Post on 06-Feb-2018
Unter Netzrückwirkung verstehtman die Wirkung von nichtsi-nusförmigen Verbraucherströ-
men am Innenwiderstand des speisen-den Netzes – Generatoren, Transforma-toren, Leitungen – mit der Folge einerunerwünschten Abweichung von derSinusform (Verzerrung) der Netzspan-nung. Die Netzrückwirkung ist derzeitdurch die zunehmende Verbreitungvon nichtlinearen Verbrauchern so gra-vierend, dass z.B. in Messlaboren vonHochschulen, Forschungsinstituten undin der Industrie sehr teure elektroni-sche Netzsimulatoren eingesetzt wer-den müssen, um eine für Messzweckeausreichend genaue sinusförmige Span-nung bereitzustellen. Denn komplexeWechselstromberechnungen (Zeiger-rechnung) setzen die Sinusform vonSpannung und Strom voraus.
◗ Beziehungen zwischen Strom und Leistung bei sinusförmiger Spannung undnichtsinusförmigem Strom
Beim Zerlegen eines nichtsinusförmi-gen Stromes in Grundschwingung I1
und Oberschwingungen I2 ... In (vgl.Fourier-Analyse) gilt z.B. für den Ge-samt-Effektivwert I:
(1)
mit der Oberschwingungsstromstärkeoder Verzerrungsstromstärke Id
(2)
Der Effektivwert ist von den Null-phasenwinkeln der einzelnen Harmo-
nischen und auch von deren Frequenzunabhängig.
Für die Wirkleistung gilt:
(3)
Da die Spannung nur als Grund-schwingung (1. Harmonische) vorliegt,wird die gesamte Wirkleistung nur mitdem Effektivwert des Grundschwin-gungsstromes I1 und ϕ1 als Phasenver-schiebungswinkel der Spannung gegendie Strom-Grundschwingung gebildet.Ströme und Spannungen von verschie-denen Harmonischen generieren keineWirkleistung! Entsprechend könnenauch Schein- und Blindleistung für dieGrundschwingung angegeben werden:
(4)
Die Gesamt-Scheinleistung S istdefiniert zu
(5)
Die Gesamt-Blindleistung Q ist imGegensatz zur Wirkleistung P auchdurch die Oberschwingungen des Stro-mes bestimmt:
Damit ergeben sich zwei Anteileder Gesamt-Blindleistung, nämlich dieGrundschwingungs-Verschiebungs-Blind-leistung Q1
und die Verzerrungs-Blindleistung Qd
(8)
Für die Wirkleistung P gilt auch:
(9)
und damit wird der Leistungsfaktor zu
(10)
und der Grundschwingungs-Leistungs-faktor errechnet sich aus
(11)
Der Grundschwingungs-Leistungs-faktor heißt auch Grundschwingungs-Verschiebungsfaktor.
◗ Derzeitiger Stand der Dimmer-Technik
Verbraucher mit nichtsinusförmiger,impulsförmiger Stromaufnahme sindz.B. Fernseh-Empfänger, HiFi-Geräte,Computer, Dimmer für Glühlampen,dimmbare elektronische Transformato-
λ
ϕ
11
1
=
=
PS
cos
λ
ϕ
=
= ×
PSg i cos 1
P S
S g i
=
= ×1 1
1
cos
cos
ϕ
ϕ
Q U I S d
mit
I I
d d i
d
= × = ×
=
Oberschwingungsgehalt =
Verzerrungsgehalt =
Klirrfaktor di /
Q U I
S
S g
mitII
i
1 1 1
1 1
1
1
= ×
=
= ×
=
sin
sin
sin
ϕ
ϕ
ϕ
Grundschwingungsgehalt gi
Q S P
U I U I U I
mit
U I U I
Q Q
d
d
d
= −
= × + × − ×
− =
= × + ×
= +
2 2
2 21
2 2 2 21
21
21
21
2 21
21
2 2
21
2
1
cos
: cos sin
sin
ϕ
ϕ ϕ
ϕ
S U I
U I I I
U I I d
= ×
= + + +
= +
21
22
23
21
2
...
S U I
Q U I1 1
1 1 1
= ×
= × sinϕ
P U I= × 1 1cosϕ
I I Id = −2 2
1
I I I I= + + +21
22
23 ...
Sinusförmig dimmenElektronischer Dimmer mit minimaler Netzrückwirkung
Ein neues Konzept für einen elektronischen Dimmer von Hoch- und Niedervolt-Glühlampen sorgt für eine quasi-sinusförmige Stromaufnahme. Mit diesem Dimmer bleibt der Strom – ohne komplizierte Leistungsfaktor-
Korrekturschaltungen – in Phase mit der Netzspannung und sorgt für einen Leistungsfaktor von mehr als 0,95.
Von Prof. Dr.-Ing. Peter Marx
Stromversorgung � Leistungsfaktor
44 Elektronik 15/2005 www.elektroniknet.de
Bild 1. Ein einfacher Stromkreis mit ver-lustfreiem Dimmer und einem konstantenWiderstand (Glühlampe) als Last.
Dimmer
Glühlampe100 W
i (t)
ϑ
UN ULaNetz230 V
(6)
(7)
ren für Niedervolt-Halogenglühlam-pen, einfache elektronische Entla-dungslampen-Vorschaltgeräte (EVG)ohne passive oder aktive Oberschwin-gungsbegrenzungsfilter sowie eineVielzahl von Geräten, wo Phasenan-schnitt- bzw. -abschnittsteuerungenmit Halbleiterbauelementen der Leis-tungselektronik zur Anwendung kom-men.
Rechenbeispiele zu konventionellenDimmern� 1. Phasenanschnitt-Verfahren
Der Effektivwert des Stromes i(t) be-rechnet sich als Funktion des An-schnittwinkels ϑ zu:
� 2. Phasenabschnitt-VerfahrenDer Effektivwert des Stromes i(t) er-
gibt sich in diesem Fall als Funktiondes Abschnittwinkels ϑ zu:
(13)
� 3. Konventioneller DimmerDas Beispiel in Bild 1 zeigt eine
über einen Dimmer betriebene Glüh-lampe (100 W). Die Netzspannung UN
kann als sinusförmig vorausgesetzt wer-den. Der Dimmer ist als verlustfreierSchalter zu betrachten, und der Wider-stand der Glühlampe sei konstant fürAnschnittwinkel zwischen 0° und 90°.Die Schein-, Wirk- und Blindleistungder Quelle (Netz) für einen Anschnitt-winkel ϑ von 0° bis 90° errechnen sichwie folgt:
Eine Fourieranalyse macht die Ober-schwingungen mit ihrer Amplitudedeutlich. Bild 2 und Bild 3 zeigen zumVergleich eine Fourieranalyse, aufge-nommen mit einem Spektrum-Analysa-tor, der über einen Dimmer angesteu-erten 100-W-Glühlampe – Bild 2 mitPhasenanschnitt von 90° und Bild 3mit einem Anschnittwinkel von 0°.
◗ Neuer elektronischer HF-Dimmer für Hoch- und Niedervolt-Glühlampen
Bei modernen elektronischen Dimmernfür Glühlampen sind ein Leistungsfak-tor von nahezu 1 und ein geringerNetzstrom-Oberschwingungsgehalt mitentsprechend geringer Verzerrungsleis-
tung anzustreben, um unnötige Verlus-te zu vermeiden. Beides kann mit kon-ventionellen Glühlampen-Dimmtechni-ken nicht erreicht werden. Einen Dim-mer zum Betrieb von Niedervolt- und/oder Hochvolt-Glühlampen mit hohemLeistungsfaktor und sehr geringenNetzstrom-Oberschwingungen [1] zeigtBild 4.
Die Netzspannung gelangt über einFunkentstörfilter und einen Zweiweg-gleichrichter auf eine durch vierHalbleiterschalter (S1 bis S4 – z.B. MOS-FETs, IGBTs, bipolare Transistoren) ge-bildete H-Brücke, in deren Brücken-zweig (A – B) direkt Hochvolt-Glühlam-pen und/oder mittels eines HF-Trans-formators Niedervolt-Glühlampen be-trieben werden können.
Die Ansteuerung der vier Halblei-terschalter erfolgt über Hochvolttreibermit einem HF-Generator mit integrier-tem Pulsweitenmodulator. Dieser er-
I i
u t i t dt
u t i t d t
u i t d t
La
T
( ) ˆ /
ˆ,
( ) ( )
ˆ sin ˆ sin
ˆ ˆ sin/
902
2
0 307
230
1
1
0
2
2
° = −
= =
×
= ×
×
= ×
= ×
∫
∫
12
i2
A
S = U I
V 0,307 A = 70,7 W
allgemeine Wirkleistungsformel :
P =1T
La
ππ
πω ω ω
πω ω
ϑ
π
π
π
∫∫
=×
−
=×
× −
=×
=×
=
= −
= ( ) − ( ) =
= =
i
i
i V 0,615 A
4
W 0 W W
=PS
W70,7 W
ˆ ˆsin
ˆ ˆ
ˆ ˆ
,
,
/
u tt
u
uW
Q S P
πω
ω
ππ π
λ
π
π
214
2
2 4
4325
50
70 7 5 50
500 71
2
2 2
2 2
I i d
i
i
für
für
( ) ˆ sin
ˆ sin
ˆ sin
ˆ
ˆ
ϑπ
ϕ ϕ
πϕ
ϕ
ϑπ
ϕ
ϑ
ϑ
ϑ
ϑ
ϑ
=
= −
= −
° °
° °
° °
∫1
12
14
2
214
2
2 2
0
0
= 0 => I(0 ) = 0
für = 90 => I(90 ) =i2
=180 => I(180 ) =i
2
IT
i t dt
I i d
Ii
I i
I i
für
T
=
=
= × −
= × − − +
= − +
∫
∫
1
1
214
2
12
14
22
14
2
12 2
14
2
2
0
2 2
( )
( ) ˆ sin
( )ˆ
sin
( ) ˆ sin sin
( ) ˆ sin
ϑπ
ϕ ϕ
ϑπ
ϕϕ
ϑπ
ππ
ϑϑ
ϑϑπ π
ϑ
ϑ
ϑ
π
ϑ
π
= 0°° °
° °
° °
=> I(0 ) =i
2
= 90 => I(90 ) =i2
=180 => I(180 ) = 0
ˆ
ˆfür
für
ϑ
ϑ
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StromversorgungLeistungsfaktor �
Bild 2. Der phasenangeschnittene Strom (Phasenanschnitt-winkel 90°) verursacht Oberschwingungen und Blindleis-tung – obwohl kein Blindwiderstand im Stromkreis enthal-ten ist. Der gemessene Leistungsfaktor 0,6487 weicht vomberechneten Wert 0,71 ab, da der Widerstand der Glühwen-del temperaturabhängig und somit auch abhängig vom An-schnittwinkel ist.
Stro
mst
ärke
0 2,601,30 kHz0
116
231
347
463
mA
Frequenz
Bild 3. Ohne Phansenanschnitt entstehen keine Oberschwin-gungen und an der Glühlampe wird nur Wirkleistung er-zeugt – Leistungsfaktor 1.
Stro
mst
ärke
0 1,701,85 kHz0
159
318
477
636
mA
Frequenz
(12)
(14)
zeugt zwei gegenphasige Rechtecksig-nale mit variablem Tastverhältnis, wo-bei das PWM-Signal die Schalter S2
und S3 gleichphasig und das invertiertePWM-Signal die Schalter S1 und S4 ge-genphasig ansteuert.
Bei dieser Betriebsweise ergibt sichim Brückenzweig (A – B) eine mit derNetzspannung (50 Hz oder 60 Hz) am-plitudenmodulierte HF-Spannung von
z.B. 20 kHz mit variabler Pulsbreite,wodurch ein Dimmen von 0 bis 100 %ermöglicht wird.
Durch die vollkommen symmetri-sche PWM-Steuerung der Vollbrückeist der HF-Strom durch den Verbrau-cher auch beim Dimmen sinusförmigmoduliert (Bild 5) mit dem großen Vor-teil, dass der über das Funkentstörfiltergeglättete Netzstrom weitestgehend si-nusförmig und nahezu in Phase mit derNetzspannung ist. Die Dimmfunktionkann über eine Steuer-Gleichspannung(1 V bis 10 V) oder über DALI (DigitalAddressable Lighting Interface) akti-viert werden.
Wenn nur Hochvolt-Glühlampengedimmt werden, kann die Schaltungvereinfacht und die H-Brücke ersetztwerden. In diesem Fall ist nur noch einSchalttransistor erforderlich, wodurchdie Schaltung sehr kostengünstig aus-geführt werden kann.
Die Bilder 6 a bis c zeigen die Zeit-verläufe der Netzspannung UN und desNetzstromes IN des neuen elektroni-schen Dimmers für eine 100-W-Halo-gen-Glühlampe bei drei Dimmzustän-den. Deutlich zu erkennen ist die qua-si-sinusförmige Kurvenform des Netz-stromes. Die Phasenverschiebung zwi-schen UN und IN ist quasi Null, d.h.,der Leistungsfaktor nähert sich demWert 1. Die Netzstromoberschwingun-gen sind demzufolge sehr gering.
Mit diesem Dimmer verhalten sichdie Lampen auch beim Dimmen wieohmsche Widerstände, was insbeson-dere die Energieversorgungsunterneh-men (EVU) erfreuen würde, da die
Netzspannung bereits heute infolge dervielen nichtlinearen Verbraucher einesignifikante Abweichung von der Si-nusform mit allen daraus resultieren-den Nachteilen aufweist. Der Netz-strom des neuartigen Dimmers ist quasi-sinusförmig und in Phase mit derNetzspannung, d.h., der Leistungsfak-tor ist nahezu 1, ohne dass ein spe-zielles Oberschwingungsfilter mit Leistungsfaktor-Korrektur-IC wie beiLeuchtstofflampen-EVGs benötigt wird.Oberschwingungen des Netzstromessowie die bisher auftretende netzseiti-ge Verzerrungs-Blindleistung entfallenhierbei weitestgehend. Bei elektroni-schen Vorschaltgeräten zum Betriebvon Leuchtstofflampen ist eine speziel-le Leistungsfaktor-Korrekturschaltungzur Erzielung eines hohen Leistungs-faktors > 0,95 und zur Begrenzung derNetzstromoberschwingungen bei Wirk-leistungen ab 25 W seit Jahren vorge-schrieben (vgl. IEC 555, EN 61000-3-2, DIN VDE 0721). Diese Vorschrif-ten sollten auch für die bisher üblicheGlühlampen-Dimmtechnik mit starkverzerrter, nichtsinusförmiger Strom-aufnahme eingeführt werden. Das neue
46 Elektronik 15/2005 www.elektroniknet.de
Stromversorgung � Leistungsfaktor
Prof. Dr.-Ing. Peter Marxist gebürtiger Berliner und
studierte Nachrichtentechnikund Lichttechnik an der TU Berlin. Seit 1977 ist er Hoch-schullehrer im Fachbereich
Elektrotechnik der TFH Berlinund führte diverse elektro-nische und photometrische
Technologietransfer-Projektemit der lichttechnischen Indus-trie durch. 1991 erhielt er denBerliner Umweltpreis für die
Entwicklung eines dimmbarenelektronischen Vorschaltgerätes
für Leuchtstofflampen. Er istVorstandsmitglied der Deut-
schen Lichttechnischen Gesell-schaft und Mitglied des Auf-
sichtsrates der Semperlux AG –Lichttechnische Werke.
◗ E-Mail: marx@tfh-berlin.de
Bild 4. Der HF-Dimmer eignet sich für Hoch- und Niedervoltlampen (mit Trafo) und erzeugt ein PWM-Sig-nal, das mit der Netzspannung amplitudenmoduliert ist. Über das Tastverhältnis lässt sich die Leistung ander Glühlampe steuern. Der aufgenommene Strom ist annähernd sinusförmig, so dass der Leistungsfaktorbei jeder Dimmer-Stellung stets höher als 0,95 ist.
HF-Filterzur
Funk-entstörung
PMW-Modulator
PWM A B
HF-Generator
Versorgungs-spannung
für IC
Dimm-Eingangz.B. 1 ... 10 V
Zweiweg-+
-Gleichrichter
∼
∼ PWMS2
L1 (230 V)
L2 (12 V)
S1
UA
UN x √2 = 325 V
UNL
N
PE
S3
S4
P3P1
Bild 5. Die Netzspannung wird von den Schaltern im Taktdes HF-Signales zerhackt. Über das Tastverhältnis lässt sichdie Leistung, die an den Verbraucher (Glühlampe) im Brü-ckenzweig abgegeben wird, variieren. Der Strom in derGlühlampe ist ein hochfrequentes Rechtecksignal mit sinus-förmiger Hüllkurve.
10 ms
U
t
Netzspannung UN
ZerhackteSpannung UA
t
230 V x √2
IU
NetzspannungUN
Lampen-strom ILa
Dimmer-Konzept hat das Potential, die bisher üblichenPhasenanschnitt- bzw. Phasenabschnitt-Schaltungen zumDimmen von Glühlampen zukünftig teilweise zu verdrängen.Neben der Anwendung im Bereich der Lichttechnik sindauch andere Applikationen in der Leistungs-Elektronik vor-teilhaft. hs
Literatur
[1] Marx, P.: Elektronischer HF-Dimmer für Hoch- und Niedervoltglüh-lampen. Deutsches Patent Nr. 4433552A1, 15. Januar 2004.
[2] DIN 40110, Wechselstromgrößen.[3] EN 61000-3-2, Grenzwerte für Oberschwingungsströme in öffentli-
chen Niederspannungs-Versorgungsnetzen.
www.elektroniknet.de Elektronik 15/2005 47
a)
b)
c)
Bild 6. Die drei Messungen mit dem Oszilloskop zeigen, dass derLampenstrom sinusförmig und in Phase mit der Netzspannung ist:a) Der an CH1 gemessene Strom hat eine effektive Stromstärkevon 386 mA. Die Wirkleistung P errechnet sich daraus zu 91 W bei einem Leistungsfaktor λ = 0,999. b) Auf eine Leistung von P = 49 W gedimmt (λ = 0,98), beträgt die an CH1 gemessene effek-tive Stromstärke 206 mA. c) Mit einer effektiven Stromstärke von58,4 mA (CH1) beträgt die Wirkleistung P = 13 W bei einem Leis-tungsfaktor λ = 0,95.
= 386 mA
= 206 mA
= 58,4 mA∧
∧
∧