Post on 04-Mar-2019
Kindertraumatologische SchlichtungsfälleKindertraumatologische Schlichtungsfälle-
a s Fehlern lernenaus Fehlern lernen
O.-A. Festge
Norddeutsche SchlichtungsstelleHannoverHannover
Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald
Unfallseminar, HannoverUnfallseminar, Hannover
20.11.2010
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Ärztliche Schlichtungsstellen und GutachterkommissionenGutachterkommissionen
Norddeutschland ( 9 )Norddeutschland ( 9 )
W tf l Li.
Westfalen-Lippe
S hNordrhein
HessenHessen Sachsen
SaarlandRheinland-Pfalz
BayernBaden-Württemberg
Saarland
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Aufgabe des Schlichtungsverfahrens
A ß i iAußergerichtliche Klärung
von Streitigkeiten, denen Schadenersatzansprüche von Patienten wegen vermeintlich oder tatsächlich
fehlerhafter ärztlicher Behandlungg
zu Grunde liegen ©
Schlichtungsstellen – Verfahren
vergleichbar mit Zivilgerichtsverfahren* - aber freiwillig
nach Aktenlage
keine Zeugenbefragungg g g
meistens keine Patienten-Untersuchung
kostenfrei für Patientenkostenfrei für Patienten
nachfolgendes Gerichtsverfahren möglich (Verjährungs-Aufschub)
keine Schadenssummen Schadensbenennung dem Grunde nach“keine Schadenssummen, Schadensbenennung „dem Grunde nach“
i.d.R. doppelte Begutachtung (ext. Gutachter, Fachbearbeiter SST)
Z b it A t d J i t ( i B h id)enge Zusammenarbeit von Arzt und Jurist (gemeinsamer Bescheid)
* ausgerichtet an der deutschen zivilrechtlichen und zivilprozessualen Gesetzgebung
und der hierzu vorliegenden Rechtsprechung (NEU)
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• ll Ä t i b• soll Ärzteimage verbessern,
• soll Gerichtsverfahren vermeiden helfen und soll Vertrauen stärken
• deshalb werden auch Kosten weitgehend von Ärzten über ihre Kammern• deshalb werden auch Kosten weitgehend von Ärzten über ihre Kammern
getragen – und von den Versicherungen (GA)
• Patient: keine Kosten außer evtl RA• Patient: keine Kosten außer evtl. RA
• Versicherung: 300 € Bearbeitung und Gutachten
• Arzt/Träger: keine direkten Kosten aber indirekt über VersicherungArzt/Träger: keine direkten Kosten aber indirekt über Versicherung
• Ärztekammern: alle übrigen Kosten des Verfahrens (SST – Mitarbeiter)©
iIm Kindesalter stellen traumatologische Probleme (Frakturen)
die größte Gruppe der von den Schlichtungs-stellen zu klärenden Fälle darstellen zu klärenden Fälle dar
!Hannover: in 10 Jahren 242 beanstandete
!Frakturbehandlungen bei Kindern = 24/a
Appendizitis: 10/app
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In Deutschland und den USA im KindesalterIn Deutschland und den USA im Kindesalter
bei gerichtlichen Auseinandersetzungen
jeweils Frakturen deutlich vor Appendizitis©
iIm Kindesalter werden Frakturbehandlungenbei Kindern am häufigsten als
fehlerhaftvon den Schlichtungsstellen anerkanntvon den Schlichtungsstellen anerkannt
!in 60 % !in 60 %alle Fälle: ca. 30 %
Norddeutsche SchlichtungsstelleNorddeutsche Schlichtungsstelle
Hannover - 10 Jahres Analyse
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Behandlung kindlicher Frakturen/LuxBehandlung kindlicher Frakturen/Lux.
b it Fä h d F h bi tbreite Fächerung der Fachgebiete
UnfallchirurgieOrthopädieAllgemeinchirurgieKinderchirurgieAllgemeinmedizinAllgemeinmedizin Kindermedizin
In allen Fachgebieten werden (fast) alle Fehler gemachtwerden (fast) alle Fehler gemacht
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Verfahren und Fehler nach FachgebietenVerfahren und Fehler nach Fachgebieten
kindliche Frakturen
Fachgebiet Verfahren n Fehler %
Unfallchirurgie 124 60
Chirurgie 50 74Chirurgie 50 74
Kinderchirurgie 16 63
andere 23 50
Schlichtungsstelle Hannover alle Fälle : 30%zum Vergleich:
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Schlichtungsverfahren bei Frakturen im Kindesalter
Lokali- im
Schlichtungsverfahren bei Frakturen im Kindesalter
Lokali-sation n Fehler (%) epidemiologischen
Vergleich
Ellenbogen 49 73 ++Unterarm 47 57 -Humerus
suprakondylär 32 63 ++suprakondylär
Femur 30 47 +Hand 21 67 -Finger 21 67
Unterschenkel 20 60 =Humerusschaft 12 50 =Humerusschaft 12 50
Schädel 10 50 =sonst. 21 48 -
Summe 242 60
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Ellenbogenfrakturen mit GelenkbeteiligungEllenbogenfrakturen mit Gelenkbeteiligung
Fraktur n Fehler n
perkondylär 11 8p y
epikondylär, ulnar 2 2
M t i 17 15Monteggia 17 15
Radiushals 7 4
Olekranon 4 3
Luxation 8 4
Summe 49 36 (73 %) !
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Schlichtungsverfahren bei Frakturen im Kindesalter
Lokali- im
Schlichtungsverfahren bei Frakturen im Kindesalter
Lokali-sation n Fehler (%) epidemiologischen
Vergleich
Ellenbogen 49 73 ++Unterarm 47 57 -Humerus
suprakondylär 32 63 ++suprakondylär
Femur 30 47 +Hand 21 67 -Finger 21 67
Unterschenkel 20 60 =Humerusschaft 12 50 =Humerusschaft 12 50
Schädel 10 50 =sonst. 21 48 -
Summe 242 60
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Suprakondyläre HumerusfrakturSuprakondyläre Humerusfraktur
Vorwurf/Fehler Vorwurf, n Fehler, n
Frakturbehandl. 25 16
Nervenschaden 10 -
I f kti 1Infektion 1 -
Volkmann K. 3 3
Hautschaden 1 1
Summe 40* 20
* teilweise mehrere Vorwürfe bei insgesamt 32 Verfahren
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Fehlerhafte Frakturbehandlung (SHF)
• Fehlerhafte Einschätzung der Dislokation, keine Reposition 3
O h i i h l bl S ll 10• Osteosynthese in nicht tolerabler Stellung 10
• Instabile Osteosynthese, Redislokation 3
K t t d i ht ht iti k t 3• Kompartmentsyndrom, nicht rechtzeitig erkannt 3©
Begutachtung möglicher BehandlungsfehlerBegutachtung möglicher Behandlungsfehlerkindlicher FrakturenP blProbleme:
abhängig vom Fachgebiet des GutachtersKlassifikation ohne einheitliche Terminologietypische Fehler teilweise wenig bekannttypische Fehler teilweise wenig bekanntSpätfolgen (funktionell) unterschätztzu seltene Anerkennung eines Übernahme-zu seltene Anerkennung eines Übernahmeoder Organisationsverschuldensfehlende/unklare Standards !
Cave! Standards sind nicht feststehendStandards sind nicht überall dieselben
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Nicht jeder Unfallchirurg, Chirurg, O h äd d Ki d hi i iOrthopäde oder Kinderchirurg ist ein
Kindertraumatologe©
Begutachtung möglicher BehandlungsfehlerBegutachtung möglicher Behandlungsfehlerkindlicher FrakturenP blProbleme:
abhängig vom Fachgebiet des GutachtersKlassifikation ohne einheitliche Terminologietypische Fehler teilweise wenig bekannttypische Fehler teilweise wenig bekanntSpätfolgen (funktionell) unterschätztzu seltene Anerkennung eines Übernahme-zu seltene Anerkennung eines Übernahmeoder Organisationsverschuldensfehlende/unklare Standards !
Cave! Standards sind nicht feststehendStandards sind nicht überall dieselben
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Suprakondyläre Humerusfrakturv. Laer, L.; 1998 Graz, Konsensuskonferenz
Typ I = alle undislozierte Frakturen
, ; ,
yp
i i iTyp II = inkomplette Dislokation in einer Ebene ohne RF
Typ III = inkomplette Dislokation mit RF
Typ IV = komplette Dislokation in allen 3 Ebenenin allen 3 Ebenen
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Begutachtung möglicher BehandlungsfehlerBegutachtung möglicher Behandlungsfehlerkindlicher Frakturen
Probleme:abhängig vom Fachgebiet des GutachtersKlassifikation ohne einheitliche TerminologieSpätfolgen (funktionell) unterschätzttypische Fehler teilweise wenig bekannt
lt A k i Üb hzu seltene Anerkennung eines Übernahme-oder Organisationsverschuldensfehlende/unklare Standards !fehlende/unklare Standards !
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Auf Grund von Fehlbehandlungen anerkannte leichte und mittlere Dauerschäden:anerkannte leichte und mittlere Dauerschäden:
31%
schwere Dauerschäden: !13 % !Norddeutsche SchlichtungsstelleNorddeutsche Schlichtungsstelle
Hannover
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Folge von Begutachtungsproblemen
Schlichtungsstelle widerspricht dem Gutachter
( i 13 % )( in 13 % )
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Schwerpunkte bei der BewertungSchwerpunkte bei der Bewertung der Behandlung kindlicher Frakturen
1. Hat eine genaue klinische Untersuchung (Kleinkind) f d ?stattgefunden?
Wurde Anamnese beachtet ?Wurde Anamnese beachtet ?Stand Inspektion im Vordergrund ? palpatorische Diagnostik (ist nicht obligat)?p p g ( g )Wurde evtl. im Intervall kontrolliert ?
N h i h U t h Z it ?Nahm sich Untersucher Zeit ?
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Schwerpunkte bei der Bewertung der Behandlung kindlicher Frakturender Behandlung kindlicher Frakturen
2 Erforderliche Rx-Untersuchung unterlassen?2. Erforderliche Rx-Untersuchung unterlassen?adäquates Trauma war Rx – Aufnahme
erforderlich ?erforderlich ?
evtl. sekundär (nach temporärer Ruhigstellung) ?
evtl. Rx zusätzlicher Ebenen ? (Malleolus med.)( )
Wurde obligates Rx bei Verdacht auf bestimmte
Läsionen (Monteggia) veranlasst ? ( gg )
aber: Rx nicht erforderlich, wenn Dg. und Th. klar
(Klavikulafraktur - Kleinkind)
und: Rx der Gegenseite = obsolet
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Doppelseitige Collum mandibulae – Fraktur
Typischer Unfallmechanismus: Sturz auf das Kinn PlatzwundeTypischer Unfallmechanismus: Sturz auf das Kinn Platzwunde
Kein Rx durch Erstbehandler Behandlungsfehler
(Korrektur des Gutachtens durch Schlichtungsstelle)
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S h k b i d BSchwerpunkte bei der Bewertungder Behandlung kindlicher Frakturen
3. Rx – Aufnahme falsch beurteilt?3. Rx Aufnahme falsch beurteilt?
Erfolgte Beurteilung mit ausreichenden Kenntnissen der
Knochenkerne ? (Übernahmeverschulden ?)
War Nachschlagmaterial vorhanden ? (ÜN-Verschulden ?)War Nachschlagmaterial vorhanden ? (ÜN Verschulden ?)
Rx der richtigen Region (Monteggia, Fahrradspeiche) ?
korrekte 2. Ebene ?
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Schwerpunkte bei der BewertungSchwerpunkte bei der Bewertung der Behandlung kindlicher Frakturen
4 Kadi Läsion übersehen ?4. Kadi-Läsion übersehen ?
Condylus radialis humeri – Rx-Kontrolle ?
Monteggia – Läsion ? Rx Ellenbogen ?
SHF R t ti f hl ( t l S ) ?SHF – Rotationsfehler (ventraler Sporn) ?
Biegungsbruch proximale Tibia – Th. ?
Malleolus medialis – Rx, evtl. 3. Ebene ?
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Schwerpunkte bei der Bewertung p gder Behandlung kindlicher Frakturen
5. Falsche Beurteilung der Stabilität ?
T k d lä F kt (C d l di li C d l l i Y F kt )Transkondyläre Frakturen (Condylus radialis, Condylus ulnaris Y-Fraktur)Vorkommen in allen AltersgruppenStets fugenkreuzende Gelenkfraktur!Ursache in der Regel Sturz auf ausgestreckte HandZweithäufigste Ellbogenfraktur im Wachstumsalter
Formen:1. Undislozierte „hängende“ Fraktur2 Undislozierte vollständige“ Fraktur2. Undislozierte „vollständige Fraktur3. Dislozierte Fraktur
> 2 mm im zentralen Frakturbereich
©
Schwerpunkte bei der Bewertungp gder Behandlung kindlicher Frakturen
6 L i OP I dik ti ?6. Lag eine OP-Indikation vor?
Bei falscher Indikation
Verantwortung für nachfolgende KomplikationenVerantwortung für nachfolgende Komplikationen
Unabhängig vom Fachgebiet, gilt auch für die Anästhesie
Notfall, der eine Nicht-Nüchtern-Narkose erlaubte?
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Schwerpunkte bei der Bewertung der Behandlung kindlicher Frakturen
7. Unzureichende Osteosynthese -Technik?
• Stabilität?
R i i F hl ll ?• Retention in Fehlstellung ?
• Unbegründete Hoffnung auf Remodellierung?
(Alter, Lokalisation)
• Typischer Redislokationsgefahr missachtet?• Typischer Redislokationsgefahr missachtet?
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Suprakondyläre Humerusfraktur
Beispiel Fehlermöglichkeiten: Retention in RotationsfehlstellungBeispiel Fehlermöglichkeiten: Retention in Rotationsfehlstellung
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Suprakondyläre Humerusfraktur
Beispiel Fehlermöglichkeiten: Retention in RotationsfehlstellungBeispiel Fehlermöglichkeiten: Retention in Rotationsfehlstellung
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Schwerpunkte bei der BewertungSchwerpunkte bei der Bewertung der Behandlung kindlicher Frakturen
8. Erfolgte die Beurteilung funktioneller Folgeni bli b F hl t ll k kt ?einer verbliebenen Fehlstellung korrekt ?©
Zu berücksichtigen:g
Kaum funktionelle Behinderungen beim Kind
E t P bl b i F i it d S t kti itätErste Probleme bei Freizeit- und Sportaktivitäten
Probleme bei der Berufswahl
Schwere Sekundärschäden mit erheblichen Kosten
InvaliditätInvalidität
Früharthrose©
U h fü di ß Q tUrsachen für die große Quote von Behandlungsfehlern bei kindlichen Frakturen
Fehlende Kenntnisse
der Besonderheiten
kindlicher Knochenbrüche©
Oft schwer zu beurteilen:Oft schwer zu beurteilen:Frakturen im Bereich des Ellbogens(77 % anerkannte Fehler !!!)(77 % anerkannte Fehler !!!)
di t l H- distaler Humerus:
extraartikulär: supra- und epikondyläre F#
intraartikulär: transkondyläre Frakturen
i l U t- proximaler Unterarm:Frakturen des proximalen Radiusendesproximale Ulna- und Olekranonfrakturen
- Luxationen und Kombinationsverletzungen- Luxationen und Kombinationsverletzungen(Monteggia-Läsion)
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