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VII Böschungs- und Geländebruch 29.09.2011
VII Böschungs- und Geländebruch
1 Einführung
Dieser Abschnitt behandelt den rechnerischen Nachweis der Gesamtstandsicherheit von
Stützbauwerken an Geländesprüngen sowie von Böschungen und Hängen in
Lockergesteinen nach den aktuellen, europaweit harmonisierten, nationalen technischen
Regelwerken (vgl. DIN 4084:2009-01 „Baugrund – Geländebruchberechnung“).
Es werden dabei im Wesentlichen folgende Konstruktionen berücksichtigt:
Hänge, Böschungen und Dämme, die nicht oder nur durch eine
Oberflächenabdichtung gesichert sind;
Nicht verankerte Stützbauwerke in Form von Gewichtsstützwänden, z.B.
Winkelstützwände, Stützkonstruktionen aus Gabionen, sowie nicht gestützte,
im Boden eingespannte Wände;
Einfach oder mehrfach durch Anker oder Zugpfähle verankerte Stützwände,
die durch ihre Fußeinspannung waagrechte und senkrechte Kräfte in den
Baugrund übertragen können;
Konstruktive Böschungssicherungen, z.B. Felsverankerung oder Hangver-
dübelung, die dadurch gekennzeichnet sind, dass die Außenhaut außer ihrem
Eigengewicht keine waagrechten oder vertikalen Auflagerlasten in den
Baugrund eintragen kann.
Böschungs- und Geländebruchberechnungen erfolgen nach dem EC 7-1 für den
Grenzzustand des Verlustes der Gesamtstandsicherheit (GEO-3). Nach dem EC 7-1 ist eine
ausreichende Sicherheit gegen Versagen gegeben, wenn die Grenzzustandsbedingung
Ed ≤ Rd eingehalten ist. Der Bemessungswiderstand Rd wird dabei mit den um die
Teilsicherheitsbeiwerte abgeminderten, charakteristischen Scherparametern (Abminderung
nach der Fellenius-Regel) ermittelt:
u
' '' ' ud d u,d
c c
ctan ctan bzw. c bzw. c
(Gl. VII-1)
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2 Begrifflichkeiten
Böschung: Erdkörper mit einer durch Abtrag oder Auffüllen künstlich hergestellten
geneigten Geländeoberfläche.
Bruchmechanismus: Das bei einem Böschungs- oder Geländebruch bzw. bei einer
Hangrutschung bewegliche System aus Scherzonen und Gleitkörpern (kinematische Kette).
Geländebruch: Das Abrutschen eines Erdkörpers an einer Böschung, an einem Hang oder
an einem Geländesprung einschließlich eines Stützbauwerkes und eines Teils des
umgebenden Bodens infolge der Überschreitung des Scherwiderstands des Bodens und
eventuell vorhandener Bauteile wird als Geländebruch bezeichnet. Der rutschende
Erdkörper kann sich dabei selbst verformen oder als annähernd starrer Körper abrutschen.
Ein Geländebruch wird als Böschungsbruch (Hangrutschung) bezeichnet, wenn es sich
um eine Böschung (Hang) handelt. Es besteht jedoch kein grundsätzlicher Unterschied
zwischen einem Geländebruch, Böschungsbruch und einer Hangrutschung.
Pd
Gd
Gd
Pd
Gd
a) b)
c)
Gleitlinie
Stützbauwerk
Gleitkörper
Abb. VII-1 Böschungs- (a und b) bzw. Geländebruch (c)
Geländesprung: Natürliche oder künstlich entstandene Stufe im Gelände mit oder ohne
Stützbauwerk.
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Gleitkörper: Ein Erdkörper mit oder ohne Stützkonstruktion, der auf einer Gleitfläche
rutscht.
Gleitfläche (auch Gleitfuge): Die Gleitfläche ist die vereinfacht als Fläche angenommene
Scherzone oder Scherfuge im Boden (Scherband). Als Gleitlinie wird die Schnittkurve der
Gleitfläche mit der betrachteten Schnittebene bezeichnet.
Hang: Erdkörper mit einer natürlich entstandenen geneigten Geländeoberfläche.
Scherzone: Bereich, in dem beim Böschungs- oder Geländebruch Scherverformungen im
Grenzzustand der Tragfähigkeit stattfinden. Eine dünne flächenhafte Scherzone wird als
Scherfuge bezeichnet.
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3 Gleitlinien und Bruchmechanismen
Der maßgebende Bruchmechanismus lässt sich nicht explizit ermitteln. Er muss iterativ
durch eine Extremwertsuche aus allen kinematisch möglichen Versagensfiguren bestimmt
werden. Als Bruchmechanismen kommen grundsätzlich Gleitkörper mit gerader Gleitlinie,
mit kreisförmiger Gleitlinie oder mit beliebig einsinnig gekrümmter Gleitlinie in Frage.
Darüber hinaus sind zusammengesetzte Bruchmechanismen mit mehreren Gleitkörpern
und geraden Gleitlinien möglich.
1. Bei Böschungen in annähernd homogenen Böden, bei denen keine konstruktiven
Elemente mitwirken, sowie bei Geländesprüngen mit mächtigem, weichem
Untergrund genügt es, Kreise als Gleitlinien zu betrachten.
2. Bei Böschungen mit ebener Oberfläche in nichtbindigen homogenen Böden sind
insbesondere böschungsparallele gerade Gleitlinien zu untersuchen.
3. Bei unbelasteten Böschungen aus bindigen Böden geht im dränierten Zustand
(Endfestigkeit) der ungünstigste Gleitkreis i.d.R. durch den Böschungsfuß. In allen
anderen Fällen ist von tiefliegenden Gleitkreisen (Austrittspunkt vor dem
Böschungsfuß) auszugehen (siehe Abbildung VII - 2).
Abb. VII-2 Bruchkörper annähernd homogener Böschungen
4. Bei Reibungsböden mit geringer Kohäsion ist ein flacher böschungsnaher Gleitkreis
zu erwarten. Bei einem trockenen oder vollständig wassergesättigten, kohäsionslosen
homogenen Reibungsboden, der nur unter Eigenlast steht, fällt die Neigung der
ungünstigsten Gleitlinie mit der Böschungsoberfläche (böschungsparallele Gleitlinie)
zusammen.
5. Bei Böschungen, bei denen die oberste Schicht eine hohe Kohäsion aufweist, sind
zusammengesetzte Bruchmechanismen mit geraden Gleitlinien zu untersuchen. Dabei
sind Bruchmechanismen, bei denen sich Zugkräfte ergeben, auszuschließen.
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6. Bruchmechanismen können jedoch auch wie in Abbildung VII-3 dargestellt durch von
der Baugrundschichtung vorgegebene Gleitflächen definiert sein.
Verwitterungszone
Abb. VII-3 Verwitterungszone als vorgegebene Gleitfläche
7. Bei bindigen Böden liegt der ungünstigste Gleitkreismittelpunkt im undränierten
Zustand (u = 0) etwa über der Böschungsmitte (siehe Abbildung VII-4).
aa
r
Abb. VII-4 Gleitkreis bei bindigen Böden im undränierten Zustand
8. Bei Böschungen und Geländesprüngen, bei denen konstruktive Elemente mitwirken,
empfiehlt es sich, gerade Gleitlinien bzw. zusammengesetzte Bruchmechanismen mit
geraden Gleitlinien zu untersuchen. Die Bruchmechanismen sollten dabei derart
variiert werden, dass die Gleitlinie zum einen die Zugglieder schneidet und zum
anderen die Zugglieder einschließt.
9. Wird die Ausbildung der Gleitfuge durch Gebäude oder sonstige Einschränkungen
behindert, sind zusammengesetzte Bruchmechanismen zu untersuchen.
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4 Einwirkungen
Für den Nachweis der Gesamtstandsicherheit sind u.a. folgende Einwirkungen zu
berücksichtigen:
Eigenlast des Gleitkörpers und der Stützkonstruktion; ständige Lasten
Veränderliche Lasten in oder auf dem Gleitkörper; diese Lasten werden nur
angesetzt, wenn sie ungünstig wirken;
Kräfte von vorgespannten Zuggliedern, wenn sie nicht selbstspannend, aber
günstig wirkend sind; diese Zugglieder sind mit ihrer Festlegekraft FA0 anzu-
setzen;
Wasserdrucklasten auf die Gleitflächen aus dem Porenwasserdruck u,
ermittelt aus dem Potentialliniennetz der Strömung bzw. aus der
hydrostatischen Druckhöhe, sowie Wasserdrücke auf die sonstigen
Begrenzungsflächen der Gleitkörper. Die Eigenlasten des Bodens werden
dabei mit den totalen Wichten (r) berechnet;
Erdbebenkräfte, angreifend in den Massenschwerpunkten der Gleitkörper.
Ungünstig wirkende Lasten sind solche, die über Gleitlinienabschnitten angeordnet sind,
deren Neigungen gegen die Horizontale größer sind als der Reibungswinkel des Bodens
d an der betreffenden Stelle, und die einen Neigungswinkel aufweisen, der selbst flacher
als 90° - d gegen die Horizontale in antreibender Richtung ist (siehe Abbildung VII-5).
Weiterhin dürfen veränderliche Lasten auf der antreibenden Seite nur berücksichtigt
werden, wenn deren Abstand vom Gleitkreismittelpunkt größer als r · sin d (siehe
Abbildung VII-5) ist.
Ein Zugglied wirkt in günstiger Richtung, wenn der Winkel a zwischen der Achse des
Zuggliedes und der Gleitrichtung des Bruchmechanismus im Schnittpunkt der äußeren
Gleitlinie mit dem Zugglied kleiner als 90° (a ≤ 90°) ist (siehe Abbildung VII-5).
Ein Zugglied gilt als selbstspannend, wenn sich der Gleitkörper, in dem sich der Kopf des
Zuggliedes befindet, annähernd wie ein starrer Körper auf einer Gleitlinie bewegt und der
Winkel a bestimmte Grenzwerte nicht überschreitet:
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Locker gelagerter nichtbindiger bzw. weicher bindiger Boden: a ≤ 75°
Steifer bindiger Boden: a ≤ 80°
Mitteldicht gelagerter nichtbindiger bzw. halbfester bindiger Boden: a ≤ 85°
Dicht gelagerter nichtbindiger Boden: a ≤ 90°
U1
U2
U3
FA,d
HdM
pd
Pd
r .sin�d
�a �GW,d
G2,tot,d
Fd
U2
U3U1
G2,tot,d
Pd
Fd
Hd
G+G
1,d
W,d
G1,d
�A
90° FA,d
�
G’2,d
G’2,d
Abb. VII-5 Einwirkungen
Alternativ zur Nachweisführung mit den totalen Wichten und den Wasserdrücken aus dem
Potentialnetz kann der Nachweis der Standsicherheit unter Verwendung der wirksamen
Wichte des Bodens erfolgen. Die wirksame Wichte ergibt sich als vektorielle Summe
aus der Wichte des Bodens unter Auftrieb ’ und der spezifischen Strömungskraft fs. Diese
Variante sollte nur verwendet werden, wenn die Richtung der Strömungskraft hinreichend
genau angegeben werden kann (siehe Abbildung VII-6).
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Ures
u
Rd
Rd
Ures
Gtot,d
G = Vtot,d r,d�.
G = V’ ’d d�.
S’d
G’d
Variante I Variante II
S’d
Abb. VII-6 Berücksichtigung einer Durchströmung
Ein zusätzlich auftretender Porenwasserüberdruck u muss zum hydrostatischen
Wasserdruck addiert werden.
Bei Böschungen mit längerer Standzeit in kohäsiven Böden sind Zugrisse mit einer Tiefe
von h*c zu berücksichtigen (siehe Abbildung VII-7):
'* dc '
d
2 ch
tan 452
(Gl. VII-2)
In den Rissen sind ggf. Wasserdrücke anzusetzen. Die Zugrisse können durch
Zugspannungen infolge der geneigten Oberfläche bei Inanspruchnahme der Kohäsion
entstehen. Diese Zugspannungen können vom Boden auf Dauer nicht aufgenommen
werden.
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h*
c
Wasserdruckim Zugriss
Abb. VII-7 Böschung mit Zugriss in kohäsivem Boden
Wenn die Kreisgleitlinie an der unteren Austrittsstelle beim kreisförmigen
Lamellenverfahren steiler als die Erdwiderstandsgleitfuge für p = 0 ist, muss statt der
Lamelle der Erdwiderstand angesetzt werden (siehe Abbildung VII-8).
Ep,d
o�P = 45 -
�
2-
Abb. VII-8 Berücksichtigung des Erdwiderstandes
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5 Widerstände
Bei bindigen Böden ist festzulegen, ob die Scherparameter des undränierten Bodens
(Anfangsstandsicherheit mit u, cu) oder die des dränierten Bodens (Endstandsicherheit mit
’, c’) zu verwenden sind.
Soweit Zugglieder, Dübel oder Pfähle von Gleitlinien geschnitten werden bzw. Steifen von
außen auf den Gleitkörper einwirken, ist bei jedem Bruchmechanismus zu prüfen, ob die in
diesen Bauteilen wirkende Kräfte günstig oder ungünstig gerichtet sind (siehe auch
Abschnitt 4). Die Kräfte von Steifen sind an deren Angriffspunkt, die von Zuggliedern,
Dübeln oder Pfählen am Schnittpunkt mit der Gleitlinie anzusetzen (siehe Abbildung VII-
9).
Z
Q
Q
Z
D
D
Z
Ansatz der Schnittkräfte
Kein Ansatz der Schnittkräfte
Abb. VII-9 Ansatz der Schnittkräfte bei konstruktiven Elementen
Für den Ansatz der Kräfte von Zuggliedern wird unterschieden zwischen vorgespannten
(z.B. vorgespannte Verpressanker) und nicht vorgespannten (schlaffen, z.B. Zugpfähle,
Bodennägel, Geokunststoffe usw.) Zuggliedern. Mit FA0 wird die Festlegekraft des
vorgespannten Zuggliedes bezeichnet. Die Festlegekraft FA0 ist die Kraft, auf die ein
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Anker am Ende der Prüfung angespannt wird. Die Kraft einer Steife, eines Pfahles oder
eines Zuggliedes wird mit FA abgekürzt. Sie ergibt sich aus den charakteristischen
Einwirkungen infolge der Verbauwandstatik. Die Festlegekraft FA0 ist eine ständig
vorhandene, in ihrer Größe unveränderliche Einwirkung. Sie wird entsprechend den
charakteristischen Einwirkungen festgelegt, in der Regel mit 80% der charakteristischen
Einwirkungen.
Die Bemessungswerte ergeben sich aus den charakteristischen Werten der Eindring- oder
Herausziehwiderstände bzw. der Dübelwiderstände durch Division mit dem
Teilsicherheitsbeiwert nach dem EC 7-1 bzw. dem Teilsicherheitsbeiwert der
entsprechenden Bauartnorm.
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6 Berechnungsverfahren
6.1 Allgemeines
Die technischen Regelwerke enthalten verschiedene Berechnungsverfahren. Es wird
differenziert zwischen:
dem lamellenfreien Verfahren für kreisförmige Gleitlinien,
dem lamellenfreien Verfahren für gerade Gleitlinien,
dem Lamellenverfahren für kreisförmige Gleitlinien,
dem Lamellenverfahren für nicht kreisförmige Gleitlinien,
dem Blockgleitverfahren und
dem Verfahren der zusammengesetzten Bruchmechanismen mit
geraden Gleitlinien.
Bei den Lamellenverfahren wird der Gleitkörper in vertikale Lamellen unterteilt.
Lamellenfreie Verfahren betrachten hingegen den gesamten Gleitkörper als monolithische
Einheit.
Eine ausreichende Sicherheit gegen Versagen ist gegeben, wenn für die
Grenzzustandsbedingung der Tragfähigkeit gilt:
Ed ≤ Rd bzw. EM,d ≤ RM,d oder M,dd
d M,d
EE1 bzw. 1
R R (Gl. VII-3)
mit: Ed Resultierende der Einwirkungen parallel zur Gleitlinie
Rd Resultierende der Widerstände parallel zur Gleitlinie
EM,d Resultierendes Moment um den Gleitkreismittelpunkt aus den
Einwirkungen
RM,d Resultierendes Moment um den Gleitkreismittelpunkt aus den
Widerständen
Ausnutzungsgrad
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Der Nachweis einer ausreichenden Sicherheit ist mit dem ungünstigsten
Bruchmechanismus zu führen. Im Allgemeinen sind hierzu mehrere Varianten zu
untersuchen. Die Abbildung VII-10 zeigt für eine homogene Böschung das Ergebnis einer
Variationsberechnung in Form von Linien gleicher Ausnutzungsgrade für verschiedene
Bruchmechanismen. Der maßgebende Gleitkreis ist hierbei der mit dem höchsten
Ausnutzungsgrad .
r
max Linie gleicher Aus-nutzungsgrade
Suchfeld
Abb. VII-10 Ergebnis einer Variationsberechnung für eine homogene Böschung
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6.2 Lamellenfreies Verfahren für kreisförmige Gleitlinien
Das lamellenfreie Verfahren eignet sich bei Gleitkörpern in einer homogenen
Bodenschicht zur überschlägigen Berechnung bzw. Abschätzung der
Gesamtstandsicherheit.
Zur Berechnung der Sicherheit gegen Böschungsbruch werden die einwirkenden Größen
(inkl. der auf den Gleitkörper wirkenden Wasserdruckkräfte) zu einer Resultierenden Fd
zusammengefasst. Zur graphischen Ermittlung der Resultierenden Fd kann das
Seileckverfahren verwendet werden (siehe Abbildung VII-11).
Pd
F
4
Gtot,d
U1,d U1,d
U2,d
M
0
1
2
3
0
11
2
3
4Pd
Gtot,dFd
U1,d
U2,d
Pol
e
Lageplan
Kraftplan
Abb. VII-11 Bestimmung der resultierenden Einwirkung Fd mit dem Seileckverfahren
Entlang der Gleitlinie wirken Normal- und Scherspannungen. Die Spannungen werden zu
resultierenden Kräften (Kohäsionskraft Fc,d und Resultierende aus Normal- und
Reibungskraft Qd) zusammengefasst, deren Größe, Richtung und Wirkungslinie durch die
Betrachtung des Grenzgleichgewichtzustands bestimmt werden können.
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B
A
M
r
lAB
C
r
r
rc
c = c r d = constd
d
c
c c
B
A
M
r
lAB
Cd
�r
��r
rc
�c = c r d = constd d
d�
�
cd
cd
cd
Die in der Gleitfuge wirkende Kohäsionsspannung cd wird in einen Anteil Fc,d || parallel zur
Sehne AB und in einen Anteil c,dF senkrecht zur Sehne AB zusammengefasst. Die
Komponenten Fc,d || und c,dF ergeben sich zu (siehe Abbildung VII-12):
r
r
||c,d d d r d ABF cos ( ) c r d 2 c r sin ( ) c l
(Gl. VII-4)
r
r
c,d dF sin ( ) c r d 0
(Gl. VII-5)
lAB = 2 . r . sin (r)
Abb. VII-12 Bestimmung der resultierenden Kohäsion Fc,d
Die resultierende Kohäsionskraft Fc,d entspricht damit der Komponente Fc,d || parallel zur
Sehne. Die Lage der resultierenden Kohäsionskraft und damit der Abstand vom
Gleitkreismittelpunkt rc ergibt sich aus der Bedingung, dass die resultierende
Kohäsionskraft Fc,d das gleiche Moment erzeugen muss wie die verteilten
Kohäsionsspannungen cd.
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r
r
c,d c d AB c d d rF r c l r r c r d c r (2 r)
(Gl. VII-6)
rc
r
r rsin
(r im Bogenmaß) (Gl. VII-7)
Die Kraft Qd ist die Resultierende aus den wirksamen Normal- und Reibungskräften in der
Gleitlinie. Die Größe und Richtung von Qd wird aus dem Krafteck aller angreifenden
Kräfte bestimmt (siehe Abbildung VII-13). Unter Verwendung des Kosinussatzes ergibt
sich:
2 2d d d c,d c,dQ (F 2 F F sin( ) F ) (Gl. VII-8)
� r
r sinT d�M
Fd
Qd
Fc,d
r
� r
rc
e
�
Qd
TdFc,d
�d
Nd
Fd
90°- �
cos (90°- ) = sin ( )� �
Td
Nd
rT
�
Abb. VII-13 Bestimmung der Resultierenden aus Normal- und Reibungskraft Qd
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Die Lage des Kraftangriffspunktes von der Resultierenden Qd aus den Normal- und
Reibungskräften ist abhängig von der Spannungsverteilung entlang der Gleitlinie. Der
Abstand rT vom Gleitkreismittelpunkt lässt sich unter Berücksichtigung der
Spannungsverteilung analog zum Abstand rc ermitteln (siehe Abbildung VII-13 und 14):
r
r
d T d d dT r Q sin r ( ) tan r² d
(Gl. VII-9)
M
A
B
r�r
�
�r
T = N tan ( )d d d�
�( )
rT
� �= tan( )d
Abb. VII-14 Bestimmung des Abstandes rT
Die Resultierende Nd ergibt sich durch Projektion aller Normalspannunngen () auf die
Symmetrale:
r
r
dN ( ) cos r d
(Gl. VII-10)
Unter Berücksichtigung von T = N · tan d und Gleichung VII-9 lässt sich für rT schreiben:
r r
r r
r
r
d d
Td
d
( ) tan r² d ( ) tan r² d
rT
tan ( ) cos r d
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r
r
r
r
T
( ) d
r r r
( ) cos d
(Gl. VII-11)
Der Faktor zur Berechnung von rT = . r ist in der Tabelle VII-1 für verschiedene
Spannungsverteilungen angegeben (r ist dabei im Bogenmaß anzusetzen).
Spannungsverteilung Faktor
Punktförmige konzentrierte
Spannungen
1
Gleichmäßige Spannungs-
verteilung
r
rsin
Sichelförmige Spannungs-
verteilung
r
r
11
2 sin
Tab. VII-1 Faktoren zur Berücksichtigung der Spannungsverteilung
Das widerstehende Moment RM setzt sich folglich aus einem Reibungsanteil und einem
Kohäsionsanteil zusammen (siehe Abbildung VII-13):
M,d d T c,d c d d d rR T r F r Q sin r 2 c r² (Gl. VII-12)
Das einwirkende Moment ergibt sich zu (siehe Abbildung VII-13):
M,d dE F e (Gl. VII-13)
T
N
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6.3 Lamellenfreies Verfahren für gerade Gleitlinien
Für den Fall der allgemeinen geraden Gleitlinien sind folgende Gleichungen für die
resultierende Einwirkung Ed und für den resultierenden Widerstand Rd anzuwenden.
Pd
FA1,d
�
Gd
Qd�A2
�d
�
�A1
cd
FA2,d
lc
Abb. VII-15 Gleitkörper mit gerader Gleitlinie
Die Gleichungen basieren auf einer Kräftebilanz in der Gleitfuge (siehe Abbildung VII-
15).
d d d d A0i,d A0ii
E T G sin P cos ( ) F cos ( ) (Gl. VII-14)
d d Aj,d Aj A0i,d A0ij i
d d d d c Aj,d Ajj
R [G cos F sin ( ) F sin ( )
P sin ( ) U ] tan c l F cos ( )
(Gl. VII-15)
mit: Ud Porenwasserdruck, normal zur Gleitlinie wirkend
FA0i,d Bemessungswert der Festlegekraft eines vorgespannten Zuggliedes
FAj,d Bemessungswert der Kraft eines Zuggliedes, eines Pfahles oder einer
Steife
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Für vorgespannte Zugglieder kann entweder die Festlegekraft FA0,d oder die Kraft FA,d
angesetzt werden. Es dürfen jedoch nicht beide Kräfte angesetzt werden.
Ein Sonderfall der geraden Gleitlinien sind die böschungsparallelen geraden Gleitlinien.
Sie treten bei trockenen oder vollständig wassergesättigten nichtbindigen (kohäsionslosen)
homogenen Böden unter Eigenlast auf. Berechnungen mit böschungsparallelen geraden
Gleitlinien (ohne Berücksichtigung der gekrümmten Endbereiche) werden für die
Überprüfung der so genannten örtlichen Standsicherheit von Böschungen insbesondere im
Austrittsbereich von Grundwasser (Hangquellen) verwendet.
Fall 1: Nicht durchströmte Böschung
Die resultierenden einwirkenden bzw. widerstehenden Größen ergeben sich hierbei zu
(siehe Abbildung VII-16):
d GE sin (Gl. VII-16)
d G dR cos tan (Gl. VII-17)
�d
�
c = 0dER,d
EL,d
Qd
Gd
E = EL,d R,d
Einheits-element
Abb. VII-16 Ansatz der Kräfte bei einer böschungsparallelen kohäsionslosen Gleitfläche
Der Kräftevergleich zwischen der resultierenden Einwirkung Ed und dem resultierenden
Widerstand Rd bezogen auf die Gleitfläche zeigt, dass eine trockene, kohäsionlose
Böschung höchstens unter dem Reibungswinkel d geneigt sein kann, so dass gilt:
tan ≤ tan d (Gl. VII-18)
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Fall 2: Volldurchströmte Böschung
Bei einer volldurchströmten Böschung mit Grundwasseraustritt gilt in Abhängigkeit von
der Strömungsrichtung w (0 ≤ w ≤ :
d w GE ( ' ) sin (Gl. VII-19)
d w w G dR ( ' cos sin tan ( )) tan (Gl. VII-20)
Die spezifische Strömungskraft fs,d = w·G·i ergibt sich aus der Wichte des Wassers w und
dem hydraulischen Gefälle i. Für eine böschungsparallele Strömung ( = w) gilt i = sin
(siehe Abbildung VII-17).
�d
�
c = 0dER,d
EL,d
Qd
Gd
E = EL,d R,d
Einheits-element
Sd
l
h
Auszug aus demPotentialliniennetz �w
Abb. VII-17 Ansatz der Kräfte bei einer böschungsparallelen kohäsionslosen Gleitfläche
Damit ergibt sich für die volldurchströmte Böschung eine höchstmögliche
Böschungsneigung von:
d
w
' tantan
'
(Gl. VII-21)
Für den Fall, dass die Wichte des anstehenden Bodens unter Auftrieb in etwa der Wichte
des Wassers entspricht (w ≈ ´), besagt die Gleichung VII-21, dass eine parallel zur
Oberfläche volldurchströmte Böschung nur etwa halb so steil wie eine nicht durchströmte
Böschung geneigt sein kann.
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VII Böschungs- und Geländebruch 29.09.2011
6.4 Lamellenverfahren für kreisförmige Gleitlinien nach Bishop
Beim Lamellenverfahren nach Bishop wird der Gleitkörper in vertikale Lamellen unterteilt
(siehe Abbildung VII-18). Damit lassen sich geschichtete Böden und unterschiedliche
Scherparameter entlang der Gleitlinie berücksichtigen. Die Breiten der Lamellen werden
entsprechend der Schichtung des Bodens und der Geländeform gewählt.
Zur Herleitung der Gleichungen werden die Einwirkungen für die einzelnen Lamellen
betrachtet. Es wird für jede Lamelle das Kräftegleichgewicht sowie für den gesamten
Gleitkörper das Momentengleichgewicht nachgewiesen.
Für das resultierende Moment um den Gleitkreismittelpunkt aus den Einwirkungen am
Gleitkörper lässt sich schreiben (siehe Abbildung VII-18):
M,d i,d vi,d i s,di
E r G P sin M (Gl. VII-22)
Der Widerstand in der Gleitfuge (aufnehmbare Schubkraft) beträgt:
ifi,d i,d i,d i,d i i,d i,d i,d
i
bT N tan c l N tan c
cos
(Gl. VII-23)
Da für den Gleichgewichtszustand nicht unbedingt die gesamte aufnehmbare Schubkraft
angesetzt werden muss, wird ein für alle Lamellen konstant angenommener
Ausnutzungsgrad des Bemessungswiderstandes eingeführt. Somit ist die mobilisierte
Schubkraft:
ii,d fi,d i,d i,d i,d
i
bT T N tan c
cos
(Gl. VII-24)
Die fehlende Normalkraft Ni,d in der Gleichung VII-24 ergibt sich an der Einzellamelle aus
der Forderung nach vertikalem Gleichgewicht (V = 0).
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VII Böschungs- und Geländebruch 29.09.2011
�
��i
��i
�id
�
M
pd
GW
3
r sin �d
r
�
Pvi,d
�i
Gi,d
�i
Ui,d
Ni,d
Wr,d
Ti,d
bi
hi
Wl,d
Er,d
El,d
Ui,d
Wl,d
S
Pvi,d
Gi,d
Ni,d
�i
Qi,d
Ntan
i,d�
� Cid
� id
1 2 i-1 i
i+1hi
bi
�i
li
�l
�r
Ti,d
GW
Wr,d
El,d
Er,d
S
Abb. VII-18 Lamellenverfahren nach Bishop
Bei der vereinfachten Definition nach Bishop werden die Lamellenseitenkräfte bzw. deren
Resultierende S als horizontal angenommen ( = 0). Wegen der Vernachlässigung der
vertikalen Komponente stellt die Lösung eine Näherung dar, bei der der Fehler im
Allgemeinen nicht größer als 5 % ist.
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VII Böschungs- und Geländebruch 29.09.2011
i,d i,d i i,d i,d c,i,d i i,d vi,dN U cos N tan F sin G P 0 (Gl. VII-25)
i,d vi,d i,d i i,d i ii,d
i i,d i
G P u b c l sinN
cos tan sin
(Gl. VII-26)
Das resultierende Moment aus den Widerständen um den Gleitkreismittelpunkt ergibt sich
somit aus den Gleichungen VII-24 und VII-26 zu:
i,d vi,d i,d i i,d i,d iM,d i,d
i i i i,d i
G P u b tan c bR r T r
cos tan sin
(Gl. VII-27)
In den Gleichungen VII-22 und VII-27 ist der Richtungswinkel i vorzeichengetreu einzu-
setzen. Bei Lamellen mit antreibender (haltender) Wirkung ist er positiv (negativ)
anzusetzen.
Sollen zusätzlich konstruktive Elemente berücksichtigt werden, müssen die Gleichungen
erweitert werden (ohne weitere Herleitung):
M,d i,d vi,d i A0i,d i A0i s,di
E r G P sin F cos ( ) M (Gl. VII-28)
i,d vi,d Ai,d Ai A0i,d A0i i,d i i,dM,d
i i i,d i
G P F sin F sin u b tanR r
cos tan sin
i,d i Si,d iAi,d i Ai R,d
ii i,d i
c b R cosr F cos ( ) M
cos tan sin
(Gl. VII-29)
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VII Böschungs- und Geländebruch 29.09.2011
mit: Gi,d Eigenlast einer Lamelle
Pvi,d Last auf eine Lamelle
FAi,d Bemessungswert der Kraft eines Zuggliedes, einer Steife oder eines
Pfahles
FA0i,d Bemessungswert der Festlegekraft eines vorgespannten Zuggliedes
A Neigungswinkel der Achse eines konstruktiven Elements oder eines
Zuggliedes gegen die Horizontale (nach unten positiv)
Ms,d Einwirkendes Moment um den Gleitkreismittelpunkt infolge von
Einwirkungen, die in Gi,d und Pvi,d nicht enthalten sind
MR,d Widerstehendes Moment aus Kräften, die weder in FA,d noch TSi,d
enthalten sind.
Rsi,d Scherwiderstand eines Konstruktionsteils, das durch die Gleitflächen
geschnitten wird und parallel zur Gleitfläche wirkt
Für vorgespannte Zugglieder kann entweder die Festlegekraft FA0,d oder die Kraft FA,d
angesetzt werden. Es dürfen jedoch nicht beide Kräfte angesetzt werden.
Zur Ermittlung des Ausnutzungsgrades wird mit einem geschätzten Wert der
Widerstand RM,d berechnet. Anschließend wird mit der Gleichung VII-3 der tatsächliche
Ausnutzungsgrad bestimmt. Sollte es dabei zu einer Abweichung von mehr als 3 %
kommen, muss der Rechenvorgang mit einem modifizierten Ausnutzungsgrad wiederholt
werden.
Soll lediglich die ausreichende Standsicherheit nachgewiesen werden, so darf bei der
Berechnung von RM,d der Ausnutzungsgrad zu = 1 gesetzt werden.
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VII Böschungs- und Geländebruch 29.09.2011
6.5 Lamellenverfahren für nicht kreisförmige Gleitlinien
Für einsinnig gekrümmte, annähernd böschungsparallele Gleitlinien kann das
Lamellenverfahren für nicht kreisförmige Gleitlinien verwendet werden. Die
nachfolgenden Gleichungen beruhen auf der Annahme, dass die Erddrücke in den
vertikalen Lamellenrändern horizontal sind.
bi+1b1 b2 bi-1 bn-1
hi
n
bi bn
Abb. VII-19 Einsinnig gekrümmte, annähernd böschungsparallele Gleitlinie
Die Einwirkungen und Widerstände ergeben sich zu:
i A0id i,d vi,d i A0i,d h,d
i i
cos ( )E G P tan F F
cos
(Gl. VII-30)
i,d vi,d Ai,d Ai A0i,d A0i i i i,dd 2
i i i,d i
G P F sin F sin u b tanR
cos (1 tan tan )
i,d i Si,d i i Ai
Ai,d2i ii i,d i
c b R cos cos ( )F
coscos (1 tan tan )
(Gl. VII-31)
mit: Fh,d Resultierender, horizontaler Bemessungswert der
äußeren Einwirkungen
Die horizontale Komponente aller äußeren Einwirkungen Fh,d ist in der Gleichung VII-30
positiv einzusetzen, wenn sie antreibend wirkt.
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VII Böschungs- und Geländebruch 29.09.2011
6.6 Bruchmechanismen mit geraden Gleitlinien
Sind bei der Nachweisführung konstruktive Elemente oder Böschungen in
überkonsolidierten Böden zu berücksichtigen bzw. sind die Gleitflächen aufgrund der
Baugrundschichtung vorgegeben, dann eignen sich kreisförmige oder lang gestreckte
böschungsparallele Gleitlinien als Bruchmechanismus nur bedingt. In solchen Fällen
sollten Bruchmechanismen mit geraden Gleitlinien und mindestens zwei Gleitkörpern
untersucht werden.
Es wird dabei unterschieden zwischen dem Blockgleit-Verfahren und dem Verfahren der
zusammengesetzten Bruchmechanismen mit geraden Gleitlinien.
Das Blockgleit-Verfahren stellt eine Vereinfachung des Verfahrens der
zusammengesetzten Bruchmechanismen mit geraden Gleitlinien dar. Beim Blockgleit-
Verfahren werden im Allgemeinen je nach Schichtung drei bis fünf Teilgleitkörper
gewählt. Die Teilgleitkörper werden durch vertikale Lamellenschnitte begrenzt. Beim
Verfahren der zusammengesetzten Bruchmechanismen mit geraden Gleitlinien sind die
inneren Gleitlinien hingegen meist geneigt (siehe Abbildung VII-21). Die Erddruckkräfte
an den inneren Lamellenschnitten werden nach der Erddrucktheorie angesetzt. Die
Annahme einer horizontalen Richtung führt i.d.R. zu auf der sicheren Seite liegenden
Ergebnissen.
Aus den einwirkenden und widerstehenden Größen wird unter Berücksichtigung des
Gleichgewichtszustandes an den Teilgleitkörpern ein Krafteck am Gesamtgleitkörper
konstruiert (siehe Abbildung VII-20). Wenn sich das Krafteck, ohne das Antragen einer
zusätzlichen Kraft Td, schließt, ist die Böschung im Grenzgleichgewicht und gilt damit
als nachgewiesen. Im Allgemeinen ist aber zum Schließen des Kraftecks eine Zusatzkraft
Td notwendig. Wirkt die Zusatzkraft antreibend (i.d.R. hangabwärts), ist die Böschung
ebenfalls im Gleichgewicht. In Abbildung VII-20 ist die Kraft Td hingegen als
zusätzliche Stützkraft angetragen, die notwendig ist, um Gleichgewicht herzustellen. Ohne
diese Zusatzkraft würde es rechnerisch zu einem Böschungsbruch kommen. Die
Zusatzkraft muss durch zusätzliche Tragelemente (z.B. Dübel) gewährleistet werden.
Überwiegen die vertikalen Bewegungskomponenten beim Bruchmechanismus, z.B. infolge
von hohen, vertikalen, begrenzten Auflasten oder beim Vorhandensein von
Stützbauwerken bzw. eingebetteter Bauwerke, ist das Blockgleit-Verfahren ungeeignet.
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Pd
G1,d
G2,d
G3,d
U32,d
E12,d
U12,d
U + E32,d 32,d
U1,d
U3,d
Q1,d
C2,d
Q2,d
Q3,d
�3,d
�2,d
U2,d
�1,d
Pd
G1,d
U + E12,d 12,d
Q1,d
U1,d
G2,d
G3,d
E32,d
C2,d
U2,d
Q2,d
Td
Verwitterungszone
Krafteck
Q3,d
Gleitkörper 1
Gleitkörper 2
Gleitkörper 3
U3,d
Td
Abb. VII-20 Blockgleit-Verfahren
Ein zusammengesetzter Bruchmechanismus mit geraden Gleitlinien bei einem
Böschungs- oder Geländebruch besteht aus mehreren in sich starr angenommenen
Gleitkörpern. Es ist im Allgemeinen ausreichend, die Untersuchung auf maximal vier
Gleitkörper zu beschränken.
Jeder dieser Gleitkörper gleitet mit je einer äußeren Gleitlinie auf dem unbewegten
Untergrund und mit einer bzw. zwei inneren Gleitlinien relativ zu den angrenzenden
Gleitkörpern. Durch den Schnittpunkt von zwei äußeren Gleitlinien geht eine innere
Gleitlinie (siehe Abbildung VII-21).
Zum Aufsuchen des ungünstigsten Bruchmechanismus sind im Allgemeinen die äußeren
und inneren Gleitlinien zu variieren, soweit sie nicht durch die Baugrundverhältnisse
vorgegeben bzw. aus Messungen bekannt sind. Zur Wahrung der kinematischen
Erläuterung zur Vorgehensweise bei der Konstruktion des Kraftecks:
1. Erfüllung des Grenzgleichgewichts am Körper 1 (Pd, G1,d, U1,d bekannt; Wirkungslinie von U12,d , E12,d , Q1,d bekannt)
2. Ergänzung des Kraftecks um die Einwirkungen G2,d, G3,d
3. Erfüllung des Grenzgleichgewichts am Körper 3 (U3,d bekannt; Wirkungslinie von U32,d , E32,d , Q3,d bekannt)
4. Ergänzung des Kraftecks (U2,d , Wirkungslinie von Q2,d , bekannt)
5. Ggf. Eintragung des Gleichgewichtsfehlers Td
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VII Böschungs- und Geländebruch 29.09.2011
Verträglichkeit muss gewährleistet sein, dass für den Winkel ji zwischen den sich
schneidenden äußeren Gleitlinien gilt:
ji ≤ 180° (Gl. VII-32)
Damit ist nachgewiesen, dass die Gleitlinien sich von einer einsinnig gekrümmten Linie
umhüllen lassen.
Bruchmechanismen, bei denen sich senkrecht zu den inneren Gleitlinien rechnerisch
Zugkräfte bzw. unendlich große Druckkräfte ergeben, sind physikalisch nicht möglich und
müssen ausgeschlossen werden. Bei kohäsionslosen Böden lassen sich Bruchmechanismen
ausschließen, wenn für die Winkel j (mit j = i + 1) zwischen den äußeren und inneren
Gleitlinien folgende Bedingung gilt:
j i ijarctan ( tan ) arctan ( tan ) (Gl. VII-33)
Bei Bruchmechanismen in kohäsiven Böden reicht die Ungleichung Gleichung VII-33
nicht aus, um Zugkräfte auszuschließen. Hierzu sind für das rechnerische
Grenzgleichgewicht die Normalkräfte in den Gleitlinien zu bestimmen. Für die in den
inneren Gleitlinien ermittelten rechnerischen Zugkräfte ist zu prüfen, ob sie mit der
Kohäsion vereinbar sind.
Die Vorgehensweise bei der Nachweisführung ist analog zum Blockgleit-Verfahren. Die
Sicherheit gegen Geländebruch ist ausreichend, wenn mit den Bemessungswerten der
Einwirkungen und Widerstände für jeden Bruchmechanismus durch Hinzufügen einer in
antreibender Richtung wirkenden gedachten Zusatzkraft Td Gleichgewicht hergestellt
werden kann (siehe Abbildung VII-21). Es empfiehlt sich die Zusatzkraft am jeweils
größten Gleitkörper des Bruchmechanismus anzusetzen.
Um unterschiedliche Bruchmechanismen vergleichen zu können, muss der
Ausnutzungsgrad bestimmt werden. Diese Berechnung erfolgt außer bei rein kohäsiven
Böden iterativ. Dazu wird für den Ausnutzungsgrad ein Wert geschätzt, mit dem alle
Bemessungswiderstände multipliziert werden. Ergibt sich für diese abgeminderten
Widerstände ein rechnerisches Grenzgleichgewicht, wobei die Zusatzkraft Td = 0 ist, so
entspricht der angenommene Wert dem Ausnutzungsgrad des Bemessungswiderstandes
für den untersuchten Bruchmechanismus.
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VII Böschungs- und Geländebruch 29.09.2011
P1,d
FA1,d
Gleitkörper 2
F2,d
P1,d
���
��
Gleitkörper 1
G1,d
�
�r
u21,d u1,d
G1,d
P1,d
U1,d
U21,d
F1,d
�r
�
G2,d
u21
u2,d
G2,d
U21,d
u21,d
U2,d
F2,d
��
FA2,d
T2,d
C2,d
Q2,d
�2,d
C21,d
F1,d
C21,d
�21,d
Q21,d
Q21,d
C1,dQ1,d
�1,dQ1,d
C1,d
F1,d
C21,d
Q21,d
C2,d
F +FA2,d A1,d
F2,d
Q2,d
T2,d
�2,d
R2,d
Äußere Gleitlinie
Innere Gleitlinie
�21,d
Bestimmung der resultierenden Einwirkungen je Gleitkörper
Bestimmung der treibenden Zusatzkraft
Lageplan
Kraftplan
��
���
Abb. VII-21 Zusammengesetzter Bruchmechanismus mit zwei Gleitkörpern
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VII Böschungs- und Geländebruch 29.09.2011
7 Bemerkungen zum Verformungsverhalten
Mit den in den verfügbaren technischen Regelwerken angegebenen Verfahren können
derzeit keine Verformungen (Grenzzustand der Gebrauchstauglichkeit) berechnet werden.
Erfahrungsgemäß gelten für einfache Standardfälle die folgenden Sachverhalte:
Bei mitteldicht bis dicht gelagerten nichtbindigen und bei steifen bis
halbfesten bindigen Böden beinhalten die Teilsicherheitsbeiwerte der
Bemessungssituation BS-P nach dem EC 7-1 im Allgemeinen eine
ausreichende Sicherheit gegen unzulässig große Verformungen bei
Geländesprüngen und Böschungen ohne Bebauung.
Bei Böschungen in weichen bindigen Böden ist in der Regel die Grenze der
Verformungen für die Bemessung maßgebend. Zur Einhaltung der Grenzver-
formungen ist bei Böden, die im undränierten Triaxialversuch
Scherdehnungen von mehr als 20 % aufweisen, in der Regel ein
Ausnutzungsgrad = 0,67 zu-grunde zu legen. Bei Böden, die im
undränierten Triaxialversuch Scherdeh-nungen zwischen 10 % und 20 %
aufweisen, darf zwischen den Werten = 0,67 und = 1,0 linear interpoliert
werden.
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VII Böschungs- und Geländebruch 29.09.2011
8 Beispiele
8.1 Lamellenfreies Verfahren für kreisförmige Gleitlinien
Für die unten dargestellte Böschung ist der Grenzzustand GEO-3 (Bemessungssituation
BS-P) mit dem lamellenfreien Verfahren für kreisförmige Gleitlinien nachzuweisen. Die
zu untersuchende kreisförmige Gleitfläche ist durch den Mittelpunkt M und den Radius r
vorgegeben.
M
p = 20,0 kN/m²
B
A
h = 6,0 m
L = 10,50 m 3,70 m
Schluff:
= 20,0 kN/m³
’ = 30°c’ = 5,0 kN/m²
�
�
~ 1 : 1,75
r = 11,20 m
� 30°~
Abb. VII-22 Beispiel 1 - Standsicherheitsnachweis einer homogenen, bindigen Böschung
Scherparameter:
'' 'd d
''d
c
tan tan 30tan 24,8
1,25
c 5,0 kNc 4
1,25 m²
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Fläche Dreieck A2:
ABl (6,0² (10,5 3,7)² 15, 42 m
AC10,5
l 12,12 mcos30
ABr r
lsin 43,5
2 r
M
B
ar
A
S
G1,d
G2,d
P
Fd
� = 23°
e = 4,27 m
C
r
xA
A1
A2
D
r sin = 4,70 m�
d
1,0 m
d
Abb. VII-23 Geometrische Randbedingungen
AB AC BC1 1
s (l l l ) (15,42 12,12 3,7) 15,62 m2 2
2 AB AC BCA s (s l ) (s l ) (s l ) 11,42 m²
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VII Böschungs- und Geländebruch 29.09.2011
Fläche Kreissegment A1:
2AB
MDl
l r² 8,12 m4
r1 r
2r²A sin(2 ) 32,60 m²
2 180
Eigengewicht und Verkehrslast:
Ages = 32,60 + 11,42 = 44,02 m²
G = 44,02 m² 20,0 kN/m³ = 880,4 kN/m
P = 3,70 m 20,0 kN/m² = 74,0 kN/m
Resultierende F (als Bemessungswert) – Bemessungssituation BS-P:
d G QF G P 1,0 880,4 1,3 74 976,6 kN / m
Schwerpunkt der Fläche A1 (Koordinatenursprung in A):
Abstand vom Mittelpunkt M: 3AB
MS1
l 15,42³l 9,37 m
12 A 12 32,60
Aus Abbildung VII-23 abgelesen: xA1 = 7,52 m
Schwerpunkt Fläche der A2 (Koordinatenursprung A):
Aus Abbildung VII-23 abgelesen: xA2 = 8,23 m (Schnittpunkt der Seitenhalbierenden)
Schwerpunkt der resultierenden Verkehrslast (Koordinatenursprung in A):
P3,70
x 10,50 12,35 m2
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VII Böschungs- und Geländebruch 29.09.2011
Lastangriffspunkt der resultierenden Einwirkung Fd (Koordinatenursprung in A):
i i,di
Fd
x G 32,60 7,52 11,42 8,23 20,0 1,00 12,35 74,0 1,30x 8,16 m
F 976,6
Resultierendes Moment aus den Einwirkungen:
Aus Abbildung VII-23 abgelesen: e = 4,27 m
EM,d = Fd e = 976,6 4,27 = 4170,1 kNm/m
Resultierendes Moment aus den Widerständen:
Aus Abbildung VII-23 abgelesen: =23°
c,d d ABkN
F c l 4,0 15,42 61,7m
2 2 0,5d d d c,d c,d
0,5
Q (F 2 F F sin F )
kN(976,6² 2 976,6 61,7 sin (23) 61,7²) 954, 2
m
r
r
43,50,5 1 0,5 1 1,05
sin ( ) 180 sin (43,5)
rM,d d T c,d c d d c,d
r
R T r F r Q sin r F rsin ( )
43,5 kNm954,2 sin (24,8) 1,05 11,2 61,7 11,2 5469,0
180 sin (43,5) m
Nachweis:
M,d
M,d
E 4170,10,76 1,0
R 5469,0
Prof. Dr.-Ing. Rolf Katzenbach Direktor des Institutes und der Versuchsanstalt für Geotechnik der TU Darmstadt Studienunterlagen Geotechnik Seite VII-36
VII Böschungs- und Geländebruch 29.09.2011
8.2 Lamellenverfahren für kreisförmige Gleitlinien nach Bishop
Für den unten dargestellten Geländesprung ist der Grenzzustand GEO-3 mit dem
Lamellenverfahren für kreisförmige Gleitlinien nachzuweisen. Die zu untersuchende
kreisförmige Gleitfläche ist durch den Mittelpunkt M und den Radius r vorgegeben.
Hinweise zur Bearbeitung:
Die Wirkung des Wasserdrucks in horizontaler Richtung kann
näherungsweise durch den Ansatz der hydrostatischen Wasserdruckdifferenz
zwischen der linken und der rechten Seite der Kaimauer berücksichtigt
werden.
Die Einwirkung infolge des Aufbringens des Schüttgutes kann in diesem Fall
als ständige Last betrachtet werden.
Die bei einer schnellen Lastaufbringung in der Schluffschicht auftretenden
Porenwasserüberdrücke können näherungsweise mit 70 % der Spannungen,
die an der GOK durch das Schüttgut hervorgerufen werden, angesetzt
werden.
Die Ankerkraft wird näherungsweise als unabhängig von der jeweiligen
Schütthöhe betrachtet und mit einem konstanten Wert von FA,d = 100 kN/m
angesetzt. Die Festlegekraft FA0,d ist damit berücksichtigt.
Die vertikale Durchströmung kann für die Bearbeitung der Aufgabe
vernachlässigt werden.
Der Nachweis soll für die Bemessungssituation BS-P erfolgen.
Prof. Dr.-Ing. Rolf Katzenbach Direktor des Institutes und der Versuchsanstalt für Geotechnik der TU Darmstadt Studienunterlagen Geotechnik Seite VII-37
VII Böschungs- und Geländebruch 29.09.2011
Anker
kra
ft:
F=
100
kN
/mA
,d15°
Sch
ütt
gut
=6,5
kN
/m³
�
M
Ste
insc
hü
ttu
ng:
=16
kN
/m³
=20
kN
/m³
’=
35°
c’=
0
k=
110
m/s
� �r�
-2-4
Sch
luff
:
=18
kN
/m³
=20
kN
/m³
’=
25°
c’=
10
kN
/m²
k=
110
m/s
� �� r
-6
Fel
s:k
<<
kF
els
Sch
luff
1,0
m1
,2m
0,1
9m
1,5
m
MW
-2
,0m
-6
,0m
GW
-1
,0m
-2
,0m
-8
,5m
-1
3,5
m
r =8,
9m
Anker
1,0
m
h=
2.5
m
13
,0m
San
d:
=19
kN
/m³
=21
kN
/m³
’=
30°
c’=
0k
=1
10
m/s
� � �r
±0
,0m
Abb. VII-24 Beispiel 2 - Standsicherheitsnachweis eines Geländesprungs
Prof. Dr.-Ing. Rolf Katzenbach Direktor des Institutes und der Versuchsanstalt für Geotechnik der TU Darmstadt Studienunterlagen Geotechnik Seite VII-38
VII Böschungs- und Geländebruch 29.09.2011
Scherparameter des Sandes (Bemessungswert):
'' 'd d
tan tan 30tan 24,8
1,25
Abb. VII-25 Geometrische Randbedingungen
r = 8,
9 m
11
10
9
8
7
6
54
32
1
MW
-2,
0 m
0,19
m
- 8,
5 m
- 6,
0 m
1,0
1,2
GW
- 1
,0 m
- 2,
0 m
1,5
m
F =
100
kN
/mA
,d
M1,
0 m
-i
i
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VII Böschungs- und Geländebruch 29.09.2011
Scherparameter des Schluffs (Bemessungswert):
'' 'd d
''d
c
tan tan 25tan 20,5
1,25
c 10 kNc 8
1,25 m²
Scherparameter der Steinschüttung (Bemessungswert):
'' 'd d
tan tan 35tan 29,3
1,25
Erläuterung zu Lamelle 1:
Da der Gleitkreis im Bereich von Lamelle 1 mit 1 = 40° steiler als der Gleitflächenwinkel
für den Erdwiderstand (Rankine’scher Sonderfall) ist:
p = 45°- 2
' = 45°-
5,27
2
35
wird statt der Lamelle der Erwiderstand angesetzt.
= = P = 0: 'd
pg pg,h29,3
k k tan ² 45 tan ² 45 2,922 2
p,d1 kN
E 1² 2,92 10 14,62 m
R,d Ep,d p,d2 1 kNm
M M E a 14,6 0,19 6 100,13 m
Prof. Dr.-Ing. Rolf Katzenbach Direktor des Institutes und der Versuchsanstalt für Geotechnik der TU Darmstadt Studienunterlagen Geotechnik Seite VII-40
VII Böschungs- und Geländebruch 29.09.2011
1,0 m
6,5 m
11,4 kN/m²
10 kN/m²
75 kN/m²
10 kN/m²
65 kN/m²
Porenwasser-überdruck
ResultierenderhydrostatischerWasserdruck
Erläuterung zu Lamelle 6 (Verbauwand):
Aus der resultierenden Wasserdruckverteilung auf die Verbauwand ergeben sich weitere
einwirkende Momente (siehe Hinweise zur Bearbeitung).
Das Moment aus dem resultierenden hydrostatischen Wasserdruck Mu,d (unter
Vernachlässigung einer Umströmung) ergibt sich zu:
u,d1 2 1 6,5 kNm
M 1 10 0,19 1 6,5 10 0,19 2 357,92 3 2 m
Abb. VII-26 Resultierende Porenwasserdruck
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Das Moment aus dem Porenwasserüberdruck auf die Verbauwand Mu,d ergibt sich zu:
d G
u,d
kNu 0,7 h 0,7 1,0 6,5 2,5 11,4
m²6,5 kNm
M 6,5 11,4 0,19 2 403,12 m
Der vertikale Wasserdruck auf den Verbauwandfuß wird bei der Nachweisführung in
Tabelle VII-2 berücksichtigt.
Erläuterung zu Lamelle 10:
In Lamelle 10 muss die Ankerkraft FA,d berücksichtigt werden. Es ergeben sich zwei
widerstehende Momentenanteile.
Ai,d Ai i,dM,2,d
i i,d i
F sin tan 1,0 100 sin (15) tan (20,5) kNmR r 8,9 104,5
cos tan sin cos (60) 1,0 tan (20,5) sin (60) m
M,3,d Ai,d i Aii
kNmR r F cos ( ) 8,9 100 cos (60 15) 230,3
m
Erläuterungen zur Tabelle VII-2
Das einwirkende Moment EM ergibt sich aus den folgenden Anteilen (Tabelle VII-2):
s,d u,d u,dkNm
M M M 357,9 403,1 761,0m
M,1,d i,d vi,d ii
kNmE r G P sin 2936, 2
m
Das resultierende einwirkende Moment beträgt folglich:
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M,d M,1,d s,dkNm
E E M 2936,2 761,0 3697,2m
Das widerstehende Moment ergibt sich aus den folgenden Anteilen:
i,d vi,d i,d i i,d i,d iM,1,d
i i i,d i
G P u b tan c b kNmR r 3859,1
cos tan sin m
M,2,dkNm
R 104,5m
M,3,dkNm
R 230,3m
R,d Ep,dkNm
M M 100,1m
M,d M,1,d M,2,d M,3,d R,dkNm
R R R R M 3859,1 104,5 230,3 100,1 4294,0m
Nachweis:
M,d M,dE R
3697,2 4294,0
Beim Nachweis wurde ein Ausnutzungsgrad = 1 zugrunde gelegt.
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Tab. VII-2 Berechnung nach Bishop
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8.3 Verfahren der zusammengesetzten Bruchmechanismen mit geraden Gleitlinien
Für das unten dargestellte Stützbauwerk ist der Grenzzustand GEO-3 mit dem Verfahren
der zusammengesetzten Bruchmechanismen mit geraden Gleitlinien nachzuweisen. Dabei
ist ein Zweikörper-Mechanismus zu untersuchen.
5,10
3,90 6,35
�1
�a
Teilkörper 1
Teilkörper 2
5,10
2,70
2,00
� =20 kN/m³
�’= 32,5
c’=0
�a = 24°
Abb. VII-27 Beispiel 3 - Standsicherheitsnachweis eines verankerten Stützbauwerkes
Vorgaben:
Erdwiderstand (für p = -1/3 d): Ep,d = 138,4 kN/m
Ankerkraft: FA,d = 62,4 kN/m
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Scherparameter des Bodens:
'' 'd d
tan tan 32,5tan 27
1,25
Gewichtskräfte:
Teilkörper 1: 1,d G 1kN
G A 324m
Teilkörper 2: 2,d G 2kN
G A 733m
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Da die Zusatzkraft T antreibend wirkt, gilt der untersuchte Mechanismus als
nachgewiesen.
G1,d
Q1,d
�1,d
�21,d
Q21,d
G1,d
Q21,d
Q1,d
G2,d
FA,d
Q21,d
Q2,d
�2,d
�21,d
Td
Ep,d
�p,d
G2,d
Ep,d FA,d
Q2,d
Teilkörper 1
Teilkörper 2
Krafteck1 m
100 kN/m
Td
Abb. VII-28 Kräfte an den Gleitkörpern und das Krafteck
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9 Literatur
[1] DIN 1054:2010-12: Baugrund – Sicherheitsnachweise im Erd und Grundbau
–Ergänzende Regelungen zu DIN EN 1997-1.
[2] DIN 4084: Baugrund Geländebruchberechnungen
Beuth Verlag. Ausgabe Januar 2009.
[3] DIN EN 1997-1:2009-09: Eurocode 7: Entwurf, Berechnung und Bemessung
in der Geotechnik – Teil 1: Allgemeine Regeln
[4] DIN EN 1997-1/NA:2010-02: Nationaler Anhang – Nationalfestgelegte
Parameter – Eurocode 7: Entwurf, Berechnung und Bemessung in der
Geotechnik – Teil 1: Allgemeine Regeln
[5] Bishop, A. W. (1954)
The use of the slip circle in the analysis of slopes. Proc. Europ. conf. on
stability of earth slopes. Stockholm. Volume 1, page 1 – 14.
[6] Fröhlich, O. K. (1963)
Grundzüge einer Statik der Erdböschungen. Der Bauingenieur 38, Heft 10,
Seite 371 – 378.
[7] Janbu, N. (1955)
Application of composite slip surfaces for stability analysis. Proc. Europ.
conf. on stability of earth slopes. Stockholm. Volume 3, page 43 – 49.
[8] Terzaghi, K. (1954)
Theoretische Bodenmechanik. Springer Verlag.