Post on 12-Apr-2019
„Gewiss, Du bist unfruchtbar und hast keine Kinder; aber Du sollst schwanger
werden und einen Sohn gebären. Nimm Dich jedoch in acht und trinke weder Wein noch Bier
und iss nichts Unreines!“
--Buch der Richter 13, 3-4--
bc. T. Reißmann · www.sozialpädagogische-behindertenhilfe.de
FETAL ALCOHOL SPECTRUM DISORDER
…über Alkoholspektrumstörungen
bc. T. Reißmann · www.sozialpädagogische-behindertenhilfe.de
Fetale Alkoholembryopathie (FAS) bzw. Alkoholeffekte (AE)
FAS/AE ist ein Behinderungsbild mit verschiedenen und vielschichtigen
• körperlichen Fehlbildungen
• geistigen Veränderungen
• motorischen Veränderungen
• verhaltensbezogenen Veränderungen
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Fetale Alkoholembryopathie (FAS) bzw. Alkoholeffekte (AE)
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Eckdaten zum FAS
• Erste historische Berichte über das Syndrom stammen aus der Zeit von 1720-1751 aus
England:
• Um Getreideüberschüsse für den Adel verwertbar zu machen, wurden
Destillierverbote aufgehoben und ein Einfuhrverbot für Alkohol aus Frankreich verhängt
• Alle sozialen Schichten in England erhielten so Zugang zu großen Mengen an billigem
Alkohol (Gin)
• Bereits 1726 stellte das „College of Physicians“ fest, dass die Kinder
alkoholabhängiger Eltern dumm, schwach und geistig gestört seien
• 1751 bildete William Hogarth in einem Kupferstich ein Kind mit Alkoholembryopathie
ab, dieses ist das erste überlieferte Bildnis des Syndroms
• Gesetze zum Alkohol wurden verändert, um die Problematik der Gin-Epidemie zu
beenden
• Auf dem europäischen Festland wurden ähnliche Epidemien nicht bobachtet
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Eckdaten zur medizinischen Erstbeschreibung
• Medizinische Erstbeschreibung des fötalen Alkoholsyndroms (FAS) 1968 durch den
Kinderarzt P. Lemoine et al./Nantes, Frankreich
• Jones et al. beschrieben das Syndrom in Seattle (USA) 1973 (Fetal Alcohol Syndrom)
ohne Kenntnis der Arbeit von Lemoine; hierdurch weltweite Aufmerksamkeit auf das
Syndrom
• Insgesamt ist davon auszugehen, dass es früher weniger Fälle des FAS gab, da das
Verhältnis weiblicher zu männlichen Alkoholiker bis zum zweiten Weltkrieg etwa 10:1
betrug (heute etwa 3:1)
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Begriffe und Bezeichnungen
Sammelbegriff: Fetale Alkoholspektrumstörungen oder Fetal Alcohol Spectrum
Disorder (FASD)
• Relevante Diagnosebereiche:
• Dysmorphiezeichen (körperliche Fehlbildungen)
• Wachstumsverzögerungen
• Dysfunktionen im zentralen Nervensystem
• Fetales Alkoholsyndrom (FAS)
• sog. Vollbild
• diverse Schädigungen in allen drei
Diagnoserelevanten Bereichen
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Begriffe und Bezeichnungen
Sammelbegriff: Fetale Alkoholspektrumstörungen oder Fetal Alcohol Spectrum Disorder
(FASD)
• Relevante Diagnosebereiche:
• Dysmorphiezeichen (körperliche Fehlbildungen)
• Wachstumsverzögerungen
• Dysfunktionen im zentralen Nervensystem
• Fetale Alkoholeffekte (Partial Fetal Alcohol Syndrom
PFAS)
• Auffälligkeiten in zwei der drei Diagnoserelevanten
Bereichen
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Begriffe und Bezeichnungen
Sammelbegriff: Fetale Alkoholspektrumstörungen oder Fetal Alcohol Spectrum
Disorder (FASD)
• Relevante Diagnosebereiche:
• Dysmorphiezeichen (körperliche Fehlbildungen)
• Wachstumsverzögerungen
• Dysfunktionen im zentralen Nervensystem
• Alkoholbedingte Geburtsschäden (Alcohol Related
Birth Defects ARBD)
• Dysmorphiezeichen
• u.U. Missbildungen im Skelett- und Organsystem
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Begriffe und Bezeichnungen
Sammelbegriff: Fetale Alkoholspektrumstörungen oder Fetal Alcohol Spectrum Disorder
(FASD)
• Relevante Diagnosebereiche:
• Dysmorphiezeichen (körperliche Fehlbildungen)
• Wachstumsverzögerungen
• Dysfunktionen im zentralen Nervensystem
• Alkoholbedingte neurologische Entwicklungsstörung (Alcohol
Related Neurodevelopmental Disorder ARND)
• Keine körperlichen Anzeichen
• Dysfunktion des zentralen Nervensystems vorhanden
• Belegte Alkoholexposition
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Diagnostik
• Eine Diagnose ist generell bei einem Vollbild leichter zu stellen als bei leichter betroffenen
Kindern
• darf sich (nach Löser 1995, 11) nicht allein auf körperliche Merkmale beziehen, sondern:
• Anamnese der Mutter und des Kindes
• körperliche Untersuchung
• Untersuchung des geistigen und intellektuellen Status
• Untersuchung und Beobachtung des Verhaltens und der sozialen Entwicklung
• Leitanzeichen für eine Diagnosestellung (neben Alkoholabhängigkeit der Mutter):
1. Vorgeburtlicher Minderwuchs
2. Kleiner Kopf
3. Gedeihstörungen
4. Geistige Entwicklungsstörung
5. Muskelschwäche
6. Hyperaktivität
• Die Diagnose ist im Alter von ca. 8 Monaten bis ca. 8-10 Jahren am sichersten zu stellen
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Diagnostik
Seit 2012 besteht eine S3 Leitlinie zur Diagnostik von FASD, die Sie auf der Seite der
Drogenbeauftragten der Bundesregierung unter folgendem Link einsehen können:
http://www.drogenbeauftragte.de/fileadmin/dateien-
dba/Presse/Downloads/S3_Leitlinie_Diagnostik_FAS_Kurzfassung.pdf
Da in der Leitlinie auch das neuere Diagnoseschema des 4-Digit Diagnostic Codes
verwendet wird, beschränkt sich die folgende Darstellung auf die ursprüngliche
Diagnosestellung nach Majewski, um typische Auffälligkeiten darzustellen.
Diagnosebereiche (der mütterliche Alkoholkonsum ist zusätzlich möglichst zu sichern)
FAS
PFAS
PFAS ARBD
ARND
Dysfunktionen des zentralen
Nervensystems
Dysmorphie Wachstum
• Wachstum – prä- postnatale
Gedeih- Wachstumsstörungen
• Dysmorphie – körperliche
Veränderungen und Anomalien
• Dysfunktionen des ZNS –
Störungen im Bereich Neurologie,
Intelligenz, Verhalten
• FAS – Fetales Alkoholsyndrom
• PFAS – Fetale Alkoholeffekte
• ARBD – Alkoholbedingte
Geburtsschäden
• ARND – Alkoholbedingte
neurologische
Entwicklungsstörungen
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Unterteilung in Schweregrade nach Majewski (1980, 35)
• Es werden drei Schweregrade unterschieden, Übergänge (auch zum „Normalen“)
sind dabei fließend.
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26 wesentliche Symptome werden bewertet, hieraus ergibt sich ein Punkterang, der die Betroffenen in die Schädigungsgrade I (schwach betroffen), II (mittel betroffen) und III (stark betroffen) kategorisiert
< 10 Punkte soll als
Alkoholeffekte eingestuft
werden
10-29 Punkte milde Form
(Grad I)
30-39 Punke mittelgradige Form (Grad II)
ab 40 Punkte erhebliche
Form (Grad III)
Unterteilung in Schweregrade nach Majewski
Alkoholeffekte nach Majewski (weniger als 10 Punkte)
• Alkoholeffekte prägen sich nach relativ geringem Alkoholkonsum der
Mütter während der Schwangerschaft hauptsächlich am Gehirn aus
• Bei den körperlichen Symptomen nach Majewski zumeist weniger als 10 Punkte
• Oft Teilleistungsstörungen, die durch psychologische, psychometrische oder
verhaltensbezogene Untersuchungen erfasst werden können
• Jede Hirnregion kann von den Schädigungen betroffen sein
• Keine typischen psychiatrischen oder neurologischen Auffälligkeiten
• Alkoholeffekte sind in den ersten Lebensjahren zumeist nicht zu diagnostizieren
• Sind Angaben zum Alkoholkonsum der Mutter in der Schwangerschaft nicht zu
erheben, muss von möglichen Alkoholeffekten gesprochen werden, da auch andere
Faktoren die Entwicklung des Kindes während der Schwangerschaft negativ
beeinflussen (Nikotin, Drogen, Medikamente, Ernährung, Stress etc.)
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Unterteilung in Schweregrade nach Majewski
Schädigungsgrad I (weniger als 30 Punkte)
• Die leichte Form der Alkoholembryopathie ist oligosymptomatisch (nur wenig
Symptome)
• Das Gesicht kann uncharakteristisch sein
• Entwicklungsparameter sind unter dem Durchschnitt bzw. unter der Norm
• Geistig sind diese Kinder geringfügig „subnormal“
• Alkoholkrankheit der Mutter muss bekannt sein (Majewski 1980, 35, Löser 1995,
15)
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Unterteilung in Schweregrade nach Majewski
Schädigungsgrad II (30 - 39 Punkte)
• Bei der mittelschweren, moderaten Form sind die Gesichter der Kinder mit
Alkoholembryopathie auffällig
• intrauterin minderwüchsig, untergewichtig und mikrozephal
• mäßige neurologische Auffälligkeiten
• Geistige Minderbegabung, innere Fehlbildungen sind selten (Majewski 1980, 35,
Löser 1995, 14)
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Unterteilung in Schweregrade nach Majewski
Schädigungsgrad III (40 Punkte und mehr)
• Bei der starken Form zeigen die betroffenen Kinder fast alle Symptome auf:
• Erhebliche Wachstumsverzögerungen, Mikrozephalie, typische kraniofaziale
Anomalien, Muskelhypotonie, eine erhebliche geistige Behinderung und zahlreiche
innere Fehlbildungen (Löser, 1995,14; Majewski 1980, 35)
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USA: FAS 1:500-700, FAE 1:300-
350
Deutschland: FAS 1:365, FAE um ein vielfaches
häufiger
Häufigkeiten
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Spina Bifida ca. 1:700
Cerebralparese ca. 1:833
Down-Syndrom ca. 1:600-900
Zum Vergleich:
Häufigkeiten
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• Die Häufigkeitsangaben sind grobe Werte, es scheint Korrelationen mit dem
sozioökonomischen Lebensstatus und daraus resultierenden Lebenslagen zu geben
(Abel 1995, 437)
• Die Häufigkeit der Alkoholeffekte kann nicht zuverlässig angegeben werden, Löser (1995,
5) zieht Angaben der Deutschen Hauptstelle gegen die Suchtgefahren (DHS, 1985) heran,
nach denen 80% der Mütter während der Schwangerschaft mehr oder weniger Alkohol
trinken und nur 6% der Frauen völlig abstinent leben
• Da Alkohol die Noxe (der die Alkoholembryopathie verursachende Wirkstoff) ist, im
folgenden einige Informationen zum Thema Alkohol und Alkoholkonsum
Spina Bifida ca. 1:700
Cerebralparese ca. 1:833
Down-Syndrom ca. 1:600-900
USA: FAS 1:500-700, FAE 1:300-
350
Deutschland: FAS 1:365, FAE um ein vielfaches häufiger
Alkohol
• Im internationalen Vergleich ist in Deutschland der statistische Alkoholkonsum pro Kopf
hoch (1992):
12,0 Liter Alkohol/Person
8,1 Liter Alkohol/Person in den Niederlanden
6,9 Liter Alkohol/Person in den USA
• Im Langzeitvergleich ist der Alkoholkonsum in Deutschland leicht rückläufig (DHS):
• 1995 - 11,1 Liter Alkohol/Person
• 2008 - 9,9 Liter Alkohol/Person
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(Äthyl-) Alkohol (C₂H₅OH)…
• Entsteht durch die Vergärung von Zucker
• Alle zuckerhaltigen Nahrungsmittel können als Rohstoff verwendet werden
• Durch Destillation nach der Vergärung werden Flüssigkeiten mit hohem Alkoholgehalt
hergestellt
• Hat eine berauschende Wirkung
• Zählt zur Gruppe der Suchtmittel
• Ist legal zu erwerben, zu besitzen und zu verkaufen
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(Äthyl-) Alkohol (C₂H₅OH)…
• Ist als Genuss-, Nahrungs- und Rauschmittel seit Jahrtausenden bekannt
• Im Altertum zwar weit verbreitet, jedoch nicht zuverlässig und durchgängig verfügbar
• Ab Mittelalter und frühe Neuzeit kann ein ausgeprägter Alkoholkonsum belegt werden
• Mit zunehmender Verbreitung und Zugänglichkeit parallele Entwicklung von Problemen
der Auswirkungen massiven Konsums
• Staatliche Regulation als Versuch zur Eindämmung des Alkoholkonsums und seiner
Folgen, z.B. Prohibition in Amerika
• Heutzutage ist Alkohol praktisch ohne Begrenzung verfügbar, der Konsum ist
gesellschaftlich anerkannt, in Deutschland lediglich durch das Jugendschutzgesetz
formal geregelt
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(Äthyl-) Alkohol (C₂H₅OH)…
• Wird über die Schleimhäute des Verdauungstraktes aufgenommen und ins Blut
abgegeben
• Die höchste Konzentration im Blut ist 30-60 Minuten nach Konsum erreicht
• Über das Blut wird der aufgenommene Alkohol im gesamten Körper, bis in die
Gewebestrukturen verteilt
• Der Abbau erfolgt über die Leber, Atemluft, Schweiß und Urin abgebaut und
ausgeschieden
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(Äthyl-) Alkohol (C₂H₅OH)…
• In geringer Menge aufgenommen wird die Wirkung als anregend und
stimmungssteigernd, im Allgemeinen als angenehm empfunden
• Unterscheidung zwischen geringer und größerer menge wird von individuellen
Faktoren wie körperlicher, psychischer Verfassung, Gewöhnung, Toleranz u.a.
beeinflusst
• In mittleren und höheren Mengen aufgenommen kann heitere Stimmung schnell in
Gereiztheit, Aggression und Gewalt umschlagen
• Mit höherem Blutalkoholspiegel kommt es zu Vergiftungen und dadurch bedingt zu
Störungen in der Wahrnehmungsfähigkeit, Aufmerksamkeit, Urteilskraft,
Koordinationsfähigkeit u.a. bis hin zu Koma und Tod
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(Äthyl-) Alkohol (C₂H₅OH)…
• Unter Alkoholeinfluss entwickelt sich eine erhöhte Unfallgefahr, besonders im
Straßenverkehr
• Ein Großteil aggressiver Straftaten wird unter Alkoholeinfluss begangen
• hohes Potential für die Entwicklung einer psychischen und körperlichen Abhängigkeit
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(Äthyl-) Alkohol (C₂H₅OH)…
• Zahlreiche und schwerwiegende Folgeschäden bei regelmäßigem Alkoholkonsum
oberhalb bestimmter Grenzwerte möglich:
• Zellschädigungen in praktisch allen Gewebestrukturen des Körpers
• Fettleber
• Leberentzündung
• Leberzirrhose
• Bauchspeicheldrüsenveränderungen
• Erweiterung des Herzmuskels
• Veränderungen im zentralen und peripheren Nervensystem
• Erhöhtes Risiko auf Mund-, Rachen-, Speiseröhren- und Brustkrebs
• Vielfältige soziale Konflikte in Familie, Bekanntenkreis und Arbeitsumfeld
• Alkoholkonsum während der Schwangerschaft kann zu schwersten irreversiblen
Schädigungen am ungeborenen Kind führen
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Alkoholismus
,,Alkoholiker sind exzessive Trinker, deren Abhängigkeit vom Alkohol einen solchen Grad
erreicht, daß sie deutliche Störungen und Konflikte in ihrer körperlichen und geistigen
Gesundheit, in ihren mitmenschlichen Beziehungen, in ihren sozialen und wirtschaftlichen
Funktionen aufweisen oder sie zeigen Vorstufen einer solchen Entwicklung. Daher
brauchen sie eine Behandlung.“ (WHO)
In der ICD 10 (Internationale Krankheitsklassifikation) werden die Kriterien für Diagnosen
im Zusammenhang mit Alkoholkonsum im Kapitel F (Psychische und Verhaltensstörungen)
bei F10 (Psychische und Verhaltensstörungen durch psychotrope Substanzen) unter den
Codes F10.0 bis F10.9 differenziert:
• F10.0 akuter Rausch
• F10.1 schädlicher Gebrauch
• F10.2 Abhängigkeitssyndrom
• F10.3 Entzugssyndrom
• F10.4 Entzugssyndrom mit Delir
• F10.5 Psychotische Störung
• F10.6 Amnestisches Syndrom
• F10.7 Restzustand und verzögert
auftretende psychotische Störung
• F10.8 sonstige psychische und
Verhaltensstörung
• F10. 9 nicht näher bezeichnete
psychische Verhaltensstörungen
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Trinktypen nach Jellinek Alpha Alkoholismus Problem- und Erleichterungstrinker Psychisch abhängig, aufhören möglich
Beta-Alkoholismus Gelegenheitstrinker mit periodischem
Alkoholmissbrauch
Weder seelisch noch körperlich
abhängig, aufhören möglich
Gamma-Alkoholismus „Süchtiger“ Trinker (zumeist hochprozentige Getränke,
Rausch jedoch nicht die Regel)
Seelisch abhängig, Kontrollverlust
Gamma-Alkoholismus
voralkoholische Phase
Erleichterungsrinken; Toleranzabnahme für seelische
Belastungen, Alkohol als Kompensationsmittel;
Alkoholtoleranz nimmt zu
Gamma-Alkoholismus
Prodominalphase
Beginnt mit retrogarden Amnesien; Erinnerungslücken
nach Alkoholgenuss; Trinken in Konfliktsituationen;
alleine und heimliches Trinken; Fehlen von
Rauschzuständen
Gamm-Alkoholismus
Kritische Phase
Kontrollverluste; Entstehen von sozialen Konflikten und
Diskriminierung; Alkoholexzesse
Gamma-Alkoholismus
Chronische Phase
Regelmäßiges morgendliches Trinken; tagelange
Räusche; seelischer, körperlicher, sozialer Abbau;
schwerste Entzugserscheinungen
Epsilon-Alkoholismus Periodischer Trinker In regelmäßigen Abständen kommt es
zu seelisch-körperlichen Krisen mit
Unruhe, depressiven Verstimmungen,
Kontrollverluste über mehrere Tage
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Alkoholkonsum und Frauen
• Als Gründe für vermehrtes Trinken werden Anlasstrinken bei der Arbeit, Familienfesten oder
in der Freizeit angenommen, auch als Kompensationsbelastung durch häufige
Doppelbelastung durch Beruf und Familie (Alkohol als Selbstmedikation)
• Auslösende Faktoren sind oft Partnerschaftsprobleme oder ein mangelhaftes
Selbstwertgefühl; oft kommen Gewalterfahrungen in der Biografie vor
• Maximales Gefährdungsrisiko für Frauen alkoholabhängig zu werden liegt zwischen dem 20.
und 49. Lebensjahr
• Die „typische Trinkerin“ trinkt alleine und heimlich zu Hause, da es massive negative
gesellschaftliche Zuschreibungen gegenüber Alkoholikerinnen gibt
• Körperliche Folgen der Alkoholabhängigkeit treten bei Frauen früher auf als bei
Männern, die Entwicklung einer Abhängigkeit geschieht schneller als bei Männern
• Alkoholabhängige Frauen haben häufig organische Leberschäden, Untergewicht und
geändertes Ernährungsverhalten, Änderungen in den Elektrolyten und Spurenelementen
sowie gesteigerte Aufnahme von Genussmitteln wie Kaffee und Zigaretten und/oder
Medikamenten
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bc. T. Reißmann · www.sozialpädagogische-behindertenhilfe.de
TYP 1 – Merkmale TYP 2 - Merkmale
Sie beginnen verhältnismäßig spät (ca. mit 25 bis 40
Jahren) Alkohol in höherer Dosierung zu trinken
Sie beginnen früh (ca. mit 15 bis 20 Jahren) Alkohol in
höherer Dosierung zu trinken
Ihr Alkoholkonsum steht in direktem Zusammenhang mit
Ereignissen oder Lebenskrisen, die sie erheblich belasten
und die sie nicht bewältigen können
Ihr Alkoholkonsum steht in keinem Zusammenhang mit
einem Ereignis oder einer konkreten Lebenskrise - sie
stehen eher unter einer chronischen Anspannung
Sie werden von Schuldgefühlen geplagt - sie geben sich
Schuld an allem, was um sie herum passiert
Man kann davon ausgehen, dass viele Alkoholikerinnen
dieses Typs in ihrer Kindheit und Jugend misshandelt und
missbraucht wurden
Sie haben große Minderwertigkeitskomplexe, sie entwerten
sich selber und schätzen ihre eigenen Leistungen als gering
ein
Sie machen eher anderen Schuldzuweisungen
Sie leben in gutbürgerlichen Verhältnissen, sind häufig
verheiratet und pflegen Kontakte zur übrigen Familie
Ihr Selbstbild ist gekennzeichnet von innerer Zerrissenheit
– Größenphantasien stehen unmittelbar neben
Selbstentwertungen und Selbstbezichtigungen
Sie sind meist beruflich erfolgreich und haben einen
geradlinigen Lebenslauf
Ihre privaten Verhältnisse sind schwierig – auch als
Erwachsene werden sie häufig von den nächsten
Bezugspersonen misshandelt oder missbraucht
Sie haben psychosomatische Störungen, bevor sie
alkoholabhängig werden
Sie haben meist ein angespanntes Verhältnis zur Familie
Sie haben einen recht chaotischen Lebenslauf, was ihren
beruflichen Werdegang angeht
Tabelle entnommen: http://www.a-connect.de/frau.php [08.09.2010] bc. T. Reißmann · www.sozialpädagogische-behindertenhilfe.de
Alkoholkonsum in der Schwangerschaft
• Folge: Passiver intrauteriner Alkohol„genuss“ des Embryos bzw. Fötus
• Alkohol passiert die (normalerweise das ungeborene Kind schützende) Plazentaschranke
ungehindert, so dass er in viele physikalische und biochemische Stoffwechselvorgänge des
Embryos/Fötus eingreifen kann (z.B.: Beeinflussung des Sauerstoffverbrauches und des
Energiehaushaltes, Veränderungen im Protein-, Kohlenhydrat- und Fettstoffwechsel,
Veränderungen der Elektrolyte, der Spurenelemente und des Vitaminhaushaltes u.a.)
• Teratogene (äußere Einwirkungen, die Fehlbildungen beim Embryo hervorrufen können)
Wirkung des Alkohols ist nachgewiesen worden
• Die toxische Wirkung des Alkohols äußerst sich in Hypoplasien und Hypotrophien
(verschiedene Organ(system)unterentwicklungen)
• Alkoholkonsum kann das ungeborene Kind zu jedem Zeitpunkt der Schwangerschaft
schädigen, besonders intensiv in den kritischen Phasen der Entwicklung:
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Abb.: Merzenich, 2002, S.47; Kritische Phasen der Entwicklung bc. T. Reißmann · www.sozialpädagogische-behindertenhilfe.de
Alkoholkonsum in der Schwangerschaft
Einflussfaktoren auf die Schädigung des Kindes
• Phase der mütterlichen Alkoholkrankheit
• Mütter in chronischer Phase bringen signifikant mehr Kinder mit Schädigungsgrad
III zur Welt als Mütter in der prodominalen oder kritischen Phase der
Alkoholkrankheit
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Alkoholkonsum in der Schwangerschaft
Einflussfaktoren auf die Schädigung des Kindes
• Blutalkoholspiegel in den kritischen Phasen der Organogenese des Kindes
• Die Organsysteme entwickeln sich zeitversetzt zu verschiedenen Zeitpunkten in
individuell unterschiedlich langen Perioden
• das ZNS entwickelt sich während der gesamten Schwangerschaft, ist daher am
anfälligsten für Schädigungen
• sensibelste Phase: die ersten zwei Wochen nach der Befruchtung, in dieser Zeit
werden die inneren Organe und Extremitäten angelegt
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Alkoholkonsum in der Schwangerschaft
Einflussfaktoren auf die Schädigung des Kindes
• Alkoholtoleranz und Stoffwechselleistung der Leber der Mutter
• Alkoholtoleranz bei Mutter und Kind unterschiedlich, daher individuelle
Schädigungen unabhängig vom Alkoholspiegel im Blut möglich
• Stoffwechselleistung der Mutter ist von Phase der Alkoholkrankheit abhängig
• Plazentaschranke ist wirkungslos, Alkoholspiegel beim Ungeborenen daher
genauso hoch, wie bei der Mutter, allerdings kann die noch unreife Leber des
Kindes den Alkohol nicht selbständig abbauen, Alkohol diffundiert in das
mütterliche Blut zurück, der Abbauprozess ist daher abhängig von der
Stoffwechselleistung der Mutter (im Schnitt -0,15 ‰/Stunde), der Embryo/Fötus
bleibt der Alkoholkonzentration im Blut länger ausgesetzt als die Mutter
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Alkoholkonsum in der Schwangerschaft
Einflussfaktoren auf die Schädigung des Kindes
• Zusammenhang zwischen Trinkmenge und Schädigung:
• Bisher keine sichere Dosis-Wirkung-Beziehung für Entstehung des FAS gefunden
• scheinbar keine sichere Schwellendosis
• Alkoholikerinnen, die während der Schwangerschaft trinken haben ein ca. 32-
43%iges Risiko ein Kind mit FAS zu gebären
• Vollbild des FAS zumeist bei Kindern, deren Mütter in der kritischen oder
chronischen Phase des Alkoholismus sind
• „Durchschnittlicher“ Konsum jedoch genau wie gelegentlich exzessives Trinken
gefährlich und Faktor für Alkoholeffekte
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Auswahl der Folgen der intrauterinen Alkoholaufnahme
• Größe, Gewicht und Kopfumfang reduziert
• Gesichtsveränderungen (bilden sich mit zunehmendem Älterwerden zurück):
• Philtrum (vertikale Rinne zwischen Nase und Oberlippe) kaum ausgeprägt, evtl. verlängert
• Oberlippenrot insgesamt verschmälert
• Cupido-Bogen (Grenzlinie des Oberlippenrots/unterer Abschluss des Philtrums) kann fehlen
• Schließmuskel um die Mundöffnung ist unvollkommen ausgebildet, an der Oberlippe deutlicher als
an der Unterlippe; Schartenbildung
• fliehendes Kinn
• verkürzter Nasenrücken
• Eindruck eines abgeflachten, schmalen Mittelgesichts
• Zähne oft klein mit großen Zwischenräumen
• tief stehende Ohren, häufig malformiert mit peripheren Hörstörungen (daraus resultierenden
Problemen der Aufnahme akustischer Reize aus der Umwelt)
• schmale Augenlidspalten, zur Seite abfallende Lidachsen, evtl. hängende Oberlider, oft
Augenveränderungen mit Schwierigkeiten der visuellen Reizverarbeitung bc. T. Reißmann · www.sozialpädagogische-behindertenhilfe.de
Auswahl der Folgen der intrauterinen Alkoholaufnahme
• Im Säuglingsalter zumeist dünne, faltige und vermehrt dehnbare Haut mit durchscheinenden
Venen
• Haarwuchs manchmal (ca. 35%) nicht gleichmäßig, bzw. vermindert
• Handlinien häufig gering ausgebildet
• Häufig (>80%) orthopädische Störungen an Bindegewebe und Gelenken, Fehlbildungen an
Händen und Armen ohne typisches Fehlbildungsmuster
• evtl. Veränderungen der Skelettmuskulatur mit Folge eines hypotonen Muskeltonus
• Herzfehler
• Fehlbildungen des Urogenitaltraktes
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Auswahl der Folgen der intrauterinen Alkoholaufnahme
Neuropathologische Schäden am Gehirn (Untersuchungen zeigen ein ca. 25%
verkleinertes Gehirn bei Kindern mit FAS):
• Wachstumsstörung des gesamten Gehirns (Mikrozephalie)
• Verminderte Ausprägung der Hirnwindungen (Mikrogyrie)
• kleine Nervenzellen, verminderte Zellzahl (Hypotrophie und Hypoplasie)
• Defizite in der Dendritenstruktur
• Gestörte Ausbildung des auditiven Sensoriums
• …
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Auswahl der Folgen der intrauterinen Alkoholaufnahme
Schulisches Lernen:
• Defizite in der kognitiven Entwicklung
• Verkürzte Aufmerksamkeitsspanne
• Verkürzte Konzentrationsfähigkeit
• Abstraktion, Symbolisation, integrative Denkprozesse, Erlernen von Regeln, Erfassen
von Zusammenhängen, Konzeptbildung erschwert oder unmöglich
• Häufig ausgeprägte Rechenschwäche
• Schwierigkeiten mit Zeit, Entfernung, Umgang mit Geld, Ursache und Wirkung,
gedankliche Übertragung von einer Situation auf eine andere
• Verzögertes Lernen von Lesen und Schreiben
• Fähigkeit zum Buchstabieren meist gut, oft nur geringes Interesse am Lesen
• Verminderung der Erinnerungsleistung in Kurz- und Langzeitgedächtnis
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Auswahl der Folgen der intrauterinen Alkoholaufnahme
Kommunikation
• oft große Diskrepanz zwischen augenscheinlichen und tatsächlichen kommunikativen
Kompetenzen
• Schwierigkeiten in der Entschlüsselung verbaler Mitteilungen und im Aufbau effektiver
sozialer Kommunikation
• 90% der Kinder mit FAS zeigen eine gestörte Sprachentwicklung (Streissguth 1989):
Stottern, stammeln, Verzögerung beim Erwerb des Wortschatzes, der Artikulation, der
Syntax, des Redeflusses und des Sprachantriebs
• oft aufdringlich (intrusiv), geschwätzig und überneugierig
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Auswahl der Folgen der intrauterinen Alkoholaufnahme
Motorik
• 72% der Kinder mit FAS zeigen hyperaktive Verhaltensmuster, bei 42% dieser Kinder in
hochgradiger Ausprägung
• Unruhig, Bewegungen weitgehend unkontrolliert, überschießend, mangelnde
Impulskontrolle
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Auswahl der Folgen der intrauterinen Alkoholaufnahme
Emotionen
• Überwiegend gehobene Gemütsverfassung; fröhlich, zugewandt, kontakt-
mitteilungsfreudig; sehr selten depressiv, introvertiert oder autistisch
• Gefühlsäußerungen häufig instabil, schnelle Wechsel zwischen Lachen und Weinen
möglich
• Affektkontrolle oft nicht selbständig kontrollierbar
• Grundstimmung eher mürrisch, verdrießlich, trotzig
• Überdurchschnittlich oft Gesichtsticks, Nägelkauen, stereotype Bewegungen,
Haarausreißen, Jaktationen, Erziehungsprobleme
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Auswahl der Folgen der intrauterinen Alkoholaufnahme
Emotionen
• erhöhte Gefahr der stoffgebundenen Suchtentwicklung; Faktoren:
• Intrauterine Gewöhnung, dadurch Vertrautheit mit Suchtmittel
• Genetische Disposition (Verstoffwechselung von Alkohol wird genetisch kontrolliert)
• Soziofamiliäre Umweltfaktoren
• Persönlichkeitsstruktur (unkritisch, oft mangelnde Fähigkeiten der
Konsequenzabschätzung)
• vermehrte Risikobereitschaft, evtl. im Zusammenhang mit verminderter
Schmerzempfindlichkeit
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Auswahl der Folgen der intrauterinen Alkoholaufnahme
Sozialverhalten
• Kinder mit FAS werden wegen ihrer Ablenkbarkeit, Ungeduld, Lautheit, Durchbrechung von
Spielregeln oft abgelehnt
• Distanzloses Verhalten im Umgang mit Fremden
• leicht beeinflussbar, auch zu problematischen Verhaltensweisen (auch kriminelle Taten;
Suchtmittelkonsum etc.)
• Kontaktfreudig, werden jedoch häufig abgehlehnt und daher zum Außenseiter
• Kooperationsfähigkeit, Taktgefühl, Flexibilität im Sozialverhalten oft vermindert
• sehr selten aggressives, dissoziales Verhalten
bc. T. Reißmann · www.sozialpädagogische-behindertenhilfe.de
Auswahl der Folgen der intrauterinen Alkoholaufnahme
Arbeit/Beruf
• Je nach Schulabschluss Arbeitsstelle auf freiem Arbeitsmarkt oder in einer WfbM
(Werkstatt für behinderte Menschen)
• Schwierigkeiten im Umgang mit Kollegen oder Kunden möglich
• Bedürfnis nach Routinen kann im Rahmen vieler Arbeitsstellen nicht ausreichend erfüllt
werden
Freizeitgestaltung (Befragung Löser 1995; n=31)
• >50% der Betroffenen haben eingeschränkte oder keine Interessen, werden als
initiativlos, wenig spontan, schwer motivierbar beschrieben
• häufigste Freizeitbeschäftigungen: Fernsehen, Musik hören, basteln, PC-Spiele;
Interesse für Natur/Tiere, wandern
bc. T. Reißmann · www.sozialpädagogische-behindertenhilfe.de
Umfeldeinflüsse
Die Entwicklung eines Kindes mit FAS/FAE hängt neben der toxischen Schädigung durch den
Alkohol, den begleitenden Fehlbildungen und erblichen Faktoren erheblich auch von den sozialen
Umfeldbedingungen ab (Dysfunktionale vs. Funktionale Familiensystem)
• Herkunftsfamilie:
•Eine Familie mit alkoholkranken Mitgliedern ist als soziales System im Ganzen betroffen (Abhängigkeit und Co-
Abhängigkeit)
•Kommunikation innerhalb der Familie und nach außen ist gestört (Probleme sind in der Familie nicht kommunizierbar,
Öffnung nach außen untersagt)
•Gespannte Familienatmosphäre (Verlust von Vertrauen in zwischenmenschliche Beziehungen)
•Verhalten für die Kinder meist nicht berechenbar
•Belastung der Kinder durch Streitereien, Stimmungsschwankungen, Rausch- und Entzugszuständen, oft psychiatrische
Probleme (Halluzinationen, Suizidalität)
•Übernahme von Versorgungsleistungen für Geschwister oder Eltern
•Unberechenbarer Erziehungsstil, Misshandlungen
•Zunehmende Isolation (niemand darf das Familienproblem erfahren)
•Ambivalenzen (Liebe vs. Angst) bc. T. Reißmann · www.sozialpädagogische-behindertenhilfe.de
Umfeldeinflüsse
• leibliche Mutter
• Oft Schuldgefühlte gegenüber dem Kind, da schädigende Wirkung des
Alkoholkonsums als mögliche Konsequenz oft bewusst ist; hierdurch ungünstige
Einwirkung auf einen positiven pränatalen Mutter-Kind Beziehung
• Viele alkoholabhängige Frauen nehmen die
Schwangerschaftsvorsorgeuntersuchungen nicht wahr
• Mutter-Kind Verhältnis vom Alkohol überschattet: Gedanken der Mutter vom Alkohol
bestimmt, Kind wird in der Konsequenz oft unregelmäßig versorgt und den
alkoholbedingt wechselnden Stimmungen der Mutter ausgesetzt, die es nicht
verstehen kann; die Unberechenbarkeit des mütterlichen Verhaltens verunsichert das
Kind, Ängste können entstehen
• Kind läuft immer wieder Gefahr in den Grundrechten (Recht auf Leben, Anspruch auf
Pflege, zwischenmenschliche Beziehungen, uneigennützige Liebe, Sicherheit,
Geborgenheit, Erziehung und Bildung) verletzt zu werden
bc. T. Reißmann · www.sozialpädagogische-behindertenhilfe.de
Mögliche Entwicklungsauffälligkeiten im Lebenslauf
Säuglings- Kleinkindalter
• vorzeitige Geburt mit den typischen Schwierigkeiten (Hypothermie, Atemstörungen
etc.)
• Alkoholentzugssymptome innerhalb der ersten zwei Wochen bis (in Phasen) sechs
Monate nach der Geburt (Unruhe, Durchfälle, Erbrechen, schwitzen, zittern,
unregelmäßige Herztöne, Schlafstörungen etc.)
• Größe, Gewicht, Kopfumfang auffällig gering
• Säuglinge unruhig, ausdauernd weinend, leicht reizbar, nervös
• Entwicklungsverzögerung der Grobmotorik (krabbeln, laufen)
• Kleinkinder oft unaufmerksam, impulsiv, scheinbar keine Angst (auch nicht vor
Fremden)
bc. T. Reißmann · www.sozialpädagogische-behindertenhilfe.de
Mögliche Entwicklungsauffälligkeiten im Lebenslauf
Kindesalter
• rezeptive und expressive Sprachstörungen
• Schwierigkeiten beim Verstehen sozialer Vorgänge
• fehlende adäquate soziale Fertigkeiten
• Unvermögen auf verbale Anweisungen angemessen zu reagieren
• Lernen und Handeln von Defiziten in der Informationsverarbeitung beeinflusst
• Saug-, Ess-, Schluckstörungen in den ersten zwei Lebensjahren
• ungleichförmige, zielunsichere Bewegungsabläufe besonders im Bereich der Feinmotorik
• gestörter Schlaf-Wach-Rhythmus mit Einschlafschwierigkeiten
• Frühzeitige Überstimulation durch Berührung
• eingeschränkte soziale Fähigkeiten und Spielfertigkeiten
• sehr leicht frustierbar, misslingende Impulskontrolle, schnell wechselnde emotionale Zustände
• kurze Aufmerksamkeitsspanne
• herabgesetzte Reizempfindung (Kälte, Hitze, Schmerz, Hunger)
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Mögliche Entwicklungsauffälligkeiten im Lebenslauf
Schul- Jugendalter
• Schulfähigkeit je nach Ausprägung der Schädigungen (Schüler mit milden Formen
bzw. FAE häufiger auf Real- und Hauptschule, stärkere Formen bzw. FAS häufiger auf
verschiedenen Sonderschulen)
• Schwierigkeiten im abstrakten Denken, Gedächtnisprobleme
• soziale Außenseiter, unangemessene Kontaktaufnahme (z.B. Körperkontakte in Form
von Schubsen)
• Zusammenschluss mit anderen isolierten Jugendlichen, hohe Verführbarkeit zu
dissozialem Verhalten, kriminellen Handlugen, Drogenkonsum
• Emotional labil, Schwierigkeiten in der Impulssteuerung
• Rückzug, Apathie, Aggression bei Bemerken der Unterschiede in der kognitiven
Entwicklung, Unabhängigkeit und Identitätsfindung im Vergleich mit nicht betroffenen
Gleichaltrigen möglich
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Mögliche Entwicklungsauffälligkeiten im Lebenslauf
Erwachsenenalter
• Retaradation in Kognition und Entwicklung lebenslang andauernd
• beständige Probleme in der Bewältigung des Lebens
• Unverständnis von Abstraktion, Ursache-Wirkung-Verhältnissen, Übertragung von
Kenntnissen in andere Situationen bleiben bestehen
• soziale Isolation
• individuelles Maß an Hilfe und Unterstützung im Alltag notwendig (Finanzen,
Gesundheit, Wohnen, Arbeit)
• feste Strukturen und Routinen hilfreich
• Depressionen, Suizidalität
• Suchtgefährdung
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Zusammenfassend:
• Menschen mit FAS/FAE erscheinen manchmal kompetenter als sie sind, da
kognitive Einschränkungen durch oft sehr gute verbale Fähigkeiten überdeckt
werden
• Informationsverarbeitungsdefizite: Umsetzung verbaler Aufträge bzw. Umsetzung
einer konkreten Information in eine Handlung nicht immer möglich
• Schwierigkeiten bei der Aufnahme, Interpretation, Informationsverknüpfung,
Auffinden bereits gespeicherter Informationen, Anwendung von Wissen oder
Übertragung von Wissen/Informationen in eine neue Situation (daher oft der
Eindruck, dass aus Fehlern nicht gelernt wird)
• häufig leicht ablenkbar, ungeduldig und in der Reaktionszeit verlängert
• eingeschränkte Fähigkeit zu Figur- und Worterkennung sowie Raum- und
Formwahrnehmung
• Visuelle und akkustische Perzeptionsstörungen
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Unterstützungsmöglichkeiten
• Hilfen sind nicht FAS-spezifisch, spezielle Hilfen und Behandlungen gibt es nicht
• die folgenden Hilfemöglichkeiten orientieren sich am Lebenslauf
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Unterstützungsmöglichkeiten
Säuglings- Kleinkindzeit
• bei häufig und andauernd schreienden Babys kann es helfen, das Baby fest in
eine Decke einzuwickeln, Halt wird vermittelt, ohne dass es zu als unangenehm
empfundenen Körperkontakt kommt; vertikales Schaukeln auf dem Arm;
Autofahren; mit Baby auf dem Arm gehen; leises Singen und Sprechen
• bei Einschlaf- Durchschlafstörungen: natürlichen Schlaf-Wachrhythmus des
Kindes unterstützen; Bett in einen ruhige abdunkelbaren Raum mit etwas Abstand
vom übrigen Geschehen im Haus stellen; jeden Tag gleiche Routine vor der Bettzeit
(Einschlafritual, z.B. Bad, sanfte Massage, Lied etc.); füttern kurz vor der Bettzeit
kann das Einschlafen unterstützen
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Unterstützungsmöglichkeiten
Säuglings- Kleinkindzeit
• bei sensiblen Reaktionen auf Umweltreize: Erkennen, welche Reize das Kind
verarbeiten kann, um es nicht zu überfordern (Achtung: Gleichzeitig sind Umweltreize
für das Lernen und die Entwicklung des Kindes notwendig!); dem Kind Reize dann
anbieten, wenn es ruhig ist, bei Überstimulation wieder beruhigen; Anzeichen für
Überforderung können sein: Vermeiden von Blickkontakt, weinen etc.; langsame
Gewöhnung an mehrere gleichzeitige Stimuli; auch Stoffe von Bekleidung können zur
Überstimulation führen, Kleiderschilder können dann bspw. entfernt werden
• Saug-, Ess-, Schluckstörungen: Ruhige, entspannte Atmosphäre beim Essen;
Nahrung in vom Kind akzeptierter Form (nicht zu weich, klumpig, püriert etc., im
Extremfall Sondenernährung) bringen; bequemes Sitzen am Tisch, Körper durch
Armlehnen und Fußbank so stützen, dass motorische Unruhen nicht durch hängende
Extremitäten verstärkt werden; Erlaubnis, den Tisch zu verlassen, wenn das Kind nicht
mehr still sitzen kann
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Unterstützungsmöglichkeiten
Schulkinder und Jugendliche
• Aufmerksamkeit fokussieren:
• Mit Namen direkt und einzeln ansprechen
• Blickkontakt suchen
• langsam sprechen
• Inhalte durch Gesten, Mimik, Variation in Tonfall und Lautstärke unterstützen
• visuelle Hilfen
• Pausen zwischen kurzen Sätzen (Verarbeitungszeit geben)
• Informationen wiederholen, bei Bedarf neu und klarer strukturieren
• Lerninhalte in kleine Schritte gliedern
• routinierter Tagesablauf, Änderungen rechtzeitig mitteilen
• zu helles Licht, zu viele Bewegungen, Lärm, Unruhe, Farben, Aktivitäten oder
Menschenmengen können überfordern und Unruhe/Unkonzentriertheit
verstärken
bc. T. Reißmann · www.sozialpädagogische-behindertenhilfe.de
Unterstützungsmöglichkeiten
Erwachsene
• Suchtprävention
• Fernhalten von Alkohol auch in Medikamenten und Speisen
• Alkohol als Noxe besprechen
• bei Konsum: keine drastischen Konsequenzen, sondern Gespräche über die
Gefahren , um das Vertrauen aufrecht zu erhalten und keine Trotzreaktion
hervorzurufen
• Stärkung des Selbstvertrauens und Aufbau von Handlungskompetenz, z.B.
Rollenspiele mit Situationen der Konfrontation mit Alkohol
bc. T. Reißmann · www.sozialpädagogische-behindertenhilfe.de
Förderliche Faktoren in der Umweltgestaltung
• klare Struktur in der Umgebung (structure)
• Sorgsame Beaufsichtigung, kritische Situationen meiden (supervision)
• einfache, klare Informationen (simplicity)
• schrittweise Bewältigung von Aufgaben (steps)
• Lernanlässe, die sich direkt aus der Umwelt (des Kindes) ergeben (context)
bc. T. Reißmann · www.sozialpädagogische-behindertenhilfe.de
Mit einem traumatisierten 15 jährigen FAS-Kind zu leben, kann bedeuten, dass:
(Unveröffentlichtes Dokument aus dem FAS-Forum) bc. T. Reißmann · www.sozialpädagogische-behindertenhilfe.de
· das Kind Zeiten und Absprachen nicht einhalten kann
· das Kind keine Schuldgefühle kennt, keine Skrupel, keine Rücksichtnahme
· das Kind lange, nachdem das Wasser aus der Wanne gelaufen ist, völlig
blaugefroren weiter spielt und die Kälte nicht empfindet
· das Kind sich nicht selber duschen kann, sondern das sehr heiße Wasser nur
über sich laufen lässt, das Glas der Duschkabine aber 100% abtrocknet
· alle Wünsche sofort erfüllt werden müssen, da es sonst stundenlang debattiert,
droht, brüllt, um sich schlägt, das Haustier attackiert, gegen Wände donnert,
mit offener Feuerzeugflamme Gegenstände streift und irgendwann erschöpft
aufgibt
· das Kind beim Jugendamt Besserung verspricht, einschlägt und auf eine
Verabredung mit Freunden hinweist, mit denen einige Minuten später Shit
geraucht wird
· man gelegentlich die Polizei im Hause hat, weil das Kind nicht versteht, sich
gegen Kriminelle abzuschirmen und kriminelle Handlungen selber einleitet
· andere Kinder vor der Tür stehen und auf eine Verabredung mit ihm hinweisen, das
Kind sich aber spontan mit einer anderen Person getroffen hat
· man mit Strafen nichts erreicht
Spezialisierte, professionell betreute stationäre Wohnplätze für Kinder,
Jugendliche, Erwachsene mit FASD bieten z.B. die folgenden Einrichtungen:
Evangelisches Kinderheim
Sonnenhof e.V.
Neuendorfer Straße 60,
13585 Berlin (Spandau)
Tel.: 030 - 335 80 31
Fax: 030 - 337 98 15
e-mail: sonnenhof-ev@t-online.de
homepage: www.ev-
sonnenhof.de
Stift Tilbeck GmbH
Tilbeck 2
48329 Havixbeck
Tel 02507 981-0
Fax 02507 981-790
e-mail: stegemann.s@stift-
tilbeck-gmbh.de
homepage: http://www.stift-
tilbeck-gmbh.de
Das Fetale
Alkoholsyndrom
ist zu 100%
vermeidbar bc. T. Reißmann · www.sozialpädagogische-behindertenhilfe.de
Präsentation erstellt unter Nutzung folgernder Quellen:
Adler, K. (2006). Studie über das Sozialverhalten alkoholgeschädigter Kinder und Erwachsener. Dissertation Westfälische Wilhelms-Universität Münster.
[http://miami.uni-muenster.de/servlets/DerivateServlet/Derivate-3300/diss_adler.pdf]
Drozella, A. (1998). Zum aktuellen Forschungsstand des fötalen Alkoholsyndroms. [http://www.uni-due.de/~ibp010/alkemb/Drozella/inhalt0.htm]
Günther, A. (2003). Das Fetale Alkoholsyndrom. Mögliche Folgen von Alkohol in der Schwangerschaft für das Kind, die Auswirkungen auf die Familie und
Möglichkeiten der Prävention. Diplomarbeit Fachhochschule Erfurt. [http://www.fasworld.de/arb/dipl_arb_guenther.pdf]
Juretko, K. (2006). Das Muster kognitiver Funktionsstörungen bei Patienten mit fetalem Alkoholsyndrom und fetalen Alkoholeffekten. Schwerpunkt: Die Intelligenz.
Dissertation Westfälische Wilhelms-Universität Münster. [http://deposit.ddb.de/cgi-
bin/dokserv?idn=98310106x&dok_var=d1&dok_ext=pdf&filename=98310106x.pdf]
Knieper, A. (2007). Entwicklungsrisiken und –chancen von Kindern mit Fetalem Alkoholsyndrom. Diplomarbeit Hochschule Vechta.
[http://www.fasworld.de/AlexandraK.pdf]
Kopera-Frye, K.; Connor, P. D. ; Streissguth, A. P. (2000). Neue Erkenntnisse zum fötalen Alkoholsyndrom - Implikationen für Diagnostik, Behandlung und Prävention.
[http://www.agsp.de/html/a12.html]
Lais, R. (2003). Das Fetale Alkohols-Syndrom (FAS) – eine vermeidbare Tragödie. Diplomarbeit Universität Kiel. [http://www.fasworld.de/arb/dipl_arb_lais.pdf]
Löser, H. (1995). Alkoholembryopathie und Alkoholeffekte. Stuttgart: Fischer
http://www.ev-sonnenhof.de/
http://www.fasworld.de/
http://www.dimdi.de/dynamic/de/klassi/diagnosen/icd10/htmlamtl2006/fr-icd.htm
http://www.dhs.de/index.php
http://www.a-connect.de/frau.php
http://www.dimdi.de/static/de/index.html
http://www.fasworld.de/ZusammenfassungSymp07.pdf