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Inhalt Heft 2, '2009

Foto: Deutsches Krebsforschungszentrum

VORORT

71 Foto-wettbewerbDerrotarische

Schnapp-schuss

72 Porträt Medizin-Nobel-

preisträger Harald zurHausen, R.C.Heidelberg

74 Neues aus den Distrikten

(Österreich S. 96-99)

106 Exlibris

108 Kleinanzeigen

112 In Memoriam

118 Info-Seite & Preisfrage

119 Vorschau & Impressum

120 Neues aus BröckeddeDer Clubdichter

Rotary Magazin 2 I2009 3

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04 Leserforum Maria, 51 Bilder einer LeidenschaftKonservatismus, Horst KoppelstätterGedenkstein portätiert den Stifter

Frieder Burda11 Global Outlook

Fokus: Alphabetisierung 54 Bolschewismusund Beatles

20 PräsidentenbriefEin Erfahrungsbericht

21 Die Rotary Worldaus Nordkorea von

Convention in Zahlen Malte Herwig

26 Neues zum Mitglieder58 Chronologie eines

verzeichnis 2009/2010 AttentatsPeter Steinbach skizziert

27 Jugendaustausch: Auf die Ereignisse des 20. Juliden Counselor kommt

61 Leistung auses anLeidenschaft?

28 Rotarischer Einsatz für Hermann Strasser wirft

Bergindianer in Mexiko einen Blick auf dieFinanzkrise

.1'j'J.tlfJ..I64 Zwischenruf: Stefan

Meister zum Gasstreitzwischen Russland und

30 Titel: 90 Jahre Bauhaus der Ukraine

46 Eine Reise in die Zukunft 65 Charles Darwin als

Thomas Königstorfer über PsychologeUnz als Kulturhauptstadt von Ulrich Beer

Europas 68 Zeitzeichen: Udo

Steinbach über 30 Jahreiranische Revolution

AufdemCover:Bauhaustreppe,OskarSchlemmer,ullsteinbild

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Die Finanzkrise zwischen individueller Gier

und gesellschaftlichem Wandel

LEISTUNGAUSLEIDENSCHAFT?

HermannStrasser

Die Finanzkrise ist in vollem Gange. Unddoch geistern die Werbesprüche von derBeraterbank und der "Leistung aus Lei-

denschaft" Tag für Tag über den Bildschirm, alssei nichts geschehen. Leidenschaft wofür? Be-ratung wozu? Die von den Banken angetriebe-ne Renditejagd führte zum Zusammenbruchdes Gesamtsystems, das auf Vertrauen, Treu-händerschaft und kaufmännischen Prinzipienberuhte. Zu oft wurde die Wahrheit hinter derinternationalen Unübersichtlichkeit, dem

Drang nach Rendite und dem angeblich uni-versellen Gierkomplex versteckt. Will man denKunden hierzulande wirklich weismachen, in-

ternational operierende Unternehmen wie dieHypo Real Estate, die KfW-Bank und viele

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Großbanken hätten nicht genau gewusst, dassdie Hypothekenbanken Fannie Mae und Fred-die Mac vor allem dazu da gewesen seien, Leu-ten Hypothekenkredite zu geben, die keine Si-cherheit vorweisen konnten? Denn das

Eigenheim ist für den Amerikaner das Materiegewordene Symbol der Demokratie und derGlaube an "My horne is my casile" so wichtig,weil dort, wo das Eigentum des Amerikanersbeginnt, die Rechte der Obrigkeit aufhören.

Es liegt sogar die Vermutung nahe, dass zahl-lose Aktien- und sonstige Börsenhandelsaffärenin dem globalen Brutkasten der Unüberschau-barkeit und des Insiderwissens, der Bonusex-zesse und des Misstrauens versteckt sind. Wenn

man bedenkt, mit welcher Leichtigkeit der fran-

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RotaryMagazin212009 61

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Magazin Beruf & Branche ----

zösische Wertpapierhändler Jerome Kerviel sei-ner Bank, der Societe Generale, einen Verlustvon fünf Milliarden Euro einbrocken konnte

oder Bernard Madoff ein Schneeballsystem inGang setzte, das nur wenige durchschauten undam Ende weltweit Milliardenschäden erzeugte.Und wer erinnert sich nicht an den Immobi-

lienuntemehmer Jürgen Schneider, der die Ban-ken zu Geschäftspartnern machen konnte, in-dem im Schulterschluss seine Immobiliendurch überhöhte Mietflächen extrem überbe-

wertet wurden, um hohe Kredite zu ermögli-chen? Sind Kerviel, Madoff und Schneider nur

die Spitze des Eisbergs einer korrupten (In-vestment-)Bankenwelt?

Wenn Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermannmedienwirksam von seinem millionenschwe-

ren Bonus an seine Angestellten, "die das Geldbrauchen können", abgeben will, dann ist daseine Verhöhnung nicht nur der Geschädigten,sondern der Leistungsgesellschaft insgesamt.Bonus etwa dafür, dass zweifelhafte Kredite zu

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marktfähigen Finanzierungsinstrumenten ge-bündeit werden und so das Einzelrisiko der

Kreditabteilung der Bank abgeschafft und dasMarktrisiko der Investmentabteilung an derenStelle tritt? Sind nicht auch die Deutsche Bank,die WestLB und andere Banken an dem du-biosen Verkauf der Wettzertifikate an Kom-

munen entscheidend beteiligt gewesen, derjetzt viele Kommunen in arge Haushalts-schwierigkeiten bringt?

Im Vordergrund steht offenbar das Denkenin Optionen des nächsten Börsentages. Der so-ziale Halt der Gemeinschaft wird zum rut-

schenden Abhang einer Gesellschaft, in dernur der rasche Erfolg und die öffentliche Auf-merksamkeit zweifelhafter Ratings zählen. Beider Frage nach den Schuldigen ist immer wie-der von der Einkommensgier der Bankmana-ger und davon die Rede, dass die Mittelschicht

62 Rotary Magazin 21 2009

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steigenden Renditen hinterherhechle. Zweifel-los gibt es immer mehr Kunden, die ihren Le-bensstandard und ihre Altersvorsorge absi-chern wollen - und müssen. Ihnen aber den

Schwarzen Peter zuzuspielen, macht das Opferzum Tater. Dann ist es nicht mehr weit zu dem

Argument, dass sich die Kunden in ihrer Aus-übung der Eigenverantwortung über den Wert-papierbesitz die Malaise selbst zuzuschreibenhätten sowie die Gesellschaft es zu verantwor-

ten habe, dass das Prinzip Eigenverantwortungzu einem integralen Bestandteil von Firmenund Staat geworden sei. Das hat freilich nichtnur zu einer Erosion der staatlichen Vorsorgeund zu deren Rechtfertigung geführt, sondernauch das Prinzip des gewinnbringenden Wett-bewerbs nach dem Muster "The winner takes

it all" und "Unten gespart, oben belohnt" hof-fähig gemacht.

Verführerische ReizpartieNicht Gier und Neid haben uns in die Krise ge-trieben, wie der Chef des Ifo-Instituts für Wirt-

schaftsforschung in München, Hans-WernerSinn, meint. Es ist die Höhe und die Art derEntlohnung der Bankmanager, die symbolhaftfür die Krise steht. Die Zielvorgaben stehen anerster Stelle, der Kunde ist zweitrangig gewor-den. Wenn aber Leistung fast nichts mehrzählt, dann wird die Finanzweh zum Spiegel-kabinett von Jongleuren und die Realwirtschaftzum Steigerungswahn von Fusionen, Mega-konzernen und babylonischen Türmen. Besu-che in New York,London und Frankfurt zeigendass diese Türme ins schier Unermessliche

wachsen, wenn man die Mietpreise von jenseitsder 100 Euro pro Quadratmeter betrachtet -nach dem Motto "Jehöher, desto bedeutender"Der Ökonom Joseph A. Schumpeter predigteschon in den 193oer-Jahren, dass die Ungleichheit der Ergebnisse, die Chance, durch unternehmerische Tatigkeit reich zu werden, die Anreize schaffe und die Gesellschaft wirtschaftlic-

antreibe. Aber die verführerische Reizpaffi.~setzt einerseits Kontrolle, denen die Aufsicht-

räte nicht gerecht werden, und andererser-,Haftung voraus, die wiederum der Staat kamrumsetzt. Denn Verantwortung bedeutet nie-.nur, Rechenschaft abzulegen, sondern auch, Ei-.gagement zu zeigen, also zu verbessern.

Wenn Wettbewerb Erfolg und Gewinn' "'-

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heißt, muss das nicht automatisch zu einem

"Naturrecht auf steigende Gewinne" führenund die Finanzmärkte von jeder Risikoein-schätzung befreien. Wenn an die Stelle der per-sönlichen Beratung die anonyme Gewinnma-ximierung der Banker aus leidenschaftlichenHöhenflügen, möglichst über Kreditkartenund Online-Banking, tritt, dann gehen Ver-trauen und Sinn verloren.

So ließen der Marktoptimismus der 1980er-und 90er-Jahre und der neoliberale Parforce-Ritt durch die sich globalisierende Weltwirt-schaft die Finanzinnovationen regelrecht ex-plodieren. Die Gründung von dubiosenSondergesellschaften, die Ausgabe von kolla-teralisierten Schuldverschreibungen und Deri-vaten sowie gefälschte Ratings machten vieleFinanzdienstleister auf Staatskosten reich -und insolvent. Und doch konnten 2008 die

Banken der Wall Street an ihrer Bonuspraxisfesthalten, denn die Bonusleistungen warenlängst im sicheren Hafen deponiert. Die Schul-den werden aus den zur Verfügung gestelltenStaatsmilliarden finanziert. Ohne Staat scheint

es nicht zu gehen, denn eine wirksame Unter-nehmensaufsicht durch die Aufsichtsräte gibtes offenbar nicht. Das, was zu funktionierenscheint, ist das Vorstands-Aufsichtsrats-Kartell, wie nicht erst Siemens gezeigt hat.

Das Finanzsystem hat diese Krise in denletzten zwei Jahrzehnten selbst geschaffen, be-gleitet durch den Jahrhundertirrtum der Öko-nomen, dass die Märkte sich selbst korrigier-ten. Die von der Finanzwelt propagierte"Theorie effizienter Märkte", dass Anbieter wie

Nachfrager über vollständige Informationenverfügten und die Preise den realen Wert derWaren ausdrückten, entbehrt jeder Grundlage,ganz abgesehen davon, dass die meisten Vor-stände der Banken die neuen Finanzinstru-

mente gar nicht durchschaut haben. Dazukommt, dass die Zukunft der Wissens gesell-schaft, so paradox es klingen mag, durch diebeschleunigte Wissensproduktion immer we-niger vorhersehbar wird und die Langzeitwir-kungen von Handlungen und Ereignissen im-mer weniger abschätzbar werden.

Andererseits ist, wie Robert Reich, Arbeits-

minister unter Präsident Clinton, unlängst fest-stellte, die Wirtschaft nie zuvor so mächtig ge-wesen wie heute. Im Superkapitalismus, wie

Reich sie nennt, hätten zwar die einzelnen Un-

ternehmen an Macht eingebüßt, die Wirtschaftaber an Dynamik und Stärke gewonnen - sosehr sogar, dass sie sich der Politik bemächti-ge und die Politiker zum Schweigen, zum vo-rauseilenden Gehorsam bringe. Unternehmen

»1ndererseits ist die Wirtschaft nlf Z

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und Berater, Banken und Politik bedienen sich

daher gerne des Deutungsmusters der unaus-weichlichen Globalisierung, um Lohnerhö-hungen, Mitspracherechte oder staatliche Kon-trollen abzuwehren.

Der Staat scheint auch jetzt nichts andereszu tun zu haben, als den Banken unter die

Arme zu greifen. Welche Lehre wird daraus ge-zogen? Wohl die, dass kein Politiker den Vor-wurf riskieren will, nichts gegen die Krise un-ternommen zu haben - und seien die

Maßnahmen noch so unsinnig. Die Menschenfühlen sich ausgeliefert. Das globalisierte Indi-viduum ist in Gefahr, mit der betrieblichen

Entgrenzung und der Bedrohung seines harterarbeiteten Lebensstandards seine Heimat,seinen beruflichen Sinn und sich selbst im

"drift" der Moderne zu verlieren, wie RichardSennett schon vor Jahren in "Der flexibleMensch" argumentierte.

Nicht zuletzt geht es um die überfällige Mo-dernisierung des Gemeinwohls, denn unsereZukunft liegt im erfolgreichen Übergang vomWoWfahrtsstaat zur aktivenBürgergesellschaft- eine Herausforderung, die angesichts der Fol-

gen des demografischen Wandels, der Globali-sierung und der Individualisierung weit überdie der Finanzkrise hinausgeht. ...

Prof. Dr. Hermann Strasser(R.C.Ratingen) ist Soziologe undEmeritus an der Universität

Duisburg-Essen.+ www.uni-due.de/

soziologie/ strasser.php

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