Post on 24-Aug-2019
Klinik für Anästhesiologie
Worst-Case-Szenario: Adipositas permagna
Dr. med. Robert Kelm
32. Notfallmedizinische Jahrestagung
Klinik für Anästhesiologie
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Gliederung
Vorstellung Notfalleinsatz Analyse der aufgetretenen Probleme Literatur zu Adipositas permagna im Rettungsdienst
Zusammenfassung Diskussion
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Vorstellung Notfalleinsatz
Alarmierung NEF um 14:26 Uhr
Notarzt-Nachforderung RTW Akute Atemnot
Ankunft bei Patient um 14:36 Uhr
Erster Eindruck: Extrem übergewichtiger Patient (60 a) sitzend auf Sofa Deutliche Tachypnoe, kann keine Sätze sprechen Zyanose Lippen und Akren Sauerstoffgabe über Maske, Monitoring
Worst-Case-Szenario: Szenario, dem die Annahme zugrunde liegt, dass der schlimmste aller denkbaren Fälle eintreten wird
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Vorstellung Notfalleinsatz: ABCDE initial
A: Frei B: Zyanose, SpO2: 68%, AF: 40/min, AG: bds. sehr leise C: HF 100/min, SVT, RR 100/60 mmHg D: GCS 15, schläfrig, Pupillen o.p.B.
E: Morbide Adipositas (> 200 kg, BMI > 60), VE: art.
Hypertonie, OSAS, Ulcus ventriculi, CVI, Marcumar…
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Vorstellung Notfalleinsatz: Maßnahmen
Sauerstoffgabe über Maske von 6 auf 15 l/min erhöht
SpO2 80%
Versuch Anlage peripher-venöser Zugang Nach 30 min: 22 G re. Unterarm!
Rettungsleitstelle: Anforderung Feuerwehr, Schwerlast-RTW
Zur Rettung und Transport des Patienten aus dem 1. Stock, enges Treppenhaus
Medikamentengabe: Furosemid, Morphin
Zunächst leichte Besserung der Symptome
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Vorstellung Notfalleinsatz: Verlauf
Eintreffen Berufsfeuerwehr Mainz 15:00 Uhr
Rücksprache Einsatzleiter Feuerwehr: Entscheidung Alarmierung
Autokran der Feuerwehr sowie die Höhenrettungsgruppe der Berufsfeuerwehr Wiesbaden
Zeitgleich deutliche respiratorische Verschlechterung und
zunehmende Vigilanzminderung des Patienten
Vorbereitung Atemwegssicherung (Intubation)
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Vorstellung Notfalleinsatz: Weitere Maßnahmen
Notfallnarkose (Lagerung, Präoxygenierung, RSI…) Videolaryngoskopie (McGrath): Versuch Intubation
Frustran: Kein Vorschieben Tubus ID 8,0 möglich Masken-Beutel-Beatmung nicht möglich Sättigungsabfall: Einlage Larynxtubus (Größe 5): Beatmung möglich Erneuter Intubationsversuch erfolgreich (Tubus ID 7,5) Noradrenalingaben
Rettung des Patienten mittels Schleifkorbtrage und Feuerwehrkran
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Vorstellung Notfalleinsatz: Rettung des Patienten
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Vorstellung Notfalleinsatz: Weiterer Verlauf
Abfahrt Einsatzstelle (S-RTW): 16:55 Uhr Übergabe des stabilisierten Patienten (ICU): 17:20 Uhr
SpO2: 95%, etCO2: 50 mmHg, PCV RR 110/80 mmHg, HF 80/min
Von Alarmierung bis Übergabe: 3 h
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Analyse der aufgetretenen Probleme
1. Medizinische Versorgung: Medikamentengabe
Zeitdauer Anlage peripher-venöser Zugang von 30 min Alternative intraossärer Zugang:
Massive Stauungsdermatitis und Ulcus cruris venosum Unterschenkel bds. Schwierige anatomische Orientierung Oberarm und mangelnde Übung Team
Quellle: dasmobilewundzentrum.de/tag/ulcus-cruris/page/3/
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Analyse der aufgetretenen Probleme
2. Medizinische Versorgung: Atmung / Atemweg
Frühzeitige nicht-invasive-Beatmung
Aber Lagerung im Schleifkorb mit Beatmungsgerät und Flachlagerung
Trotz Videolaryngoskopie frustraner Intubationsversuch
Kurzzeitig „cannot ventilate, cannot intubate”-Situation mit konsekutivem Sättigungsabfall
Aber ein Algorithmus “Schwieriger-Atemweg“ wurde angewendet
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Analyse der aufgetretenen Probleme
1. Technische Rettung:
Immenser Personalaufwand (> 20 Einsatzkräfte) Einsatz von Spezialfahrzeugen (Autokran, S-RTW)
Zeitverlust durch technische Rettung bei kritisch kranken Patienten!
Nachforderung Einsatzkräfte Vorbereiten von technischen Maßnahmen
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Analyse der aufgetretenen Probleme: Fazit
Probleme und Komplikationen in nahezu allen Bereichen
Medizinisch:
Medikamentengabe (Medikamentendosierung) Lagerung Atemweg
Technische Rettung Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Daniel_Lambert
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Literatur zu Adipositas permagna im Rettungsdienst
Wenig spezifische Literatur zur notfallmedizinischen
Versorgung Viel Literatur zu klinischen Fragestellungen (Atemweg,
Intensivmedizin, bariatrische Chirurgie usw.)
Vorstellung von drei Arbeiten
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Literatur zu Adipositas permagna im Rettungsdienst
1. Predicting peripheral venous access difficulty in the emergency department using body mass index and a clinical evaluation of venous accessibility. Sebbane M, J Emerg Med. 2013 Feb;44(2):299-305.
„Difficult peripheral i.v. cannulation is significantly related to BMI Class“
„A BMI ≥ 30 kg/m², BMI < 18,5 kg/m², and an unfavorable and very unfavorable clinical evaluation of PV accessibility are independent risk factors for difficult peripheral venous cannulation“
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Literatur zu Adipositas permagna im Rettungsdienst
2. Neck circumference as a predictor of difficult intubation and difficult mask ventilation in morbidly obese patients: A prospective observational study. Riad W, Eur J Anaesthesiol. 2016 Apr;33(4):244-9.
„In summary, in morbidly obese patients undergoing general anaesthesia, we found that a BMI of more than 50 kg/m² and neck circumference more than 42 cm were independent predictors of difficult intubation. A BMI more than 50 kg/m² and male sex were independent predictors of difficult mask ventilation“
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Literatur zu Adipositas permagna im Rettungsdienst
3. Morbid obesity predisposes trauma patients to worse outcomes: a National Trauma Data Bank analysis. Ditillo M, J Trauma Acute Care Surg. 2014 Jan;76(1):176-9.
„In a cohort of matched patients, morbid obesity (BMI > 40) is a risk factor for the development of in-hospital complications and mortality after blunt traumatic injury”
„A total of 32,780 patients (morbidly obese, 16,390; nonobese,
16,390) were included in the study”
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Literatur zu Adipositas permagna im Rettungsdienst
Literaturempfehlungen: Notfallrettung XXL,
Adipositas-permagna-Patient im Rettungsdienst Wißuwa, H. & Puchstein, C. Anaesthesist (2011) 60: 63. doi:10.1007/s00101-010-1792-9
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Zusammenfassung 1
Spezialfahrzeuge (S-RTW) und Geräte stehen i.d.R. zur
Verfügung. Keine Transporte mehr auf Ladeflächen von LKWs…
Regionale Gegebenheiten müssen bekannt sein!
Zusammenarbeit mit anderen Fachdiensten (Feuerwehr) sollte trainiert werden!
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Zusammenfassung 2
Besonderheiten der medizinischen Versorgung müssen bekannt sein!
z.B. schwieriger Atemweg, Applikation von Medikamenten! Alternativen (Plan B) müssen bekannt und trainiert sein!
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Diskussion
Diskussion…..?