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Recht des geistigen Eigentums
WS 2018/2019
1. Termin
Gliederung Vorlesung 1
1. Ziele und Aufbau der Veranstaltung
2. Grundbegriffe des geistigen Eigentums
3. Fragen zur Nachbereitung
1. Ziele und Aufbau der Veranstaltung
1.1. Bedeutung IP-rechtlicher Fragestellungen
Gegenstand des Rechts des geistigen Eigentums:
Schutz immaterieller (d.h. unkörperlicher), verselbstständigter, geistiger Güter, (Immaterialgüter, engl. „Intellectual Property , IP) sowohl auf gewerblichem als auch kulturellen Gebiet.
Regelungsgegenstand sind die Rechte an einem Geisteswerk, was sich nicht zwingend in einem materiellen Gegenstand verkörpert.
Daher: „Nebeneinander“ zwischen Sachenrecht und jeweiligem Schutzrecht des geistigen Eigentums.
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Beispiel Urheberrecht
Student S kauft eine DVD bei Saturn mit einem Spielfilm. In seiner Garage plant er die Eröffnung eines kleinen Kinos, wo er den Film gegen Entgelt vorführen will. Gute Idee?
Unterscheide: Eigentum an der DVD-Scheibe (=Sache) und Rechte am Spielfilm (= Filmwerk).
o DVD-Scheibe: Sache i.S.d. §§ 90 ff. BGB, Sacheigentum gem. § 903 BGB
o Spielfilm als urheberrechtlich geschütztes Werk: Filmwerk i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 6 UrhG
Student S wurde Eigentümer der DVD-Scheibe, nicht aber „Eigentümer“ des Filmwerks.
o § 44 UrhG: Die Veräußerung von Originalwerken (und Vervielfältigungsstücken) begründet kein Nutzungsrecht.
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1. Ziele und Aufbau der Veranstaltung
1.1.1. Deutsche Investitionen in (technisches) geistiges Eigentum
FuE-Ausgaben der Bundesrepublik Deutschland und ihre Finanzierung in Mio. €,
1983–2011
Quelle: Bundesministerium für Bildung und Forschung
Vergleich: Bundeshaushalt
2015: 299,1 Mrd. Euro
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1. Ziele und Aufbau der Veranstaltung
1.1.2. Technische Innovationen im Ländervergleich
Patentanmeldungen einzelner EPO-Mitgliedsstaaten im Jahr 2014 (EPO = Europäische Patentorganisation). Quelle: Statista
Für eine Informations- und Wissensgesellschaft ist die Frage des Schutzes geistigen Schaffens im
gewerblichen sowie kulturellen Bereich von erheblicher (wirtschaftlicher) Bedeutung.
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1. Ziele und Aufbau der Veranstaltung
1.1.3 Bedeutung IP-rechtlicher Fragestellungen im kulturellen Bereich
Für eine Informations- und Wissensgesellschaft ist die Frage des Schutzes geistigen Schaffens im
gewerblichen sowie kulturellen Bereich von erheblicher (wirtschaftlicher) Bedeutung.
Quelle beider Grafiken: Monitoring zu ausgewählten wirtschaftlichen Eckdaten der Kultur- und
Kreativwirtschaft 2013, Bundesministerium für Wirtschaft und Energiec
Teilmärkte der Kultur- und Kreativwirtschaft
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1. Ziele und Aufbau der Veranstaltung
1.1.4. Schutzgründe/Rechtfertigung geistigen Eigentums
Wirtschaftliche Bedeutung des Rechts des geistigen Eigentums:
o Setzt Anreize für Innovation • Bsp: Schutzmöglichkeit einer Erfindung macht dieser erst lohnenswert temporärer
Wettbewerbsvorteil durch Monopolisierung
o Belohnt Ermöglicht so Zuwachs von Wissen und technischem Fortschritt /
elementarer Pfeiler des Wirtschaftswachstums in einem rohstoffarmen Land
o Schutz von Marken und Designs: Ermöglicht wettbewerbliche Profilierung eines
Unternehmens und seiner Produkte, Schutz des Goodwills, Indikator für konstante
Qualität
o Schutz persönlich geistiger Schöpfungen, kreativer Leistung des Individuums im
kulturellen Bereich.
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1. Ziele und Aufbau der Veranstaltung
1.2. Lernziele der Vorlesung
Warum und für welche Tätigkeiten ist die Veranstaltung für Sie nützlich?
Einige (wenige) Beispiele:
Tätigkeit in einer Kreativbranche: Sie entwickeln Marken- und Werbekonzepte, Produktdesigns,
verfassen werbliche Texte usw. – Kenntnis rechtlicher Fallstricke und Rahmenbedingungen ist
deutlicher Wettbewerbsvorteil
Tätigkeit in der Rechtsabteilung bzw. General Management bei einem innovativen
Industrieunternehmen (z.B. im Mittelstand). o Wie können technische Innovationen geschützt werden?
o Welche Abläufe müssen eingehalten werden, um z.B. die patentrechtliche Schutzfähigkeit einer Erfindung nicht aufs
Spiel zu setzen?
o „Schutzrechtsmanagement“ erfordert enge Verzahnung wirtschaftswissenschaftlicher und rechtlicher Kompetenzen.
Tätigkeit in einem Unternehmen der neuen Medien (Internet Startup, Softwareprovider etc.) was
z.B. eine neu entwickelte Software, eine Datenbank o.ä. anbietet.o Wie können die Arbeitsergebnisse dem Kunden i.R.e. Lizenz bereitgestellt werden?
Informierte Teilnahme an der derzeitigen gesellschaftlichen Diskussion über „geistiges
Eigentum“ seinen Schutz und seine Grenzen – politische Arbeit. 10
1. Einführung und Grundlagen – Allgemeine Prinzipien I. - Überblick
2. Einführung und Grundlagen – Allgemeine Prinzipien II. und internationaler Schutz
3. Einführung technische Schutzrechte, Patentrecht I., materielle Schutzvoraussetzungen
4. Patentrecht II. – materielle Schutzvoraussetzungen, Verfahrensrecht
5. Patentrecht III. – Wirkungen des Patents, Sanktionen
6. Gebrauchsmusterrecht, Arbeitnehmererfindungsrecht
7. Urheberrecht I.
8. Urheberrecht II.
9. Urheberrecht III.
10. Designrecht (Geschmacksmusterrecht)
11. Markenrecht I.
12. Markenrecht II.
13. Datenrecht
Zersplitterte Gesetzeslage – Jedoch: Innerer Zusammenhang der einzelnen Sondergesetze;
ineinandergreifende Schutzgegenstände.
(Hinweis: Vorläufiger Planungsstand, Ablauf kann sich kurzfristig ändern.)
1. Ziele und Aufbau der Veranstaltung
1.3. Gliederung der Vorlesungsreihe
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1. Ziele und Aufbau der Veranstaltung
1.4. Literaturhinweise
1. Götting, Gewerblicher Rechtsschutz, Patent, Gebrauchsmuster-, Geschmacksmuster und Markenrecht,
10. Aufl., München 2014
2. Götting, Prüfe dein Wissen, Rechtsfälle in Frage und Antwort – Gewerblicher Rechtsschutz und
Urheberrecht, 3. Aufl. 2015
3. Ensthaler, Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht, 3. Aufl. 2009, Berlin u.a. (Hinweis: Werk ist
als PDF kostenlos aus dem Uni-Netz bei Springerlink abrufbar)
4. Pierson/T. Ahrens/Fischer, Recht des geistigen Eigentums, Patente, Marken, Urheberrecht, Design, 4.
Aufl., Stuttgart 2018
5. Gruber, Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht, 9. Aufl. 2018, Altenberge (Hinweis: sehr knappe
Darstellung, nur zur kurzen Einführung geeignet)
6. Eisenmann/Jautz, Grundriss Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht, 10. Aufl. 2015, Heidelberg
7. Jänich/Eichelberger, Urheber- und Designrecht, 2. Aufl. 2018
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1. Ziele und Aufbau der Veranstaltung
1.4. Literaturhinweise
Elektronische Ressourcen:
o www.beck-online.de (aus dem Uni-Netz), enthält Fachaufsätze, Gesetzeskommentare etc.
o www.springerlink.com/books (aus dem Uni-Netz), enthält insb. elektronische Lehrbücher zum
kostenfreien Abruf für Studierende
o www.gesetze-im-internet.de (aktuelle Gesetzestexte)
Gesetzessammlung:
o Berens/Engels, Wichtige Wirtschaftsgesetze für Bachelor, Band 2, 9. Aufl. 2017, (Hinweis: Eine
aktuelle Gesetzessammlung ist für die erfolgreiche Teilnahme unverzichtbar)
(Von den in Frage kommenden Textsammlungen ist dies mit 11,90 € die günstigste.)
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1. Ziele und Aufbau der Veranstaltung
1.4. Literaturhinweise
Fachfremde Literatur für Interessierte:
Searle, John R.: Die Konstruktion der gesellschaftlichen Wirklichkeit – Zur Ontologie sozialer Tatsachen,
Berlin, 2011
Für Studierende, die sich für die Natur und Wesen von gesellschaftlichen Institutionen (z.B. „Geistigem
Eigentum“) interessieren.
Klappentext: Wie kann es eine objektive Welt des Geldes, des Eigentums und der Ehe, von Regierungen, Wahlen,
Footballspielern, Cocktailparties und Gerichtshöfen geben in einer Welt, die gänzlich aus physischen
Teilchen und Kraftfeldern besteht?
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Gliederung Vorlesung 1
1. Ziele und Aufbau der Veranstaltung
2. Grundbegriffe des geistigen Eigentums
3. Fragen zur Nachbereitung
2. Grundbegriffe des geistigen Eigentums
2.1. Überblick - Beziehungen der Rechtsgebiete und Begrifflichkeiten
Geistiges Eigentum -
Immaterialgüterrecht
Urheberrecht
Patentrecht,
Gebrauchsmuster-
recht
Designrecht (ehemals
Geschmacksmuster-
recht)
Wettbewerbsrecht
Kartell-
recht
Lauterkeits-
recht Marken-
recht
Gewerblicher Rechtsschutz
(= geistiges Eigentum im
gewerblichen Bereich)
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Gewerblicher Rechtsschutz = reines Wirtschaftsrecht. Teil des Immaterialgüterrechts
Umfasst Regelungen, die dem Schutz der gewerblich verwertbaren geistigen Schaffens dienen.
Bestandteil des Rechts des geistigen Eigentums.
Umfasste Rechtsgebiete:
o Patent- Design- Gebrauchsmuster- Marken und Lauterkeitsrecht. (PatG, DesignG, MarkenG,
UWG)
o Vom Lauterkeitsrecht (UWG) wird nur ein Teilbereich dem Gewerblichen Rechtsschutz
zugeordnet, nämlich der „wettbewerbsrechtliche Leistungsschutz“ (§§ 3, 4 Nr. 3 UWG).
• Ist eigentlich „Marktverhaltensrecht“ kein Erfolgsunrecht, sondern Handlungsunrecht
Recht des geistiges Eigentums (Synonym: Immaterialgüterrecht)
Umfasst den gewerblichen Rechtsschutz (s.o.) und das Urheberrecht (= Traditionell Kulturrecht, sowohl
Persönlichkeits- als auch Immaterialgüterrecht, Werk als Ausdruck des individuellen Geistes).
Immaterialgüterrechte: Subjektive Ausschließlichkeitsrechte an nicht-körperlichen
Rechtsgütern, die verkehrsfähig und damit veräußerbar sind.
o Veräußerbarkeit trifft jedoch auf Urheberrecht nur eingeschränkt zu, da das UrhR gem. § 29
UrhG nicht übertragbar ist. Nur weitreichende Nutzungsrechte können eingeräumt werden.
2. Grundbegriffe des geistigen Eigentums
2.1. Überblick - Beziehungen der Rechtsgebiete und Begrifflichkeiten
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2. Grundbegriffe des geistigen Eigentums
2.2. Gibt es „geistiges Eigentum“?
Kritik:
„ideologischer Kampfbegriff“ „aus der Mottenkiste der Rechtsgeschichte“ (Rehbinder, Hoeren).
Begriff entspringt dem europäischen Naturrecht des 18. Jahrhunderts.
Das BGB kennt nur das Sacheigentum. Eine begriffliche Ausdehnung auf geistige Schöpfungen fand
bewusst nicht statt.
• § 903 S. 1 BGB : „Der Eigentümer einer Sache kann, soweit nicht das Gesetz oder Rechte Dritter
entgegenstehen, mit der Sache nach Belieben verfahren und andere von jeder Einwirkung ausschließen.“
Keine Analogiefähigkeit Sachenrecht – Immaterialgüterrecht. Keine Rückschlüsse auf das
geistige „Eigentum“ möglich, Gefahr eines Fehlschlusses.
Begriff als rechtspolitisches Instrument („Kampfbegriff“), um immer weitergehende
Immaterialgüterrechte durchzusetzen.
Denn: Das Sacheigentum des BGB ist das umfassendste Herrschaftsrecht im Zivilrecht, das
zunächst einmal jegliche „Einwirkung“ auf den Schutzgegenstand verbietet.
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2. Grundbegriffe des geistigen Eigentums
2.2. Gibt es „geistiges Eigentum“?
Befürwortend:
„Intellectual Property“ = International übliche Bezeichnung. Deutscher Sonderweg würde Verwirrung
stiften. Begriff findet durch internationale Abkommen Eingang in das deutsche Recht (Bsp. TRIPS-
Abkommen, siehe Veranstaltung 2).
Der Begriff des bürgerlich-rechtlichen Sacheigentums ist nicht maßgeblich für das geistige Eigentum.
Das Immaterialgüterrecht blickt auf eine eigene, ca. 100jährige Dogmatik zurück. Vom (weiteren)
Eigentumsbegriff von Art. 14 GG wird auch geistiges Eigentum umfasst.
Trotz der Unterschiede zum Sacheigentum: Auch beim Immaterialgüterrecht geht es um Gegenstände,
die mit Ausschließlichkeitscharakter einer Person zugewiesen werden.
Ergebnis: „Geistiges Eigentum“ als legitimer Oberbegriff für gewerblichen Rechtsschutz und
Urheberrecht. Anschaulicher als „Immaterialgüterrecht“, birgt jedoch Gefahr von (provozierten)
Missverständnissen in der Laiensphäre.
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2. Grundbegriffe des geistigen Eigentums
2.3. Kurzüberblick Schutzgegenstände der Sondergesetze
Sondergesetz Geistiges Schaffen / Schutzgegenstand
Patentrecht, Gebrauchsmusterrecht (=technische
Schutzrechte)
Technische Leistung / Erfindung
(z.B. neuartiger Toaster)
Urheberrecht Geistige Schöpfung, Werk
(z.B. Gedicht, Rede, Chart-Song)
Designrecht (vormals Geschmacksmusterrecht) Ästhetische Gestaltungsleistung / Muster /
Design
(z.B. Tablet-PC, Design eines Sportwagens etc.)
Markenrecht Leistung im Marketingbereich / Kennzeichen
Wettbewerbsrecht (Lauterkeitsrecht) Schutz vor unlauterem Wettbewerbsverhalten
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2. Grundbegriffe des geistigen Eigentums
2.3. Kurzüberblick Schutzgegenstände der Sondergesetze
Formelle Schutzrechte (=Registerrechte)
Erfordern Anmeldung und staatlichen
Erteilungsakt
Materielle Schutzrechte
Entstehen ex lege (= kraft Gesetzes)
ohne staatlichen Erteilungsakt
Patentrecht Urheberrecht
Markenrecht Ausnahme im Markenrecht:
Benutzungsmarke sowie notorisch bekannte
Marke (§ 4 Nr. 2, 3 MarkenG)
Designrecht (ehem. Geschmacksmusterrecht) Ausnahme im Designrecht:
Nichteingetragenes
Gemeinschaftsgeschmacksmuster gem. EG-
VO 6/2002, GGVO)
Gebrauchsmusterrecht
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Gesetzesgrundlage: Patentgesetz (PatG)
Schutzgegenstand / Umfang: • § 1 Abs. 1 PatG: Schutz für technische Erfindungen (1), die neu (2) sind, auf einer erfinderischen
Tätigkeit (3) beruhen und gewerblich anwendbar (4) sind
• Patent gewährt Schutz gegen nicht autorisierte gewerbliche Nutzung der Erfindung.
(1) Erfindung = Lösungen eines konkreten technischen Problems mit technischen Mitteln
(2)Neuheit = Erfindung darf nicht bereits zum Stand der Technik gehören.
(3)Erfinderische Tätigkeit = sog. Erfindungshöhe. Abstand zum Stand der Technik
erforderlich
(4)Gewerbliche Anwendbarkeit = gewerbliche Herstellung bzw. Nutzung der Erfindung muss
möglich sein.
Patent: zeitlich begrenztes Ausschließlichkeitsrecht für Erfindungen.
• Kann sowohl für Erzeugnisse als auch Verfahren erteilt werden (§ 9 PatG)
Schutzentstehung: formelles Schutzrecht, Registerrecht. Staatlicher Erteilungsakt für die Entstehung
nötig (vgl. § 34 PatG). Schutzdauer: 20 Jahre, § 16 PatG
2. Grundbegriffe des geistigen Eigentums
2.3.1. Patentrecht
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Gesetzesgrundlage: Gebrauchsmustergesetz (GebrMG)
Schutzgegenstand / Umfang: Ähnlich Patentrecht. Technische Erfindungen, die neu sind, auf
einer erfinderischem Schritt beruhen und gewerblich anwendbar sind (§ 1 GebrMG).
Schutz für sog. „kleine Patente“. Geringere Anforderungen an Neuheit, zudem „Neuheitsschonfrist“,
§ 3 Abs. 1 S. 3 GebrMG.
Vorteile: Schnellere Erlangung (keine materielle Prüfung!), geringere Kosten, Schutz auch in Fällen
wo, ein Patentschutz nicht (mehr) in Betracht kommt (Bsp. Neuheitsschonfrist, Vorbenutzung
Ausland, § 3 Abs. 1 S. 3 GebrMG).
Nachteile: kürzere Schutzdauer, kein Schutz für technische Verfahren
Schutzentstehung: formelles Schutzrecht, Registerrecht. Staatlicher Erteilungsakt für die Entstehung
nötig, jedoch geringere Anforderungen und geringere Kosten. Schutzdauer 10 Jahre (§ 23 Abs. 1,
Abs. 2 GebrMG).
2. Grundbegriffe des geistigen Eigentums
2.3.2. Gebrauchsmusterrecht
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Gesetzesgrundlage: Gesetz über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (UrhG),
kurz: Urheberrechtsgesetz
Schutzgegenstand / Umfang: Werk i.S.d. § 2 Abs. 2 UrhG. Persönliche geistige Schöpfung
• z.B. Lieder, Musik, Film, Foto, Text (inkl. Software!), Architektur
Umfasst neben vermögensrechtlichen Verwertungsrechten auch Persönlichkeitsrechte, z.B. Recht auf
namentliche Nennung (§ 13 UrhG) u.a. materieller und ideeller Schutz der Interessen des
Urhebers. Geschützt ist die konkrete Ausdrucksform (kein Ideenschutz).
Voraussetzung Werkbegriff i.S.d. § 2 Abs. 2 UrhG:
• „persönliche geistige Schöpfungen“
• erfordert: persönliche Schöpfung (1), geistigen Gehalt (2), Individualität (3), sinnlich
wahrnehmbare Formgebung (4).
Schutzentstehung: materielles Schutzrecht. Kein Registerrecht, d.h. kein staatlicher
Erteilungsakt für die Entstehung nötig. Schutzdauer 70 Jahre ab Tod des Urhebers (§ 64
UrhG).
2. Grundbegriffe des geistigen Eigentums
2.3.3. Urheberrecht
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2. Grundbegriffe des geistigen Eigentums
Beispiel fehlender geistiger Gehalt / Schöpfungshöhe eines Werkteils:
„Wir fahr‘n fahr‘n fahr‘n auf der Autobahn!“ (Textzeile der Single „Autobahn“, Kraftwerk, 1978) =
persönliche geistige Schöpfung i.S.d. § 2 Abs. 2 Urhg?
OLG Düsseldorf, GRUR 1978, 640 - Autobahn
Bekl. hatte den Slogan "Und Sie fahr'n, fahr'n, fahr'n auf der Autobahn," für Autowerbung in
Zeitschriften genutzt, die Kl. (Kraftwerk) verlangte Auskunft über weitere Veröffentlichungen der
Reklame. Ohne Erfolg, das Gericht stellte fest:
„Teile eines Werkes genießen dann urheberrechtlichen Schutz, wenn sie selbständig als, persönlich geistige Schöpfungen im
Sinne des § 2 Abs. 2 UrhG angesehen werden können. Die Textzeile "Wir fahr'n, fahr'n auf der Autobahn" hat für
sich genommen keinen bestimmten geistigen Inhalt.“
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2. Grundbegriffe des geistigen Eigentums
2.3.4. Designrecht (bis 2013: Geschmacksmusterrecht)
Gesetzesgrundlage:
• Gesetz über den rechtlichen Schutz von Design (Designgesetz - DesignG) (Darin:
Umsetzung RL 98/71/EG).
• Zusätzlich Gemeinschaftsgeschmacksmusterverordnung, GGV (EG-VO 6/2002 über
Gemeinschaftsgeschmackmuster)
Schutzgegenstand / Umfang: Eigenständiges gewerbliches Schutzrecht für Designs gem. § 2 Abs.
1 DesignG, d.h. zwei- oder dreidimensionale Erscheinungsform eines ganzen Erzeugnisses oder
eines Teils davon, § 1 Nr. 1 DesignG. Erzeugnis: Jeder industrielle oder handwerkliche Gegenstand
einschließlich Verpackung, Ausstattung (…), § 1 Nr. 2 DesignG.
Voraussetzung: Neuheit und Eigenart des Designs, § 2 DesignG
Schutzentstehung: Grds. formelles Schutzrecht, materiell ungeprüftes Registerrecht. Eintragung ins
Geschmacksmusterregister nach formaler Prüfung, § 16 GeschmMG. Schutzdauer: 25 Jahre.
(Ausnahme: materielles Schutzrecht für nicht eingetragene Gemeinschaftsgeschmacksmuster
gem. Art. 11 VO 6/2002 3 Jahre Schutz)26
2. Grundbegriffe des geistigen Eigentums
2.3.5. Markenrecht
Gesetzesgrundlagen:
Gesetz über den Schutz von Marken und sonstigen Kennzeichen (Markengesetz – MarkenG)
MarkenRL EU 2015/2436; UnionsmarkenVO EU 2015/2424
Schutzgegenstand / Umfang:
• Marke (§ 3 MarkenG) = Zeichen, die dazu dienen, Waren oder Dienstleistungen eines
Unternehmens von denen anderer Unternehmen zu unterscheiden.
• Unternehmenskennzeichen (§ 5 Abs. 2 MarkenG) = Zeichen, die im geschäftlichen
Verkehr als Name, als Firma oder als besondere Bezeichnung eines Geschäftsbetriebs oder eines
Unternehmens benutzt werden.
• Werktitel (§ 5 Abs. 3 MarkenG) = Namen oder besonderen Bezeichnungen von
Druckschriften, Filmwerken, Tonwerken, Buhnenwerken oder sonstigen vergleichbaren
Werken.
Schutzvoraussetzung: Keine absoluten Eintragungshindernisse gem. § 8 MarkenG. Kein
Eintragungshindernis durch relative Schutzhindernisse gem. § 9 MarkenG.
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Schutzentstehung: Grds. formelles Schutzrecht. Eintragung in vom DPMA geführten
Markenregister (§ 4 Nr. 1 MarkenG). Eintragung für bestimmte Warenklassen, vgl.
Markenverordnung (MarkenV).
• Daneben: materielles Schutzrecht für Marken kraft Verkehrsgeltung (§ 4 Nr. 2 MarkenG)
und notorisch bekannte Marken (§ 4 Nr. 3 MarkenG).
• Schutzdauer unbegrenzt bei Zahlung der Verlängerungsgebühr (§ 47 MarkenG)
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2. Grundbegriffe des geistigen Eigentums
2.3.6. Lauterkeitsrecht (Teilbereich des Wettbewerbsrechts)
Gesetzesgrundlage: Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG)
Schutzgegenstand / Umfang: Ordnung des Wettbewerbsverhalten, Werbe- und Marketingrechts,
insofern kein „Gewerblicher Rechtsschutz“ (=Schutz des gewerbl. verwertbaren geistigen Schaffens).
Wichtige Ausnahme: § 4 Nr. 3 UWG:
Ergänzender Wettbewerbsrechtlicher Leistungsschutz. Gewährt in Sonderfällen Schutz vor
unlauterer Nachahmung von Leistungsergebnissen.
Geschützt wird nicht die Leistung als solche, sondern der Berechtigte vor einer
Ausnutzung durch Mitbewerber
Voraussetzungen / Schutzenstehung: Geschaffenes Leistungsergebnis (Bsp. Werbekonzept), das
„wettbewerbliche Eigenart“ aufweist, Übernahme / Nachbildung durch Mitbewerber. Da grundsätzlich
Nachahmungsfreiheit besteht, sind zugleich die Unlauterkeit begründende besondere, wettbewerbliche
Umstände erforderlich, vgl. § 4 Nr. 3 lit. a–c UWG
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2. Grundbegriffe des geistigen Eigentums
2.3.7. Weitere, nicht spezialgesetzlich geregelte Rechtsgebiete
Recht der Internetdomain
• Rechtsfragen, die sich im Zusammenhang mit Internetdomains ergeben
• Insbesondere:
• bezgl. kollidierender Namens- und Kennzeichenrechte
• Schutz der Domain gegen (Dispute-)Blockaden durch Dritte
Rechte an Veranstaltungen (insb. Sportveranstaltungen)
- Die extrem teuren „Lizenzen“ an Übertragungen der Bundesliga, NBA, Championsleague, Olympia
etc. haben keine taugliche Rechtsgrundlage (teils Hausrecht, teils Leistungsschutz der
Sendeunternehmen (§ 87 UrhG) und Lichtbildner (§ 72 UrhG) keine Recht an der Veranstaltung
als solcher!
Rechte an Daten
• Daten als solche genießen keinen spezialgesetzlichen Schutz
• Große Bedeutung i.R.d. „Industrie 4.0“: Wem „gehören“ Daten?
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Sonderproblem: Lizenzrecht
• Lizenzen dienen dazu, Dritten ein Nutzungsrecht an Immaterialgütern (Patente, Gebrauchsmuster,
eingetragene Marken) unter definierten Bedingungen einzuräumen
• Sind gesetzlich nur ausschnittsweise geregelt, vgl. §§ 31 ff. UrhG, § 15 PatG, § 30 sowie
§§ 27 ff. MarkenG
• keine einheitlichen Regelungen zum Lizenzvertragsrecht
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Gliederung Vorlesung 1
1. Ziele und Aufbau der Veranstaltung
2. Grundbegriffe des geistigen Eigentums
3. Fragen zur Nachbereitung
3. Fragen zur Nachbereitung
1. Warum ist der Begriff des „geistigen Eigentums“ umstritten? Was spricht für, was gegen seine
Verwendung?
2. Warum zählt das Urheberrecht nicht zum Rechtsgebiet des Gewerblichen Rechtsschutzes? Welche
Sondergesetze zählen zum Recht des „Geistigen Eigentums“?
3. Sie haben eine bahnbrechende Erfindung gemacht und informieren die Welt darüber in einem
Fachaufsatz in einer Technikjournal. Anschließend beabsichtigen Sie die Anmeldung zum Patent. Ist
mit einer Patenterteilung zu rechnen?
4. Dichter D hat einen Gedichtband verfasst. Er fragt Sie, wie er urheberrechtlichen Schutz daran
erlangen kann. Muss D dazu gesondert tätig werden?
5. Nennen Sie die wichtigsten formellen und materiellen Schutzrechte im Recht des geistigen Eigentum.
Gibt es Schutzrechte, die ihm sowohl materiell als auch formell zustande kommen können?
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