Post on 13-Aug-2019
Atemwegserkrankungen
Stefan EberzSonja Frühschütz
1. Asthma bronchiale- Prävalenz- Definition- Symptome- Ursachen- Mögliche Auslöser- Diagnostik: direkte und
indirekte Verfahren- Medikamentöse Behandlung- Verhaltensmedizinische und
psychotherapeutische Interventionen
- Asthma-Krankheitsheitsmanagementund Asthmatiker- Schulung
2. Chronische obstruktive Bronchitis (COPD)
- Epidemiologie/Prävalenz- Definition- Symptome- Ursachen- Abgrenzung Asthma bronchiale/ COPD - Verhaltensmedizinische/Psychotherapeutische
Interventionen
Prävalenz von Asthma bronchiale in Europa
0%
5%
10%
15%
20%
25%
30%
35%
UK BRD Frankr. Italien
Prävalenz von Asthma bronchiale in den letzten 12 Monaten bei Kindern im Alter von 6-14 Jahren ermittelt
ISAAC-Studie, Eur resp J 1998; 27:752-760
Aufteilung der Häufigkeit von Asthma nach
Schweregrad
75 %leichtes Asthma
20 %
mittel-schweresAsthma
In BehandlungAnzahl der Patienten
~ 200.000 ca. 200.000davon medikamentösbehandelt: ca. 99 %
~ 1.000.000 ca. 3.000.000davon medikamentösbehandelt: ca. 33 %
__________
4.000.000 1.960.000 (100 %)__________
100% = VERMUTETE PRÄVALENZ 5 %
~ 760.000 ~ca. 800.000davon medikamentösbehandelt: ca. 95 %
schweresAsthma 5 %
Quelle: Weißbuch Lunge 2000, Stuttgart, Thieme, 2000
Definition: Asthma bronchiale
Asthma bronchiale ist eine variable und reversible Atemwegsobstruktioninfolge Entzündung und Hyperreaktivität der Atemwege. Asthma äußert sich durch episodisch auftretendes Pfeifen oder Husten.
(Intern. paediatric asthma consensus group, Warner, J. 1992, Arch.Dis.Child. 67:240-8)
Die BronchienLuftröhre
Bronchien
Bronchiolen
Alveolen
Henry Gray: Anatomy of the human body; 1918; www.bartlby.com/107/
Bronchialwand
Universität Ulm: http://histonet.uni-ulm.de/
Verengung der Bronchien
Verkrampfung der Muskulatur
Schwellung der Schleimhaut
vermehrte Schleimbildung
Universitx of Utah, www-medlib.med.utah.edu/WebPath
Typische Symptome des Asthmas
• Husten, v.a. nachts und bei Belastung• Kurzatmigkeit und schnelle Atmung• Engegefühl in der Brust• Pfeifen, Brummen und Rasseln• Giemen beim Ausatmen• Hochziehen der Schultern
Ursachen der Atemwegsobstruktion
Allergien
Infekte (Bakterien, Viren)physikalische Reizechemische Reize
Schwellung der SchleimhautBildung von zuviel Schleim
Verkrampfung der Muskulatur
Entzündung
Die Auslöser des Asthma bronchiale
Allgemeine ReizeInfektekalte LuftWetter (Nebel)Rauch (Zigaretten u.a.)StaubGerücheMedikamente (ASS, Beta-Blocker, ACE-Hemmer)
AllergenePollen (Bäume, Gräser, Kräuter)HausstaubmilbenTierhaareSchimmelpilzeNahrungsmittelMedikamente (z.B. Penicillin)
Psychische Belastung
FreudeÄrger StressLachen
Körperliche BelastungArbeitSportSexualleben
Asthma
Lungenfunktionsdiagnostik
Direkte Verfahren:- Ganzkörperplethysmographie- Oszillometrie- Verschlussdruckmethode
Indirekte Verfahren:Spirometer
-Peak-Flow
-Sekundenkapazität
Wichtige Parameter der Lungenfunktion
Abkürz. Einheit Erklärung
l Forciertes exspiratorischesVolumen der 1. Sekunde
FEV1
l/min peak expiratory flow= exspiratorischer
Spitzenfluss
PEF
Selbstkontrolle
Peak-Flow• Definition:
– PEF= peak expiratory flow [l/s] = exspiratorischerSpitzenfluß
– Maximale Atemstromstärke bei forcierter Exspiration
• Kontrolle der Atemwegsweite– Peak-Flow-Messung mittels Peak-Flow-Meter =
Selbstkontrolle– Normwerte nur Anhalt– Entscheidend: Vergleich der aktuellen Messung mit dem
persönlichen Bestwert– regelmäßiger Eintrag ins Asthma-Tagebuch
Peak-Flow-Norm-Werte/Anhalt!
Normwert primär größenabhängig
Größe Norm• 140 cm 300 l/min• 150 cm 340 l/min• 160 cm 380 l/min• 170 cm 420 l/min• 180 cm 460 l/min• 190 cm 500 l/min
Peak-Flow-Metrie: Ampelsystem zur
SelbstkontrollePeak Flow < 50% der persönlichen Bestwerte*
• Warnsymptome• Notfall, ärztliche Hilfe erforderlich!
Peak Flow 50-80% der persönlichen Bestwerte*
• Warnsymptome• Überprüfung von richtiger Anwendung
und Dosierung der verordnetenArzneimittel!
Peak Flow über 80% der persönlichen Bestwerte*
•Es ist anzustreben, in diesem Bereich zubleiben.
(Rot)
(Gelb)
(Grün)
* Persönlicher Bestwert: Der beste und höchste gemessene Wert unter Nichtbeachtung der Werte, die durch Fehlmessungen entstehen.
Wichtig:
Asthma ist eine somatische Krankheit, die in jedem Fall einer ärztlichen Behandlung durcheinen Lungenfacharzt bedarf. Ohne eine solche ärztliche Zusammenarbeit sollten keineverhaltensmedizinischen oder psycho-therapeutischen Maßnahmen angewandt werden.
Behandlung
- Medikamentös
- Verhaltensmedizinisch
Systematik der Medikamente
Akutmedikamente Reliever
Dauermedikamente Controller
Spasmolytica (muskel-entspannende Substanzen)
• kurzwirksame Betamimetika
Wirkdauer: max. 4 h Wirkungseintritt: nach 2 min. • Theophyllin
• langwirksame Betamimetika
Wirkdauer: ca. 12 h • Theophyllin
Entzündungs-hemmer
• Cortison (hohe Dosis)
(i.v., oral)
• DNCG, Nedocromil • Leukotrien-
Antagonist • inhalatives Cortison • orales Cortison
(niedrige Dosis)
Schweregrade Asthma bronchiale
Therapie für Kinder (K) und Erwachsene (E) (bei GINA K=E)
Atemweg. Erw.
GINA K+E
Atem-wegsligaKinder
DAS 2002
KinderKlinik*
K: β2-Mim. b.B.E: β2-Mim. b.B. 1 1 6xJahr >
AB
K: β2-Mim. b.B. + inh. Corti. niedrig/DNCG/LT Ant.E: β2-Mim. b.B. 1 2 2 6x/Jahr<
AB <1x/Wo
K: β2-Mim. b.B. + inh. Corti. + et al.E: β2-Mim. b.B. + inh. Corti. niedrig /DNCG 2 3 3 1x/Wo <
AB < 1x/d
K: β2-Mim. b.B. + inh. Corti. + et al. + sytem. CortiE: β2-Mim. b.B. + inh. Corti. + et al. 3 4 1x/d < AB
< ständig
E: β2-Mim. b.B. + inh. Corti. + et al. + sytem. Corti 4 AB ständig
* und veränderte Lungenfunktionswerte FEV1/ PEF
Grundsätze der Behandlung des Asthma
bronchiale
• Behandlungsziel: der beschwerdefreie Asthmatiker
• bestmögliche oder normale Lungenfunktion
• Behandlung gemäss dem Stufenschema der Atemwegsliga (Schweregrade)
Grundsätze der Behandlung des Asthma
bronchiale• Suppression der Entzündung
• Verminderung der bronchialen Hyperreaktivität und der Atemwegsobstruktion
• Meidung von Asthmaauslösern
• Einbeziehung des Patienten und seiner Angehörigen in den Behandlungsplan
• Vermittlung von Krankheitsverständnis und Kompetenz für Selbsthilfemaßnahmen
Verhaltensmedizinische Behandlung
Überblick über Forschungsstand und Anwendbarkeit verhaltensmedizinischer Begleitbehandlungen
Weiterer Bedarf an Forschung
Zukunftspotential für klinische Praxis
Aktueller Nutzen für klinische Praxis
Entspannungsverfahr. Mittel Mittel Mittel
Biofeedback
Atemwiderstand Gering Gering Gering
Stirnmuskelsentspann. Gering Gering Gering
Respirat. Sinusarrhyth. Hoch Mittel Gering
Inerozeptionstraining Mittel Hoch Hoch
Atemtraining
Abdominale Atmung Hoch Mittel Mittel
Atemhilfsmukulaturtrai. Mittel Mittel Gering
Veränd. des Atemmu. Gering Gering Gering
Hyperkapnische Atmu. Mittel Hoch Mittel
Körperliches Training Gering Hoch Hoch
Kognitive VT Hoch Hoch Mittel
Suggestive Verfahren Hoch Mittel Gering
Expressive Verfahren Hoch Mittel Gering
Familientherapie Hoch Mittel Mittel
Verhaltensmedizinische Behandlung
Klinischer Nutzen: hoch Zukunftspotential: hoch
- Interozeptionstraining: Wahrnehmung der tatsächlichen Atemwegsobstruktion trainiert, da...Unterschätzung zu lebensgefährlichen Asthmaanfällen führen kann....Überschätzung zu übermäßiger Selbstmedikation führt.
- Körperliches Training: generell wichtig, um einer Entwicklung von asthmatischen Symptomen bei alltäglichen Belastungen entgegenzuwirken
Psychotherapeutische Intervention
1. Komorbidität
2. Compliance
• Komorbidität
Unter Komorbidität wird das gemeinsame Auftretenverschiedener Störungen bei einer Person verstanden. Im medizinischen Kontext bedeutet Komorbidität, dass während des klinischen Verlaufs einer Erkrankung einerPerson eine/mehrere zusätzliche Erkrankungen auftreten..
Quelle: Bastine, Klinische Psychologie, Kap.3.3
Mögliche Komorbiditäten
Asthma
Depression Angststörungen Schlafstörungen
Panikstörung
Asthma
Hyperventilation Atemnot
Panik
+ +
++
• Komorbidität von Asthma und Panikstörung
Bei Komorbidität von Asthma und einer Panikstörung kann es zu einem wechselseitigen Aufschaukelungsprozess von Atemnot und Panikerleben kommen:
Teufelskreis von Atemwegsverengung (Asthma), Panik und Hyperventilation/positive Feedback-Schleife
Die vordringliche psychotherapeutische Aufgabe ist die Behandlung der Panikstörung bzw. (subklinischen) Panikreaktionen auf einen Asthmaanfall, nicht die Symptomatik des Asthmas selbst!!
Auslösebedingungen für Panik/Teufelskreis:
1. Angstbesetzte Situationen (enge Räume, Flugreisen etc.)
2. Furcht vor spontanen, unkontrollierbaren Asthma/Hyperventilationsanfällen z,B. nach dem Registrieren von leichter Atemnot (Erinnerungen an dramatische Anfälle, die von Todesängsten begleitet waren und zu ärztlicher Notfallbehandlung führten)
Psychotherapeutische Intervention:
Psychotherapie mit dem Ziel, den Teufelskreis/Auslösebedingungen zu durchbrechen und adäquates Bewältigungsverhalten für diese Situation zu erlernen.
Fallbeispiel: Komorbidität von Asthma und einer Panikstörung
• Heftige Panikattacken gefolgt von Hyperventilationsanfällen in der Zeit kurz nach (realen) großen Asthmaanfällen, ausgelöst durchdie Erinnerung an diese Anfälle
• Psychotherapeutische Intervention:1.Konfrontation mit gefürchteter Situation
(systematische Desensibilisierung)
Imaginationen einer Reihe von Asthmaanfällen mit aufsteigender Angstintensität während tiefer muskulärer, kognitiver Entspannung, Messung Peak Flow(keine wesentliche Erhöhung)
positiver Effekt auf Angstbewältigung durch Entkatastrophisierung der Erinnerungen
2. Durchführen eines Hyperventilationsmanövers
Erzeugen einer leichten Atemwegsverengung (Peak Flow)
Patientin wird angewiesen, aufmerksam langsam und eher flach über eine Zeit von 10-15 min zu atmen
Anweisung, das Abklingen der Hyperventilationssymptome zu beobachten (Peak Flow)
Abklingen der Hyperventilationssymptome
Gefühl der Kontrollierbarkeit der Hyperventilation
Psychotherapeutische Intervention
• Compliance (Therapietreue)
Begriff für die Befolgung ärztlicher Verordnungen, Ratschläge und Maßnahmen
Das „Mitmachen“ des Patienten bei der Therapie
Heutige Asthmamedikation ist hoch wirksam, wenn sie richtig und konsequent angewandt wird. Allerdings handelt es sich bei der Asthmamedikation um ein eher kompliziertes Behandlungsschema, das eine gute „Compliance“ seitens des Asthmapatienten bezüglich der ärztlichen Behandlung erfordert.
Aber: Beim Asthma werden ungefähr die Hälfte der verschriebenen Medikamente nicht/nicht adäquat eingenommen!
1. 90% der asthmabedingten Krankenhauseinlieferungen und die meisten tödlichen Asthmaanfälle könnten bei richtigem Gebrauch der Medikamente vermieden werden.
2. Sehr hohe Kosten (Krankenhausaufenthalt, notärztliche Versorgung etc.)
Psychologische Intervention:
1. Asthma-Krankheitsmanagment
z.B. kognitive Verhaltenstherapie zur Verringerung von fehlangepaßten Verhaltensweisen/Aufbau förderlicher Verhaltensweisen (z.B. korrekte Selbstmedikation) durch Verstärkungspläne
2. Patientenschulung
• Unterweisung/Demonstration einer korrekten Messung des Peak Flow
• Unterweisung/Demonstration des richtigen Gebrauchs der Medikamente, Dosieraerosole und Turbohaler
Chronische obstruktive Bronchitis (COPD)
2. Chronische obstruktive Bronchitis (COPD)
- Epidemiologie/Prävalenz- Definition- Symptome- Ursachen- Abgrenzung Asthma bronchiale/ COPD - Verhaltensmedizinische/Psycho-
therapeutische Interventionen
Epidemiologie
(
• 5-15% aller Erwachsenen in industrialisierten Ländern
• nach Diagnose der Erkrankung liegt Überlebensrate nach 10 Jahren etwa bei 50%
• weltweit 4.Rang als Todesursache
• geringer sozioökonomischer Status geht mit höherem Erkrankungsrisiko einher
Wegen Unsicherheiten in Diagnose/Unterschätzung der Tödlichkeit der Erkrankung sind Prävalenz- und Mortalitätsraten höchstwahrscheinlich zu niedrig angesetzt!
Definition
COPD ist ein „Krankheitszustand, der durch Atemwegsobstruktion gekennzeichnet ist, die nicht vollständig reversibel ist. Die Einschränkungen des Atemflusses sind üblicherweise progressiv und sind verbunden mit einer abnormalen Entzündungsreaktion der Lungen auf schädliche Partikel oder Gase hin “(Pauwels et. al.2001,S.1257).
Ursachen
Schadstoffe /Folge anderer Lungen-erkrankungen
Rauchen
Irreversible Zerstörung der Lungenstrukturen/Verengung der Bronchien
ChronischeEntzündung
COPDSchadstoffe /Folge anderer Lungenerkrankungen
Rauchen
Irreversible Zerstörung der Lungenstrukturen/Verengung der Bronchien
Chronische
Entzündung
Entzündung
AsthmaInfekte (Bakterien, Viren)physikalische Reizechemische Reize
Allergien
Reversible Schwellung der SchleimhautBildung von zuviel Schleim
Verkrampfung der Muskulatur
Asthma
• Kinder undErwachsene
• Prognose:vorübergehendeObstruktion
COPD
• Erwachsene>40
• Prognose:Emphysem/Herz-Insuffizienz
Verhaltensmedizinische und psychotherapeutische Interventionen
•Entspannungsverfahren
•Training der Atemmuskulatur/Modifikation des Atemmusters
•Körperliches Training
•Raucherentwöhnung
•Kognitive Verhaltenstherapie
Indirekte Effekte von COPD auf
die seelische Gesundheit
COPD
Beeinträchtigung des physischen/psychosozialen Funktionierens
Verlust von Kontroll-/Selbstwirksamkeitsüberzeugung
Negative Beeinflussung der Motivation/Trainingstoleranz
Negative Entwicklung der Leistungsfähigkeit/ des Wohlbefindens; Angst
*
* Kognitive Verhaltenstherapie
Interventionen (Bsp. Trainingstoleranz/Wohlbefinden)
VerhaltensmodifikationAusarbeitung/Implementierung Selbstverstärkungsplans für tägliche körperliche Aktivität (z.B. systematische Erfolgsverstärkung beim Laufen); Unterzeichnung Verhaltenskontrakts etc.
Kognitive UmstrukturierungBewusstmachung negativer/fehlangepasster Gedanken, Gefühle und Verhaltensweisen in Verbindung mit körperlicher Aktivität und ihr Ersetzen durch positive Selbstinstruktionen z.B. beim Laufen (realistische Zielsetzung, Generierung beruhigender Vorstellungsbilder, Gedankenstopp, Ablenkung etc.)
Verbesserung von Kontroll-/Selbstwirksamkeitsgefühlen
Verbesserung der Trainingstoleranz/Wohlbefinden
Wirkung der verschiedenen Behandlungen auf die Trainingstoleranz
145 135120
80
0
50
100
150
1
Behandlungsgruppen
Verä
nder
ung
der
Trai
ning
stol
eran
z in
%
Kognit ive Umstrukturierung undVerhaltensmodif ikat ionKognit ive Umstrukturierung
Verhaltensmodif ikat ion
keine Behandlung
Wirkung der verschiedenen Behandlungsformen auf das Wohlbefinden
32,5
2
00
1
2
3
4
1
Behandlungsgruppen
Verä
nder
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Woh
lbef
inde
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KognitiveUmstrukturierung undVerhaltensmodifikationKognitiveUmstrukturierung
Verhaltensmodifikation
Keine Behandlung