Post on 07-Jan-2016
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PSYCHOSOMATIK –Wenn die Seele durch den Körper spricht
Dr. Roland Stettler
Behandlungsgrundsätze
Psychosomatik: Behandlungsgrundsätze
Psychosomatik in der Klinik
30-50% zeigen seelische Belastung entweder in Zusammenhang mit körperlicher Erkrankung oder im Sinne einer eigenständigen psychischen Störung
Häufigste Symptome• Ängste und Depressionen im Rahmen der
Krankheitsverarbeitung• Körperliche Beschwerden ohne ausreichenden
Organbefund• Suchterkrankungen
Ca. 25% stärkere psychosoziale Belastungen• Familiäre und Partnerschaftsprobleme• Einsamkeit und soziale Isolation
Arolt et al. 1997
Psychosomatik in der Klinik
1. Fallbesprechungen von Ärzten und Pflegepersonal (ggf noch andern Berufsgruppen), bei der komplexe Krankheitsbilder unter bio-psycho-sozialer Sicht besprochen werden
2. Gruppensupervision für Ärzte und Stationsteams bei der schwierige Patienten vorgestellt werden
3. Einzelsupervision für Ärzte, Pflegeteam u.a. Berufsgruppen
4. Stationsvisite, Oberarzt- und Chefarztvisite sind patientenzentriert gestaltet
5. Patienten, bei denen kürzere Gesprächskontakte nicht ausreichen bekommen längere Einzelgespräche
Psychosomatische Stationsvisite
1. Vor Zimmertür: Kurvenvisite, Austausch zw. Arzt und Pflege
2. Im Patientenzimmer: Gespräch mit Patient: Begrüssung, Einbeziehung der Gefühle, Eingehen auf neue Symptome und Fragen
3. Körperliche Untersuchung (bei Bedarf)4. Gespräch mit Patient: Kurvenwerte,
Diskussion weiterer Massnahmen (diagnostisch, therapeutisch); „Haben sie noch Fragen?“
5. Vor Zimmertür: Nachbesprechung, ggf neue Arbeitsverteilung
Beziehungsgestaltung: Bewährte Einstellungen und Techniken
Innehalten, Geduld haben, abwarten– 3-Sekunden-Regel– Konzentration auf den Patienten– Konzentration auf die eigenen Gefühle und
Gedanken
Beziehungsgestaltung: Bewährte Einstellungen und Techniken
Zuhören– Hören mit dem 3. Ohr– Zuhören und gleichzeitig beobachten– Gesprächsführung im Stil des Verhörs macht den
Patienten stumm und passiv
„Zuhören bedeutet, sich in die Welt des anderen Menschen hineinzuversetzen, zu ermöglichen, auf ausgesprochene und – noch wichtiger – auf unausgesprochene Botschaften zu reagieren, Zuhören bedeutet auch, sich seiner eignen Gefühle, Bilder, Phantasien und Assoziationen gewahr zu werden“
Strupp, 1996
Hören mit dem 3. Ohr
Beziehungsgestaltung: Bewährte Einstellungen und Techniken
Fragen
– Mit offenen Fragen beginnen, damit Patient Raum bekommt, seine Beschwerden bzw. seine Anliegen zur Sprache zu bringen
Beziehungsgestaltung: Bewährte Einstellungen und Techniken
Die Person des Arztes als diagnostisches Instrument
– Wahrnehmen der Gefühle, mit denen auf Patient reagiert wird
– Es ist unmöglich ein neutraler Beobachter zu sein, die eigene Subjektivität prägt die Gesprächsführung
Beziehungsgestaltung: Bewährte Einstellungen und Techniken
Die Person des Arztes als Medikament
– Ärzte, denen es gelingt, eine warme, freundliche und vertrauensvolle Beziehung zu ihrem Patienten aufzubauen, haben bessere Behandlungsergebnisse (Milieu)
– Ein Gespräch kann eine „heilende“ oder eine „schädigende“ Wirkung haben (Selbsterfahrung, Übertragungs-Gegenübertragungsphänomene)
Beziehungsgestaltung: Bewährte Einstellungen und Techniken
Von der subjektiven zur gemeinsamen Wirklichkeit
– Empathie (Echtheit, Anteilnahme, Wertschätzung) als Voraussetzung für das Einfühlen in die Lebenswelt des anderen
– Patient wird als eigenständiger, selbstverantwortlicher Partner für Gesundheit und Krankheit angesehen
Die bio-psycho-soziale Anamnese
Behandlungsprozess und Behandlungsergebnis
Ziele der Basistherapie
Gestaltung einer tragfähigen Arzt-Patient-Beziehung
Förderung der Patientenautonomie durch Wahrnehmung vorhandener Ressourcen
Lösungsorientierung durch Problemklärung, -lösung, -akzeptanz, -bewältigung
Symptomlinderung oder Heilung Verhinderung unnötiger Massnahmen Hilfe bei der Überwindung von Lebenskrisen
(schwere Krankheit, Trennungssituation) Spezifische Behandlung bei psychischen Störungen
(Psychopharmakotherapie, Psychotherapie) Kooperation mit Selbsthilfegruppen
Mängel und Fehler im Gespräch
Unterbrechen von Schilderungen des Patienten (durchschnittlich nach 18 Sekunden)
Mangelnde Strukturierung des Gesprächs Einengung durch Suggestivfragen und
geschlossene Fragen Nichteingehen auf emotionale Äusserungen Unklare und missverständliche Erklärungen Vertikale Kommunikation – der Arzt als Lehrer Zu rasche Psychologisierung bei fehlendem
psychosomatischen Krankheitsverständnis des Patienten
Die familienmedizinische Perspektive
Balint-Gruppenarbeit
Fallbesprechungen unter besonderer Berücksichtigung der Arzt-Patient-Beziehung
Gruppe spiegelt Beziehung aus verschiedenen Blickwinkel wider, so dass anderer Blickwinkel für Behandler möglich
Störende unbewusste Einflüsse sowie eigene Anteile können wahrgenommen werden
Neues Verständnis und neue Qualität der Beziehung Anstösse für befriedigenderen Behandlungsverlauf
Suizidalität: Zahlen Schweiz
Suizidtote (1999)– Frauen 367– Männer 929– Total 1296
Suizide/100000 Einwohner (1997) 16.3
Suizidversuche/Jahr (Schätzung) 8-10000
Suizidversuche/100000 Einwohner– Frauen 177– Männer 129
Suizidalität: Hilfreiche Fragen
Hatten Sie in Ihrem Leben schon einmal Krisen oder psychische Probleme?
Geht es Ihnen manchmal so schlecht, dass Sie auch daran denken, das Leben habe keinen Sinn mehr?
Dachten Sie auch schon daran, mit dem Leben Schluss zu machen?
Haben Sie Vorstellungen, wie Sie dies tun würden?
Suizidalität: Narrativer Zugang
Wenn es um die Geschichte des Patienten geht, ist dieser der Experte seiner selbst!
NF-Studie:• Die grosse Mehrzahl der Patienten
braucht 10 bis 20 Minuten, um die Geschichte seines Suizidversuches zu erzählen. Michel K, 2002
Suizid: Psychiatrische Diagnosen
Psychiatrische Diagnosen bei erfolgten Suiziden
– Affektive Störungen 40-70%– Sucht (Alkohol, Drogen) 25-50%– Persönlichkeitsstörungen 30%– Psychiatrische Störung insges. >90%
Lebenszeitrisiko für Suizid– Major Depression 15%– Schizophrenie 10%– Sucht 3%
Hawton, van Heeringen,2000
Suizidalität: Risikofaktoren
Geschlecht Alter Familienstand Soziale Schicht Arbeitsstand Jahreszeitliche Schwankungen Stadt-Land-Unterschiede Religionszugehörigkeit
Suizidalität: Präsuizidales Syndrom
Einengung der persönlichen Möglichkeiten
Verstärkte und gleichzeitig gehemmte Aggression
Flucht in die Irrealität
Ringel, 1953
Suizidalität: Ambivalenz
Suizidabsicht korrigiert– 68-80% in weniger als 2 Tagen
– 90-99% in weniger als 10 Tagen
Suizidalität: Prädiktoren
vorausgegangener Suizidversuch vorausgegangene psychiatrische
Behandlung Suchterkrankungen Persönlichkeitsstörung
Cave: niederige Spezifität und Sensitivität
Bürk u. Möller, 1985
Beurteilung der Suizidgefährdung
aktive vs passive Suizidgedanken konkrete Planung vs ungerichtete
Aktivitäten häufige, drängende vs seltene
Gedanken Gefährlichkeit einer geplanten oder
ausgführten suizidalen Handlung Art des Suizidmotivs
Indikatoren für akute Suizidalität
Personale Faktoren Patient distanziert sich nicht von Suizidideen, auch
nicht nach ausführlichem Gespräch drängende Suizidideen ausgesprochene Hoffnungslosigkeit fehlende Zukunftsperspektive soziale Isolation / sozialer Rückzug in letzter Zeit Konflikt der zu Suizidideen führte ist noch nicht
gelöst gereizt/aggressive Reaktion; starke Agitiertheit schwere depressive Verstimmung, evtl. Wahnideen
Bronisch, 2000
Indikatoren für akute Suizidalität
Anamnestische Aspekte Suchterkrankung vorhanden akute Psychose Suizidversuche in der Vorgeschichte Suizidarrangement, das Auffindung schwierig
oder unmöglich macht Suizidversuch /-gedanken mit harter Methode positive Familienanamnese bzgl. Suizid/-
versuche mangelnde Impulskontrolle (Alkohol, etc.)
Bronisch, 2000
Psychotherapeutische Krisenintervention
Akzeptieren des suizidalen Verhaltens als Notsignal Verstehen der Bedeutung und subjektiven
Notwendigkeit dieses Notsignals Bearbeitung der gescheiterten
Bewältigungsversuche Aufbau einer tragfähigen Beziehung Wiederherstellung der wichtigsten Beziehungen gemeinsame Entwicklung alternativer
Problemlösungen auch für künftige Krisen Kontaktangebot als Hilfe zur Selbsthilfe Einbeziehung von Angehörigen
Sonneck, 1985
Suizidalität: Ängste von Therapeuten
Angst vor der Ohnmacht Angst vor der Aggression Angst vor Tod und Sterben Angst vor Strafe Angst vor Identitätsverlust
Pohlmeier, 1982
Suizidalität: Ängste von Therapeuten
“Eine Grundbedingung für Selbstmord-verhütung ist das Eingeständnis der Angst und ihrer Wahrnehmung”
“Es geht darum, mit Ängsten umgehen und leben zu lernen, nicht sie zu beseitigen”
Pohlmeier, 1992
Suizidalität: Fragen für TherapeutInnen
Habe ich Angst vor dem Thema Tod oder Selbsttötung?
Hatte ich schon mal den Gedanken, mich umzubringen?
Mit wem habe ich darüber gesprochen? Was könnte mich hindern, mein Leben zu
beenden? Hat mich schon mal ein Patient überzeugt,
dass Suizid für ihn besser ist? Sollten Therapeuten eine bewusste
Entscheidung für Selbsttötung akzeptieren?
Suizidalität: Ängste von Therapeuten
Angst vor den Themen “Tod” und “Sterben” Vermeidung des Themas wegen möglicher eigener
Suizidalität bei ähnlichen Lebenssituationen Angst vor den möglichen intensiven Gefühlen des
Klienten Eigene religiöse / ethische Unsicherheiten bzgl.
des Themas Angst vor der Verantwortung Angst vor den Konsequenzen eines
Patientensuizids Angst vor möglichen aggressiven Impulsen des
Patienten Angst, den eigenen Lebenssinn hinterfragen zu
müssen
Suizidalität: Ängste von Therapeuten
Angst vor Fehleinschätzung und den damit verbundenen Konsequenzen
Angst, den Patienten durch das Ansprechen erst auf die zu bringen
Angst vor dem Manipuliertwerden durch den Patienten
Angst vor mangelndem eigenen Einfühlungsvermögen
Angst, die dem Thema angemessene Sprache nicht zu finden
Angst, keine Interventionsmöglichkeiten zu bieten zu haben
BURNOUT - Notbremse der Seele?
Burnout ist eine körperliche und emotionale Erschöpfung aufgrund dauernder Anspannung, ständiger sozialer Begegnungen, täglichen Stresses.
Burnout ist besonders tiefgreifend, wenn aufreibende Arbeit und dauernde Belastung von wenig Anerkennung und mitmenschlicher Unterstützung begleitet sind.
Sie habe sich nicht abgrenzen können gegen das Leiden der Menschen, sich nicht wehren können gegen deren Anforderungen. Sie habe sich wie ohne Möglichkeit zum Selbstschutz gefühlt. Wörtlich: "Ich trage die Biographien der Menschen wie einen Abfallsack umher und sie werden zu meiner eigenen Last." Das sei so weit gegangen, dass sie sich von den Patienten terrorisiert und ausgenützt gefühlt habe.
Ein Beispiel
Aus dem Bericht über die Depression bei einer Krankenschwester:
Stressoren am Arbeitsplatz
Zu große Arbeitsmenge zu komplizierte Aufgaben unklare Erwartungen Ihres Chefs unklare Verantwortungsbereiche wenig Handlungsspielraum zu viele Projekte Angst vor Arbeitsplatzverlust Konkurrenzdruck keine bzw. negative Rückmeldungen Konflikte mit Kollegen und Vorgesetzten zu viele Überstunden keine Ferien
Stressoren in Familie und Freizeit
Konflikte mit Partner / Partnerin
Konflikte mit Kindern
Konflikte mit Freunden
Mehrfachbelastungen (Haushalt / Erziehung / Beruf)
Mangel an Kontaktmöglichkeiten
Aufgeben von Hobbys oder sportlichen Aktivitäten
Vernachlässigung des Privatlebens
Was merkt die betroffene Person? alles zuviel körperliche Erschöpfung: konstante
Übermüdung und Lustlosigkeit, innerlich angetrieben, psychosomatische Beschwerden (Schwitzen, Herzklopfen, Kopfweh, Rückenschmerzen, Impotenz)
emotionale Erschöpfung: keine Belastbarkeit, reizbar, den Tränen nahe, keine Distanz
keine Fähigkeit mehr, Aufgaben zu planen. Schlafstörungen nicht abschalten können, auch in der
Freizeit an den Beruf denken Entmutigung: „Ich schaffe es doch nicht“
Anzeichen für Burnout am Arbeitsplatz
Klagen über Arbeitsunlust und Überforderung
keine neuen Ideen und Projekte, die die Person früher auszeichneten
Negative Grundeinstellung, Dienst nach Vorschrift
Widerstand gegen Veränderungen weniger Kontakt mit Kollegen vermehrt krankheitsbedingte Absenzen „innere Kündigung“
Wer ist besonders gefährdet?
Burnout trifft oft die besten Mitarbeiter Hohes persönliches Engagement im
täglichen Umgang mit anderen Menschen
Hoher Anspruch an sich selbst: „Ich will gut sein - Ich will erfolgreich sein - Ich will es den andern zeigen!“
Sensibilität für Mitarbeiter und Situationen
ethisches Verantwortungsgefühl schlechte Abgrenzungsfähigkeit
Der Burnout-Zyklus
Stadium 1
Stadium 2
VerstärkterEinsatz
Stadium 5
Umdeutung vonWerten
Stadium 3
Subtile Vernachlässsigung eigener Bedürfnisse
Stadium 4
Verdrängung von Konflikten
Stadium 6
Verstärkte Verleugnung der aufgetretenen Probleme
Stadium 7
Rückzug
Stadium 8
BeobachtbareVerhaltensänderungen
Stadium 9
Verlust des Gefühls für die eigene Persönlichkeit
Stadium 10
Innere Leere
Stadium 11
Depression
Stadium 12BURNOUTvöllige Erschöpfung
Sich beweisen
wollen
Mehr Anstrengung bringt nicht mehr
Burnout-Gefahr!Normale
Anstrengung
Leis
tun
g
Anstrengung
Was macht die Beziehung zu Betroffenen schwierig?
fühlt sich isoliert schämt sich sieht sich als Versager durch jede kleine Anstrengung und
Begegnung sehr erschöpft wagt sich nicht nach draußen, weil
man ihn/sie erkennen / sehen könnte Begegnung mit Bekannten läßt
auslösende Konflikte wieder aufleben Angst vor Wiedereinstieg
Wie kommuniziert man Burnout?
Eine offene Mitteilung ist besser als Ausreden
Selbstschutz: keine Details über persönliche Angelegenheiten
keine Schuldzuweisungen Ansprechsperson benennen, die den
Kontakt hält
Spannungsfeld zwischen Selbstschutz und Informationsbedürfnis
Überlebensstrategien
Kräfte gezielt einsetzen; jeder Mensch hat nur begrenzte Energie
Verschnaufpausen in den Alltag einbauen
Wenn es zu hektisch wird: Halten Sie inne und fragen Sie sich: „Was kann passieren, wenn ich die Arbeit aufschiebe? Sind die Folgen wirklich so schlimm?“
Lernen Sie NEIN zu sagen!
Nehmen Sie sich Zeit für Hobbys und für Entspannung
nach
Cash
/ S
uva
Überlebensstrategien - 2
nach
Cash
/ S
uva
Überprüfen Sie ihren Tagesrhythmus. Sind Sie ein Morgen- oder ein Nachtmensch? Passen Sie Ihren Arbeitsalltag an.
Verlagern Sie berufliche Probleme nicht ins Privatleben.
Nehmen Sie sich Zeit, Wochenendarbeit, Jetlags oder Übermüdung auszukurieren.
Überlebensstrategien - 3
nach
Cash
/ S
uva
Haben Sie schon an ein Sabbathical gedacht?
Überlegen Sie, ob es Sinn machen kann, sich versetzen zu lassen, die Stelle zu kündigen oder gar den Beruf zu wechseln.
Stichwort: Peter-Prinzip
Wie kann man wieder einsteigen?
Verständnisvolle Vorgesetzte
Anpassung des Arbeitspensums
Dazu stehen, dass man eine Krise hatte
Veränderung der inneren Einstellung
stufenweiser Aufbau der Leistung
Erkennen, dass wir auch wertvoll sind, wenn wir an unsere Grenzen geraten sind
Neue Weichenstellung für die Gestaltung des Lebens
Mehr Verständnis für andere Menschen
Burnout als Chance
Relax
Enjoy
Have a nice day
Relax
Enjoy
Have a nice day
T h e E n d
Weitere Präsentationen
www.seminare-ps.net