144/35 - Neue Zürcher Zeitung

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91tiic3iW)er<;3cilu!i!i INLAND 144/35 Freitag, 23. Juni 1982 Nr. 144 35 Neun Jahre Enttäuschungen und Hoffnungen Am Freitag: Einweihung des Furkabasistunnels Die Furka-Oberalp-Bahn fährte kürzlich ihre letzte Kontrollfahrt im Furkabasistunnel durch. Unser Bild zeigt die Ausweichstelle bei Rotondo, wo Fahrleitungen, Weichen und Signale einem letzten Test unterzogen wurden. jk. Als «Furka-Loch», in dem die Millionen dutzendweise auf Nimmerwiedersehen ver- schwanden, wurde der Furkabasistunnel be- rühmt und berüchtigt. Die verkehrspolitischen Visionen Bundesrat Roger Bonvins, der ein «Schmalspurnetz auf 1500 Metern Höhe» er- träumte, und das bescheidene Kreditgesuch des Bundesrates, 80 Millionen Franken zu bewilli- gen, standen am Anfang. Es folgten die Schreck- nisse der Bergwelt: schlechtes Gestein, fachliche und organisatorische Fehlleistungen eines dem Projekt aufgezwungenen Oberbauleiters, die ei- ner überholten Projektierung folgende Linien- führung, dann der Absturz in schwindelerre- gende Geldnöte, die das Parlament, der eigenen Jugendsünden eingedenk, wohlwollend über- brücken half. Der Furkabasistunnel ist für den Bund ein unerwünschtes Kind, das er in die Familie aufgenommen hat und für dessen Le- bensunterhalt er sorgt, auch wenn er nicht der Vater ist. Die Furka-Oberalp-Bahn betrachtet den Tunnel als Gabe Gottes ; die günstige Gele- genheit wurde wahrgenommen, die technischen Anlagen und das Rollmaterial zielbewusst zu er- neuern. Die direkt beteiligten Kantone Wallis und Uri werden über die massive Verspätung im Fahrplan des Tunnelbaues aus den program- mierten fünf wurden neun Jahre grosszügig hinwegsehen und die massiven Kreditüber- schreitungen - aus den bewilligten 74 wurden 311 Millionen kaum zur Kenntnis nehmen. Sie preisen die wintersichere Verbindung der bei- den Talschaften Goms und Urserental und hof- fen auf einen touristisch-wirtschaftlichen Auf- schwung, der in bescheidenem Mass bereits ein- gesetzt hat. Zu Recht wird heute die erstaunli- che Parforceleistung der neuen Oberbaulei- tung, der Bahnfachleute, der Bauunternehmun- gen und aller Arbeiter gelobt. Sie haben in ge- meinsamer Anstrengung den ursprünglich ange- richteten Schlamassel beseitigt und ein Werk vollendet, das als «längster Schmalspurbahn- tunnel der Welt» einen ansehnlichen Titel er- rungen hat und das als beachtlicher Leistungs- ausweis des schweizerischen Tunnelbaues, der in- ternationales Ansehen geniesst, gewertet werden darf. Die einzige ganzjährig offene West-Ost- Verbindung im Alpenraum Der neue Tunnel ist wintersicher; die Bahn, die bisher zwischen dem Goms und dem Urse- rental, also zwischen Wallis und dem Kanton Uri, ihren Betrieb während acht von zwölf Mo- naten einstellen musste, ist jetzt, zusammen mit dem Trassee über den Oberalppass, die einzige ganzjährig offene Ost-West-Verbindung in den Alpen. Die Sommerattraktion, eine Bahnfahrt im Reich der Gletscher, gehört der Vergangenheit an. Dank modernen Wagen, einem dichteren Fahrplan, kürzeren Reisezeiten, dem Autover- lad und vor allem dank Ganzjahresbetrieb hofft man, diese Einbussen auffange n zu können. Die Furka-Oberalp-Bahn kann bedeutende Summen bei der Schneeräumung sowie bei der Instand- stellung von Fahrleitungen und Geleisen im Frühling nach den Winterschäden einsparen. Ein Sonderfall war die «Faltbrücke» von Steffen- bach, die wegen der Lawinengefahr jeden Herbst demontiert werden musste und erst im Frühling wieder aufgebau t werden konnte. Die Furka-Oberalp-Bahn nahm am 30. Juni 1914 auf ihrem ersten Teilstück Brig Gletsch den Verkehr auf. Ihre Linien wurden erweitert , und heute umfasst sie, zusammen mit der ihr 1961 eingegliederten Schöllenenbahn Gösche- nen Andermatt, ein Schienennetz von 115 km Länge, davon 36 km mit Zahnstangen. Der Fur- kabasistunnel, von Bundesrat Roger Bonvin neu aufgegriffen, war Bestandteil eines überbor- denden, realitätsfernen Alpenbahnprojekts, das neue Linien der SBB und erweiterte Strecken der Schmalspurbahnen auf 1500 Metern Höhe vorsah. Nur der Furka-Basistunnel überstand die Strapazen der parlamentarischen Debatten ; das umstrittene «Bedrettofenster», ursprünglich vorgesehen für einen Bahnanschluss ins Bedret- total und an die Gotthardbahn in Airolo, wurde zwar gebaut, aber lediglich für die Lüftung und die Materialbeseitigung beim Tunnelbau ver- wendet. Neun Jahre Bauzeit und 311 Millionen Franken Kosten Im Juni 1970 verabschiedete der Bundesrat seine Botschaft an die eidgenössischen Räte, in der für den Basistunnel ein Kredit von 80 Mil- lionen verlangt wurde. Der Betrag wurde auf 70 Millionen reduziert; grundsätzlich hat der Bund 94,6% der Kosten, der Kanton Wallis 3,5% und die Kantone Uri und Graubünden je 0,95% zu übernehmen. Im Juni 1972 genehmigte der Ver- waltungsrat der Furka-Oberalp-Bahn das berei- nigte Projekt. Der Kostenvoranschlag rechnete mit 74 Millionen ein Betrag, der im Dezem- ber 1976 durch einen ersten Zustupf von 85 Mil- lionen aufgestockt werden musste. Die Bauar- beiten setzten im August 1973 ein; der Durch- stich erfolgte offiziell am 30. April 1981, und heute, am 25. Juni 1982, kann der Basistunnel offiziell eingeweiht und dem fahrplangemässen Verkehr übergeben werden. Die Kosten, die von den Steuerzahlern und nicht, wie bei den Natio- nalstrassentunnels, von den direkten Nutznies- sern zu bezahlen sind, stiegen in den neun Jah- ren Bauzeit von ursprünglich 74 auf voraussicht- lich 311 Millionen, wobei in diesem Betrag die Teuerung bis zur Fertigstellung ausgeglichen ist. Taktisch-politische Rücksichten die eidge- nössischen Räte hätten einen realistischen Vor- anschlag nie bewilligt führten zu einem von vornherein weit unterdotierten Kostenvoran- schlag. Katastrophale geologisch e Verhältnisse, verschärft durch die organisatorischen und fachlichen Fehlleistungen des ersten Oberbau- leiters, verursachten die Verspätungen auf das Programm und die Ueberschreitung des Voran- schlages. Beim Vergleich der beiden Zahlen 74 und 311 Millionen sind diese Faktoren sowie die galoppierende Teuerung gerechter- weise zu berücksichtigen. Typenprüfung für Oelbrenner und Heizkessel? K. E. Zug, 24. Juni Neue Type n von Zerstäuberbrennern und Heizkesseln sollten einer Typenprüfung unter- zogen werden, bevor sie zum Markt zugelassen werden, wie das Eidgenössische Departement des Innern in vorest noch unverbindlichen Richtlinien empfiehlt. Wie Dr. Bruno Bohlen an einem Vortrag vor der Vereinigung der kantona- len Feuerversicherungen und dem Interkantona- len Rückversicherungsverband in Zug erklärte, bezweckt die Typenprüfung eine Ueberprüfung von Anlagen und Anlageteilen im Interesse der Emissionsbegrenzungen von Rauchgasen und Lärm. In seinem Referat «Umweltschutzgesetz- gebung und die Berührungspunkte zum Brand- schutz» sicherte Bohlen zu, dass die Kantone und interessierte Kreise begrüsst würden, bevor die im Departement des Innern erarbeiteten Richtlinien später in Ausführungsbestimmun- gen zum Umweltschutzgesetz umgewandelt würden. Beim Verbrennen von Siedlungsabfäl- len und anderen speziellen Rückständen sehen die in diesem Jahr überarbeiteten Richtlinien eine über das bisherige Mass hinausgehende Emissionsbegrenzung vor. Die Vereinigung kantonaler Feuerversiche- rungen wählte Dr. Peter Haller, Bern, zu ihrem neuen Präsidenten für den zurückgetretenen Schwanengesang auf das Bedretto-Fenster Tessiner Analyse eines überholten Erschliessungskonzeptes We. Bellinzona, 24. Juni An einer Pressekonferenz in Bellinzona am Vortag der offiziellen Eröffnung des Furka-Ba- sistunnels hat das Tessiner Amt für wirtschaftli- che Forschung unter der Leitung von Prof. Remi- gio Ratti eine kritische Studie vorgestellt, die sich mit der nicht zustande gekommenen Ver- bindung zwischen dem Tessin und dem Ober- wallis befasst. Unter dem fragenden Titel «Un collegamento ferroviario Ticino Vallese?» analysiert lic. rer. pol. Riccardo de Gottardi die Faktoren, die seinerzeit für die Schaffung dieser zusätzlichen Bahnlinie sprachen, aber einer ver- tieften volkswirtschaftlichen Untersuchung, wie sie von Tessiner Seite nunmehr vorliegt, nicht standhielten. Es ist der Schwanengesang auf ein Stück historischer Verkehrsgeschichte, die heut e als überholt gilt. Ein Verkehrsstrom und sonst nichts Der Bedretto-Anschluss war seinerzeit im Rahmen eines grossangelegten Projektes von Bahnverbindungen durch die Alpen konzipiert worden. Bei der Redimensionierung, die der Bundesrat dann vollzog und in seiner Botschaft aus dem Jahre 1970 über den Bau des Furka- Basistunnels festlegte, wurde dem Stollen eine rein technische Funktion zugebilligt: Er sollte den Zwischenangriff ermöglichen und damit die Baukosten senken und einen Zeitgewinn erbrin- gen. Dieser Erfolg blieb ihm bekanntlich ver- sagt; der Bedretto-Stollen war auch in dieser Hinsicht eine Fehlkalkulation. Der Tessiner Regierung bzw. dem kantona- len Baudepartement ging es trotz wiederholten Demarchen lokaler Interessenvertreter und Po- litiker aus der Leventina letztlich nur darum, dass das Fenster nach Abschluss der Bauarbeiten nicht endgültig geschlossen werde, falls sich für die Zukunft doch einmal eine Bahnverbindung abzeichnen sollte. Im Oberwallis war man be- deutend kämpferischer. Immer deutlicher stellte sich jedoch heraus, dass der Bahnanschluss dem Bedrettotal in keiner Weise relevante Vorteile bringen würde. Die Verkehrserschliessung allein genügt nicht, um einem Randgebiet mit 77 (!) Einwohnern einen demographischen Auf- schwung und ein ausgewogenes wirtschaftliches Wachstum zu sichern. Voraussetzung ist viel- mehr, dass der Verkehrsfluss am Ort absorbiert werden kann. Und dazu fehlen im Bedrettotal, aber auch in der mittleren Leventina, die auto- matisch zum Einzugsgebiet würde, nicht nur die Infrastrukturen, sondern sogar die Möglichkeit, diese auf einer soliden Konkurrenzbasis über- haupt zu schaffen. Die Problemstrecke Ronco Airolo Allein das Goms hat heute bereits 5000 Fremdenbetten mehr als die gesamte Leventina. Die beiden Täler weisen völlig verschiedene topographische und klimatische Verhältnisse auf und dementsprechend auch andere Kaden- zen und Frequenzen bezüglich des Reisestroms. Für den Sommerverkehr, der im oberen Tessin überwiegt, ist die Nufenenstrasse eine völlig ausreichende Touristikverbindung zum Wallis. Die Geschäftsverbindung Tessin Westschweiz spielt sich über die Linie Centovalli Simplon ab. Mit einer Bahnlinie von Airolo nach Ober- wald riskieren Leventina und Bedrettotal höch- stens, dass im Winter auch noch die Gäste der nicht besonders attraktiven Skigebiete im obe- ren Tessin auf das diesbezüglich bedeutend bes- sere Walliser Angebot ausweichen. Nach den angestellten Berechnungen wäre der Anschluss von Ronco/Bedretto an die Tun- nelachse (5 km) auf rund 76 Millionen Franken gekommen ; die grösstenteils offene Bahnstrecke Ronco Airolo (9 km) auf rund 145 Millionen Franken, wobei in Anbetracht des bestehenden Niveauunterschiedes 2,7 km als Zahnradbahn hätten angelegt werden müssen! Es wurden auch Strassenvarianten ab Tunnelportal Ronco errechnet. Die Projekte mussten in jedem Fall Rücksicht nehmen auf die Lawinenniedergänge, denen das Bedrettotal im besonderen Mass aus- gesetzt ist. Nach heutigen Entwicklungskonzepten, die davon ausgehen, ein Randgebiet an die tragfä- hige Talachse, aber nicht an eine weitere Berg- region anzuschliessen, ist die Verbindung Be- drettotal Goms nicht mehr zu rechtfertigen. Den Beweis liefern die sektoriellen Untersu- chungen, die das Tessiner Amt für wirtschaftli- che Forschung in diesem Fall durchgeführt hat. Das dürfte zumindest Beruhigung schaffen bei jenen, die der Ansicht sind, man habe die be- treffenden Randgebiete um ihre Zukunft ge- bracht. Andre Berney, Waadt; neu in den Vorstand wurden Jean- Robert Guignard, Waadt, und Pierre Paupe, Jura, und Paul Gemperli, St. Gal- len, gewählt. Im letzten Jahr wurden von den Gebäude- versicherungen Schäden von 260 Millionen Fran- ken ersetzt. Jeder Schweizer bezahlt im Durch- schnitt 70 Rappen pro versicherten Gebäude- wert von 1000 Franken. Das Versicherungskapi- tal der Gebäudeversicherungen in der Schweiz beträgt insgesamt 672 Milliarden Franken. Aqua Viva gegen Wynauer Kraftwerkprojekt Bern, 24. Juni, (sda) An ihrer Hauptver- sammlung hat die Aqua Viva, Nationale Ak- tionsgemeinschaft zum Schutze der Flüsse und Seen, zum geplanten Ausbau des Kraftwerkes Wynau Stellung genommen. In einer Resolution wendet sie sich entschieden gegen die Absicht, die letzte grössere nutzungsfreie Aarestrecke zwischen Solothurn und der Mündung in den Rhein durch massive Ausbaggerungen ihres na- türlichen Umfeldes zu berauben. Der Flussab- schnitt zwischen Wynau und Murgenthal sei eine einmalige, unersetzbare Landschaft mit Stromschnellen, reicher standorttypischer Tier- und Pflanzenwelt und hohem Erholungswert. Der Zusatzgewinn an Energie stünde in keinem Verhältnis zu den damit verbundenen Eingrif- fen. Laufental-Verhandlungen Im freundeidgenössischen Sinne .. Bern, 24. Juni, (sda) Falls der Anschlussver- trag zwischen der Bezirkskommission Laufental und Basel-Landschaft in den Volksabstimmun- gen im bernischen Amtsbezirk Laufen und im Kanton Basel- Landschaft gutgeheissen wird, werden die Verhandlungsdelegationen der Regie- rungsräte von Bern und Basel-Landschaft sofort abschliessende Vertragsverhandlungen aufneh- men und vor dem Souveränitätsübergang unter- zeichnen. Dies halten die kantonalen Delegatio- nen in einer gemeinsam unterzeichneten Ab- sichtserklärung fest, mit der die bis anhin offe- nen zwei Fragen im Zusammenhang mit dem Laufentaler Selbstbestimmungsverfahren die Frage der Vertragspartei und das Vorgehen bei der finanziellen Auseinandersetzung über- einstimmend geregelt werden, soweit sie die bei- den Kantone direkt betreffen. Damit besteht laut Pressemitteilung des bernischen Amts für In- formation vom Donnerstag Gewähr, «dass die aufzunehmenden Vertragsverhandlungen zwi- schen den Kantonen in freundeidgenössischem Geist geführt werden, sofern sich das Laufental für den Anschluss an Basel-Landschaft ent- scheidet». Baselbieter Kantons- und Gemeindeaufgaben Liestal, 24. Juni, (sda) Der Baselbieter Land- rat hat eine Gesetzesvorlage zur Entflechtung von Staats- und Gemeindeaufgaben in zweiter Lesung mit 64 gegen 2 Stimmen gutgeheissen. Ende September soll das Baselbieter Volk dar- über abstimmen, ob durch dieses Gesetz den Gemeinden wieder mehr Kompetenzen vor al- lem im Bereich des Steuer-, Bau- und Kinder- gartenwesens übertragen werden sollen. Das Aufgabenverteilungsgesetz ist mit einem neuen Finanzausgleichssystem verbunden und soll den zentralistisch orientierten und in einer Finanz- krise steckenden Kantonen im Ausmass von jährlich rund 13 Millionen Franken entlasten. Der Entflechtungsprozess wurde bereits 1980 mit einem neuen Schul- sowie einem neuen Be- amtengesetz eingeleitet; das hat dem Kanton bereits eine Entlastung um 3,5 Millionen Fran- ken gebracht. Ferner hiess der basellandschaftliche Land- rat eine Erhöhung des Grundkapitals der Kanto- nalbank von rund 120 auf 150 Millionen Fran- ken gut. Neue politische Spitzen Der Landrat hat den Gemeindepräsidenten von Lauwil, Ernst Dürrenberger (sp.), zu seinem Präsidenten für das Amtsjahr 1982/83 gewählt. Neuer Vizepräsident ist Hans Berger (svp., Augst). Als Nachfolger des aus der Exekutive zurückgetretenen Regierungsratspräsidenten Paul Manz wurde Finanzdirektor Theo Meier, zum neuen Vizepräsidenten der Exekutive Er- ziehungsdirektor Paul Jenni gewählt. Anzeige ... .- Neue Zürcher Zeitung vom 25.06.1982

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91tiic3iW)er<;3cilu!i!i INLAND144/35

Freitag, 23. Juni 1982 Nr. 144 35

Neun Jahre Enttäuschungen und Hoffnungen

Am Freitag: Einweihung des Furkabasistunnels

Die Furka-Oberalp-Bahn fährte kürzlich ihre letzte Kontrollfahrt im Furkabasistunnel durch. Unser Bild zeigt dieAusweichstelle bei Rotondo, wo Fahrleitungen, Weichen und Signale einem letzten Test unterzogen wurden.

jk. Als «Furka-Loch», in dem die Millionendutzendweise auf Nimmerwiedersehen ver-schwanden, wurde der Furkabasistunnel be-rühmt und berüchtigt. Die verkehrspolitischen

Visionen Bundesrat Roger Bonvins, der ein«Schmalspurnetz auf 1500 Metern Höhe» er-träumte, und das bescheidene Kreditgesuch desBundesrates, 80 Millionen Franken zu bewilli-gen, standen am Anfang. Es folgten die Schreck-nisse der Bergwelt: schlechtes Gestein, fachlicheund organisatorische Fehlleistungen eines demProjekt aufgezwungenen Oberbauleiters, die ei-ner überholten Projektierung folgende Linien-führung, dann der Absturz in schwindelerre-gende Geldnöte, die das Parlament, der eigenenJugendsünden eingedenk, wohlwollend über-brücken half. Der Furkabasistunnel ist für denBund ein unerwünschtes Kind, das er in dieFamilie aufgenommen hat und für dessen Le-bensunterhalt er sorgt, auch wenn er nicht derVater ist. Die Furka-Oberalp-Bahn betrachtetden Tunnel als Gabe Gottes ; die günstige Gele-genheit wurde wahrgenommen, die technischenAnlagen und das Rollmaterial zielbewusst zu er-neuern. Die direkt beteiligten Kantone Wallisund Uri werden über die massive Verspätung imFahrplan des Tunnelbaues aus den program-mierten fünf wurden neun Jahre grosszügighinwegsehen und die massiven Kreditüber-schreitungen - aus den bewilligten 74 wurden311 Millionen kaum zur Kenntnis nehmen.Sie preisen die wintersichere Verbindung der bei-den Talschaften Goms und Urserental und hof-fen auf einen touristisch-wirtschaftlichen Auf-schwung, der in bescheidenem Mass bereits ein-gesetzt hat. Zu Recht wird heute die erstaunli-che Parforceleistung der neuen Oberbaulei-tung, der Bahnfachleute, der Bauunternehmun-gen und aller Arbeiter gelobt. Sie haben in ge-

meinsamer Anstrengung den ursprünglich ange-

richteten Schlamassel beseitigt und ein Werkvollendet, das als «längster Schmalspurbahn-

tunnel der Welt» einen ansehnlichen Titel er-rungen hat und das als beachtlicher Leistungs-

ausweis des schweizerischen Tunnelbaues, der in-ternationales Ansehen geniesst, gewertet werdendarf.

Die einzige ganzjährig offeneWest-Ost- Verbindung im Alpenraum

Der neue Tunnel ist wintersicher; die Bahn,die bisher zwischen dem Goms und dem Urse-rental, also zwischen Wallis und dem KantonUri, ihren Betrieb während acht von zwölf Mo-naten einstellen musste, ist jetzt, zusammen mitdem Trassee über den Oberalppass, die einzigeganzjährig offene Ost-West-Verbindung in denAlpen. Die Sommerattraktion, eine Bahnfahrt imReich der Gletscher, gehört der Vergangenheit

an. Dank modernen Wagen, einem dichterenFahrplan, kürzeren Reisezeiten, dem Autover-lad und vor allem dank Ganzjahresbetrieb hofftman, diese Einbussen auffangen zu können. DieFurka-Oberalp-Bahn kann bedeutende Summenbei der Schneeräumung sowie bei der Instand-stellung von Fahrleitungen und Geleisen imFrühling nach den Winterschäden einsparen.

Ein Sonderfall war die «Faltbrücke» von Steffen-bach, die wegen der Lawinengefahr jeden

Herbst demontiert werden musste und erst imFrühling wieder aufgebaut werden konnte.

Die Furka-Oberalp-Bahn nahm am 30. Juni1914 auf ihrem ersten Teilstück Brig Gletschden Verkehr auf. Ihre Linien wurden erweitert,und heute umfasst sie, zusammen mit der ihr1961 eingegliederten Schöllenenbahn Gösche-nen Andermatt, ein Schienennetz von 115 kmLänge, davon 36 km mit Zahnstangen. Der Fur-kabasistunnel, von Bundesrat Roger Bonvinneu aufgegriffen, war Bestandteil eines überbor-denden, realitätsfernen Alpenbahnprojekts, dasneue Linien der SBB und erweiterte Streckender Schmalspurbahnen auf 1500 Metern Höhevorsah. Nur der Furka-Basistunnel überstand

die Strapazen der parlamentarischen Debatten ;

das umstrittene «Bedrettofenster», ursprünglichvorgesehen für einen Bahnanschluss ins Bedret-total und an die Gotthardbahn in Airolo, wurdezwar gebaut, aber lediglich für die Lüftung unddie Materialbeseitigung beim Tunnelbau ver-wendet.

Neun Jahre Bauzeitund 311 Millionen Franken Kosten

Im Juni 1970 verabschiedete der Bundesratseine Botschaft an die eidgenössischen Räte, inder für den Basistunnel ein Kredit von 80 Mil-lionen verlangt wurde. Der Betrag wurde auf 70Millionen reduziert; grundsätzlich hat der Bund94,6% der Kosten, der Kanton Wallis 3,5% unddie Kantone Uri und Graubünden je 0,95% zuübernehmen. Im Juni 1972 genehmigte der Ver-waltungsrat der Furka-Oberalp-Bahn das berei-nigte Projekt. Der Kostenvoranschlag rechnetemit 74 Millionen ein Betrag, der im Dezem-ber 1976 durch einen ersten Zustupf von 85 Mil-lionen aufgestockt werden musste. Die Bauar-beiten setzten im August 1973 ein; der Durch-stich erfolgte offiziell am 30. April 1981, undheute, am 25. Juni 1982, kann der Basistunneloffiziell eingeweiht und dem fahrplangemässen

Verkehr übergeben werden. Die Kosten, die vonden Steuerzahlern und nicht, wie bei den Natio-nalstrassentunnels, von den direkten Nutznies-sern zu bezahlen sind, stiegen in den neun Jah-ren Bauzeit von ursprünglich 74 auf voraussicht-lich 311 Millionen, wobei in diesem Betrag dieTeuerung bis zur Fertigstellung ausgeglichen

ist.Taktisch-politische Rücksichten die eidge-

nössischen Räte hätten einen realistischen Vor-anschlag nie bewilligt führten zu einem vonvornherein weit unterdotierten Kostenvoran-schlag. Katastrophale geologische Verhältnisse,verschärft durch die organisatorischen undfachlichen Fehlleistungen des ersten Oberbau-leiters, verursachten die Verspätungen auf dasProgramm und die Ueberschreitung des Voran-schlages. Beim Vergleich der beiden Zahlen74 und 311 Millionen sind diese Faktorensowie die galoppierende Teuerung gerechter-

weise zu berücksichtigen.

Typenprüfung fürOelbrenner und Heizkessel?

K. E. Zug, 24. Juni

Neue T y p en von Zerstäuberbrennern undHeizkesseln sollten einer Typenprüfung unter-zogen werden, bevor sie zum Markt zugelassenwerden, wie das Eidgenössische Departementdes Innern in vorest noch unverbindlichenRichtlinien empfiehlt. Wie Dr. Bruno Bohlen aneinem Vortrag vor der Vereinigung der kantona-len Feuerversicherungen und dem Interkantona-len Rückversicherungsverband in Zug erklärte,bezweckt die Typenprüfung eine Ueberprüfung

von Anlagen und Anlageteilen im Interesse derEmissionsbegrenzungen von Rauchgasen undLärm. In seinem Referat «Umweltschutzgesetz-gebung und die Berührungspunkte zum Brand-schutz» sicherte Bohlen zu, dass die Kantoneund interessierte Kreise begrüsst würden, bevordie im Departement des Innern erarbeitetenRichtlinien später in Ausführungsbestimmun-gen zum Umweltschutzgesetz umgewandeltwürden. Beim Verbrennen von Siedlungsabfäl-

len und anderen speziellen Rückständen sehendie in diesem Jahr überarbeiteten Richtlinieneine über das bisherige Mass hinausgehendeEmissionsbegrenzung vor.

Die Vereinigung kantonaler Feuerversiche-rungen wählte Dr. Peter Haller, Bern, zu ihremneuen Präsidenten für den zurückgetretenen

Schwanengesang auf das Bedretto-FensterTessiner Analyse eines überholten Erschliessungskonzeptes

We. Bellinzona, 24. Juni

An einer Pressekonferenz in Bellinzona amVortag der offiziellen Eröffnung des Furka-Ba-sistunnels hat das Tessiner Amt für wirtschaftli-che Forschung unter der Leitung von Prof. Remi-gio Ratti eine kritische Studie vorgestellt, diesich mit der nicht zustande gekommenen Ver-bindung zwischen dem Tessin und dem Ober-wallis befasst. Unter dem fragenden Titel «Uncollegamento ferroviario TicinoVallese?»analysiert lic. rer. pol. Riccardo de Gottardi dieFaktoren, die seinerzeit für die Schaffung dieserzusätzlichen Bahnlinie sprachen, aber einer ver-tieften volkswirtschaftlichen Untersuchung, wiesie von Tessiner Seite nunmehr vorliegt, nichtstandhielten. Es ist der Schwanengesang auf einStück historischer Verkehrsgeschichte, die h e u teals überholt gilt.

Ein Verkehrsstrom und sonst nichts

Der Bedretto-Anschluss war seinerzeit imRahmen eines grossangelegten Projektes vonBahnverbindungen durch die Alpen konzipiertworden. Bei der Redimensionierung, die derBundesrat dann vollzog und in seiner Botschaftaus dem Jahre 1970 über den Bau des Furka-Basistunnels festlegte, wurde dem Stollen einerein technische Funktion zugebilligt: Er sollteden Zwischenangriff ermöglichen und damit dieBaukosten senken und einen Zeitgewinn erbrin-gen. Dieser Erfolg blieb ihm bekanntlich ver-sagt; der Bedretto-Stollen war auch in dieserHinsicht eine Fehlkalkulation.

Der Tessiner Regierung bzw. dem kantona-len Baudepartement ging es trotz wiederholtenDemarchen lokaler Interessenvertreter und Po-litiker aus der Leventina letztlich nur darum,dass das Fenster nach Abschluss der Bauarbeitennicht endgültig geschlossen werde, falls sich fürdie Zukunft doch einmal eine Bahnverbindungabzeichnen sollte. Im Oberwallis war man be-deutend kämpferischer. Immer deutlicher stelltesich jedoch heraus, dass der Bahnanschluss demBedrettotal in keiner Weise relevante Vorteilebringen würde. Die Verkehrserschliessung alleingenügt nicht, um einem Randgebiet mit 77 (!)

Einwohnern einen demographischen Auf-schwung und ein ausgewogenes wirtschaftliches

Wachstum zu sichern. Voraussetzung ist viel-mehr, dass der Verkehrsfluss am Ort absorbiertwerden kann. Und dazu fehlen im Bedrettotal,aber auch in der mittleren Leventina, die auto-matisch zum Einzugsgebiet würde, nicht nur dieInfrastrukturen, sondern sogar die Möglichkeit,diese auf einer soliden Konkurrenzbasis über-haupt zu schaffen.

Die Problemstrecke Ronco AiroloAllein das Goms hat heute bereits 5000

Fremdenbetten mehr als die gesamte Leventina.Die beiden Täler weisen völlig verschiedenetopographische und klimatische Verhältnisseauf und dementsprechend auch andere Kaden-zen und Frequenzen bezüglich des Reisestroms.Für den Sommerverkehr, der im oberen Tessinüberwiegt, ist die Nufenenstrasse eine völligausreichende Touristikverbindung zum Wallis.Die Geschäftsverbindung Tessin Westschweizspielt sich über die Linie Centovalli Simplonab. Mit einer Bahnlinie von Airolo nach Ober-wald riskieren Leventina und Bedrettotal höch-stens, dass im Winter auch noch die Gäste dernicht besonders attraktiven Skigebiete im obe-ren Tessin auf das diesbezüglich bedeutend bes-sere Walliser Angebot ausweichen.

Nach den angestellten Berechnungen wäreder Anschluss von Ronco/Bedretto an die Tun-nelachse (5 km) auf rund 76 Millionen Frankengekommen ; die grösstenteils offene BahnstreckeRoncoAirolo (9 km) auf rund 145 MillionenFranken, wobei in Anbetracht des bestehendenNiveauunterschiedes 2,7 km als Zahnradbahnhätten angelegt werden müssen! Es wurdenauch Strassenvarianten ab Tunnelportal Roncoerrechnet. Die Projekte mussten in jedem FallRücksicht nehmen auf die Lawinenniedergänge,

denen das Bedrettotal im besonderen Mass aus-gesetzt ist.

Nach heutigen Entwicklungskonzepten, diedavon ausgehen, ein Randgebiet an die tragfä-hige Talachse, aber nicht an eine weitere Berg-region anzuschliessen, ist die Verbindung Be-drettotal Goms nicht mehr zu rechtfertigen.Den Beweis liefern die sektoriellen Untersu-chungen, die das Tessiner Amt für wirtschaftli-che Forschung in diesem Fall durchgeführt hat.Das dürfte zumindest Beruhigung schaffen beijenen, die der Ansicht sind, man habe die be-treffenden Randgebiete um ihre Zukunft ge-bracht.

Andre Berney, Waadt; neu in den Vorstandwurden Jean- Robert Guignard, Waadt, undPierre Paupe, Jura, und Paul Gemperli, St. Gal-len, gewählt.

Im letzten Jahr wurden von den Gebäude-versicherungen Schäden von 260 Millionen Fran-ken ersetzt. Jeder Schweizer bezahlt im Durch-schnitt 70 Rappen pro versicherten Gebäude-wert von 1000 Franken. Das Versicherungskapi-tal der Gebäudeversicherungen in der Schweizbeträgt insgesamt 672 Milliarden Franken.

Aqua Viva gegenWynauer KraftwerkprojektBern, 24. Juni, (sda) An ihrer Hauptver-

sammlung hat die Aqua Viva, Nationale Ak-tionsgemeinschaft zum Schutze der Flüsse undSeen, zum geplanten Ausbau des KraftwerkesWynau Stellung genommen. In einer Resolutionwendet sie sich entschieden gegen die Absicht,die letzte grössere nutzungsfreie Aarestreckezwischen Solothurn und der Mündung in denRhein durch massive Ausbaggerungen ihres na-türlichen Umfeldes zu berauben. Der Flussab-schnitt zwischen Wynau und Murgenthal seieine einmalige, unersetzbare Landschaft mitStromschnellen, reicher standorttypischer Tier-und Pflanzenwelt und hohem Erholungswert.Der Zusatzgewinn an Energie stünde in keinemVerhältnis zu den damit verbundenen Eingrif-fen.

Laufental-Verhandlungen

Im freundeidgenössischen Sinne . .

Bern, 24. Juni, (sda) Falls der Anschlussver-trag zwischen der Bezirkskommission Laufentalund Basel-Landschaft in den Volksabstimmun-gen im bernischen Amtsbezirk Laufen und imKanton Basel- Landschaft gutgeheissen wird,werden die Verhandlungsdelegationen der Regie-rungsräte von Bern und Basel-Landschaft sofortabschliessende Vertragsverhandlungen aufneh-men und vor dem Souveränitätsübergang unter-zeichnen. Dies halten die kantonalen Delegatio-

nen in einer gemeinsam unterzeichneten Ab-sichtserklärung fest, mit der die bis anhin offe-nen zwei Fragen im Zusammenhang mit demLaufentaler Selbstbestimmungsverfahren dieFrage der Vertragspartei und das Vorgehen beider finanziellen Auseinandersetzung über-einstimmend geregelt werden, soweit sie die bei-den Kantone direkt betreffen. Damit bestehtlaut Pressemitteilung des bernischen Amts für In-formation vom Donnerstag Gewähr, «dass dieaufzunehmenden Vertragsverhandlungen zwi-schen den Kantonen in freundeidgenössischem

Geist geführt werden, sofern sich das Laufentalfür den Anschluss an Basel-Landschaft ent-scheidet».

Baselbieter Kantons-und Gemeindeaufgaben

Liestal, 24. Juni, (sda) Der Baselbieter Land-rat hat eine Gesetzesvorlage zur Entflechtungvon Staats- und Gemeindeaufgaben in zweiterLesung mit 64 gegen 2 Stimmen gutgeheissen.

Ende September soll das Baselbieter Volk dar-über abstimmen, ob durch dieses Gesetz denGemeinden wieder mehr Kompetenzen vor al-lem im Bereich des Steuer-, Bau- und Kinder-gartenwesens übertragen werden sollen. DasAufgabenverteilungsgesetz ist mit einem neuenFinanzausgleichssystem verbunden und soll denzentralistisch orientierten und in einer Finanz-krise steckenden Kantonen im Ausmass vonjährlich rund 13 Millionen Franken entlasten.Der Entflechtungsprozess wurde bereits 1980mit einem neuen Schul- sowie einem neuen Be-amtengesetz eingeleitet; das hat dem Kantonbereits eine Entlastung um 3,5 Millionen Fran-ken gebracht.

Ferner hiess der basellandschaftliche Land-rat eine Erhöhung des Grundkapitals der Kanto-nalbank von rund 120 auf 150 Millionen Fran-ken gut.

Neue politische Spitzen

Der Landrat hat den Gemeindepräsidentenvon Lauwil, Ernst Dürrenberger (sp.), zu seinemPräsidenten für das Amtsjahr 1982/83 gewählt.

Neuer Vizepräsident ist Hans Berger (svp.,Augst). Als Nachfolger des aus der Exekutivezurückgetretenen Regierungsratspräsidenten

Paul Manz wurde Finanzdirektor Theo Meier,zum neuen Vizepräsidenten der Exekutive Er-ziehungsdirektor Paul Jenni gewählt.

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Neue Zürcher Zeitung vom 25.06.1982