Post on 05-Apr-2015
• Zwei Eisverkäufer am Strand• Gleichmäßig verteilte Nachfrage• Preis ist gegeben
• Nachfrager kaufen jeweils am nächstgelegenen Eisstand
(Harold Hotelling, 1929)
1Theoretische Grundlagen der Regionalökonomik, Prof. Dr. van Suntum
Exkurs: Hotelling-Problem
2.2 Das Hotelling-Problem
• Gesamtwirtschaftliches Optimum: Minimierung der gesamten Wegekosten
• Einzelwirtschaftliches Optimum: Gewinnmaximale Standorte bei dezentraler Entscheidung
• Werden beide übereinstimmen?
2Theoretische Grundlagen der Regionalökonomik, Prof. Dr. van Suntum
Welches ist gesamtwirtschaftlich die optimale Standortwahl? (Q = a + b + c = Gesamtlänge des Strandes)
p
a b c
pk + t a
k + t ck + 0,5tb
Gesamtwirtschaftliches Optimum2.2 Das Hotelling-Problem
3Theoretische Grundlagen der Regionalökonomik, Prof. Dr. van Suntum
t = Wegekosten pro EntfernungseinheitT = Summe aller Wegekosten => min!k = konstante Stückkosten des Eisesp = (vorgegebener) Preis des Eises
Symbole/Annahmen:
a = 0,25Q b = 0,5Q c = 0,25Q
Formaler Lösungsansatz für gesamtwirtschaftliches Optimum2.2 Das Hotelling-Problem
2222 0,5tc0,5t(0,5b)0,5t(0,5b)0,5taT
p
a b c
pk + t a
k + t ck + 0,5tb
Nebenbedingung: a + b + c = Q (Gesamtlänge des Strandes)
min!b)a(Q0,5ba0,5tT
c0,5ba0,5tT222
222
4Theoretische Grundlagen der Regionalökonomik, Prof. Dr. van Suntum
Formale Lösung (1)2.2 Das Hotelling-Problem
222 b)(ab)2Q(aQb)a(Q 222 b2aba2Qb2QaQ
Daraus folgt:
]b2aba2Qb2QaQ0,5b0,5t[aT 22222
Partielle Differentiation nach a und b:
02b]2a2Q0,5t[bdb
dT
02b]2a2Q0,5t[2ada
dT
2a = b
(Hilfsrechnung)
5Theoretische Grundlagen der Regionalökonomik, Prof. Dr. van Suntum
Formale Lösung (2)2.2 Das Hotelling-Problem
Einsetzen von 2a = b in dT/da = 0 liefert:
0,5Qb
2Q4b
02b)b2Q(b
02b)2a2Q0,5t(2a
Einsetzen in die Nebenbedingung a + b + c = Q liefert:
0,5b + b + c = 2b => c = 0,5b = a
Das heißt: alle Dreiecke müssen gleich groß sein!
6Theoretische Grundlagen der Regionalökonomik, Prof. Dr. van Suntum
Grafische Interpretation 2.2 Das Hotelling-Problem
• Die Eisverkäufer müssen jeweils ein Viertel der Gesamtlänge des Strandes vom West- bzw. Ostrand entfernt stehen
• Der Abstand zwischen ihnen entspricht der Hälfte der Gesamtlänge des Strandes
• Die Nachfrage teilt sich 50:50 auf West und Ost auf
a 0,5b 0,5b c
Ergebnis
7Theoretische Grundlagen der Regionalökonomik, Prof. Dr. van Suntum
Einzelwirtschaftliches Kalkül (1)2.2 Das Hotelling-Problem
• Annahme: Beide Eisverkäufer stehen am Anfang „richtig“ • Frage: Bleibt diese Allokation bei freier Wahl erhalten?
Absatzgebiet West Absatzgebiet Ost
8Theoretische Grundlagen der Regionalökonomik, Prof. Dr. van Suntum
Einzelwirtschaftliches Kalkül (1)2.2 Das Hotelling-Problem
Absatzgebiet West Absatzgebiet Ost
Nein! Anreiz direkt neben den Konkurrenten zu ziehen.Ergebnis
9Theoretische Grundlagen der Regionalökonomik, Prof. Dr. van Suntum
Einzelwirtschaftliches Kalkül (2)2.2 Das Hotelling-Problem
• Beide überholen sich immer weiter nach Westen, bis sie• schließlich in der Mitte sind!
• Dort kein Gewinn mehr durch weitere Standortverlagerung• möglich
Problem: Transportkosten insgesamt jetzt viel höher!
Absatzgebiet West Absatzgebiet Ost=
Weitere Folge
10Theoretische Grundlagen der Regionalökonomik, Prof. Dr. van Suntum
Transportkosten Optimallösung:2.2 Das Hotelling-Problem
2222 0,5tc0,5t(0,5b)0,5t(0,5b)0,5taT
p
a b c
pk + t a
k + t ck + 0,5tb
Optimalbedingung: a = c = 0,5 b = 0,25Q (s.o.)
2222
222
222
125,0625,02)25,0(2
)25,0(5,0)25,0()0,5t(0,25QT
5,0)5,0)(5,0(20,5taT
tQQtQtT
QtQt
tcbt
11Theoretische Grundlagen der Regionalökonomik, Prof. Dr. van Suntum
Transportkosten Marktlösung:2.2 Das Hotelling-Problem
12Theoretische Grundlagen der Regionalökonomik, Prof. Dr. van Suntum
225,0
)5,0)(5,0(5,0)5,0)(5,0(5,0T
tQT
QtQQtQ
0,5tQ 0,5tQ
0,5Q 0,5Q
d.h. die Transportkosten der Marktlösung sind doppelt so hochwie die Transportkosten der effizienten Lösung
Schlussfolgerungen / Kritik (1)2.2 Das Hotelling-Problem
• Markt führt hier offenbar zu suboptimalem Ergebnis• Allerdings: Dyopol ist kein wirklicher Wettbewerb• Bei mehr als zwei Anbietern immer stärkere Annäherung an
optimale Lösung• Letztlich eher interessante Denksportaufgabe als ernsthafter
Einwand gegen Funktionsfähigkeit des Wettbewerbs im Raum• Trotzdem lange Zeit großer Einfluss auf regionalökonomisches
Denken
13Theoretische Grundlagen der Regionalökonomik, Prof. Dr. van Suntum
Schlussfolgerungen / Kritik (2)2.2 Das Hotelling-Problem
• Bei drei Anbietern ergibt sich die unter Transportkosten-gesichtspunkten optimale, symmetrische Verteilung (Eaton/Lipsey 1975).
• Bei einer beliebigen Steigerung der Anbieterzahl können sich Verteilungen mit dispers verstreuten und im Zentrum konzen-trierten Unternehmen ergeben (Economides 1993, Brenner 2001), die zumeist effizient sind.
• Bei einer kreisförmigen Ausdehnung, bspw. einer Stadt mit Ringstraße, ergibt sich eine symmetrische, i.d.R. effiziente Verteilung (Salop 1979).
Variation der Anbieter
Variation der Marktausdehnung
14Theoretische Grundlagen der Regionalökonomik, Prof. Dr. van Suntum
Schlussfolgerungen / Kritik (3) 2.2 Das Hotelling-Problem
• Mit zunehmender Entfernung werden die Nachfrager auf den Konsum verzichten; vollständige Konzentration im Zentrum wird unrealistisch (Tirole 1995); Ineffizienz bei nur zwei Anbietern bleibt erhalten.
• Das im Preiswettbewerb unterliegende Unternehmen wird entweder verdrängt oder muss seinen Standort aus dem Zentrum verlagern (d‘Aspremont 1983); die Lösung bleibt ineffizient.
Positive Preiselastizität der Nachfrage
Unterschiede in der Produktionsfunktion
15Theoretische Grundlagen der Regionalökonomik, Prof. Dr. van Suntum
Weiterführende Literatur2.2 Das Hotelling-Problem
• Eaton, B. Curtis, Lipsey, Richard G. (1975) The Principle of Minimum Differentiation Reconsidered: Some New Developments in the Theory of Spatial Competition, in: Review of Economic Studies, Vol. 42, S. 27 - 49.
• Brenner, Steffen (2001) Hotelling Games with Three, Four and More Players, Arbeiten des Sonderforschungsbereich 373 an der Humboldt-Universität, Berlin.
• Economides, Nicholas (1993) Hotelling’s „Main Street“ with More than Two Competitors, in: Journal of Regional Science, Vol. 33, No. 3, S. 303 - 319.
• Salop, Stephen C. (1979) Monopolistic Competition with Outside Goods, in: Bell Journal of Economics, Vol. 10, S. 141 - 156.
• Tirole, Jan (1995) Industrieökonomik, München. • d' Aspremont, Claude, Gabszewicz, J. Jaskold, Thisse, Jacques F. (1983)
Product Differences and Prices, in: Economic Letters, Vol. 11, S. 19 - 23.• Gupta, Barnali, Pal, Debashis, Sarkar, Jyotirmoy (1997) Spatial Cournot
Competition and Agglomeration in a Model of Location Choice, in: Regional Science and Urban Economics, Vol. 27, S. 261 - 282.
16Theoretische Grundlagen der Regionalökonomik, Prof. Dr. van Suntum