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Lorenz-von-Stein-Institutfür Verwaltungswissenschaften an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel
Einführung in das Urteil des Landesverfassungsgerichts vom
26.02.2010
Dr. Sönke E. Schulz Geschäftsführender wissenschaftlicher Mitarbeiter
Amtsvorstehertagung 2010Drathenhof, Räucherkate, Molfsee
07. Mai 2010
Lorenz-von-Stein-Institutfür Verwaltungswissenschaften an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel
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Agenda
Überblick über den Entscheidungsinhalt
Vorschläge zur Weiterentwicklung der AO
Aussagen des LVerfG zur Weiterentwicklung
Einführung in das Urteil des Landesverfassungsgerichts vom 26.02.2010Dr. Sönke E. Schulz
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Überblick über den Entscheidungsinhalt
Dr. Sönke E. Schulz
Rn.
38-45
Begriff der Gemeindeverbände:
Rn. 43: Sinn und Zweck der Vorschrift ist die Vermittlung unmittelbarer demokratischer Legitimation dort, wo im Land grundlegende substanzielle
Entscheidungen getroffen werden
46-52Maßgeblichkeit ausschließlich der Aufgaben nach § 5 Abs. 1 und 4 AO
Rn. 51: Nicht stillschweigend übertragene oder Übertragungen lediglich durch eine amtsangehörige Gemeinde
53 Erstreckung der verfassungsrechtlichen Überprüfung auch auf § 5 Abs. 1 AO (untrennbarer Zusammenhang)
54-58
Entwicklung der „Institution“ Amt, nicht einzelner Ämter maßgeblich
Rn. 54: ausreichend, wenn ein Amt das unzulässige Maß erreicht
Hinweis auf zukünftige Regelung: Kein Anknüpfen am konkreten Amt
59-63
Nachbesserungspflicht des Gesetzgebers, wenn er „einen von ihm nicht mehr steuerbaren Prozess“ in Gang setzt
Rn. 63: bei offenen Zuweisungen müssen bereits mit Eröffnung der Aufgabenzuweisung Vorkehrungen getroffen werden
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Überblick über den Entscheidungsinhalt
Dr. Sönke E. Schulz
64-81
Grenzen des Gesetzgebers in § 5 Abs. 1 AO
Rn. 65-76: keine Grenze durch (verfassungskonforme) Auslegung
Rn. 76: arg. keine präzise Grenzziehung möglich (Hinweis auf zukünftige Regelung: „vielmehr bedürfte es einer konkreten und greifbaren Grenze,
etwa dergestalt, dass aus einem Katalog festgelegter Selbstverwaltungsaufgaben nur eine bestimmte Zahl übertragen werden
darf“
Rn. 77-81: keine Grenze aus anderen Gesetzen, vor allem nicht aus der Garantie der kommunalen Selbstverwaltung
Rn. 81: arg.: keine trennscharfe Abgrenzung des Kernbereichs
82-86
Zeitpunkt der Nachbesserungspflicht
Rn. 82: schon, sobald eine solche Inanspruchnahme der Übertragungsmöglichkeit festzustellen ist, dass eine Entwicklung der Ämter
zu Gemeindeverbänden nicht mehr auszuschließen ist
87-98Bewertung der tatsächlichen Situation
Hinweis für zukünftige Regelung: Qualitative und quantitative Kriterien
99-102Amtsausschuss keine gewählte Volksvertretung
Rn. 100: das zentrale Beschlussorgan muss unmittelbar demokratisch legitimiert sein
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Überblick über den Entscheidungsinhalt
Dr. Sönke E. Schulz
104 Keine verfassungskonforme Auslegung des § 9 AO105 Keine verfassungskonforme Auslegung des § 5 Abs. 1 Satz 1 AO (s.o.)
116
Grenzen für Aufgabenübertragungen:
Katalog an SV-Aufgaben (keine abstrakte Kernbereichssperre)
Abstufung nach Entscheidungsverantwortung
Allein quantitativ nicht ausreichend117 Verfassungsrechtliche Bedenken gegen den § 5 Abs. 2 AO 118 Volkswahl aus Amtsebene: selbständige Wahl
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Vorschläge zur Weiterentwicklung der AO
Dr. Sönke E. Schulz
Änderung des Art. 2 Abs. 2 S. 2 LVÄnderung des Art. 2 Abs. 2 S. 2 LV
Aufgabenbestand der Ämter durch Gesetz legitimierenAufgabenbestand der Ämter durch Gesetz legitimieren
Gesetzliche „Rückübertragung“ aller AufgabenGesetzliche „Rückübertragung“ aller Aufgaben
Wahl des Amtsausschusses durch das „Amtsvolk“Wahl des Amtsausschusses durch das „Amtsvolk“
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Vorschläge zur Weiterentwicklung der AO
Dr. Sönke E. Schulz
Wahl der Mitglieder des Amtsausschusses durch das „Gemeindevolk“ – Modelle der Wahlkopplung
Wahl der Mitglieder des Amtsausschusses durch das „Gemeindevolk“ – Modelle der Wahlkopplung
Direktwahl (auch) der ehrenamtlichen BürgermeisterDirektwahl (auch) der ehrenamtlichen Bürgermeister
Verstärkung der Legitimation bei Aufgabenübertragung und -vollzug /
Verstärkung der Legitimation bei Aufgabenübertragung und -vollzug /
Normierung von Grenzen der Aufgabenwahrnehmung durch das Amt
Normierung von Grenzen der Aufgabenwahrnehmung durch das Amt
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Streichung des Begriffs „Gemeindeverband“ und explizite Nennung der „Kreise“
aber: Gleichlauf von Art. 2 Abs. 2 LV und allgemein demokratischen Grundsätzen rechtspolitisch bedenklich
Demokratiedefizit bliebe bestehen
Änderung des Art. 2 Abs. 2 LVÄnderung des Art. 2 Abs. 2 LV
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Zuweisung des jetzigen Aufgabenbestandes an die Ämter als „Amtsaufgaben“ und nicht
mehr als Gemeindeaufgaben
zwar Legitimation durch das Parlament Aufgabenbestand des Amtes bliebe aber unverändert
auch unter dem Gesichtspunkt der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie fraglich
Aufgabenbestand der Ämter durch Gesetz legitimierenAufgabenbestand der Ämter durch Gesetz legitimieren
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Ggf. Kopplung mit Grenzen für die erneute Übertragung von den Gemeinden auf die
Ämter (s.u.)
unlösbare praktische Schwierigkeiten Existenzberechtigung der Ämter fraglich
aufwändiger Prozess der Aufgabenübertragung auf das Amt nach qualitativen und quantitativen Kriterien (s.u.) wäre die Folge
Gesetzliche „Rückübertragung“ aller AufgabenGesetzliche „Rückübertragung“ aller Aufgaben
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Entsprechend der niedersächsischen Samtgemeinde (vgl. § 75 Abs. 2 NGO)
bei Beibehaltung der dienenden Funktion des Amtes und dem Umstand, dass auch die übertragenen Selbstverwaltungsaufgaben originäre Aufgaben der
Gemeinde bleiben, erscheint eine Amtswahl nicht sachgerecht Koppelung von Gemeindevertretungsmandat und Mitgliedschaft im
Amtsausschuss sollte beibehalten werden Keine verfassungsrechtliche Notwendigkeit einer Amtswahl angesichts
fehlender eigener Aufgaben
Wahl des Amtsausschusses durch das „Amtsvolk“Wahl des Amtsausschusses durch das „Amtsvolk“
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Verschiedene Varianten der Ausgestaltung des Wahlsystems denkbar, um die Kopplung
aufrecht zu erhalten
Vorgabe des Art. 2 Abs. 2 LV nach einer gewählten Vertretung wird erfüllt Kopplung sachgerecht, da auch die übertragenen Aufgaben
Selbstverwaltungsaufgaben der Gemeinden bleiben vermeidet, anders als die Wahl durch das Amtsvolk, die systemwidrige Konstruktion, dass die Willensbildung in der Gemeindevertretung ohne
diejenigen Personen stattfindet, die die Interessen der Gemeinde gegenüber und (als Mitglieder des Amtsausschusses) im Amt vertreten sollen
Wahl der Mitglieder des Amtsausschusses durch das „Gemeindevolk“ – Modelle der Wahlkopplung
Wahl der Mitglieder des Amtsausschusses durch das „Gemeindevolk“ – Modelle der Wahlkopplung
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bereits 2002 vorgeschlagen
lediglich die Legitimation des (ehrenamtlichen) Bürgermeisters als geborenes Mitglied des Amtsausschusses wird erhöht
Direktwahl der Bürgermeister ist eine Variante des Modells der Wahl der Amtsausschussmitglieder durch das Gemeindevolk (s.o.)
Einführung einer Direktwahl ist nur unter zusätzlichem Rechtfertigungsaufwand in das System von unmittelbaren und mittelbaren Wahlen im
Kommunalverfassungsrecht einzufügen, da auf der Kreisebene eine solche kürzlich abgeschafft wurde
Direktwahl (auch) der ehrenamtlichen BürgermeisterDirektwahl (auch) der ehrenamtlichen Bürgermeister
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kann ergänzend zu einer wahlrechtlichen Lösung hinzutreten; verschiedene Optionen
denkbar
Entscheidung über Aufgabenübertragung zwingend durch die Gemeindevertretung
Gesetzliche Folge von Übertragungsverstößen normieren ausdrückliche Festschreibung des verfassungsrechtlichen
Aufgabenverteilungsprinzips verbesserte Ausstattung der Gemeindevertretung
Verstärkung der Legitimation bei Aufgabenübertragung und -vollzug /
Verstärkung der Legitimation bei Aufgabenübertragung und -vollzug /
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Rückführung des (faktisch wahrgenommen) Aufgabenbestandes auf ein zulässiges Maß
Schwierigkeiten, das „gerade noch“ zulässige Maß übertragener Aufgaben festzulegen
Quantitative Grenzen: verfassungsrechtliche Forderung, dass den amtsangehörigen Gemeinden die ganz überwiegende Mehrzahl von
Selbstverwaltungsaufgaben verbleiben muss Qualitative Grenzen: Katalog vorbehaltener Aufgaben; Verbot der Übertragung
von Aufgaben des Kernbereichs; rechtfertigender Grund
Normierung von Grenzen der Aufgabenwahrnehmung durch das Amt
Normierung von Grenzen der Aufgabenwahrnehmung durch das Amt
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Aussagen des LVerfG zur Weiterentwicklung
Änderung des Art. 2 Abs. 2 S. 2 LVÄnderung des Art. 2 Abs. 2 S. 2 LV
Aufgabenbestand der Ämter durch Gesetz legitimieren
Aufgabenbestand der Ämter durch Gesetz legitimieren
Gesetzliche „Rückübertragung“ aller Aufgaben
Gesetzliche „Rückübertragung“ aller Aufgaben
Wahl des Amtsausschusses durch das „Amtsvolk“
Wahl des Amtsausschusses durch das „Amtsvolk“
Keine Aussage!Keine Aussage!
Keine Aussage!Keine Aussage!
Ggf. erforderlich (Rn. 117)Ggf. erforderlich (Rn. 117)
Grds. denkbare Variante (Rn. 118); Differenzierung in 2 Arten von Ämtern
möglich (Rn. 107)
Grds. denkbare Variante (Rn. 118); Differenzierung in 2 Arten von Ämtern
möglich (Rn. 107)
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Aussagen des LVerfG zur Weiterentwicklung
Wahl der Mitglieder des Amtsausschusses durch das
„Gemeindevolk“ – Modelle der Wahlkopplung
Wahl der Mitglieder des Amtsausschusses durch das
„Gemeindevolk“ – Modelle der Wahlkopplung
Direktwahl (auch) der ehrenamtlichen Bürgermeister
Direktwahl (auch) der ehrenamtlichen Bürgermeister
Verstärkung der Legitimation bei Aufgabenübertragung und -vollzug /
Verstärkung der Legitimation bei Aufgabenübertragung und -vollzug /
Normierung von Grenzen der Aufgabenwahrnehmung durch das Amt
Normierung von Grenzen der Aufgabenwahrnehmung durch das Amt
Keine Aussage; aber wohl nicht ausreichend!
Keine Aussage; aber wohl nicht ausreichend!
Keine zulässige Variante (Rn. 118)!Keine zulässige Variante (Rn. 118)!
Keine Aussage!Keine Aussage!
Grds. denkbare Variante (Rn. 116); keine abstrakte Kernbereichssperre,
Differenzierung nach Qualität und Quantität
Grds. denkbare Variante (Rn. 116); keine abstrakte Kernbereichssperre,
Differenzierung nach Qualität und Quantität
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Ausblick: Fortentwicklung der Ämter
Stärkung des „demokratisch legitimierten“ Amtes
gesetzgeberische Zuweisung von Aufgaben mit übergemeindlichem Charakter
Aufgabenübertragung durch die Kreise Kompetenz-Kompetenz der Ämter
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Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Dr. Sönke E. Schulz sschulz@lvstein.uni-kiel.de
www.lorenz-von-stein-institut.de
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Schliesky/Ernst/SchulzAufgabenbestand,
Legitimationsbedarf und Entwicklungspotential der
Ämter in Schleswig-Holstein, 2009
ISBN: 978-3-936773-49-1
Schliesky/Ernst/SchulzAufgabenbestand,
Legitimationsbedarf und Entwicklungspotential der
Ämter in Schleswig-HolsteinDie Gemeinde SH 2009, 206 ff.
Schliesky/Ernst/SchulzDie fehlende demokratische Legitimation der Amtsebene
– Problemstellung und Lösungswege
NordÖR 2010, 6 ff.