Post on 05-Jan-2017
SOZIALBERICHT 2013
Dezernat IIIAmt für soziale Dienste,Kinder, Jugend und Senioren
IMPRESSUM Herausgeber: Der Oberbürgermeister der Kreisstadt Neunkirchen Redaktion: Dezernat III, Beigeordneter Sören Meng Amt für Soziale Dienste, Kinder, Jugend und Senioren Gertrud Backes/Eva Wacker Rathaus, Oberer Markt 16 66538 Neunkirchen www.neunkirchen.de Druck: Kreisstadt Neunkirchen Stand: Dezember 2013
Ein funktionierendes soziales Netzwerk Im Jahr 2011 erstellte die Kreisstadt Neunkirchen den ersten Sozialbericht.
Der vorliegende zweite Sozialbericht versteht sich als Fortschreibung und Erweiterung des
ursprünglichen Berichtes. Bereits vorhandene Daten wurden aktualisiert sowie weitere
Indikatoren zur Analyse der sozialen Situation in der Kreisstadt Neunkirchen herangezogen.
Zukünftig soll der Bericht basierend auf der nun vorliegenden Datenbasis alle zwei Jahre
fortgeschrieben werden.
Wir können bereits auf ein gut funktionierendes Netzwerk aus Hilfsangeboten von
Kommunen, Wohlfahrtsverbänden, Kirchen und Vereinen zurückgreifen.
Zusammen mit diesen Trägern arbeiten wir stetig daran, die soziale Situation in der
Kreisstadt Neunkirchen zu verbessern.
Dennoch sehen wir die Fortschreibung des Sozialberichtes über einen längeren Zeitraum als
Chance an, die Entwicklung der Kreisstadt Neunkirchen noch besser analysieren sowie
bestehende Bedarfe aufdecken und diesen gerecht werden zu können.
Ich danke allen, die an der Erstellung dieses Berichtes beteiligt waren und unsere Arbeit
unterstützt haben. Außerdem möchte ich mich in diesem Zusammenhang bei allen
Kooperationspartnern bedanken, die der Kreisstadt Neunkirchen in ihren Ambitionen, die
soziale Situation vor Ort zu verbessern, auf vielfältige Weise zur Seite stehen.
Jürgen Fried
Oberbürgermeister der Kreisstadt Neunkirchen
1
Inhaltsverzeichnis
1. EINLEITUNG ...................................................................................................................................... 2
2. ZIELSETZUNG UND BERICHTSAUFBAU .................. ...................................................................... 3
3. BASISDATEN DER KREISSTADT NEUNKIRCHEN .............. .......................................................... 4
3.1 FLÄCHE........................................................................................................................................... 4 3.2 BEVÖLKERUNG ................................................................................................................................ 4 3.3 WIRTSCHAFTSSTRUKTUR ................................................................................................................. 7
4. DER BEGRIFF ARMUT ............................... ....................................................................................... 9
4.1 ARTEN VON ARMUT .......................................................................................................................... 9 4.2 URSACHEN VON ARMUT IN DEUTSCHLAND....................................................................................... 12
5. INDIKATOREN FÜR ARMUT UND SOZIALE BENACHTEILIGUNG.. ........................................... 13
5.1 EINKOMMEN .................................................................................................................................. 13 5.2 ARBEITSMARKTBETEILIGUNG .......................................................................................................... 15 5.3 SOZIALLEISTUNGSSYSTEME............................................................................................................ 22 5.4 BILDUNG UND BETREUUNG............................................................................................................. 31 5.5 GESUNDHEIT UND PFLEGE ............................................................................................................. 35 5.6 WOHNEN....................................................................................................................................... 40
6. BESTEHENDE HILFSANGEBOTE IN DER KREISSTADT NEUNK IRCHEN UND MAßNAHMEN GEGEN SOZIALE BENACHTEILIGUNG...................... .................................................................... 42
7. TABELLARISCHER ÜBERBLICK ÜBER DIE WICHTIGSTEN DATEN ......................................... 44
8. FAZIT ................................................................................................................................................ 45
9. QUELLEN-, TABELLEN- UND ABBILDUNGSVERZEICHNIS ...... ................................................. 47
10. ANHANG............................................. ............................................................................................ 50
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1. Einleitung Die Sozialberichterstattung als wichtiges Instrument der Analyse der sozialen Situation eines
Landes, einer Region oder einer Stadt zeigt anhand verschiedener Indikatoren auf, welche
Bevölkerungsgruppen sozial benachteiligt sind und ermöglicht darüber hinaus eine Reihe
von Vergleichen.
Der Fokus der Sozialberichterstattung liegt meist auf der Analyse verschiedener
Armutsindikatoren, vorrangig der Einkommensarmut und dem Bezug von Transferleistungen.
Um Armut feststellen zu können, sind jedoch weitere soziale Faktoren sowie Basisdaten
notwendig.
Obwohl Armut auch in Deutschland ein aktuelles Thema ist, handelt es sich in der Regel
nicht um eine lebensbedrohliche Form der Armut (absolute Armut1), sondern um eine relative
Armut, die, gemessen am durchschnittlichen Wohlstand der Bevölkerung der jeweiligen
Region, eine Benachteiligung darstellt.
Die Ursachen von Armut und sozialer Benachteiligung sind vielfältig und liegen sowohl im
persönlich-biographischen, als auch im gesamtgesellschaftlichen Bereich. Die Politik kann
nicht alle Faktoren sozialer Benachteiligung beeinflussen, hat jedoch die Aufgabe, sicher zu
stellen, dass alle Menschen ungeachtet ihres ethnischen, ethischen oder sozialen
Hintergrundes, die gleichen Voraussetzungen und Chancen auf ein würdiges Leben haben.
Dies umzusetzen ist oftmals schwierig. Die Politik muss jedoch zumindest ausgleichend
wirken.
Um längerfristig Lösungsmöglichkeiten der sozialen Probleme zu finden, ist eine
regelmäßige Sozialberichterstattung unverzichtbar, die sowohl positive als auch negative
Entwicklungen beobachtet, interpretiert und gegebenenfalls aufzeigt, welche
Handlungsfelder verändert werden müssen.
1 vgl. Seite 11ff.
3
2. Zielsetzung und Berichtsaufbau Ziel dieses Sozialberichtes ist es, die soziale Situation der Einwohner der Kreisstadt
Neunkirchen mit besonderem Fokus auf Armut darzustellen, eventuelle Missstände zu
erkennen und Lösungsansätze aufzuzeigen.
Im folgenden Kapitel werden Basisdaten der Kreisstadt Neunkirchen aufgeführt, die für die
spätere Analyse der sozialen und finanziellen Situation als Grundlage dienen. Außerdem
wird der Begriff Armut erläutert und Ursachen und Folgen der Armut dargestellt.
Zur Analyse der sozialen Situation in der Kreisstadt Neunkirchen wird der sogenannte
Lebenslagenansatz verwendet, der nicht nur rein finanzielle Benachteiligungen
(z.B. Einkommensarmut) betrachtet, sondern zusätzlich weitere soziale Indikatoren (z.B.
beschränkter Zugang zu Bildung oder gesundheitlicher Versorgung) heranzieht.
Als Armutsindikatoren werden Einkommen, Arbeitslosigkeit und Beschäftigung, sowie
Sozialhilfetransfers betrachtet. Dabei gilt die Anzahl der Empfänger von Sozialleistungen als
wichtiger Anhaltspunkt dafür, wie viele Personen armutsgefährdet sind.
Weitere Indikatoren, wie die Verteilung des Einkommens in der Kreisstadt Neunkirchen oder
die Anzahl der Arbeitslosen, sollen nähere Auskunft über die soziale Lage geben.
Indikatoren aus den Bereichen Bildung, Gesundheit oder Wohnen geben einen Überblick
über die jeweilige Lebenssituation in der Kreisstadt Neunkirchen und können indirekt auf
soziale Benachteiligung hinweisen. Darüber hinaus werden die Ergebnisse mit den
Statistiken des Landkreises Neunkirchen und des Saarlandes verglichen.
Einige der zur Analyse herangezogenen Daten sind allerdings nicht für die Kreisstadt
Neunkirchen vorhanden, sodass teilweise auf Daten des Landkreises Neunkirchen
zurückgegriffen werden muss. Dabei ist jedoch zu beachten, dass diese Daten nicht
zwangsläufig einen genauen Rückschluss auf die spezifische Situation in der Kreisstadt
Neunkirchen zulassen. Sie geben somit lediglich einen allgemeinen Überblick und treffen
keine genaue Aussage, zumal soziale Probleme oftmals in den Städten zentriert sind.
Zudem sind nicht alle Daten für einen aktuellen Zeitraum vorhanden, da gewisse
Erhebungen nur in einem mehrjährigen Rhythmus durchgeführt werden.
Für das Saarland insgesamt sind zahlreiche Erhebungen zu den verschiedensten Aspekten
von sozialer Benachteiligung und Armut vorhanden. Verweise dazu sind im Anhang
aufgelistet.
4
3. Basisdaten der Kreisstadt Neunkirchen
3.1 Fläche
Die Kreisstadt Neunkirchen umfasst eine Gesamtfläche von 75,1 km ². Davon ist der größte
Teil Waldfläche (43,9 %), gefolgt von Landwirtschaftsflächen mit 22,2 %. Die Gebäude- und
Freifläche beträgt 18,1 %, die Verkehrsfläche 8,2 %. Zur Kreisstadt Neunkirchen gehören
neben der Innenstadt die Stadtteile Sinnerthal, Heinitz, Wellesweiler, Furpach, Kohlhof,
Ludwigsthal, Wiebelskirchen, Hangard und Münchwies.
3.2 Bevölkerung
In Neunkirchen leben circa 623 Einwohner pro Quadratkilometer bei einer
Gesamteinwohnerzahl von 46.704 Personen (Dezember 2012)2. Davon sind ca. 51 %
weiblich.
Mit dieser Einwohnerzahl ist Neunkirchen nach Saarbrücken die zweitgrößte Stadt des
Saarlandes. Der Ausländeranteil lag Ende 2012 bei 9,6 %. Im Saarland sind durchschnittlich
6,9 % der Einwohner Menschen mit ausländischer Staatsbürgerschaft3. Der Anteil der
Personen mit Migrationshintergrund4 lag im Jahr 2011 bei 23,4 %5.
31.587 Einwohner in der Kreisstadt Neunkirchen sind im erwerbsfähigen Alter zwischen 15
und 65 Jahren. Das sind circa 68 % aller Einwohner. Ende 2012 waren 3.682 ausländische
Personen im erwerbsfähigen Alter (81 % der Menschen mit ausländischer
Staatsbürgerschaft).
Die Einwohnerzahl sank seit 2000, wie in den meisten Regionen des Saarlandes,
kontinuierlich (vgl. folgende Tabelle u. Grafik). Insgesamt ging die Einwohnerzahl bis 2010
um 6,7 % zurück. 2012 und im ersten Halbjahr 2013 war der Wanderungssaldo in der
Kreisstadt Neunkirchen positiv, wenn auch gering. Dies bedeutet, dass geringfügig mehr
Personen zugezogen als weggezogen sind. Im Jahr 2012 beispielsweise sind 2.550
Personen zugezogen und 2.530 Personen weggezogen. Lediglich in der Gruppe der 65 bis
99-Jährigen war der Saldo 2012 und im ersten Halbjahr 2013 negativ.
2 vgl. Daten des Einwohnermeldeamtes der Kreisstadt Neunkirchen, 2012. 3 vgl. Daten des Statistischen Landesamtes des Saarlandes, 2011. 4 Personen mit Migrationshintergrund: Seit 1949 eingewanderte Personen und deren Nachkommen (statistisches Merkmal) 5 vgl. Daten des Zensus 2011.
5
Tabelle 1: Entwicklung der Einwohnerzahl in der Kreisstadt Neunkirchen (2000-2010)
Jahr Einwohnerzahl
Veränderung gegenüber
Vorjahr
2000 51.042 -0,71%
2001 50.609 -0,84%
2002 50.341 -0,53%
2003 49.874 -0,92%
2004 49.516 -0,71%
2005 49.212 -0,61%
2006 48.909 -0,61%
2007 48.530 -0,78%
2008 48.104 -0,89%
2009 47.558 -1,14%
2010 47.055 -1,06%
Quelle: Einwohnermeldeamt der Kreisstadt, Stand 2010; eigene Darstellung
Abbildung 1: Entwicklung der Einwohnerzahl
Quelle: Einwohnermeldeamt der Kreisstadt, Stand 2010; eigene Darstellung
2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010
6
Anfang 2013 gab es in Neunkirchen insgesamt 30.196 Haushalte. Davon lebten in 64 % der
Haushalte alleinstehende Personen, in 6 % der Haushalte Personen unter 21 Jahren und
circa 10 % waren Haushalte ausländischer Einwohner. In 14,3 % der Haushalte lebte
mindestens ein Kind. Die Haushalte Alleinerziehender hatten einen Anteil von 24,4 % an
allen Familienhaushalten.
Der Altenquotient (Anzahl der Personen über 65 Jahren im Verhältnis zur Anzahl
erwerbsfähiger Personen) der Kreisstadt Neunkirchen beträgt 0,3 (ähnlich dem des
Saarlandes). Damit kommen auf 100 Einwohner im erwerbsfähigen Alter circa 30 Personen
über 65 Jahre.
Die folgende Tabelle und Grafik beschreibt die Altersstruktur in der Kreisstadt.
Tabelle 2: Altersstruktur in der Kreisstadt Neunkirchen Alter Anzahl
(Personen)
Anteil an
Gesamtwert
0 – 18 Jahre 7.416 15,9 %
19 – 38 Jahre 10.638 22,7 %
39 – 63 Jahre 17.969 38,5 %
Über 63 Jahre 10.681 22,8 %
Einwohner gesamt 46.704 100 %
Quelle: Einwohnermeldeamt der Kreisstadt Neunkirchen, Stand 2012; eigene Darstellung
Abbildung 2: Altersstruktur in der Kreisstadt Neunkirchen
Altersstruktur Kreisstadt Neunkirchen
16%
23%
38%
23% 0-18
19-38
39-63
über 63
Quelle: Einwohnermeldeamt der Kreisstadt Neunkirchen, Stand 2012; eigene Darstellung, Werte
aufgerundet
7
Bei einem Ausländeranteil von 9,6 % sind insgesamt 92 verschiedene Nationen vertreten,
Italien darunter am häufigsten. Das folgende Diagramm zeigt die acht Nationalitäten, die in
der Kreisstadt Neunkirchen am häufigsten vorkommen (italienisch, türkisch, serbisch,
russisch, polnisch, bulgarisch, rumänisch, französisch).
Abbildung 3: Die häufigsten Nationalitäten der Kreisstadt Neunkirchen
Quelle: Einwohnermeldeamt der Kreisstadt Neunkirchen, 2012.
3.3 Wirtschaftsstruktur Die Stadt war lange Zeit Montanindustriestandort. Nach Stilllegung des Neunkircher
Eisenwerkes im Jahr 1982 erlebte Neunkirchen einen Strukturwandel hin zum Einkaufs-,
Gewerbe-, Industrie- und Dienstleistungszentrum. Inzwischen führen einige internationale
Unternehmen in den Industriegebieten der Stadt Zweigstellen und das Saarparkcenter mit
zahlreichen Geschäften ist ein wichtiger Arbeitgeber in der Region.
a) Bruttoinlandsprodukt
Im Jahr 2009 betrug das Bruttoinlandsprodukt im Landkreis Neunkirchen insgesamt
2.712.000.000 Euro. Nachstehende Grafik zeigt die Entwicklung des Bruttoinlandsproduktes
je Einwohner im Landkreis Neunkirchen 1999 bis 2009.
Anzahl
Die acht häufigsten Nationalitäten in der Kreisstad t Neunkirchen (2012 ) 1636
712
243 199 150 150 148 111 0
200 400 600 800
1000 1200 1400 1600 1800
Italien Türkei Serbien (einschl.
Montenegro u. Kosovo)
Russische Föderation
Polen Bulgarien Rumänien Frankreich
8
Abbildung 4: Entwicklung des BIP je Einwohner des Landkreises Neunkirchen
Entwicklung des BIP je Einwohner (€)
42000440004600048000500005200054000
56000
Quelle: Statistisches Amt Saarland: Bruttoinlandsprodukt und Bruttowertschöpfung der
Wirtschaftsbereiche nach Kreisen, 2010; eigene Darstellung
b) Unternehmen
In der Kreisstadt Neunkirchen gibt es 35 Unternehmen mit 100 und mehr
sozialversicherungspflichtig Beschäftigten6. Die Eberspächer GmbH & Co.KG, die Saarstahl
AG, sowie die Kreisstadt Neunkirchen zählen dabei zu den größten Arbeitgebern der Region
(Stand 2011). Insgesamt sind 1.218 Unternehmen7 in der Kreisstadt Neunkirchen
angesiedelt und 2.964 Gewerbe angemeldet8.
6 vgl. Statistik der Bundesagentur für Arbeit: Zahl der Betriebe und ihrer Beschäftigten, 2012. 7 vgl. ebenda. 8 Ordnungsamt der Kreisstadt Neunkirchen, Stand: 04.09.2013
1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009
9
4. Der Begriff Armut
Armut ist auch in Deutschland ein aktuelles politisches und soziales Thema. Dabei
bezeichnet Armut nicht nur eine materielle, beziehungsweise finanzielle Deprivation
(Ressourcen-Ansatz9), sondern berücksichtigt auch soziale Benachteiligungen, wie einen
erschwerten Zugang zu Bildung, Gesundheit oder Kultur (Lebenslagen-Ansatz10).
Generell findet man in Deutschland selten eine „lebensbedrohliche“ Form der Armut, bei der
existentielle Grundbedürfnisse (z.B. Nahrungsaufnahme, Wasser) nicht erfüllt werden
können (absolute Armut).
Dem gegenüber herrscht die Form der relativen Armut in Deutschland vor. Diese hat in aller
Regel keine lebensbedrohlichen Konsequenzen zur Folge, sondern verhindert
gleichberechtigte, soziale Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Relative Armut betrifft im
Gegensatz zur gefühlten Armut überwiegend die unteren Schichten und Klassenlagen11 einer
Gesellschaft.
Im Folgenden werden die Arten von Armut näher definiert und mögliche Ursachen von
relativer Armut in Deutschland aufgezeigt.
4.1 Arten von Armut a) Absolute Armut
Absolute Armut kommt am häufigsten in Entwicklungsländern mit geringem wirtschaftlichem
Fortschritt vor. In Deutschland ist sie kaum präsent. Wer unter absoluter Armut leidet, ist
nicht in der Lage, die notwendigsten Grundbedürfnisse (Nahrung, Wasser, Unterkunft) zu
befriedigen. Die absolute Armut zieht schwerwiegende gesundheitliche und soziale Folgen
nach sich.
Die Grenze zur absoluten Armut ist durch die Weltbank bei 1,25 Dollar festgesetzt worden.
Demnach gilt jeder als absolut arm, der am Tag weniger als 1,25 Dollar zum Leben zur
9 Ressourcen-Ansatz: Analyse von Armut anhand rein finanzieller Aspekte (z.B. verfügbares Einkommen) 10 Lebenslagen-Ansatz: Bei der Analyse von Armut werden nichtfinanzielle Aspekte wie Bildung, Wohnen, Gesundheit, etc. zusätzlich zur Betrachtung und Interpretation herangezogen. 11 Klassenlage: Die Klassenlage meint die Positionierung in einer Klassengesellschaft. Sie ergibt sich aus dem Ausmaß und der Art der Verfügungsgewalt über wirtschaftliche Güter und Produktionsmittel, sowie nach weiteren Kriterien, insbesondere dem Ausmaß und der Art der Berufsqualifikation, sofern diese in der jeweiligen Wirtschaftsordnung für die Erzielung von Einkommen verwertbar ist. (vgl. Huinink, Johannes; Schröder, Torsten: Sozialstruktur Deutschlands. UVK Verlagsgesellschaft, Konstanz, 2008, S. 179).
10
Verfügung hat. Auf der Welt gibt es insgesamt etwa 1,2 Milliarden Menschen, die absolut
arm sind.12
b) Relative Armut
Die relative Armut wird immer im Vergleich zum Wohlstandsniveau des jeweiligen Landes
definiert. Es handelt sich in der Regel nicht um eine lebensbedrohliche Situation, sondern um
die Verhinderung einer gleichgestellten Teilnahme am gesellschaftlichen Leben und eine
Minderung der Chancen auf sozialen und beruflichen Erfolg.
Die finanziellen oder sozialen Einschränkungen werden in Relation zu dem als angemessen
geltenden Lebensstandard betrachtet. Daher werden die relativen Armutsgrenzen individuell
in den Ländern festgelegt. Die für die Erfassung einer relativen Armut notwendigen
statistischen Maßzahlen sind somit immer regional.
In Deutschland beispielsweise gilt derjenige als arm, der weniger als 50 % des
Medianeinkommens13 zur Verfügung hat.
Ein Armutsrisiko besteht bereits bei einem verfügbaren Einkommen unter 60 % des
Medianeinkommens (Armutsgefährdungsschwelle). Von einer „strengen Armut“ wird
gesprochen, wenn das Einkommen die 40 %-Marke unterschreitet.
Die Armutsgefährdungsschwelle lag im Saarland im Jahr 2011 bei 833 Euro im Monat für
einen Einpersonen-Haushalt und bei 1.749 Euro für Mehrpersonen-Haushalte.14 Hatte eine
Person/ein Haushalt im Jahr 2011 demnach weniger als 833 Euro, beziehungsweise weniger
als 1.749 Euro zur Verfügung, so galt er als armutsgefährdet.
Die Armutsgrenzen können auch in Bezug zum sogenannten „bedarfsgewichteten Pro-Kopf-
Einkommen aller Haushalte“ (Äquivalenz-Einkommen)15 gesetzt werden.
Dabei wird das gesamte Einkommen eines bestimmten Haushaltes rechnerisch auf alle
Haushaltsmitglieder verteilt und dabei eine bedarfsorientierte Gewichtung vorgenommen.
Diese Gewichtung soll sicher stellen, dass der individuelle Bedarf des jeweiligen
Familienmitgliedes berücksichtigt wird. So haben beispielweise Kinder einen geringeren
Bedarf als Erwachsene. Außerdem sind die Lebenshaltungskosten pro Person in
Mehrpersonenhaushalten in der Regel geringer als in Einpersonenhaushalten (geteilte Miete,
gemeinsame Nutzung von Elektrogeräten, etc.).
12 vgl. Homepage des World Vision Institutes für Forschung und Innovation, online verfügbar unter URL: www.armut.de 13 Medianeinkommen: bezeichnet das mittlere Einkommen einer festgelegten Bevölkerungsgruppe. Im Gegensatz zum Durchschnittseinkommen wird das Medianeinkommen nicht durch besonders hohe oder niedrige Einkommen verzerrt. Es handelt sich um den mittleren Wert aller abgefragten Einkommenswerte. 14 Ergebnisse des Mikrozensus 2011 15 vgl. Hradil, Stefan: Die Sozialstruktur Deutschlands im internationalen Vergleich. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden, 2. Auflage 2006, S. 203.
11
Die Prozentzahlen, die in diesem Fall die Armutsgrenzen festlegen, sind die gleichen wie
beim Medianeinkommen.
Das mediane Äquivalenz-Einkommen lag 2011 in Deutschland bei 19.043 € im Jahr16 (ca.
1.587 € im Monat).
Gerade in weiter entwickelten Industrieländern, in denen Armut in den meisten Fällen keine
Lebensbedrohung darstellt, ist es nicht ausreichend lediglich die Einkommensarmut, also die
finanzielle Situation zu betrachten. Auch soziale Benachteiligungen, wie schlechtere
Teilhabechancen an Bildung oder kulturellen und gesellschaftlichen Aktivitäten oder eine
unzureichende gesundheitliche Versorgung müssen einbezogen und bei der
Armutsdiskussion berücksichtigt werden. In diesem Sozialbericht werden deshalb auch
Indikatoren einbezogen, die Auskunft über die nichtfinanzielle Deprivation der Einwohner
liefern (vgl. Kapitel 5.4 bis 5.6). Die soziale Situation in der Kreisstadt Neunkirchen wird
demnach mithilfe des Lebenslagen-Ansatzes analysiert.
c) Gefühlte Armut
Die gefühlte Armut ist keine objektive Lagebeschreibung, sondern ein subjektives Empfinden
des Betroffenen. Sie kann nicht an Zahlen, wie Einkommenshöhe oder Höhe der bezogenen
Transferleistungen, festgemacht werden. Oftmals ist sie zwar mit einer relativen, objektiven
Armut gekoppelt, kann aber durchaus auch in den höheren Klassenlagen vorkommen, auch
wenn die Person objektiv nicht von einer materiellen Deprivation betroffen ist, das heißt
keine Benachteiligung nachgewiesen werden kann.17 Da diese Art der Armut statistisch
schwer zu erfassen ist, weil zu ihrer Messung Meinungsumfragen herangezogen werden
müssten, wird sie in diesem Bericht nicht berücksichtigt.
16 Statistik des Statistischen Bundesamtes: Gemeinschaftsstatistik über Einkommen und Lebensbedingungen (EU-SILC), verfügbar unter: https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/GesellschaftStaat/EinkommenKonsumLebensbedingungen/LebensbedingungenArmutsgefaehrdung/Tabellen/Einkommensverteilung_SILC.html. 17 vgl. Stichweh, Rudolf; Windolf, Paul (Hrsg.): Inklusion und Exklusion: Analysen zur Sozialstruktur und sozialen Ungleichheit. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden, 2009, S. 108.
12
4.2 Ursachen von Armut in Deutschland Die Ursachen der relativen Armut in Deutschland sind vielfältig. Dabei ist es oft schwierig,
abzugrenzen, was Ursache und was Folge der Armut ist. Außerdem bedingen und
verstärken sich gewisse Faktoren gegenseitig. Armut ist in den meisten Fällen multikausal,
was eine Verbesserung der Situation des Betroffenen aus eigener Kraft erschwert und ein
Eingreifen des Staates häufig notwendig macht.
Zu den häufigsten Ursachen von Armut, die statistisch belegt wurden, gehören18:
a) Geringes Einkommen und Geldmangel
Geldmangel entsteht oftmals durch Arbeitslosigkeit. Die Hilfen des Staates reichen dann
längerfristig nicht aus, um den bisherigen Lebensstandard aufrecht erhalten zu können.
Doch auch Menschen, die nicht von Arbeitslosigkeit betroffen sind, können unter relativer
Armut leiden, weil beispielsweise ihre Entlohnung zu gering ist oder die
Lebenshaltungskosten zu hoch sind.
b) Verschuldung
Durch die Belastung einer hohen Verschuldung kann das verfügbare Einkommen unter die
geltende Armutsgrenze fallen.
c) Mangel an Bildung
Eine geringe Bildung schränkt die Chancen auf beruflichen Erfolg vielfach stark ein und
damit auch die Möglichkeit, genug Einkommen zur Verfügung zu haben, um den eigenen
Lebensunterhalt finanzieren zu können.
d) Migrationshintergrund
Bereits Eingebürgerte mit Migrationshintergrund oder Bürger mit einer ausländischen
Staatsbürgerschaft haben es teilweise schwerer, Arbeitsplätze zu finden und dadurch über
ausreichendes Einkommen zu verfügen.
18 vgl. Homepage des World Vision Institutes für Forschung und Innovation, online verfügbar unter URL: www.armut.de.
13
5. Indikatoren für Armut und soziale Benachteiligun g
Es gibt verschiedene Indikatoren, die auf finanzielle Armut und auf soziale Benachteiligung
hinweisen können. Datenerhebungen über Einkommen und Erwerbstätigkeit sowie über die
Zahl der Empfänger von Transferleistungen geben Aufschluss über die finanzielle Situation
der Einwohner. Erhebungen über Bildung, gesundheitliche Versorgung und
Wohnverhältnisse lassen ebenfalls Rückschlüsse auf die soziale Situation und eventuelle
Benachteiligungen in diesen Lebensbereichen zu.
5.1 Einkommen
Bei der Erhebung von Einkommen unterscheidet man zwischen primärem und verfügbarem
Einkommen.
Als primäres Einkommen bezeichnet man die Summe aller finanziellen Mittel, die ein
Haushalt oder eine Einzelperson in einem bestimmten Zeitraum (i.d.R. monatlich oder
jährlich) erhält. Dazu gehören Arbeitnehmerentgelte (Bruttolöhne) oder staatliche Hilfen
sowie sonstige Einkommensarten.
Aussagekräftiger im Bezug auf die finanzielle Situation ist das verfügbare Einkommen. Es
umfasst die finanziellen Mittel, die für den Konsum oder zum Ansparen zur freien Verfügung
stehen.
Im Saarland beträgt das verfügbare Einkommen pro Haushalt durchschnittlich 32.734 Euro
im Jahr. Im Kreis Neunkirchen sind es mit 30.070 Euro etwa 8 % weniger.
Das verfügbare Einkommen (auch als Kaufkraft bezeichnet), das nach Abzug aller
Pflichtzahlungen (beispielsweise Steuern) genutzt werden kann, ist in der Kreisstadt
Neunkirchen 5 % geringer als im Bundesdurchschnitt und circa 2 % geringer als im
Landkreis Neunkirchen. Die Kaufkraft in der Kreisstadt Neunkirchen wird jährlich mit
235.180.000 Euro beziffert.19
Je nach Höhe des individuell verfügbaren Einkommens kann festgestellt werden, ob der
Betroffene unter der in Deutschland festgelegten Armutsschwelle liegt und damit in
finanzieller Hinsicht als arm gilt. Es kommt erschwerend hinzu, dass die Verbraucherpreise
in ganz Deutschland in den letzten Jahren stark gestiegen sind. Wenn das Einkommen einer
Person oder eines Haushaltes nicht ebenfalls steigt, entsteht in manchen Fällen allein durch
die Preiserhöhung ein vermehrtes Armutsrisiko.
Nachfolgende Grafiken zeigen die Preisentwicklungen für Wohnungskosten und Kosten der
Energieversorgung im Saarland.
19 GfK Marktforschung, Nürnberg, 2011, vgl. Daten und Fakten zur wirtschaftlichen Entwicklung im Landkreis Neunkirchen, WFG Neunkirchen.
14
Abbildung 5: Preisentwicklung der Wohnungskosten
Quelle: Statistisches Amt Saarland, eigene Darstellung (Werte aufgerundet).
Ausgehend vom Vergleichswert im Jahr 2010 (100 %) zeigt sich eine kontinuierliche
Steigerung der Preise für Mieten und Wohnungsdienstleistungen um bis zu 25 %.
Beispielsweise waren im Jahr 2008 die Kosten für die Abwasserentsorgung 10 % geringer
als 2010. 2012 waren diese Kosten wiederum 10 % höher als 2010, bevor sie im Anfang des
Jahres 2013 wieder leicht sanken. Die Mietpreise blieben bis 2010 konstant, stiegen in den
darauffolgenden Jahren aber um mehr als 10 % an.
Abbildung 6: Preisentwicklung der Energieversorgung
Quelle: Statistisches Amt Saarland, eigene Darstellung (Werte aufgerundet).
Die oben gezeigte Grafik verdeutlicht die Preissteigerung im Bereich Energieversorgung.
Auch bei dieser Grafik fungiert der Wert im Jahr 2010 mit 100 % als Vergleichswert.
%
%
15
5.2 Arbeitsmarktbeteiligung
a) Beschäftigung
Die Beschäftigungsquote ist der Anteil der sozialversicherungspflichtig Erwerbstätigen
gemessen an der Gesamtbevölkerung im erwerbsfähigen Alter. Mit dieser Quote können
Vergleiche zwischen Ländern oder Kommunen aufgestellt werden.
Sozialversicherungspflichtig sind „alle Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen einschließlich
der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten, die kranken-, renten-, pflegeversicherungs-
pflichtig und/oder beitragspflichtig nach dem Recht der Arbeitsförderung oder für die von den
Arbeitgebern Beitragsanteile nach dem Recht der Arbeitsförderung zu entrichten sind. Aus
dieser Abgrenzung ergibt sich, dass in der Regel alle Arbeiter bzw. Arbeiterinnen und
Angestellte einschließlich der Personen in beruflicher Ausbildung von der
Sozialversicherungspflicht erfasst werden. [...] Nicht zu den sozialversicherungspflichtig
Beschäftigten zählen dagegen der weitaus überwiegende Teil der Selbstständigen, die
mithelfenden Familienangehörigen sowie die Beamten und Beamtinnen, Berufs- und
Zeitsoldaten, sowie freiwillig Wehr- und Zivildienstleistende.“20
Daher lässt sich mithilfe der Beschäftigungsquote nur eine eingeschränkte Aussage über die
Erwerbsbeteiligung treffen.
In der Kreisstadt Neunkirchen gibt es 31.578 Personen im erwerbsfähigen Alter, zwischen 15
und 65 Jahren21. Im Juni 2012 waren davon 15.489 Personen sozialversicherungspflichtig
beschäftigt. Das ergibt eine Beschäftigungsquote von 51 %. Die saarländische
Beschäftigungsquote liegt bei 52 %, ebenso die im Landkreis Neunkirchen. Die
Frauenerwerbstätigenquote liegt in der Kreisstadt Neunkirchen bei 45,6 %, während sie im
Landkreis Neunkirchen mit 48,1 % etwas höher ausfällt22.
In der Kreisstadt Neunkirchen sind 8 % der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten
ausländischer Herkunft (Im Landkreis Neunkirchen 4 %) und 11 % sind unter 25 Jahren alt.
Im Bezug auf die Merkmale Geschlecht und Altersgruppen erreicht die Kreisstadt
Neunkirchen ähnliche Werte wie der Landkreis23.
20 vgl. Statistisches Amt Saarland: Sozialversicherungspflichtige, Dezember 2011, S. 4 21 vgl. Daten des Einwohnermeldeamtes der Kreisstadt Neunkirchen 22 vgl. Statistisches Amt Saarland: Sozialversicherungspflichtige, Dezember 2011. 23 vgl. Statistisches Amt Saarland: Sozialversicherungspflichtige, Dezember 2011, Tabelle 2
16
Die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in der Kreisstadt Neunkirchen verteilt
sich wie folgt auf die Merkmale Geschlecht, Herkunft und Alter:
Tabelle 3: Verteilung der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten auf versch. Merkmale Merkmal Anzahl Anteil am Gesamtwert
männlich 8720 56,3%
weiblich 6769 43,7%
deutsch 14.251 92%
ausländisch 1238 8%
unter 20 Jahren 306 2%
20 - 24 Jahre 1395 9%
über 24 Jahren 13.788 89%
15.489 /
Quelle: Bundesagentur für Arbeit, März 2013; eigene Darstellung
Rückschlüsse auf die jeweilige soziale Situation lassen sich häufig auch über die Zuordnung
zu einer Berufsklasse ziehen. Die „unteren“ Klassenlagen sind in der Regel finanziell deutlich
schlechter gestellt als „höhere“ Klassenlagen und tragen somit ein größeres Armutsrisiko.
In Deutschland gestaltete sich die Verteilung auf die Klassenlagen im Jahr 2010 wie folgt:
Abbildung 7: Klassenlagen in Deutschland
Quelle: Datenreport 2011, Statistisches Bundesamt, Abb.: 2, S. 177.
17
Nachfolgende Grafik verdeutlicht die Aufschlüsselung der Beschäftigungsarten in der
Kreisstadt Neunkirchen im Jahr 2011.
Abbildung 8: Stellungen im Beruf
Quelle: Daten des Zensus 2011 der Statistischen Ämter (Die dargestellten Summenwerte werden
stets auf Basis der ungerundeten Ausgangswerte ermittelt, weshalb diese von einer etwaigen
selbstberechneten Summe der Einzelwerte abweichen können) , eigene Darstellung.
Nach Wirtschaftssektoren aufgeteilt, ging der Anteil der im primären Sektor
sozialversicherungspflichtig Beschäftigten (Landwirtschaft), welcher in der Kreisstadt
Neunkirchen stets sehr gering war, seit 1996 weiter zurück. Der Anteil der im sekundären
Sektor (Produktion/Verarbeitung) Beschäftigten ging ebenfalls zurück, während der Anteil
der Beschäftigten im tertiären Sektor (Dienstleistungen) anstieg (vgl. folgende Grafik).
Erwerbstätige nach Stellung im Beruf in der Kreisstadt Neunkirchen (%)
90,8
2,8 3,2 2,9 0
10 20 30 40 50 60 70 80 90
100
Angestellte und Arbeiter
Beamte Selbstständige mit
Beschäftigten
Selbstständigeohne
Beschäftigte
18
Abbildung 9: Entwicklung der Wirtschaftssektoren in der Kreisstadt Neunkirchen
0,67
46,38
52,95
0,74
43,88
55,37
0,3
39,35
60,35
0%
10%
20%
30%
40%
50%
60%
70%
80%
90%
100%
1996 2000 2006
Entw icklung der sozia lversicherungspflichtig Beschäftigten nach Wirtschaftssektoren in der
Kreisstadt Neunkirchen
Tertiärer SektorSekundärer SektorPrim ärer Sektor
0,58
44,55
54,76
0,76
40,33
58,91
0,65
35,85
63,5
0%
10%
20%
30%
40%
50%
60%
70%
80%
90%
100%
1996 2000 2006
Entw icklung der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten nach Wirtschaftssektoren im
Landkreis Neunkirchen
Tertiärer Sektor
Sekundärer SektorPrimärer Sektor
Quelle: Statistisches Landesamt, Saarland, 2008; basierend auf einer Darstellung des WFG
Neunkirchen.
b) Arbeitslosigkeit
Die Arbeitslosigkeit gehört zu den größten sozialen Problemen in Deutschland. Sie ist bei
Personen im erwerbsfähigen Alter ein schwerwiegender Grund, häufig sogar der
Hauptgrund, für relative Armut. Wer arbeitslos ist, bezieht kein Arbeitnehmerentgelt, sondern
finanziert seinen Lebensunterhalt entweder durch familiäre oder staatliche Hilfen. Diese
Hilfen allein reichen oftmals nicht aus, um einen vergleichsweise angemessenen
Lebensstandard zu ermöglichen. Soziale und kulturelle Ausgrenzung sowie finanzielle
Probleme (z.B. Schulden und Privatinsolvenz) sind die Folge. Veränderungen der
Arbeitslosenquote sind immer konjunkturell, was eine Voraussage künftiger Entwicklungen
schwierig macht. Ausschließlich die Arbeitslosenquote zu betrachten, um eine
Armutsgefährdung in einer Region feststellen zu können, reicht nicht aus, da nicht alle
Personen, die staatliche Hilfen beziehen, zwangsläufig arbeitslos sind oder als arbeitslos im
Sinne des Gesetzes gelten. Außerdem ist nicht jede Person, die arbeitslos ist, zwingend von
Armut betroffen.
19
„Arbeitslos sind nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch (§ 16 SGB III) Personen, die
vorübergehend nicht in einem Beschäftigungsverhältnis stehen, das 15 Wochenstunden und
mehr umfasst, eine versicherungspflichtige Beschäftigung von mindestens 15
Wochenstunden suchen und dabei den Vermittlungsbemühungen der Agenturen für Arbeit
bzw. der Träger der Grundsicherung zur Verfügung stehen und sich dort persönlich
arbeitslos gemeldet haben. Arbeitslose sind Arbeitsuchende bis zur Vollendung des 65.
Lebensjahres. Schüler, Studenten oder Teilnehmer an Maßnahmen der aktiven
Arbeitsmarktpolitik gelten nicht als arbeitslos.“24
Im Jahr 2012 bezogen in der Kreisstadt Neunkirchen 2.617 (Dezember 2012) als arbeitslos
gemeldete Personen Leistungen nach dem Zweiten und Dritten Sozialgesetzbuch25.
Bei 31.578 Personen im erwerbsfähigen Alter ergibt sich daraus eine Arbeitslosenquote von
8,3 %, die höher ist als die Arbeitslosenquoten des Landkreises Neunkirchen (8,1 %) und
des Saarlandes (7,4 %)26.
Im März 2013 waren bereits 2.958 Personen als arbeitslos gemeldet, was eine Steigerung
seit Dezember 2012 um 13 % bedeutet. Innerhalb eines Jahres hat die Arbeitslosenzahl in
Neunkirchen um 15 % zugenommen (März 2012: 2562 Arbeitslose27).
Von 2.617 im Dezember 2012 als arbeitslos gemeldeten Personen waren 479 Personen
ausländischer Herkunft. An allen Arbeitslosen in der Kreisstadt Neunkirchen haben sie damit
einen Anteil von 17,6 %.
Die Arbeitslosenquote der ausländischen Bürger28 beträgt in der Kreisstadt 13 % bei 3.682
ausländischen Personen im erwerbsfähigen Alter. Sie ist demnach deutlich höher als die
übliche Arbeitslosenquote.
Wie bereits erwähnt, muss bei der Berechnung der Arbeitslosenquote beachtet werden, dass
beispielsweise Personen, die in Maßnahmen des Jobcenters (Wiedereingliederung,
Fortbildung, Mini-Jobs) sind, nicht einbezogen werden, weil sie im Sinne des
Sozialgesetzbuches nicht als arbeitslos gelten.
24 vgl. Bundeszentrale für politische Bildung, online verfügbar unter URL: http://www.bpb.de/nachschlagen/zahlen-und-fakten/soziale-situation-in-deutschland/61718/arbeitslose-und-arbeitslosenquote, Stand: 2012 25 vgl. Bundesagentur für Arbeit: Arbeitslose nach Gemeinden – Bestand an Arbeitslosen Neunkirchen/Kreisstadt, Jahreszahlen 2012 26 vgl. Daten der Statistischen Ämter der Länder /Agentur für Arbeit, Berechnungen der Bertelsmann-Stiftung: Wegweiser Kommune: Politikfeld Soziale Lage für Neunkirchen, 2011. 27 vgl. ebenda. 28 Anteil der als arbeitslos gemeldeten Bürger ausländischer Herkunft an der Anzahl aller ausländischen Einwohner im erwerbsfähigen Alter
20
Frauen und Männer verteilen sich wie folgt auf die Gesamtzahl der Arbeitslosen:
Abbildung 10: Verteilung der Arbeitslosen auf die Geschlechter
Anzahl der Arbeitslosen in der Kreisstadt Neunkirchen nach Geschlecht
52%
48%
männlichweiblich
Quelle: Bundesagentur für Arbeit, Dezember 2012; eigene Darstellung
Es wird deutlich, dass sich die Zahl der Arbeitslosen relativ gleichmäßig auf die Geschlechter
verteilt. Es gibt nur geringfügig weniger Frauen unter den Arbeitslosen (- 4 %).
Der Anteil der Langzeitarbeitslosen beträgt im Landkreis 31,7 %, in der Kreisstadt liegt er mit
32,7 % nur geringfügig höher. 142 als arbeitslos gemeldete Personen sind schwerbehindert,
das sind 5,2 %.
Die Altersstruktur der als arbeitslos gemeldeten Personen stellt sich in der Kreisstadt
Neunkirchen wie folgt dar:
Tabelle 4: Arbeitslose in der Kreisstadt Neunkirchen nach Altersgruppen Merkmal Anzahl Prozent
15 - 24 Jahre 299 11,40%
25 - 49 Jahre 1496 57,20%
50 - 64 Jahre 822 31,40%
2.617 100%
Quelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit, 2012; eigene Darstellung
21
Abbildung 11: Arbeitslose in der Kreisstadt Neunkirchen nach Altersgruppen
Arbeitslose in der Kreisstadt Neunkirchen nach Altersgruppen
11%
58%
31%
15 - 24 Jahre 25 - 49 Jahre 50 - 64 Jahre
Quelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit, 2012; eigene Darstellung
Im Jahr 2012 waren 11,4 % der als arbeitslos gemeldeten Personen zwischen 15 und 24
Jahren alt, 2,2 % von ihnen sind unter 20 Jahren. 31 % sind über 50 Jahre alt. Die
Verteilung im Landkreis Neunkirchen ist vergleichbar: 11,6 % der Arbeitslosen im Kreis
Neunkirchen sind unter 25 Jahren, 32,2 % sind über 50 Jahren.
22
5.3 Sozialleistungssysteme
Sozialleistungssysteme sollen in erster Linie das Armutsrisiko verringern und eine kulturelle,
gesellschaftliche sowie soziale Teilhabe der Betroffenen zumindest bis zu einem gewissen
Grad gewährleisten. Sie kommen zum Einsatz, wenn Hilfebedürftige aus unterschiedlichsten
Gründen nicht eigenständig für ihren Lebensunterhalt aufkommen können und staatlicher
Unterstützung bedürfen. Die statistische Betrachtung der Anzahl der
Sozialleistungsempfänger in Deutschland ist ein wichtiger Indikator für armutsnahe
Verhältnisse. Wer Sozialleistungen bezieht, weil entweder das Einkommen trotz Arbeit nicht
ausreicht oder aufgrund von Arbeitslosigkeit oder fehlender Erwerbsfähigkeit kein
Einkommen erzielt werden kann, gehört in aller Regel zu den ärmeren Schichten
Deutschlands.
Das Hauptziel des Sozialleistungssystems, das Armutsrisiko zu verringern, kann nicht immer
erreicht werden. Oftmals reichen die staatlichen Hilfen nicht aus, um dauerhaft mit dem
monatlichen Einkommen über der Armutsgefährdungsschwelle zu bleiben.
a) Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem Zwei ten Sozialgesetzbuch
Die Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem Zweiten
Sozialgesetzbuch (SGB II) sind steuerfinanzierte Sozialleistungen. Ziel ist es, „die
strukturelle Langzeitarbeitslosigkeit durch intensive Betreuung und stärkere Anreize zur
Arbeitsaufnahme zu bekämpfen (Hilfe zur Selbsthilfe)“29.
Zu den Leistungen des SGB II gehören unter anderem auch die Leistungen zur
Eingliederung in Arbeit (§16 d SGB II Arbeitsgelegenheiten und §16 e SGB II Förderung von
Arbeitsverhältnissen). In diesem Bereich engagiert sich die Kreisstadt Neunkirchen mit einer
finanziellen Förderung von rund 90.000 € jährlich (1-Euro-Jobs, Bürgerarbeit, usw.).
Im Folgenden wird nur auf die in „Abschnitt 2“ des SGB II beschriebenen Leistungen zur
Sicherung des Lebensunterhaltes näher eingegangen.
Nach § 19 SGB II erhalten erwerbsfähige Leistungsberechtigte, die zwischen 15 und 65,
beziehungsweise 6730 Jahren alt sind und ihren Lebensunterhalt nicht aus eigenen Mitteln
finanzieren können, Arbeitslosengeld II. Personen, die mit dem Arbeitslosengeldempfänger
in einem gemeinsamen Haushalt (Bedarfsgemeinschaft) leben und nicht erwerbsfähig sind
(beispielsweise Kinder) erhalten Sozialgeld. 29 vgl. Statistische Ämter des Bundes und der Länder: Soziale Mindestsicherung in Deutschland, 2010, online verfügbar unter: https://www.destatis.de/DE/Publikationen/Thematisch/Soziales/Sozialhilfe/ SozialeMindessicherung5228101107004.pdf?__blob=publicationFile, S. 13. 30 Personen, die vor dem 01.01.1947 geboren sind, erreichen die Altersgrenze mit Vollendung des 65. Lebensjahres. Personen, die nach dem 31.12.1946 geboren sind, erreichen die Altersgrenze mit Vollendung des 67. Lebensjahres.
23
Die Leistungen umfassen den Regelbedarf (Leistungen zur Sicherung des
Lebensunterhaltes), Mehrbedarfe (z.B. bei Schwangerschaft und für Alleinerziehende) und
die Erstattung der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung sowie Leistungen für
Bildung und Teilhabe (Kinder, Jugendliche).
Die Leistungen für Bildung und Teilhabe erhalten Kinder, deren Eltern Arbeitslosengeld II,
Sozialgeld, Sozialhilfe, Wohngeld, Kinderzuschlag oder Leistungen nach dem
Asylbewerbergesetz beziehen. Folgende Leistungen sind im Bildungspaket inbegriffen31:
- Mittagessen in KiTa, Schule und Hort
- Kultur, Sport und Freizeit
- Ausflüge in KiTa und Schule
- Lernförderung
- Schulbedarf
- Schülerbeförderung
Bei der Berechnung der Sozialleistungen nach dem SGB II wird die sogenannte
Bedarfsgemeinschaft betrachtet.
Nach § 7 SGB II gehören zur Bedarfsgemeinschaft:
1. die erwerbsfähigen Leistungsberechtigten,
2. die im Haushalt lebenden Eltern oder der im Haushalt lebende Elternteil eines
unverheirateten erwerbsfähigen Kindes, welches das 25. Lebensjahr noch nicht
vollendet hat und die im Haushalt lebende Partnerin oder der im Haushalt lebende
Partner dieses Elternteils,
3. als Partnerin oder Partner der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten
a) die nicht dauernd getrennt lebende Ehegattin oder der nicht dauernd getrennt
lebende Ehegatte,
b) die nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartnerin oder der nicht dauernd
getrennt lebende Lebenspartner,
c) eine Person, die mit der erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person in einem
gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der
wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und
füreinander einzustehen.
4. die dem Haushalt angehörenden unverheirateten Kinder der in den Nummern 1 bis 3
genannten Personen, wenn sie das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben,
soweit sie die Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts nicht aus eigenem
Einkommen oder Vermögen beschaffen können.
31 vgl. Informationsheft „Das Bildungspaket – Mitmachen möglich machen“ des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, 2011.
24
Alle zu einer Bedarfsgemeinschaft gehörenden Personen werden mit ihrem
Einkommen/Vermögen berücksichtigt und in die Bedarfsberechnung einbezogen.
Eine Statistik der Bundesagentur für Arbeit im Dezember 2012 konnte folgende Daten für die
Anzahl und Struktur von Bedarfsgemeinschaften erheben. Im Saarland gibt es insgesamt
40.716 Bedarfsgemeinschaften, die meisten davon im Regionalverband Saarbrücken. Im
Landkreis Neunkirchen sind es 5.517 Bedarfsgemeinschaften. Daran hat die Kreisstadt
Neunkirchen mit 3.062 Bedarfsgemeinschaften einen Anteil von 55,7 %.
Abbildung 12: Bedarfsgemeinschaften nach Anzahl der Personen
Anzahl der Bedarfsgemeinschaften in der Kreisstadt Neunkirchen nach Personenzahl
54%
23%
23%
BG m. 1 Person BG m. 2 PersonenBG m. 3 und mehr Personen
Quelle: Daten der Bundesagentur für Arbeit, Dezember 2012; eigene Darstellung
Abbildung 13: Entwicklung der Anzahl der Bedarfsgemeinschaften
Quelle: Daten der Bundesagentur für Arbeit, 2008; Berechnung der „isoplan-Marktforschung“, vgl.
„Familienfreundliches Neunkirchen – Sozialpolitisches Handlungskonzept“, Tabelle 1.4 im Anhang
Seit 2005 ist die Anzahl der Bedarfsgemeinschaften sowohl in der Kreisstadt Neunkirchen
als auch im Landkreis Neunkirchen kontinuierlich gesunken (-8 % in der Kreisstadt
Neunkirchen). Zwischen Dezember 2012 und März 2013 ist die Zahl der Bedarfs-
25
gemeinschaften allerdings wieder von 3.062 auf 3.297 gestiegen (Bundesagentur für Arbeit).
Die durchschnittliche Anzahl der Personen in der Bedarfsgemeinschaft in der Kreisstadt
Neunkirchen beträgt - wie im saarländischen Durchschnitt - 1,86 Personen pro
Bedarfsgemeinschaft. Zu 16,2 % der Bedarfsgemeinschaften in der Kreisstadt Neunkirchen
zählt ein Kind, zu 12,7 % zwei Kinder und mehr. 71 % der Bedarfsgemeinschaften haben
eine erwerbsfähige, leistungsberechtigte Person als Mitglied, 29 % haben zwei und mehr
erwerbsfähige, leistungsberechtigte Mitglieder.
Diese Verteilung ist gleich geblieben und die Kreisstadt Neunkirchen liegt im saarländischen
Durchschnitt (Stand: März 2013).
In der Kreisstadt Neunkirchen gab es im September 2012 insgesamt 5.699 leistungs-
berechtigte Personen32, die Leistungen nach dem SGB II bezogen. Das sind etwa 12,2 % der
Einwohner der Kreisstadt Neunkirchen und damit deutlich mehr als der saarländische
Durchschnitt mit circa 9 % (ebenso der gesamtdeutsche Durchschnitt)33. Im März 2013 gab
es 6.102 leistungsberechtigte Personen. Das sind 7,7 % mehr als noch im September 2012
und damit 13 % der Gesamtbevölkerung der Kreisstadt Neunkirchen.
Von allen leistungsberechtigten Personen sind circa 28 % nichterwerbsfähig und 72 %
erwerbsfähig. Diese Verteilung ist bis März 2013 gleich geblieben.
46 % der Leistungsberechtigten sind arbeitslos gemeldet, die restlichen Personen beziehen
Sozialgeld. Der Anteil der Alleinerziehenden beträgt 14 %, 30 % haben einen Vorbezug von
Arbeitslosengeld34 und 76 % der Leistungsberechtigen wohnen in der Innenstadt
Neunkirchens.
32 vgl. Daten der Bundesagentur für Arbeit: Zahl der Leistungsberechtigten, September 2012 33 vgl. Statistische Ämter des Bundes und der Länder: Soziale Mindestsicherung in Deutschland, 2010, online verfügbar unter: https://www.destatis.de/DE/Publikationen/Thematisch/Soziales/Sozialhilfe/ SozialeMindessicherung5228101107004.pdf?__blob=publicationFile, S. 9, Abb. 3. 34 Vorbezug von Arbeitslosengeld: Hat der Leistungsempfänger innerhalb der letzten zwei Jahre vor der Entstehung des aktuellen Anspruchs (in der Regel erster Tag der Arbeitslosigkeit) bereits Arbeitslosengeld nach einem höheren Bemessungsentgelt bezogen, wird dieses auch der Bemessung des aktuellen Anspruchs zu Grunde gelegt (vgl. Website der Bundesagentur für Arbeit)
26
Die Regelleistungen nach dem SGB II belaufen sich seit den gesetzlichen Änderungen im
Januar 2011, 2012 und 201335 auf folgende Beträge:
Tabelle 5: Regelleistungen nach SGB II Personenkreis Regel-
bedarfsstufe
Regelsatz ab
01/11 (€)
Regelsatz ab
01/12 (€)
Regelsatz ab
01/13
Erwachsene leistungsberechtigte
Personen, die als Alleinstehende
oder Alleinerziehende einen eigenen
Haushalt führen
1 364 374 382
Erwachsene Leistungsberechtigte,
die als Ehegatten, Lebenspartner
oder in eheähnlicher oder
lebenspartnerschaftlicher
Gemeinschaft einen gemeinsamen
Haushalt führen.
2 328 337 345
Erwachsene Personen bis unter 25
Jahre, die weder einen eigenen
Haushalt führen, noch als Ehegatte,
Lebenspartner oder in eheähnlicher
oder lebenspartnerschaftlicher
Gemeinschaft einen gemeinsamen
Haushalt führen
3 291 299 306
Leistungsberechtigte Jugendliche
vom Beginn des 15. bis zur
Vollendung des 18. Lebensjahres
4 287 287 289
Leistungsberechtigte Kinder vom
Beginn des 7. bis zur Vollendung des
14. Lebensjahres
5 251 251 255
Leistungsberechtigte Kinder bis zur
Vollendung des 6. Lebensjahres
6 215 219 224
Quelle: Statistische Ämter des Bundes und der Länder, Soziale Mindestsicherung 2010, Tabelle 3, S.
15.; zusätzlich Regelleistungen ab 01/13, Broschüre der Arbeitskammer des Saarlandes:
Arbeitslosengeld II, Sozialgeld (2012), Beiblatt. .
35 Anmerkung: Der Regelsatz wurde zum 01.01.2014 auf 391 € erhöht.
27
Dieser Regelsatz ist gesetzlich folgendermaßen unterteilt:
Tabelle 6: Unterteilung des Regelsatzes (2012) Bedarf
Anteil am
Gesamtbedarf
Betrag
Nahrung, alkoholfreie Getränke 35,5 % 132,77
Bekleidung, Schuhe 8,4 % 31,42
Wohnen, Energie, Wohninstandhaltung 8,36 % 31,27
Innenausstattung, Haushaltsgeräte 7,58 % 28,35
Gesundheitspflege 4,30 % 16,08
Verkehr 6,30 % 23,56
Nachrichtenübermittlung 8,83 % 33,02
Freizeit, Kultur, Unterhaltung 11,04 % 41,29
Bildung 0,38 % 1,42
Beherbergungs- und Gaststättenleistungen 1,98 % 7,41
Andere Waren und Dienstleistungen 7,32 % 27,38
Quelle: Arbeitskammer des Saarlandes, Broschüre: Arbeitslosengeld II, Sozialgeld, 2012, S.93
Tabelle 7: Unterteilung des Hartz IV-Regelsatzes im Vergleich zu den durchschnittlichen Ausgaben der unteren 20 % der Haushalte (2011) Ausgaben für Ausgaben der
unteren 20 % der
Haushalte in Euro
Anteil in Prozent,
der HartzIV-
Empfängern
zugestanden wird
HartzIV-
Satz in
Euro
Nahrungsmittel, Getränke, Tabak 133 96 % 127
Bekleidung u. Schuhe 34 100 % 34
Wohnen, einschl. Energie u. Instandhaltung 322 8 % 24
Einrichtungs-, Haushaltsgegenstände 27 91 % 25
Gesundheitspflege 18 71 % 13
Verkehr 59 26 % 16
Nachrichtenübermittlung 40 75 % 30
Freizeit, Unterhaltung, Kultur 71 55 % 39
Bildungswesen 7 0 % 0
Beherbergungs- und
Gaststättendienstleistungen
28 29 % 8
Andere Waren und Dienstleistungen 40 67 % 27
Insgesamt 779 364
Quelle: Website des Vereins für soziales Leben e.V., verfügbar unter:
http://www.sozialhilfe24.de/hartz-iv-4-alg-ii-2/regelsatz.html
28
Begrenzt auf die als arbeitslos gemeldeten Personen, die Leistungen nach dem SGB II
beziehen, stellte die Bundesagentur für Arbeit im Dezember 2012 folgende Ergebnisse fest:
Insgesamt 2.053 arbeitslose Personen bezogen in der Kreisstadt Neunkirchen Leistungen
nach dem Zweiten Sozialgesetzbuch (Arbeitslosengeld II). Das sind 75 % aller arbeitslos
gemeldeten Personen insgesamt. Der Saarländische Durchschnitt liegt bei 67 %. Insgesamt
ergibt sich dadurch eine SGB II-Quote (Anteil der arbeitslosen SGB II – Empfänger
gemessen an allen erwerbsfähigen Personen) von 6 %. Je 100 Einwohner im erwerbs-
fähigen Alter erhalten demnach etwa 6 arbeitslose Personen Leistungen nach SGB II.
Von den arbeitslosen SGB II-Leistungsempfängern in der Kreisstadt Neunkirchen sind 52 %
männlich und 48 % weiblich, 82 % sind deutscher Herkunft und 18 % haben eine
ausländische Staatsbürgerschaft. Von 2.053 Leistungsbeziehern suchen 1.688 eine
Vollzeitbeschäftigung (82 %), 95 Personen sind schwerbehindert (5 %) und 802 Personen
gelten als langzeitarbeitslos36 (39 %). 204 Leistungsempfänger sind jünger als 25 Jahre (10
%). Bis Juli 2013 erhöhte sich die Anzahl um knapp 10 %. Die Verteilung auf
unterschiedliche Merkmale (Alter, Herkunft, Geschlecht) blieb annähernd gleich.
Ein Viertel aller Kinder unter 15 Jahren in der Kreisstadt Neunkirchen erhielten im Jahr 2011
Leistungen nach dem SGB II (Sozialgeld). Die Kinderarmut belief sich demnach laut
Berechnungen der Bertelsmann-Stiftung auf 25,6 %. Die Quote war damit 10 % höher als im
Landkreis Neunkirchen insgesamt. Die Jugendarmut lag bei 17,4 % und war ebenfalls
deutlich höher als im Landkreis Neunkirchen und im Saarland. Die Altersarmut hingegen war
mit 3,9 % nur geringfügig größer als im Saarland insgesamt. Die Kinderarmut,
beziehungsweise Altersarmut bei Ausländern ist mit 31,9 %, beziehungsweise 9 % noch mal
deutlich höher.37
Im Jahr 2012 bezogen laut Angaben des Kreissozialamtes Neunkirchen 1.487 Kinder
und Jugendliche im Landkreis Neunkirchen Leistungen für Bildung und Teilhabe nach dem
SGB II. Außerdem erhielten 888 Kinder Leistungen für Bildung und Teilhabe, deren Familien
Wohngeld bezogen, 101 Kinder, deren Familien Kinderzuschlag erhielten und 11 Kinder,
deren Familien Leistungen nach dem Asylbewerbergesetz bezogen.
36 Langzeitarbeitlose: Als langzeitarbeitslos gelten Personen, die ein Jahr oder länger als arbeitslos gemeldet sind. 37 vgl. Daten der Statistischen Ämter der Länder /Agentur für Arbeit, Berechnungen der Bertelsmann-Stiftung: Wegweiser Kommune: Politikfeld Soziale Lage für Neunkirchen, 2011.
29
b) Leistungen zur Arbeitsförderung nach dem Dritten Sozialgesetzbuch
Das Dritte Sozialgesetzbuch (SGB III) umfasst sämtliche Leistungen zur Arbeitsförderung.
Dazu zählen Leistungen zur aktiven Arbeitsförderung sowie Entgeltersatzleistungen,
beispielweise bei Arbeitslosigkeit (Arbeitslosengeld I), Kurzarbeit oder Zahlungsunfähigkeit
des Arbeitgebers.38 Träger sind die Arbeitsagenturen.
In der Kreisstadt Neunkirchen beziehen laut Bundesagentur für Arbeit (Dezember 2012)
insgesamt 664 arbeitslose Personen Leistungen nach dem Dritten Sozialgesetzbuch. Das
sind 25 % aller arbeitslos gemeldeten Personen. Im Saarland insgesamt sind es 33 % aller
Arbeitslosen. Von allen Leistungsempfängern nach SGB III sind 65 % männlich und 35 %
weiblich. 85 % sind deutscher Herkunft und 15 % ausländischer Herkunft, 7 % der
Leistungsempfänger sind schwerbehindert und 13 % gelten als langzeitarbeitslos. 85 % der
Leistungsempfänger suchen eine Vollzeitbeschäftigung und 19 % sind zwischen 20 und 24
Jahren alt. Diese Zahl stieg bis Juli 2013 lediglich um knapp 2 % an. Dieser Anstieg ist also
deutlich geringer als der Anstieg im Bereich Leistungsempfänger nach SGB II.
c) Leistungen nach SGB XII (Sozialhilfe)
„Aufgabe der Sozialhilfe ist es, den Leistungsberechtigten die Führung eines Lebens zu
ermöglichen, das der Würde des Menschen entspricht.“39 Träger der Sozialhilfe sind je nach
Leistungsart entweder der örtliche Träger (Landkreis) oder der überörtliche Träger (vom
Land bestimmt).
Folgende Leistungsarten fallen unter die Sozialhilfe40:
1. Hilfe zum Lebensunterhalt (laufende Sozialhilfe zur Sicherung des soziokulturellen
Existenzminimums) (§§ 27 – 40 SGB-XII)
2. Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (laufende Sozialhilfe für
Menschen ab 65 Jahren sowie für dauerhaft voll Erwerbsgeminderte zwischen 18
und 65 Jahren (§§ 41–46 SGB-XII)
3. Hilfen zur Gesundheit (vorbeugende Gesundheitshilfe, Hilfe bei Krankheit, Hilfe zur
Familienplanung, Hilfe bei Schwangerschaft und Mutterschaft, Hilfe bei Sterilisation)
(§§ 47 – 52 SGB-XII)
4. Eingliederungshilfe für behinderte Menschen (§§ 53 – 60 SGB-XII)
5. Hilfe zur Pflege (§§ 61 – 66 SGB-XII)
6. Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten (§§ 67 – 69 SGB-XII)
38 vgl. Drittes Sozialgesetzbuch, § 3 SGB III 39 vgl. Zwölftes Sozialgesetzbuch, 1. Kapitel, §1 u. § 3 SGB XII. 40 vgl. Zwölftes Sozialgesetzbuch, 2. Kapitel, § 8 SGB XII
30
7. Hilfe in anderen Lebenslagen (Blindenhilfe, Altenhilfe, Hilfe in sonstigen Lebenslagen,
Bestattungskosten) (§§ 70 – 74 SGB-XII)
„Die Leistungen werden erbracht in Form von Dienstleistungen (Beratung), Geldleistungen
und Sachleistungen.“41
Zum 01.10.2013 gab es laut dem Kreissozialamt Neunkirchen 1.424 Personen, die in der
Kreisstadt Neunkirchen Leistungen nach dem SGB XII erhielten. Davon waren 584 Personen
männlich und 840 Personen weiblich.
Folgende Grafik stellt dar, wie viele Personen welche Leistungsarten des SGB XII erhielten.
Abbildung 14: Empfänger von Leistungen nach dem SGB XII
Quelle: Daten des Kreissozialamtes Neunkirchen, 2013.
Zum 01.10.2013 erhielten 27 Personen in der Kreisstadt Neunkirchen Leistungen nach dem
Asylbewerberleistungsgesetz.
Außerdem erhielten Anfang 2013 insgesamt 2.124 Personen in der Kreisstadt Neunkirchen
auf 524 Haushalte verteilt Wohngeld.42
Im Jahr 2012 erhielten 19 Kinder aus Familien mit SGB-XII-Leistungen zusätzlich Leistungen
für Bildung und Teilhabe.43
41 vgl. SGB XII, zweites Kapitel, § 10. 42 vgl. Daten der Wohngeldbehörde des Landkreises Neunkirchen, Stand 2013. 43 Angaben des Kreissozialamtes Neunkirchen für das Jahr 2012.
Hilfe zum Lebensunterhalt Grundsicherung im Alter und bei dauerhafter Erwerbsminderung Hilfe zur stationären Pflege Hilfe zur ambulanten Pflege
31
5.4 Bildung und Betreuung
Im nachfolgenden Kapitel wird die Thematik Bildung und Betreuung, beginnend mit der
frühkindlichen Bildung/Betreuung über die schulische bis hin zur beruflichen Bildung, dar-
gestellt. Bildung legt einen wichtigen Grundstein sowohl für die persönliche als auch für die
berufliche Entwicklung eines Menschen.
a) Frühkindliche Bildung
Frühkindliche Bildung hat einen hohen Stellenwert in der Gesellschaft.
Kinderbetreuungseinrichtungen sollen eine Vereinbarkeit von Familie und Beruf ermöglichen
und werden als eigenes Bildungssystem anerkannt und gefördert.
In der Kreisstadt Neunkirchen stehen 1.235 Kindergarten- und Kindertagesstättenplätze
verteilt auf insgesamt 24 Kinderbetreuungseinrichtungen zur Verfügung44. Davon sind 12 in
städtischer und 12 in konfessioneller, beziehungsweise freier Trägerschaft. 48,6 % sind
KiTa-Plätze, die eine durchgehende Betreuung der Kinder bis mindestens 16 Uhr
gewährleisten. Für Kinder zwischen 3 und 6 Jahren aus der Kreisstadt Neunkirchen
(1.07845) sind somit ausreichend Kindergarten- und Kindertagesstättenplätze vorhanden.
Außerdem gibt es insgesamt 230 Krippenplätze.46 Für 22,5 % der Kinder zwischen 0 und 3
Jahren (1.023) werden in der Kreisstadt Neunkirchen Krippenplätze vorgehalten. Weitere 40
Krippenplätze sind in den Einrichtungen Talstraße und Heinitz vorgesehen (Quote dann 26,4
%). Zusätzlich gibt es Betreuungsplätze bei Tagesmüttern und Tagesvätern, die über den
Landkreis Neunkirchen vermittelt werden.
Im Jahr 2011 besuchten 15 % der Unterdreijährigen eine Krippe und 83 % der 3 bis 5-
jährigen Kinder einen Kindergarten oder eine Kindertagesstätte.
Der Übergang von Kindergarten/Kindertagesstätte zu Schule wird durch staatliche
Maßnahmen und individuelle Projekte vor Ort (z.B. Projekt „Sprungbrett“) begleitet.
b) Schulabschlüsse
In der Kreisstadt Neunkirchen stehen zwei Gymnasien vier Gemeinschaftsschulen, zwei
Förderschulen, sieben Grundschulen, drei Berufsschulen und eine Berufsfachschule zur
Verfügung.
44 Kreisjugendamt Neunkirchen, 2013. 45 Einwohnermeldeamt der Kreisstadt Neunkirchen, 2013. 46 Schulamt der Kreisstadt Neunkirchen, 2013.
32
Die Qualität der Schulbildung ist maßgebend für die spätere berufliche Qualifikation eines
Menschen. Durch geringe Schulbildung steigt das Risiko, im Berufsleben weniger erfolgreich
zu sein, geringeres Einkommen zu erzielen oder arbeitslos zu werden.
Neben anderen Faktoren ist die Wahl der Schulbildung oftmals auch von der sozialen
Herkunft abhängig. So ist es statistisch belegt, dass Kinder aus niedrigeren Schichten
seltener einen Gymnasialabschluss erzielen. Auch wenn sich die Chancen auf eine bessere
Ausbildung für Arbeiterkinder in den letzten Jahren verbessert haben, so besteht in
Deutschland immer noch Bildungsungleichheit.47
Die Schulabschlüsse im Jahr 2011 waren in der Kreisstadt Neunkirchen wie folgt auf die
Einwohner ab 15 Jahren verteilt:
Abbildung 15: Schulabschlüsse
Personen ab 15 Jahren nach höchstem Schulabschluss in der Kreisstadt Neunkirchen (%)
8,8
52,520,4
18,3
Ohne AbschlussHaupt-/VolksschulabschlussMittlere ReifeHochschul-/Fachhochschulreife
Quelle: Daten des Zensus 2011 der Statistischen Ämter, eigene Darstellung.
52, 5 % der Personen ab 15 Jahren haben einen Hauptschulabschluss. Dahinter folgen
Personen mit Mittlerer Reife (20,4 %) und Abitur (18,3 %). Am wenigsten vertreten sind
Personen ohne Abschluss (8,8 %). Im Vergleich mit dem Landkreis Neunkirchen gibt es in
der Stadt mehr Personen ohne Abschluss und weniger Personen mit Hochschul- oder
Fachhochschulreife. Im Landkreis haben 6 % keinen Abschluss und fast 21 % Abitur. Im
Saarland insgesamt ist der Anteil der Abiturienten mit 25 % noch einmal deutlich höher und
der Anteil der Personen ohne Abschluss liegt bei 7,1 %.
47 vgl. Geißler, Rainer; Weber-Menges, Sonja: Soziale und ethnische Auslese im deutschen Bildungssystem – ein skandalöser Mechanismus sozialer Ausgrenzung, in: Döring, Diether (Hrsg.) Armut und Soziale Ausgrenzung, Heft Nr. 4/2009, Berlin.
33
c) Berufliche Abschlüsse
Die beruflichen Abschlüsse verteilen sich wie folgt auf die Einwohner (ab 15 Jahren) der Kreisstadt Neunkirchen:
Abbildung 16: Berufsabschlüsse
Personen ab 15 Jahren nach höchstem Berufsabschluss in der Kreisstadt Neunkirchen
(%)
35
57,6
7,3
Ohne Berufsabschluss
Abschluss einer berufl. Ausbildung
Hochschulabschluss
Quelle: Daten des Zensus 2011 der Statistischen Ämter, eigene Darstellung.
Der Anteil der Personen ohne Berufsabschluss ist in der Kreisstadt Neunkirchen mit 35 %
höher als im Landkreis Neunkirchen und im Saarland (jeweils ca. 30 %). Der Anteil der
Hochschulabsolventen ist in der Kreisstadt Neunkirchen mit 7,3 % niedriger als im Landkreis
Neunkirchen und im Saarland insgesamt (9 %, beziehungsweise 12 %).
d) Wiedereingliederungsmaßnahmen
Für Arbeitslose bieten Bildungs- und Wohlfahrtsträger sowie Vereine und Verbände
Maßnahmen an, die eine berufliche Qualifikation oder einen Wiedereinstieg ins Berufsleben
fördern sollen. Darüber hinaus bietet das Jobcenter – auch in Kooperation mit Kommune,
Landkreis und Land – Maßnahmen der beruflichen Fort- und Weiterbildung.
Im Bereich der arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen investiert die Kreisstadt Neunkirchen
jährlich durchschnittlich rund 90.000 €.
Im Landkreis Neunkirchen können durch Weiterbildungsmaßnahmen des Jobcenters
durchschnittlich 54,5 % der Teilnehmer in den Arbeitsmarkt eingegliedert, beziehungsweise
wiedereingegliedert werden.
34
Abbildung 17: Eingliederungserfolg nach Weiterbildungsmaßnahmen
Eingliederung durch Weiterbildungsmaßnahmen im Landkreis Neunkirchen
2011
59,1
37,4
56,151,9
010203040506070
Juge
ndlic
heÄlte
re
Männe
r
Fraue
n
%
JugendlicheÄltereMännerFrauen
Quelle: Daten der Statistischen Ämter 2011, Berechnung der Bertelsmann-Stiftung, eigene
Darstellung.
35
5.5 Gesundheit und Pflege
Eingeschränkter Zugang zu gesundheitlicher Vorsorge oder Versorgung sowie Behinderung
oder Pflegebedürftigkeit können soziale Benachteiligung verstärken.
Im Krankheitsfall wollen und sollen die Bürger bestmöglich wohnortnah versorgt werden.
Dies wäre nicht gegeben, wenn - bedingt durch Ärztemangel - Betroffene teilweise weite
Wegstrecken oder lange Wartezeiten auf sich nehmen müssen, um die benötigte ärztliche
Versorgung zu erhalten.
a) Vorsorge- und Einschulungsuntersuchung
Seit 1971 ist die Kostenübernahme der Vorsorgeuntersuchungen für Krankenversicherungen
verpflichtend, was eine hohe Beteiligung herbeiführt. Im Jahr 2012 nahmen beispielsweise
circa 98 % der Kinder aus der Kreisstadt Neunkirchen an der U9 teil (letzte Untersuchung vor
Grundschuleintritt, 60 – 64 Monate).
Einschulungsuntersuchungen fallen in den Aufgabenbereich des Gesundheitsamtes. Dabei
werden bereits durchgeführte Präventionsmaßnahmen überprüft und eine körperliche
Untersuchung durchgeführt, um den gesundheitlichen Zustand des Jahrganges insgesamt
und des jeweiligen Kindes feststellen zu können. Unter anderem werden motorische und
sprachliche Fähigkeiten, Größe und Gewicht erfasst. Durch eventuelle Auffälligkeiten können
Rückschlüsse auf die gesundheitliche Versorgung der Kinder gezogen werden.
Die Zahl der bei der Einschulung untersuchten Kinder nahm seit 2001 stetig ab (vgl. folgende
Tabelle und Grafik), was hauptsächlich damit zusammen hängt, dass die Zahl der
geschulten Kinder generell sank.
36
Tabelle 8: Zahl der bei der Einschulung untersuchten Kinder in der Kreisstadt Neunkirchen
Jahr Zahl der Einschulungen
2001 552
2002 499
2003 552
2004 451
2005 482
2006 455
2007 349
2008 402
2009 399
2010 340
2011 386
2012 406
2013 362
Quelle: Daten des Gesundheitsamtes des Landkreises Neunkirchen, 2013 Abbildung 18: Entwicklung der Zahl der eingeschulten Kinder
0
100
200
300
400
500
600
2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013
Quelle: Daten des Gesundheitsamtes des Landkreises Neunkirchen, 2013
37
Um einen Überblick über die Situation in der Kreisstadt Neunkirchen zu schaffen, werden
nachfolgend einige signifikante Ergebnisse der Einschulungsuntersuchungen aus den
Jahren 2010, 2012 und 2013 herausgestellt48.
Im Jahr 2010 konnte durch die Einschulungsuntersuchung festgestellt werden, dass 19,1 %
der untersuchten Kinder eine Windpockenerkrankung erlitten haben, während im Jahr 1995
noch 63,3 % schon einmal daran erkrankt waren. Auch die Zahl derer, die bis zur
Einschulung bereits die Masern hatten, ist seit 1995 gesunken (8,9 % zu 0,6 %). Lediglich
der Anteil der Kinder, die bis zur Einschulung schon an Scharlach erkrankt waren, blieb etwa
gleich (20 %). Insgesamt waren 2010 deutlich weniger Kinder an Masern, Mumps, Röteln,
Windpocken und Pertussis erkrankt als noch 1995. Grund für den Rückgang dieser
Erkrankungen im Kindesalter ist die in den letzten Jahren deutlich gestiegene Impfrate.
26,8 % der Kinder hatten vor der Einschulung Schwierigkeiten mit der Aussprache hatten
und 0,6 % stotterten. Beim pathologischen Hörtest stellte man bei 0,07 % der Kinder eine
dauerhafte Beeinträchtigung fest.
2012 wurden insgesamt 405 Kinder eingeschult. Davon konnten 90,1 % ein Vorsorgebuch
vorlegen und 94 % waren auch altersgerecht geimpft. Die Zahl der geimpften Kinder ist im
Kreis und in der Kreisstadt Neunkirchen vergleichsweise hoch.
Bei den Zahnuntersuchungen 2012 wurden 3,9 % wegen Karies zum Zahnarzt überwiesen,
2013 bereits 4,7 %.
2013 wurden insgesamt 362 Kinder eingeschult. 43 % von ihnen gaben an, regelmäßig Sport
zu machen. 12 % der Kinder haben vor Einschulung an einer ambulanten Frühförderung
teilgenommen. 3 % machten eine Ergotherapie und 25 % wurden logopädisch behandelt.
Insgesamt ist auffällig, dass die Werte in der Kreisstadt Neunkirchen vergleichsweise
schlechter sind, als im Kreis insgesamt. Beispielsweise wurden im Kreis weniger Kinder
wegen Karies zum Zahnarzt überwiesen und mehr Kinder gaben an, regelmäßig Sport zu
betreiben.
Diese Tatsache unterstützt die These, dass soziale Probleme in der Stadt zentriert sind. Es
gilt mit individuellen Projekten vor Ort zu verringern (z.B. Projekt „Hinein in den Verein“).
b) Ärztedichte
2010 war die Ärztedichte im Saarland im bundesweiten Vergleich relativ gering (je
berufstätigen Arzt 232 Einwohner). Im Vergleich dazu lag die Ärztedichte in anderen Teilen
Deutschlands bei unter 200 Einwohnern je Arzt (z.B. Bayern, Baden-Württemberg und
Hessen)49.
48 vgl. Daten des Gesundheitsamtes des Landkreises Neunkirchen 49 vgl. Statistik der Ärztekammer und des Statistischen Landesamtes des Saarlandes, 2010.
38
In der Kreisstadt Neunkirchen waren im April 2013 insgesamt 126 Ärzte verschiedener
Fachrichtungen niedergelassen, was einer Ärztedichte von 370 Einwohnern je berufstätigen
Arzt entspricht. Bedingt durch drei Krankenhäuser in der Kreisstadt Neunkirchen kommt
jedoch eine Vielzahl von Ärzten hinzu.
c) Anzahl der Krankenhausbetten
In der Kreisstadt Neunkirchen gab es Ende 2010 insgesamt 606 Krankenhausbetten, verteilt
auf die drei Krankenhäuser Fliedner Krankenhaus, Städtisches Klinikum und Verbundklinik
Kohlhof. Somit kommen auf 1000 Einwohner etwa 12 Krankenhausbetten. Das ist eine
deutlich höhere Anzahl als im Landkreis Neunkirchen und im Saarland insgesamt (6 Betten
auf 1000 Einwohner)50. Dieser Umstand erklärt sich dadurch, dass der Großteil der Kliniken
in der Stadt angesiedelt ist. Lediglich die Klinik Ottweiler befindet sich im Landkreis
außerhalb der Stadt.
d) Anzahl der Schwerbehinderten
Das Neunte Sozialgesetzbuch definiert Behinderung wie folgt:
„(1) Menschen sind behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder
seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das
Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der
Gesellschaft beeinträchtigt ist. Sie sind von Behinderung bedroht, wenn die Beeinträchtigung
zu erwarten ist.
(2) Menschen sind im Sinne des Teils 2 schwerbehindert, wenn bei ihnen ein Grad der
Behinderung von wenigstens 50 vorliegt und sie ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen
Aufenthalt oder ihre Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz im Sinne des § 73 rechtmäßig im
Geltungsbereich dieses Gesetzbuches haben.
(3) Schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden sollen behinderte Menschen mit
einem Grad der Behinderung von weniger als 50, aber wenigstens 30, bei denen die übrigen
Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne die
Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz im Sinne des § 73 nicht erlangen oder nicht
behalten können (gleichgestellte behinderte Menschen).“51
Menschen mit Behinderung haben in vielen Fällen ein deutlich erschwerten Zugang zu
Erwerbstätigkeit (beispielsweise durch fehlende Inklusion in eine Bildungseinrichtung) und
damit zu Einkommen. Sie sind auf familiäre und staatliche Hilfe angewiesen. Reicht diese
nicht aus, ist das Armutsrisiko hoch. 50 vgl. Ministerium für Justiz, Arbeit, Gesundheit und Soziales: Krankenhausbericht der Regierung des Saarlandes für die Jahre 2004 bis 2009, Tabelle 3, S. 114; teils eigene Berechnungen. 51 vgl. Neuntes Sozialgesetzbuch , Kapitel 1, § 2 SGB IX.
39
Für den Landkreis und die Stadt Neunkirchen sind kaum Daten bezüglich der Anzahl
schwerbehinderter Menschen vorhanden. Die isoplan-Marktforschung konnte 2009 erheben,
dass circa 5000 Menschen in Neunkirchen eine Behinderung hatten. Das sind ca. 10 % der
Bevölkerung. Im Saarland insgesamt liegt der Anteil schwerbehinderter Menschen an der
Gesamtbevölkerung bei circa 13 % und damit höher als der Schwerbehindertenanteil der
Bundesrepublik mit circa 9 %.
e) Anzahl der Pflegebedürftigen und Pflegeplätze
Im elften Sozialgesetzbuch ist Pflegebedürftigkeit wie folgt definiert:
„Pflegebedürftig [...] sind Personen, die wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen
Krankheit oder Behinderung für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden
Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens auf Dauer, voraussichtlich für mindestens
sechs Monate, in erheblichem oder höherem Maße (§ 15) der Hilfe bedürfen.“52
Die Pflegestufe ist ein Hinweis darauf, wie hoch die bezogenen staatlichen Leistungen sind
(vgl. Kapitel 5.3 c).
Pflegebedürftige sind nicht in der Lage eigenständig für ihren Lebensunterhalt zu sorgen. Sie
können keine Arbeit aufnehmen und somit kein Einkommen generieren. Sie sind auf
familiäre und staatliche Hilfen angewiesen und damit einem hohen Armutsrisiko ausgesetzt.
Aus der Pflegestatistik des Statistischen Landesamtes Saarland aus dem Jahr 2011 geht
hervor, dass in der Kreisstadt Neunkirchen insgesamt 469 Pflegebedürftige in Heimen
gepflegt wurden. Von diesen Pflegebedürftigen waren 131 Personen bei privaten Trägern
untergebracht und 338 Personen bei freigemeinnützigen Trägern. Durchschnittlich lebten in
jeder Einrichtung etwa 67 Personen. Auf 1000 Einwohner kommen demnach in der
Kreisstadt Neunkirchen etwa 10 Personen, die in Heimen gepflegt werden. Der Anteil aller
Pflegebedürftigen insgesamt an den Einwohnern ist deutlich höher, ein genauer Wert ist für
die Kreisstadt jedoch nicht bekannt. Im Saarland kamen im Jahr 2011 ebenfalls 10 in
Heimen untergebrachte, pflegebedürftige Personen auf 1000 Einwohner.
Im Jahr 2013 gab es 478 Pflegeplätze in der Kreisstadt Neunkirchen. Darunter gab es 24
Tagespflegeplätze und 7 Kurzzeitpflegeplätze.
52 vgl. Elftes Sozialgesetzbuch, Kapitel 2, § 14 SGB XI.
40
5.6 Wohnen
„Die Versorgung mit angemessenem Wohnraum ist ein elementares Grundbedürfnis jedes
Menschen.“53 Personen, die von Armut betroffen sind, können dieses Grundbedürfnis in der
Regel nur annährend befriedigen. Häufig sind für die familiäre Situation angemessene
Wohnungen für ärmere Bevölkerungsgruppen nicht zu bezahlen, weil die Mietpreise steigen
oder das Einkommen für eine angemessene Wohnung schlicht nicht ausreicht.
Generell muss aber sicher gestellt sein, dass genügend Wohnraum vorhanden ist und dieser
sich auch in einem angemessenen Zustand befindet. Dieses Kapitel gibt einen Überblick
über die Mietpreise und darüber, wie viele Wohnimmobilien in der Kreisstadt vorhanden sind.
Im Saarland insgesamt gab es im Jahr 2011 je 1000 Einwohner 509 Wohnungen54.
Für das Saarland gibt es kaum offizielle Mietpreisspiegel. Auch für die Kreisstadt
Neunkirchen existiert weder eine offizielle Statistik über die Mietpreisentwicklung noch gibt
es einen Mietpreisspiegel.55
Die Wohnfläche pro Person ist in der Kreisstadt Neunkirchen durchschnittlich 46,2 m ² groß,
im Landkreis Neunkirchen und im saarländischen Durchschnitt ist sie mit 49,3 m² etwas
größer. 52 % aller Wohnungen in der Kreisstadt befinden sich in Ein- oder
Zweifamilienhäusern, 48 % in Mehrfamilienhäusern. Im Landkreis insgesamt ist der Anteil
der Ein- und Zweifamilienhäuser mit 72,2 % deutlich höher, da sich in den Ballungszentren
die Mehrfamilienhäuser konzentrieren (deutlich häufiger als in ländlicheren Gebieten)56.
Die Zahl der Wohnungsräumungen in einer Region kann Auskunft darüber geben, wie viele
Menschen nicht genug Einkommen haben, um ihre bisherige Wohnung weiterhin halten zu
können. Es muss dabei jedoch beachtet werden, dass in einigen Fällen das verfügbare
Einkommen für andere Dinge ausgegeben wird. In der Regel unterstützen die Arbeitsämter
leistungsberechtigte Personen auch darin, die Miete zu zahlen. Werden jedoch Sanktionen
ausgesprochen, weil beispielsweise an Wiedereingliederungsmaßnahmen der Agentur für
Arbeit nicht teilgenommen wird, wird im letzten Schritt das Wohngeld gestrichen.
Im Jahr 2012 gab es 39 Räumungen in der Kreisstadt Neunkirchen. Die Zahl der
Räumungen schwankte in den letzten Jahren deutlich. Die wenigsten Räumungen gab es im
Jahr 1999 (21 Räumungen), die meisten im Jahr 1993 (52 Räumungen). Bis zum Jahr 2012
sind sie wieder leicht angestiegen (39 Räumungen).57
Nach einer Wohnungsräumung folgt für die Betroffenen in seltenen Fällen auch die
Obdachlosigkeit. Zurzeit werden in der Kreisstadt 3 Fälle von „Obdachlosigkeit“ betreut. Den
53 vgl. Sozialberichterstattung NRW – Kurzanalyse 01/2010: Wohnen und Armut, S. 1. 54 vgl. Bericht „Saarland heute 2013“ des Statistischen Landesamtes Saarland, S. 10. 55 Auskunft des Mieterbundes Saarland 56 vgl. Daten der Statistischen Ämter der Länder /Agentur für Arbeit, Berechnungen der Bertelsmann-Stiftung: Wegweiser Kommune: Politikfeld Wohnen für Neunkirchen, 2011. 57 vgl. Daten der Stadtverwaltung Neunkirchen (Amt für Soziale Dienste)
41
betreffenden Personen konnten von der Kreisstadt Neunkirchen entsprechende Unterkünfte
vermittelt werden.
Im Jahr 1997 waren es noch 51 Fälle. Die Zahl der „Obdachlosen“ ist seit dieser Zeit also
drastisch gesunken58.
Die Verringerung kann darauf zurückzuführen sein, dass sich der Wohnungsmarkt
verbessert hat. Durch den Rückgang der Bevölkerung gibt es weniger Nachfrage nach
Wohnungen, wodurch Wohnungen auch für Bedürftige eher bezahlbar werden. Zur
Beseitigung einer kurzfristigen Obdachlosigkeit (beispielsweise aus familiären Gründen) hat
die Kreisstadt Neunkirchen das System der Übernachtungsscheine eingeführt. So erhalten
Personen, welche auf kurze Sicht kein Dach über dem Kopf haben, die Möglichkeit, einige
Tage in einer Pension zu übernachten.
58 vgl. Daten des Amtes für Soziale Dienste, Kinder, Jugend und Senioren der Kreisstadt Neunkirchen, 2013.
42
6. Bestehende Hilfsangebote in der Kreisstadt Neunkirchen und Maßnahmen gegen soziale Benachteiligung
In der Kreisstadt Neunkirchen können Betroffene auf Hilfsangebote der Kommune, der freien
Träger, der Wohlfahrtsverbände, der Vereine und Kirchen zurückgreifen.
Das im Rathaus zuständige Fachamt, das Amt für Soziale Dienste, Kinder, Jugend und
Senioren, hat mit der AGSE (Arbeitsgemeinschaft städtischer, stadtbeteiligter und stadtnaher
Einrichtungen) ein Netzwerk geschaffen, um die vielfältigen Maßnahmen zu koordinieren.
Die Stadtverwaltung setzte außerdem einen regelmäßigen Dialog über soziale Fragen mit
den katholischen und evangelischen Kirchen in die Tat um („Sozial-Dialog: Kirchen und
Stadt“).
Die Broschüre „Beratungs- und Hilfsangebote“, die Anfang 2014 von der Stadt
herausgegeben wird, fasst in übersichtlicher Form die bestehenden Angebote zusammen
und erleichtert den Bürgerinnen und Bürgern die in ihrem Einzelfall benötigte Hilfe zu finden.
Im Folgenden werden exemplarisch einige Hilfsangebote aufgezählt.
Im Bereich Einkommen und Transferleistungen gibt es zusätzlich zu den Trägern der
Grundsicherungsleistungen (Bundesagentur für Arbeit, Jobcenter) zahlreiche
Organisationen, die Hilfe für unterschiedliche Facetten sozialer oder finanzieller
Benachteiligung anbieten.
Der Caritasverband beispielsweise unterstützt Betroffene im Umgang mit Ämtern und
Behörden und berät in sozialrechtlichen Fragen. Die Neue Arbeit Saar gGmbH – Abteilung
ASH Neunkirchen (Arbeitslosenselbsthilfe) - bietet unter anderem Hilfe und Unterstützung
bei der Stellensuche und Bewerbung an. Das Diakonische Werk Saar unterhält eine Kleider-
und Möbelbörse und betreibt ein Sozialkaufhaus.
Im Bereich Bildung sind die Schoolworker als Ansprechpartner für Schüler und Eltern bei
Problemen, in Notsituationen und in Erziehungsfragen tätig. Zahlreiche Beratungsangebote
(Frühe Hilfen, Familienberatungszentrum der Arbeiterwohlfahrt und Mehrgenerationen-
häuser, Lebensberatungsstelle, …) ermöglichen Familien ihre Lebenssituation zu
verbessern. Die sprachlichen Fähigkeiten von Kindern werden durch frühzeitige
logopädische Sprachstandsuntersuchungen und Projekte wie „Kinder lernen Deutsch“ und
„Lesementoren“ verbessert.
Ausreichende Betreuungsplätze im Vorschulbereich, freiwillige und gebundene
Ganztagsschulen ermöglichen die Vereinbarkeit von Familie und Beruf.
Die Kreisstadt Neunkirchen hat seit 2006 eine Fachkraft im Bereich Integration, um den
Belangen von Menschen mit Migrationshintergrund konsequent nachgehen zu können und
integrative Projekte zu organisieren und zu fördern.
43
In den Bereichen Gesundheit und Pflege fördert das Lebenshilfewerk im Kreis Neunkirchen
gGmbH die Inklusion behinderter und von Behinderung bedrohter Kinder (z.B.
Frühförderung). Der Caritasverband unterstützt pflegende Angehörige mit
Entlastungsangeboten und das Kreisgesundheitsamt bietet Beratungsangebote und
Vorsorgeleistungen zum Thema Gesundheit.
Die Gemeinnützige Siedlungsgesellschaft Neunkirchen (GSG) hat sich zum Ziel gesetzt in
der Stadt ausreichenden Wohnraum zur Verfügung zu stellen und betreut über 2000
Mietwohnungen.
44
7. Tabellarischer Überblick über die wichtigsten Daten
Indikator Anzahl / Anteil an Gesamtbevölkerung
Gesamtbevölkerung 46.704 Personen im erwerbsfähigen Alter 31.578 Beschäftigungsquote 51 % Frauenerwerbstätigenquote 45,6 % Arbeitslosenquote 8,3 % Arbeitslosenquote ausl. Einwohner 13 % Bedarfsgemeinschaften nach SGB II 3.062 Leistungsberechtigte nach SGB II (ALG II, Sozialgeld) 5.699 / 12,2 % darunter nicht erwerbsfähige Leistungsberechtigte 1.595
darunter erwerbsfähige Leistungsberechtigte 4.104 Kinderarmut (von allen Kindern beziehen x % Leistungen nach SGB II)
25,6 %
Jugendarmut (von allen Jugendlichen beziehen x % Leistungen nach SGB II)
17,4 %
Altersarmut (von allen Personen ü. 65 J. beziehen x % Leistungen nach SGB II)
3,9 %
Leistungsberechtigte nach SGB III (ALG I) 664 Leistungsberechtigte nach SGB XII (Hilfe zur Pflege, Grundsicherung im Alter oder bei Erwerbsminderung, Hilfe zum Lebensunterhalt)
1.424
darunter Empfänger von Grundsicherung im Alter oder bei dauerhafter Erwerbsminderung
945
darunter Empfänger von Hilfe zum Lebensunterhalt 87 Personen mit Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz 27 Personen ohne Schulabschluss 8,8 % Personen mit Gymnasialabschluss 18,3 % Personen mit Hochschulabschluss 7,3 %
45
8. Fazit
Der gesellschaftliche Wandel und seine Folgen sind schon seit vielen Jahren in aller Munde.
Gerade wir in Neunkirchen wissen aufgrund unserer Geschichte und des dramatischen
Strukturwandels Anfang der 80er Jahre, welche Probleme Arbeitslosigkeit mit sich bringt.
Aus diesem Grund hat die Kreisstadt Neunkirchen sehr früh auf Kooperation mit sozialen
Trägern, Kirchen und Vereinen gesetzt und ein verlässliches soziales Netz geschaffen, das
Menschen nicht ohne Hilfe lässt.
Der vorliegende Sozialbericht beschreibt die Situation in unserer Stadt und zeigt die
gegebenen Rahmenbedingungen auf. Wir wissen, dass soziale Benachteiligung und Armut
aktuelle Probleme überall in Deutschland sind. Anhand verschiedener Indikatoren konnte im
vorgelegten Sozialbericht ein Überblick darüber geschaffen werden, in welchen Bereichen
soziale Benachteiligung und Armut in Neunkirchen besonders stark vertreten sind. Um die
soziale Situation in Neunkirchen detaillierter zu beschreiben, wurden weitere Indikatoren, wie
Gesundheit und Bildung zur Betrachtung herangezogen. In ganz Deutschland kommen
Datenerhebungen und Berichte zur sozialen Benachteiligung zu dem Ergebnis, dass
bestimmte Personengruppen besonders von Armut bedroht sind.
Die wachsende Zahl prekärer Beschäftigungsverhältnisse, die Vergrößerung des
Niedriglohnsektors und steigende Verbraucherpreise sind die Hauptursachen dafür, dass in
Deutschland inzwischen bis zu vier Millionen Privathaushalte verschuldet sind, Institutionen
wie Tafeln, Sozialkaufhäuser, Mittagstische und so weiter stärker in Anspruch genommen
werden.
Zusammenfassend kann man Folgendes über die soziale und finanzielle Benachteiligung in
Neunkirchen sagen:
Im Bereich Einkommen sind kaum Daten auf kommunaler Ebene vorhanden. Im Landkreis
insgesamt fällt das Durchschnittseinkommen ähnlich aus wie im Saarland.
Die Arbeitslosenquote ist mit 8,3 % etwas höher als im saarländischen Durchschnitt (7,4%),
die Beschäftigungsquote demnach etwas geringer. Auch die Quote der
Leistungsberechtigten nach dem SGB II ist mit 12,2 % höher als der saarländische
Durchschnitt mit 9 %.
Im Bereich Bildung fällt auf, dass Neunkirchen mehr Schulabgänger ohne Abschluss und
weniger Abiturienten hat als das Saarland im Durchschnitt.
Die gesundheitliche Versorgung in der Kreisstadt Neunkirchen ist – was Krankenhausbetten
und Beratungsangebote anbetrifft – ähnlich beschaffen wie im Landkreis Neunkirchen und im
Saarland. Der Wohnungsmarkt ist vergleichsweise gut. Die Mieten sind niedriger als im
46
saarländischen Durchschnitt59 und es gibt kaum Wohnungslose. Auch die Zahl der
Räumungen ist in den letzten Jahren gesunken.
Wie in ganz Deutschland auch, verzeichnet Neunkirchen einen Bevölkerungsrückgang. Der
demografische Wandel beschäftigt die Verantwortlichen in Politik und Verwaltung.
Wie sieht die Zukunft aus?
Die Stadt hat nach der Strukturkrise wieder eine bedeutende Stellung als
Arbeitsplatzzentrum gewonnen. Sozialpolitisch hat Neunkirchen in den letzten Jahren viele
Neuerungen geschaffen. Die Teilnahme der Stadt am Audit „Familiengerechte Kommune“
(Bestandsaufnahme, Strategie für die Weiterentwicklung, etc.) zeigt zusätzlich das soziale
Engagement Neunkirchens und soll Entscheidungsweichen für mehr Familienfreundlichkeit
stellen. Eines wird durch das Studium des Sozialberichtes offensichtlich. Die Kommune
kann nur bedingt entscheidende Weichen zur Verbesserung der Sozialstruktur stellen. Hier
bedarf es zahlreicher Anstrengungen auf Bundes-, Landes-, und Kreisebene, um elementare
Rahmenbedingungen für von Armut bedrohte Menschen zu schaffen. Es wäre
wünschenswert, wenn erfolgreiche Bundesprogramme (z.B. Soziale Stadt) längerfristig
finanziert würden.
Abschließend ist es mir in diesem Zusammenhang wichtig, darauf hinzuweisen, dass es
durch die gezielte Förderung von Kindern aus einkommensschwachen Familien (bereits im
Kindergarten) und Jugendlichen gelingen muss, die scheinbar vorhandene „soziale
Vererbung“ schlechter Chancen zu unterbrechen. Es muss verhindert werden, dass Kinder
die eigene Armutssituation als Diskriminierung erleben.
Nikolaus Schneider, der Präses der evangelischen Landeskirche, hat dies in einem Vortrag
beim Kommunalkongress 2011 auf den Punkt gebracht:
„Deshalb sind wir als Gesellschaft verpflichtet, Kindern aus armen Familien alle
Unterstützung zukommen zu lassen, damit sie ihre Fähigkeiten und Gaben entwickeln und in
das gesellschaftliche Leben einbringen können. Dazu gehört vor allem die Stärkung der
Eltern, der Ausbau des Bildungssystems einschließlich der Elementarerziehung, die
Förderung der Systeme zu Lasten individueller Transferleistungen und die konsequente
Ausrichtung aller Maßnahmen auf Inklusion, Beteiligung und den Zusammenhalt unserer
Gesellschaft. Dazu müssen Geld und Geist zusammenwirken.“
Sören Meng
Beigeordneter und Sozialdezernent
59 Inoffizieller Mietspiegel verschiedener Immobilienportale
47
9. Quellen-, Tabellen- und Abbildungsverzeichnis
Quellen Datenerhebungen Statistisches Amt Saarland
- Bruttoinlandsprodukt und Bruttowertschöpfung der Wirtschaftsbereiche nach Kreisen (2010)
- Entwicklung der Verbraucherpreise (2010) - Pflegestatistik (2009) - Primäreinkommen und verfügbares Einkommen der privaten Haushalte nach Kreisen
(2009) - „Saarland heute 2013“ - Sozialversicherungspflichtige (2011) - Sozialhilfe- und Asylbewerberstatistik im Saarland (2011)
Bundesagentur für Arbeit
- Arbeitslose nach Gemeinden – Bestand an Arbeitslosen Neunkirchen/Kreisstadt (2012)
- Arbeitsmarktbericht (2012) - Leistungsberechtigte (2012) - Arbeitslose nach Gemeinden – Bestand an Arbeitslosen Neunkirchen/Kreisstadt
(2013) Bundesamt für Statistik Deutschland
- Gemeinschaftsstatistik über Einkommen und Lebensbedingungen (2012) - Mikrozensus (2011) - Soziale Mindestsicherung in Deutschland (2010)
GfK Marktforschung
- Daten und Fakten zur wirtschaftlichen Entwicklung im Landkreis Neunkirchen (2011) Bertelsmannstiftung
- Wegweiser Kommune: Politikfeld Integration für Neunkirchen (2011) - Wegweiser Kommune: Politikfeld Soziale Lage für Neunkirchen (2011) - Wegweiser Kommune: Politikfeld Wohnen für Neunkirchen (2011)
Ärztekammer des Saarlandes
- Anzahl der niedergelassenen Ärzte im Saarland (2010) Ministerium für Justiz, Arbeit, Gesundheit und Sozi ales im Saarland
- Krankenhausbericht der Regierung des Saarlandes (2004-2010) Gesundheitsamt des Landkreises Neunkirchen
- Bericht der Einschulungsuntersuchungen (2010-2013)
48
Literatur
- Geißler, Rainer; Weber-Menges, Sonja: Soziale und ethnische Auslese im deutschen
Bildungssystem – ein skandalöser Mechanismus sozialer Ausgrenzung, in: Döring, Diether (Hrsg.) Armut und Soziale Ausgrenzung, Berlin, Heft Nr. 4/2009.
- Groh-Samberg, Olaf: Armut, soziale Ausgrenzung und Klassenstruktur – Zur
Integration multidimensionaler und längsschnittlicher Perspektiven. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden, 1. Auflage 2009.
- Hradil, Stefan: Die Sozialstruktur Deutschlands im internationalen Vergleich. VS
Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden, 2. Auflage 2006.
- Der Paritätische Gesamtverband (Hrsg.): Arbeitslosengeld II für Geringverdiener und Erwerbslose – Hartz IV Grundsicherung, 4. Auflage, Verlag, C.H. Beck, 2011.
- Stichweh, Rudolf; Windolf, Paul (Hrsg.): Inklusion und Exklusion: Analysen zur
Sozialstruktur und sozialen Ungleichheit. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden, 2009.
Internetquellen
- Bundeszentrale für politische Bildung, online verfügbar unter URL: http://www.bpb.de/nachschlagen/zahlen-und-fakten/soziale-situation-in-deutschland/61718/arbeitslose-und-arbeitslosenquote (2012), Stand: Dezember 12
- World Vision Institut für Forschung und Innovation, online verfügbar unter URL:
www.armut.de (2013), Stand: Dezember 2012
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Abbildungs- und Tabellenverzeichnis Abbildung 1: Entwicklung der Einwohnerzahl ........................................................................ 5 Abbildung 2: Altersstruktur in der Kreisstadt Neunkirchen ..................................................... 6 Abbildung 3: Die häufigsten Nationalitäten der Kreisstadt Neunkirchen................................. 7 Abbildung 4: Entwicklung des BIP je Einwohner des Landkreises Neunkirchen .................... 8 Abbildung 5: Preisentwicklung der Wohnungskosten ...........................................................14 Abbildung 6: Preisentwicklung der Energieversorgung.........................................................14 Abbildung 7: Klassenlagen in Deutschland...........................................................................16 Abbildung 8: Stellungen im Beruf .........................................................................................17 Abbildung 9: Entwicklung der Wirtschaftssektoren in der Kreisstadt Neunkirchen ................18 Abbildung 10: Verteilung der Arbeitslosen auf die Geschlechter...........................................20 Abbildung 11: Arbeitslose in der Kreisstadt Neunkirchen nach Altersgruppen ......................21 Abbildung 12: Bedarfsgemeinschaften nach Anzahl der Personen.......................................24 Abbildung 13: Entwicklung der Anzahl der Bedarfsgemeinschaften......................................24 Abbildung 14: Empfänger von Leistungen nach dem SGB XII ..............................................30 Abbildung 15: Schulabschlüsse............................................................................................32 Abbildung 16: Berufsabschlüsse ..........................................................................................33 Abbildung 17: Eingliederungserfolg nach Weiterbildungsmaßnahmen .................................34 Abbildung 18: Entwicklung der Zahl der eingeschulten Kinder..............................................36 Tabelle 1: Entwicklung der Einwohnerzahl in der Kreisstadt Neunkirchen ............................. 5 Tabelle 2: Altersstruktur in der Kreisstadt Neunkirchen ......................................................... 6 Tabelle 3: Verteilung der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten ...................................16 Tabelle 4: Arbeitslose in der Kreisstadt Neunkirchen nach Altersgruppen ............................20 Tabelle 5: Regelleistungen nach SGB II ...............................................................................26 Tabelle 6: Unterteilung des Regelsatzes (2012) ...................................................................27 Tabelle 7: Unterteilung des Hartz IV-Regelsatzes im Vergleich ............................................27 Tabelle 8: Zahl der bei der Einschulung untersuchten Kinder...............................................36
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10. Anhang Weiterführende Literatur
- Butterwegge, C., Bosbach, G., Birkwald, M. (Hrsg.): Armut im Alter – Probleme und Perspektiven der sozialen Sicherung. Campus Verlag, Frankfurt/Main, 2012.
- Lutz, R., Hammer, V. (Hrsg.): Wege aus der Kinderarmut – Gesellschaftspolitische Rahmenbedingungen und sozialpädagogische Handlungsansätze. Juventa Verlag, Weinheim, 2010.
- Petzold, S.: Sozialpolitik und Armut in Deutschland – Zusammenhänge und Entwicklung im neuen Jahrtausend. Diplomica Verlag, Hamburg, 2013.
Weiterführende Links
- Arbeiterwohlfahrt Saarland: Kinderarmut im Saarland , verfügbar unter URL: http://www.awo-saarland.de/fileadmin/kinderarmutsaarland/aufgabenheft.pdf
- Audit Familiengerechte Kommune, verfügbar unter URL: http://www.familiengerechte-kommune.de/de/home/audit.html
- Kinder- und Jugendarmut im Saarland , verfügbar unter URL: http://www.saarland.de/dokumente/res_soziales/Kinderarmut.pdf
- Kreisstadt Neunkirchen , verfügbar unter URL: www.neunkirchen.de - Sozialpolitisches Handlungskonzept für die Stadt Ne unkirchen , verfügbar unter
URL: http://www.neunkirchen.de/fileadmin/user_upload/neunkirchen/50_Dateien-Hochladen/50_Soziale-Dienste/50_Soz_PDF-Flyer-Hochladen/Sozialpolitisches%20Handlungskonzept%20Neunkirchen.pdf