Post on 06-May-2019
Ruhr-Universität BochumPD Dr. med. R. Horstmann
Dienstort: Herz-Jesu-Krankenhaus Münster-HiltrupAllgemein-, Viszeral- und Gefäßchirurgie
__________________________________
Polypropylen- Netze bei der laparoskopischen Hernienreparation -eine prospektive Beobachtungsstudie
Inaugural- Dissertationzur
Erlangung des Doktorgrades der Medizineiner
Hohen Medizinischen Fakultätder Ruhr-Universität Bochum
vorgelegt vonMathias Hellwig
aus Münster2004
2
Dekan: Prof. Dr. med. G. MuhrReferent: PD Dr. med. R. HorstmannKorreferent: Prof. Dr. med. Waldemar H. Uhe
Tag der Mündlichen Prüfung: 21.06.2005
3
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung 5
2 Allgemeiner Teil 7
2.1 Geschichte der Hernienchirurgie 7
2.2 Anatomie der Leistenregion 9
2.3 Pathogenese und Klassifikation der Leistenhernie 12
2.4 Klassifikation von Hernientypen 13
2.5 Materialien und Eigenschaften 17
3 Spezieller Teil 21
3.1 Methodik 21
3.1.1 Patientengut 21
3.1.2 Ein- und Ausschlußkriterien 21
3.1.3 Prä- und postoperative Standards 22
3.1.4 Primärdatenerfassung 27
3.1.5 Nachuntersuchung 28
3.2 Statistische Methoden 29
3.3 Ergebnisse 30
3.3.1 Demographische Daten 30
3.3.1.1 Geschlechter-und Altersverteilung 30
3.3.1.2 Body- Mass- Indizes (BMI) und
Komorbiditäten 32
3.3.1.3 Verteilung der Hernientypen und bi-
lateraler Hernien 35
3.3.1.4 Bruchpforte, Bruchsack, Begleitlipom 37
3.3.1.5 Lernkurve 37
4
3.3.2 Ergebnisse im Bezug auf den Materialunterschied
Prolene® - Vypro II® (peri- und postoperative
Parameter) 39
3.3.2.1 Operationszeiten, Handlingeigenschaften,
Netzplatzierungszeiten 39
3.3.2.2 Stationäre Verweildauer 42
3.3.2.3 Fördermenge der Redondrainage 44
3.3.2.4 Postoperative Arbeitsunfähigkeit 45
3.3.2.5 Perioperative Morbidität 46
3.3.2.6 Spätkomplikationen 49
3.3.2.7 Nachuntersuchung 52
3.4 Zusammenhang zwischen der präoperativ subjektiven
Einschätzung des Krankheitsempfindens und der post-
operativen „Zufriedenheit“ 61
4 Diskussion 64
4.1 Der Stellenwert laparoskopischer Verfahren in der
Leistenhernienchirurgie 64
4.2 Materialeigenschaften von Kunststoffnetzen 67
4.3 Studiendesign 68
4.4 Diskussion der eigenen Ergebnisse 70
5 Zusammenfassung 76
6 Anhang 78
6.1 Fragebögen 78
6.2 Literatur 83
6.3 Danksagung 94
6.4 Lebenslauf 95
5
1 Einleitung
In der heutigen Zeit leidet das Gesundheitswesen aufgrund der hohen
Arbeitslosigkeit unter sinkenden Einnahmen bei gleichzeitig zunehmenden
Kosten durch medizinisch-technische Weiterentwicklungen. Die demo-
grafische Entwicklung mit einer zunehmenden Zahl von älteren Patienten
stellt eine zusätzliche Belastung dar. Es ergibt sich die Notwendigkeit,
Operationsverfahren zu entwickeln, welche nicht nur unter medizinischen,
sondern möglichst auch unter sozio-ökonomischen Gesichtspunkten
manifeste Vorteile ergeben. Stellen entsprechende Behandlungsverfahren
gleichzeitig Vorteile in bezug auf die Lebensqualität in Aussicht, so entsteht
eine weitere Optimierung. Die Schlüsselbegriffe in diesem Zusammenhang
sind: kurze stationäre Behandlungszeiten, rasche Wiedereingliederung in
den Alltag sowie Reduktion von Komplikationen und individuellen
Unannehmlichkeiten mit dem Ziel der Verbesserung des Patientenkomforts.
Die operative Versorgung eines Leistenbruchs steht in der Gesamtzahl aller
chirurgischen Eingriffe heute in der Bundesrepublik an erster Stelle [82].
Allein in Nordrhein-Westfalen wurden im Jahre 2003 51.336 Leistenbrüche
operativ versorgt [8]. Leistenbruch-Operationen, welcher Art auch immer,
gehören damit in das Standardprogramm einer jeden chirurgischen
Abteilung.
Neben den anterioren Verfahren haben sich im wesentlichen zwei minimal
invasive Verfahren etabliert, die transabdominelle präperitoneale
Hernioplastik (TAPP) sowie die total extraperitoneale Hernioplastik (TEP).
Während die erstgenannten Verfahren fakultativ (z.B. LICHTENSTEIN [1])
alloplastisches Material zur Verstärkung der Fascia transversalis benötigen,
ist die Verwendung solcher Materialien bei einem laparoskopischen
Vorgehen obligat.
Bei dem heute großen Angebot unterschiedlicher Produkte wird zur
Verbesserung der funktionell-morphologisch definierten Biokompatibilität eine
6
Reduktion der Materialmenge und materialspezifische Verarbeitung gefordert
[54,72].
In der vorliegenden prospektiv geführten Beobachtungsstudie werden zwei
konsekutiv in einheitlicher Technik (TAPP) operierte, identische
Patientenkollektive miteinander verglichen. Bei der ersten Gruppe kam zur
Verstärkung der Fascia transversalis ein nicht resorbierbares Polypropylen-
Netz (Prolene®) zum Einsatz, in der zweiten Gruppe war der nicht
resorbierbare Anteil des Netzes durch Hinzufügen eines resorbierbaren
Polyglactin- Anteils (Vypro II®) reduziert.
Neben objektiven Faktoren wie der Rezidivhäufigkeit und der perioperativen
bzw. Langzeitmorbidität wurde ein spezielles Augenmerk auf die subjektive
Zufriedenheit und Akzeptanz des Verfahrens durch die Patienten gerichtet.
Anwendungsunterschiede der beiden Materialien wie auch der
Zusammenhang zwischen der präoperativen empfundenen Beeinträchtigung
und der individuellen postoperativen Bewertung des Verfahrens wurden
untersucht.
Hypothese: Das gewichtsreduzierte und teilresorbierbare Vypro II® - Netz ist
funktionell gleichwertig (Morbidität, Rezidivhäufigkeit) und führt zu einer
verbesserten postoperativen Lebensqualität durch die veränderte
Materialzusammensetzung- und Struktur im Vergleich zum Prolene® - Netz.
7
2 Allgemeiner Teil
2.1 Geschichte der Hernienchirurgie
Die Geschichte der modernen Hernienchirurgie beginnt am Ende des
19. Jahrhunderts mit der Entwicklung aseptischer Operationsmethoden.
Offene Operationsverfahren wurden in der Folge stetig weiterentwickelt und
modifiziert. Nachdem zunächst stets nur der Bruchsack abgetragen worden
war, begann CZERNY [25] 1877 als erster eine Art Bruchpfortenverschluß.
Nach Abtragung des Bruchsackes verengte er die Bruchpforte durch eine
Schnürnaht, der Leistenkanal wurde jedoch noch nicht eröffnet. Zunehmend
fanden die anatomischen Strukturen Beachtung, so dass erstmals von
LUCAS-CHAMPIONNIÈRE [82] 1881 die Externusaponeurose gespalten
wurde und somit der Weg frei war für die hohe Ligatur des Bruchsackes.
BASSINI [11] beschrieb 1890 die Bedeutung der Fascia transversalis (Abb.2,
F) und systematisierte sein operatives Vorgehen zur Rekonstruktion der
Leistenkanalhinterwand durch die exakte Definition der einzelnen Schritte.
Weiterentwicklungen dieser Rekonstruktion finden sich bei MC-VAY und
ANSON [63,67], NYHUS [67,68], CONDON und SHOULDICE [87]. Deren
Untersuchungen unterstrichen die Bedeutung der Rekonstruktion der Fascia
transversalis als wichtigsten Schritt der Leistenhernienreparation.
Bei diesen Methoden erfolgte die Stärkung der Hinterwand des Leistenkanals
durch eine mittels unterschiedlicher Nahttechnik erzeugte Narbenbildung. Bei
diesen Rekonstruktionen wurde eine anfängliche Spannung des
umgebenden Gewebes in Kauf genommen.
Den Gedanken, die präformierten, anatomischen „Schwachstellen“ der
Leistenregion durch die Einlage von körperfremdem Material zu verstärken,
gab es bereits Anfang des 20. Jahrhunderts. So versuchte WITZEL [101]
durch die Einlage von Silberdrahtgeflechten eine Verstärkung der
Leistenregion zu erreichen. Getragen von der gleichen Idee führten in der
Folge Versuche mit Stahl- und Goldnetzen oder Kautschuk von
KIRSCHNER [93], REHN und BARLETT [71] zu mehr oder minder
ausgeprägten Fremdkörperreaktionen. Erst mit der Entwicklung moderner,
8
biokompatibler Materialien war der Weg zu einer Kunststoffaugmentation der
Fascia transversalis gewiesen.
Im Rahmen konventioneller Operationsmethoden, u.a. durch LICHTEN-
STEIN [1], erzielte man eine Verstärkung der Leistenkanalhinterwand durch
die Einlage von Kunststoffnetzen. Es handelt sich hier um Verfahren, welche
auch heute noch ihre Berechtigung bei der Primärversorgung von Hernien,
wie auch bei einer Rezidivbruchbehandlung haben.
Mit der technischen Entwicklung moderner Optiken und Kameras sowie der
Ausdehnung minimal invasiver Operationsmethoden beschrieb POPP [72,73]
1990 erstmalig die laparoskopische Versorgung einer Hernie durch Dura-
patch, gefolgt von der Verwendung eines Vicrylnetzes im Sinne der heute
verbreiteten transabdominalen, präperitonealen Technik (TAPP).
Schlechte operative Ergebnisse mit hohen Rezidivzahlen wurden auf das
ursprünglich eingesetzte resorbierbare Material zurückgeführt, so dass sich
heute aufgrund klinischer Erkenntnisse Polypropylen als Material der Wahl
durchgesetzt hat. Nach tierexperimentellen Untersuchungen wurden
anschließend Anstrengungen unternommen die Biokompatibilität der
Materialien weiter zu verbessern. Neben einer materialspezifischen
Verarbeitung mit verschiedenen Flächengewichten und unterschiedlicher
Porengröße kann dies durch eine Verringerung der dauerhaft verbleibenden
Materialmenge erreicht werden [53,72,85]. Heute besteht eine große
Auswahl zwischen unterschiedlichen Produkten, Verwendung finden
hauptsächlich nicht- oder teilresorbierbare Materialien.
An operativen Verfahren hat sich inzwischen neben der transabdominellen
präperitonealen (TAPP) eine total extraperitoneale Technik (TEP) etabliert,
bei der ein Kunststoffnetz, ohne Eröffnung der Bauchhöhle, über einen
künstlich geschaffenen präperitonealen Raum, in die Leistenregion
eingebracht wird [92]. Statistisch signifikante Vorteile der einen oder anderen
Methode sind allerdings nicht publiziert worden, so dass es sich um
gleichberechtigte Methoden handelt, deren Ergebnisse eng von der Expertise
des Operateurs abhängen.
9
2.2 Die Anatomie der Leistenregion
Die anatomische Regio inguinalis (Abbildung 1,3) ist definiert als Raum
zwischen den Spinae iliacae anteriores superiores als kranialer Begrenzung,
durch das Leistenband (Ligamentum inguinale) kaudal und medial durch den
lateralen Rand des Musculus rectus abdominis.
Leitstruktur ist der Leistenkanal (Canalis inguinalis), welcher in der Fossa
inguinalis lateralis mit dem inneren Leistenring (Anulus inguinalis profundus)
beginnt und von kranial dorsal schräg nach kaudal ventral zieht. Er mündet
oberhalb des Tuberkulum pubicum im äußerem Leistenring (Anulus
inguinalis superficialis). Die mediale Begrenzung des inneren Leistenringes
stellen die epigastrischen Gefäße (Arteria und Vena epigastrica inferior),
welche der Arteria und Vena iliaca externa entstammen, dar.
Das Dach des Leistenkanals wird gebildet durch die Aponeurose des
Muskulus obliquus externus abdominis, die hintere Begrenzung durch die
Fascia transversalis und das Peritoneum. Von kaudal nach kranial erstreckt
sich der Kanal vom Ligamentum inguinale zum unteren Rand der
Rektusscheide, dem Muskulus obliquus internus abdominis und dem
Muskulus transversus abdominis. Der männliche Leistenkanal (Tabelle 1)
enthält im Samenstrang als Hauptstruktur den Ductus deferens mit
begleitender Arteria und Vena testicularis sowie den Musculus cremaster,
welcher aus abzweigenden Faserbündeln des Musculus obliquus internus
gebildet wird, weiterhin den Nervus ilioinguinalis und den Ramus genitalis
des Nervus genitofemoralis.
Der Leistenkanal der Frau zeigt im Prinzip den selben anatomischen Aufbau
wie der des Mannes. Als Fortsetzung des Ligamentum ovarii proprium zieht
das Ligamentum teres uteri (Tabelle 1) durch den Kanal bis in die großen
Labien. Das Band entspricht dem Keimdrüsenleistenband des Mannes
(Gubernaculum testis). Der weibliche Leistenkanal ist enger und fester als
der des Mannes, weshalb Leistenhernien bei Frauen seltener vorkommen
[77].
Für die laparoskopische Hernioplastik ist die Region unterhalb des Leisten-
bandes besonders bedeutsam (Abbildung 1). Zur Fixierung eines Netzes in
diesem Bereich angelegte Klips können zu Verletzungen der hier
verlaufenden Gefäße und Nerven führen.
10
SPAW [32] et al. definierten die Region lateral des Ductus deferens und
medial der Vasa spermatica als „Triangle of Doom" (Abbildung 1,A). In
diesem Bereich verlaufen die Vasa iliaca externa sowie Vasa spermatica
externa. Hier gilt es insbesondere Gefäßverletzungen durch Klips zu
vermeiden. Als „Trapezoid of Disaster" beschrieben SEID und AMOS [17]
1994 den lateral angrenzenden Bereich, in welchem besonders
Nervenverletzungen drohen (Abbildung 1,B). Hier verlaufen der Ramus
genitalis des Nervus genitofemoralis, der Nervus cutaneus femoris lateralis
sowie der Ramus genitalis des Nervus genitofemoralis.
Abbildung 1 Laparoskopische Sicht auf die rechte Leistenregion (Bauchwandrückseite) beieinem Mann. 1: Rückwand der Harnblase, 2: Plica umbilicalis medialis, 3: Ductus deferens,4: Vasa testicularia, 5: Fossa inguinalis lateralis, 6: Fossa inguinalis medialis, 7: Anulusinguinalis profundus, 8: Lage von A.u.V. epigastrica inferior, A: „Doom Triangle“ [26], A+B:„Trapezoid of Disaster“ [12]. Foto: Herz-Jesu-Krankenhaus, Münster-Hiltrup
2
8
7
3 4
1 A B
6 5
11
Abbildung 2 Die Schichten der Bauchwand und des Hodens.A: Haut, B: Fascia superficialis abdominis, C: Musculus obliquus externus abdominis, D:Musculus obliquus internus abdominis, E: Musculus transversus abdominis, F: Fasciatransversalis, G: Peritoneum, H: Musculus rectus abdominis; Zeichnung: Hellwig
Tabelle 1 Der Inhalt des Leistenkanals bei Mann und Frau
Inhalt des Leistenkanals
beim Mann bei der Frau
Funiculus spermaticus (Samenstrang) Lig. Teres uteriVestigium proc. Vaginalis (obliterierter Perito- A. ligamenti teretis uteri (aus dernealfortsatz) A. epigastrica inf.)Ductus deferens N. ilioinguinalis (L1)A. ductus deferentis (aus der A. vesicalis inf.) R. genitalis nervi genitofemoralis
(L2)A. testicularis (aus der Bauchaorta)V. testicularis (als Fortsetzung des Plexuspampiniformis- Abfluß rechts in die V. cava inf.und links in die V. renalis)Fascia spermatica int. (Übergang in dieFascia transversalis)M. cremaster (Übergang in den M. obliquus int.abdominis)A. cremasterica (aus der A. epigastrica inf.)N. ilioinguinalis (L1)R. genitalis nervi genitofemoralis (L2)
A
BCD
EFG
ProcessusvaginalisTunicavaginalistestis
TestisFasciaspermaticaexterna
SkrotalhautMusculuscremaster
H
12
2.3 Pathogenese und Klassifikationen der Leistenhernie
Die Entstehung von Leistenhernien ist als multifaktorielles Geschehen zu
betrachten. Die knöcherne Beckenhöhle ähnelt in aufrechter Haltung einer
Schüssel, auf welche die Baucheingeweide drücken. Es resultiert ein
erhöhter abdominaler Druck, der auf die Leisten einwirkt [71]. Durch die
anatomische Schwachstelle des muskelfreien Hesselbachschen Dreiecks
(Abbildung 3) (zwischen medialer Begrenzung des M. rectus abdominis den
epigastrischen Gefäßen und dem Leistenband gelegen) und den Durchtritt
des Samenstranges bzw. des runden Mutterbandes, manifestieren sich
Eingeweidebrüche bevorzugt in diesen Regionen [40]. Schützende
Mechanismen wie die sphinkterartige Struktur der Internusmuskulatur und
der schräge Verlauf des Leistenbandes wirken der Entstehung einer Hernie
entgegen [66]. Von entscheidender Bedeutung aber ist eine feste Fascia
transversalis, welche die Hinterwand des Leistenkanals bildet (Abbildung
2,F) [40]. Weiterhin können kongenitale Faktoren, wie ein nur teilweise
verschlossener Processus vaginalis, die Entstehung einer Leistenhernie
begünstigen. Allerdings entwickeln nur 7% aller Kinder mit einem offenen
Processus vaginalis eine Leistenhernie [24].
Auch die Erhöhung des intraabdominalen Drucks durch konstitutionelle und
degenerative Faktoren kann zu den pathogenetischen Faktoren gerechnet
werden. Hier zu nennen sind degenerative Bindegewebsschwächen,
Adipositas, chronisch obstruktive Lungenerkrankung, Prostatahyperplasie,
Obstipation und organische Dickdarmstenosen [40,89]. Eine postoperative
Muskeldenervierung, zum Beispiel nach abdominaler Prostatektomie, wie
auch permanente Gewebsüberbeanspruchung, z.B. durch unphysiologische
Muskelbeanspruchung (bei Leistungssport), können weitere Ursachen dar-
stellen [90].
Unbedeutend für die Entstehung von Brüchen hingegen sind direkte
Bauchwandtraumata wie auch selten auftretende, vererbbare Störungen der
Elastogenese (Cutis laxa) [76].
13
Abbildung 3 Das Hesselbachsche Dreieck der rechten Leistenregion (A); Zeichnung:Hellwig
2.4 Klassifikation von Hernientypen
Die bewährte Einteilung der Leistenhernien nach der Lage der Bruchpforte
zum Verlauf der epigastrischen Gefäße, wonach lateral liegende
Bruchpforten als indirekte und medial liegende als direkte Hernien
beschrieben werden, gibt eine grobe Orientierung, vernachlässigt jedoch
wichtige beschreibende Punkte wie die Stärke der Hinterwand, die Größe der
Bruchpforte oder Sonderformen wie Schenkel- oder Rezidivhernien.
Klassifikationen von GILBERT [34] oder RUTKOW und ROBINS [78]
berücksichtigen zwar den Defekt der Hinterwand und die Größe des inneren
Leistenringes, haben ihren Bezug aber in der Deskription eines
konventionellen Operationssitus.
SCHUMPELICK [82] wie auch NYHUS [68] dagegen haben Einteilungen
erarbeitet, welche sich für jede Operationsmethode anwenden lassen.
Aufgrund der großen Anschaulichkeit der Nyhus- Klassifikation,
insbesondere in bezug auf die intraabdominale Herniensicht beim
M.rectusabdominis
A.und V.epigastricainferior
Anulus inguinalisprofundus
Vasatesticularia
A.und V.iliacaexterna
Ductusdeferens
Ligamentuminguinale
A
14
transabdominal präperitonealen Verfahren, ist diese weit verbreitet und wird
in der vorliegenden Studie angewandt. Sie unterscheidet vier Hernientypen,
wobei die Schwäche der Hinterwand (Typ III) in drei weitere Gruppen
unterteilt wird. Sowohl die Weite des inneren Leistenringes, die Verlagerung
der epigastrischen Gefäße sowie der Zustand der Hinterwand des
Leistenkanals finden Berücksichtigung.
Typ I Kindliche Leistenhernie mit normalem inneren Leistenring
Typ II Indirekte Leistenhernie mit dilatiertem inneren Leistenring bei intakterHinterwand des Leistenkanals ohne Dislokation der epigastrischen Gefäße(Abbildung 6)
Typ III Hernie mit Schwäche der Hinterwand des Leistenkanals
a Isolierte Schwäche medial der epigastrischen Gefäße im Bereich desHesselbachschen Dreiecks (Direkte Hernie) (Abbildung 5,7)
b Indirekte Hernie mit dilatiertem inneren Leistenring, welche medial auf dieTranversalisfascie des Hesselbachschen Dreiecks übergreift bzw. dieseZerstört (kombinierte Hernie) (Abbildung 8)
c Femoralhernie
Typ IV Rezidivleistenhernie
Abbildung 4 Nyhus-Klassifikation der Leistenhernien.
15
Abbildung 5 Typisch intraabdominaler Befund einer medialen Leistenhernie (Typ IIIa nachNyhus) der rechten Leistenregion, im rechten Bildrand liegen die epigastrischen Gefäße (A).
Abbildung 6 Typisch intraabdomineller Befund einer lateralen Leistenhernie (Typ II nachNyhus) der rechten Leistenregion, die Bruchpforte (Pfeil) liegt lateral der epigastrischenGefäße (A).
A
A
16
Abbildung 7 Intraabdomineller Befund einer beidseitigen medialen Leistenhernie (Typ IIIanach Nyhus). A: Blasenhinterwand.
Abbildung 8 Kombinierte Leistenhernie rechts. M: medialer Bruch; L: lateraler Bruch; F:femorale Schwäche; P: Plica umbilicalis medialis; E: epigastrische Gefäße
A
ML
P
E
F
17
2.5 Materialien und Eigenschaften
Bei der Hernienversorgung mit alloplastischem Material werden
verschiedene Kunststoffgruppen eingesetzt. Neben nicht resorbierbaren
Materialien wie Polypropylen, Polytetrafluorethylene (PTFE), Polyester oder
Polyamid und resorbierbaren Materialien wie Polyglactin 910 und
Polyglycolsäure gibt es Modifikationen aus der Kombination beider Anteile.
Unabhängig von der Resorbierbarkeit verschiedener Kunststoffe gelten für
alle zu implantierenden Materialien die 1952 von CUMBERLAND [14]
aufgestellten Grundsätze. Danach sollen sie:
- physikalisch und chemisch inert sein,
- keine Fremdkörperreaktionen, Allergien oder Hyposensibilitäten hervorrufen,
- nicht kanzerogen wirken oder Neoplasien auslösen,
- der mechanischen Belastung standhalten und
- möglichst einfach und kostengünstig herstellbar sein.
Bei den resorbierbaren Kunststoffen fand in der Hernienchirurgie vor allem
das Polyglactin 910 (Vicryl®) Verwendung. Ziel der Implantation solcher
Kunststoffe war die Induktion einer verstärkten Neubildung von fibrinösem
Bindegewebe und somit die Ausbildung einer festen, bindegewebigen
Narbenplatte [21,79]. Durch den hydolytischen Abbau des Materials kommt
es jedoch zu einer raschen Abnahme der Reißfestigkeit und der
Belastbarkeit, die induzierte Narbenplatte zeigt langfristig eine hohe
Instabilität gegenüber mechanischer Belastung [72], dieses in Korrelation mit
hohen Rezidivquoten [21,79]. Diese Materialien sollen daher zur
Hernienreparation nicht mehr verwendet werden [93].
Trotz zahlreicher Neuentwicklungen stellt Polypropylen das zur Zeit
wichtigste und am häufigsten benutzte Netzmaterial dar [33,53]. Dennoch
entspricht auch dieses Material in seinen unterschiedlichen
Produktausprägungen der Idealvorstellung von einem möglichst
biokompatiblen Netz nur unzureichend [80], so dass eine Optimierung der
verwendeten Materialien dringend anzustreben ist [85].
In der vorliegenden Studie fand somit neben dem reinen Polypropylennetz
ein Gewirk mit reduziertem Polypropylenanteil Verwendung.
18
Das Prolene® - Netz besteht aus 100% Polypropylen, ist nicht resorbierbar,
semirigide und hat eine Doppelfilamentstruktur. Es passt sich gut an die
anatomischen Gegebenheiten an und führt, durch eine aufgerauhte
Oberfläche, zu einer vermehrten fibroplastischen Aktivität (Abbildung
9,11,14,15) [23]. Zudem bietet es eine große Reißfestigkeit, erst bei einem
Gewicht von 17,5 kg/cm² besteht die Gefahr einer Netzruptur [47]. Mit einem
Flächengewicht von 100 g/m² ist es ca. drei mal schwerer als das
Vergleichsnetz. Eine karzinogene Wirkung ist nicht beschrieben [79,22].
Das Vypro II® - Netz besteht neben dem Polypropylenanteil aus einem 50-
prozentigem Polyglactinanteil, welcher binnen 70 Tagen hydrolytisch
abgebaut wird. Die Elastizität ist um den Faktor fünf höher als die des
Polypropylen- Materials, es hat eine Multifilamentstruktur und passt sich
somit leichter und besser als das semirigide Prolene® -Netz an die
anatomischen Gegebenheiten an (Abbildung 10,12,13) [83]. Die
inflammatorische Gewebereaktion, gleich bedeutend mit der Fremdkörper-
bzw. Abstoßungsreaktion, ist deutlich geringer als die des Vergleichsnetzes.
Gleichzeitig ist jedoch die erwünschte fibroplastische Reaktion (Bildung von
Bindegewebszellen) deutlich geringer ausgeprägt als bei dem Prolene® -
Netz (Abbildung 14) [83].
Bei beiden Materialien besteht die Möglichkeit des individuellen
Zuschneidens ohne ein Ausfransen der Schneidkanten, ebenso können
beide Netze problemlos durch einen 12 mm Trokar in das Abdomen
eingebracht werden.
Abbildung 9 Die Makrostruktur des Abbildung 10 Die Makrostruktur desProlene®-Mesh (ETHICON GmbH) Vypro II®-Mesh (ETHICON GmbH)
19
Abbildung 11 Elektronenmikroskopische Nativaufnahmen des Prolene®-Mesh in 9,13 und15 facher Vergrößerung (Aufnahmen : Prof. Dr.K.-M. Müller, Institut für Pathologie an denBerufsgenossenschaftlichen Kliniken Bergmannsheil, Bochum)
Abbildung 12 Elektronenmikroskopische Nativaufnahmen des Vypro II®-Mesh in 9,13 und15 facher Vergrößerung (Aufnahmen : Prof. Dr.K.-M. Müller, Institut für Pathologie an denBerufsgenossenschaftlichen Kliniken Bergmannsheil, Bochum)
Tabelle 2 Materialeigenschaften der beiden verwendeten Produkte (HerstellerangabenETHICON GmbH)
Prolene Vypro II
Material Polypropylen Polypropylen / Polyglactin
50 / 50
Struktur Doppelfilament Multifilament
Resorbierbar Nicht Polyglactinanteil (ca. 70 d)
Flächengewicht 100 g/m² 35g/m²
Porengröße 1,0- 1,6 mm 2- 5 mm
Implantat-Größe 10x15 cm 10x 15 cm
Implantat-Gewicht 1,5 g 0,53 g (Prolene- Anteil)
Dicke 0,55 mm 0,5 mm
Dehnbarkeit 8% 28%(% bei 16N/cm)
20
Im Hinblick auf die Elastizität und die zelluläre Induktion der beiden
Materialien ergeben sich folgende Unterschiede [83]:
0 %5 %
1 0 %1 5 %2 0 %2 5 %3 0 %3 5 %
P ro le n e V y p ro
m in im u m p h ys io lo g ic a l e la s tic ity a t 1 6 N / c m (M . re c tu s )
Ela
stic
ity
at16
N%
Abbildung 13 Elastizität von Mesh-Materialien im Stempeldruckverfahren bei einer Belas-tung von 16 N/ cm im Vergleich zur minimalen physiologischen Belastung von20 % (M. rectus) [83].
0 %5 %
1 0 %1 5 %2 0 %2 5 %3 0 %3 5 %4 0 %4 5 %
P ro le n e V y p r o
Par
tial
volu
me
%
in fla m m a tio n
fib ro s is
Abbildung 14 Gewebsreaktion bei humanen Mesh-Explantaten: Partialvolumen derEntzündungs- und Bindegewebszellen in Abhängigkeit vom Material (durchschnittlicheImplantationszeit 2 Jahre) in Prozent [83].
0 %
5 %
1 0 %
1 5 %
2 0 %
2 5 %
3 0 %
3 5 %
P ro le n e V yp ro
Ki3
7%
Abbildung 15 Gewebereaktionen bei humanen Mesh-Explantaten: Anteil derproliferierenden Zellen (markiert mit Ki 67) in Abhängigkeit vom Material (durchschnittlicheImplantationszeit 2 Jahre) [83].
21
3 Spezieller Teil
3.1 Methodik
3.1.1 Patientengut
In der vorliegenden prospektiven Beobachtungsstudie wurden 449
konsekutiv von 7/98 bis 10/02 nach dem transabdominell- präperitonealen
Verfahren (TAPP) in Allgemeinnarkose operierte Patienten mit
nachgewiesenem Leistenbruch erfasst und nachuntersucht. Bis August 2000
wurde ausnahmslos zur Augmentation der Fascia transversalis ein reines
Polypropylennetz (Prolene®) implantiert (Gruppe 1, N= 232), in der zweiten
Phase kam ausschließlich ein Gewirk aus Polypropylen mit einem
resorbierbaren Anteil aus Polyglaktin (Vypro II®) zum Einsatz (Gruppe 2, N=
217).
3.1.2 Ein- und Ausschlußkriterien
Mit der transabdominalen- präperitonealen Technik (TAPP) lassen sich alle
Typen von Leistenhernien, wie auch Schenkelhernien und Skrotalhernien
operativ versorgen. Besondere Vorteile ergeben sich bei Rezidivoperationen,
insbesondere bei konventionell voroperierten Brüchen. Fehlende oder
minimale Narbenbildung bieten günstige Voraussetzungen für eine sichere
Darstellung aller wichtigen anatomischen Strukturen, wie Samen-
stranggebilde, Gefäße und Bruchpforte. Die Erfahrung zeigt, dass es auch
möglich ist, Rezidivbrüche nach laparoskopischer Voroperation erneut
laparoskopisch zu versorgen. Mit Zurückhaltung wird die Indikation bei
jungen Patienten, insbesondere bei Frauen mit nicht abgeschlossener
Familienplanung gesehen, obwohl bis heute in der Literatur Probleme durch
Kunststoffimplantate während der Schwangerschaft nicht nachgewiesen
worden sind. Lediglich in der Wachstumsphase gilt eine Augmentation mit
einem Kunststoffimplantat als obsolet, entscheidend ist der individuelle
22
Entwicklungsstand. Kindliche Leistenhernien (offener Processus vaginalis)
werden in der vorliegenden Studie nicht erfasst.
3.1.3 Prae- und postoperative Standards
Nach klinischer Diagnosestellung einer ein- oder beidseitigen Hernie gehört
ab dem 40. Lebensjahr zur präoperativen Vorbereitung die Anfertigung einer
EKG, ab dem 60. Lebensjahr ein Röntgen-Thorax, bei kardialen oder
pulmonalen Vorerkrankungen entsprechend früher.
Zur laborchemischen Routinediagnostik gehören neben einem kleinen
Blutbild die Elektrolyte, Nierenfunktionsparameter und ein Gerinnungsstatus.
Im Rahmen der körperlichen Untersuchung ist eine rektal-digitale
Untersuchung, bei Männern mit Einschätzung der Prostatakonsistenz sowie
Untersuchung des Hodens, erforderlich. Es wird explizit nach Stuhlun-
regelmäßigkeiten und Blutauflagerungen gefragt und großzügig ggf. die
Indikation zur präoperativen Koloskopie gestellt. Über 50 jährigen Patienten
wird unabhängig von der Diagnose eines Leistenbruchs diese Untersuchung
im Rahmen der Früherkennung empfohlen.
Im Aufklärungsgespräch wird unbedingt auf die Einlage eines Kunst-
stoffnetzes hingewiesen. Risiken und Komplikationsmöglichkeiten wie
Unverträglichkeitsreaktionen, Dislokation, Fremdkörpergefühl oder
Schwierigkeiten bei einer möglicherweise anstehenden Prostataoperation
werden erläutert. Bis zum heutigen Tag liegen wissenschaftliche Daten über
schwerwiegende Komplikationen, welche allein auf das verwendete Material
zurückgeführt werden können, nicht vor. Auch eine Kanzerogenität ist nach
bisherigen Erfahrungen nicht nachgewiesen [16,33].
Weiterhin erfolgt, wie bei der konventionellen Operation auch, die Information
über allgemeine Operationsrisiken wie Wundheilungsstörungen, Infektionen,
Verletzungen angrenzender Strukturen und Organe, Rezidivbildung, Blutung
und Thrombose.
Erwähnt wird auch immer die in unserer Abteilung standardmäßige Einlage
einer Drainage, welche in der Regel am ersten postoperativen Tag wieder
entfernt wird. Die Möglichkeit, bei laparoskopischer Inoperabilität, der
Konversion auf ein konventionelles Verfahren wird ebenfalls erörtert.
23
Bei klinisch einseitigen Befunden weisen wir den Patienten darauf hin, dass
beim intraoperativen Nachweis einer kontralateralen Hernie diese simultan
mitversorgt wird.
Der Behandlungspfad wird auch für die postoperative Phase erläutert:
Entscheidende Punkte hierbei sind die sofortige postoperative
Remobilisation, die Entfernung der Drainage am ersten postoperativen Tag
und die anvisierte Entlassung ab dem zweiten postoperativen Tag; weiterhin
wird die ambulante Entfernung der Hautfäden durch den Hausarzt und die
anschließende Wiederaufnahme der normalen körperlichen Aktivität mit
erlaubtem „Heben und Tragen“ von Gewichten über 10 kg ab dem 14.
postoperativen Tag erläutert.
Vor der Prämedikationsgabe wird der Patient aufgefordert die Harnblase zu
entleeren. Nach oben geschilderter präoperativer Vorbereitung erfolgt die
Operation in Allgemeinnarkose.
Der Patient liegt in Rückenlage auf dem Operationstisch, die Arme werden
angelagert. Nach Desinfektion des Abdomens von den Oberschenkeln bis
unterhalb der Mamillen und steriler Abdeckung erfolgt ein semizirkulärer
Hautschnitt am unteren Nabelpol. Das Subcutangewebe wird gespreizt und
die Fascie dargestellt. Diese wird angeklemmt und zwei laterale Haltefäden
vorgelegt (Abbildung 16). Jetzt wird, unter Zug an den Haltefäden, die
Verress- Nadel eingebracht und es erfolgen die Sicherheitstests zur Kontrolle
auf eine korrekte Lage. Anschließend wird das Pneumoperitoneum mit einer
oberen Druckbegrenzung von 12 mmHg angelegt. Ergeben sich
Schwierigkeiten bei der Anlage oder ist der Patient im Unter- oder
Mittelbauch voroperiert, erfolgt der Zugang über eine Minilaparotomie.
Nach erzeugtem Pneumoperitoneum wird der 10 mm Optiktrokar
eingebracht, dies unter Zug an den Haltefäden. Regelhaft wird anschließend
die gesamte Bauchhöhle inspiziert. Besonderes Augenmerk gilt auch der
kontralateralen Leistenregion. Eine klinisch nicht identifizierte,
asymtomatische Bruchlücke wird im gleichen Eingriff absprachegemäß
mitversorgt.
Das Einbringen der Arbeitstrokare, ein 12 mm Trokar im rechten Mittelbauch
und ein 5 mm Trokar im linken Mittelbauch, erfolgt nun unter Sichtkontrolle.
24
Als erster wichtiger Operationsschritt kommt es nun zur bogenförmigen
Eröffnung des Peritoneums oberhalb der Bruchpforte von Höhe der Spina
iliaca anterior superior bis zum vorderen Schambeinast (Abbildung 17,18).
Anschließend wird das Peritoneum stumpf von der Unterlage abgeschoben,
so dass eine obere und untere Lefze entsteht. Die epigastrischen Gefäße
werden identifiziert und der Bruch klassifiziert. Unter Anspannung des
Bruchsackes zur Bauchhöhle hin wird dieser sukzessive freipräpariert, bis er
locker und frei völlig evertiert werden kann. Dorsal des Bruchsackes finden
sich in der Regel die Samenstranggebilde (Abbildung 19,F). Diese werden
sicher identifiziert und sorgsam vom Peritoneum abpräpariert. Zur
Vervollständigung der Präparation wird der vordere Schambeinast im Bereich
des Ligamentum pectineale freigelegt, hier liegt eine obligate Fixationsstelle
des Netzes (Abbildung 19,20,G). Insbesondere bei medialen Brüchen (Typ
IIIa nach Nyhus) erfolg zunächst eine Straffung der den Bruch auskleidenden
Fascia transversalis. Dazu wird diese in das Abdomen hervorluxiert und mit
dem Hernienstapler am vorderen Schambeinast fixiert (Abbildung 21). Das
10x15 cm große Mesh wird nun über den 12 mm Arbeitstrokar eingebracht
und auf dem Implantatlager platziert (Abbildung 22). Dabei wird auf ein
breitflächiges Überlappen aller potentiellen Bruchpforten durch dieses
geachtet. Die Fixation in der Lage erfolgt mittels Endostapler (ENDOPATH®
EMS, Ethicon Endo-Surgery) (Abbildung 23). Zu beachten ist insbesondere
die Zone dorsal des Tractus ileopubicus („Triangle of Doom“) (Abbildung
1,A), in welcher unachtsam gesetzte Klips zu Gefäßverletzungen führen
können. Nach Platzierung einer Redondrainage zwischen Netz und
Peritoneum (Abbildung 24), wird dieses mit einer fortlaufenden Naht
verschlossen (Abbildung 25,26).
Abschließend erfolgt die Entfernung der Arbeitstrokare unter Sicht, das
Ablassen des Pneumoperitoneums, die Entfernung des Optiktrokars und die
Anlage einer Fasziennaht im Nabelbereich unter Verwendung der
Haltefäden, dann eine Wundranddesinfektion und der Hautverschluss in
Rückstichtechnik.
25
Abbildung 16 Trokaranordnung: A: 10 mm Optiktrokar, B: 12 mm Arbeitstrokar, C: 5 mmArbeitstrokar, D: Redondrainagen nach beidseitiger Bruchversorgung, E: Haltefäden,
Abbildung 17 Präoperativer Situs rechts. Abbildung 18 Eröffnung des Peritoneums;A: Medialer Bruch (Typ IIIa nach Nyhus), B: A: BruchpforteEpigastrische Gefäße, C: Innerer Leistenring,D: Plica umbilicalis medialis, E: Blasenhinter-wand
Abbildung 19 Präparation des Implantat- Abbildung 20 Die ausgedünnte Fascialagers. A: Bruchpforte, B: Epigastrische Ge- transversalis (H) wird aus dem Bruch her-Fäße, C: Innerer Leistenring, F: Ductus vorluxiert. G: Vorderer Schambeinastdeferens, G: Vorderer Schambeiast
DD
DE
AB
C
Kopf
26
Abbildung 21 Fixation der Fascia transver- Abbildung 22 Positionierung des Vypro II®-salis (H) am vorderen Schambeinast (G)mit Netzes nach vollständiger Präparation desdem Endostapler (I) (Endopath® EMS, Implantatlagers.Ethicon).
Abbildung 23 Fixation des Netzes mit Titan- Abbildung 24 Einlage einer 12 Ch Redon-Clips. (I) (Endopath® EMS, Ethicon) Drainage.
Abbildung 25 Fortlaufender Peritoneal- Abbildung 26 Situs mit verschlossenemverschluß. L: Peritoneum Peritoneum zum Abschluß der Operation.
27
3.1.4 Primärdatenerfassung
Zur Erhebung der Primärdaten wurde für die prospektiv angelegte
Beobachtungsstudie ein Erfassungsbogen eingesetzt (Abbildung 27,28
Anhang) welcher vom jeweiligen Operateur zeitnah angelegt wurde. Dieser
Bogen wurde vom Studienleiter kontrolliert und in der Studienakte
gesammelt. Die Vervollständigung der Datenerhebung erfolgte durch den
Stationsarzt. Die Tabelle 3 zeigt sämtlich erfasste Parameter:
Tabelle 3 Die Parameter der Primärdatenerfassung
Parameter
praeoperativ: Name, Alter, Geschlecht, Größe, Gewicht, Komorbiditäten, Dauer und Art
der Beschwerden
perioperativ: Operationsteam, Operationsdauer, Hernien-Kassifikation, Netzplazierungs-
zeit, Seite, Implantat, Begleitlipom, Besonderheiten, weitere Eingriffe in
gleicher Sitzung
postoperativ: Wundheilung, Komplikationen, Sonographie, Fördermenge der Drainage,
Dauer des stationären Aufenthaltes, Zufriedenheit
Weiterhin wurden alle Patienten bei der stationären Aufnahme gebeten,
einen Fragebogen auszufüllen, in welchem Angaben zur präoperativen
Lebensqualität, strikt bezogen auf den Leistenbruch, abgefragt wurden
(Abbildung 29 Anhang).
Für die Auswertung wurden die angegebenen Beschwerden und
Beeinträchtigungen jeweils mit Punkten bewertet, so dass sich für jeden
Patienten ein individueller Score errechnen ließ (Tabelle 4).
28
Tabelle 4 Präoperative Bewertung (maximal 16 Punkte); Geringe Beeinträchtigung 0-3Punkte, mäßige Beeinträchtigung 4-6 Punkte, starke Beeinträchtigung 7-16 Punkte.
Kriterien Pt. Pt. Pt.
Schmerzen keine 0 bei Belastung 3 in Ruhe 6
Druckgefühl kein 0 gering 1 stark 2
Schwellung keine 0 gering und gutreponibel 1 groß / schwer
reponibel 2
Miktionsbeschwerden keine 0 leicht 1 stark 2
Potenzstörung keine /gelegentlich 0 häufig 1
Beschwerdedauer(in Bezug auf den Bruch) < 6 Monate 1 6 Monate bis 2 Jahre 2 > 2 Jahre 3
3.1.5 Nachuntersuchung
Zur Erfassung poststationär aufgetretener Komplikationen und
Schwierigkeiten wie auch der subjektiven Einschätzung des Ergebnisses der
Operation wurde ein entsprechender Fragebogen (Abbildung 30 Anhang)
allen Patienten 12 Monate postoperativ zugesandt.
14 Monate postoperativ wurde zur klinischen, sonographischen und
anamnestischen Kontrolle angegebener Komplikationen und Beschwerden
eine Nachuntersuchung dieser Patienten geplant.
Die Dokumentation und Auswertung der Nachuntersuchungsergebnisse
erfolgte mittels eines gesonderten Erhebungsbogens (Abbildung 31 Anhang).
In Korrelation an den präoperativ ermittelten Score wurde ein eben solcher
postoperativ gebildet. Auch dieser setzt sich aus einem Punkte-
vergabesystem der einzelnen Beeinträchtigungen und Beschwerden
zusammen (Tabelle 5). Zugrunde lagen die Angaben des Fragebogens
(Abbildung 30 Anhang) und die Ergebnisse der Nachuntersuchung.
29
Tabelle 5 Postoperative Bewertung (maximal 19 Punkte). Keine Beeinträchtigung 0 P.,geringe Beeinträchtigung 1-3 P., deutliche Beeinträchtigung 4-19 P..
Kriterien Pt. Pt. Pt.
Schmerzen keine 0 bei Belastung 3 in Ruhe 6
Schwellung/Rezidiv keine 0 Rezidiv 6
Wetterfühligkeit kein 0 gering 1 stark 2
Fremdkörpergefühl kein 0 gering 1 stark 2
Miktionsbeschwerden keine 0 leicht 1 stark 2
Potenzstörung keine / gelegentlich 0 häufig 1
3.2 Statistische Methoden
Sowohl die graphische Darstellung der Ergebnisse, (Boxplots, Balken-
diagramme, Median, Minimum und Maximum, Extremwerte) als auch die
Statistikanalyse wurde mit Hilfe der Software „Statistical Package for Social
Sciences“ (SPSS 5.0.2 for Windows, SPSS Inc.) und mit Microsoft Excel
durchgeführt.
Das zugrundeliegende statistische Testverfahren für die Daten ist der Chi-
Quadrat-Unabhängigkeitstest. Hierbei wurden Unterschiede von p<0,05 als
statistisch signifikant angesehen.
30
3.3 Ergebnisse
3.3.1 Demographische Daten
Um die beiden Patientenkollektive miteinander vergleichen zu können dürfen
statistisch signifikante Unterschiede bezüglich prägender Merkmale und
Eigenschaften nicht bestehen. Hierzu zählt das Alter, die Geschlechter-
verteilung, der Body- Mass- Index (BMI), Komorbiditäten, wie auch die
Häufigkeitsverteilung der verschiedenen Hernientypen.
3.3.1.1 Geschlechter- und Altersverteilung
Das Verhältnis zwischen Männern und Frauen in der Gruppe 1 (Prolene®)
liegt bei 84,7% zu 15,3% (N= 201:32). In der Gruppe 2 (Vypro II®) zeigt sich
ein Verhältnis von 91,0% zu 9,0% (N= 199:18) (Abbildung 32).
400
202 198
49 31 18
050
100150200
250
300350400
450
Gesamtkollektiv Prolene Vypro II
N(A
bsol
ut)
mw
Abbildung 32 Geschlechterverteilung in absoluten Zahlen. Prolene(N=232), Vypro II(N=217).
Um einen signifikanten Unterschied in der Geschlechterverteilung der beiden
Gruppen auszuschließen wurde der Chi-Qudrattest durchgeführt.
Es ergab sich p = 0,85. Bei einem Signifikanzniveau von 0,05 kann somit die
Nullhypothese (die Merkmale X und Y sind stochastisch unabhängig) ange-
31
nommen werden. Bezüglich der Geschlechterverteilung besteht also kein
signifikanter Unterschied zwischen den beiden untersuchten Gruppen.
Der Altersdurchschnitt des Gesamtkollektivs liegt bei 56,2 Jahren. Der
jüngste Patient war 20 Jahre alt, der älteste 88 Jahre. Der Durchschnitt bei
den Männern des Gesamtkollektives liegt bei 56,7 Jahren, bei den Frauen
bei 52,2 Jahren. Genau 200 Patienten (44%) sind zwischen 60 und 65 Jahre
alt, 140 Patienten (31%) über 65 Jahre (Abbildung 33).
In der Gruppe 1 liegt der Gesamtaltersdurchschnitt bei 55 Jahren, in der
Gruppe 2 bei 57,5 Jahren (Abbildung 34). Aufgeteilt nach dem Geschlecht
ergibt sich für die Gruppe 1 ein Durchschnitt für die Männer von 55,5 Jahren,
für die Frauen von 52 Jahren. In der Gruppe 2 von 57,9 Jahren und 52,7
Jahren.
Mesh
Prolene
Vypro II
Alter- Gruppe
>80 Jahre61-80 Jahre41-60 Jahre21-40 Jahre10-20 Jahre
N 100
80
60
40
20
0
Abbildung 33 Altersverteilung der beiden Gruppen Prolene® und Vypro II®
32
MeshVypro IIProlene
Alte
r
100
80
60
40
20
0
Abbildung 34 Boxplot der Altersverteilung in der Gruppe 1 (Prolene®) und der Gruppe 2(Vypro II®)
Beim Vergleich der beiden Gruppen hinsichtlich der Altersverteilung ergab
sich im Chi-Quadrattest ein p=0,12, somit besteht kein statistisch
signifikanter Unterschied.
3.3.1.2 Body- Mass- Indizes (BMI) und Komorbiditäten
Als Beurteilungsmaß für ein Übergewicht gilt der Body-Maß-Index [39]. Er
berechnet sich nach der Formel: Körpergewicht (kg)/ Körpergröße² (m²). Ein
normaler BMI (Grad 0) liegt zwischen 20 und 24,9, es folgt eine leichte
Übergewichtigkeit (Grad 1) mit einem BMI zwischen 25 und 29,9.
Erhebliches Übergewicht (Grad 2) bezeichnet ein BMI von 30- 40, Adipositas
über einem BMI von 40 gilt als Grad 3. Für die beiden zu untersuchenden
Gruppen ergaben sich die folgenden Werte:
33
Tabelle 6 BMI-Werte (in kg/m²) Gruppe 1 (Prolene®) und 2 (Vypro II®) mit Maximalwertenund Median.
Prolene® Vypro II®
BMI Gruppe 1 (N= 232) Gruppe 2 (N= 217)
(kg/m²)
Mittelwert 25,6 26,4
Minimum 20,8 21,5
Maximum 44,8 43,4
Median 25 25
In den beiden Gruppen zeigen sich nahezu gleiche Werte. Der Median- Wert
liegt mit 25 in beiden Gruppen gleich. Die absoluten Häufigkeiten gibt die
folgende Kreuztabelle wieder:
Abbildung 35 Kreuztabelle der absoluten Zahlen des BMI in den beiden Gruppen nachGrad 0-3. Y-Achse: 0-3 = Grad des BMI; X-Achse: Gruppe 1 (Prolene®), Gruppe 2(Vypro II®). Auf der Y-Achse ist rechts oben jeweils die absolute Anzahl beider Gruppen,darunter der entsprechend prozentuale Wert angegeben.
ProleneVypro IIGruppe 1 Gruppe 2 Total
BMI0 14 12 26
(5,8%)
1 189 170 359(80,0%)
2 21 24 45(10,0%)
3 8 11 19(4,2%)
Summe 232 217 449(51,7%) (48,3%) (100,0%)
34
Vom Gesamtkollektiv liegen 359 Patienten (80%) bei einem BMI zwischen 25
und 29,9 (BMI-Grad1). In der Gruppe 1 bilden 189 Patienten (81,5%), in der
Gruppe 2 170 Patienten (78,3%) diesen BMI-Grad.
Nun soll wieder die Vergleichbarkeit der Gruppen durch den fehlenden
signifikanten Unterschied bezüglich dieses Merkmals gezeigt werden. Der
Chi-Quadrattest wird durchgeführt.
Es ergibt sich ein p= 0,72. Es ergibt sich somit kein signifikanter Unterschied
bezüglich der BMI- Verteilung in den beiden Gruppen.
An behandlungsbedürftigen Komorbiditäten wurden folgende Krankheiten
erfasst:
1. Diabetes mellitus,
2. Herzinsuffizienz,
3. Arterielle Hypertonie,
4. Chronisch obstruktive Lungenkrankheit.
Tabelle 7 Häufigkeiten der erfassten Komorbiditäten in den beiden Gruppen.
Prolene® Vypro II®
Komorbi- Gruppe 1 (N=232) Gruppe 2 (N=217)dität
N (%) N (%)
Diab. mell. 47 (20) 37 (17)Herzinsuff. 68 (29) 53 (24)Hypertonie 97 (41) 78 (35)COPD 19 (8) 15 (7)
Die Tabelle 6 zeigt die Häufigkeiten der einzelnen Komorbiditäten. Insgesamt
123 Patienten (53%) der Gruppe 1 leiden an einer oder mehreren der
erfassten Erkrankungen, während diese in der Gruppe 2 bei 102 Patienten
(47%) auftreten.
35
Bei der arteriellen Hypertonie zeigt sich zwischen den beiden Gruppen eine
Häufigkeitsdifferenz von 6% (Gruppe 1> Gruppe 2). Bei den übrigen
erfassten Komorbiditäten liegt der Unterschied jeweils geringer.
Die Anwendung des Chi-Quadrattests ergibt ein p= 0,872 bezüglich des
Unterschiedes des Vorkommens von Komorbiditäten in den beiden Gruppen;
auch hier zeigt sich kein signifikanter Unterschied. Die beiden Gruppen sind
somit auch in Bezug auf dieses „Merkmal“ vergleichbar (Signifikanzniveau
0,05).
3.3.1.3 Verteilung der Hernientypen und bilateraler Hernien
Die Hernientypen II, III a, III b und IV nach Nyhus (siehe Kapitel 2.4,
Abbildung 4) stellen mit 83,5% aller Hernien den Hauptanteil. Der Rest setzt
sich aus beidseitigen Hernien in unterschiedlichen Kombinationen
zusammen. Kindliche Hernien (Typ I) waren von der Studie ausgeschlossen.
Die Tabelle 8 zeigt bereits nahezu gleiche Häufigkeiten bei den Hernientypen
II, III a und IV.
Tabelle 8 Hernientypenverteilung; Absolute- und Prozentuale Häufigkeiten (die ver-bleibenden 16,5% sind Misch- und Kombinationstypen von Hernien)
Gesamtkollektiv Gruppe 1 (Prolene®) Gruppe 2 (VyproII®)(N = 449) (N = 232) (N = 217)
Klassifikationnach Nyhus
N (%) N (%) N (%)
Typ II 145 (32,3) 73 (16,2) 72 (16,1)
Typ IIIa 98 (21,8) 52 (11,6) 46 (10,2)
Typ IIIb 90 (20,0) 56 (12,4) 34 (7,6)
Typ IIIc 6 (1,5) 5 (1,1) 1 (0,2)
Typ IV 42 (9,4) 20 (4,5) 22 (4,9)
36
Insgesamt wurde bei 64 Patienten eine beidseitige Hernie operiert, das
entspricht einem Anteil der Gesamtgruppe (N= 449) von 14,3% (einseitige
Hernie N = 385 bzw. 85,7%). Bezogen auf die Gruppe 1 liegt die Häufigkeit
bei 23 Patienten (9,9%), auf die Gruppe 2 bei 41 Patienten (18,8%). Eine
Übersicht liefert die Abbildung 36:
449
232 217
385
209176
6423 41
050
100150200250300350400450500
Gesamtkollektiv Gruppe 1 Gruppe 2
N(A
bsol
ut)
n gesamtn einseitign doppels.
Abbildung 36 Häufigkeit ein- und doppelseitiger Operationen. X- Achse: Gesamtkollektiv,Gruppe 1: Prolene®, Gruppe 2: Vypro II®; Y- Achse: Absolute Häufigkeiten.
Vergleicht man die gesamten Häufigkeitsverteilungen der Hernientypen
beider Gruppen hinsichtlich eines signifikanten Unterschiedes durch die
Anwendung des Chi-Quadrattests ergibt sich ein p= 0,538, also kein
signifikanter Unterschied (Signifikanzniveau 5%).
37
3.3.1.4 Bruchpforte, Bruchsack, Begleitlipom
217232N =
Mesh Vypro IIProlene
.mm 100
80
60
40
20
0
Abbildung 37 Die Größe der Bruchpforte in den beiden Gruppen Prolene® und Vypro II®.
Die mittlere Größe der Bruchpforte in der Gruppe 1 (Prolene®) beträgt 31,7
mm, die in der Gruppe 2 (Vypro II®) 29,5 mm. Zwischen 20 und 40 mm groß
sind 87% der Bruchpforten der 1. und 88% der 2. Gruppe. Ein Unterschied
zeigt sich somit auch bezüglich dieser Eigenschaft nicht.
Das gleich gilt auch für die mittlere Länge des Bruchsackes, diese ist mit 34
und 31 mm in beiden Gruppen nahezu gleich.
Ein Begleitlipom fand sich in 52% der Fälle der Gruppe 1 und in 56% der
Gruppe 2. Ein signifikanter Unterschied errechnet sich hier nicht.
3.3.1.5 Lernkurve
Die 449 Operationen verteilen sich auf neun Operateure. Über den
untersuchten Zeitraum erlernten insgesamt fünf Assistenzärzte, ab dem
vierten Weiterbildungsjahr, in kontinuierlicher Frequenz den im Ablauf
standardisierten Eingriff. Fünf Operateure implantierten sowohl das Prolene®
-, wie auch das Vypro II® - Netz, je zwei Assistenzärzte nur jeweils einen
Implantattyp.
38
Die entsprechende Anzahl des Eingriffs und die Operationszeiten sind der
Tabelle 9 zu entnehmen.
Tabelle 9 Anzahl der Eingriffe und Operationszeiten im Bezug auf die einzelnenOperateure.Die Prozentangaben beziehen sich auf das Gesamtkollektiv von N= 449.
Operateur Anzahl Prozent Mittlere-OP-Dauer Medianwert Minimum Maximum(N) (%) (min) (min) (min)
1 28 6,2 80,3 74,5 35,0 80,02* 107 23,8 65,6 60,0 35,0 210,03 29 6,5 63,6 60,0 43,0 149,04* 147 32,7 65,0 60,0 30,0 150,05 5 1,1 110,0 120,0 65,0 150,06* 88 19,6 61,2 60,0 30,0 137,07 1 0,2 76,0 - - -8* 41 9,1 68,0 70,0 35,0 105,09 3 0,7 98,3 100,0 55,0 140,0
* Chefarzt und Oberärzte
Es zeigt sich ein Zusammenhang zwischen der Anzahl durchgeführter
Eingriffe und der mittleren Operationszeit. Da die laparoskopische
Hernienoperationen bereits seit 1993 im Hause etabliert war kann eine
Lernkurve bei Oberärzten und Chefarzt nicht nachgewiesen werden. Die
mittlere Operationszeit von drei Oberärzten und einem Chefarzt bei 150
laparoskopischen Hernienoperationen in den letzten neun Monaten vor
Beginn des Erfassungszeitraums der Gruppe1 betrug 67 Minuten, die des
Untersuchungszeitraums lag bei 66 Minuten.
Die übrigen Operationen wurden grundsätzlich mit Assistenz eines
Facharztes durchgeführt, so dass die gleiche Qualität und Expertise
vorhanden war. Es lässt sich somit ein systemischer Fehler, verursacht durch
Zunahme der operativen Erfahrung in Gruppe 2, in der ja die konsekutiv
operierten Patienten im zeitlichen Anschluss an Gruppe 1 behandelt worden
sind, ausschließen.
39
3.3.2 Ergebnisse im Bezug auf den Materialunterschied Prolene-Vypro II (peri- und postoperative Parameter)
3.3.2.1Operationszeiten, Handlingeigenschaften, Netzplatzierungszeiten
- Operationszeiten
Die mittlere Gesamtoperationszeit beider Patientengruppen liegt bei 66
Minuten. Während die mittlere Dauer der Leistenbruchoperation in der
Gruppe 1 (Prolene) 68 Minuten beträgt, ist diese mit 64 Minuten in der
Gruppe 2 (Vypro II) vier Minuten kürzer (Tabelle 10).
Tabelle 10 Operationszeiten (Angaben in Minuten)
OP- Gesamtkollektiv Gruppe 1 (Prolene®) Gruppe 2 (Vypro II®)Zeiten (N = 449) (N = 232) (N = 217)(in Min.)
Mittelwert 66 68 64
Minimum 30 30 32
Maximum 210 210 149
Median 60 60 60
Zur Überprüfung der Frage, ob die mittleren Operationszeiten beider
Gruppen signifikant voneinander abweichen, wurde erneut der Chi-
Quadrattest zum Vergleich zweier unabhängigen Stichproben durchgeführt.
Es ergibt sich ein p= 0,3549. Somit zeigt sich kein signifikanter Unterschied
in den Operationszeiten der beiden Gruppen (Signifikanzniveau von 0,05).
Betrachtet man die Operationszeiten isoliert hinsichtlich einer ein- oder
beidseitigen Hernienversorgung ergibt sich das folgende Bild:
Für die einseitige Operation zeigt sich eine durchschnittliche Dauer von 62
Minuten. Dieses ist der Mittelwert aus der mittleren Operationsdauer der
Gruppe 1 (65 Minuten) und der Gruppe 2 (58 Minuten). Es zeigt sich ein
Zeitvorteil in der Gruppe 2 von sieben Minuten (Tabelle 11).
Bei der beidseitigen Versorgung liegt die Operationszeit der Gruppe 2 um
sechs Minuten unter dem Durchschnitt der Gruppe 1.
40
Tabelle 11 Operationszeiten ein- und beidseitiger Hernienversorgung (Angaben in Minuten)
Prolene® Vypro II®OP- Gesamtkollektiv Gruppe 1 Gruppe 2Zeiten (N= 449) (N= 232) (N= 217)(in Min.) einseitig beidseitig einseitig beidseitig einseitig beidseitig
Mittelwert 62 91 65 95 58 89
Minimum 30 50 30 50 32 55
Maximum 180 210 180 210 140 149
Median 60 88 60 90 55 85
4123175208N =
Mesh
beidseitig Vypro IIbeidseitig Prolene
einseitig Vypro IIeinseitig Prolene
min 300
200
100
0
Abbildung 38 Boxplot der Operationszeiten in der Gruppe 1: Proleneund 2: Vypro- IIinbezug auf die ein- und doppelseitige Operation, Angaben in Minuten.
Die Abbildung 38 illustriert bereits nahezu gleiche Operationszeiten, zum
statistischen Beweis wurde wiederum der Chi-Quadrattest durchgeführt,
einmal isoliert in bezug auf die einseitigen Operationen, dann auf die
beidseitigen Operationen.
Für die unilateralen Operationen ergibt sich ein p=0,143, für die bilateralen
Operationen ein p=0,709. Somit sind die beiden Gruppen auch bei isolierter
41
Betrachtung der ein- und doppelseitigen Versorgung vergleichbar
(Signifikanz-niveau 0,05).
- Handlingeigenschaften, subjektive Einschätzung
In einer Befragung gaben die fünf Operateure, welche sowohl das Prolene®-
wie auch das Vypro II®- Netz implantierten, übereinstimmende Anwendungs-
unterschiede an:
Während sich das Prolene® - Netz wegen seiner höheren Rigidität auf dem
präparierten Implantatlager gut platzieren und ausbreiten lässt, ist die
Haftung auf der Unterlage beim Vypro II® -Netz höher, was ebenfalls bei der
Positionierung hilfreich ist.
Zunächst störend erschien allen Operateuren die größere Maschenweite des
Multifilamentes Vypro II®, was am Anfang dazu führte, dass die Netzeinlage
durch das „Einhaken“ von Instrumenten erschwert wurde. Dem gegenüber
steht die als einfacher empfundene Einbringung des insgesamt deutlich
elastischeren Meshes durch den Arbeitstrokar. Einen Unterschied beim
individuellen Zurechtschneiden zum Abrunden der Ecken sah keiner der
Operateure.
Zusammenfassend ergibt sich, nach kurzer Gewöhnungszeit, kein wesent-
licher Unterschied in den subjektiv empfundenen Handlingeigenschaften des
Mischnetzes Vypro- II® im Vergleich zum Prolene® - Netz.
- Netzplatzierungszeiten
Ein deutlicher Unterschied zeigt sich jedoch bei der Auswertung der
Netzplatzierungszeiten. Es wurde die Zeit vom Einbringen des jeweiligen
Netzes in den Arbeitstrokar bis zur vollständigen Platzierung auf dem
Implantatlager erfasst.
In der Vypro II -Gruppe lag die mittlere Platzierungszeit bei 3,3 Minuten
(Median 3,0), demgegenüber 4,2 Minuten (Median 3,75) in der Prolene -
Gruppe. Es ergibt sich ein Zeitvorteil bei der Einbringung des Vypro II® -
Netzes von 45 Sekunden (Abbildung 39).
42
217232N =
Mesh Vypro IIProlene
min 16
14
12
10
8
6
4
2
0
Abbildung 39 Boxplot der Implantationszeiten in der Prolene- und Vypro II-Gruppe,Angaben in Minuten.
Nach Anwendung des Chi-Quadrattests ergibt sich ein p0,001. Somit
besteht ein statistisch signifikanter Unterschied in den Platzierungszeiten der
beiden Gruppen (Signifikanzniveau von 0,05) zugunsten der kürzeren
Platzierungszeit des Vypro II®- Mesh.
3.3.2.2 Stationäre Verweildauer
Bei einer mittleren stationären Behandlungsdauer im Gesamtkollektiv von 4,2
Tagen lag das Minimum bei einem, das Maximum bei zwölf Tagen. Die
Tabelle 12 gibt einen genauen Überblick über die „Liegedauer“ des
Gesamtkollektivs.
Die mittlere Behandlungsdauer in der Gruppe1 (Prolene) beträgt 4,4 Tage;
in der Gruppe 2 (Vypro II®) liegt die mittlere Behandlungsdauer bei 3,9
Tagen und somit 0,5 Tage niedriger.
Nach maximal sechs stationären Behandlungstagen können 95,5% aller
Patienten der Gruppe 1 in die hausärztliche Weiterbehandlung entlassen
werden, in der Gruppe 2 sind es 97% aller Patienten, welche spätestens bis
zum sechsten postoperativen Tag entlassen wurden (Abbildung 40).
43
Tabelle 12 Dauer der Hospitalisation: circa 80 % aller Patienten werden zwischen dem 3.und dem 5.Tag nach der Hernienoperation nach Hause entlassen.
Postoperativer Tag derEntlassung 1 2 3 4 5 6 7 8 9 11 12
Anzahl 2 28 131 126 104 33 13 8 2 1 1(Gesamt N=449)
Prozent 0,4 6,2 29,2 28,1 23,2 7,3 2,9 1,8 0,4 0,2 0,2
Tage
1211987654321
N 80
60
40
20
0
Mesh
Prolene
Vypro II
Abbildung 40 Stationäre Verweildauer. X-Achse: Tage der stationäre Behandlung, Y-Achse:Anzahl in absoluten Zahlen.
Es gilt die stationäre Behandlungsdauer der beiden Gruppen hinsichtlich
eines signifikanten Unterschiedes zu untersuchen. Hierzu wird wieder der
Chi- Quadrattest durchgeführt:
Bei einem errechneten p=0,01248 zeigt sich ein statistisch signifikanter
Unterschied in der stationären Behandlungsdauer der beiden Gruppen
(Signifikanzniveau 0.05). Die stationäre Behandlungsdauer der Gruppe 1
(Prolene®) liegt somit statistisch signifikant höher als die der Gruppe 2
(Vypro II®).
44
3.3.2.3 Fördermenge der Redondrainage
Regelhaft wurde in beiden Gruppen eine 12 Ch. Redondrainage eingelegt.
Förderte diese innerhalb der ersten 24 Stunden postoperativ weniger als 30
ml, wurde sie gezogen, andernfalls für weitere 24 Stunden belassen.
Im Durchschnitt förderten die Drainagen in der Prolene® - Gruppe 6 ml
mehr, als in der Vypro II® - Gruppe (Tabelle 13). Es errechnet sich ein
signifikanter Unterschied mit einem p=0,02325 (Abbildung 41).
In wieweit sich hier eine unterschiedliche Intensität einer Fremdkörper-
reaktion wiederspiegelt kann letztlich nicht sicher angegeben werden.
Unstrittig ist, dass jedes Implantat zunächst zu einer chronischen Ent-
zündungsreaktion führt, wobei das Ausmaß vom Material, der Oberflächen-
beschaffenheit und der individuellen Reaktionsbereitschaft des Organismus
bestimmt wird [72,85].
Tabelle 13 Fördermenge der Redondrainage (Angaben in ml)
Förder- Gruppe 1 (Prolene®) Gruppe 2 (Vypro II®)menge (N = 232) (N = 217)(in ml)
Mittelwert 20,8 14,8
Minimum 0 0
Maximum 55 35
Median 25 15
217232N =
Mesh Vypro IIProlene
ml 60
50
40
30
20
10
0
Abbildung 41 Boxplot der Redon- Fördermenge. Gruppe 1: Prolene®, Gruppe 2: Vypro II®.
45
3.3.2.4 Postoperative Arbeitsunfähigkeit
Die Dauer der postoperativen Arbeitsunfähigkeit wurde anhand des
Fragebogens (siehe Kapitel 3.1.5) ermittelt. In der Gruppe 1 lag das Follow-
up bei 64,2 %, dies entspricht 149 Patienten. Von diesen machten 88
Patienten eine Angabe zur postoperativen Arbeitsunfähigkeit.
Bei einem Follow-up von 77,8 % der Gruppe 2 (169 Patienten) machten hier
107 Patienten eine Angabe zur Dauer der Arbeitsunfähigkeit. Von den
insgesamt 254 Patienten, welche sich nicht zu der Dauer der postoperativen
Arbeitsunfähigkeit äußerten, waren 78% über 60 Jahre alt.
76 Patienten der Gruppe 1 (33%) und 94 Patienten der Gruppe 2 (43%)
gaben an, maximal vier Wochen arbeitsunfähig gewesen zu sein. Längere
Arbeitsunfähigkeiten werden nur sehr selten angegeben. So geben in der
Gruppe 1 nur 12 (5%), und in der Gruppe 2 13 Patienten (6%) eine
Arbeitsunfähigkeit von länger als vier Wochen an (Abbildung 42).
Bemerkenswert ist, dass von den insgesamt 31 Patienten mit einer
Arbeitsunfähigkeit von maximal sieben Tagen 24 Patienten auf dem
Fragebogen vermerkten, einer beruflich selbstständigen Arbeit nachzugehen.
keine Angabe>7Wo
6-7Wo5-6Wo
4-5Wo3-4Wo
2-3Wo1-2Wo
0-1Wo
N
NetzProlene
Vypro II
Wochen
160
140
120
100
80
60
40
20
0
Abbildung 42 Die postoperativer Dauer der Arbeitsunfähigkeit, aufgeteilt in die Gruppe 1:Prolene® und die Gruppe 2: Vypro II®. X-Achse: Dauer der Arbeitsunfähigkeit in Wochen; Y-Achse: Anzahl (absolute Zahlen) der Patienten.
46
3.3.2.5 Perioperative Morbidität
Bei den insgesamt erfassten 449 Leistenbruchoperationen traten
intraoperativ keine Komplikationen auf, auch wurden postoperativ keine
Wundinfektionen beobachtet.
Bei 16 Patienten (7%) der Gruppe 1 (Prolene®) und bei 11 Patienten (4,5%)
der Gruppe 2 (Vypro II®) traten im Verlauf des stationären Kranken-
hausaufenthaltes „Komplikationen“ auf, welche spezifischer Maßnahmen
bedurften.
In beiden Gruppen wurde bei jeweils zwei Patienten ein sonographisch
gesichertes, symptomatisches Hämatom/Serom punktiert, im Durchschnitt
wurden 60 ml blutig- seröses Punktat gewonnen. Im Verlauf traten keine
weiteren Probleme auf. Einmal musste in einem Zweiteingriff ein Hämatom
im Bereich des infraumbilikalen Trokarzuganges entlastet werden. Bei drei
Patienten mit einer kardialen Vorerkrankung kam es postoperativ zu einem
akut ischämischen Geschehen, diese wurden entsprechend internistisch
weiterbehandelt. Von den fünf Skrotalhämatomen- und schwellungen waren
zwei konventionell voroperierte Rezidivhernien, die übrigen 3 waren große
mediale Hernien im Sinne von Skrotalhernien (Typ IIIb nach Nyhus).
Die postoperativen Harnverhaltungen hingen ursächlich alle mit einer
präoperativ bekannten Prostatahyperplasie zusammen, nach Einmal-
katheterisierungen traten keine weiteren Störungen der Miktion auf.
Alle Patienten wurden vor der Entlassung sonographiert, bei insgesamt 37
konnte ein asymptomatischer Hämatom-/ Seromsaum nachgewiesen werden
(maximale Breite 1cm, maximale Länge 7cm) (Abbildung 44). Diese
Flüssigkeitsansammlungen wurden in der Gruppe 1 drei mal so häufig
gesehen wie in der Gruppe 2. Hier ergibt sich nach Überprüfung mittels des
Chi- Quadrattests ein statistisch signifikanter Häufigkeitsunterschied, es
errechnet sich ein p von 0,0023; das Signifikanzniveau war auf 0,05
festgelegt.
Bezüglich der übrigen erfassten Komplikationen lassen sich statistische
Signifikanzen aufgrund des geringen Vorkommens nicht ermitteln.
47
Eine Übersicht über Art und Häufigkeit der Komplikationen liefert die Tabelle
14:
Tabelle 14 Häufigkeiten der aufgetretenen „Frühkomplikationen“ in Absoluten–undProzentzahlen. Gruppe 1: Prolene®, Gruppe 2: Vypro II®. (*zeigt einen statistischsignifikanten Unterschied an)
Art der Komplikation/Häufigkeit(Behandlung) Gruppe 1 Gruppe 2 Gesamt
(N = 232) (N = 217) (N = 449)N % N % N %
Sonogr. nachgewiesenes Hämatom-/Serom (asymtomatisch) 28* 12,1 9* 4,1 37 8,2
Sonogr. nachgewiesenes Hämatom-/Serom (punktionspflichtig) 2 0,9 2 0,9 4 0,9
Ausgeprägte Schmerzsymtomatik(analgetische Medikation) 4 1,7 2 0,9 6 2,2
Nebenhodenentzündung(Kühlung / Lagerung) 1 0,4 - 1 0,2
Skrotalhämatom-/ Schwellung(Kühlung / Lagerung) 3 1,3 2 0,9 5 1,1
Harnwegsinfektion(Antibiotikatherapie) 2 0,9 2 0,9 4 0,9
Harnverhalt(Katheterisierung) 2 0,9 1 0,5 3 0,7
Umschriebenes Hämatom- / SeromTrokareistichstelle(lokale Kühlung) 2 0,9 2 0,4
Umschriebenes Hämatom- / SeromTrokareinstichstelle(operative Entlastung) 1 0,4 1 0,2
Myokardinfarkt(spez. intern. Therapie) 1 0,4 2 0,9 3 0,7
Tachyarrythmia absoluta(Beobachtung) 1 0,4 1 0,2
Inwieweit die als Komplikation angegebene „ausgeprägte Schmerz-
symptomatik“ auch Ausdruck einer Nervenläsion ist, war während des
stationären Aufenthaltes nicht sicher zu beurteilen; durch Verabreichung
einer entsprechend antiphlogistisch-analgetischen Medikation konnten die
48
Patienten, im Schnitt mit zweitägiger Verlängerung des Aufenthaltes,
beschwerdearm nach Hause entlassen werden.
Abbildung 43 Postoperativ regelrechter sonographischer Befund; mit Pfeil markiert dieDarstellung des Implantats (Vypro II®- Netz) unterhalb der Peritonealebene.
Abbildung 44 Postoperativer Befund mit schmalem Seromsaum zwischen Netzebene(weiße Pfeile) und Peritonealebene (schwarze Pfeile); E: Epigastrische Gefäße.
E
E
E
E
49
3.3.2.6 Spätkomplikationen
Die ausgewerteten „Spätkomplikationen“ wurden durch den im Kapitel 3.1.5
erwähnten Fragebogen (Abbildung 30 Anhang) ermittelt. Der Nachbe-
obachtungszeitraum betrug jeweils 14 Monate.
Insgesamt antworteten 318 der 449 angeschriebenen Patienten, das
entspricht einem Follow-up von 70,8%. Aus der Gruppe 1 (Prolene)
antworteten von 232 Patienten 149, dies sind 64,2 %. In der Gruppe 2 (Vypro
II) waren es 169 von 217 Patienten, welches 77,8% entspricht. Die
folgenden prozentualen Angaben beziehen sich auf das Follow-up der
jeweiligen Gruppe als je 100%. Mehrfachangaben von Beschwerden waren
möglich.
Während in der Gruppe 1 12% der Patienten (N= 18) leichte, anhaltende
Schmerzen im Leistenbereich angaben, waren es in der Gruppe 2 knapp
21% (N= 35). Statistisch errechnet sich hier ein signifikanter Unterschied mit
einem p = 0,0393.
Die Frage nach einem Fremdkörpergefühl und/oder einer aufgetretenen
Wetterfühligkeit wurde in der Gruppe 1 mit 14% (N= 21) und knapp 9% (N=
13) doppelt so häufig positiv beantwortet, als in der Gruppe 2 mit 7% (N= 12)
und 4% (N= 7). Auch hier errechnet sich ein signifikanter Unterschied mit
einem p = 0,0218.
Unter den 21 Patienten der Gruppe 1, welche ein Fremdkörpergefühl
angaben, befand sich eine Patientin, bei der wir vier Wochen nach Mesh-
implantation dieses wieder explantierten. Das subjektive Missempfinden war
so stark, dass sie, ohne weitere Zeit abwarten zu wollen, diese Maßnahme
wünschte.
Das Netz konnte problemlos laparoskopisch explantiert werden, die
Bruchpforte war durch Narbengewebe fest verschlossen, so dass weitere
Maßnahmen nicht erforderlich waren. Die mikrobiologische Untersuchung
des explantierten Netzes ergab keinen Keimnachweis. Zur Operation hatte
ein nach fünf Jahren aufgetretener Rezidivbruch nach Shouldiceversorgung
geführt.
Eine durch das Implantat bedingte Wetterfühligkeit im Leistenbereich wurde
in der Gruppe 1 von 13 Patienten und somit knapp doppelt so oft wie in der
50
Gruppe 2 (7 Patienten) angegeben. Es zeigt sich ein signifikanter
Unterschied mit einem p=0,025.
Sämtlich angegebene Miktions- und Potenzstörungen waren bereits
präoperativ vorhanden, so dass ein Zusammenhang mit der Operation nicht
bestand. Zu einer „Verschlimmerung“ der vorbestehenden Beschwerden kam
es in keinem Fall.
Sechs Patienten der Gruppe 1 und 3 Patienten der Gruppe 2 wurden
innerhalb eines Jahren wegen einer Rezidivhernie erneut operiert.
Ein Patient wurde drei Wochen nach der komplikationsfrei verlaufenden
Hernienoperation mit Schüttelfrost und stark erhöhten Entzündungs-
parametern erneut stationär aufgenommen. Ein Zusammenhang mit der
vorangegangenen Operation ergab sich zunächst weder klinisch, noch
sonographisch. Eine konkrete Ursache des zunehmend septischen
Geschehens konnte nicht ermittelt werden. Auch nach der Explantation des
Prolene®- Mesh kam es zu ansteigenden Nierenretentionsparametern und
pneumonischen Infiltraten, bis hin zur vorübergehenden Beatmungs-
pflichtigkeit. Unter intensivmedizinischen Maßnahmen stabilisierte sich der
Patient dann langsam. Ein Keimnachweis war weder systhemisch noch über
das Explantat möglich gewesen.
51
Tabelle 15 Häufigkeiten der aufgetretenen „Spätkomplikationen“ in Absoluten- und Prozent-zahlen. (*zeigt einen statistisch signifikanten Unterschied an; **bereits präoperativbestehend)
Art der Komplikation/ Häufigkeit
Gruppe 1 (Prolene) Gruppe 2 (Vypro II)(Follow-up N = 149) (Follow-up N = 169)(N = 232) (N = 217)
Beschwerden N % N %
anhaltende Schmerzenleicht 18* 12,0 35* 20,7stark 2 1,3 1 0,6
Fremdkörpergefühl 21* 14,1 12* 7,1
Wetterfühligkeit 13* 8,7 7* 4,1
tastbare Vorwölbung 3 2,0 5 2,9
tastbare Verhärtung 5 3,3 6 3,5
störende Narbenbildung 4 2,6 7 4,1
Miktionsbeschwerden 1** 0,6 11** 6,5
Potenzstörungen 5** 3,3 13** 7,6
postoperativ aufgetreteneHydrocele testis 1 0,6 -
Hämatom (Notwendigkeitder operat. Entlastung) 1 0,6 -
Rezidivoperationen 6 4,0 3 1,7
Hyposensibilität imOberschenkelbereich 3 2,0 3 1,7
Sepsis/ Organversagen 1 0,6 -
52
3.3.2.7 Nachuntersuchung
Nachuntersucht wurden alle Patienten, welche auf dem zugesendeten
Fragebogen (Abbildung 30 Anhang) entweder anhaltende Beschwerden oder
Komplikationen angaben, oder mit dem Resultat unzufrieden waren. Aus der
Gruppe 1 (Prolene®) waren es 49, aus der Gruppe 2 (Vypro II®) 56
Patienten. Lediglich zwei der „unzufriedenen“ Patienten konnten nicht
nachuntersucht werden; einer war unbekannt verzogen, der andere zu keiner
erneuten Vorstellung bereit. Diese beiden Patienten gehören zur Gruppe 2,
der eine von ihnen war wegen eines Rezidivbruches von uns laparoskopisch
nachoperiert worden.
Da auf dem Fragebogen Mehrfachangaben möglich waren, wurden die
insgesamt 105 nachuntersuchten Patienten in neun Gruppen unterteilt:
A) Angabe: „anhaltende Schmerzen“,
B) Angabe: „Fremdkörpergefühl“,
C) Angabe: „Wetterfühligkeit“,
D) Angabe: „tastbare Vorwölbung“,
E) Angabe: „tastbare Verhärtung“,
F) Angabe: „Narbenbildung“,
G) Angabe: „Rezidivoperation“,
H) Angabe: „Hyposensibilität im Oberschenkelbereich“,
I) Angabe: keine Angabe
Eine Zusammenstellung der nachuntersuchten Patienten liefert die Abbildung
45. Die jeweiligen Mehrfachangaben werden in der 2. Spalte angegeben.
53
Gruppe 1 (Prolene®)
leichte anhaltende Schmerzen 18 - Fremdkörpergefühl 6 - unzufrieden 2- Wetterfühligkeit 2- tastb. Vorwölbung 1- tastb. Verhärtung 1- störende Narbenbildung 1 - unzufrieden 1- Hyposensib. OS-Bereich 2
starke anhaltende Schmerzen 2 - tastb. Vorwölbung 1 - unzufrieden 1- tastb. Verhärtung 1 - unzufrieden 1
Fremdkörpergefühl 15 - Wetterfühligkeit 8- tastb. Verhärtung 1 - unzufrieden 1- Hyposensib. OS-Bereich 1
Wetterfühligkeit 3 - tastb. Vorwölbung 1
tastb. Verhärtung 2
störende Narbenbildung 3 - unzufrieden 2
Rezidivoperationen 6 - unzufrieden 6
gesicherte Rezidive 4 - unzufrieden 4
Gruppe 2 (Vypro II®)
leichte anhaltende Schmerzen 35 - Fremdkörpergefühl 5- Wetterfühligkeit 3- tastb. Vorwölbung 1- tastb. Verhärtung 2 - unzufrieden 1- störende Narbenbildung 4 - unzufrieden 1- Hyposensib. OS-Bereich 1
starke anhaltende Schmerzen 1 - tastb. Vorwölbung 1 - unzufrieden 1
Fremdkörpergefühl 7 - Wetterfühligkeit 4
tastb. Vorwölbung 3 - tastb. Verhärtung 2
tastb. Verhärtung 2
störende Narbenbildung 3 - unzufrieden 2*
Hyposensib. OS-Bereich 2
gesicherte Rezidive 3 - unzufrieden 3*
keine Angabe - unzufrieden 1
Abbildung 45 Zusammenstellung der nachuntersuchten Patienten nach Gruppen, ange-gebenen Beschwerden und Anzahl. Die Mehrfachangaben sind in der 2. Spalteangegeben, in der 3. Spalte die unzufriedenen Patienten. *je einer dieser Patienten konntenicht nachuntersucht werden (siehe Text).
54
Die Nachuntersuchung erfolgte anamnestisch, klinisch und sonographisch
nach dem im Kapitel 3.1.5 dargestellten Protokoll. Die 105 Patienten wurden
jeweils 14 Monate post operationem nachuntersucht.
A) Gruppe der Patienten mit seit der Operation „anhaltenden Schmerzen“
(N=56; 20 Patienten der Gruppe 1 (Prolene) und 36 Patienten der
Gruppe 2 (Vypro II))
-3 Patienten mit anhaltend „starken Schmerzen“
Diese drei Patienten (zwei der Gruppe 1, einer der Gruppe 2) gaben bei der
Nachuntersuchung eine inzwischen eingetretene völlige Beschwerdefreiheit
an, auch die zusätzlich angegebene Beschwerden wie eine Verhärtung oder
eine tastbare Vorwölbung im Leistenbereich lagen nicht mehr vor. Jeweils je
ca. zwei Monate postoperativ waren die anfänglichen Schmerzen, ohne
weitere spezifische Maßnahmen, kontinuierlich rückläufig Alle drei waren
nunmehr mit dem Ergebnis der Operation zufrieden. Bei der Untersuchung
ergaben sich keine pathologischen Auffälligkeiten.
-53 Patienten mit anhaltend „leichten Schmerzen“
(18 der Gruppe 1 und 35 der Gruppe 2) Insgesamt gaben 14 Monate post
operationem noch 14 Patienten leichte Schmerzen an (8 der Gruppe 1 und 6
der Gruppe 2). Diese Beschwerden traten ausnahmslos im Zusammenhang
mit einem Fremdkörpergefühl oder einer Wetterfühligkeit auf, dauerhaft
anhaltender Schmerzen gab keiner an. Eine tatsächliche Beeinträchtigung
der Lebensqualität bestand in keinem Fall, Schmerzmedikamente nahm
keiner der Patienten, auch vorübergehend, ein. Klinisch und sonographisch
zeigte sich in keinem Fall eine Auffälligkeit.
Die übrigen 39 Patienten beklagten zum Untersuchungszeitpunkt keine
Schmerzen mehr, diese waren längstens 4 Monate postoperativ aufgetreten.
Auch hier zeigten sich bei den Untersuchungen keine Pathologika. Zwei der
„unzufriedenen“ Patienten aus der Gruppe 1 und einer aus der Gruppe 2
revidierten ihre Angabe und äußerten sich inzwischen mit dem
Operationsergebnis zufrieden.
55
B) Gruppe der Patienten mit einem „Fremdkörpergefühl“
(N=33; 21 Patienten der Gruppe 1 (Prolene®) und 12 Patienten der
Gruppe 2 (Vypro II®))
Ebenso wie in der Gruppe „Wetterfühligkeit“ gaben hier 33 Patienten eine
unwesentliche Beeinträchtigung durch ein „hin und wieder“ auftretendes
Fremdkörpergefühl an. Unterschiede in der Beschreibung des Zustandes
ergeben sich zwischen dem Prolene- und dem Vypro II- Netz nicht. Das
subjektive Gefühl findet Ausdruck als: Etwas „künstliches“, „wie Plastik unter
der Haut“ oder „Gefühl von unnatürlichem Gewebe“
Ein mal wurde zum Fremdkörpergefühl zusätzlich eine Verhärtung
angegeben. Bei dieser Patienten war in der Tat eine angedeutete, auch im
Seitenvergleich auszumachende, Verhärtung tastbar. Sonographisch ergab
sich ein unauffälliges Bild, ein Hämatom- oder Serom konnte nicht dargestellt
werden, das Implantat (Prolene-Mesh) lag regelrecht. Die Patientin gab
keine dauernde Beeinträchtigung durch diesen Zustand an, war aber
dennoch mit der Situation unzufrieden.
C) Gruppe der Patienten mit einer „Wetterfühligkeit“
(N=20; 13 Patienten der Gruppe 1 (Prolene®) und 7 Patienten der Gruppe
2 (Vypro II®))
Alle 20 Patienten gaben eine unwesentliche Beeinträchtigung durch eine als
wetterabhängig empfundene Missempfindung im Leistenbereich an. In 12
Fällen war diese von einem Fremdkörpergefühl nicht oder kaum
unterscheidbar.
Die einmalig zusätzlich angegebene Vorwölbung Gruppe 1 (Prolene®) war
zum Untersuchungszeitpunkt (14 Monate post operationem) nicht mehr
existent, der Patient berichtete, die Vorwölbung für einen Zeitraum von ca. 4
Monaten post operativ beobachtet zu haben. Es handelte sich um eine große
mediale Hernie (Typ III a nach Nyhus); wir gehen davon aus, dass es zu
einer Seromansammlung in der Bruchhöhle gekommen war, bevor diese
„verklebte“. Die Nachuntersuchung war bei allen Patienten unauffällig.
56
D) Gruppe der Patienten mit einer „tastbaren Vorwölbung“
(N=8; 3 Patienten der Gruppe 1 (Prolene®) und 5 der Gruppe 2
(Vypro II®))
Auf zwei Patienten wurde bereits in A) eingegangen, auf einen weiteren in
C); auch bei den übrigen 5 bestand zum Untersuchungszeitpunkt keine
klinisch tastbare Vorwölbung mehr. Bei einem Patienten der Gruppe 1 konnte
sonographisch ein ca. 2mm schmaler Seromsaum, bei ansonsten
regelrechter Implantatlage, nachgewiesen werden. Alle Patienten gaben eine
Beschwerdefreiheit an.
Die zweimal zusätzlich angegebene „tastbare Verhärtung“ war klinisch nicht
nachvollziehbar.
E) Gruppe der Patienten mit einer „tastbaren Verhärtung“
(N=11; 5 Patienten der Gruppe 1 (Prolene®) und 6 der Gruppe 2
(Vypro II®))
Auf vier dieser Patienten wurde bereits in A), B) und D) eingegangen. Von
den übrigen 7 Patienten waren 5 inzwischen beschwerdefrei, es ergab sich
ein unauffälliger Untersuchungsbefund. Bei weiteren zwei Patienten
(Prolene®) tastete man im Leistenbereich eine Art Narbenbildung mit
strangartigen Verhärtungen. Sonographisch war das Mesh nicht sicher zu
beurteilen, klinisch lag kein Rezidiv vor. Lebensqualitätbeeinträchtigende
Schmerzen wurden nicht angegeben.
F) Gruppe der Patienten mit einer “störenden Narbenbildung“
(N=11; 4 Patienten der Gruppe 1 (Prolene®) und 7* der Gruppe 2
(Vypro II®)) (ein Patient* war unbekannt verzogen und konnte somit nicht
nachuntersucht werden)
Objektiv fand sich in allen Fällen keine auffällige Narbenbildung. Sämtliche
Narben waren reizlos und trocken verheilt, gut verschieblich und nicht ver-
57
härtet. Die maximale Breite (rechter Mittelbauch=12mm Trokarnarbe) betrug
2, die maximale Länge 14mm. Auch sonographisch zeigten sich keinerlei
Auffälligkeiten im Narbenbereich. Der übrige postoperative Befund war
ebenfalls regelrecht. Fünf Patienten äußerten sich dennoch weiterhin
unzufrieden mit dem Resultat, darunter auch ein Patient, welcher als
Operationsfolge, zusätzlich zur „Narbenbildung“, eine Gewichtszunahme von
ca. 15 kg mit Ausbildung einer Fettschürze sah. Der klinisch- und
sonographische Befund war regelrecht, der Patient war von dem fehlenden
Zusammenhang nicht zu überzeugen.Insgesamt hatten die Patienten mit
noch kleineren oder gar völlig unsichtbaren Narben gerechnet.
G) Gruppe der Patienten mit „Rezidivoperationen“
(N=9; 6 Patienten der Gruppe 1 (Prolene®) und 3* der Gruppe 2
(Vypro II®)) (ein Patient* der Gruppe 2 war zu keiner Nachunter-
suchung bereit)
Acht von neun „Rezidivpatienten“ konnten nachuntersucht werden. Sechs
der Gruppe 1, von denen 3 durch uns laparoskopisch nachoperiert worden
waren, zwei der Gruppe 2, welche beide von uns, einmal laparoskopisch und
einmal von anterior nach Shouldice nachoperiert waren.
Alle acht gaben, verständlicherweise, an, mit dem primären Resultat nach
wie vor unzufrieden zu sein. Nach dem „Sekundäreingriff“ waren dann alle
mit dem Ergebnis zufrieden. Vier Patienten äußerten sich gegenüber
laparoskopischen Operationen nun generell skeptisch, diese waren alle
konventionell nachoperiert worden, drei außerhalb, eine Patientin durch uns.
Die übrigen vier Patienten gaben an, sich erneut laparoskopisch operieren
lassen zu wollen, ihr Vertrauen in das Verfahren war ungebrochen. Klinisch
und sonographisch wurde bei allen acht Patienten ein unauffälliger Befund
erhoben. Von den insgesamt sechs Rezidivoperationen der Gruppe 1
(Prolene®) waren vier indirekte, große Hernien (Typ III b nach Nyhus); zwei
waren direkte Hernien (Typ III a nach Nyhus).
Drei dieser Rezidive waren auswärtig konventionell nachoperiert worden;
zwei bereits nach vier und sechs Wochen, das dritte Rezidiv war nach neun
58
Monaten ebenfalls von anterior nachoperiert worden. Die eingebrachten
Prolene- Netze hatte man jeweils belassen. Ob es sich in diesen Fällen um
echte Frührezidive oder aber um Pseudorezidive (Serombildungen)
gehandelt hat, ließ sich durch die Nachuntersuchung nicht mehr eruieren. Da
zwei der beiden auswärtig nachoperierten Rezidive bereits nach 4 bzw. 6
Wochen therapiert wurden, kann davon ausgegangen werden, dass es sich
hier nicht um echte Rezidive, sondern um sogenannte Pseudorezidive, also
eher Serome gehandelt hat. In unserer Statistik (Tabelle 16) haben wir somit
als gesicherte Rezidive lediglich 4 angegeben. Drei weitere Rezidivbrüche
dieser Gruppe wurden von uns laparoskopisch nachoperiert. Sie waren alle
ungefähr ein halbes Jahr nach der Primäroperation diagnostiziert worden.
Auch wir nahmen eine Explantation der eingebrachten Kunststoffnetze nicht
vor und implantierten erneut laparoskopisch ein zweites Prolene -Mesh mit
weiter Überlappung der Bruchpforte auf das alte, dislozierte Netz.
Die Rezidive waren in den drei bei uns nachoperierten Fällen durch ein
Umschlagen des medialen oder lateralen Netzanteils entstanden. Auf diese
Weise war eine Lücke in der Hinterwandverstärkung aufgetreten, durch
welche sich ein neuer Bruch ausbilden konnte.
Die drei Rezidive der Gruppe 2 (Vypro II®) traten nach fünf und acht Wochen
sowie nach zehn Monaten auf. Alle drei wurden von uns nachoperiert, zwei
laparoskopisch durch die Implantation eines zweiten Vypro II -Meshes, ein
mal operierten wir, ebenfalls unter Belassung des Netzes, auf Wunsch der
Patientin konventionell nach Shouldice. Die initial versorgten Hernientypen
waren eine indirekte Hernie mit intakter Hinterwand (Typ II nach Nyhus), eine
indirekte Hernie mit dilatiertem inneren Leistenring (Typ III b nach Nyhus)
und eine Rezidivhernie nach Shouldiceversorgung.
Bei den beiden laparoskopisch nachoperierten Rezidivhernien zeigte sich als
Ursache der erneuten Bruchbildung, wie in der Gruppe 1 bereits
beschrieben, eine Netzdislokation, also eine Aufrollung oder Umschlagung
von Teilen des eingebrachten Netzes. Schrumpfungen von ganzen Netzen
oder eine Migra-tion von Netzanteilen in angrenzende Organe konnten nicht
beobachtet werden.
Im Rahmen einer Rezidivoperation nach Implantation eines Vypro II-Netzes
wurden Anteile des Netzes exzidiert und zur Untersuchung an das Institut für
59
Pathologie an den Berufsgenossenschaftlichen Kliniken Bergmannsheil in
Bochum gesandt (Direktor Prof.Dr.med.K.-M.Müller). In der Bewertung heißt
es: „Nach der hier vorliegenden Morphologie muss es zu einer Aufrollung von
Netzstrukturen gekommen sein“.
H) Gruppe der Patienten mit „Hyposensibilitäten im Oberschenkelbereich“
(N=6; 3 Patienten der Gruppe 1(Prolene®) und 3 der Gruppe 2 (Vypro
II®))
Alle sechs Patienten mit einer postoperativen Gefühlsminderung im
Oberschenkelbereich gaben an, diese erst nach der Entlassung aus der
stationären Behandlung wahrgenommen zu haben. Aufgefallen waren die
Gefühlsstörungen im Zeitraum von einer bis drei Wochen postoperativ.
Fünf Patienten waren zum Zeitpunkt der Nachuntersuchung (14 Monate post
operationem) inzwischen vollständig beschwerdefrei. Auch die gleichzeitig
angegebenen Schmerzen waren nicht mehr vorhanden.
Der sechste Patient (Gruppe 1, Prolene) beschrieb eine rezidivierend
auftretende Gefühlsminderung im ventro-medialem Oberschenkelbereich der
Operationsseite, diese kombiniert mit einem „hin und wieder“ auftretenden
Fremdkörpergefühl.
Zwar waren diese Beschwerden kaum beeinträchtigend, aber der Patient
nahm sie als Operationsfolge wahr.
Bei der klinischen Untersuchung waren hyposensible Hautareale nicht
umschrieben abgrenzbar, eine angedeutete Hyposensibilität bestand im
proximalen, ventro-medialen Oberschenkelbereich. Es zeigte sich weder eine
auffällige Narbenbildung, noch eine Verhärtung oder ein Anhalt für einen
Rezidivbruch.
Sonographisch war das Prolene-Netz in korrekter Positionierung
darstellbar.
Dieser Patient äußerte sich kritisch gegenüber laparoskopischen
Operationsverfahren, er wolle sich, falls notwendig, nur noch nach einem
konventionellen Verfahren operieren lassen.
60
I) keine Angabe (N=1; 1 Patient der Guppe 2 (Vypro II®)
Ohne operationsbedingte Beschwerden hatte es Missverständnisse bei der
stationären Versorgung gegeben (Einzelzimmerwunsch). Klinisch und
sonographisch zeigt sich ein unauffälliger Befund.
Tabelle 16Häufigkeiten der aufgetretenen „Spätkomplikationen“ in Absoluten- und Prozent-zahlen nach klinischer und sonographischer Untersuchung 14 Monate postoperativ. (*zeigteinen statistisch signifikanten Unterschied an)
Art der Komplikation/ Häufigkeit
Gruppe 1 (Prolene) Gruppe 2 (Vypro II)(Follow-up N = 149) (Follow-up N = 169)(N = 232) (N = 217)
Beschwerden N % N %
anhaltende Schmerzenleicht 8 12,0 6 20,7stark - - - -
Fremdkörpergefühl 21* 14,1 12* 7,1
Wetterfühligkeit 13* 8,7 7* 4,1
tastbare Vorwölbung - 2,0 - 2,9
tastbare Verhärtung 2 3,3 - 3,5
übermäßige Narbenbildung - 2,6 - 4,1
Hydrocele testis 1 0,6 -
Hämatom (Notwendigkeitder operat. Entlastung) 1 0,6 -
gesicherte Rezidive 4 2,6 3 1,7
Hyposensibilität imOberschenkelbereich 1 2,0 -
Sepsis/ Organversagen 1 0,6 -
Insgesamt drei Patienten revidierten im Rahmen der Nachuntersuchung ihre
zunächst angegebene „Unzufriedenheit“ und äußerten sich nun mit den
Operationsresultat zufrieden.
61
3.4 Zusammenhang zwischen der präoperativen subjektivenEinschätzung des Krankheitsempfindens und der postoperativen
„Zufriedenheit“
Nach dem im Kapitel 3.1.4 und 3.1.5 dargestellten Score zur Bemessung der
subjektiv empfundenen präoperativen Beschwerdeintensität und der
Krankheitsdauer bestand in beiden Gruppen bei je 16% der Patienten eine
nur „geringe“ Beeinträchtigung durch die Hernie. Eine „mäßige“
Beeinträchtigung lag bei 72,4% der Gruppe 1 und bei 76,3% der Gruppe 2
vor.
Immerhin 11,4% der Gruppe 1und 7,1% der Gruppe 2 fühlten sich durch die
Hernie „deutlich“ beeinträchtigt (Abbildung 46).
Nach Anwendung des Chi- Quadrattests zeigt sich hinsichtlich der Be-
einträchtigungsverteilung in den beiden Gruppen kein signifikanter
Unterschied. Es ergibt sich ein p von 0,3037.
0%10%20%30%40%50%60%70%80%90%
geringeBeeinträchtigung
mäßigeBeeinträchtigung
deutlicheBeeinträchtigung
ProleneVypro II
Abbildung 46 Häufigkeitsverteilung der subjektiv empfundenen präoperativenBeeinträchtigung durch die Hernie in den beiden Gruppen Prolene® und Vypro II®.
Die Frage nach der „Zufriedenheit“ mit dem Ergebnis der Operation wurde
von insgesamt 318 Patienten (70,8%) des Gesamtkollektivs beantwortet
(Kapitel 3.1.5, Abbildung 30 Anhang).
Das Follow-up der Gruppe1 lag bei 62,2%, das der Gruppe 2 bei 77,8%.
Von allen beantworteten Fragebögen gaben 55,9% (N=177) der Patienten an
mit dem Operationsresultat „sehr zufrieden“ zu sein. Weitere 36,9% (N=118)
62
waren „zufrieden“. Demgegenüber stehen 7,2% (N=23), welche angaben, mit
dem Ergebnis „unzufrieden“ zu sein.
0%
10%
20%
30%
40%
50%
60%
Gesamtkollektiv
sehr zufrieden
zufrieden
unzufrieden
Abbildung 47 Postoperative „Zufriedenheit“ des Gesamtkollektivs.Die Prozentzahlen beziehen sich auf das Gesamt- Follow-up der beiden Gruppen (70,8%)als 100%.
Betrachtet man die subjektiven Zufriedenheiten in den beiden Gruppen, so
sind 56,7% der Gruppe 1 gegenüber 55% der Gruppe 2 sehr zufrieden.
Zufrieden sind 35% der Gruppe 1 gegenüber 39% der Gruppe 2 und
unzufrieden sind 8,1% der Prolene®- Gruppe gegenüber 6,5% der Vypro II®-
Gruppe (Abbildung 47).
Nach erneuter Anwendung des Chi- Quadrat- Tests zeigt sich eine statistisch
signifikant größere Zufriedenheit mit dem Operationsresultat in der Vypro II-
Gruppe gegenüber der Prolene- Gruppe. Es ergibt sich ein p von 0,0133,
dieses liegt somit unter dem festgelegten Signifikanzniveau von 0,05.
63
0%
10%
20%
30%
40%
50%
60%
sehr zufrieden zufrieden unzufrieden
Prolene
Vypro II
Abbildung 48 Die postoperative Zufriedenheit in der Prolene- und Vypro II- Gruppe. DieProzentzahlen beziehen sich auf das Follow-up der beiden Gruppen (Gruppe 1 Prolene:62,2%; Gruppe 2 Vypro II: 77,8%) als je 100%.
Korreliert man nun die präoperative, subjektive Beschwerdeintensität mit der
postoperativen „Zufriedenheit“, zeigt sich, unabhängig von der Gruppe
(Prolene-Vypro II), ein zunehmendes Maß an Zufriedenheit, je stärker die
präoperative Beeinträchtigung empfunden wurde. Unzufrieden äußerten sich
insbesondere Patienten, welche durch die Hernie bedingt eine nur geringe
Beeinträchtigung empfanden (Abbildung 49).
1,3% 0,6%
5,9% 4,8%0,9% 1,1%
0%10%20%30%40%50%60%70%
80%90%
PR
OLE
NE
gerin
geB
eein
träc
htig
ung
VY
PR
OII
gerin
geB
eein
träc
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PR
OLE
NE
mäß
ige
Bee
intr
ächt
igun
g
VY
PR
OII
mäß
ige
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intr
ächt
igun
g
PR
OLE
NE
deut
liche
Bee
intr
ächt
igun
g
VY
PR
OII
deut
liche
Bee
intr
ächt
igun
g
unzufrieden
zufrieden
Abbildung 49 Korrelation zwischen subjektiv empfundener präoperativer Beeinträchtigungund postoperativer „Zufriedenheit“.
64
4 Diskussion
4.1 Der Stellenwert laparoskopischer Verfahren in der Leistenhernien-chirurgie
Nachdem sich in den 80er Jahren die Shouldice-Reparation von
Leistenhernien als Goldstandard etabliert hatte, erlangte mit der Entwicklung
moderner alloplastischer Materialien zunehmend auch die Lichtenstein-
Technik an Bedeutung. Frühe Versuche seit Anfang des 20. Jahrhunderts
mit der Verwendung von Materialien wie Silber, Edelstahl, Cutis, Fascie oder
Dura [10,45,72,73,75,101] waren wegen schlechter Handlingeigenschaften
und erheblicher Komplikationen gescheitert [97]. Mit der Anwendung neuer
biokompatibler alloplastischer Netzmaterialien in der anterioren
Hernienchirurgie [1], welche 1963 mit der Entwicklung von Polypropylen
(Marlex®) durch USHER begann [96], wurde die Forderung nach einer
spannungsfreien Technik erfüllt. Nach der Lichtenstein-Methode wird das
Netz über die Hinterwand des Leistenkanals implantiert und bei Bedarf
zusätzlich über eine femorale Bruchlücke gelegt. Um die Spannungsfreiheit
zu erreichen ist eine Naht nötig, die das Netz locker an die Muskulatur
annäht, gleichzeitig aber eine ausreichende Festigkeit darstellt. Bei den
anatomischen (SHOULDICE) [87] und nicht-anatomischen (BASSINI) [11]
Operationsverfahren ist eine Spannung an den Nähten und in den Geweben
nicht zu vermeiden. Diese wird als Hauptursache für Naht- und
Gewebebrüche und somit für die Rezidiventstehung angesehen [58].
Rezidive bzw. Pseudorezidive treten bei der Shouldice-Technik gehäuft als
Femoralhernien auf, was ein sicherer Beweis für das Vorliegen von
Spannung auf den Nähten ist. Nahtspannung bedeutet nicht das Ausreißen
der Naht beim Pressen des Patienten, sondern ein kontinuierlicher Zug auf
das aneinandergenähte Gewebe. Es kommt zu einer Auffaserung des
Gewebes an der schwächsten Stelle und somit zur Bildung von Pseudo-
Rezidiven.
Das Prinzip der Lichtenstein-Versorgung des „Tension-free-Repair“ findet
seine Begründung im Vorhandensein von geschwächtem und
vorgeschädigtem Gewebe in der Umgebung der Hernie sowie in der
65
Entstehung von Spannung auf den Nähten bei einer Versorgung mittels
konventioneller Nahttechniken [3,5]. Dieses operative Prinzip ist identisch
mit dem der heute etablierten laparoskopischen Verfahren TAPP und TEP.
Die stürmische Entwicklung der laparoskopischen Chirurgie in den letzten 20
Jahren konzentrierte sich zunächst auf die Cholezystektomie und
Appendektomie, mit erfolgreicher Optimierung und Etablierung dieser
Verfahren wurde diese Vorgehensweise auf weitere Indikationen
ausgedehnt.
Die erste Beschreibung einer laparoskopischen Leistenhernienreparation
wurde 1990 von GER [31] publiziert. Das Prinzip bestand in einer
Clipokklusion des Bruchsackes. In einer Reihe verschiedener Modifikationen
wurden in der Folge jeweils nur Teilphänomene der Hernienerkrankung
berücksichtigt. Anatomische Grundkenntnisse mit Berücksichtigung aller
möglichen Defektpositionen sind jedoch unabdingbar für eine langfristig
rezidivarme Versorgung. So wurde die Clipunterbindung, die Patch and
Plug-Technik [86] und die „onlay“-Technik [99] aufgrund ihrer fehlenden
Effektivität gänzlich verlassen. Es erscheint sinnvoll, alle potentiellen
Bruchpforten der Leisten-region abzudecken, wenn man sich dazu
entschließt, als Operatiosprinzip generell die Implantation eines
Kunststoffnetzes vorzunehmen. Neben dem Leistenkanal zählen dazu auch
der Femoralkanal und die paravesikalen Abschnitte.
In zahlreichen Qualitätskontrolluntersuchungen der Shouldice-
Leistenhernien-rekonstruktion fanden sich Rezidivraten von 10-35% [70].
Nicht zu letzt aus diesem Grund ergab sich die Motivation zur
Weiterentwicklung laparoskopischer Techniken. Die Kombination aus einer
minimalen Zugangstechnik der laparoskopischen Operation mit der
effektiven präperitonealen Operationsform wurde durch die TAPP-
(transperitoneal) und die TEP- (extraperitoneal) Technik realisiert. Beide
Verfahren haben sich etabliert und werden vor allem in laparoskopischen
Schwerpunktabteilungen eingesetzt. Ein großer Vorteil des transabominell-
laparoskopischen Verfahren ist die Tatsache, dass ein problemloser Blick
auf alle potentiellen Bruchpforten beider Leistenregionen besteht [7,41].
Femorale Bruchpforten aber auch seltene, bei Rezidiven vorkommende
atypische Hernienformen, z.B. supra- oder paravesikale Hernien sind gut
einsehbar. Weiterhin geht jeder Operation eine komplette Inspektion des
66
Abdomens vorrann, so dass Veränderungen bemerkt und, wenn erforderlich,
sofort therapiert werden können. Bei der präperitonealen Implantation wird
das Netz durch den intraabdominellen Druck gegen die Hinterwand des
Leistenkanals und damit gegen die eigentliche Schwachstelle, die Fascia
transversalis, gedrückt. Zunehmend wird, durch diesen Effekt in der
Kombination mit modernen Materialien (Ti-Mesh®) mit einer
Oberflächenspannung, auf die Verwendung von Clips verzichtet. Dies
vermindert die Gefahr der Verletzung oder Irritation von Gefäßen und
Nerven deutlich. Von den Gegnern der laparoskopischen Verfahren wird
angeführt, dass ein Eingriff an der Bauchwand zu einem intraabdominellen
Eingriff wird, mit allen dazugehörigen Risiken und
Komplikationsmöglichkeiten. Solche sind mehrfach in der Literatur
beschrieben und werden immer wieder wegen ihrer potentiell
lebensbedrohlichen Komponente als Argument gegen diese Techniken
benutzt [56,57,60]. Als weiterer Nachteil gilt das Problem der Narkose.
Dieses ist insbesondere bei älteren Patienten nicht von der Hand zu weisen.
Immer wieder wird betont, dass alle anterioren Verfahren in Lokalanästhesie
stattfinden können, die laparoskopischen jedoch einer Intubationsnarkose
bedürfen, zusätzlich mit der Belastung des Pneumoperitoneums. Auf der
anderen Seite birgt auch die Lokalanästhesie, vor allem beim älteren
Patienten mit kardialer Vorerkrankung, Risiken [6]. Ein Vorteil der
Intubationnarkose bei älteren Patienten ist die vollständige Überwachung der
Herz- und Lungenfunktion [15] während des gesamten Eingriffs.
Die immer wieder genannten Vorteile im Zusammenhang mit der
Lokalanästhesie gelten nur bedingt. So ist eine intraoperative
Erfolgskontrolle durch das Pressen des Patienten nur unvollständig, da eine
Untersuchung wegen eines Rezidivs, um wirklich aussagekräftig zu sein,
stets im Liegen und im Stehen erfolgen muss.
Nur die wenigsten Patienten verlassen den Operationssaal zu Fuß, was bei
diesen, im Hinblick auf eine Thromboseprophylaxe, sicherlich günstig ist.
Fraglich ist auch in wie weit Eingriffe unter Lokalanästhesie bei älteren
Patienten, mit entsprechenden Komorbiditäten, ambulant durchgeführt
werden sollten. Eine 24-stündige Beobachtung unter stationären
Bedingungen schafft Sicherheit und ist zu empfehlen.
67
Ob durch die geringeren Folgekosten hinsichtlich der Schmerzmedikation,
der Arbeitsunfähigkeit und geringerer Rezidivraten die laparoskopischen
Techniken im bezug auf die gesundheitspolitischen Gesamtkosten
gegenüber den anterioren Verfahren günstiger sind, ist noch nicht endgültig
geklärt [64].
In einer Metaanalyse haben MEMON [65] et al. alle englischsprachigen
randomisierten Arbeiten, welche zwischen 1990 und 2000 veröffentlicht
wurden und sich mit dem Vergleich offener und laparoskopischer
Hernienversorgung beschäftigen, aufgearbeitet. Insgesamt 29 Studien
wurden in die Analyse eingeschlossen. Untersucht wurden die folgenden
sechs Ergebnisvariablen: die Operationszeit, die Hospitalisationszeit, die
Zeit bis zum Wiedererlangen der normalen körperlichen Aktivität, die Zeit bis
zur Arbeitsfähigkeit, die Rate der postoperativen Komplikationen und die
Rezidivrate.
Bei vier der sechs untersuchten Variablen war die laparoskopische (TAPP/
TEP) der offenen Operation überlegen. Die Autoren folgern, dass die
laparoskopische Hernienchirurgie eine sichere und effektive Alternative zur
anterioren Verfahren darstellt, die eine schnellere Genesung und
Wiederaufnahme der Alltagsaktivität ermöglicht.
4.2 Materialeigenschaften von Kunststoffnetzen
Die Kriterien für die Eignungsfähigkeit von Bauchwandimplantaten sind
eindeutig definiert worden, demnach sollen sie nicht von Körpersubstanzen
angreifbar und chemisch inert sein, keine Entzündungsreaktion hervorrufen,
nicht kanzerogen wirken, keine allergische Reaktion auslösen, mechanisch
eine ausreichende Stabilität aufweisen, gut herstellbar und sterilisierbar sein
[14,21,79,80]. Diesen Anforderungen kommt das Polypropylen am meisten
entgegen, so dass es in reiner Form oder als nicht resorbierbare Grundlage,
trotz zahlreicher Neuentwicklungen, bis heute das wichtigste und am
häufigsten benutzte Netzmaterial in der laparoskopischen Hernienchirurgie
darstellt 33,53. Man nimmt an, dass die Menge und Struktur des
eingebrachten Materials das Ausmaß der induzierten unelastischen
Narbenfläche und die Rate lokaler Wundinfektionen, welches eine
68
Minimierung der eingebrachten alloplastischen Materialmenge
wünschenswert macht, bestimmt [85]. In diesem Zusammenhang wird in der
Literatur häufig auf die unerwünschten Folgen der Implantation
alloplastischer Netze hingewiesen wie z.B. der bereits erwähnten Erhöhung
der lokalen Infektionen [9], Netzwanderungen mit Arrosionen von
Nachbarorganen wie der Haut [40], der Harnblase [35,42], des Darms
[27,44,66], oder des Ductus spermaticus [88]. In einer Auswertung von 200
Netzimplantaten mit einer durchschnittlichen Nachbeobachtungszeit von 6,7
Jahren fanden LEBER et al. [55] 7 Fisteln, die nach durchschnittlich 3,3
Jahren auftraten. Dem gegenüber stehen große Fall- und
Beobachtungsstudien, in denen derartig gravierende Komplikationen durch
Netzimplantationen nicht beobachtet worden sind [19,94]. Da in diesen
Fallstudien ebenfalls überwiegend schwergewichtige Polypropylennetze zur
Anwendung kamen und extrem selten netzabhängige Komplikationen
beobachtet wurden, somit in ihrer Häufigkeit vom klinisch praktischen
Sandpunkt aus letztlich als irrelevant anzusehen waren, begründet sich die
Notwendigkeit nach weiteren Modifikationen eher aufgrund theoretischer
Gesichtspunkte sowie der beschriebenen Falldarstellungen. Die Optimierung
der verwendeten Materialien soll insbesondere zu einer Reduzierung der
Materiallast bei möglichst guter Handhabbarkeit, einer Zunahme der
Porengröße, einer Minimierung der Oberfläche sowie einer Optimierung der
Oberflächeneigenschaften als Zielkriterien anstreben. Ein solch möglichst
bioinertes Netz soll gleichzeitig ideal inkorporiert werden [12,13,36,50,51,85].
4.3 Studiendesign
In der vorliegenden Beobachtungsstudie haben wir zwei ganz
unterschiedliche Netze auf Polypropylenbasis in der klinischen Praxis seit
1998 eingesetzt. Jedes der Netze wurde für einen längeren Zeitraum
konsekutiv bei allen in die Studie eingeschleusten Patienten eingesetzt. Der
Tabelle 2 sind insbesondere die Unterschiede im Flächengewicht des nicht
resorbierbaren Anteils sowie die Unterschiede der Porengrösse zu
entnehmen.
69
Ziel dieser Arbeit war es, die klinischen Resultate nach Verwendung der
beiden unterschiedlichen Mesh-Produkte, bei ansonsten identischer OP-
Technik (TAPP), zu vergleichen. Darüber hinaus sollte der Zusammenhang
zwischen dem präoperativ subjektiven Krankheitsempfinden und der
Akzeptanz des Verfahrens durch die Patienten dargestellt werden, also der
Aspekt der postoperativen Lebensqualität. Damit sollte auch die Frage
beantwortet werden, ob die theoretischen Forderungen nach einer
Minimierung des nicht resorbierbaren Anteils sowie die experimentell
erworbenen Erkenntnisse zur Biokompatibilität sich auch in der klinischen
Routine wiederspiegeln.
In dem Artikel von GASTINGER [31] et al. aus dem Jahre 2002 mit dem Titel
„Bedeutung prospektiver multizentrischer Beobachtungsstudien für den
Erkenntnisgewinn in der Chirurgie“ werden die Vorteile dieser Studienart
erläutert. Danach bilden prospektive Beobachtungsstudien ein Abbild der
Realität unabhängig von den Idealbedingungen einer randomisierten Studie.
Durch die Zusammenführung von Fallzahlen aus vielen Kliniken
(multizentrisch) kann eine Evaluierung der verschiedenen Verfahren
erfolgen. Die Datenvalidität entspricht, bei entsprechender Planung und
Kriterienreduktion, in der Regel der randomisiert, geplanter Studien. Dieses
schildert auch eine Veröffentlichung von BENSON und HARTZ [31] aus dem
Jahre 2000, in welcher 136 Publikationen mit 19 verschiedenen Therapien
vergleichend ausgewertet wurden. Trotz unterschiedlichen Studiendesigns
waren in den meisten Fällen die Ergebnisse der kontrollierten Studien und
der Beobachtungsstudien gleich.
70
4.4 Diskussion der Ergebnisse
Die Vergleichbarkeit der beiden untersuchten Patientenkollektive ist die
Voraussetzung, um Unterschiede bezüglich der beiden verwendeten
Netzprodukte darzustellen. Diese ergibt sich aus einer nicht signifikant
unterschiedlichen Geschlechter- und Altersverteilung, aus nahezu gleichen
Body-Mass-Indizes, sowie aus einer gleichen Verteilung der Komorbiditäten.
Auch die Häufigkeitsverteilung der einzelnen Hernientypen zeigte in den
beiden Gruppen keinen signifikanten Unterschied.
Eine Lernkurve hatte bei den zeitlich aufeinander folgenden Kollektiven
keinen Einfluss, bereits vor dem Untersuchungszeitraum hatte die mittlere
Operationszeit nahezu den gleichen Wert gezeigt.
Da die Mindestgröße des Implantats bei der TAPP-Versorgung von
Leistenbrüchen schon durch die anatomischen Gegebenheiten vorgegeben
ist, kann eine Materialreduktion nur bezüglich des Flächengewichtes erzielt
werden 2,29,46. Nicht nur die vorliegende, sondern auch alle weiteren
potentiellen Bruchpforten sollen abgedeckt werden. Materialvariationen in
Porengröße, Dicke und Filamenten sind die Folge. So weist das Vypro II -
Mesh, neben einem zirka 50 prozentigen Polyglactinanteil, eine Reduktion
des Flächengewichtes um 3/4 gegenüber dem Prolene® -Mesh auf. Die
Porengröße liegt jedoch um das 2-3 Fache über der des Prolene® -Mesh.
Dieses hat Auswirkungen auf die Reißfestigkeit, welche jedoch bei beiden
Produkten über den physiologisch erforderlichen Haltekräften der
Bauchwand liegt 48,84.
Beide Materialien erfüllen die Voraussetzungen bezüglich Transparenz,
Weichteiladhärenz und Rigidität, so dass ein problemloses Handhaben
gewährleistet ist. Entgegen dem subjektiven Empfinden der Operateure
zeigte sich ein, zumindest statistisch signifikanter Unterschied in den Netz-
platzierungszeiten zugunsten des Vypro II® - Mesh (Abbildung 39). In einer
Tierversuchsstudie verglichen SCHEIDBACH et al. 80unter anderem die
Netzplatzierungszeiten von vier verschiedenen Polypropylen- Modellen. Hier
erwies sich die Handhabbarkeit des Vypro II® - Netzes als signifikant
schwieriger. Da zum einen nach der total extraperitonealen Methode (TEP)
operiert wurde, zum anderen speziell das Prolene® -Mesh vergleichend nicht
71
verwandt wurde, halten wir eine Übertragung dieser Ergebnisse auf die
vorliegende Studie für unangebracht.
Bei den Gesamtoperationszeiten zeigt sich kein signifikanter Unterschied
zwischen den beiden Vergleichsnetzen. Hier spielen Faktoren wie der
individuelle BMI und die Routine des Operationsteams eine übergeordnete
Rolle.
Auch bezüglich der stationären Behandlungsdauer der beiden untersuchten
Gruppen ist ein signifikanter Unterschied nicht zu ermitteln. Vergleichbare
Studien liegen nicht vor. In einer quantitativen Metaanalyse 45 randomisierter
Studien beschreibt SCHMEDT et al. 81(2000) den häufig erbrachten
Vergleich stationärer Behandlungsdauern bei laparoskopisch und
konventionell operierten Kollektiven. Auch hier ergibt sich in 75 % der
Studien kein signifikanter Unterschied. In diesen Zusammenhang gewinnt
zunehmend die Forderung an Bedeutung, Leistenbrüche ambulant zu
versorgen. Bei einer Kombination aus einer maximalen Reduzierung des
stationären Aufenthaltes mit einem optimalen Verfahren, steht der hohe
Patientenkomfort, wie auch eine langfristige Kostenanalyse dieser Forderung
entgegen. Insgesamt finden sich in der Literatur mit unserer mittleren
Hospitalisierungszeit von 4,16 Tagen übereinstimmende Angaben [32,38,91].
Dieser Parameter ist jedoch zur Bewertung nur eingeschränkt anzuwenden,
da er von vielen Faktoren wie beispielsweise Sicherheitsdenken,
Versicherungsstatus des Patienten oder der Möglichkeit der ambulanten
Weiterversorgung abhängt.
Bei der Dauer der Arbeitsunfähigkeit kann ein Trend zum besseren
Abschneiden des Vypro II - Kollektivs gesehen werden. Zu berücksichtigen
sind jedoch die in der Bundesrepublik geltende Lohnfortzahlungspraxis und
das Sozialversicherungssystem, wodurch eine objektive Beurteilung der
Angaben, aus unserer Sicht, unmöglich wird. Der Hinweis auf den
Fragebögen der 24 Patienten, welche innerhalb einer Woche ihre berufliche
Tätigkeit wieder aufgenommen hatten, einer selbständigen Arbeit
nachzugehen, spricht für sich. Zusätzlich spielt das individuelle
Schmerzempfinden eine Rolle, welches sich auch mit objektivierten Skalen
nur angedeutet vergleichen lässt 40.
72
Unter Biokompatibilität verstehen wir weniger die Toxizität des eingebrachten
Materials als vielmehr die Gewebeverträglichkeit im Sinne einer minimierten
Zell-Material-Wechselwirkung 2,4. Neben dem Material ist diese abhängig
von der Menge und der Oberflächenbeschaffenheit des Implantats
2,4,23,36,48,52. Diesen Forderungen sind wir in unserem klinischen
Versuch bei der Auswahl der beiden Materialien entgegengekommen, indem
neben dem schwergewichtigen Polypropylen in Reinform (Prolene®) eine
materialminimierte Modifikation (Vypro II®) eingesetzt wurde.
Als Ausdruck einer Reaktion des Gewebes auf das Implantat lassen sich die
Kriterien Infektion, Serombildung, intraabdominelle Verwachsungen und
Aszites nennen. Obwohl intraabdominelle Verwachsungen bei gelegentlich
aus einer anderen Ursache durchgeführten Nachlaparoskopien im
Zusammenhang mit der Hernienoperation nicht zu beobachten waren,
konnte dies- da nicht systematisch untersucht- kein Zielkriterium in der
vorliegenden Studie sein.
Eine dosierte Gewebsantwort auf das implantierte Mesh ist erwünscht, sie
bewirkt eine Lage- und Belastungsstabilisation. Es stellt sich die Frage nach
der günstigsten Material- und Oberflächenbeschaffenheit. Bei den erfassten
Frühkomplikationen (Kapitel 4.3.2.5) zeigte sich ein signifikanter Unterschied
zwischen den Vergleichsgruppen bezüglich des Auftretens eines, zwar
asymptomatischen, aber sonographisch nachweisbaren Hämatom-
Seromsaumes im Implantatlagerbereich. In der Prolene -Gruppe konnten
sonographisch dreimal häufiger Hämatome/-Serome nachgewiesen werden
als in der Vypro II -Gruppe. Wir sehen hier den Ausdruck einer stärkeren
Gewebsantwort auf den Fremdkörper „Mesh“. Dieses bestätigt auch eine
jüngst veröffentliche Studie, in welcher das Vypro II-Netz im Tierversuch
mit dem Prolene-Netz verglichen wurde 43. Auch die
materialvergleichende Studie von SCHUMPELICK et al. (2001) 83zeigt,
neben der geringeren Elastizität des Prolene- Mesh gegenüber dem Vypro
II- Mesh, eine stärkere proliferative, inflammatorische und fibrotische
Gewebsreaktion.
Eine lichtmikroskopische Untersuchung eines nach 42 Monaten von uns,
wegen eines Rezidivbruchs explantierten Prolene - Netzes, zeigte eine
über-schießende, hypertrophe und hyaline Narbenbildung mit konsekutiver
73
Texturstörung des Polypropylennetzes. Im Randbereich war eine auffallende,
fast pannusartige und keloidähnliche Narbenbildung mit geringer chronisch
lymphozytärer, inflammatorischer Randreaktion nachweisbar (Institut für
Pathologie an den Berufsgenossenschaftlichen Kliniken Bergmannsheil,
Bochum). In wieweit ein Zusammenhang mit dem in der Prolene®- Gruppe
signifikant häufiger auftretenden Fremdkörpergefühl und der Wetterfühligkeit
besteht, kann nicht sicher ermittelt werden. SCHUMPELICK sieht einen
Zusammenhang zwischen Elastizität und Fremdkörpersensationen 83.
Tierexperimentelle- und klinische Studien zeigen eine Verbesserung der
Verträglichkeit für großporige und elastische Materialien 48,85.
Insgesamt kam es in beiden Gruppen zu keiner intraoperativen Komplikation
im Sinne einer Organverletzung oder einer endoskopisch nicht stillbaren
Blutung, auch eine Penetration in umgebende Organe durch Netzmigration
ist im Untersuchungszeitraum nicht beobachtet worden. Im Verlauf des
primären stationären Aufenthaltes musste einer von den insgesamt 449
erfassten Patienten reoperiert werden. Es hatte sich ein umschriebenes,
liquides Hämatom in Bereich des infraumbilikalen Trokarzuganges
entwickelt. Nach der operativen Entlastung und Drainage traten keine
weiteren Besonderheiten auf.
In der Literatur finden sich Werte für Rezidivhäufigkeiten nach
laparoskopischer Hernienversorgung von 0-3% [17,26,32,59,61,95,]. Dieses
deckt sich mit der eigenen Gesamtrezidivrate von 2%. Ein statistisch
signifikanter Unterschied zwischen den beiden Vergleichsgruppen ist
aufgrund der niedrigen Rezidivhäufigkeit nicht ermittelbar. Die Quote ist
jedoch mit 1,7% in der Vypro II®- Gruppe weniger als halb so groß, als die
der Prolene®- Gruppe mit 4%.
Ursächlich für die Entstehung von Rezidiven nach TAPP- Versorgung ist,
nach den bei uns erhobenen intraoperativen Befunden, eine Verlagerung
von Netzanteilen, somit einer Teilmigration. Bei einem Teil der Rezidive
handelt es sich somit um keine echten Rezidive, sondern um neue Brüche,
welche sich durch eine unzureichende Netzabdeckung und Fixierung
entwickeln können. Ob nun einer solchen Netzmigration grundsätzlich ein
technischer Fehler bei der Implantation zugrunde liegt, wie einige Autoren
74
suggerieren [37,80,88], ist kaum sicher beweisbar und sollte schon aus
versicherungsrechtlichen Gründen mit Zurückhaltung in dieser Weise
formuliert werden. Der sichere Ausschluss einer solchen Migration bei der
eigenen Operationstechnik wird in der Literatur nur selten formuliert [94].
Unzweifelhaft bleibt von besonderer Bedeutung die sorgfältige Versorgung
direkter Brüche (Typ IIIa nach Nyhus). Bei unzureichender Präparation nach
medial führt schon ein minimales Umschlagen der Netzkante zu einer großen
Rezidivgefahr. So propagiert auch BITTNER [18] (2000) „eine vollständige
Freipräparation des medialen Kompartements bis über die Symphyse hinaus
zur Gegenseite“; dieses unter Verwendung einer Netzgröße von 10 X 15 cm,
welche auch von uns in beiden Gruppen verwendet wurde. Weiterhin sollte,
nach unserer Erkenntnis, insbesondere bei großen Brüchen, die
ausgedünnte Fascia transversalis hervorluxiert und mit dem Endostapler am
vorderen Schambeinast fixiert werden (Abbildung 20,21). Auf diese Weise
verhindert man eine Serombildung in der Bruchhöhle, welche leicht als
Rezidiv fehlinterpretiert werden kann. Auch die Fixation des eingebrachten
Netzes erscheint in diesem Zusammenhang von besonderer Bedeutung
(Abbildung 23). Ausgerissene oder falsch platzierte Klammern begünstigen
eine Netzdislokation. Eine sparsame Fixierung der kranialen Netzränder,
unter Beachtung des „Doom Triangle“ [32] und des „Trapezoid of Disaster“
[17] und die obligate Fixation am vorderen Schambeinast erscheinen uns
ideal.
Für die Untersuchung der Lebensqualität sind Scores auf der Basis
physischer, psychischer, emotionaler und sozialer Symptome bzw.
Störungen publiziert worden [28,98]. Diese sind gut geeignet, die
Lebensqualität bei gastrointestinalen Erkrankungen vergleichbar zu machen.
Während allerdings bei Erkrankungen wie der Cholecystolithiasis oder der
gastroösophagealen Refluxkrankheit insbesondere die Schmerzen im
Vordergrund stehen und zur Operation führen, bei anderen Erkrankungen
wie dem Krebsleiden auch psychische und soziale Funktionen im
Vordergrund stehen, so handelt es sich beim Leistenbruch doch häufig um
einen asymptomatischen Zufallsbefund. Selbst eine tastbare Schwellung
führt in vielen Fällen nicht zu Beschwerden, so dass die Indikation zur
Operation vor allem wegen der Inkarzerationsgefahr gestellt wird.
75
Psychische, soziale und emotionale Kriterien spielen kaum eine Rolle. Aus
diesem Grunde haben wir einen deutlich vereinfachten Bewertungsscore
entwickelt (Tabelle 4 und 5). Es ist uns damit gelungen, insbesondere bei
den symptomarmen Patienten, die Bedeutung der Operation, auch im
Hinblick auf die unterschiedlichen Materialien, auf die Äußerung der
Lebensqualität/ Zufriedenheit nachzuweisen.
Insgesamt 92,8% aller Patienten gaben an, mit dem Resultat der Operation
„zufrieden“ zu sein. Die Ergebnisse der Nachuntersuchung zeigen, dass
zusätzlich einige primär „unzufriedene“ Patienten 14 Monate postoperativ
ihre Meinung revidierten. Insgesamt zeigt sich eine statistisch nachweisbare
größere Zufriedenheit in der Gruppe 2 (Vypro II®). Weiterhin sind Patienten
mit präoperativ echten Beschwerden eher zufrieden, als solche mit geringen
oder gänzlich fehlenden Beschwerden. In einer retrospektiven Studie
beschreibt BITZER [20] (2000) das primäre Ziel einer Leistenbruchoperation
als „substantielle Reduktion indikationsspezifischer Beschwerden und die
Anhebung der gesundheits-bezogenen Lebensqualität auf das Niveau einer
alters- und geschlechts-entsprechenden Referenzbevölkerung“.
In der geringen Komplikations- und Rezidivrate, in Kombination mit einem
sehr hohen Maß subjektiver Zufriedenheit sowie einer raschen
Remobilisation mit kurzen stationären Behandlungszeiten, sehen wir die
Forderung des primären Ziels erfüllt. Somit halten wir das laparoskopisch
transabdominal- präperitoneale Verfahren auch zur Behandlung eines
primären Leistenbruchs für gerechtfertigt. Die subjektive Verträglichkeit lässt
sich durch die Verwendung teilresorbierbarer, elastischer,
gewichtsreduzierter Materialien (Vypro II®) statistisch signifikant noch
steigern.
76
5 Zusammenfassung
Diese prospektiv geführte Beobachtungsstudie vergleicht zwei unabhängige
Patientenkollektive, welche laparoskopisch nach dem transabdominal prä-
peritonealen Verfahren (TAPP) an einer Inguinalhernie operiert wurden. Der
zu erfassende Unterschied ergab sich aus der Verwendung zweier
verschiedener Meshprodukte, zum einen das reine Polypropylennetz
Prolene®, zum anderen das Polypropylengewirk mit einem resorbierbaren
Polyglactinanteil Vypro II®. Die gewonnenen Daten wurden perioperativ und
durch entsprechende Fragebögen ermittelt. Im Rahmen einer
Nachuntersuchung wurden mit dem Operationsresultat unzufriedene
Patienten und solche mit Beschwerden 14 Monate postoperativ gesehen.
Zusätzlich wurde der Zusammenhang zwischen der präoperativen
Beeinträchtigung durch die Hernie und der postoperativ subjektiven
„Zufriedenheit“ ermittelt.
Signifikante Unterschiede zugunsten des Vypro II®- Mesh zeigten sich
bezüglich der Netzplatzierungszeiten, der Häufigkeit von sonographisch
nachgewiesenen Seromen im Implantatlagerbereich und der „Zufriedenheit“
der Patienten. Weiterhin trat eine postoperative Wetterfühligkeit im
Leistenbereich, wie auch ein Fremdkörpergefühl statistisch signifikant
seltener auf.
Somit werden folgende Schlussfolgerungen gezogen:
► Eine geringe Komplikationsrate, niedrige Rezidivraten und eine kurze
stationäre Behandlungsdauer rechtfertigen den Einsatz der laparoskopischen
Hernioplastik nach der transabdominal- präperitonealen Technik (TAPP)
auch zur Behandlung primärer Leistenbrüche.
► Die großporige, weniger rigide und teilresorbierbare Struktur des Vypro
II®- Mesh bewirkt eine geringere, dennoch ausreichende
Fremdkörperreaktion und statistisch günstigere Handlingeigenschaften als
die des engmaschigen, nicht resorbierbaren und sehr rigiden Prolene®-
Mesh.
77
► Durch die Verwendung teilresorbierbarer Materialien (Vypro II®- Mesh)
kann eine hohe subjektive Verträglichkeit im Vergleich zu nichtresorbierbaren
Materialien signifikant gesteigert werden.
► Das Maß der subjektiven „Zufriedenheit“ korreliert mit der präoperativen
Intensität der Beeinträchtigung durch die Hernie: je stärker die präoperative
„Beeinträchtigung“, um so größer ist die postoperative „Zufriedenheit“.
78
6 Anhang
6.1 Fragebögen
Herz-Jesu-KrankenhausMünster-Hiltrup
Abteilung für ChirurgieSchwerpunkt Allgemein-, Visceral- und Gefäßchirurgie
Chefarzt: Priv. Doz. Dr. med. Rüdiger Horstmann
Laparoskopische HernioplastikOP- Datum :_____________
OP- Dauer :_____________ Patientendaten
OP- Team :_____________
Seite: R L
Pneumoperitoneumproblemlos: J N Nyhus- Klassifikation:
Redon- Drainage: J N
Besonderheiten: Typ I kongenital:___________________________ (Leistenring normal)
______________________________________________________ Typ II indirekt:
(Leistenring dilatiert,Hinterwa nd intakt)
Größe der Bruchpforte:_____(mm) Typ IIIa direkt:(Hinterwand im Hesselbach Dreieck)
Länge des Bruchsackes:____(mm) Typ IIIb indirekt, groß:(Leistenring dilatiert, weicheHinterwand)
Netzplazierungszeit:________(min)Typ III femoral:
Begleitlipom: J N Typ IV Rezidiv:konventionell voroperiert:laparoskopisch voroperiert:
evertierbar: J N
Abbildung 27 Erste Seite des Bogens zur primären Datenerfassung.
79
Mesh : Prolene: Postoperativer Verlauf :
Vypro II: Wundheilung ungestört:
Sonstiges: Komplikationen:
Mesh-Größe 10X15 cm ____________________
Andere Größe: _____________ ____________________
Verschluß des Peritoneums : Postoperative Sonographie :
Clips: O.B.:
Naht: Hämatom/ Serom:( asymtomatisch)( symtomatisch )( punktionspflichtig )
Weiterer Eingriff in gleicher Sitzung :
Adhäsiolyse: Komplikationen :
Sonstiges: _____________________
_________________________ _____________________
Fördermenge Redondrainage: ________ml
Entlassung am _____ postoperativen Tag
Entlassender Arzt : __________________________________
Abbildung 28 Zweite SeiteUm zufällige oder gar systematische Fehler zu vermeiden, erfolgt die Angabe der Größe derBruchpforte und Länge des Bruchsacks unter Zuhilfenahme eines endoskopischenInstrumentes, welches der Größenorientierung dient.
80
Abteilung für ChirurgieSchwerpunkt Allgemein-u. Gefäßchirurgie
Chefarzt Priv.-Doz. Dr.R. Horstmann
Die laparoskopische Versorgung der Leistenhernie durch einen transabdominellen Zugang(TAPP)
Sehr geehrter(e) Patient(in),Sie werden sich in den nächstenTagen in unserem Hause an einem Leistenbruch operierenlassen. Aus wissenschaftlichen Gründen und zur Qualitätsicherung möchten wir Sie bitten,
den folgenden Fragebogen zu beantworten.Vielen Dank!
Fragebogen:
Name, VornameStraßeOrtGeburtsdatumOperation am
Fragen zur Situation vor der Operation:
Art der Beschwerden (bitte ankreuzen):Schmerzen : leicht( ) mittel ( ) stark ( )tastbare Vorwölbung: keine( ) kleine ( ) große ( )Störungen beim Wasserlassen: keine( )leichte ( ) starke ( )Druckgefühl: kein ( ) leichtes( ) starkes( )Potenzstörungen: ja ( ) nein ( )insgesamt keine Beschwerden richtig ( ) falsch ( )Sonstiges:
Dauer der Beschwerden/ des Bruches vor der Operation :weniger 1 Monat ( ) weniger 6 Monate ( ) weniger 12 Monate ( )über 1 Jahr ( ) über 2 Jahre ( ) über 3 Jahre
( )
Für Ihre Angaben bedanken wir uns herzlich!
Abbildung 29 Fragebogen, welcher von allen Patienten bei der stationären Aufnahmeausgefüllt wurde. Fragen zur subjektiven Beurteilung der Beeinträchtigung durch die Hernie.
81
Herz-Jesu-KrankenhausMünster-Hiltrup
Abteilung für ChirurgieSchwerpunkt Allgemein-, Visceral- und Gefäßchirurgie
Chefarzt: Priv. Doz. Dr. med. Rüdiger Horstmann
Die laparoskopische Versorgung der Leistenhernie durch einen transabdominellen Zugang (TAPP)
Sehr geehrter(e) Patient(in),Sie haben sich vor einiger Zeit in unserem Hause einer Leistenbruchoperation unterzogen. Aus wissenschaftlichen
Gründen und zur Qualitätsicherung möchten wir Sie bitten, den folgenden Fragebogen zu beantworten und mit dembeigefügten Rückumschlag an uns zu senden.
Vielen Dank!
Fragebogen:
Name, VornameStraßeOrtGeburtsdatumOperation am
Fragen zur Situation nach der Operation:insgesamt keine Beschwerden: richtig ( ) falsch ( )bis heute anhaltende Schmerzen : keine ( ) leichte ( ) starke ( )Schmerzen in Ruhe : nein ( ) ja ( )Schmerzen bei Belastung : nein ( ) ja ( )Fremdkörpergefühl : nein ( ) ja ( )tastbare Vorwölbung : nein ( ) ja ( )tastbare Verhärtung : nein ( ) ja ( )störende Narbenbildung: nein ( ) ja ( )Beschwerden beim Wasserlassen: nein ( ) ja ( )Potenzstörungen: nein ( ) ja ( )Wetterfühligkeit: nein ( ) ja ( )sonstiges:
Arbeitsunfähigkeit bestand für insgesamt Wochen.
Einschätzung der Situation nach der Operation:sehr zufrieden( ) zufrieden( ) unzufrieden( )
Ich wäre bereit mich für eine Nachuntersuchung an einem vereinbarten Termin imKrankenhaus vorzustellen:
ja( ) nein( )
Wenn ja: Ich bin unter folgender Telefonnummer zwecks Terminabsprache erreichbar:____________________________
Für Ihre Bemühungen bedanken wir uns sehr herzlich!
Abbildung 30 Dieser Fragebogen ging an alle Patienten 12 Monate nach der Operation.
82
Nachuntersuchungsprotokoll Hernienstudie
re li Prolene VyproII Herz-Jesu-KrankenhausMünster-Hiltrup
Abteilung für Allgemein- undVisceralchirurgie
Name:Geburtsdatum:Operation vom:Nachuntersuchung am: nach Monaten, Fb- Nummer:
Aktuelle Beschwerden: Klinische Untersuchung:
Schmerzen: Ruheschmerz:Druckschmerz:
Fremdkörpergefühl: Wie oft:Beeinträchtigung:
Tastb. Vorwölbung: Klin. Rezidiv-Verdacht:Tastb. Verhärtung:Störende NarbenbildungMiktionsstörungen: Vorbestehend:Potenzstörungen: In Urol. Beh.:Wetterfühligkeit: Wie oft:
Beeinträchtigung:Sonstiges: Sensibilitätsstörungen:Hodenschwellungen: Prostata:Weitere klin.Untersuchung:
Sonographie:Implantatlage:Hämatom/ Serom:Leistengefäße:Besonderheiten:Zufriedenheit: gering mittel hoch
Abbildung 31 Dieses Nachuntersuchungsprotokoll diente der Dokumentation undAuswertung der erhobenen Befunde.
83
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6.3 Danksagung
Herrn PD Dr. med. R. Horstmann danke ich herzlich für die
Überlassung des Themas dieser Arbeit und die freundliche
Unterstützung bei der Entwicklung und Gestaltung dieser Arbeit.
Herrn Prof. Dr. med. K.-M. Müller danke ich herzlich für die
Überlassung der elektronenmikroskopischen Bilder und Befunde.
Herrn PD Dr. rer. medic. R.-J. Fischer danke ich herzlich für die
biomathematische Beratung und Betreuung.
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Mathias Hellwig
Finkenstraße 4948147 MünsterTel.: 0251/374835
Lebenslauf
Name: Mathias Hellwig
Geburtstag: 06.08.1968
Geburtsort: Münster/ Westfalen
Familienstand: verheiratet
Schulbildung: 1975- 1979 Grundschule
1979- 1989 Gymnasium- Abitur
Zivildienst: 1989- 1990
Praktikum: 1991- 1992 Steinmetzmeisterbetrieb Paetzke
Elte/ Westfalen
Studium: Sommersemester 1992 Aufnahme des Studiums
der Humanmedizin an der Westfälischen- Wilhelms-
Universität Münster
Herbst 1993 Ärztliche Vorprüfung
Herbst 1995 1. Staatsexamen
Herbst 1996 2. Staatsexamen
1997- 1998 Praktisches Jahr Klinikum Minden
1998 3. Staatsexamen
Arzt im Praktikum: 1998- 2000 Maria Josef Hospital/ Greven
Chirurgische Abteilung
Assistenzarzt: seit 1/ 2000, seit 4/ 2000 im Herz- Jesu- Krankenhaus
Münster/ Hiltrup, Chirurgische Abteilung
Facharztprüfung: seit 4/ 2004 Facharzt für Chirurgie
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