werkzeuge zur Stärkung der mittelständischen Bauwirtschaft (KoBau)

Die ganzheitliche Kostenoptimierung von Bauwerken ist, nicht zuletzt vor dem Hintergrund der sich etablierenden Gebäudezertifizierungssysteme, eine wichtige Aufgabe, die in den Planungsphasen eines Bauwerkes erfolgen muss. Ziel dieser Optimierung ist, die Lebenszykluskosten eines Bauwerkes systematisch zu mini-mieren. Im Rahmen des Forschungsprojekts „Kobau“ wurden Umfragen unter Bau-herren, Unternehmen und Architekten durchgeführt, um herauszufinden, wie weit dort die Fähigkeiten und Kenntnisse zur ganzheitlichen Kostenoptimierung ver-breitet sind. Als wesentliches Ergebnis kann festgehalten werden, dass das für eine systematische Optimierung erforderliche Knowhow bei den befragten Gruppen nicht bzw. nur ansatzweise vorhanden ist, die zu einer umfassenden Betrachtung erforderlichen Datengrundlagen meist fehlen und die erforderlichen (Software-) Werkzeuge in der Anwendung noch sehr komplex erscheinen. Für die teilnehmen-den mittelständischen Forschungspartner ist es aus Gründen erzielbarer Wettbe-werbsvorteile angezeigt, das Knowhow zur ganzheitlichen Kostenoptimierung zeit-nah zu erwerben und dies in die Vermarktung ihrer Leistungen einzubinden.

Projektleiter: Prof. Dr.-Ing. Hütter, Förderkennzeichen BMBF 1789X08

„Anwenderzentrum ökonomisch nachhaltiger Immobilien“ (BMBF)

Aufbau eines Anwenderzentrums zur Berechnung ökonomisch nach-haltiger Immobilien. Praxisgerechte Integration der Lebenszykluskos-tenberechnung in mittelständische Unternehmen.

Eine systematische Berechnung und Optimierung der Nachhaltig-keitsaspekte von Baumaßnahmen bringt, sofern bereits in den frü-hen Planungsphasen damit begon-nen wird, umfassend optimierte Planungen der späteren Gebäude hervor. Mit dem Ziel, dieses Know-how für mittelständische Planungs- und Bauunternehmen verfügbar zu machen, fanden umfangreiche Recherchen hinsichtlich Metho-den und Vorgehensweisen statt. Die Anwendung auf zahlreiche Im-mobilien der Zielgruppe sowie die systematisierte Erfassung der er-zielten Ergebnisse in einem die Pla-nungsphasen begleitenden Nach-haltigkeitsbericht bringen Nutzen. Es konnte gezeigt werden, dass auch bei den für die mittelständi-schen Forschungspartner üblichen

Projektgrößen deutliche Vorteile erzielt werden können. Die entstehenden Auf-wände, um die erforderlichen Berechnungen durchzuführen, können in späteren Phasen durch die Nutzung vollständiger Gebäudemodellierungen, beispielsweise für Energieausweise und die Erstellung von Leistungsverzeichnissen, ausgeglichen werden. Dies setzt zwar eine sorgfältige Einbindung dieser Arbeitsschritte in den Planungsprozess voraus, durch umfassende Prozessmodellierungen konnte dies jedoch verifiziert werden.

Projektleiter: Prof. Dr.-Ing. Hütter, Förderkennzeichen BMBF 17035X11

Projekt Projekt

Grad der Berücksichtigung von Baunutzungskosten durch Architekten im Rahmen der Planung

Projektbericht zum Lebenszyklus von Bauprojekten (Deckblatt)

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„Planernetzwerk“ (BMBF)

Aufbau einer standardisierten Methodik zur Abwicklung von Auslandsaufträgen eines interdisziplinär besetzten Planernetzwerks aus Baden-Württemberg

Die Prozessorientierung in der Bauplanung ist der Schlüssel für erfolgreiches Abwickeln von Projekten und für wirtschaftliches Arbeiten in den Ingenieur- und Architekturbüros. Das Konsortium bw-engineers, das ca. 20 Ingenieur- und Archi-tekturbüros bei der Akquisition von Auslandsaufträgen begleitet, war einer von zwei maßgeblich beteiligten Forschungspartnern im Forschungsprojekt Planer-netzwerk. Auf der Grundlage einer umfassenden Systematisierung sowie detailliert erhobener Prozessabläufe wurde ein System geschaffen, das es erlaubt, sich aus

dem Konsortium bw-engineers fallbezogen bildende Generalplanerzusammenstel-lungen von der Angebotslegung bis hin zur Umsetzung der angebotenen Leistun-gen zu unterstützen. Dies gilt im Hinblick auf Prozess- und Terminplanung sowie Kalkulation und Controlling. Im Ergebnis sind Prozessmodule entstanden, die digi-talisiert so aufbereitet sind, dass daraus bereits in der Angebotsphase eine schnell und einfach zu erzeugende Prozessplanung für die anzubietenden Leistungen zu-sammengestellt werden kann. Über Datenexporte liegen dann die Grundlagen für Kalkulation und Angebot sowie im Auftragsfall die Grundlagen für Terminplanung und Controlling bereit. Die Ergebnisse des Forschungsprojekts unterstützen die Vollständigkeit von Planungsleistungen, umfassenden Angeboten und eine profes-sionelle Projektabwicklung.

Projektleiter: Prof. Dr.-Ing. Hütter, Förderkennzeichen BMBF 1757X09

„Entwicklung eines Hochbau-Instandhaltungsplanes für

die ÖBB Infrastruktur AG“

Die Österreichische Bundesbahn (ÖBB) ist Eigentümerin eines der größten Immo-bilienportfolios Österreichs. Außergewöhnlich ist nicht nur der Umfang, sondern auch die Heterogenität des Portfolios, das sich allein im Bereich Hochbau aus mehr als 50 unterschiedlichen Gebäude- und Anlagenarten zusammensetzt. Ausgehend von einem hohen Arbeitsaufwand und hohen Kosten, soll die Instandhaltungs- planung optimiert werden.

Ziel des Projektes war die wissenschaftliche Unterstützung der ÖBB-Infrastruk-tur AG zum einen bei der Ausarbeitung eines spezifischen Instandhaltungsplanes. Zum anderen aber auch bei der Entwicklung einer Methode zur Zustandsbewer-tung der Immobilien und der Budgetplanung zur Instandhaltung des Immobilien-portfolios der Österreichischen Bundesbahn. Neben der Erarbeitung konkreter Hilfsmittel, die die Verantwortlichen der ÖBB im Arbeitsalltag unterstützen, wurde u. a. ein ÖBB spezifisches Handbuch „Instandhaltungsplan Hochbau“ erarbeitet.

Projektleitung/Ansprechpartner: Prof. Dr.-Ing. Carolin BahrBearbeitungszeit: August 2013 – Dezember 2016

Projekt Projekt

Prozessmodell der Generalplanung LPH 3 in BPMN (Auszug)

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„Kosten- und Personalbedarf für das Betreiben technischer Anlagen“

Die Betriebskosten von technischen Anlagen stellen bei öffentlichen Gebäuden einen enormen Kostenblock dar. Zur ordnungsgemäßen Bedienung und Instand-haltung ihrer Anlagen muss die öffentliche Hand somit jedes Jahr hohe finanzielle Mittel im Haushaltsplan veranschlagen. Der wirtschaftliche Betrieb, z.B. durch die Minimierung des Energieverbrauchs oder die Optimierung der Bauteillebensdauer sowie auch die Gewährleistung der Versorgungs- und Betriebssicherheit, kann nur gewährleistet werden, wenn das Budget richtig geplant und den Verantwortlichen zur Verfügung gestellt wird. Ziel des Forschungsprojekts war die wissenschaft-lich fundierte Analyse von Abhängigkeiten und vorliegenden Einflussfaktoren zur nachhaltigen Verbesserung der Genauigkeit und Präzision der Budgetberechnun-gen. Hierzu soll ein praktikables Verfahren entwickelt werden, das den Verant-wortlichen ermöglicht, den zum Betreiben der Anlagen notwendigen Kosten- bzw. Personalbedarf auf einfache Art und Weise zu ermitteln.

Projektfinanzierung: Das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) im Bundesamt für Bauwesen & Raumordnung im Rahmen der Initiative Zukunft Bau. Förderung im Rahmen der Initiative Zukunft Bau.

Projektpartner: Arbeitskreis Maschinen- und Elektrotechnik Staatlicher und kom-munaler Verwaltungen (AMEV), Hochschule Karlsruhe – Technik und Wirtschaft, Karlsruher Institut für Technologie (KIT), Arbeitsgemeinschaft der Technischen Abteilungen an wissenschaftlichen Hochschulen

Bearbeitungszeit: November 2011 – August 2013

„Personalbemessung im Facility Management öffentlicher Einrichtungen“

Die Personalkosten stellen im Facility Management einen der größten Kostentrei-ber dar. Dementsprechend hoch ist der Druck, diesen „Kosten-Faktor“ zu reduzie-ren. Im Rahmen des Projektes soll geklärt werden, wie viel Personal für den ord-nungsgemäßen Unterhalt und Betrieb von Immobilien notwendig ist. Das Projekt fokussiert sich hierbei auf das Betreiben und Instandhalten von Gebäuden und de-ren technische Anlagen und behandelt folgende Themen: Wie kann der Personal-bedarf geplant werden? Welche Planungsmethoden existieren für welche FM-Teil-bereiche? Wie sind die bisherigen Methoden praktisch anwendbar? Wie können diese ggfs. präzisiert werden?

Die Themen werden in 4 Arbeitspaketen (AP) behandelt. Im ersten Schritt wur-den existierende Verfahren identifiziert und diese den FM-Teilprozessen zugeord-net. Die Verfahren wurden in einem nächsten Schritt mithilfe der realen Liegen-schaften durch Mitglieder des GEFMA Arbeitskreises „Personalbemessung im FM“ angewendet und bewertet, wobei die Liegenschaften 633 Immobilien und 2.058.525 Quadratmeter Nutzfläche (NUF) umfassen.

Im Arbeitskreis haben sich 6 Immobilienbetreiber bereit erklärt, die Daten ihrer Liegenschaften, welche zusammen 633 Immobilien und 2.058.525 Quadratmeter NUF umfassen, zur Verfügung zu stellen. Derzeit werden zwei Verfahren präzisiert, indem spezifische Einflussgrößen, wie z. B. unterschiedliche Service-Level oder Gehalts- und Kostenstrukturen, untersucht und mithilfe von Korrekturfaktoren berücksichtigt werden. Die Ergebnisse werden im Rahmen einer GEFMA Richtlinie veröffentlicht.

Finanzielle Unterstützung: Arbeitsgemeinschaft Technischer Abteilungen deutschspra-chiger Hochschulen (ATA) und GEFMAProjektleitung/Ansprechpartner: Prof. Dr.-Ing. Carolin BahrBearbeitungszeit: August 2017 – September 2018

Projekt Projekt

Instandhaltungskosten anteilig am WBW der KG 400

Soll-Ist-Analyse – PABI (KG 300 +400) exemplarisch an Organisation 2, Stand 2015

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„Warum geht bauen in Deutschland schief? Ursachen und Lösungsvorschläge“

Um die Ursachen von Bauprojekten, deren Kosten, Termine und Qualität aus dem Ruder gelaufen sind, zu verdeutlichen und Lösungs- und Verbesserungsvorschlä-ge zu diskutieren, veranstaltete der Studiengang Baumanagement und Baubetrieb unter Leitung von Prof. Dr.-Ing. Carolin Bahr am 16. April 2015 ein Symposium mit dem Thema „Warum geht Bauen in Deutschland schief?“.

Das Interesse an diesem Thema war riesig und der große Hörsaal der Fakultät mit knapp 200 Besuchern gut gefüllt. Teilgenommen haben Vertreter von Bauunter-nehmen sowie von Ingenieur-, Planungs- und Beratungsbüros. Darüber hinaus sind auch Juristen, interessierte Bürger aus Karlsruhe und Umgebung sowie Studieren-de am Abend an die Hochschule gekommen, um die Referenten Dipl.-Ing. Jürgen Lauber und Dipl.-Ing. (FH) Hans Kranz bei ihren Vorträgen zum Thema zu sehen.

Die anschließenden Diskussionen bei Bier und Wein und einem kleinen Imbiss, der durch die freundliche Unterstützung der drei Sponsoren Ed. Züblin AG, SAU-TER und pit-cup GmbH ermöglicht wurde, haben gezeigt, dass die Probleme viel-schichtige Ursachen haben und weiter zu analysieren sind.

Highlights aus Exkursionen und dem Studienalltag

Besondere Auslandsexkursionen: China und Japan, Gotthard-Basistunnel

Reisen und Exkursionen sind meist prägend für das Leben junger Studierender. Sie sehen die Welt, erleben, was mit dem an der Hochschule erlernten Wissen gemacht werden kann, sehen Praxisbeispiele vor Ort und erleben insbesondere im Ausland andere Kulturen inklusive Sprachen hautnah am eigenen Leib.

Zunächst sei berichtet von 3 großen Reisen nach China (2004 und 2006) und Japan (2008), die der Studiengang Baumanagement/Baubetrieb für die Fakul-tät Architektur und Bauwesen unter der Leitung der Professoren Heil und Hütter durchgeführt hat. Organisiert wurden die Reisen von Mr. Catterwell, der Architek-turstudienreisen anbietet und die 3 Reisen sehr individuell auf die Reisegruppen zu-geschnitten hat. Aus jedem Studiengang hatten je 10 Studierende die Möglichkeit der Teilnahme, sodass insgesamt 30 Studierende aus den Bereichen Baumanage-ment/Baubetrieb, Bauingenieurwesen und Architektur auf Reisen gegangen sind.

Symposium Exkursion

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Die Ziele dieser Reisen waren neben dem Kennenlernen anderer Länder hinsicht-lich Kultur und Gebräuchen, insbesondere die Besichtigung zahlreicher Bauwerke und Baustellen. Im Rahmen eines eintägigen Stopover in Dubai konnten bei allen 3 Reisen verschiedene Ziele, wie beispielsweise das Burj Khalifa, die Palmen und im Jahr 2008 die Baustelle der Monorail, besichtigt werden. Stationen in China waren u. a. Hongkong, Peking, die Chinesische Mauer, Shanghai mit Besuch der Tongji-Universität und dem größten Wirtschaftsentwicklungsgebiet Chinas, dem Pudong, Xiang (Terra Cotta Armee). Vorträge zur Stadtentwicklung der Stadtpla-nungsämter in Shanghai und Peking waren weitere feste Bestandteile der Reisen. Besuchte Infrastrukturmaßnahmen beeindruckten durch ihre Größe und Komple-xität, als Beispiel sei der Dreischluchtenstaudamm in Yichang genannt.

In Japan standen die Städte Tokio, Kyoto, Osaka und Kobe auf dem Programm. Hier wurden viele eindrucksvolle Bauwerke besichtigt, u. a. der Neubau eines Ein-kaufszentrums am Tag vor der Eröffnung. Die Besonderheiten der japanischen Kul-tur konnten auf dieser Reise sehr intensiv und hautnah erlebt werden, etwa die Art der Begrüßung, die Ruhe in den Verkehrsmitteln und die Disziplin der Menschen.

Im Ergebnis lässt sich festhalten, dass die besuchten Bauwerke und besichtigten Baustellen allesamt sehr beeindruckend in Erinnerung geblieben sind. Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln und direkte Kontakte zur einheimischen Bevölkerung halfen mit, ein tieferes Verständnis von Land und Leuten zu entwickeln.

Ein Infrastrukturprojekt einmaliger Größe ist der Gotthard-Basistunnel, der nach einer Bauzeit von ca. 17 Jahren im Jahr 2016 in Betrieb genommen wurde. Mit 57 Kilometern Länge ist er der längste Eisenbahntunnel der Welt und ist Teil eines gewaltigen Gesamtvorhabens, das die Modernisierung der Infrastruktur und des öffentlichen Verkehrs in der Schweiz zum Ziel hat. Im Jahr 2004 fand eine Exkur- sion zur Baustelle „Mittelangriff“ des Gotthard-Basistunnels in Sedrun, Graubün-den, Schweiz statt, einem Abschnitt von ca. 6,2 Kilometern Länge in zwei Röhren, der in ca. 800 Metern Tiefe liegt. Die Teilnehmer konnten am eigenen Leib erfah-ren, was es bedeutet, auf einer solche Baustelle zu arbeiten bzw. Leitungsfunktio-nen wahrzunehmen und haben gesehen, dass die Lehrinhalte unserer Studiengän-ge gut auf solche Aufgaben vorbereiten.

Aktuelle Baubetriebsexkursionen in Deutschland

Fachexkursionen stellen seit Gründung des Studiengangs Baubetrieb und Bau-management einen festen Bestandteil der Wissensvermittlung dar – ein unver-zichtbares Bindeglied zwischen Theorie und Praxis. Erkenntnisse aus Vorlesungen, Seminaren und Semesterarbeiten können somit durch Baustellenbesichtigungen, anschaulichen Werksführungen, Messebesuchen und praxisbezogenen Workshops erweitert, ergänzt und gefestigt werden.

Über den gesamten Verlauf des Studiums hinweg werden der Studierenden-schaft einerseits zielgerichtete und fachgebundene Exkursionen geboten, ande-rerseits dienen auch semesterübergreifende Exkursionen der weitgefächerten und interdisziplinären Wissenserweiterung im Bauwesen. Lehrinhalte der studiumsspe-zifischen Fachgebiete Baubetrieb, Immobilien-Management, Kalkulation im Bau-wesen, Bauchemie, Baukonstruktion, Baustatik, Stahlbetonbau, Baustoffkunde, Baubetriebswirtschaftslehre, Baumanagement, Ablaufplanung, Ausschreibung und Vergabe sowie Straßenbau finden auf diese Weise zusammen.

Viele Generationen an Studierenden des Studiengangs Baubetrieb und Bau-management konnten von bundesweiten Lehrfahrten profitieren und ihre daraus gewonnenen Erkenntnisse im späteren Berufsleben zielorientiert einbringen und umsetzen – ein herausragendes Merkmal unserer Absolventen.

Exkursion

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Anbei ein kleiner Auszug an innerdeutschen Exkursionszielen der vergangenen Jahre:

• Fa. Bischoff Glastechnik AG – Glasproduzent, Bretten• Fa. Otto Knecht GmbH & Co. KG – Betonfertigteilwerk, Metzingen• Fa. BASF SE – Produzent bauchemischer Stoffe, Ludwigshafen• Fa. Weisenburger Bau GmbH – Bauträger und Projektentwickler, Rastatt• Fa. MEVA Schalungs-Systeme GmbH – Betonschalungshersteller, Haiterbach• BG BAU – Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft, München• Ziegel Zentrum Süd e.V. – Ziegelgüterverband, München• bauma 2016 – Fachmesse der Bauindustrie, München• Neubau U5 – U-Bahn-Tunnelbaustelle, Berlin-Zentrum• KASIG – Untertunnelungsprojekt, Karlsruhe• BAB 100 – Neubau Bundesautobahnabschnitt, Berlin-Zentrum• HafenCity – architektonische Stadtführung, Hansestadt Hamburg• Fa. Liebherr-Hydraulikbagger GmbH – Baugerätehersteller, Kirchdorf bei Ulm• Stuttgart21-Hauptbahnhof – Baustellenführung, Stuttgart-Zentrum• Fa. Sika Deutschland GmbH – Produzent Bauchemischer Stoffe, Stuttgart • Betonfertigteilewerk Linkenheim – Hersteller von Betonfertigteilen• Fa. Freyler Industriebau GmbH – Stahl- und Industriebau• Fa. FC-Projektsteuerung GmbH – Projektsteuerung Städtisches Klinikum Karlsruhe• BSW – Badische Stahlwerke, Kehl • Neubau Flughafenterminal – Frankfurter Flughafen, Frankfurt am Main

Bergtouren und Hüttenerfahrung

Mit dem erklärten Ziel, das Zusammengehörigkeitsgefühl aller Glieder des Fachbe-reiches Baubetrieb zu fördern, wurden von Prof. em. Dr. Bernd Breunig seit 1991 mehrtägige Bergtouren angeboten. Die 1. Wanderung durch das Höllental zur Zug-spitze und im Abstieg über Schneeferner, das Zugspitzplatt und Reintal zur Part-nachklamm führte nur 2 Studierende, ein Professor und ein weiterer Teilnehmer. Angesteckt von der Bergbegeisterung, wuchs die Zahl der Wanderer von Mal zu Mal stetig an. Den Höhepunkt erlebte die Veranstaltung im Jahre 2000, als etwa 25 Studierende und Professoren mit Frauen und Kleinkindern bei schlechtestem Wetter die Überquerung des „Steinernen Meeres“ von Weißbach bei Lofer zum Königsee unternahmen.

Insgesamt führten die Wanderungen neben den bereits genannten Zielen weiter in das Allgäu (Heilbronner Weg), in die Brentadolomiten (Via delle Boccette alte), in den Rosengarten (Besteigung des Kesselkogels und Aktivistenklettertouren an den Vajolettürmen), in den Sellastock (Pisciadu- Klettersteig und Ersteigung des Piz Boè) und vom Villnösstal (Peitlerkofel) über die Berge der Geißlergruppe ins Grödnertal, zum Uralt- Bergwerk am Schneeberg bei Sterzing und über den Blauschnee zum Säntis im Appenzeller Land.

Wir bestiegen den Säntis, den Monte Baldo und die Schesplana, besuchten das Verwall, die Tannheimer Berge und das Lechquellengebiet. Später bestiegen wir die Lechtaler Berge und den Bregenzer Wald, wir waren im Allgäu und in Lenzerheide/Arosa, zweimal in den Ötzthaler Alpen, im Stubai- und Zillertal und 2018 wiederum an der Zugspitze.

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Das „Aufeinander-angewiesen-sein“ und die gegenseitige Hilfe und Unterstüt-zung bei einer Bergtour hat so manche Studienbekanntschaft zu einer Bergfreund-schaft und Lebensgemeinschaft reifen lassen, was unter dem Aspekt der „Alum-nenhochschule“ einen Wert „an sich“ darstellt.

Die Hüttenabende boten nicht nur Gelegenheit, nach den Anstrengungen des Aufstieges die „Seelen baumeln zu lassen“, in Erinnerungen zu schwelgen, sich gegenseitig von bisher unbekannten Seiten kennenzulernen und fachliche und/oder zwischenmenschliche Beziehungen zu begründen. Wie sich gezeigt hat, sind abseits des Alltags gewonnene Hüttenerfahrungen gelegentlich haltbarer als so manche Ehe.

Es hat sich außerdem gezeigt, dass die „Gott-sei-Dank“-unfallfreien Touren das Zusammengehörigkeitsgefühl der Teilnehmer nachhaltig fördern konnten, was das spätere „Aufeinanderzugehen“ im Beruf erleichterte, denn leider nicht alle Ab- solventen pflegen nach dem Examen den regelmäßigen Kontakt zu ihrer alten „Alma Mater“.

Fußballturnier-Baubetrieb: eine neue Tradition

Was einst nur ein schöner Gedanke zur Förderung des sozialen Miteinanders war, ist heute längst eine neue Tradition – das Fußballturnier am Studiengang Bauma-nagement und Baubetrieb!

Seit nunmehr 8 Semestern treffen sich Professoren, Mitarbeiter und Studie-rende unter der Federführung von Herrn Prof. Dr. Lange in steter Regelmäßig-keit zum sportlichen Wettstreit um den heiß begehrten Pokal. Dabei werden Fair Play, Teamfähigkeit und der berühmte olympische Gedanke besonders großge-schrieben. Mittlerweile wurde das Turnier zu einer kleinen Nebentradition avan-ciert, denn das anschließende gemeinsame Miteinander zeigt – sei es am Grill, im Restaurant oder einfach nur bei einem gemeinsamen Bier am Spielfeldrand – dass es um mehr geht, als nur Fußball.

Der große Erfolg des Fußballturniers lässt sich dabei nicht allein an der stetig steigenden Nachfrage seitens der Studierenden ermessen, sondern allem voran auch an den im sportlichen Miteinander erwachsenden Freundschaften.

An dieser Stelle sei erwähnt, dass die regelmäßige Austragung des Turniers unter anderem durch die freundliche Unterstützung und finanzielle Förderung durch den „Freundeskreis Baubetrieb und Baumanagement“ möglich ist.

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Baubetrieb morgen

BIM und Digitalisierung im Baubetrieb

Referent: Dipl. Kaufmann Reinhard Blaurock

Wandel der RahmenbedingungenIndustrie 4.0, Society 5.0 – das sind Schlagworte, die die Wirtschaft weltweit

umtreiben. Effizienz ist gefordert, bei gleichzeitiger Reduzierung von Redundanz und dem Verhindern vermeidbarer Kosten. Auch bei Planung und Bau verändern sich die Rahmenbedingungen – ganz im Sinne bestmöglicher Koordination unter-schiedlicher Gewerke. Darüber hinaus hört man in der Branche ein Zauberwort, das den kompletten Bauvorgang neu denkt: „Building Information Modeling“ kurz „BIM“ genannt. Dabei werden alle relevanten Daten eines Gebäudes digital model-liert, kombiniert und erfasst. Das Gebäude wird als virtuelles Gebäudemodell auch in seiner Geometrie visualisiert.

Die BIM-Methodik mit der transparent-kooperativen Arbeitsweise setzt den entscheidenden Stellhebel für die wirtschaftlich-effiziente Entwicklung, Planung, Realisierung und den Betrieb von zukunftssicheren Gebäuden.

Der Vorteil des Kunden: Bauprojekte können in Punkto Zeit, Qualität und Kosten noch viel verlässlicher und klarer umgesetzt werden. Doch gerade weil Normen und Standards weiterhin an vielen Stellen Mangelware sind, ist BIM für das Gros der Baubeteiligten noch nicht einwandfrei greifbar und eindeutig.

Digitale Kollaboration mit open-BIM Worin besteht der Mehrwert von BIM? Ein kurzer Blick zurück:

Aufgrund fehlender Rechnerleistungen und nicht kompatibler Softwaresys-teme waren die Anwender zu Beginn der 2000er-Jahre zunächst gezwungen, closed-BIM anzuwenden. Der Prozess war auf eine einheitliche Software abge-stimmt und setzte voraus, dass alle Bau- und Projektbeteiligten mit derselben arbeiten. Der Vorteil war dann ein schneller und einfacher Austausch von Infor-mationen und die Koordinierung von Fachmodellen. Der Nachteil von closed-BIM ist die fehlende Flexibilität. So war beispielsweise die Einbindung von externen Planungsbeteiligten, die nicht mit systemkonformer Software arbeiten, unmöglich.

Das Gegenstück zu closed-BIM ist nun open-BIM. Statt Abschottung und Aus-grenzung, weil die Planungs- und Baubeteiligten unterschiedliche Softwaresyste-me besitzen, ist Kollaboration das Gebot der Stunde. Der Daten- und Informati-onsaustausch findet auf einer Kollaborationsplattform statt, wodurch Mehrwert – ja sogar mehr Mehrwert – generierbar ist.

Mehr Mehrwert generierenNach der Entwurfsphase und einem stabilen sogenannten „Idealen Layout“ star-

tet der Weg zum dreidimensionalen Gebäudemodell, dessen Einzelelementen eine individuelle Vielzahl an Informationen angeheftet wird. Aus diesen Informatio-nen können Reports erstellt werden, die automatisch in eine Terminplanung und Kostenkalkulation überführt werden können. Das spart nicht nur außerordentlich viel Zeit, vor allem bei Änderungen des Gebäudes können zudem die Termine und Kosten sehr schnell nachgeführt werden.

Die Möglichkeit, die Lebenszyklus- oder Energiekosten eines Gebäudes in Funk-tion und Betrieb schon digital vor jeder Realisierung verlässlich zu simulieren, um damit die Entscheidungsbasis für Materialen, Baustoffe und Haustechnik trans-parent an die Hand zu geben, bietet einen Experteneinblick, den Bauherren und Nutzer so niemals hatten.

Kollisionen und Zwangspunkte können mit BIM und einem Koordinationsmodell frühzeitig erkannt und behoben werden. Ein klassisches Beispiel ist der Lüftungs-kanal, der durch das Haupttragwerk führt. Studien belegen, dass die optimale Koordination von Prozessen und Arbeitsabläufen im Planungs- und Bauverlauf ein Optimierungspotenzial in Höhe von 85 % eröffnet. Sinnvoll strukturiert und digital gestützt können Bauprojekte einen enormen Schub erleben im Hinblick auf Zeit, Kosten und Qualität. Wo in der Vergangenheit das gleiche Gebäude mehrfach modelliert und bei Änderungen mühselig nachgeführt werden musste, kann das Modell zeitnah digital ausgewertet, abgeglichen und in seinen Parametern ange-passt werden.

Die digitale Baustelle verlangt zukunftsweisende GeschäftsmodelleBisher waren Wissensverluste und Doppel- oder gar Dreifacharbeit in Baupro-

jekten aufgrund eines sequentiellen Abarbeitens von Leistungsphasen toleriert bzw. nicht erkannt worden. Jetzt setzt auf der Datenautobahn in Richtung Zukunft die digitale Arbeit in Echtzeit „zum Überholen“ an. Wissen wird transparent geteilt und die beste Variante wird schrankenfrei mit allen Planungs- und Baubeteiligten gemeinsam erarbeitet. Ganz im Sinne des Projekterfolgs.

Dass diese veränderte Herangehensweise an jahrzehntealten gültigen Stan-dards rüttelt, ist unabdingbar. Die strikte Trennung von Planung und Bau ist ein Beispiel. Die zur Verfügung stehende Software und Technologie kann den kolla-borativen BIM-Erfolg schon heute abbilden. Die gewünschte und erhoffte Effizi-enz ist allerdings nicht ohne Anpassung und Modernisierung der Unternehmens- und Führungsstrukturen möglich. Auch die Unternehmensführung muss im Zuge der Digitalisierung durch BIM ein neues Zeitalter einläuten. Viele Unternehmen beschäftigen sich zunehmend mit der Gestaltung der digitalen Baustelle durch schlanke Prozesse, in der durch Lean Management die Effizienz des gesamten Wertschöpfungsprozesses zunehmend in den Fokus rückt.

Symposiums-Beitrag

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Die Erkenntnis über die Effizienzpotenziale geht einher mit einem Umdenken in der Art und Weise, wie wir in Projekten zusammenarbeiten. Dies gilt für alle pla-nungs- und baubeteiligten Anwender wie auch für Entscheider. Aus dem Entschei-der wird der Moderator und Coach. Agilität und Mitdenken sind gefragt und dabei der Spagat zwischen der Freiheit des Einzelnen mit seinen Ideen und der Ordnung des Ganzen mit dem primären Projektziel. Chancen und neue Möglichkeiten sind der Erfolg.

In der Transformation analoger in digitale Geschäftsmodelle besteht für alle Un-ternehmen zugleich Handlungsbedarf.

Die nachhaltige, auf Innovation und Wachstum ausgerichtete Strategie mit Handlungsoptionen ist herzustellen. Auch vor dem Hintergrund kurzer Innovati-onszyklen ist die beständige Erneuerung der Wachstumsgarant. Dabei wird „Target Value Engineering“ oder einfacher ausgedrückt „Vom Ende her denken“ bei der Schaffung digitaler Geschäftsmodelle an Bedeutung gewinnen. Die Planungs- und Bauwirtschaft steht hier sicherlich am Beginn. Andere Branchen zeigen bereits deutlich die Potenziale und Chancen auf. So hat der Automobilbau vor Jahrzehn-ten in der stationären Industrie den Wandel der Fertigung eingeläutet. Wir stehen an der Schwelle. Der schmerzhaft spürbare Fachkräftemangel und das zugleich erfreulich hohe Auftragspotenzial verleihen der Entwicklung Dynamik. Das Gute: Die Auftragslage schafft das tragfähige Fundament für die Generierung neuer digitaler Geschäftsmodelle. Es ist an der Zeit: Nutzen und Mehrwert für Kunden und für die Branche liegen auf der Hand.

Referent:Dipl.KaufmannReinhardBlaurock

Baubetriebliche Kernkompetenzen im ÖPP-Projekt VIA A6

Referent: Dipl. Ing (FH), Dipl. Wirtschaftsing. (FH) Alexander Hofmann

Die Bundesautobahn A6 ist mit einer Gesamtlänge von 484 Kilometern Teil der wichtigsten europäischen Ost-West-Verbindungen zwischen Frankreich und Mittel- bzw. Osteuropa und eine der meist befahrensten in Süddeutschland. Für das ÖPP-Projekt „Verfügbarkeitsmodell BAB A6 AS Wiesloch/Rauenberg – AK Weinsberg“ wurden dem Auftragnehmer – der Projektgesellschaft ViA6 West GmbH & Co. KG – ab dem 1.1.2017 für einen Zeitraum von 30 Jahren Planung, Bau, Betrieb und Erhaltung der Projektstrecke auf Basis eines umfassenden Lebenszyk-lusansatzes übertragen.

Welche baubetrieblichen Herausforderungen stellen sich bei einem derart großen und komplexen Projekt? Alle Fachbereiche der Baubetriebslehre sind in-volviert und gefordert: Ausschreibung, Vergabe und Abrechnung (AVA), Konst-ruktiver Ingenieurbau, Tiefbau, Fertigungstechnik, Fertigungsplanung, Bau- und Vertragsrecht, Datenverarbeitung, Kosten- und Preisermittlung, Rhetorik und Verhandlung, und vieles mehr.

Ausschreibung, Vergabe und Abrechnung (AVA) spielen bei ÖPP-Projekten eine besondere Rolle. Das Vergabe-Verfahren ist sehr lang und umfangreich. Es führt zu der Auswahl des wirtschaftlichsten Angebotes und zu einer für beide Vertragspartien optimierten Risikoverteilung. Im Herbst 2014 erfolgte die Ver-öffentlichung der Ausschreibung für das Projekt. Im Anschluss fand im Rahmen eines Präqualifizierungsprozesses die Auswahl von 4 Bewerbergemeinschaften statt, bevor im Januar 2015 die Veröffentlichung der Vergabeunterlagen erfolgte. Bis zum 14.12.2015 hatten die Bewerber die Möglichkeit, nach bis zu 2 Fragerunden ein erstes Angebot abzugeben. Die Angebote wurden geprüft und im März 2016 die 2 bevorzugten Bieter benannt. Diese beiden Bieter hatten in 2 Verhandlungs-runden die Chance, über die Anpassung des ausgeschriebenen Vertrages mit der Vergabestelle zu verhandeln. Im Juli 2016 wurden sie dann aufgefordert, ein letzt-verbindliches Angebot – das sogenannte Best and Final Offer (BAFO) – einzurei-chen. Am 21.10.2016 erfolgte der Zuschlag an den erfolgreichen Bieter, die ViA6 West GmbH & Co. KG.

Konstruktiver Ingenieurbau, Tiefbau, Fertigungstechnik, Fertigungsplanung sind die Themen der Leistungsphase Planung und Bau. Die Verantwortung für die gesamte Ausführungsplanung und für den Ausbau von 47,2 km Autobahn, inklu-sive der verschiedenen Bauwerke, obliegt dem Auftragnehmer. Die Autobahn zwischen Wiesloch Rauenberg und Sinsheim sowie zwischen Bad Rappenau und Neckarsulm ist auf 6 Fahrbahnspuren und Seitenstreifen zu erweitern und das alles unter Aufrechterhaltung des Verkehrs. Wichtigstes Einzelbauwerk ist der Neck-

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artalübergang bei Heilbronn-Neckarsulm. Das Gesamtbauwerk ist mit 1.326 Metern und einer Brückenfläche von insgesamt ca. 40.000 Quadratmetern der größte und längste Brückenzug in Baden-Württemberg. Am östlichen Ufer überführt sie die Lan-desstraße 1101 mit der parallel verlaufenden Bahnstrecke von Heilbronn nach Neckarsulm. Im Westen beginnt das Bauwerk mit einer dreifeldrigen, 311 Meter langen Balkenbrücke aus Spannbe-ton. Der Neckar wird mit einer zweifeldrigen, 260 Meter langen Balkenbrücke aus Stahl überspannt.

Betriebsdienst, Erhaltung und Winterdienst sind ebenfalls

Vertragsgegenstand. Für die Erbringung der Betriebsdienst-leistungen auf der Projektstrecke A6 wurde die Betriebsgesell-schaft ViA6West Service GmbH & Co. KG mit den Gesellschaf-tern „HOCHTIEF“ und „JOHANN BUNTE“ gegründet. Seit dem 1.5.2017 erfüllt diese im Auftrag der Projektgesellschaft ViA6West die Aufgaben des Betriebsdienstes weitgehend mit eigenen Ressourcen. Der Betriebsdienst stellt die dauerhaft gefahrlose Nutzbarkeit der Projektstrecke sicher und ist für die Erfüllung der Verkehrssicherungspflicht verantwortlich. Ne-ben dem Betrieb der PWC-Anlagen sind Sofortmaßnahmen am Straßenkörper, Grünpflege, Wartung und Instandhaltung der Straßenausstattung, Reinigung, Winterdienst, Streckenkontrolle sowie die Absicherung von Gefahrenstellen zu leisten. So stellt die ViA6West Service auf rund 47 Kilometern über eine Laufzeit von 30 Jahren die Einhaltung der Reaktionszeiten und Qualitätsstandards sicher. Dafür wird die Projektgesellschaft zukünftig einen eigenen Betriebshof im Bereich Bad Rappenau errichten. Im Rahmen der betrieblichen Erhaltung wird die Projektstrecke zudem ständig kontrolliert und gewartet.

Bau- und Vertragsrecht sind insbesondere auch für die Finanzierung des Projek-tes mit einem Volumen von 1,3 Mrd. Euro relevant. Die Verteilung der Projektrisi-ken auf den Partner, der sie am besten/am wirtschaftlichsten tragen kann, ist die Grundlage für eine wirtschaftliche Finanzierung. Diese basiert auf einer Projektfi-nanzierung, die sich aus mittelfristigen kommerziellen Darlehen, einer langfristigen Projektanleihe, einem Instrument der Europäischen Investitionsbank (EIB Fazilität) sowie Eigenkapital der Mitglieder des Bieterkonsortiums (30 % HOCHTIEF PPP Solutions; 50 % DIF; 20 % JOHANN BUNTE) zusammensetzt. Um die Investitionen zu refinanzieren, erhält der private Partner während der Betriebsphase monatliche, von der Verfügbarkeit der Projektstrecke abhängige Entgelte. ViA6West hat somit großes Interesse an einem guten Zustand der Autobahn, einer hohen Verfügbar-keit sowie der Erfüllung aller ihr übertragenen Aufgaben. Von den Einnahmen der Projektgesellschaft sind sämtliche Bau-, Betriebs- und Erhaltungskosten sowie die laufenden Kosten der Gesellschaft zu decken. Die Rückzahlung des Fremd- und des Eigenkapitals erfolgt langfristig bis zum Ende der Projektlaufzeit.

Allgemeine Projektdaten

Jahre Vertragsdauer: 30 JahreProjektstrecke: 47,2 kmAusbaustrecke: 25,4 kmLänge OPA (lärmmindernder Asphalt): 19 kmFahrzeuge pro Tag: ca. 100.000Winterdienst: 48,9 kmZusätzliche Lärmschutzwände: 13 km

Umbau der Anschlussstelle Heilbronn/NeckarsulmBetrieb Autobahnmeisterei: 1 (zuerst in Sinsheim, ab vsl. 2018 in Bad Rappenau)Erweiterungen der Rastanlagen: 4Brückenbauwerke auf der gesamten Strecke: 68Neu zu bauende Brücken im Ausbauzeitraum (Ersatz): 36Neu zu bauende Brücken im Erhaltungszeitraum (Ersatz): 9

Zukünftige Neckartalbrücke Neckarsulm/Heilbronn im Entwurf (Bild: LAP-BUNG-Schüßler-Plan)

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Kosten- und Preisermittlung sowie Datenverarbeitung bieten über den gesam-ten Projektzeitraum von Beginn der Akquisitionsphase an zentrale Instrumente für das Projektmanagement und die Grundlage für alle wichtigen Entscheidungen. Die Kalkulation großer Projektfinanzierungen basiert auf komplexen Tabellenkalkula-tionen, die alle wichtigen Kennzahlen abbilden und über die Laufzeit regelmäßig aktualisiert werden. Zudem spielt das sogenannte Building Information Modeling (BIM) zunehmend eine wichtige Rolle. Hier werden alle erforderlichen Pläne, Bilder und weitere Daten zusammengeführt, um ein optimales langfristiges Management der Autobahn zu gewährleisten und Kosten- und Terminsicherheit sicherzustellen.

Rhetorik und Verhandlung sind nicht nur im Verhandlungsverfahren eines sol-chen Projektes wichtig, sondern insbesondere auch dann, wenn es um die Rea-lisierung und die Einbindung der verschiedenen Stakeholder geht. Der Bau gro-ßer Infrastrukturprojekte steht in Deutschland häufig in der Kritik, insbesondere der direkt Betroffenen. In den Niederlanden widmet man sich auf Projektebene bereits seit Jahren proaktiv den Interessen des Umfeldes. Man spricht dort von Omgevingsmanagement. Auch der Auftraggeber bei der A6 legt höchsten Wert auf die Einbindung der Bevölkerung in das Projekt. Dies erfordert eine breite Öf-fentlichkeitsarbeit, engen Kontakt zu den Anwohnern, Gemeinden, Kommunen und Städten sowie den durch den Ausbau betroffenen Unternehmen und Verbänden. Hierfür hat die Projektgesellschaft eine eigene Stelle geschaffen, damit sich ein Mitarbeiter durchgängig um die Bedürfnisse und Ängste des Umfeldes kümmern kann. Neben kontinuierlicher Presse- und Öffentlichkeitsarbeit sowie Anwohner-kommunikation gibt es seit Juli 2017 in Heilbronn ein Informations- und Besucher-zentrum. Interessierte können sich mittels eines Formulars auf der Website der ViA6West (www.via6west.de) für Vorträge und Baustellenbesuche anmelden.

Gerade am Beispiel des Ausbaus der BAB A6 zwischen der Anschlussstelle Wies-loch/Rauenberg und dem Autobahnkreuz Weinsberg als sogenanntes Verfügbar-keitsmodell zeigt sich, wie vielfältig die Aufgaben für einen Auftragnehmer sein können. Diese Aufgaben können nur wirtschaftlich gelöst werden, wenn es gelingt, die Erfahrung und das Können vieler Spezialisten zusammenzubringen. Hierfür bedarf es Generalisten, die verstehen, was die Spezialisten zu leisten im Stande sind und die es schaffen, das jeweilige Potenzial zu heben. Ein klarer Fall für den Baubetriebler!

Referent:Dipl.Ing(FH),Dipl.Wirtschaftsing.(FH)AlexanderHofmann

Symposiums-Beitrag

Übertragung von Lean Prinzipien auf Großprojekte

im SpezialtiefbauReferent: Dr.-Ing. Konrad Nübel

Großprojekte in der Bauwirtschaft sind faszinierend. Selbst auf nicht-Fachleute üben sie eine große Anziehungskraft aus und entwickeln sich nicht ohne Grund häufig sogar zu touristischen Attraktionen. Von außen betrachtet ist sofort zu erkennen, dass bei der Vielzahl an parallel ablaufenden Bauaktivitäten ein hohes Maß an Planung und Koordination erforderlich ist.

Von innen betrachtet ist ein wesentliches Element der Projektsteuerung die Terminplanung. Ein Terminplan ist jedoch immer nur eine Momentaufnahme der geplanten Abläufe, die auf einer Vielzahl an Annahmen beruhen. Diese Annahmen bzw. Randbedingungen ändern sich, insbesondere bei Großprojekten, im Verlauf der Arbeiten ständig, bspw. durch Verzögerungen in der Zulieferung, Änderungen in der Planung oder insbesondere im Spezialtiefbau durch unterschiedlich ange-troffene Boden- bzw. Felseigenschaften. Daher ist es eine integrale Aufgabe der Projektsteuerung auf geänderte Rahmenbedingungen schnell zu reagieren und immer wieder die Terminplanung anzupassen.

Je größer allerdings die Abhängigkeiten der unterschiedlichen Bauaktivitäten untereinander sind, umso komplexer wird die Nachsteuerung der Terminplanung. Dreht man an der einen Schraube, bewegt man zahlreiche andere Schrauben im Getriebe mit. Daher müssen Methoden und Entscheidungskriterien angewendet und weiter entwickelt werden, die eine solche Nachsteuerung ermöglichen, ohne das Gesamtgefüge aus dem Gleichgewicht zu bringen.

Eine Methodik, die in anderen Industriezweigen als äußerst wirkungsvoll zur Steu-erung und Optimierung von komplexen Produktionsaufgaben angewendet worden ist und wird, ist das sogenannte „Lean Production“ bzw. „Lean Management“. Dar-unter wird im Allgemeinen ein Konzept verstanden, mit Hilfe dessen eine gesamt-heitliche Steuerung und Optimierung von Produktionsprozessen stattfinden kann. BAUER hat damit in der Maschinenproduktion bereits viel Erfahrung gesammelt und ist nun dabei die Methode auch in die Bauabwicklung des Spezialtiefbaus zu übertragen. „Lean Construction“ Prinzipien fließen dabei in die neu-Definition der Arbeitsprozesse ein.

Die Ursprünge von „Lean Production“ (schlanke Produktion) liegen in der Au-toindustrie. Im Bauwesen hat sich hierfür der Begriff „Lean Construction“ etab-liert. So vielfältig die Landschaft der industriellen Fertigung ist, so vielfältig sind die unterschiedlichen Ausprägungen zum Verständnis von Lean. Eine der gängigsten Erläuterungen ist diese:

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„Werte ohne Verschwendung zu schaffen“, das heißt, „alle Aktivitäten, die für die Wertschöpfung notwendig sind, optimal aufeinander abzustimmen und über-flüssige Tätigkeiten zu vermeiden“. Die gedankliche Entflechtung der hohen Kom-plexität von Produktionsaufgaben kann durch die Darstellung der Abläufe als Pro-zesse erfolgen.

In der Baupraxis kann die Herstellung eines Bohrpfahls beispielsweise in einzelne Arbeitsschritte zerlegt werden, die miteinander verknüpft sind. Für die Gesamt- effektivität der Herstellung ist eine hohe Bohrgeräteleistung erforderlich, es spie-len aber noch andere Kriterien eine Rolle. Die punktgenaue Anlieferung des Be-wehrungskorbs und des Betons beeinflussen den Gesamtprozess ebenso, wie die termingerechte Herstellung der Bohrschablone oder die Baufreigabe. Hier sind wir wieder bei der Terminsteuerung. Der Projektleiter muss sich nicht nur um die Effektivität des Bohrgeräts kümmern, sondern muss auch terminlich und qualitativ „alle Aktivitäten“, die zur Pfahlherstellung notwendig sind „aufeinander abstim-men“.

Im Rahmen von Lean Construction erfolgt das „aufeinander Abstimmen“ anhand der folgenden Prinzipien, die auf die Ursprünge des Lean Production zurückgehen, sich aber auch gut in die Bauproduktion übertragen lassen:

Durchgängiger Fluss von Material und Information Dieses Prinzip geht ursprünglich auf die Fließbandproduktion zurück. In der Bau-produktion bedeutet dies zum einen, einen kontinuierlichen Fluss der Gewer-ke zu sichern, zum anderen einen durchgängigen Fluss aller Informationen vom Design bis zum einzelnen Prozessschritt in der Bauproduktion zu gewährleisten.

Takten von Planungs- und Produktionsabläufen Dieses Prinzip verbessert die gesamte Bauproduktion erheblich. Eine Baustelle, die einen klar definierten Arbeitstakt hat, kann wesentlich effizienter organisiert werden. Die Arbeitsschritte („Takt“) werden von der Produktion her festgelegt, z.B. eine Bohrpfahlbohrung, und alle vor- und nachfolgenden Prozesse (Beton, Bewehrung, etc.) werden im selben Takt ausgerichtet.

Konsequenter Fokus auf die Bauaufgabe (Kundenwunsch), alles andere wird „nach-gezogen“Die praktische Erfahrung zeigt, dass eine streng deterministische Steuerung von Baustellen nicht machbar ist, auch wenn manche Kunden dieses gerne hätten. Vielmehr müssen alle Prozesse auf die praktischen Anforderungen vor Ort aus-gerichtet werden. Es hilft wenig, Termine zu setzen, die produktionstechnisch nicht umsetzbar sind. Die Terminplanung und Planung der Materialzulieferung erfolgt von der Produktionsaufgabe her rückwärts in der Zeitachse.

Null Fehler Konsequente Qualitätskontrolle des Produktes und der Prozessschritte wäh-rend der Herstellung. Je weiter der Fehler nach hinten verschleppt wird, umso teurer wird dessen Behebung.

Diese Prinzipien sind eine gedankliche Hilfestellung, um Prozesse auf Baustellen besser steuern und verbessern zu können. Ein weiterer Aspekt von Lean Produc-tion ist die bereits erwähnte Vermeidung von Verschwendung, d.h. der Anteil der Tätigkeit, der offensichtlich keinen Wertzuwachs für das Produkt bringt zu reduzie-ren. Dabei können ebenfalls die aus der stationären Industrie stammenden sieben Arten der Verschwendung in die Baupraxis übertragen werden:

Überproduktion Überkapazitäten PlanungsaktionismusTransport unnötige Materialbewegung unnötige PlanungsschnittstellenBestände Material- und Gerätebestände überflüssige AnforderungenBewegung unnötige Prozessschritte Suchen von InformationenWarten Ausfallzeiten nicht synchrones PlanenFalsche Technologie unproduktives Bauverfahren falsche PlanungstiefeNacharbeit durch Fehler in der Produktion durch Fehler in der Planung

Sieben Arten der Verschwendung Bauproduktion Produktionsplanung

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Setzt man diese Prinzipien sehr konsequent um, ergeben sich konkrete Lösungsansätze für die Baupraxis. Am Beispiel der Termin-planung, d.h. auch Bauablaufplanung, lässt sich das gut veranschau-lichen.

Das Fließprinzip bedeutet, dass der Produktionsfluss, beispiels-weise bei der Pfahlherstellung, inklusive aller Materialzulieferungen stetig erhalten bleiben muss. Das lässt sich am besten gewährleis-ten, wenn sich die Baustelle in einem regelmäßigen Produktionstakt befindet. Die Materialzulieferung von Beton und Bewehrung lässt sich dann terminlich taktgenau organisieren. Auch die Zulieferung von Verschleißteilen ist wichtig, wobei unnötige Bestände auf der Baustelle teuer sind. Idealer Weise wird die Bestellung unter Berück-sichtigung der Lieferzeit erst ausgelöst, wenn der konkrete Bedarf vorhanden ist (Zieh-Prinzip). Qualitätskontrollen finden bei BAUER z.B. mit Hilfe des B-Project Systems unmittelbar bei der Herstellung statt (Null Fehler-Prinzip). Mit Hilfe der sieben Arten der Verschwen-dung können auf der Baustelle Maßnahmen abgeleitet werden, um die Produktionsprozesse kontinuierlich zu verbessern. BAUER un-terstützt dabei in zunehmendem Maße das Datenmanagment durch Produktionsdaten, die über zahlreiche Maschinensensoren erfasst und systematisch ausgewertet werden.

Lean Construction wird bei BAUER dazu beitragen, die heraus-fordernden Aufgaben bei Großprojekten strukturiert anzugehen, die Baumaschinen und Arbeitsleistungen hoch effektiv einzusetzen, flexibel auf die Anforderungen zu reagieren und durch Termintreue sowie qualitativ hochwertige Produkte zusätzliche Werte für den Kunden zu schaffen.

Referent:Dr.-Ing.KonradNübel

Internationale Großbaustelle BAUER Spezialtiefbau GmbH

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Baubetrieb morgen

ZukunftsvisionenBaubetrieb in 50 Jahren, wie könnte dies

aussehen? Welche Zukunftsvisionen haben wir heute und in welche Richtung

lohnt es sich die Lehre zu entwickeln?

Baubetrieb in 50 Jahren, wie könnte dies aussehen? Welche Zukunftsvisionen haben wir heute und in welche Richtung lohnt es sich die Lehre im Baubetrieb zu entwickeln? Vorab seien 3 Hypothesen als Annahmen gesetzt in deren Rahmen die Zukunftsvisionen zu verstehen sind. Dies beinhaltet die folgenden Annahmen:

Annahme 1: Auch in 50 Jahren wird noch gebaut und das Bauvolumen wird in der Summe nicht geringer sein als heute. Es ist unwahrscheinlich, dass die Bevöl-kerungszahl aufgrund von Zuwanderung und aktueller Geburtenrate in Deutsch-land signifikant zurückgeht. Zugleich haben die Menschen insbesondere in Städten schon seit Jahrhunderten gebaut, Immobilien und Bauwerke saniert, abgerissen und wieder neu gebaut getreu des Mottos „wir bauen auf und reißen nieder, dann gibt es Arbeit immer wieder“. Die gute Prognose ist demnach, dass es auch in Zukunft einen Markt für Planungs- und Bautätigkeiten geben wird, wenngleich die Art des Bauens sich durchaus ändert.

Annahme 2: Auch in 50 Jahren werden Baubereiche wie Spezialtiefbau und Grundbau im Erdreich tätig sein. Demnach wird auch dann weiterhin die Baupro-duktion mit unvorhersehbaren Faktoren konfrontiert sein, wie Witterungseinflüsse oder komplexe Bodenbeschaffenheiten. Auch in Zukunft wird es noch schlammige Baugruben geben, Dreck auf Baustraßen und die Digitalisierung innerhalb der Bau-produktion wird auch dann noch anders aussehen als in der Automobilfertigung. Diese Bodenständigkeit wird auch in Zukunft ihre eigenen besonderen Herausfor-derungen für die Bauproduktion mit sich bringen.

Annahme 3: Auch in 50 Jahren leben wir in Europa noch im Frieden und ha-ben ein stabiles Wirtschaft- und Gesellschaftssystem. Im Blick auf die Geschichte Europas ist dies nicht selbstverständlich und bleibt ein schützenswertes Gut, das zugleich maßgebend für eine gesunde und wohlstandsfördernde Entwicklung auf diesem Kontinent ist. Sofern dies der Fall ist, sei die These, dass die Arbeitskraft von Hochschulabsolventen im Baubetrieb auch in 50 Jahren nicht billiger ist als heute und der Kostendruck auf Planung, Bauproduktion und Immobilienbewirtschaftung auch in Zukunft ansteigen wird.

Basierend auf diesen genannten Prämissen sind die folgenden Zukunftsszenarien und deren Implikationen für den Baubetrieb zu verstehen:

Zukunftsausblick 1HSE in 50 Jahren auf deutschen Baustellen: Elektro-Baumaschinen und Safety-Rating

Die Diskussion bezüglich des Verbots von Fahrzeugen mit Diesel- und Verbren-nungsmotoren in Städten wird sich nicht nur auf PKWs beschränken. Auch LKWs und Baumaschinen werden in 50 Jahren auf Elektromotoren oder anderen erneu-erbaren Antriebssystemen basieren. Schon heute gibt es Hybrid-Hydraulikbag-ger mit gekoppeltem Elektro- und Dieselantrieb. Dabei wird u. a. die Energie der Abbremsvorgänge bei jedem Schwenkvorgang in elektrische Energie rückgewon-

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nen, um damit eine Batterie zu laden und Energie für die nächsten Schwenkvor-gänge wieder frei zu setzen. Der Druck hinsichtlich Umweltanforderungen aus der Gesellschaft und Politik wird weiter so wachsen, dass auch die Baumaschinenin-dustrie sich danach ausrichtet und verändern muss. In 50 Jahren werden die Immissionsschutzverordnung und das Abfallrecht in Deutschland mit höheren Auflagen und einheitlichen Schwellenwerten und Standards in Deutschland um-gesetzt. Diese Entwicklung wird durch 2 Richtungen angetrieben. Die Richtung des Umweltschutzes und die Richtung der Sicherheit auf Baustellen. Schon heu-

te merken deutsche Bauunternehmen die auch international tätig sind, dass auf ausländischen Baustellen vielerorts wesentlich höhere Sicherheitsstandards ge-fordert und gelebt werden, als derzeitig in Deutschland. Die Kontrolle dazu wird in 50 Jahren nicht mehr über stichprobenartige Checks von SiGeKos stattfinden. Denkbar ist z. B., dass versicherungstechnisch, gesetzlich oder von Bauherren ge-fordert wird, dass auf jeder Baustelle ab einem bestimmten Schwellenwert (z. B. mehr als 50 Millionen Euro) mindestens eine Vollzeitfachkraft als Sicherheits- koordinator 100% vor Ort sein muss. Und dass es ein für Baustellen in Deutschland oder EU-weit einheitliches Sicherheitsratingsystem geben wird. Bauunternehmen

würden dann im Fall von Verstößen gegen die Sicherheit in einer zentralen europa- weiten Datenbank gespeichert und bewertet werden. Schlechte Bewertungen führen dann bei öffentlichen Vergaben zum Ausschluss. Für den Baubetriebler von morgen wird dies zwei Implikationen haben. Zum einen wird die Rolle des Sicherheitskoordinators stärker in den Mittelpunkt rücken. Gleichzeitig ist dann zu erwarten, dass Bauunternehmen sich selbst höchste HSE-Standards freiwillig auferlegen, da sie sonst zukünftige Aufträge riskieren. Zum anderen wird die Bau-maschinenindustrie sich wandeln, d. h. die einzelnen Baumaschinen werden noch stärker miteinander zu Fertigungsnetzwerken verknüpft sein und über digitale Planbereitstellung (BIM 10.0?) die Soll-Ist-Produktionsdaten direkt abgleichen. Dann wird den drei bekannten Projektmanagementkriterien Preis, Qualität und Zeit eine vierte Komponente gleichgestellt: HSE (Health-Safety-Environment). Das heißt, die Zukunftsfähigkeit eines Bauunternehmens wird dann innerhalb des Baubetriebs wesentlich davon bestimmt, welche nachhaltige Maschinenauswahl, Vernetzungskompatibilität, Digitalisierung und Sicherheitskonzepte geplant und umgesetzt werden. Elektrobaumaschinen mit Immissionswerten kleiner 50% von den heutigen Vorschriftswerten sowie höchste HSE-Standards sind in 50 Jahren auf deutschen Baustellen kein „nice-to-have“-Kriterium, sondern werden zu einem entscheidenden Faktor für ein Bauunternehmen um längerfristig „in“ anstatt „out of business“ zu sein.

Zukunftsausblick 2Die Rolle des Projektsteuerers wird innerhalb der nächsten 50 Jahre weiterent-wickelt zum technisch-betriebswirtschaftlichen Bau-Mediator. Dadurch verändert sich die Relevanz der Rolle der Baujuristen.

Was wäre, wenn es dann keine HOAI mehr gibt und keine VOB und wenn es gesetzlich geregelt wäre, dass Streitigkeiten in Planungs- und Bauprojekten grund-sätzlich über ein Mediationsverfahren zu lösen sind? Und nur wenn innerhalb der Mediation nach 2 Jahren noch keine Lösungen gefunden wurde, dann ein gericht-liches Urteil über die Reststreitsumme entscheiden zu lassen?

Nicht nur das Volumen der per-se nicht wertschöpfenden Rechtsstreitigkeiten würde dadurch in Deutschland reduziert. Auch das Berufsbild des Projektsteue-rers würde sich ändern und in Richtung Mediation und Beratung weiterentwickeln. Die Attraktivität des gerichtlichen Streitwertes würden für Bauunternehmen und Baujuristen reduziert werden. Bauleiter hätten dann wieder mehr Möglichkeiten sich auf die eigentliche Bautätigkeit zu konzentrieren, anstatt sich um juristische Belange zu kümmern.

Dies würde zu einem volkswirtschaftlichen Mehrwert führen und zugleich das Berufsbild des Baubetrieblers grundsätzlich ändern. Der Meinung von Prof. Lan-ge nach wird Bau-Mediation in 50 Jahren an der Hochschule ein eigenständiges Vorlesungsmodul, wenn nicht gar ein Vertiefungszweig in der Baubetriebslehre darstellen.

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Zukunftsausblick 3Steuerung der Rohbau- und Ausbaugewerke funktionieren per App und Baustelle-neinrichtung ist als „sorglos“-Paket direkt bestellbar über Amazon

In 50 Jahren wird per Amazon oder eine andere Großhandelsplattform die ge-samte Baustelleneinrichtung inklusive eingerichteter Baustellencontainer, PSA, Werkzeugmagazin im Online-Shop bestellbar sein und als Paket direkt auf die Baustelle geliefert. Ebenso sind dann Baumärkte nachgezogen, die die direk-te Belieferung der Baustelle per Online-Versand organisieren. Dies bringt einige Erleichterungen für Bauleitung und Poliere mit sich und zugleich entstehen neue kleinere Geschäftsfelder für Baulogistik-Lieferunternehmen. Aber nicht nur Bau-stelleneinrichtungsgegenstände werden dann per Handy-App geordert, sondern auch Handwerker haben sich zu wenigen großen flächendeckenden Cluster- Holdings zusammengeschlossen und sind über Plattformen für Privatkunden und Bauunternehmen verfügbar. Die Transparenz der Preise und Verfügbarkeit von Handwerksleistungen vereinfacht es privaten Bauherren günstige Firmen zu fin-den. Gleichzeitig steigt dadurch der Druck auf Generalunternehmer, die unter Umständen keine wesentlich günstigeren Nachunternehmerleistungen mehr am Markt erhalten als über die Onlineportale erhältlich sind. Dementsprechend gibt es zwei Folgeszenarien. Entweder werden Generalunternehmer dann angehalten sein wieder mehr eigenes Personal aufzubauen, da es dann attraktiver ist, die eige-ne Wertschöpfungstiefe im Unternehmen zu erhöhen. Solche Trends liegen der-zeitig in Planungsbüros, insbesondere in der TGA-Planung vor, sind jedoch heute bei Bauunternehmen noch selten. Oder es kann dazu führen, dass durch digitale Steuerungsmethoden die Soll-Ist-Leistungsmeldung und Verknüpfung mit BIM und Lean Construction ein weiteres Auseinanderklaffen zweier Berufsgruppen im Baugewerbe ergibt: Den hochbezahlten Projektmanager der für die technische, IT-gesteuerte und wirtschaftliche Umsetzung von komplexen Projekten zuständig ist. Und eine zweite Berufsgruppe der günstigen Ausführungsfirmen in Bau- und Handwerk, wobei Qualifikationslücken durch verbesserte Kontrolle und Planvor-gabe mittels digitaler Lösungen gefüllt werden. Die ausführenden Arbeiter bekom-men per App mitgeteilt, was sie an welcher Stelle bis wann zu erledigen haben und führen dies aus. Aber nicht nur im klassischen Bauhauptgewerbe des Neubaus, sondern auch bei der Gebäudesanierung, insbesondere bei Schadstoffsanierungen, und bei der Gebäudebewirtschaftung werden Maschinenautomation und digitale Leistungssteuerung dann eine zentrale Rolle im Leistungserstellungsprozess spie-len. Dies reduziert die ausführenden Stellen und bringt zugleich neue Berufszweige mit sich, die auch hier zu einer stärkeren Spaltung im Arbeitsmarkt führen zwischen hochbezahlten technischen komplexen Koordinations- und Managementaufgaben und Ausführungstätigkeiten im Niedriglohnsegment. Dabei wird die Qualitätssi-cherung in der Ausführung und die Ressourcenversorgung über digitale Möglich-keiten, wie Smartphone-Apps oder andere zukünftige Entwicklungen gesteuert und kontrolliert. Die dahinterliegende komplexe Planung und Koordination wird u. a. durch Baubetriebler umgesetzt.

Zukunftsausblick 4Totale Digitalisierung: Planung in Architektur, Bauwesen und Baubetrieb

Dass Ausschreibungen und Vergaben schon in näherer Zukunft komplett digital ablaufen, zeichnet sich ab. Dieser Trend wird sich fortsetzen. Zum Beispiel werden sich auf Softwareseite vermutlich einige wenige große weltweite Konzerne her-ausbilden, die den BIM-Planungsmarkt dominieren, ähnlich wie derzeitig Google oder Amazon in anderen Branchen. Integrierte Softwarelösungen lassen es dann zu, dass Planungsleistungen schneller erarbeitet werden können. Auch die Fach-planer werden intern stärker unterscheiden zwischen Routineplanaufgaben, die gemäß produktionsoptimierten Abläufen auch von weniger gelernten Fachkräf-ten erarbeitet werden können und komplexen Sonderplanleistungen. Derzeitig ist es bei manchen Fertighausbau-Unternehmen möglich, dass Klienten schon vorab über einen Produktkonfigurator ihr Haus selbst planen können und direkt den Preis und die Bauzeit erfahren. So ist es in Zukunft auch denkbar, dass wesentliche Ent-wurfsplanungsleistungen im Wohnungs- und Industriebau über solche klienten- eingebundene Planungserstellungsprozesse mit direkter Kostenkontrolle erstellt werden. Dies hat den Vorteil, dass es dadurch weniger Planänderungen während

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der Bauphase geben wird, aufgrund zuvor im Bauablaufsystem definierter „points-of-no-return“. Dennoch ist zu erwarten, dass es auch in 50 Jahren noch kreative individuelle Entwurfs- und Planungstätigkeiten für Architekten und Fachplaner geben wird. Diese werden sich jedoch weniger auf Neubauten beziehen sondern im Wesentlichen auf den wachsenden Markt an Projekten im Segment „Bauen im Bestand“. So grundlegend und schnell wie sich Baumärkte in anderen Ländern wie z. B. China oder den Vereinten Arabischen Emiraten verändern, so schnell ist damit in Deutschland und Europa nicht zu rechnen, zum Beispiel aufgrund des Denkmal-

schutzes. Zugleich ist es spannend zu prognostizieren, wie sich die Möglichkeiten der virtuellen Realität und Augmented Reality im Planungs- und Baugewerbe in Deutschland weiterentwickeln werden. Es könnte durchaus sein, dass z. B. in 50 Jahren Fachkräfte in der Gebäudereinigung und Instandsetzung mit VR-Brillen ihre Arbeit erbringen und durch die Brille die Leistungsvorgaben hinsichtlich Ort, Um-fang und Zeit erhalten. Zugleich könnten über integrierte Kameras Leistungsab-gleich, Qualitätskontrolle, Dokumentation und Rechnungsstellung initiiert werden.

Neben diesen 4 möglichen Zukunftsausblicken gäbe es noch viele interessante Diskussionspunkte zum Thema „Baubetrieb morgen“ und der zukünftigen Pla-nungs- und Bauwirtschaft in Deutschland. Z. B. die Frage, ob in 50 Jahren wie-der große deutsche Bauunternehmen existieren und welche Rolle Deutschland in Zukunft in der internationalen Bauwirtschaft spielt? Und es gibt noch viele weitere denkbare Veränderungen im Baubetrieb der Zukunft. Diese kommenden Veränderungen sollten uns als praktizierende Baubetriebler, als Führungskräfte, als Lehrende und Studierende keine Sorgen bereiten sondern dazu animieren, kontinuierlich weiter zu lernen. Es gilt die sich ändernde Zukunft als Chance zu betrachten und Möglichkeiten der Mitgestaltung wahrzunehmen. Dennoch stellt jede zukünftige Veränderung zunächst eine Herausforderung an uns selbst dar. Es geht um die eigene Weiterentwicklung und Gestaltung der Lehre im Studiengang, um unsere Studierenden im Baubetrieb an der Hochschule Karlsruhe bestmög-lich auf diesen „Baubetrieb von morgen“ vorbereiten zu können. Mit der richtigen Einstellung ist die Planungs- und Bauwirtschaft in Deutschland durch Industrie, Forschung und Hochschullehre positiv gestaltbar. Und wir laden Sie ein konstruk-tiv dabei mitzuwirken.

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Weiteres...Die folgenden Seiten zeigen Eindrücke aus dem Studiengang,Entwicklung der Absolventenzahlen,Professoren seit Beginn des Studiengangs, externe Dozenten und Lehrbeauftragteund unsere Sponsoren.

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BeginnBaubetrieb und Au�austudium Diplom

BeginnBaumanagement Diplom

BeginnBaumanagement Master

BeginnBaumanagement und Baubetrieb Bachelor

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Absolventen und Absolventinnen im Baumanagement/Baubetrieb

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Seit Beginn des Studiengangs gab es sehr viele externe Dozenten und Lehrbeauf-tragte, denen unser besonderer Dank für ihr Engagement gilt. Ohne sie wären viele Vorlesungen und Lehrtätigkeiten nicht möglich gewesen. Zugleich war es im Zu-sammenhang der Erstellung dieses Booklets leider nicht möglich, die Namen aller Lehrbeauftragten der vergangenen 50 Jahre im Studiengang ausfindig zu machen.Folgende Lehrbeauftragte und Dozenten und Dozentinnen unterstützten uns in den letzten zehn Jahren bis heute:

• Dr. Wolfgang Bächlin

• Dipl.-Ing. Norbert Böck

• Dipl.-Ing. Eberhard Caspari

• Dipl.-Ing. Jens Döbbelin

• Dipl.-Ing. Hugo Eckert

• Dipl.-Kfm. Walter Engelmann

• Dipl.-Ing. Jürgen Gänßmantel

• Prof. Dr.-Ing. Sascha Gentes

• Dr. Roland Görtz

• Dipl.-Ing. Hans-Jörg Herr

• Dipl.-Ing. Bernhard Holz

• Dipl.-Betriebsw. (FH) Werner Klüppel

• Dipl.-Ing. Hans-Jürgen Köhler

• Dipl.-Ing. (FH) Anselm Kunz

• Dipl.-Ing. (FH), M.Eng. Markus Lampe

• Dr. Michael Ohmer

• Dipl.-Ing. Christine Pallos

• Prof. Dr. jur. Wolff Parmentier

• M.Eng. Adrian Peritore

• B.Eng. Jochen Pfrang

• Dipl.-Ing. Guido Plischek

• Dipl.-Ing. Dietrich Rieder

• M.Eng. Valentin Schmidt

• Ing. grad. Karl-Heinz Scholze

• Prof. Dr. Hubert Schwab

• Dipl. Übersetzerini Sabine Shiraishi

• Studienrat Martin Stöckel

• Dipl.-Ing. Klaus Teizer

• Dipl.-Wi.-Ing. Burkhard Thost

• Dipl.-Ing. Bodo Wawrzinek

• Dr.-Ing. Holger Winbroer

• Dr.-Ing. Stefan Wirth

Des Weiteren danken wir unseren derzeitigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern: Brigitte Heinrich, Dirk Günt, Jochen Knecht, Alexander Baumann, Tim Hertkorn, Richard Dittrich.

Prof. Dr. Karl Zimmermann

Prof. Ernst Tränka

Prof. Dr. Heinrich-T. Schmidt

Prof. Dr. Fritz-J. Neubauer

Prof. Martin Müller

Prof. Dr. Karl-Heinz Kasparek

Prof. Heinrich Eing

Prof. Dr. Manfred Heidt

Prof. Jürgen Meyer

Prof. Dr. Udo Blecken

Prof. Winfried Pfe�erle

Prof. Dr. phil. Bernd Breunig

Prof. Dr.-Ing. Richard Harich

Prof. Dr. Wolfgang Heil

Prof. Dr.-Ing. Martin Kiuntke

Prof. Dr.-Ing. Gerd Bergweiler

Prof. Dr. Harald Garrecht

Prof. Thomas Ax

Prof. Dr.-Ing. Hermann Hütter

Prof. Dr. rer. nat. Olga Wilderotter

Prof. Dr. jur. Andreas Luckey

Prof. Dr.-Ing. Michael Korn

Prof. Dr. rer. nat. Karsten Schubert

Prof. Dr.-Ing. Robert Pawlowski

Prof. Dr.-Ing. Matthias Urmersbach

Prof. Dr.-Ing. Carolin Bahr

Prof. Dr.-Ing. Alexander Lange

Prof. Dr. techn. Ralph Bartsch

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1968 – 1975

1968 – 1977

1968 – 1988

1968 – 1998

1970 – 2002

1971 – 1991

1971 – 1995

1975 – 2004

1976 – 2005

1977 – 1995

1977 – 2000

1988 – 2010

1993 – heute

1994 – 2005

1996 – 2010

1996 – 2016

1998 – 2006

2001 – 2004

2003 – heute

2004 – heute

2005 – heute

2006 – heute

2008 – heute

2009 – heute

2011 – heute

2012 – heute

2014 – heute

2018 – heute

Professoren und Professorinnenim Baumanagement/Baubetrieb

der Hochschule Karlsruhe, Technik und Wirtschaft

Externe Dozenten und Referenten

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BARTSCH WARNING GMBHSachverstand in allen Phasen des BauvorgangsWir zählen zu den führenden deutschsprachigen Ingenieurbüros, die auf baubetriebliche und vertragliche Beratungsleistungen in allen Phasen des Bauvorhabens spezialisiert sind.

Sponsoren

FC GRUPPEWir schaffen LösungenAls unabhängige Unternehmensgruppe beschäftigen wir uns mit den drei Geschäftsfeldern Planen, Steuern und Beraten. Wir planen Technik, Infrastruktur und Gebäude. Wir steuern Projekte und Baumaßnahmen. Wir beraten Unternehmen und die öffentliche Hand. Gemeinsam mit unseren Kunden schaffen wir Lösungen von der ersten kreativen Idee bis zu deren verlässlichen Umsetzung.

THEODOR TRAUTMANN GMBHZukunft aus Tradition – seit 1885Wir sind ein leistungsfähiges, mittelständisches Bauunternehmen mit dem Schwerpunkt im Hochbau und führen im Großraum Karlsruhe in einem Umkreis von ca. 100km anspruchsvolle Arbeiten im Rohbau, Schlüsselfertigbau und Sanierungsbereich durch. Durch die konstruk-tive Zusammenarbeit mit Architekten und Bauherren erstellen wir an-sprechende, funktionale und qualitativ hochwertige Bauleistungen.

MEVA SCHALUNGS-SYSTEME GMBH…mehr als nur SchalungDie MEVA ist ein mittelständischer, familiengeführter und international tätiger Schalungshersteller. Seit 1970 ist MEVA Pionier und Impulsge-ber der Schalungsbranche. Viele Erfindungen und Entwicklungen der MEVA sind heute Branchenstandard: von der modularen Rahmenscha-lung über das Schalschloss bis hin zum geschlossenen Rahmenprofil. Wir bieten unseren Kunden und Anwendern ein umfassendes Produkt- und Technologiesegment für jedes Bauvorhaben und für jedes Bauunterneh-men von klein bis groß; von Fundament bis Hochhaus, von der Hand-schalung bis hin zum vollautomatischen Klettersystem.

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