Post on 05-Apr-2015
Sprach- und Kulturmittlung im europäischen Kontext
Grupo Alfaqueque
Forschungsgruppe der Universitäten Salamanca, Hildesheim, Forlí und Temuco
Sprach- und Kulturmittlung im europäischen Kontext. Ausgangsüberlegungen
• Zunehmende Migrationsbewegungen in Europa und besonders in Spanien in den 90er Jahren
• Damit verbundene Integrationsschwierigkeiten und Bewältigung sprachlicher Probleme
• Blick in die Vergangenheit, Fokus:
Kolonialzeit (oft angelsächsische Perspektive), Migration südeuropäischer Arbeiter in 50er
• Sprachmittlung heute, Probleme, Perspektiven, Bedeutung u. Rolle der Sprachmittler
UntersuchungsgegenstandForschungsschwerpunkte
• Historischer Teil(Kolonialzeit). Archivarbeit. Analyse vorhandener Chroniken und ähnlicher Dokumente.
• 50er und 60er Jahre: Sprachprobleme der ausländischen Bevölkerung in unterschiedlichen Ländern (Italien, Spanien, Deutschland). Dazu: zeitlich begrenzte Presseanalyse überregionaler und lokaler Zeitungen (in Spanien: La Región, Carta de España, El Adelanto de Salamanca)
• Gegenwärtige Situation: Anonyme Befragung unterschiedlicher Gruppen (Ausländer, Dolmetscher, NGO’s, Sozialarbeiter, Verwaltungsangestellte).
Warum eine historische Analyse
• Figur des Alfaqueque im Mittelalter• Geschichte als Quelle wertvoller
Erfahrungen• Analogien zur heutigen Zeit
Los límites de Babel (2010) - Erste Ergebnisse
1. Vergangenheit-Gegenwart: Die Auseinandersetzung mit der Vergangenheit zeigt, dass unsere heutigen multi-kulturellen Gesellschaften nicht neu sind: Unterschiedliche Szenarien und Lösungsansätze können zum Verständnis unserer “hybriden” Gesellschaften beitragen.
2. Kontinuität: Ebenfalls historisch begründet sind die Figur des Kultur- und Sprachmittlers seit dem Mittelalter sowie der Bedarf nach Sprachmittlung in unters. Bereichen u. mit unterschiedlicher Ausprägung.
.
Los límites de Babel (2010) - Erste Ergebnisse
3. Analogien: Gemeinsamkeiten der Sprachmittler in Kolonialzeit, der 60er Jahre und heute: Infantilisierung der User, Misstrauen gegenüber Sprachmittler, hohe Erwartungen (advocate und helfende Hand) an seine Arbeit
→ Der Grad an Institutionalisierung in der Sprachmittlung korreliert mit der wachsenden Anerkennung des Anderen.
An den unterschiedlichen historischen Beispielen wird deutlich: die Sprachenvielfalt geht einher mit einer weiteren Vielfalt und führt uns in das Terrain der eigentlichen kulturellen Identitäten.
Erstellung, Erfassung und Auswertung der Fragebögen
• Durchführung in Deutschland• Vorgehensweise in Spanien und Italien• Zusammenarbeit mit anderen
Organisationen • Rücklauf• Auswertung
Durchführung in BraunschweigZeitraum: März-August 2007
• Gespräche mit Sozialarbeitern, Mediatoren und Beratern in caritativen u. städtischen Einrichtungen: Diakonie, Caritas, Arbeiter-wohlfahrt, Refugium, Migrationsbüro
• Aushändigung der Fragebögen,Weitergabe an ausländische Beratungssuchende
• Rücklauf: insgesamt 99, anonym. 19 verschiedene Nationalitäten
Durchführung in Spanien
• Zeitraum: 2006-2009, I+D-Projekt• Zusammenarbeit u. Beratung durch
Experten in soz. Forschungsmethoden • Erarbeitung der (3) Fragebögen, auch
Einbindung von personal narratives• Auswahl und Relevanz der Fragen• Probedurchlauf (Verständnis der Fragen,
Kohärenz)
Erstellung des Fragebogens
Auswahl der Zielgruppen Übersetzung (englisch, französisch, arabisch,
rumänisch, bulgarisch, deutsch) Versand an Vereinen durch E-Mail: geringer Rücklauf. 2. Anlauf: Direkte Kontaktaufnahme durch uns. Unterstützung Netzwerk COMUNICA. Repräsentativ: Valencia, Salamanca, Logroño Spiegelung sehr unterschiedlicher soz., wirt. und
demographischer Realitäten
Auswertung des Fragebogens
Gesamtrücklauf: 330 (von über 1 000) Eintrag der Ergebnisse in SPSS (Statistical Package for Social Sciences) Erstellung der Graphiken Auswahl der Fragen
Einige Beispiele aus den Fragebögen:Situation ausländischer Mitbürger in Spanien. Schwierigkeiten mit Behörden
In welchem Bereich hatten Sie Schwierigkeiten?
Aus welchen Gründen hatten Sie Schwierigkeiten?
Schwierigkeiten im Städtevergleich
Bewertung der erhaltenen Hilfeleistung: Verwaltungsangestellte
Hilfestellung durch einen Freund
Hilfestellung durch einen Sozial-arbeiter
Hilfestellung durch eigene Kinder
Hilfestellung durch eigenen Ehemann/Ehefrau
Hilfestellung durch professionellen Sprachmittler
Wer hat Ihnen den Sprachmittler verschafft?
Welche Haltung erwarten Sie von einem Sprachmittler?
Befragte Gruppe in Deutschland: Welche Eigenschaften sind Ihnen bei einem Sprachmittler besonders wichtig??
Professionalität Vertraulichkeit Kenntnisse eigene Kultur Kenntnisse deutscher Kultur Anwaltsfunktion
0
10
20
30
40
50
60
70
80
Ja
Egal
Nein
Was erwarten Sie von einem Sprachmittler?
Wortwörtliche Wiedergabe und NeutralitätEinsetzen für meine Interessen (advocate)
Beideskeine Antwort
0
5
10
15
20
25
30
35
40
Insgesamt
davon aus TR
Series3
Haben Sie jemals die Hilfe eines Sprachmittlers in Anspruch genommen?
Sehr oft Oft Ab und zu Nie
0
5
10
15
20
25
30
35
40
Spalte 1
Series2
Series3
Wer hat Ihnen als Sprachmittler geholfen?
Immer
Oft
Nie
0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100
35 27
21
26
19
11
33
Soz. Arbeiter
Freunde
Verwandte
Dolmetscher
Warum haben Sie keinen professionellen Sprachmittler aufgesucht?
Habe keinen gefunden Kann mir das nicht leisten Freunde, Bekannte haben das übenommen
0
5
10
15
20
25
30
35
40
Ja
Nein
Kolonial-zeit
1960-1970 1990-2010 Vorschau 2010-2030
Migrations-bewegungen
Vergleichsw. eher wenig
Hundert- tausende
Mehrere Millionen
Anpassungs-bewegungen
Alter Junge Leute Junge Erwachsene
Junge Erwachsene Ältere
Zweite und dritte Generation
Durch-führung der Ausreise
Geplante aber auch spontane Entscheidung
Geplant u. illegal
Geplant, spontan u. illegal
Rückkehr spanischer Migranten, Ausländer
Macht-beziehung
Spanier mächtiger
Spanier in Europa unterlegen
Arbeits-migranten unterlegen; Residenten gleichgestellt
Tendenz z. Gleichstell. v. Ausländern u. Einheim.
Kolonial-zeit
1960-1970 1990-2010 Vorschau 2010-2030
Vorherrs. Sprache
Spanisch Sprachen der Aufnahme-länder
Spanisch, Regional-sprachen Spaniens
Spanisch, auch Regional-sprachen
Sprach-barrieren
Ja Ja Ja, ausser Migranten aus LA
Vor allem bei älteren Migranten
Gruppen u. Bereiche mit Kommunika-tionsprobl.
“Entdecker”, Politiker, Beamte, Justizbehörde Kirche (Evangelis.)
Moderner Staat: Verwaltung, Behörden. Kultur, Religion
Verwaltungs-bereiche, alle Behörden. Kultur, Religion
Postmoderner Staat: Senioren, Bürger unters. Prägung: z.B. Wähler bei Kommunalw.
Kolonial-zeit
1960-1970 1990-2010 Vorschau 2010-2030
Lösung der Sprach-barrieren
Lernen d. sp. Sprache, Erlernen der indigenen Sprachen, Mediatoren, Dolmetscher
Erlernen der Sprachen der Aufnahme-länder; Hilfe-stellung durch NGOs und Kirche
Lernen d. spanischen Sprache; Einsatz v. Ad hoc-Dolmet-schern,
Kompetente Sprachmittler, oft selbst Migranten u. bikulturell
Protagonisten dieser Lösungen
Staat (Audiencias= Gerichte), kath. Kirche
Aufnahmeland (professionelle Dolmetscher);Kath. Kirche u. NGO; auch span. Staat (Sprache u. Kultur für Migranten im Ausland)
Aufnahme-länder (?), meist NGOs, nur Cluster-lösungen, EU nimmt erste Vorschläge in Angriff
Europäische Union, Aufnahmeland und in geringerem Masse die Entsende-länder
Auswertung des Fragebogens
• Sprachbarrieren stellen Problem dar• Partner u. Kinder sind keine wirkliche Hilfe• Aus Kostengründen wenig Zugriff auf
externe Sprachmittler• Viele erwarten vom Sprachmittler, dass er
sich für die eigenen Interessen einsetzt• Professionalität u. Vertraulichkeit sind die
wichtigsten Eigenschaften
Auswertung des Fragebogens
• Auch das Liefern zusätzlicher Informationen wird erwartet
• Ergebnisse stimmen mit Befragung des Dolmetscherpools der Stadt BS:
→ 10 /25 gaben an, ihren Klienten helfen zu wollen
→ alle gaben an, bei Einsätzen zusätzliche Informationen liefern zu müssen
Ausblick
• Umsetzung der Vorgaben der EU• Sensibilisierung aller Beteiligten nötig• Potenziale von Migranten müssen verstärkt
genutzt werden• Auf kommunaler Ebene sollten faire
sprachmittl. Angebote erstellt werden (auf Dauer Kosten- u. Zeitersparnis)
• Kooperationen universitärer u. städtischer Einrichtungen sollten gefördert werden