Post on 26-Aug-2019
Innovations- und Technologiemanagement
am Beispiel der Porenbrennertechnologie
Der Technischen Fakultät der
Universität Erlangen-Nürnberg
zur Erlangung des Grades
DOKTOR-INGENIEUR
vorgelegt von
Josef Wolfgang Glaß
Erlangen, 2004
II
Als Dissertation genehmigt von
der Technischen Fakultät der
Universität Erlangen-Nürnberg
Tag der Einreichung: 28.05.2004
Tag der Promotion: 13.09.2004
Dekan: Prof. Dr. A. Winnacker
Berichterstatter: Prof. Dr. Dr. h.c. F. Durst
Prof. Dr. K.-I. Voigt
III
Danksagung
Die vorliegende Arbeit entstand während meiner Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter
am Lehrstuhl für Strömungsmechanik (LSTM-Erlangen) der Friedrich-Alexander-Universität
Erlangen-Nürnberg.
Mein Dank gebührt an erster Stelle Herrn Prof. Dr. Dr. h.c. Franz Durst für die Möglichkeit,
eine von mir angestrebte interdisziplinäre Arbeit an seinem Lehrstuhl durchzuführen. Dies
ermöglichte mir, über den Tellerrand der rein technischen Herausforderungen hinwegzubli-
cken.
Weiterhin habe ich Herrn Prof. Dr. Kai-Ingo Voigt, dem Inhaber des Lehrstuhls für Industrie-
betriebslehre der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg für die Übernahme der
Zweitbegutachtung und die Begleitung des wirtschaftswissenschaftlichen Teils der Arbeit zu
danken.
Mein besonderer Dank gilt den beiden Leitern der Arbeitsgruppe „Strömungen mit chemi-
schen Reaktionen“, Herrn Dr.-Ing. Dimosthenis Trimis und Herrn Dr.-Ing. Franz v. Issendorff
für die stets engagierte und mehr als kompetente Anleitung und Unterstützung bei Problem-
stellungen aller Art.
Ebenso möchte ich Herrn Dr. Ulrich Dörrie, dem Akademischen Direktor des Lehrstuhls für
Industriebetriebslehre der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, für seine her-
vorragende und pragmatische Betreuung danken.
Für das angenehme und fortdauernd fröhliche und kreative Arbeitsklima zeichnen insboson-
dere meine Kollegen verantwortlich. Herr Dr.-Ing. Klemens Wawrzinek ermöglichte mir durch
eine perfekte Einarbeitung einen optimalen Einstieg in die Arbeitsgruppe, Herr Alexander
Mach hielt mir in der Schlussphase durch eine sehr professionelle Übernahme meiner Pro-
jekte den Rücken frei. Nicht unerwähnt sollen die Leistungen von Herrn Denis Kossolapov
bleiben, der mich all die Jahre vor den sonst üblichen EDV-Katastrophen bewahrte.
Ferner möchte ich den Mitarbeitern der Fa. Gogas Goch GmbH & Co., allen voran Herrn
Dieter Gruchot und Reinhold Krieger, sowie dem gesamten CERPOR-Projektteam für die
hervorragende und konstruktive Zusammenarbeit danken. Herrn Dr.-Ing. Jochen Volkert von
der Firma promeos GmbH möchte ich für die Unterstützung in der Konzeptphase der Arbeit
danken.
IV
Eine wertvolle Unterstützung waren mir stets die studentischen Mitarbeiter. So hat Herr Hen-
rique Cabeleira im Zuge seiner Diplomarbeit einen wertvollen Beitrag zu meiner Arbeit geleis-
tet. Die Unterstützung durch Frau Siew Siew Yip, Herrn Benedikt Schürer und Herrn Ümit
Isler ermöglichte mir, mich neben dem Tagesgeschäft auch mit den Inhalten der vorliegen-
den Arbeit zu beschäftigen.
Ebenso wichtig war für den Erfolg der konstruktiv-experimentellen Abschnitte meiner Arbeit
die gute Zusammenarbeit mit der Elektronik- und Mechanikwerkstatt. In diesem Zusammen-
hang möchte ich insbesondere Herrn Josef Hubert und Herrn Heinz Hedwig danken. Ein
besonderer Dank an dieser Stelle gilt Herrn Karl Nigge vom Lehrstuhl für Werkstoffwissen-
schaften, der mich im Rahmen von Werkstoffuntersuchungen tatkräftig unterstützte.
Nicht zuletzt möchte ich meiner Mutter für die während meiner gesamten Ausbildung andau-
ernde Unterstützung danken.
Meiner Lebensgefährtin Frau Katja Proft kann ich nicht genug Dank dafür zollen, dass sie mir
all die Jahre den Rücken stärkte und ihre Lebensfreude auch in schwierigen Situationen mit
mir teilte.
Erlangen, Oktober 2004 Josef Glaß
V
Für Katja
VI
VII
INHALTSVERZEICHNIS
1 Einleitung und Zielsetzung............................................................ 3
1.1 Allgemeine Einführung................................................................................................... 3
1.2 Die Porenbrennertechnik ............................................................................................... 3
1.3 Inhalt und Struktur der Arbeit ........................................................................................ 3
2 Systematisierung der Forschung an Forschungseinrichtungen 3
2.1 Einleitende Bemerkungen.............................................................................................. 3
2.2 Ziele der Forschung an Forschungseinrichtungen ..................................................... 3
2.3 Ableitung der Anforderungen an die Innovationsmanagement-Methoden in Forschungseinrichtungen.............................................................................................. 3
3 Methoden des Innovationsmanagements für Forschungseinrichtungen............................................................. 3
3.1 Ideengewinnung.............................................................................................................. 3 3.1.1 Ideensammlung .........................................................................................................................3 3.1.2 Ideengenerierung.......................................................................................................................3
3.1.2.1 Brainstorming ....................................................................................................................3 3.1.2.2 Brainwriting .......................................................................................................................3 3.1.2.3 Morphologische Analyse ...................................................................................................3 3.1.2.4 Synektik.............................................................................................................................3 3.1.2.5 Weitere Methoden zur Ideengenerierung ..........................................................................3
3.2 Bewertungs- und Selektionsmethoden......................................................................... 3 3.2.1 Qualitative Verfahren .................................................................................................................3
3.2.1.1 Verbale Einschätzungen und Checklisten .........................................................................3 3.2.1.2 Ganzheitliche Präferenzbildung.........................................................................................3
3.2.2 Semiquantitative Methode – Nutzwertanalyse ...........................................................................3 3.2.2.1 Beschreibung der Standardversion der Nutzwertanalyse ..................................................3 3.2.2.2 Weiterentwicklungen der Nutzwertanalyse ........................................................................3
3.2.3 Quantitative Verfahren ...............................................................................................................3
3.3 Werkzeuge zur Zukunftsbetrachtung............................................................................ 3 3.3.1 Lebenszyklus-Konzept...............................................................................................................3 3.3.2 Das Erfahrungskurven-Konzept .................................................................................................3 3.3.3 Szenarien und Referenzsysteme ...............................................................................................3
3.4 Das Technologieportfolio............................................................................................... 3
3.5 Das Funktionalmarktkonzept......................................................................................... 3
4 Entwicklung einer Innovationsmanagement-Methodik für Forschungseinrichtungen............................................................. 3
4.1 Methodische Unterstützung der Ideengewinnung....................................................... 3
4.2 Ideenbewertung .............................................................................................................. 3 4.2.1 Einbau einer Vorselektion ..........................................................................................................3 4.2.2 Modifikation des Technologieportfolios für Forschungseinrichtungen ........................................3 4.2.3 Informationsbeschaffung bei der Bewertung..............................................................................3
4.2.3.1 Technologieattraktivität......................................................................................................3 4.2.3.2 F&E-Aufwand bzw. Zeit .....................................................................................................3 4.2.3.3 Marktpotenzial ...................................................................................................................3 4.2.3.4 Risiko ................................................................................................................................3
VIII
4.2.4 Auswahl der betrachteten technologischen Alternativen ............................................................3
4.3 Ableitung des Handlungsprogramms............................................................................3 4.3.1 Definition der Normstrategien ....................................................................................................3 4.3.2 Berücksichtigung von Synergiepotenzialen................................................................................3
4.4 Die Vorgehensweise im Überblick .................................................................................3
5 Bewertung der Porenbrennertechnologie und Ableitung eines Handlungsprogramms ...................................................................3
5.1 Funktionsprinzip der Porenbrennertechnologie ..........................................................3
5.2 Vorteile der Porenbrennertechnik..................................................................................3
5.3 Nachteile der Porenbrennertechnik...............................................................................3
5.4 Kurzbeschreibung der Porenbrenner-Anwendungen..................................................3
5.5 Strukturierung der Anwendungen im Technologiebaum ............................................3
5.6 Vorüberlegungen für die Bewertung .............................................................................3 5.6.1 Kostenentwicklung der keramischen Werkstoffe........................................................................3 5.6.2 Szenario Wasserstoffwirtschaft und Brennstoffzelle...................................................................3 5.6.3 Szenario Kraft-Wärme-Kopplung ...............................................................................................3
5.7 Bewertung der Porenbrenneranwendungen.................................................................3 5.7.1 Ausschluss von Ideen mit geringem Potenzial durch Vorselektion.............................................3 5.7.2 Bewertung der Anwendungen....................................................................................................3
5.7.2.1 Industriestrahler.................................................................................................................3 5.7.2.2 Großkessel für Dampf- und Heißwassererzeuger..............................................................3 5.7.2.3 Industrieöfen .....................................................................................................................3 5.7.2.4 Gas-Haushaltsheizung ......................................................................................................3 5.7.2.5 Öl-Haushaltsheizung .........................................................................................................3 5.7.2.6 Warmlufterzeuger..............................................................................................................3 5.7.2.7 Hellstrahler für Gebäudeheizung .......................................................................................3 5.7.2.8 Stand- und Zusatzheizung für Kfz .....................................................................................3 5.7.2.9 Mobile Heizung..................................................................................................................3 5.7.2.10 Gasturbinenpilotbrenner ....................................................................................................3 5.7.2.11 Porenbrenner in der Brennstoffzellenperipherie ................................................................3 5.7.2.12 Stirlingmotor ......................................................................................................................3 5.7.2.13 Kopplung Thermophotovoltaik (TPV) und Porenbrennertechnologie .................................3 5.7.2.14 Brennersystem für Dampfmotor.........................................................................................3 5.7.2.15 FCKW-Spaltung ................................................................................................................3 5.7.2.16 Chlorwasserstoffsynthese .................................................................................................3 5.7.2.17 Rußerzeugung...................................................................................................................3 5.7.2.18 Synthesegaserzeugung.....................................................................................................3
5.8 Handlungsprogramm für die Porenbrennertechnologie..............................................3
5.9 Interpretation der Bewertungsergebnisse ....................................................................3
6 Exemplarische Umsetzung des Handlungsprogramms..............3
6.1 Werkstoffoptimierungen für die Porenbrennertechnologie ........................................3 6.1.1 Reaktionsverhalten der eingesetzten Hochtemperaturkeramiken ..............................................3
6.1.1.1 Gaskorrosion nichtoxidkeramischer Werkstoffe.................................................................3 6.1.1.2 Wasserdampfkorrosion und Einfluss anderer Reaktionspartner ........................................3 6.1.1.3 Sinterprozesse ..................................................................................................................3 6.1.1.4 Schmelzpunkterniedrigung durch Mehrkomponentensysteme ..........................................3
6.1.2 Stand der Werkstoffentwicklung für die Verbrennung in porösen Medien ..................................3 6.1.3 Analyse der Schadensfälle aus den Feldtests............................................................................3 6.1.4 Optimierungskonzept für Werkstoffe..........................................................................................3 6.1.5 Umsetzung der Maßnahmen......................................................................................................3
6.1.5.1 Umsetzung der kurzfristigen Maßnahmen.........................................................................3 6.1.5.2 Erarbeitung eines Testkonzepts für Al2O3-Faserkeramik ...................................................3
IX
6.1.5.3 Erarbeitung eines Testkonzepts für SiSiC-Keramik ...........................................................3 6.1.6 Zusammenfassung der Werkstoffoptimierung............................................................................3
6.2 Flammenüberwachung bei der Verbrennung in porösen Medien.............................. 3 6.2.1 Vorstellung der technischen Alternativen zur Flammenüberwachung ........................................3
6.2.1.1 Überwachung durch Temperaturmessung.........................................................................3 6.2.1.1.1 Thermoelektrische Überwachung..................................................................................3 6.2.1.1.2 Überwachung mit Thermistoren ....................................................................................3
6.2.1.2 Optische Flammenüberwachung .......................................................................................3 6.2.1.2.1 Überwachung im UV-Bereich ........................................................................................3 6.2.1.2.2 Überwachung im sichtbaren Spektralbereich ................................................................3 6.2.1.2.3 Überwachung im IR-Bereich .........................................................................................3
6.2.1.3 Ionisationsstromüberwachung...........................................................................................3 6.2.2 Ionisationsvorgänge in Flammen ...............................................................................................3
6.2.2.1 Einfluss des elektrischen Feldes auf Ionen........................................................................3 6.2.2.2 Messmethoden zur Bestimmung von Ionenkonzentrationen .............................................3 6.2.2.3 Berechnung des Ionisationssignals ...................................................................................3
6.2.3 Experimentelle Untersuchungen zur Ionisationsstrommessung im Porenbrenner......................3 6.2.3.1 Aufbau des Messsystems..................................................................................................3 6.2.3.2 Voruntersuchungen zur Leitfähigkeit der eingesetzten Keramiken ....................................3 6.2.3.3 Einfluss des porösen Mediums..........................................................................................3 6.2.3.4 Ionisationsspannung und Polarität.....................................................................................3 6.2.3.5 Position der Ionisationselektrode.......................................................................................3 6.2.3.6 Geometrie der Elektroden .................................................................................................3 6.2.3.7 Abhängigkeit von der Luftzahl ...........................................................................................3 6.2.3.8 Verhalten in der Startphase...............................................................................................3
6.2.4 Numerische Berechnungen der Ionenkonzentrationen ..............................................................3 6.2.4.1 Modellierung der Verbrennung unter Berücksichtigung von Ionen.....................................3 6.2.4.2 Einfluss der verwendeten Reaktionsmechanismen ...........................................................3 6.2.4.3 Vergleich der numerischen mit experimentellen Ergebnissen ...........................................3
6.2.4.3.1 Vergleich der Luftzahlabhängigkeit des Ionisationsstromes ..........................................3 6.2.4.3.2 Vergleich von freier Flamme mit Verbrennung in porösen Medien ................................3
6.2.5 Zusammenfassung der Ergebnisse zur Ionisationsstromüberwachung......................................3
7 Zusammenfassung und Ausblick ................................................. 3
8 Literaturverzeichnis....................................................................... 3
9 Anhang ........................................................................................... 3
9.1 Anhang A: Temperaturprofile für Vergleich zwischen freier Flamme und Verbrennung in porösen Medien .......................................................................................................... 3
9.2 Anhang B: FCKW - Einfacher Kostenvergleich der Energien..................................... 3
9.3 Anhang C: HCl-Synthese - Kostenvergleichsrechnung zwischen Methan und Wasserstoff ..................................................................................................................... 3
9.4 Anhang D: Tabellen zur Berechnung der Technologieattraktivität............................ 3
X
VERWENDETE FORMELZEICHEN UND ABKÜRZUNGEN
Einige der verwendeten Formelzeichen sind doppelt belegt. Bei mehrdeutigen Zeichen ist bei
der Erläuterung das entsprechende Kapitel, in dem das Zeichen anders als in der restlichen
Arbeit belegt ist, mit angegeben.
Lateinische Buchstaben:
Größe Erläuterung Einheit
A Fläche m²
a Temperaturleitfähigkeit m²/s
At Ausgaben in der Peride t €
c Konzentration mol/m³
C0 Kapitalwert €
d Abstand m
D Diffusionskoeffizient m²/s
d Durchmesser m
E el. Feld V/m
e Elementarladung As
Et Einnahmen in der Periode t €
I el. Strom A
I0 Anfangsinvestitionen €
kp parabol. Ratenkonstante m²/t
m Faktor für Stofftransport
n Anzahl
n Faktor für Stofftransport
P Leistung W
Q el. Ladung As
R el. Wiederstand V/A
r Kalkulationszinsfuß
r Radius m
SL Laminare Flammengeschwindigkeit m/s
t Zeit s
U el. Spannung V
v Geschwindigkeit m/s
x Radius m
XI
Fortsetzung: Lateinische Buchstaben:
Größe Erläuterung Einheit
x Schichtdicke m
z zukünftiger Zustand
z0 derzeitiger Zustand
Griechische Buchstaben:
Größe Erläuterung Einheit
∆ Differenz
ε Porosität
λ Wärmeleitfähigkeitskoeffizient W/(m K)
α Wärmeübergangskoeffizient W/(m² K)
λ Luftzahl
µ Mobilität m²/Vs
ρ Dichte kg/m³
Indizes, tiefgestellt
Größe Erläuterung
eff effektiv
F Flamme
f Fluid, das Fluid betreffend
G Gehäuse
K Keramik
k k-te Komponente
L Leiter
p Pore, die Pore betreffend
XII
Abkürzungen
Größe Erläuterung
AC Wechselstrom
APU auxiliary power unit
ATR Autotherme Reformierung
BZ Brennstoffzelle
CFD Computational Fluid Dynamics
CHE Centrum für Hochschulentwicklung
CPM Customer Process Monitoring
CPOX Katalytische partielle Oxidation
DC Gleichstrom
DFG Deutsche Forschungsgemeinschaft
DLR Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt
F&E Forschung und Entwicklung
FCKW Fluor-Chlor-Kohlenwasserstoffe
FLOX Flameless Oxidation
G Gewichtungsfaktor
GRI Gas Research Institute, Berkeley, USA
GuD Gas- und Dampf(turbine)
IR Infrarot
KMU Kleine und mittlere Unternehmen
KWK Kraft-Wärme-Kopplung
MFC Mass Flow Controller, Massenflussregler
PB Porenbrenner
PEM polymer electrolyte membran
POX Partielle Oxidation
RBSiC Reaktionsgebundenes Siliziumkarbid
RS Ressourcenstärke
SiC Siliziumkarbid
SiSiC Silizium infiltriertes Siliziumkarbid
SOFC solide oxide fuel cell
SSiC drucklos gesintertes Siliziumkarbid
TA Technologieattraktivität
XIII
Fortsetzung: Abkürzungen
Größe Erläuterung
TPOX Thermische partielle Oxidation
TPV Thermophotovoltaik
UV Ultraviolett
VDMA Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau e.V.
Kennzahlen
Symbol und Definition Kennzahl
k
fk D
aLe ≡ Lewis-Zahl der Komponente k
f
effpL
a
dSPe ,≡ modifizierte Péclet-Zahl
XIV
Zusammenfassung
Die vorliegende Dissertation beschäftigt sich mit der Fragestellung, wie Methoden des Inno-
vationsmanagements nutzbringend zur Steuerung von Aktivitäten an Forschungseinrichtun-
gen eingesetzt werden können, um den ökonomischen Nutzen der Forschungsergebnisse
durch eine Steigerung der Innovationsleistung zu erhöhen. Die Fragestellung wird dabei an
dem konkreten Beispiel der Porenbrennertechnologie, einer innovativen Verbrennungstech-
nologie mit hoher Anwendungsbreite, diskutiert. Ausgehend von einer Zieldefinition der For-
schung an Forschungseinrichtungen werden die Anforderungen an Innovationsmanagement-
Methoden abgeleitet. Basierend auf den bestehenden Verfahren, die in der Arbeit vorgestellt
und beurteilt werden, erfolgt die Entwicklung einer den Anforderungen der Forschungsein-
richtungen angepassten Vorgehensweise. Den methodischen Kern bildet dabei eine Portfo-
lioanalyse, bei der die Inhalte durch Nutzwertanalyse und qualitative Methoden ermittelt wer-
den. Aufgrund der Unterschiede zwischen Unternehmen und Forschungseinrichtungen kann
dabei das Technologieportfolio nicht direkt übernommen werden, weshalb eine Methodenva-
riation erarbeitet wird. Als Ergänzung zu der Einzelbetrachtung im Portfolio wird eine Syner-
giematrix eingeführt, die eine Berücksichtigung von Synergieeffekten zwischen verschiede-
nen Anwendungen ermöglicht. Eine ausführliche Bewertung der Porenbrenneranwendungen
sowie die Erarbeitung einer Roadmap für die Porenbrennertechnologie verdeutlichen und
konkretisieren zum einen das große Potenzial der Technologie und bringen des Weiteren
zum Ausdruck, dass Innovationsmanagement-Methoden erfolgreich an Forschungseinrich-
tungen eingesetzt werden können. Die vielen Freiheitsgrade aufgrund der großen Zahl an
Optionen erfordern bei der Methodenanwendung neben dem methodischen Know-how ein
hohes Maß an Fachkompetenz bei Zusammenstellung, Verdichtung und Interpretation der
Informationen. Die Arbeit beinhaltet darüber hinaus in einem technisch-operativen Teil die
Umsetzung einiger im Handlungsprogramm aufgeführten Arbeitspakete. Die Schwerpunkte
liegen auf der Optimierung der im Porenbrenner eingesetzten Porenkörper sowie der Unter-
suchung der Ionisationsstromüberwachung zur Flammenerkennung. Die in der Arbeit erziel-
ten Verbesserungen leisten dabei einen wichtigen Beitrag bei der Markteinführung des ersten
Porenbrenners in der Trocknungstechnik durch einen Kooperationspartner.
XV
Abstract
The present doctoral thesis investigates innovation management methods which can be used
for the control of activities in research facilities in order to increase the innovation output and
so achieve a higher economical benefit. The investigations are performed on the concrete
example of the porous media burner technology which is a newly developed combustion
technology with a wide range of applications. Starting from a definition of the goals of re-
search activities in research facilities, the requirements for innovation management methods
are deduced. Based on existing innovation management techniques that are introduced and
evaluated in the work, a suitable procedure for the chosen research area is developed. The
core of the procedure is built upon a portfolio analysis with information determined by a value
benefit analysis and qualitative methods. Because of differences between companies and
research facilities, the technology portfolio cannot be adopted directly, so a variation of the
method is devised. In addition to the portfolio concept with regard to each application, a syn-
ergy matrix is established allowing the consideration of synergy effects between the applica-
tions. A detailed assessment of the porous media burner applications as well as the formula-
tion of a roadmap for the porous media burner technology clarify and concretise the enor-
mous potential of the technology and show that innovation management methods can be
applied in research facilities successfully. However the large number of options demand, in
addition to the methodical know how, a high level of professional competence for assembling,
aggregation and interpretation of the information. The work also contains the realization of
several work packages from the roadmap in a technical part. The focus is placed on the op-
timization of the porous structures used in the porous media burners and the investigation of
ionization current for flame detection. The improvements achieved in this work make an im-
portant contribution to the market introduction of the first porous media burners for drying
purposes by an industrial partner.
XVI
1
1 Einleitung und Zielsetzung
1.1 Allgemeine Einführung
Die Freiheit der Forschung ist in Deutschland im Grundgesetz in Artikel 5 Absatz 3 verankert
und garantiert jedem Einzelnen, der in Wissenschaft, Forschung und Lehre tätig werden will
oder ist, ein Grundrecht auf freie wissenschaftliche Betätigung. Forschung wird somit wesent-
lich durch die sich frei entwickelnde Initiative Einzelner geformt. Auf der anderen Seite bilden
wissenschaftliche Erkenntnisse die Grundlage für Produkte und Dienstleistungen, auf denen
unser derzeit hoher Lebensstandard beruht. Daher leitet sich ein generelles Interesse ab,
Ergebnisse der Wissenschaft zu marktfähigen Produkten zu entwickeln. Die Forschung wird
somit auch durch marktseitige Impulse stimuliert. Der für das Zusammenspiel zwischen For-
schung und Marktbedürfnissen notwendige Transfer von Forschungsergebnissen in Produkte
ist in Deutschland gegenwärtig im internationalen Vergleich ins Stocken geraten. So hat bei-
spielsweise in den 90er Jahren die deutsche Wirtschaft bei der Entwicklung forschungsinten-
siver und marktfähiger Produkte bzw. wissensintensiver Dienstleistungen im internationalen
Vergleich an Boden verloren, insbesondere gegenüber den USA. Deutschland ist es damit im
letzten Jahrzehnt offenbar weniger gut gelungen, die in unserem Land vorliegenden Potentia-
le an Humankapital, Wissenschaft, Forschung und Technologie auszubauen und diese in
marktfähige Produkte und damit in Wachstum und Beschäftigung umzusetzen. Ohne eine
neue Innovations- und Wachstumsdynamik wird sich der Zustand weiter verschlechtern [1].
Da die gegenwärtige finanzielle Situation der öffentlichen Kassen in Deutschland einer signi-
fikanten Ausweitung des Ressourceneinsatzes in der Forschung entgegensteht, ist der aktu-
ell zu beobachtende Versuch seitens der Politik verständlich, koordinierend in die For-
schungslandschaft einzugreifen um die Effektivität der Forschung zu verbessern. Die Steue-
rung erfolgt über die zum großen Teil noch in staatlicher Hand liegende Finanzierung der
Forschungseinrichtungen. Bei der Mittelvergabe werden nicht mehr wie in der Vergangenheit
hauptsächlich rein wissenschaftliche Kriterien zur Anwendung gebracht, sondern zunehmend
auch ökonomische Aspekte berücksichtigt [2], [3]. Es wird immer häufiger der Anspruch an
die Forschungseinrichtungen gestellt, mit den Forschungsergebnissen einen aktiven Beitrag
zur wirtschaftlichen Weiterentwicklung zu leisten [2], [3], [4], [5]. Erkenntnisse aus der For-
schung sollen zielgerichtet in die Unternehmen transferiert werden und dort Wachstum und
neue Arbeitsplätze schaffen [3]. Dieser Wandel der Forschungsförderung befindet sich be-
reits durch verschiedene Maßnahmen in der Umsetzung. Wie aus Abbildung 1 hervorgeht,
stagnieren die Budgets der stärker an der Wissensvermehrung orientierten Programme, wie
1 Einleitung und Zielsetzung
2
beispielsweise die der Deutschen Forschungsgemeinschaft [6], seit mehreren Jahren. Der
erhöhte Wettbewerb um die Fördermittel wird durch eine Verdoppelung der Ablehnungsquote
zwischen 1994 und 2002 offensichtlich.
Abbildung 1: Fördermittel der Deutschen Forschungsgemeinschaft
In vielen Förderprogrammen ist mittlerweile bei der Beantragung der ökonomische Nutzen
der angestrebten Forschungsergebnisse darzulegen und ein Teil der Projektkosten ist durch
Projektpartner aus der Industrie zu bestreiten [7]. Damit findet eine Verschiebung von einer
institutionellen hin zu einer projekt- bzw. programmorientierten Förderung statt. Der Erfolg
einer Forschungseinrichtung hängt bedingt durch die Änderungen in der Forschungsförde-
rung nicht nur von der Qualität der Forschungsergebnisse ab, sondern resultiert in hohem
Maße auch aus der Fähigkeit, das Potenzial der Anwendungsmöglichkeiten gegenüber den
Geldgebern darzustellen.
Abgesehen von durchaus beachtenswerten kommerziellen Erfolgen einzelner Forschungs-
vorhaben ist eine grundsätzliche Trendwende bei forschungsintensiven Produkten noch nicht
zu erkennen. Eine von der DFG unterstützte Studie kommt zum Ergebnis, dass die Suche
nach Wegen zur Schließung der Kluft zwischen dem von Forschungseinrichtungen produ-
zierten und dem von Unternehmen für Produkt- und Prozessinnovationen nachgefragten
Wissen, weiterhin eine Herausforderung für die künftige Innovationsforschung darstellt [8].
Das Ziel, durch verstärkten Technologietransfer Wachstum zu schaffen und eine Spitzenstel-
lung im Hochtechnologiebereich zu verteidigen, konnte durch die bisher eingeleiteten Maß-
nahmen nicht erreicht werden. Diese Aussage wird auch durch den aktuellen CHE-Bericht [9]
untermauert, nach dem die Forschung an deutschen Universitäten internationalen und selbst
erhobenen Ansprüchen hinterher hinkt. Durch die Änderung der Förderstrategie scheint das
übergeordnete Ziel, den Output an forschungsintensiven Produkten zu steigern, noch nicht
erreicht zu sein.
1 Einleitung und Zielsetzung
3
Eine an Forschungseinrichtung seltener diskutierte Möglichkeit, Einfluss auf die Effektivität
der Forschung zu nehmen, besteht darin, den Weg von der Idee bis zu einem marktfähigen
Produkt als Prozess zu betrachten und diesen zu optimieren. Diese Prozesssicht ist bereits
in vielen Unternehmen realisiert, wo neben Produktions-, Vertriebs- und Einkaufsprozess
auch Entwicklungs- oder Innovationsprozesse definiert werden. Beim Innovationsprozess
lässt sich zeigen, dass selbst bei völlig unterschiedlichen Produkten einzelne Prozessschritte
hohe Ähnlichkeiten besitzen. Basierend auf dieser Erfahrung wurde bereits in der Betriebs-
wirtschaft eine Vielzahl von Methoden entwickelt, die die im Rahmen des Innovationsprozes-
ses notwendigen Aufgaben vereinfachen. Alle Aktivitäten, die zur systematischen Steuerung
der Abläufe im Innovationsprozess notwendig sind, werden dabei unter dem Begriff ’Innova-
tionsmanagement’ zusammengefasst. Die Innovationsmanagement-Methoden kommen bis-
her hauptsächlich im unternehmerischen Umfeld zum Einsatz, einige haben jedoch, wie das
Brainstorming zur Gewinnung von neuen Ideen, den Weg bereits in die Forschungseinrich-
tungen gefunden. Abgesehen vom direkten Nutzen ist noch ein weiterer Aspekt bei dem Ein-
satz von Innovationsmanagement-Methoden an Forschungseinrichtungen zu berücksichti-
gen. Durch die Rolle als Ausbildungsstätte werden viele spätere Entscheidungsträger durch
ihre Arbeit an einer Forschungseinrichtung geprägt. Bei der Methodenanwendung bauen die
Mitarbeiter über das Fachwissen hinaus Kenntnisse aus nicht-technischen Bereichen auf,
wodurch der Grad der Interdisziplinarität ansteigt. Dieses zusätzliche Wissen ist nach einer
an den 1000 größten US-Unternehmen von Schrader [10] durchgeführten Studie ein ent-
scheidender Erfolgsfaktor im Top-Management. Danach korreliert der Erfolg von Unterneh-
men mit der Ausbildung der Unternehmensspitze. Den eindeutigen Spitzenplatz nehmen
hierbei die Chefs mit interdisziplinärer Ausbildung ein, gefolgt von rein technisch-
naturwissenschaftlichen und wirtschaftswissenschaftlichen Richtungen. Damit birgt Innovati-
onsmanagement an Forschungseinrichtungen das Potenzial, den Forschungsprozess sowohl
in den Forschungseinrichtungen als auch indirekt in den Unternehmen effektiver zu gestal-
ten.
Aus diesen Gründen zielt die vorliegende interdisziplinäre Arbeit auf die Übertragung von
Innovationsmanagement-Methoden auf Forschungseinrichtungen. Dabei werden sowohl die
unterschiedlichen Möglichkeiten, als auch die Grenzen aufgezeigt. Um einen hohen Praxis-
bezug sicherzustellen wird die vorliegende Arbeit an dem konkreten Beispiel einer innovati-
ven Technologie durchgeführt. Hierfür wird die vor einigen Jahren am Lehrstuhl für Strö-
mungsmechanik der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg entwickelte Poren-
brennertechnologie ausgewählt, die durch eine hohe Anwendungsbreite und unterschiedliche
1 Einleitung und Zielsetzung
4
Entwicklungsstände der verschiedenen Anwendungen gekennzeichnet ist. Darüber hinaus
sollen die aus der Methodenanwendung gewonnenen Erkenntnisse bereits im Rahmen der
Arbeit für die Weiterentwicklung der Porenbrennertechnologie genutzt werden. Die Zielset-
zung hat damit sowohl einen technischen, auf die Porenbrennertechnologie fixierten, als
auch einen wirtschaftswissenschaftlichen, die methodische Vorgehensweise betrachtenden,
Aspekt. Dabei nimmt die Porenbrennertechnologie in der Arbeit eine wichtige Rolle ein, wes-
halb an dieser Stelle ein kurzer Abriss der Historie der neuen Verbrennungstechnologie er-
folgt.
1.2 Die Porenbrennertechnik
Die Ursprünge der Porenbrennertechnologie gehen auf das 19. Jahrhundert zurück, wo
erstmalig von Fletcher [11] Verbrennungen untersucht wurden, die nicht in einem freien
Raum, sondern in den Poren eines porösen Mediums stattfinden. In den Folgejahren zeich-
nete sich eine rege Aktivität auf diesem Gebiet ab, da diese Art der Verbrennung aufgrund
der kompakten Bauweise und der hohen Modulierbarkeit Vorteile gegenüber konventionellen
Verbrennungen aufwies. Die niedrigen Emissionen spielten damals noch eine untergeordne-
te Rolle. Trotz einiger Anfangserfolge konnte sich die Verbrennung in porösen Medien im 20.
Jahrhundert am Markt nie gegen konkurrierende Verbrennungskonzepte durchsetzen und
führte somit viele Jahrzehnte ein Schattendasein. Ein Grund für diese Entwicklung mag die in
den Anfängen der industriellen Revolution bestehende Dominanz fester Brennstoffe gewesen
sein. Weitere Gründe dafür liegen in den technischen Anforderungen der Verbrennung in
porösen Medien. Die Beschaffenheit des porösen Mediums, welches den hohen Belastungen
standhalten muss und gleichzeitig einen möglichst geringen Druckverlust aufweisen sollte,
stellte in der Vergangenheit häufig ein großes Hemmnis für die Technologie dar. Das größte
Problem war jedoch lange Zeit die Betriebssicherheit der Verbrennung in porösen Medien
wegen der ständigen Gefahr von Flammenrückschlägen.
Alle genannten Probleme sind in der Zwischenzeit durch technische Weiterentwicklungen in
verschiedenen Gebieten weitestgehend gelöst. So sind mittlerweile hitzebeständige Materia-
lien, zumindest in kleinen Stückzahlen, mit geringem Druckverlust erhältlich, und durch eine
bessere Gasaufbereitung sind keine Verschmutzungsprobleme mehr zu erwarten. Gasförmi-
ge Brennstoffe haben deutlich an Bedeutung gewonnen und werden auch zukünftig die
Verbrennungstechnologie in vielen Bereichen dominieren.
Ein weiterer bedeutender Schritt zur Weiterentwicklung der Verbrennung in porösen Medien
ist in der Weiterentwicklung der Flammenstabilisierung durch gezieltes Anwenden des ther-
1 Einleitung und Zielsetzung
5
mischen Quenchens zu sehen. Die grundlegenden Zusammenhänge beim Quenchen sind
bereits seit langem bekannt. Babkin [12] fand bei Versuchen zur Beschreibung der Ausbrei-
tungsgeschwindigkeit von Flammen in porösen Medien durch dimensionslose Zahlen heraus,
dass eine definierbare Grenze für die Ausbreitung von Flammen in porösen Medien existiert.
Auf dieser Basis kombinierten Durst und Trimis [13] die Erkenntnisse zu dem Porenbrenner.
Dieser besteht aus mindestens zwei Schichten, wobei eine feinporige Region als Rück-
schlagsperre und eine grobporige Zone als Verbrennungsregion dient. Durch Kugelschüttun-
gen mit Kugeln von verschiedener Größe wurde die Theorie in ersten Basisexperimenten mit
Methan bestätigt, bevor der erste Porenbrenner mit dem neuen Stabilisierungskonzept ge-
baut wurde. Nach der Patentierung [14] des Stabilisierungskonzeptes wurde mit ersten An-
wendungen der neuen Technologie begonnen. In den ersten Entwicklungsjahren standen die
Entwicklungsarbeiten im Haushaltsheizungsbereich in Projekten mit den großen deutschen
Heizungsherstellern im Vordergrund.
Die Aktivitäten dehnten sich in den Folgejahren auf andere Applikationen, wie Automobil-
Standheizungen, Gasturbinen und Dampferzeuger, aus [15]. Die hohen Temperaturen des
porösen Materials in der Verbrennungszone, die zu einem hohen Anteil an Wärmestrahlung
führen, bilden die Grundlage für den vorwiegend in der Trocknungstechnik einsetzbaren Po-
renstrahlungsbrenner [16], der zusammen mit einem für die Haushaltsheizungstechnik entwi-
ckelten Brenner in Abbildung 2 dargestellt ist.
Abbildung 2: Porenbrenner für Haushaltsheizung (links) und für Trocknungs-technik (rechts)
Neben den gasförmigen Brennstoffen ist es bereits gelungen, den Porenbrenner mit flüssi-
gen Stoffen zu betreiben, was durch die Entwicklung einer Porenbrenner-Ölhaushaltsheizung
von Durst, Keppler et al. [17] ausgenutzt wird. 1998 wurde der Porenbrenner erstmalig von
Wawrzinek [18] als Reaktor für chemische Reaktionen eingesetzt, und ein Funktionsmuster
1 Einleitung und Zielsetzung
6
zur Chlorwasserstoffsynthese ist bereits in Betrieb genommen worden. Seit 2001 wird daran
gearbeitet, die Porenbrennertechnik als Reformer in der Brennstoffzellenperipherie einzuset-
zen [18], [19]. Ende 2002 erfolgte die Venture-Capital basierte Ausgründung der Fa. promeos
GmbH.
Die technische Machbarkeit von vielen Anwendungsmöglichkeiten der Porenbrennertechno-
logie konnte bereits erfolgreich nachgewiesen werden. Die Platzierung der Porenbrennerap-
plikationen am Markt verläuft dagegen nicht ganz ohne Schwierigkeiten. Am weitesten vo-
rangeschritten ist bisher die Entwicklung eines Strahlungsbrenners. Die Feldtests mit über
100 Brennern mussten jedoch 2002 aufgrund von Werkstoffproblemen der eingesetzten Ke-
ramiken vorzeitig abgebrochen und die geplante Markteinführung verschoben werden. Die in
der Frühphase der Porenbrennerentwicklung durchgeführten Entwicklungsprojekte im Haus-
haltsheizungsbereich mit großen Heizungsherstellern wurden bei den Industriepartnern nicht
konsequent weitergeführt. Die Porenbrenner-Standheizung wurde aus Kostengründen nicht
umgesetzt und bei der mobilen Porenbrenner-Heizung zeigte sich im Laufe des Projektes ein
zu kleines Marktpotenzial. Viele andere Anwendungen sind derzeit in der Entwicklungsphase
und ihre Markterfolge noch offen.
Die Porenbrennertechnologie bietet Voraussetzungen, die in der vorliegenden Arbeit für die
durchzuführenden Innovationsmanagement-Untersuchungen sehr vorteilhaft sind. An erster
Stelle ist hierbei die hohe Anwendungsbreite zu nennen. Für die noch junge Technologie ist
bereits nach kurzer Zeit eine relativ große Anzahl von Anwendungsmöglichkeiten in mehre-
ren Branchen bekannt. Die in dieser Arbeit generierten Aussagen beschränken sich also
nicht auf ein spezielles Anwendungsfeld oder eine Branche. Ein weiterer, für diese Arbeit
wichtiger, Aspekt sind die unterschiedlichen Reifegrade der Porenbrenner-Anwendungen. So
sind einige Anwendungen kurz vor der Kommerzialisierung, während sich andere noch in der
Ideen- oder Konzeptphase befinden. Das Untersuchungsfeld erstreckt sind dadurch über alle
Phasen im Entstehungszyklus. Ein zusätzlicher Vorteil ist in dem bereits fortgeschrittenen
Entwicklungsstadium einiger Anwendungen zu sehen. Es ist zu erwarten, dass sich die in der
vorliegenden Arbeit durchgeführten Aktionen nicht erst in ferner Zukunft auswirken, sondern
erste marktrelevante Ergebnisse kurzfristig sichtbar werden. Die gute Abgrenzbarkeit der
Porenbrennertechnologie gegenüber anderen Technologien sowie die Konzentration des
vorliegenden Technologie-Know-hows auf wenige Institutionen erleichtern diese Arbeit eben-
so wie das in den letzten Jahren aufgebaute Netzwerk um die Porenbrennertechnologie.
1 Einleitung und Zielsetzung
7
1.3 Inhalt und Struktur der Arbeit
In den vorangegangenen Abschnitten wurden die Zielsetzung und das für diese Arbeit rele-
vante technische Umfeld beschrieben. An dieser Stelle wird nun ein kurzer Überblick über die
Struktur der Arbeit gegeben. Im zweiten Kapitel folgt die Herausarbeitung und Verallgemei-
nerung der an Forschungseinrichtungen ablaufenden Prozesse, um daraus den Bedarf an
Methoden zur Unterstützung des Innovationsprozesses abzuleiten. Hierfür ist eine klare Ziel-
definition für die Forschung an Forschungseinrichtungen festzulegen, die durch eine Zu-
sammenstellung verschiedener politischer Meinungen erarbeitet wird. Aufbauend auf dieser
Zieldefinition werden im dritten Kapitel die relevanten, bereits im Innovationsmanagement
von Unternehmen eingesetzten Methoden vorgestellt. Im vierten Kapitel wird, basierend auf
den im vorhergehenden Kapitel vorgestellten Methoden, eine speziell an Forschungseinrich-
tung einsetzbare Innovationsmanagement-Methodik entwickelt. Die Methodik beinhaltet die
Ideensammlung, die Bewertung und Selektion der Ideen, sowie die Erarbeitung eines Hand-
lungsprogramms. Der Schwerpunkt liegt dabei auf dem Bewertungsschritt.
Im fünften Kapitel wird die entwickelte Methodik für die Porenbrennertechnologie eingesetzt.
Dabei werden alle bekannten Porenbrenner-Anwendungen bewertet und in einem Portfolio
zusammengestellt. Neben der Bestimmung der Anwendungen mit dem größten Potenzial
wird dabei das gesamte Potenzial der Porenbrennertechnologie verdeutlicht. In dem zu erar-
beitenden Handlungsprogramm werden die wichtigsten noch durchzuführenden Entwick-
lungsschritte zusammengefasst.
Im sechsten Kapitel werden einige Hauptpunkte des Handlungsprogramms, die sich noch
nicht in der Umsetzung befunden haben, aufgegriffen und weiterentwickelt. Hierbei ist an
erster Stelle die Werkstoffthematik zu nennen, die für eine Ausbreitung der Porenbrenner-
technologie eine zentrale Rolle einnimmt. Daneben sind die Erkenntnisse über die aus Si-
cherheitsgründen notwendige Flammenüberwachung eines Porenbrenners mit Ionisations-
strom dokumentiert.
Im siebten Kapitel wird die Arbeit zusammengefasst und ein Ausblick auf die zukünftige Ent-
wicklung der Porenbrennertechnologie, sowie die Methodenanwendung im Bereich von For-
schungseinrichtungen gegeben.
Die Struktur der Arbeit soll dazu beitragen, dass die Arbeit einerseits als anschauliches und
ausführliches Beispiel für den Einsatz von Innovationsmanagement-Methoden an For-
schungseinrichtungen dient und durch die strategischen und technischen Ergebnisse Impul-
se für einer erfolgreiche Weiterentwicklung der Porenbrennertechnologie setzt. Darüber hin-
1 Einleitung und Zielsetzung
8
aus zeigt sich an vielen Stellen die enge Verzahnung von Methoden- und Fachkenntnis und
damit die hohe Bedeutung der Interdisziplinarität im Innovationsmanagement.
9
2 Systematisierung der Forschung an Forschungseinrichtungen
Ziel dieses Kapitels ist die Auflistung der methodischen Anforderungen für das Innovations-
management an Forschungseinrichtungen. Hierfür ist es notwendig, eine konkrete Zieldefini-
tion für die Forschung an Forschungseinrichtungen festzulegen, woraus die Anforderungen
an die Innovationsmanagement-Methoden in Forschungseinrichtungen abgeleitet werden.
2.1 Einleitende Bemerkungen
Forschung ist die systematische Suche nach neuen Erkenntnissen mit wissenschaftlichen
Methoden und kann in Grundlagenforschung und angewandte Forschung eingeteilt werden.
Grundlagenforschung befasst sich mit der Überprüfung und Erweiterung allgemeiner Er-
kenntnisgrundlagen und Theorien einer Wissenschaft (z.B. Biologie, Chemie, Physik, etc.)
und zielt auf keine direkte Anwendung ab. Im Gegensatz dazu orientiert sich die angewandte
Forschung immer an einer praktischen Anwendung und ist zielorientiert auf der Suche nach
einer Lösung für ein bestimmtes Problem.
Der Begriff ’Entwicklung’ bezeichnet dagegen eher die Verwertung und Anwendung wissen-
schaftlicher Forschungsergebnisse und technischer sowie wirtschaftlicher Erfahrungen, um
zu neuen Verfahren, Methoden, Materialien, Geräten, Systemen, etc. zu gelangen (Neuent-
wicklung) oder um bereits vorhandene zu verbessern (Weiterentwicklung). Die Neuentwick-
lung wird gegebenenfalls noch weiter in Vorentwicklung und Produkt- bzw. Serienentwicklung
unterteilt. Ziel der Zweitgenannten ist üblicherweise ein bereits definiertes Produkt zu entwi-
ckeln und anschließend am Markt einzuführen. Vorentwicklungsprojekte können dagegen als
Vorstufe zu Serienentwicklungsprojekten angesehen werden. Sie zielen meist auf die Über-
prüfung der Machbarkeit an einem Funktionsmuster und münden nach erfolgreichem Projek-
tende in einem oder mehreren Serienentwicklungsprojekten. Da im Normalfall keine Produkte
von den Universitäten vertrieben werden, sind Serien- und Weiterentwicklungen praktisch nur
im Bereich der Unternehmen anzutreffen. Der Begriff „Vorentwicklung“, der in Unternehmen
und dort insbesondere im Automobilbereich verwendet wird, und die angewandte Forschung
sind sich inhaltlich sehr ähnlich. In beiden Fällen steht eine Problemlösung im Vordergrund,
die noch nicht in einem marktfähigen Produkt endet. In der Praxis werden Forschungs- und
Entwicklungsbegriff häufig mit der Abkürzung ’F&E’ oder ’FuE’ (Forschung und Entwicklung)
zusammengefasst. Das Spektrum dieses Begriffs reicht nach der Definition von der rein auf
Erkenntnisgewinnung ausgerichteten Grundlagenforschung bis hin zu Weiterentwicklungsak-
tivitäten an bereits bestehenden Produkten.
2 Systematisierung der Forschung an Forschungseinrichtungen
10
Der Begriff „Innovation“ stammt von dem lateinischen Wort „innovatio“ ab, was soviel wie
Neuerung, Erneuerung, Neueinführung oder auch Neuheit bedeutet und auf „novus“ (neu)
zurückgeht. Allerdings herrscht nach Staudt [20] in der Fachwelt keine Einigkeit darüber, was
„neu“ bedeutet. So kann eine Neuerung für ein Individuum subjektiv neu sein, obgleich sie
von anderen bereits genutzt wird (Betriebsneuheit). Eine objektive Neuheit liegt dagegen vor,
wenn bisher noch keine Anwendung erfolgt ist. Man spricht dann von einer Markt- bzw. Welt-
neuheit [21]. Streng genommen ist noch zwischen der Invention und der Innovation zu unter-
scheiden, da die Innovation immer eine wirtschaftliche Nutzung impliziert. Auf diese Unter-
scheidung wird jedoch in dieser Arbeit verzichtet. Je nach dem durch die Innovation induzier-
ten Veränderungsgrad kann weiter zwischen graduellen und prinzipiellen Innovationen diffe-
renziert werden. Ob eine Innovation gradueller oder prinzipieller Natur ist, muss aus der Per-
spektive des innovierenden Systems beurteilt werden. Prinzipielle Innovationen führen im
betroffenen System zu einer Zerstörung des dort vorhandenen Know-how im weiteren Sinne.
Häufig müssen vorhandene Strukturen zerstört werden und es werden Anpassungen in den
komplementären Bereichen erforderlich, so dass prinzipielle Innovationen häufig den Charak-
ter von Systeminnovationen annehmen. In der Folge machen die prinzipiellen Innovationen
einen umfangreichen Aufbau von neuem Wissen notwendig. Demgegenüber ist der Verände-
rungsgrad durch graduelle Innovationen signifikant geringer.
2.2 Ziele der Forschung an Forschungseinrichtungen
Um den Innovationsprozess an Forschungseinrichtungen methodisch zu unterstützen, sind
zuerst die Ziele der Forschung an Forschungseinrichtungen zu definieren. Die im Kap. 2.1
verwendete Definition der Forschung als ‚systematische Suche nach neuen Erkenntnissen
mit wissenschaftlichen Methoden’ ist an dieser Stelle zu allgemein und muss konkretisiert
werden.
Eine Möglichkeit zur Zieldefinition ist der Versuch einer Anlehnung an die traditionelle Mikro-
ökonomie. Diese unterstellt den Unternehmen die Gewinnmaximierung als deren Ziel. Die
Ableitung erfolgt zum einen aus dem Eigeninteresse der Eigentümer, zum anderen aus der
Überlegung, dass auf Märkten mit vollkommener Konkurrenz nur die Maximierung des Ge-
winns das Überleben der Unternehmung gewährleistet. Diese Argumentation aus dem Un-
ternehmensbereich kann nicht ohne weiteres für Forschungseinrichtungen angewendet wer-
den, da Forschungseinrichtungen i.d.R. nicht nach einer Maximierung des Gewinns streben.
Da die Forschungsförderung maßgeblich durch die öffentliche Hand getragen wird, werden
die von der Politik formulierten Ziele an dieser Stelle untersucht. Um kein einseitiges, durch
Parteipolitik verfälschtes Bild zu erhalten, werden Aussagen von mehreren Quellen
berücksichtigt. In Tabelle 1 sind mehrere Aussagen zu den Zielen der Forschung sowie zu
2 Systematisierung der Forschung an Forschungseinrichtungen
11
sichtigt. In Tabelle 1 sind mehrere Aussagen zu den Zielen der Forschung sowie zu dem
derzeitigen bzw. angestrebten Stand zusammengefasst.
Ziele der Forschung
SPD Die Forschungspolitik der Bundesregierung hat zum Ziel, die
Rahmenbedingungen für Innovation und neue Arbeitsplätze
entscheidend zu verbessern [4].
Bündnis 90 /
Die Grünen
Forschung ist kein Selbstzweck, sondern soll zu einer besseren
Zukunft beitragen. Forschung wird daher explizit am Nachhaltig-
keitsziel ausgerichtet [5].
CDU Langfristiger wirtschaftlicher Erfolg, Gesundheit, Mobilität, Ener-
gieversorgung, Lebensqualität [2].
CSU Die CSU will eine Forschungsförderung, die schnell und flexibel
auf wissenschaftliche Herausforderungen reagiert und wirt-
schaftspolitische Perspektiven berücksichtigt [22].
Wissenschafts-
rat
Stärkung der Anwendungsorientierung bedeutet nicht Abbau der
Grundlagenforschung, sondern bessere Nutzung von deren
Potenzial für die Lösung der Aufgaben in Wirtschaft und Gesell-
schaft [3].
Status quo
Deutscher
Bundestag
Deutschland hat im internationalen Vergleich nach wie vor gro-
ße Probleme, neue Forschungsergebnisse in innovative Produk-
te umzusetzen. Offensichtlich sind viele unserer staatlich geför-
derten Forschungseinrichtungen nach wie vor unzureichend
motiviert, Innovationen in der Wirtschaft vorzubereiten und tat-
kräftig zu unterstützen [23].
SPD Statt der bisherigen Förderung nach dem „Gießkannenprinzip“
werden nun gezielt zukunftsfähige Schlüsselbereiche unterstützt
[4].
SPD Wir haben die notwendigen Reformen der deutschen For-
schungslandschaft angepackt und die Projektförderung gegen-
über der institutionellen Förderung gestärkt [24].
2 Systematisierung der Forschung an Forschungseinrichtungen
12
Zukunft der Forschung / Forschungsförderung
Wissenschafts-
rat
Effizienz ist ein wichtiger Aspekt bei Förderentscheidungen. Es
ist nach Ansicht des Wissenschaftsrates erforderlich, dass Kos-
ten-Leistungsrechnungen für die Einrichtungen in den verschie-
denen Teilen des Wissenschaftssystems entwickelt werden. In
der anwendungsbezogenen Programmförderung sollen themati-
sche Relevanz und programmbezogene Qualität maßgeblich für
Förderentscheidungen sein [3].
Wissenschafts-
rat
Der nahe liegende Weg zur Stärkung der Anwendungsorientie-
rung der Forschung ist ein mit Strukturreformen und nachhalti-
ger Mittelsteigerung verbundener Ausbau der anwendungsbe-
zogenen Programmförderung [3].
FDP Die FDP will wettbewerbliche Strukturen auch in der Forschung.
Von der institutionellen Förderung wird es immer mehr in Rich-
tung einer programmorientierten Förderung gehen.
Tabelle 1: Die Forschung aus politischer Sicht
Es ist festzustellen, dass parteiübergreifend ein nutzbares Ergebnis aus den Forschungstä-
tigkeiten erwartet wird. Bei dem derzeitigen Stand sind erwartungsgemäß gewisse Diskre-
panzen bei der Einschätzung des Verhältnisses der bereits umgesetzten zu den noch not-
wendigen Maßnahmen zu erkennen. Über das zukünftige Erfolgsrezept einer anwendungs-
bezogenen und programmorientierten Projektförderung besteht jedoch eine weitestgehende
Übereinstimmung. Die in Tabelle 1 enthaltenen Aussagen, wie langfristiger wirtschaftlicher
Erfolg, Arbeitsplätze und Innovation bedeuten in letzter Konsequenz, dass der durch den
Technologietransfer erzeugte Umsatz in den Unternehmen als wichtigste Zielgröße von der
Politik betrachtet wird.
Durch den zunehmenden Wettbewerb zwischen den Forschungseinrichtungen um For-
schungsgelder ist neben dem politischen Ziel, die für jede Forschungseinrichtung notwendige
Sicherstellung der Eigenfinanzierung zu berücksichtigen. Bei den weiteren Überlegungen
wird angenommen, dass die Orientierung an wirtschaftlich interessanten Anwendungen die
Eigenfinanzierung vereinfacht.
2 Systematisierung der Forschung an Forschungseinrichtungen
13
2.3 Ableitung der Anforderungen an die Innovationsmanagement-Methoden in
Forschungseinrichtungen
Die Ausführungen in Kap. 2.2 zeigen, dass die von der Politik angestrebten Ziele noch nicht
verwirklicht sind. Die bisher eingeleiteten Maßnahmen zielen insbesondere auf eine Verän-
derung der Förderung. Durch den veränderten Anspruch an die Forschungseinrichtungen
sind jedoch auch die Abläufe innerhalb der Einrichtungen in Frage zu stellen. Unabhängig
vom Inhalt der Forschung lassen sich die bei einer systematischen Forschung ablaufenden
Arbeitsschritte zu einem Forschungsprozess verallgemeinern. In Abbildung 3 ist ein von
Schnell [25] vorgeschlagener Prozess dargestellt. Festzuhalten ist, dass die Publikation da-
bei als letzter Schritt des Forschungsprozesses betrachtet wird. Dies steht jedoch im Wider-
spruch zu den ökonomischen Zielen, da durch die Veröffentlichung einer Publikation bei wei-
tem noch kein Umsatz mit neuen Produkten erzielt wird.
Abbildung 3: Forschungsprozess nach Schnell [25].
An dieser Stelle ist es zweckmäßig, den Forschungsbegriff in Grundlagen- und angewandte
Forschung zu trennen. Da Grundlagenprojekte per Definition auf keine direkte Anwendung
abzielen, können Grundlagenprojekte durch den Forschungsprozess abgebildet werden.
Projekte der angewandten Forschung zielen dagegen auf ein konkretes Problem, das durch
Einsatz bereits vorhandener technischer Potenziale gelöst werden soll.
Bei der Betrachtung der angewandten Forschung sind insbesondere drei neue Aspekte zu
berücksichtigen. Durch die Zielvorgaben verlagert sich die Bedeutung von der technischen
2 Systematisierung der Forschung an Forschungseinrichtungen
14
Lösung auf den durch die Lösung erzeugbaren Nutzen. Die technische Machbarkeit ist nicht
das Endziel, sondern vielmehr ein Zwischenschritt auf dem Weg zur Befriedigung von Kun-
denbedürfnissen. Somit ist an erster Stelle, ausgehend von den an Forschungseinrichtungen
vorhandenen technischen Potenzialen zu untersuchen, welche Bedürfnisse damit befriedigt
werden können. Zweitens erfordert die Ausrichtung am Nutzen die Entscheidung, ob der zur
Lösung des Problems notwendige Aufwand gerechtfertigt ist. Der dritte Aspekt betrifft die
Umsetzung. Da eine Vermarktung durch die Forschungseinrichtung nicht erfolgt, kann das
angestrebte Ziel nur durch Kooperationen mit Unternehmen erreicht werden. Dabei kann es
sich um einen globalen Konzern, ein KMU oder ein speziell zur Vermarktung der Technologie
gegründetes Start-Up-Unternehmen handeln.
Analog zu dem für Grundlagenprojekte gültigen bereits vorgestellten Forschungsprozess
können die bei der angewandten Forschung verallgemeinerten Arbeitsschritte in Phasen
gegliedert und zu einem Prozess zusammengefasst werden. In der Literatur werden ver-
schiedene Phasenmodelle diskutiert, deren wesentlicher Unterschied neben den Phasenbe-
zeichnungen in der Anzahl der Phasen und der davon abhängigen Phasenabgrenzungen zu
sehen ist [26]. Die oben diskutierten Aspekte lassen sich durch ein einfaches dreistufiges, in
Abbildung 4 dargestelltes, Modell mit den Prozessschritten Ideengewinnung, Bewertung und
Umsetzung aufzeigen. Eine methodische Unterstützung ist demnach an diesem Modell aus-
zurichten, weshalb sich die Vorgehensweise in den folgenden Kapiteln daran orientiert.
Abbildung 4: Dreistufiges Phasenmodell für den Ablauf von Innovationen
Abschließend ist noch, als eine übergreifende Anforderung an die Verfahren, eine gewisse
Pragmatik bei der Methodenanwendung zu nennen. Eine Akzeptanz betriebswirtschaftlicher
Verfahren an Forschungseinrichtungen zur Steuerung der Innovationsvorhaben ist nur mög-
lich, wenn die Methodenanwendung nicht zu einer eigenen Wissenschaft im Forschungsbe-
reich ausufert. Die Methoden müssen ohne tiefgründiges theoretisches Wissen anwendbar
sein und das Vorgehen sollte möglichst transparent bleiben. Aus diesem Grund werden im
Folgenden die Grundzüge der Methoden erklärt. Auf die unzähligen Variationen und Modifi-
kationen wird nicht eingegangen.
Ideengewinnung Bewertung UmsetzungIdeengewinnung Bewertung Umsetzung
15
3 Methoden des Innovationsmanagements für Forschungseinrichtun-
gen
Im vorhergehenden Kapitel wurde der an Forschungseinrichtungen ablaufende Forschungs-
prozess modelliert und daraus anschließend die Anforderungen an eine für Forschungsein-
richtungen anwendbare Innovationsmanagement-Methodik abgeleitet. Da bereits eine große
Methodenvielfalt für das Innovationsmanagement im Unternehmensbereich existiert, soll
diese Arbeit auf bestehenden und bewährten Methoden aufbauen. Aus diesem Grund wer-
den in diesem Kapitel die grundsätzlich in Frage kommenden Innovationsmethodiken vorge-
stellt und deren Vor- und Nachteile im Allgemeinen diskutiert. Der Schwerpunkt liegt dabei
auf den Methoden zur Bewertung und Selektion von Ideen. Für die bei der Umsetzung ein-
setzbaren Projektmanagementmethoden zur systematischen Projektsteuerung liegen bereits
umfangreiche Arbeiten vor [27], [28], [29], [30], [31], weshalb auf eine Vertiefung dieses
Themas verzichtet wird.
3.1 Ideengewinnung
Die Gewinnung neuer Ideen kann zum einen durch Sammlung bereits vorhandener Informa-
tionen oder durch die Generierung völlig neuer Ideen erfolgen. Einen Überblick über die I-
deengewinnung gibt Abbildung 5.
Abbildung 5: Methodenüberblick für die Ideengewinnung, leicht modifiziert nach Vahs und Burmester [21]
Weitere Methoden
Kreativitäts-technikenexternintern
GenerierungSammlung existie-render Daten
Ideengewinnung
• Mitarbeiter• Unternehmens-
unterlagen
• Veröffentli-chungen
• Schutzrechte• Benchmarks• Lieferanten• Kunden
• Brainstorming• Brainwriting• Morphologie• Synektik
• Megatrends• Experten-
gespräche• CPM• Primäre und
sekundäre Marktforschung
3 Methoden des Innovationsmanagements für Forschungseinrichtungen
16
3.1.1 Ideensammlung
Die Ideensammlung wird häufig nach internen und externen Quellen differenziert. Zu den
internen Quellen gehören die Mitarbeiter und alle im Unternehmen bzw. in der Forschungs-
einrichtung vorliegenden relevanten Unterlagen. Zu externen Quellen zählen Veröffentli-
chungen, Schutzrechte und externe Personen. Eine erfolgreiche Sammlung von Ideen aus
internen und externen Quellen setzt bei potenzialbasierten Innovationen voraus, dass bereits
in der Vergangenheit eine Verknüpfung zwischen dem vorhandenen technischen Potenzial
und einem Anwendungsproblem erstellt wurde und dieses durch geeignete Recherchen aus-
findig gemacht werden kann.
Die in der Regel überschaubare Größe von Forschungsgruppen erlaubt, dass bestehende
Ideen innerhalb einer Forschungsgruppe ohne großen Aufwand zusammen getragen werden
können. Dabei kann nicht davon ausgegangen werden, dass das intern vorhandene Know-
how alle denkbaren Anwendungsfelder abdeckt. Durch die Sammlung aus internen Quellen
wird somit nur eine Teilmenge der möglichen Anwendungsfelder gefunden. Bei neuartigen,
an der Forschungseinrichtung selbst entwickelten Technologien ist weiterhin davon auszu-
gehen, dass außerhalb der Forschungseinrichtung nur in geringem Umfang Informationen
über das betrachtete Potenzial vorhanden sind. Direkte Hinweise über die Anwendung des
Potenzials für einen speziellen Bedarf durch externe Quellen sind aus diesem Grund nicht zu
erwarten. Die Erfolgsaussichten durch eine reine Sammlung in externen Quellen sind da-
durch äußerst gering.
Die Ideensammlung bietet demnach stark eingeschränkte Möglichkeiten, die Gesamtheit der
Anwendungsfelder eines technologischen Potenzials vollständig zu erfassen und ist somit als
ergänzender Baustein bei der Ideengewinnung zur systematischen Speicherung vorhande-
ner Ideen zu betrachten.
3.1.2 Ideengenerierung
Für die Generierung von Ideen steht ein breites Methodenspektrum zur Verfügung. Bereits
1977 wurden 44 verschiedene Kreativitätstechniken von Schlicksupp [32] aufgelistet. Bis zum
heutigen Zeitpunkt wurden weitere Methoden erstellt und die Anzahl scheint nach Vahs und
Burmester [21] mittlerweile bereits im dreistelligen Bereich zu liegen. Dabei kommen jedoch
häufig ähnliche Verfahrensmerkmale zum Einsatz, so dass einige Methodencluster gebildet
werden können. Eine Untersuchung der Anwendungshäufigkeiten der verschiedenen Kreati-
vitätsmethoden zeigt eine eindeutige Dominanz des Brainstormings gegenüber allen anderen
Methoden. Viele Kreativitätstechniken führen ein Schattendasein und kommen nach Schlick-
3 Methoden des Innovationsmanagements für Forschungseinrichtungen
17
supp [32] kaum zur Anwendung. Die wichtigsten Methoden werden im Folgenden kurz vor-
gestellt.
3.1.2.1 Brainstorming
Das Brainstorming zählt zu den intuitiv-kreativen Methoden und ist die bekannteste Methode
zur Förderung von Kreativität. Sie wurde von A. E. Osborn Ende der 30er Jahre entwickelt
und verfolgt das Ziel, in kurzer Zeit möglichst viele Ideen oder Lösungsvorschläge zu gene-
rieren. Das Brainstorming findet in interdisziplinär zusammengesetzten Gruppen von etwa
fünf bis zwölf Personen statt und folgt unter Einhaltung bestimmter Verhaltensregeln dem
Prinzip der freien Assoziation [21].
Laut Hauschildt [33] ist das Problem beim Brainstorming definiert, aber nicht strukturiert. Ein
unabhängiger Moderator übernimmt die Leitung der Runde. Er hat vor allem die Aufgabe,
einen kontinuierlichen Ideenfluss sicherzustellen. Während des Ablaufes darf keine Kritik
geübt werden. Dadurch wird die schöpferische Atmosphäre nicht gestört und die Generie-
rung von Ideen erleichtert, die über die gängigen Lösungsansätze hinausgehen. Grundsätz-
lich geht beim Brainstorming die Quantität vor der Qualität. Alle Vorschläge werden protokol-
liert, um zu verhindern, dass sie im Laufe der Brainstorming-Sitzung verloren gehen.
Von entscheidender Bedeutung für die Ergebnisse ist es, dass das Brainstorming völlig los-
gelöst von der Ideenbewertung erfolgt, die erst nach dem Abschluss der Sitzung vorgenom-
men wird. Dadurch haben die Kriterien der Machbarkeit oder Durchsetzbarkeit von Lösungs-
ideen in der Phase der intuitiven Assoziation keinen negativen Einfluss auf die Ideengenerie-
rung. Die Teilnehmer können sich auf die Problemstellung und ihre Rahmenbedingungen
konzentrieren.
Der große Vorteil des Brainstormings ist neben dem vergleichsweise geringen zeitlichen
Aufwand vor allem die Vielzahl von Ideen, die in einer Sitzung durch Assoziation und Kombi-
nationen gewonnen werden kann. Als Nachteile können nach Vahs und Burmester [21] die
Subjektivität der Vorschläge und die Tatsache gesehen werden, dass keine Beratung und
Bewertung der Ideen durch die Gruppe stattfindet. Die Ideenauswertung nach einem Brain-
storming ist darüber hinaus sehr aufwendig.
3.1.2.2 Brainwriting
Das Brainwriting ist eine Weiterentwicklung der Methode des Brainstormings. Hierbei steht
nicht die mündliche Mitteilung, sondern die spontane Niederschrift von möglichst vielen Ideen
auf Formulare oder Zettel im Vordergrund.
3 Methoden des Innovationsmanagements für Forschungseinrichtungen
18
Die bekannteste Form des Brainwritings ist die von Rohrbach [34] entwickelte Methode 635.
Ihren Namen erhält diese Methode durch den ihr eigenen Ablauf: Sechs Personen generie-
ren innerhalb von fünf Minuten jeweils drei Ideen, schreiben diese auf ein vorbereitetes For-
mular und reichen es an die anderen Teilnehmer weiter. In einem fünffachen Durchlauf wer-
den die Vorschläge dann kommentiert, weiterentwickelt oder durch völlig neue Ideen ergänzt.
Nach Abschluss einer klassischen dreißigminütigen 635-Gruppensitzung ergeben sich somit
bis zu 108 verschiedene Ideen, die anschließend noch um Doppelnennungen und Unge-
reimtheiten zu bereinigen sind.
Dieses Vorgehen hat den Vorteil, dass die sofortige schriftliche Fixierung durch die Teilneh-
mer selbst erfolgt. Dadurch werden Einflüsse des Moderators vermieden, die zu einer Ver-
zerrung der Ergebnisse führen könnten. Ungeeignete Vorschläge können darüber hinaus
frühzeitig herausgefiltert und damit einer aufwendigen Bearbeitung entzogen werden. Eine
Gegenüberstellung von Gryskiewicz [35] zeigt jedoch, dass Brainwriting nicht unbedingt dem
Brainstorming überlegen ist. Brainwriting produziert eher inkrementale Verbesserungsvor-
schläge als wirklich innovative Ideen.
3.1.2.3 Morphologische Analyse
Morphologie ist die Lehre von den Gestalten oder Formen eines Sachbereichs und die Mor-
phologische Analyse, die auf Arbeiten Zwickys aus den fünfziger Jahren zurückgeht, zählt
nach Schlicksupp [32] zu den Methoden der systematischen Strukturierung. Die Vorgehens-
weise besteht darin, einen zuvor festgelegten Suchbereich systematisch, vollständig und
überschneidungsfrei nach allen möglichen Kriterien zu gliedern und durch die Neukombinati-
on der verschiedenen Merkmalsausprägungen neuartige Problemlösungen zu generieren.
Die Morphologische Analyse erlaubt Gruppenarbeit, verlangt sie aber nicht [33]. In Abbildung
6 ist ein Beispiel für ein morphologisches Schema dargestellt.
Abbildung 6: Morphologisches Schema für Suchfeld Autodachöffnung
Material
Öffnungs-prinzip
Betätigung
Glas
Faltdach
mechanisch
Stahl
Rollo
elektrisch
Kunststoff
Klappdach
hydraulisch
Textil
Lamellen
pneumatisch
… … … … …
3 Methoden des Innovationsmanagements für Forschungseinrichtungen
19
Die Morphologische Analyse eignet sich insbesondere für Produkte mit hoher Komplexität
und setzt einen theoretischen Bezugsrahmen für das Problem voraus. Die Methode ent-
spricht wesentlich mehr den traditionellen Denkschulen als Brainstorming bzw. -writing und
wird eher als ’rational’ akzeptiert. Die morphologische Analyse kann nach Hauschildt [33]
durch intuitive Methoden ergänzt, aber keinesfalls ersetzt werden.
3.1.2.4 Synektik
Als Beispiel für eine Methode der schöpferischen Konfrontation macht sich die Synektik den
Umstand zunutze, dass originelle und neue Ideen oft angesichts problemfremder Objekte
und Prozesse gefunden werden, die sich aber analog verhalten. Die Synektik geht auf W.
Gordon zurück, der in den vierziger und fünfziger Jahren Problemlösungsgruppen dabei be-
obachtete, wie sie durch Analogien zwischen einzelnen Problembestandteilen und ähnlichen
Problemen in völlig anderen Zusammenhängen kreative Lösungen fanden [21].
Das Vorgehen erfolgt auch bei der Synektik in mehreren Schritten: Zuerst wird das zu bear-
beitende Problem ausreichend charakterisiert und abstrahiert. Danach werden Analogien für
die abstrakte Darstellung gesucht. Das Problem wird dabei bis zur Unkenntlichkeit verfrem-
det. Dieser Schritt stellt den eigentlichen Kern der Synektik dar. Nacheinander werden Ana-
logien aus der Natur, der Technik, der Geschichte oder der persönlichen Erfahrungswelt der
Sitzungsteilnehmer gebildet. Schließlich werden aus der Verknüpfung der Analogien neue
Lösungsideen abgeleitet und weiterentwickelt. Durch Analyse der neuen Lösungsideen wird
versucht, aus deren Strukturmerkmalen Lösungen für das definierte Problem abzuleiten.
Nach Gryskiewicz [35] liefert die Synektik beim Vergleich der Kreativitätsmethoden wenig,
aber qualitativ hochwertige Ideen. Neben dem hohen Aufwand stellt die bei der Methode
angewandte Verfremdung für viele Teilnehmer aus der Wirtschaftspraxis eine große Hürde
dar [33]. In der Regel findet die Methode erst bei wiederholter Anwendung die erforderliche
Akzeptanz bei den Teilnehmern [21].
3.1.2.5 Weitere Methoden zur Ideengenerierung
Neben den oben beschriebenen Methoden existiert noch eine Reihe weiterer Vorgehenswei-
sen zur Ideengenerierung. Eine stark auf das Umfeld ausgerichtete Möglichkeit auf einem
eher übergreifenden Niveau ist die von Dörrie [36] beschriebene Orientierung an Mega-
trends. Ausgangspunkt dieser Vorgehensweise ist nicht die Technologie selbst, sondern eine
generalisierende und zukunftsorientierte Beschreibung der Entwicklungsrichtungen. Gegen-
wärtige Megatrends sind beispielsweise die Miniaturisierung, sowie die Substitution klassi-
scher Technologien mit Inselcharakter oder uneinheitlichen Schnittstellen durch elektronische
3 Methoden des Innovationsmanagements für Forschungseinrichtungen
20
bzw. chemisch-biologische Technologien. Durch eine Orientierung an Megatrends können
aus allgemeiner Sicht interessante Anwendungsfelder ausfindig gemacht werden. Die Me-
thode zielt damit auf die übergeordnete Auswahl von Erfolg versprechenden Suchfeldern. Sie
konkurriert damit nicht mit anderen Methoden zur Ideengewinnung, sondern ist als Ergän-
zung, beispielsweise im Vorfeld eines Kreativitätsworkshops, zu betrachten.
Eine sehr einfache und wirkungsvolle Ideenquelle sind Expertengespräche und Experten-
workshops. Als Experten werden dabei Personen bezeichnet, die über umfassende Kennt-
nisse in dem betreffenden Innovationsbereich verfügen. Bei potenzialbasierten Innovationen
sind insbesondere Personen interessant, die über einen guten Überblick über die Bedarfseite
verfügen und in der Lage sind, die betrachtete Technologie zu verstehen. Durch Kombination
des vorhandenen Wissens mit dem durch die neue Technologie entstehenden Lösungspo-
tenzial ist der Experte in der Lage, neue Ideen zu generieren. Dieser Prozess kann durch
Kreativitätsmethoden unterstützt werden. Da die Bedarfseite vor dem Expertengespräch
noch unbekannt ist, stellt die Identifikation und Ansprache der richtigen Personen häufig die
größte Schwierigkeit dar.
Die Bedürfnisse der Kunden stehen bei der von Uebelacker und Glaß [37] vorgestellten Me-
thode „Customer Process Monitoring“ (CPM) im Vordergrund. Dabei zielt die Methode insbe-
sondere auf latente, nicht explizit geäußerte Kundenbedürfnisse und auf eine konsequente
Trennung zwischen der Problemerkennung und der Lösungsfindung. Ausgangspunkt bei der
Methode ist eine Prozessanalyse beim (potenziellen) Kunden. Aus dieser Prozessanalyse
werden Informationen gewonnen, welche Prozessschritte sich auf den Gesamtprozess nega-
tiv auswirken. Auf diese Weise werden die Probleme erkannt, die dem Kunden noch gar nicht
bewusst sind. Typische Beispiele für diese negativen Auswirkungen sind beispielsweise lan-
ge Zeiten für einen Teilschritt oder eine hohe Fehleranfälligkeit. Durch die Analyse lassen
sich gezielt die größten Potenziale im Prozess extrahieren. Die auftretenden Schwierigkeiten
werden über Videoaufzeichnungen festgehalten und anschließend einem Team von Entwick-
lern gezeigt, das in einem darauf folgenden Workshop Ideen für die Problemstellungen gene-
riert. Beim Customer Process Monitoring soll somit die Verknüpfung zwischen einem Anwen-
dungsproblem und einem technischen Potenzial geschaffen werden. Ausgangspunkt ist al-
lerdings das Anwendungsproblem und nicht ein technisches Potenzial, so dass CPM eher für
bedarfsbasierte Innovationen geeignet ist. Ähnliches gilt für die Marktforschung, die häufig in
Primär- und Sekundärforschung gegliedert wird [38]. Über die primäre Marktforschung kön-
nen durch stichprobenartige Befragungen Aussagen über die Grundgesamtheit einer Ziel-
gruppe getroffen werden, während bei der Sekundärforschung auf bereits vorhandene Infor-
3 Methoden des Innovationsmanagements für Forschungseinrichtungen
21
mationsquellen zurückgegriffen wird. Marktforschung und CPM sind dadurch weniger für die
Ideengenerierung an Forschungseinrichtungen geeignet, können jedoch im Rahmen der
Bewertung zur Informationserhebung wertvolle Beiträge leisten.
3.2 Bewertungs- und Selektionsmethoden
Die für eine Bewertung von Ideen zur Verfügung stehenden Methoden werden in quantitative
und qualitative Methoden unterteilt. Dazwischen existieren Methoden, die eine Mischung
zwischen den beiden Alternativen darstellen. Der wichtigste Vertreter dieser semi-
quantitativen Methoden ist die Nutzwertanalyse [21]. In Abbildung 7 sind die verschiedenen
Kategorien in Abhängigkeit von Reife der Ideen und Aufwand zur Umsetzung zusammenge-
stellt.
Abbildung 7: Anwendung von Bewertungsverfahren für Ideen bei unterschiedli-chen Reifegraden, nach Vahs und Burmester [21]
3.2.1 Qualitative Verfahren
Qualitative Bewertungsmethoden eignen sich für Ideen mit einem geringen Reifegrad und
können darüber hinaus bei einer größeren Anzahl von Ideen zur Vorselektion eingesetzt
werden.
3.2.1.1 Verbale Einschätzungen und Checklisten
Das einfachste Verfahren zur qualitativen Bewertung ist eine verbale Einschätzung. Die zu
bewertenden Merkmalsausprägungen werden dabei von Einzelpersonen oder auch von re-
präsentativen Gruppen in Worten beschrieben. Zur Systematisierung der Vorgehensweise
können Checklisten eingesetzt werden. Darunter versteht man die Zusammenstellung ver-
schiedener Bewertungskriterien, die für die Beurteilung eines Sachverhaltes von grundlegen-
der Bedeutung sind. Dies kann in Form von Fragen oder als eine tabellarische Auflistung der
Nutzwert-analyse
Quantitative Verfahren
Qualitative Verfahren
Reifegrad der Idee
Aufwand
3 Methoden des Innovationsmanagements für Forschungseinrichtungen
22
relevanten Beurteilungskriterien erfolgen. Die Kriterien einer Checkliste können in Musskrite-
rien, die eine Idee zwingend erfüllen muss, um überhaupt näher analysiert zu werden und
Kann-Kriterien für die Ideenpriorisierung, eingeteilt werden. Neben den für jede Bewertung
spezifischen Kriterien existieren einige Grundanforderungen an Innovationen, die unabhän-
gig von Organisation und Innovationsobjekt gültig sind und als Muss-Kriterium eingesetzt
werden können. Typische Muss-Kriterien sind Realisierbarkeit der Idee, Komplementarität
mit den Unternehmensgrundsätzen, Übereinstimmung mit den gesetzlichen Rahmenbedin-
gungen und Sicherung von Schutzrechten [21].
Verbale Einschätzungen und Checklisten sind die einfachsten Methoden zur Bewertung von
Ideen. Dem Vorteil des geringen Aufwands steht der Nachteil eines groben Bewertungser-
gebnisses entgegen.
3.2.1.2 Ganzheitliche Präferenzbildung
Während bei der Verwendung von Checklisten die Bewertung einer Idee über die Kriterien
unabhängig von den anderen vorhandenen Ideen abläuft, erfolgt die Bewertung bei der
ganzheitlichen Präferenzbildung unter gegenseitiger Beeinflussung. Eine Variante der ganz-
heitlichen Präferenzbildung ist der paarweise Vergleich, bei der die zu bewertenden Ideen
systematisch jeweils paarweise miteinander vergleichen werden [39]. Die Durchführung er-
folgt in der Regel in einer Entscheidungsmatrix, bei der die Ideen sowohl spalten-, als auch
zeilenweise angeordnet sind. Ist die in der Kopfzeile angegebene Produktidee überlegen
gegenüber der in der Kopfspalte genannten, so erfolgt eine Bewertung mit Eins, andernfalls
mit Null. Durch spaltenweise Addition der Bewertungsziffern und der Bildung einer Rangord-
nung durch Vergleich der Spaltensummen wird das Bewertungsergebnis erhalten. In Tabelle
2 ist die Vorgehensweise bei dem paarweisen Vergleich in einer Entscheidungsmatrix ver-
deutlicht.
Idee 1 Idee 2 Idee 3 Idee 4 Rang Idee-Nr. Idee 1 - 0 1 0 1 3 Idee 2 1 - 1 1 2 1 Idee 3 0 0 - 0 3 4 Idee 4 1 0 1 - 4 2
SUMME 2 0 3 1
Tabelle 2: Entscheidungsmatrix bei dem paarweisen Vergleich
Da bei diesem Verfahren eine zweifache Gegenüberstellung der Ideen erfolgt, können Wi-
dersprüche in der Entscheidungsmatrix auftreten, die gegebenenfalls einer weitergehenden
Analyse unterzogen werden müssen. Bei einer höheren Anzahl an Ideen wird die Entschei-
dungsmatrix sehr unübersichtlich.
3 Methoden des Innovationsmanagements für Forschungseinrichtungen
23
Eine weitere Variante der ganzheitlichen Präferenzbildung ist das Konstantsummenverfah-
ren. Dabei wird eine vorgegebene Anzahl an Nutzeneinheiten auf die zu bewertenden Alter-
nativen aufgeteilt. Dadurch lässt sich ebenfalls eine Rangordnung erstellen. Das Konstant-
summenverfahren ist mit sehr geringem Aufwand durchführbar, aufgrund der Subjektivität
und der starken Vereinfachung besteht jedoch die Gefahr von Fehleinschätzungen [21].
3.2.2 Semiquantitative Methode – Nutzwertanalyse
Bereits Pfeiffer [40] hat in “Systemwirtschaftlichkeit“ beschrieben, dass konventionelle Wirt-
schaftlichkeitsrechnungen häufig nur die “leicht rechenbaren“ Kriterien in die Entscheidungs-
findung einbinden und nicht monetarisierbare Größen sowie Einflüsse der vor- und nachge-
lagerten Bereiche vernachlässigt werden. Die aus dieser Vereinfachung resultierenden Fehl-
entscheidungen können verhindert werden, indem die ganzheitliche Berücksichtigung der
relevanten technischen und nicht-technischen Einflussgrößen sichergestellt wird. Eine hierfür
geeignete Methode ist die Nutzwertanalyse, die auch als “Scoring- oder Punktbewertungs-
Modell“ bezeichnet wird. Eine Nutzwertanalyse verfolgt den Zweck, mehrere Entscheidungs-
alternativen anhand von Kriterien zu bewerten und entsprechend den Präferenzen des Ent-
scheidungsträgers zu ordnen. Die Präferenzordnung erfolgt mit Hilfe der für jede Alternative
ermittelten “Nutzwerte“.
3.2.2.1 Beschreibung der Standardversion der Nutzwertanalyse
Über die Nutzwertanalyse existiert in der Literatur eine Vielzahl von Aufsätzen. Eine Über-
sicht findet man bei Brose [41]. Viele davon beziehen sich auf Zangenmeister [42], der 1971
mit „Nutzwertanalyse in der Systemtechnik“ den Grundstein für die Nutzwertanalyse erarbei-
tete. Die Nutzwertanalyse ist nach ihm „die Analyse einer Menge komplexer Handlungsalter-
nativen mit dem Zweck, die Elemente dieser Menge entsprechend den Präferenzen des Ent-
scheidungsträgers bezüglich eines multidimensionalen Zielsystems zu ordnen. Die Abbildung
dieser Ordnung erfolgt durch die Angabe der Nutzwerte der Alternativen.“
Für den Detailablauf einer Nutzwertanalyse existieren mehrere Varianten [41]. An dieser
Stelle wird eine in fünf Schritte gegliederte Vorgehensweise vorgestellt. Das Vorhandensein
von mehreren Entscheidungsalternativen in Form von technischen Lösungsmöglichkeiten
wird dabei vorausgesetzt. Im ersten Schritt erfolgt die Bestimmung relevanter Bewertungskri-
terien. Alle für das jeweilige Entscheidungsproblem notwendigen Bewertungskriterien werden
dabei aufgelistet. Die Kriterien können sowohl monetär, als auch nicht-monetär sein. Im
nächsten Schritt wird eine Gewichtung der Bewertungskriterien durchgeführt. Dabei wird die
unterschiedlich hohe Bedeutung der einzelnen Bewertungskriterien berücksichtigt. Häufig
3 Methoden des Innovationsmanagements für Forschungseinrichtungen
24
werden die Gewichtungsfaktoren so gewählt, dass sie in Summe 100% oder 1 ergeben. Im
dritten Schritt wird die sog. Zielertragsmatrix erstellt. Diese beinhaltet eine Bewertung der
Kriterien aller Entscheidungsalternativen. Die Bewertung kann durch nominale, ordinale oder
kardinale Skalen erfolgen. Bei Nominalskalen wird der Untersuchungseinheit für das ent-
sprechende Merkmal eine Kategorie, z.B. ja oder nein, zugeordnet. Es besteht keine Rang-
ordnung zwischen den Kategorien. Bei Ordinalskalen, wie beispielsweise hoch-mittel-niedrig,
lassen sich die einzelnen Kategorien in eine Reihenfolge bringen. Die Abstände zwischen
den einzelnen Kategorien sind jedoch nicht sinnvoll interpretierbar. Bei Kardinalskalen sind
die Abstände zwischen den Kategorien, wie beispielsweise bei einer Gewichtsangabe,
messbar. Um die verschiedenen Bewertungen der Kriterien zu einem Nutzwert für jede zur
Auswahl stehende Alternative berechnen zu können, müssen alle Bewertungen in eine ein-
heitliche Dimension transformiert werden. Dies geschieht im vierten Schritt, in dem für jedes
Bewertungskriterium eine Bewertungsfunktion definiert wird. Durch diese Funktionen werden
die meist dimensionsbehafteten Werte der Zielertragsmatrix in die dimensionslose Zielerfül-
lungsmatrix transformiert. Im letzten Schritt werden die Werte der Zielerfüllungsmatrix durch
Multiplikation mit dem zugehörigen Gewichtungsfaktor zu Teilnutzwerten umgeformt. Aus
diesen ergibt sich durch Addition der Nutzwert für die jeweilige Entscheidungsalternative. Die
Vorgehensweise ist in Tabelle 3 dokumentiert.
3 Methoden des Innovationsmanagements für Forschungseinrichtungen
25
Tabelle 3: Vorgehen bei der Nutzwertanalyse
Der wesentliche Vorteil der Nutzwertanalyse ist, dass mit dieser Methode ein mehrdimensio-
nales Zielsystem berücksichtigt werden kann, das aus qualitativen und quantitativen Zielkrite-
rien mit unterschiedlicher Gewichtung besteht. Durch die Transformation der verschiedenen
Merkmalsausprägungen in einen einheitlichen, dimensionslosen Maßstab (Nutzwerte,
Punktwerte, Scores) werden die einzelnen Zielkriterien miteinander vergleichbar gemacht.
Außerdem eignet sich die übersichtliche Darstellung der Nutzwertanalyse als Basis für Dis-
kussionen. Die Ergebnisse können dabei kompakt in einer übersichtlichen Tabelle zusam-
mengestellt werden, die Begründungen werden separat aufgeführt.
In der Literatur werden mehrere Kritikpunkte der Nutzwertanalyse diskutiert. So wird von
Bechmann [43] die inhaltliche Absicherung der verwendeten Maß- und Bewertungsvorschrif-
ten thematisiert. Dabei verweist er insbesondere auf die Transformation von dem Zielertrag
zum Zielerfüllungsgrad. Bei diesem Schritt besteht die Gefahr, dass eine korrekte Formal-
KriteriumSchritt 1: Krit. 1
Krit. 2Krit. 3
Kriterium GewichtSchritt 2: Krit. 1 0,2
Krit. 2 0,5Krit. 3 0,3
1,0
Kriterium Gewicht Zielertrag ZielertragSchritt 3: Krit. 1 0,2 4 m/s 2 m/s
Krit. 2 0,5 5 € 2 €Krit. 3 0,3 hoch niedrig
1,0
Schritt 4:
Kriterium Gewicht Zielertrag Zielerfüllung Zielertrag ZielerfüllungKrit. 1 0,2 4 m/s 4 2 m/s 2Krit. 2 0,5 5 € 2 2 € 5Krit. 3 0,3 hoch 4 niedrig 2
1,0
Kriterium Gewicht Zielertrag Zielerfüllung Teilnutzwert Zielertrag Zielerfüllung TeilnutzwertSchritt 5: Krit. 1 0,2 4 m/s 4 0,8 2 m/s 2 0,4
Krit. 2 0,5 5 € 2 1 2 € 5 2,5Krit. 3 0,3 hoch 4 1,2 niedrig 2 0,6
1,0 3 3,5
Bestimmung relevanter Bewertungskriterien
Gewichtung der Bewertungskriterien
Erstellung der Zielertragsmatrix
Erstellung der Zielerfüllungsmatrix
Alternative 1 Alternative 2
Alternative 1 Alternative 2
Alternative 1 Alternative 2
Alternative 1 Alternative 2Berechnung der Nutzwerte
Alternative 1 Alternative 2
Nutzwert A2
Zielerfüllung = Zielertrag [m/s] / 1 [m/s]Zielerfüllung = (7 [€] – Zielertrag [€]) / 1 [€]sehr niedrig = 1; niedrig = 2; mittel = 3; hoch = 4; sehr hoch = 5
Krit. 1Krit. 2Krit. 3
Nutzwert A1
3 Methoden des Innovationsmanagements für Forschungseinrichtungen
26
struktur über inhaltliche Mängel hinwegtäuscht. Weiterhin wird die bei einer Nutzwertanalyse
getroffene Annahme in Frage gestellt, dass es im Bewertungsvorgang möglich ist, einzelne
Merkmalskriterien ohne das Ganze zu bewerten und Nutzenabhängigkeiten zu vernachlässi-
gen. Eberle [44] stellt die additiven Entscheidungsregeln einer Nutzwertanalyse in Frage, da
diese nicht in der Natur des Menschen liegen und die Limitationen der menschlichen Infor-
mationsverarbeitungskapazität nicht berücksichtigen. Durch die Vielzahl der Kriterien sei der
Bewerter überfordert. Einen weiteren Kritikpunkt stellt die Prämisse der Kardinalität der Ziel-
erfüllungsgrade dar, da die hierfür notwendigen Abstandsvergleiche nicht in allen Entschei-
dungssituationen durchführbar sind [43], [44].
3.2.2.2 Weiterentwicklungen der Nutzwertanalyse
Aufgrund der oben genannten Kritikpunkte an der Standardversion der Nutzwertanalyse exis-
tieren mehrere Weiterentwicklungen. Im Mittelpunkt einer von Bechmann [43] durchgeführten
verfahrenstechnischen Weiterentwicklung stehen die Abkehr von einer kardinalen Skala bei
der Nutzenbewertung und eine Berücksichtigung der möglichen Wertebeziehungen zwischen
einzelnen Bewertungskriterien. Ähnlich wie bei der Standardversion werden zuerst die Be-
wertungskriterien ermittelt und danach jede Alternative mit allen Kriterien auf einer Punkte-
skala bewertet. Im Gegensatz zu der Standardversion erfolgt die Informationsverdichtung
jedoch nicht durch Gewichtungsfaktoren sondern durch den Einsatz von Entscheidungsre-
geln. Die Verdichtung von der Ebene der einzelnen Bewertungskriterien bis zum Bewer-
tungsergebnis kann über mehrere Aggregationsstufen erfolgen. Die Entscheidungsregeln
sind dabei individuell für jedes Entscheidungsproblem zu erstellen. Die Vorgehensweise bei
der verfahrenstechnischen Weiterentwicklung der Nutzwertanalyse ist in Abbildung 8 veran-
schaulicht.
Abbildung 8: Verfahrenstechnische Weiterentwicklung der Nutzwertanalyse
Kriterium 1
Kriterium 2
Kriterium 4
Kriterium 7
Kriterium 3
Kriterium 5
Kriterium 6
Aggregation 1
Aggregation 2
Aggregation 3
Ergebnis Idee 4
Ent
sche
i-du
ngs-
rege
ln
Ent
sche
i-du
ngs-
rege
ln
Ent
sche
i-du
ngs-
rege
ln
Ent
sche
idun
gsre
geln
Idee 4Idee 3
Idee 2Idee 1
Ergebnis Idee 3
Ergebnis Idee 2
Ergebnis Idee 1
3 Methoden des Innovationsmanagements für Forschungseinrichtungen
27
Eine ähnliche Weiterentwicklung wird von Eberle [44] vorgeschlagen. Basierend auf der An-
nahme, die additiven Entscheidungsregeln liegen nicht in der Natur des Menschen, integriert
er Ergebnisse aus der psychiologischen Entscheidungsforschung in das Verfahren der Nutz-
wertanalyse. In der Zielertragsmatrix werden dabei wie bereits bei der verfahrenstechnischen
Weiterentwicklung keine Gewichtungsfaktoren eingesetzt. Im Gegensatz zu der verfahrens-
technischen Weiterentwicklung verwendet er keine Bewertungsfaktoren, es wird lediglich
eine Rangfolge der verschiedenen Alternativen gebildet. Über mehrere Aggregationsstufen
mit jeweils zu definierenden Entscheidungsregeln wird die günstigste Alternative definiert.
Die methodischen Weiterentwicklungen führen in beiden Fällen zu einem deutlichen Mehr-
aufwand des Verfahrens. Darüber hinaus wird das Nachvollziehen des Entscheidungspfades
aufgrund der geringeren Transparenz wesentlich erschwert. Aus diesen Gründen konnten
sich die Weiterentwicklungen nicht gegen die Standardform durchsetzen. In neueren Veröf-
fentlichungen spielen die Weiterentwicklungen keine Rolle [45].
3.2.3 Quantitative Verfahren
Quantitative Verfahren bewerten die Ideen anhand einer Kosten- und Erlösbetrachtung. Das
Grundprinzip der quantitativen Verfahren besteht darin, dass die voraussichtlichen Einzah-
lungs- und Auszahlungsvorgänge der verschiedenen Investitionsalternativen miteinander
verglichen werden [21]. Grundsätzlich wird zwischen statischen und dynamischen Methoden
unterschieden. Die dynamischen Verfahren berücksichtigen die tatsächlichen Zahlungszeit-
punkte über die gesamte Nutzungsdauer einer Investition während die statischen Verfahren
von Durchschnittswerten ausgehen [21]. Darüber hinaus existieren Ansätze, die Unsicherhei-
ten berücksichtigen [41]. Diese werden jedoch nicht weiter betrachtet. In Tabelle 4 sind die
wichtigsten quantitativen Bewertungsverfahren dargestellt. Kostenvergleichs- und Rentabili-
tätsrechnung, sowie die Kapitalwertmethode werden daraufhin kurz erläutert.
Quantitative Bewertungsverfahren
Statische Verfahren [21] Dynamische Verfahren [45]
Kostenvergleichsrechnung Kapitalwertmethode
Gewinnvergleichsrechnung Interne Zinsfußmethode
Rentabilitätsrechnung Annuitätenmethode
Tabelle 4: Quantitative Bewertungsverfahren
3 Methoden des Innovationsmanagements für Forschungseinrichtungen
28
Bei der Kostenvergleichsrechnung werden die Gesamtkosten pro Jahr oder die durchschnitt-
lichen Stückkosten zweier oder mehrerer Produktinnovationen einander gegenübergestellt.
Die kostengünstigste Alternative stellt die optimale Problemlösung dar [21]. Der Kostenver-
gleich lässt die Ertragsseite völlig außer Acht und ist lediglich dann hilfreich, wenn keine Er-
tragsveränderungen aus technologischen Innovationen resultieren bzw. die Ertragsverände-
rungen bei jeder der zu vergleichenden Innovationen als gleich hoch erachtet werden [41].
Somit ist die Methode anwendbar, wenn durch die Innovation eine Kostensenkung bei glei-
cher Funktionalität erzielt wird. Durch diese Einschränkung ist eine Anwendung der Kosten-
vergleichsrechnung zur Bewertung von Innovationen an Forschungseinrichtungen nur in
seltenen Fällen einsetzbar. Bei mehrdimensionalen Bewertungen, wie beispielsweise bei der
weiter oben in Kap. 3.2.2 beschriebenen Nutzwertanalyse, ist ein Kostenvergleich als ein
Bewertungskriterium im Rahmen der Gesamtbewertung sinnvoll einsetzbar.
Die Rentabilitätsrechnung bewertet die Entscheidungsalternative mit der höchsten Rentabili-
tät als optimal. Bei diesem Berechnungsverfahren wird der erwartete durchschnittliche Jah-
resgewinn für jede Investition in Bezug zu dem von ihr durchschnittlich gebundenen Kapital
gesetzt:
100% satzKapitalein
Gewinn ät Rentabilit ⋅= (3.1)
Auf diese Weise wird die Durchschnittverzinsung des eingesetzten Kapitals ermittelt. Diese
Berechnungsmethode findet man häufig auch unter der Bezeichnung ROI-Methode (Return
of Investment).
Die Kapitalwertmethode ist ein Verfahren zur Wirtschaftlichkeitsberechnung von Investitio-
nen. Sie wird verwendet, wenn sich die Ein- und Auszahlungen einer Investition im Zeitablauf
ändern. Um verschiedene Alternativen vergleichen zu können, werden alle zukünftigen Er-
träge auf einen Zeitpunkt abgezinst, d.h. der so genannte Barwert dieser späteren Erträge
errechnet. Je später Überschüsse erzielt werden, desto geringer fällt der Barwert aus und
kann die Anfangsinvestition weniger kompensieren. Die allgemeine Formel zur Berechnung
des Kapitalwertes einer Investition lautet [21]:
)1(
A-E I- C
n
1t
tt00 ∑
= ++= tr
(3.2)
Dabei sind C0 der Kapitalwert einer Investition und –I0 die Anfangsinvestitionen. Et und At
stellen die Einnahmen bzw. Ausgaben der Perioden t dar. Der Kalkulationszinsfuß r ist ein
subjektiv vom Entscheidungsträger festzulegender Wert, der sich insbesondere an den
3 Methoden des Innovationsmanagements für Forschungseinrichtungen
29
Fremdkapitalkosten und an den Investitionsrisiken orientiert. Die Kapitalwertmethode setzt
damit voraus, dass Kosten und Erträge nicht nur bekannt sind, sondern auch der jeweiligen
Periode zugeordnet werden können. Damit sind die Anforderungen an die Informationen über
die Eingangsgrößen im Vergleich zu den statischen Methoden noch höher.
Ein häufig genannter Kritikpunkt an der Kapitalwertmethode ist die so genannte Zurech-
nungsproblematik, da sich einzelnen Investitionen insbesondere die Einnahmen nicht mit
ausreichender Sicherheit zurechnen lassen [46]. An Forschungseinrichtungen stellt jedoch
auch die Ausgabenseite einen großen Unsicherheitsfaktor dar, wenn die Kosten über einen
noch nicht vorhandenen Projektpartner ermittelt werden müssen. Daneben ist der Aufwand,
der bei der Datenbeschaffung anfällt, deutlich höher als bei den qualitativen Methoden oder
der Nutzwertanalyse. Zum Vergleich einer größeren Anzahl von Ideen, die sich in verschie-
denen Stadien des Entstehungszyklus befinden, sind quantitative Methoden somit weniger
geeignet.
3.3 Werkzeuge zur Zukunftsbetrachtung
Die Bewertung von Innovationen setzt grundsätzlich eine zukunftsorientierte Betrachtung
voraus. Dabei sind sowohl die Eigenschaften des betrachteten Potenzials und der konkurrie-
renden Technologien, als auch die Bedarfe auf einen zukünftigen Zeitpunkt zu extrapolieren.
Für die Potenzialseite werden Lebenszyklus-Konzept und die Erfahrungskurve, zur Dynami-
sierung der Bedarfseite Szenarien und Referenzsysteme vorgestellt.
3.3.1 Lebenszyklus-Konzept
Ein Werkzeug für den immer mit Unwägbarkeiten verbundenen Extrapolationsprozess ist das
von Pfeiffer, Metze et al. [47] detailliert beschriebene integrierte Lebenszyklus-Konzept. Es
unterstellt den Produkten eine endliche Lebenszeit und unterteilt die Lebensdauer in Beo-
bachtungs-, Entstehungs- und Marktzyklus. Im Beobachtungszyklus werden seitens der Un-
ternehmen in der Regel keine aktiven Entwicklungsschritte unternommen. Die an For-
schungseinrichtungen ablaufenden Arbeiten und der dadurch sinkende Grad der Ungewiss-
heit einer neuen Technologie werden beobachtet. Indem die Unternehmen eigene Entwick-
lungsaktivitäten aufnehmen, beginnt der Entstehungszyklus, der in mehrere Unterphasen
unterteilt ist und bis zu der Produktions- und Absatzvorbereitung reicht. Im Entstehungszyk-
lus fallen nur Kosten an, da erst in dem darauf folgenden Marktzyklus Erträge erwirtschaftet
werden. Bei Modellierung des Marktzyklus wird angenommen, dass bei der Markteinführung
ein langsamer Umsatzanstieg bei durch Anfangsinvestitionen verursachten negativen De-
ckungsbeiträgen entsteht. In der Marktdurchdringungsphase werden die Deckungsbeiträge
3 Methoden des Innovationsmanagements für Forschungseinrichtungen
30
positiv und es erfolgt ein starker Umsatzanstieg. In der Marktsättigung verringern sich die
Deckungsbeiträge bei stagnierendem Umsatz bevor in der Degenerationsphase beide Grö-
ßen gegen den Nullwert konvergieren. In Abbildung 9 ist der integrierte Produktlebenszyklus
dargestellt.
Abbildung 9: Integriertes Produktlebenszykluskonzept leicht modifiziert nach Pfeiffer [47]
Daneben existieren noch leistungsbezogene Ansätze zur Technologieprognose. Dabei wird
angenommen, dass sich jede Technologie im Lauf der Zeit an eine Leistungsgrenze annä-
hert. Bei neuen Technologien tritt aufgrund von Anlaufproblemen zuerst ein geringer Leis-
tungszuwachs ein, der nach Vorliegen einer “kritischen Wissensmasse“ rasch zunimmt und
bei Annäherung an die Leistungsgrenze wieder abnimmt. Bei Annäherung einer Technologie
an ihre Leistungsgrenze steigt die Wahrscheinlichkeit des Auftretens einer neuen, leistungs-
fähigeren Technologie [48]. Das von Arthur D. Little vorgeschlagene Lebenszyklus-Modell
bildet den S-förmigen Verlauf der Leistungsfähigkeit einer Technologie über der Zeit ab. Eine
von McKinsey durchgeführte Ergänzung ersetzt auf der Abszisse die Zeit durch den kumu-
lierten F&E-Aufwand. In Abbildung 10 ist ein einfacher Fall mit zwei konkurrierenden Techno-
logien schematisch dargestellt.
Kosten Umsatz bzw. Gewinn
ZeitWissenschaftlich-
technologisches Vorfeld
Grad derUngewissheit
Beobachtungszyklus Entstehungszyklus Marktzyklus
Idee
ngen
erie
rung
Alte
rnat
iven
bew
er-
tung
und
–aus
wah
l
Labo
rmus
ter
Fun
ktio
nsm
uste
r
Pro
toty
p
Vor
bere
itung
Mar
ktei
nfüh
rung
Mar
ktei
nfüh
rung
Mar
ktdu
rch-
drin
gung
Mar
ktsä
ttigu
ng
Mar
ktde
gene
ratio
n
Integriertes Produktlebenszykluskonzept
3 Methoden des Innovationsmanagements für Forschungseinrichtungen
31
Abbildung 10: Verlauf der Leistungsfähigkeit einer Technologie
Das Lebenszykluskonzept ist ein stark vereinfachtes Modell zur Vorhersage zukünftiger Ent-
wicklungen von Technologien. Bei der Anwendung ist zu beachten, dass der S-förmige Kur-
venverlauf der Leistungsfähigkeit einer Technologie häufig vorzufinden ist, aber keine Allge-
meingültigkeit besitzt. Im Einzelfall können erhebliche Abweichungen auftreten. In der Reali-
tät durchlaufen außerdem nicht alle Technologien den Zyklus bis zum Ende und erreichen
dabei einen positiven Deckungsbeitrag [47]. Zudem sind die Erfassung des F&E-Aufwands,
eine eindeutige Zuordnung zu einer speziellen Technologie und die eindeutige Festlegung
der Leistungsfähigkeit in der Praxis mit Schwierigkeiten verbunden. Das Lebenszykluskon-
zept bietet trotzdem eine gute Basis für die Abschätzung des Verlaufs einer neuen Techno-
logie.
3.3.2 Das Erfahrungskurven-Konzept
In der Zukunftsbetrachtung spielt die Kostenentwicklung einer Innovation und deren techno-
logischen Alternativen eine wichtige Rolle. Werden die am Beginn eines Innovationszyklus
oftmals sehr hohen Stückkosten nicht dynamisiert, ergibt sich in der Regel eine für die Inno-
vation sehr ungünstige Bewertung. Das Erfahrungskurven-Konzept ist ein einfaches Werk-
zeug, mit dessen Hilfe die zukünftigen Stückkosten, bzw. die Wertschöpfungskosten, abge-
schätzt werden können. In den 40er Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts wurde festge-
stellt, dass mit zunehmender Produktionsstückzahl die Fertigungskosten pro Stück potenziell
sinken [47]. Ausgehend von dieser Lernkurve wurde in den 60er Jahren das Erfahrungskur-
venkonzept entwickelt, das alle Kostenelemente einer Geschäftseinheit, angefangen von
kumulierter F&E-Aufwand / Zeit
Lei
stu
ng
sfäh
igke
it d
er T
ech
no
log
ie
Bestehende Technologie
Neue Technologie
3 Methoden des Innovationsmanagements für Forschungseinrichtungen
32
Forschung und Entwicklung bis hin zu Vertrieb, Produktion und Verwaltung, umfasst. Die
Kernaussage des Erfahrungskurvenkonzeptes ist, dass mit jeder Verdoppelung der kumulier-
ten Menge eines Produktes die Wertschöpfungskosten eines Stückes potenziell um 20-30%
zurückgehen [47]. Die Beziehung zwischen Kosten und Erfahrung ist von potenzieller Natur
und tritt nur ein, wenn das jeweilige Management in der Lage ist, die Optimierungen über alle
Funktionsbereiche zu realisieren. Es ist jedoch nach Hendersen [49] charakteristisch für die
Marktwirtschaft und den freien Wettbewerb, dass sie immer wieder Unternehmen hervorbrin-
gen, die dieses Potenzial zu realisieren verstehen. Der Rückgang der Kosten durch die Er-
fahrung ist in Abbildung 11 verdeutlicht.
0,1
1
10
100
100 1000 10000 100000 1000000 10000000
Kumulierte Menge
Stü
ckko
sten
(Wer
tsch
öpfu
ngsa
ntei
l)
20% Rückgang30% Rückgang
Abbildung 11: Zusammenhang zwischen Kosten und Erfahrung nach dem Erfah-rungskurven-Konzept
Bei der praktischen Anwendung können sich nach Hendersen [49] verschiedene Schwierig-
keiten ergeben. Bei komplexeren Produkten wird eine exakte Abgrenzung erschwert, da sich
durch eine Vielzahl von Komponenten verschiedene Erfahrungskurven überlagern. Die exak-
te Zuordnung von Kosten zu dem jeweiligen Produkt ist in vielen Fällen aufgrund buchhalteri-
scher Optimierungen nicht mehr möglich. Zudem müssen Inflation und Produktverbesserun-
gen berücksichtigt werden. Wie das Lebenszykluskonzept ist die Erfahrungskurve nicht all-
gemein gültig. Die Prämisse eines freien Wettbewerbes ist bei den Komponenten für Innova-
tionen in der Markteinführungsphase nur gegeben, wenn die Entwicklungspartner, mit deren
3 Methoden des Innovationsmanagements für Forschungseinrichtungen
33
Hilfe spezielle Komponenten entwickelt wurden, keine Monopolstellung einnehmen. Das
Erfahrungskurven-Konzept ist somit vor allem nützlich für das Verständnis langfristiger
Trends und weniger für kurzfristige Analysen geeignet.
3.3.3 Szenarien und Referenzsysteme
Neben der Betrachtung der technologischen Weiterentwicklung sind bei der Zukunftsbetrach-
tung auch Veränderungen der Bedarfsumwelt zu berücksichtigen. Aufgrund der vielfältigen
Verlaufsmöglichkeiten der zukünftigen Bedarfe entsteht ein großer Optionenraum mit hoher
Komplexität. Durch eine bloße Extrapolation in die Zukunft, die sich an bestehenden Bedar-
fen orientiert, werden die für Innovationen wichtigen Trendbrüche nicht erkannt und bei der
Bewertung vernachlässigt. Eine Möglichkeit, die Komplexität systematisch zu reduzieren,
stellen Szenarien dar. Ein Szenario ist die Beschreibung einer komplexen, zukünftigen Situa-
tion, deren Eintreten nicht mit Sicherheit vorhergesagt werden kann, aufgrund der vorliegen-
den Informationen und Entwicklungsmöglichkeiten jedoch als möglich angesehen werden
kann [50]. Bei der Entwicklung von Szenarien sind zwei unterschiedliche Vorgehensweisen
anwendbar. Bei explorativen Szenarien werden, ausgehend von der gegenwärtigen Situati-
on, durch Variation der Einflussgrößen verschiedene Zukunftsbilder entworfen. Je weiter der
Blick in die Zukunft reicht, desto weiter verzweigen sich die Alternativen bei ständig steigen-
der Komplexität. Antizipative Szenarien beginnen dagegen an einem konkreten Zukunftsbild,
das dabei einen starken Visions-Charakter einnimmt [50]. Ausgehend von diesem in der Zu-
kunft gesetzten Fixpunkt ergeben sich in Richtung der Gegenwart mehrere Entwicklungsver-
läufe. Antizipative Szenarien, die im Rahmen des Bewertungsprozesses technologischer
Alternativen zum Einsatz kommen, werden nach Pfeiffer et al. [50] auch als Referenzsysteme
bezeichnet.
Das Referenzsystem besitzt dadurch einen starken Prämissencharakter. Die Unsicherheiten,
die zwangsläufig bei der Erstellung eines Referenzsystems eingegangen werden müssen,
stellen den Hauptkritikpunkt bei der Szenarienerstellung dar. Auf der anderen Seite ergibt
sich durch ein antizipatives Szenario eine operationale Leitschnur für die Festlegung und
Strukturierung zukünftiger Arbeitspakete, die zur Erreichung des Referenzsystems notwendig
sind. Dadurch versetzt man sich in die Lage, aktiv an der prognostizierten Zukunftsentwick-
lung mitzuwirken.
3.4 Das Technologieportfolio
Die Portfolio-Analyse ist ein Instrument, das sehr komplexe Zusammenhänge auf eine zwei-
dimensionale Matrix reduziert und findet seit Beginn der 80er Jahre nach Gerpott [48] häufig
3 Methoden des Innovationsmanagements für Forschungseinrichtungen
34
Verwendung in Wissenschaft und Praxis. Die Achsen der Matrix stellen meist den Zusam-
menhang zwischen einer vom speziellen Unternehmen nicht beeinflussbaren Größe und
einer von ihm beeinflussbaren Größe dar. Mittels so genannten Normstrategien wird ange-
geben, wie die im Portfolio befindlichen Inhalte zu managen sind. Eine der wichtigsten Portfo-
lio-Werkzeuge ist das Marktanteils-Marktwachstums-Portfolio der Boston Consulting Group.
Dessen Einsatz beschränkt sich jedoch auf bestehende Geschäftsfelder. Produkte, die sich
noch im Entstehungszyklus befinden und deren Markteintritt in der Zukunft liegt, werden im
Markt-Portfolio nicht berücksichtigt.
Um die Portfolio-Methodik auch für strategische Zukunftsgeschäftsfelder nutzbar zu machen,
wurde das Technologieportfolio von Pfeiffer et al. [47] mit den beiden Hauptdimensionen
Technologieattraktivität und Ressourcenstärke, die im Folgenden näher erläutert werden,
entwickelt. Die Technologieattraktivität ist eine exogene Größe und drückt allgemein die Vor-
zugswürdigkeit von Technologien in einer Rangreihe unabhängig von der unternehmensspe-
zifischen Situation aus [51]. Für quantitative Betrachtungen ist eine Verfeinerung der Definiti-
on notwendig. Hier sind in der Literatur unterschiedliche Betrachtungsweisen vorzufinden.
Die Technologieattraktivität spiegelt nach Gerpott [48] die technologischen und wirtschaftli-
chen Vorteile wider, die bei Ausschöpfung der technologieimmanenten Weiterentwicklungs-
potenziale erzielt werden. Die von Pfeiffer at al. [51] vorausgesetzte grundsätzlich positive
Einstellung zum technischen Wandel führt zu einer hohen Technologieattraktivität bei dyna-
mischen und niedrigen Attraktivitäten bei reifen Technologien. Das bedeutet, dass die Tech-
nologieattraktivität einer Technologie im Lauf des Lebenszyklus stetig abfällt. Zur Metrisie-
rung wird eine Skala mit den Dimensionen gering, mittel und hoch vorgeschlagen. In jünge-
ren Quellen von Pfeiffer et al. [50] wird die starke Kopplung der Technologieattraktivität an
den Lebenszyklus gelockert. Die quantitative Betrachtung erfolgt über einen Vergleich mit
konkurrierenden Technologien anhand von mehreren Kriterien, beispielsweise im Rahmen
einer Nutzwertanalyse, wodurch kardinale Skalen eingesetzt werden können. Verbesserun-
gen der Technologieeigenschaften durch Weiterentwicklungen sowie höhere Bedarfsanforde-
rungen ermöglichen bei dieser Betrachtungsweise Änderungen der Technologieattraktivität in
beiden Richtungen.
Die Ressourcenstärke als endogene Größe ist ein vom Unternehmen beeinflussbarer Para-
meter und drückt den technologischen und wirtschaftlichen Beherrschungsgrad eines Tech-
nologiefeldes durch das Unternehmen relativ zu den wichtigsten Konkurrenten aus. Für die
Quantifizierung des Kriteriums werden in der Literatur ebenfalls mehrere Ansätze vorgestellt.
Dabei treten jedoch keine wesentlichen Unterschiede auf und die Ressourcenstärke wird
3 Methoden des Innovationsmanagements für Forschungseinrichtungen
35
meist in die beiden Subkriterien Finanz- und Know-How-Stärke unterteilt. In Abbildung 12 ist
ein Technologie-Portfolio mit den beiden Dimensionen Technologieattraktivität und Ressour-
censtärke zusammen mit den drei dazugehörigen Normstrategien dargestellt.
Abbildung 12: Das Technologie-Portfolio nach Pfeiffer et al. [47]
Bei hoher Technologieattraktivität und hoher Ressourcenstärke ergibt sich aus dem Portfolio
eine Investitionsempfehlung, während bei den gegenteiligen Wertungen die Desinvestition
vorgeschlagen wird. Technologien in der Region der Diagonale des Portfolios werden neutral
behandelt und müssen fallweise entschieden werden. Die grundsätzlichen Vorteile und Prob-
leme der Technologie-Portfolios sind von Gerpott [48] zusammengefasst. So steht mit der
Technologie-Portfolio-Methodik eine transparente, konsistente, systematische und z.T. theo-
retisch begründete Methodik zur Bewertung unterschiedlicher Technologiefelder bereit. Im
Portfolio wird ein ganzheitlicher, anschaulicher Eindruck der Struktur des Technologiefeldes
vermittelt und der Anstoß zur Erhebung und Zusammenfassung wichtiger Informationen für
jedes Technologiefeld gegeben. Darüber hinaus wird eine strukturierte Kommunikation auf
Basis der Portfolios ermöglicht. Der Anwendung des Technologieportfolios stehen jedoch
auch kritische Stimmen entgegen. So wird die Darstellung im Portfolio als eine übersimplifi-
zierende Informationsverdichtung auf zwei Dimensionen gesehen, die nicht in der Lage ist,
die komplexen Prozesse angemessen abzubilden. Die Allgemeingültigkeit der dem Techno-
logie-Portfolio zugrunde liegenden theoretischen Konzepte wird angezweifelt und die Frei-
heitsgrade durch die nicht eindeutig definierbaren Haupt- und Subkriterien kritisiert. Da im
Technologieportfolio die Attraktivität der Märkte nicht direkt berücksichtigt wird, sind mittler-
weile auch Mischformen zwischen Markt- und Technologieportfolio entwickelt worden [48].
Ressourcenstärke
niedrig hoch
Tec
hn
olo
gie
attr
aktiv
ität
nied
righo
ch
Investieren
Desinvestieren
Selektieren
3 Methoden des Innovationsmanagements für Forschungseinrichtungen
36
Für die Anwendung des Technologieportfolios an Forschungseinrichtungen ist zudem die
endogene Dimension Ressourcenstärke näher zu betrachten. Die Ressourcenstärke ist ein
aggregiertes Bewertungsergebnis, das ausdrückt, in welchem Ausmaß die bewertende Un-
ternehmung bzw. die Forschungseinrichtung relativ zu den potenziellen Konkurrenten über
die Voraussetzungen verfügt, die betrachtete technologische Alternative zur Anwendung zu
bringen. Damit stellt sich grundsätzlich die Frage, ob das Kriterium auf die Ressourcen der
Forschungseinrichtung oder auf das bzw. die Unternehmen, die die Innovation zur Marktreife
bringen sollen, bezogen wird. Diese Frage kann anhand der beiden Subkriterien Know-how-
und Finanzstärke untersucht werden. Für Unternehmen ist die Know-how-Stärke ein wichti-
ges Kriterium, da sie bestrebt sind, Wissensmonopole aufzubauen und den Wissensvor-
sprung im Wettbewerb vorteilhaft einzusetzen. Bei Forschungseinrichtungen wird jedoch
gerade das Gegenteil angestrebt. Forschungseinrichtungen haben bei den von ihnen entwi-
ckelten Technologien zwangsläufig eine hohe Know-how-Stärke. Durch den Technologie-
transfer wird versucht, das Wissensgefälle zwischen Forschungseinrichtung und Umwelt
abzubauen und das vorhandene Wissen nutzbringend den Unternehmen, aber auch anderen
Forschungseinrichtungen, zugänglich zu machen. Die Know-how-Stärke ist damit als Bewer-
tungskriterium ungeeignet. Auch das zweite Unterkriterium der Ressourcenstärke, die Fi-
nanzstärke, lässt sich nicht problemlos auf Forschungseinrichtungen übertragen. Durch den
in Kap. 2.2 beschriebenen Wandel von einer institutionellen zu einer projektorientierten For-
schungsförderung hängt die Finanzkraft einer Einrichtung nicht nur von dem aktuellen Status
der Forschungseinrichtung, sondern zunehmend von der Qualität der Projektvorschläge ab.
Die Bewertung einer Idee sollte deshalb nicht maßgeblich von der aktuellen Finanzkraft der
Forschungseinrichtung abhängen. Schließlich soll noch der Fall betrachtet werden, dass die
Realisierung einer aussichtsreichen Idee eine aufwendige Infrastruktur benötigt, die an der
Forschungseinrichtung nicht vorhanden und auch kurzfristig nicht aufgebaut werden kann.
Hier bieten sich in den meisten Fällen Kooperationsmöglichkeiten an. Damit sprechen meh-
rere Gründe gegen die Verwendung der Ressourcenstärke der Forschungseinrichtung.
Die zweite Alternative besteht in dem Bezug der Ressourcenstärke auf die Unternehmen, die
in Kooperation mit der Forschungseinrichtung die Innovation am Markt platzieren wollen. Für
die Innovationsbewertung an Forschungseinrichtungen ist jedoch zu bedenken, dass insbe-
sondere in der Frühphase das Bestehen einer derartigen Kooperation nicht voraussetzbar ist.
In diesem Fall müsste die Ressourcenstärke für noch gar nicht bekannte Unternehmen ab-
geschätzt werden, was zweifelsohne die Belastbarkeit der Ergebnisse beträchtlich vermin-
dern würde. Die Ressourcenstärke der Kooperationspartner ist somit ebenfalls keine geeig-
3 Methoden des Innovationsmanagements für Forschungseinrichtungen
37
nete Portfoliodimension, so dass das Kriterium Ressourcenstärke für die Bewertung von
Ideen an Forschungseinrichtung ungeeignet ist. Für den Einsatz in Forschungseinrichtungen
ist somit eine Methodenvariation des Technologieportfolios notwendig.
3.5 Das Funktionalmarktkonzept
Die bisher vorgestellten Methoden bezogen sich jeweils auf Einzelschritte des in Abbildung 4
vorgestellten Innovationsprozesses. Das Funktionalmarktkonzept von Pfeiffer et al. [50] da-
gegen umfasst den Prozess von der Ideengewinnung bis zu der Erstellung eines Handlungs-
programms und soll gewährleisten, dass Unternehmen in einer dynamischen Umwelt das
Chancen- und Bedrohungspotential prinzipieller Innovationen erfolgreich managen. Es soll
außerdem sicherstellen, dass die von prinzipiellen Innovationen ausgehenden Bedrohungen
für vorhandene Technologien bzw. Märkte frühzeitig erkannt werden und dass Chancen mit
neuen, aber auch schon bestehenden Technologien auf vorhandenen oder völlig neuen
Märkten ausgeschöpft werden.
Der Kern des Funktionalmarktkonzeptes besteht in einer veränderten Innovationsbetrachtung
von der Produkt- zu einer Funktionssicht. Die hierfür notwendige Abstrahierung von Bedarf
und Potenzial setzt dabei ein neues Marktverständnis voraus, was durch die Einführung des
Begriffs Funktionalmarkt verdeutlicht wird. Ein Funktionalmarkt umfasst alle technologischen
Potentiale, die dazu geeignet sind, einen bestimmten, durch funktional-abstrakte Beschrei-
bungskriterien abgegrenzten Bedarf zu decken. Diesen Anforderungen entsprechend, wer-
den potentielle Märkte nicht nur anhand der äußeren Erscheinungsformen der aktuellen Pro-
dukte beschrieben, d.h. es wird nicht strukturorientiert-phänomenologisch vorgegangen, son-
dern durch die Wahl funktional-abstrakter Beschreibungskriterien sowohl für das Angebot als
auch die Nachfrage eine allgemeinere Sicht eingenommen. Bei der Suche nach den Ver-
knüpfungen zwischen Bedarf und Potenzial kann entweder von der Potentialseite ausgehend
nach möglichen passenden Bedarfen oder von der Bedarfsseite nach adäquaten Potentialen
bzw. Technologien gesucht werden. Im Rahmen dieser Arbeit wird ein technologisches Po-
tenzial vorausgesetzt, so dass sich die nachfolgende Vorstellung auf den potenzialseitigen
Fall konzentriert. Der in Abbildung 13 skizzierte Ablauf einer Funktionalmarkt-Analyse ver-
läuft in drei Schritten, die mit Exploration, Bewertung und Strategieformulierung bezeichnet
werden.
In der Explorationsphase einer potentialbasierten Funktionalmarkt-Analyse soll ausgehend
vom betrachteten technologischen Potential dessen potentieller Gesamtmarkt ermittelt wer-
den, d.h. es sind alle Funktionalmärkte zu ermitteln, in denen das betrachtete Potential als
3 Methoden des Innovationsmanagements für Forschungseinrichtungen
38
Problemlösungsmittel in Betracht kommt. Der Ablauf der Exploration ist durch zwei grundle-
gende Schritte gekennzeichnet: Zunächst ist das technologische Potential als solches funkti-
onal-abstrakt zu beschreiben. Anschließend sind die Bedarfsfelder zu suchen und zu be-
schreiben, in denen aktuell und vor allem zukünftig ein entsprechender Funktionsbedarf exis-
tiert.
3 Methoden des Innovationsmanagements für Forschungseinrichtungen
39
Abbildung 13: Ablauf einer potenzialbasieren Funktionalmarkt-Analyse nach Pfeif-fer et al. [50]
Ansatzpunkt:Problemlösungs-
potential derTechnologie
Identifizierter funktional-abstrakter "Fit" zwischen
Potential und Bedarfen
Bewertung für Funktionalmarkt 1
Stra
tegi
efor
mul
ieru
ngB
ewer
tung
Exp
lora
tion
Potentieller Gesamtmarkt(Summe aller Funktional-
märkte bzw. Anwendungen)
? ? ?
P
Bewertung für Funktionalmarkt n
Anwendungen?
Beschre ibung dera k t u e l le n Technolgie unddes a k t u e l le n Produkt e s
A
Beschre ibung a k t u e l l e ru n d z u k ü n f t ig e r Bedar fe
BP
TA
RS
X
X
X
X
PotentialbasierteFunktionalmarkt-Analyse
Verdichtung und Interpretation über die
Funktionalmärkte 1 bis n
TA
RS
X
Y
Z
Ermittlung des Voraus-setzungs- und Konsequenzen-
zusammenhangs mittelsPrinzipkonstruktionen
Verdichtung und Interpretation fürFunktionalmarkt 1
Bewertungskriterien RS fktl.-äquiv. AlternativenX Y Z ...
personelle R.materielle R.OrganisationRechteFinanzen
t0t1
ÖkonomischeEignung
Integrations-eignung
Technisch-funktionale Eig.
Bewertungskriterien TA fktl.-äquiv. AlternativenX Y Z ...
t0
t1
Bestimmung der Merkmals-ausprägungen für aktuelleund zukünftige Zeitpunkte
anhand von Referenzsystemen
Operationalisierungrelevanter Bewer-tungsmerkmale
t0 t1
KomplementäreTechnologien
Nach-gelagerteSysteme
Tech-nologie
Vor-gelagerteSysteme
- Se lekt ion des potent ie llen Eigenmark t e s bzw . at t r ak- t iver Funkt ionalmärkt e- Planung der Markt - eint r it t sr e ihenf o lge- Organisat ion der not - w endigen kom p le - men t ären Ressourcen- ...
Fnktmarkt 1
Funk-tional-märkte
Zeithorizont
kurz-fristig
mittel-fristig
lang-fristig
!
Fnktmarkt ...
Fnktmarkt n
Handlungsprogramm
3 Methoden des Innovationsmanagements für Forschungseinrichtungen
40
Im Anschluss an die Exploration erfolgt die Bewertung der verschiedenen Potenziale auf der
Basis von Prinzipkonstruktionen. Dies sind Konzepte von Zukunftsprodukten unter Einbezie-
hung der betrachteten Technologie und unter Berücksichtigung der vor- und nachgelagerten
Systeme. Dabei wird die in Kap. 3.2.2 beschriebene Nutzwertanalyse verwendet. Die Bewer-
tung erfolgt dabei zweidimensional mit den Kriterien Technologieattraktivität und Ressour-
censtärke. Die beiden Hauptkriterien sind weiter untergliedert in technische, integrale und
ökonomische Eignung für die Technologieattraktivität und personelle Ressourcen, materielle
Ressourcen, Organisation, Rechte und Finanzen für die Ressourcenstärke. Das Bewer-
tungsergebnis der beiden Hauptkriterien wird in einem bereits in Kap. 3.4 vorgestellten Tech-
nologieportfolio dargestellt. Bei dem gesamten Bewertungsvorgang ist dabei ein starker Zu-
kunftsbezug von großer Bedeutung. In der letzten Phase einer Funktionalmarktanalyse erfol-
gen die Strategieformulierung und die Erstellung eines Handlungsprogramms. Die Aggrega-
tion der funktionalmarktspezifischen Bewertungen eines Potentials bietet einen guten Über-
blick hinsichtlich des Gesamtmarkts einer Technologie, d.h. der Gesamtheit der erschließba-
ren Funktionalmärkte. Auf dieser informatorischen Grundlage ist es nun möglich, diejenigen
Funktionalmärkte zu selektieren, auf denen das Unternehmen mit seinem technologischen
Potential aktiv werden will und für die relevanten Funktionalmärkte eine zeitliche Zielsetzung
festzulegen.
Das Funktionalmarkt-Konzept kombiniert zum einen mehrere bereits vorgestellte Innovati-
onsmanagement-Elemente wie Nutzwertanalyse und Technologieportfolio, so dass die dort
beschriebenen Vor- und Nachteile auf das Funktionalmarkt-Konzept übertragen werden kön-
nen. Der inhaltliche Kern ist jedoch in der Abkehr von einer strukturorientiert-
phänomenologischen hin zu einer funktional-abstrakten Technologiebetrachtung zu sehen.
41
4 Entwicklung einer Innovationsmanagement-Methodik für For-
schungseinrichtungen
Basierend auf den in Kap. 3 vorgestellten Methoden wird in diesem Kapitel eine für For-
schungseinrichtung anwendbare Innovationsmanagement-Methodik entwickelt, mit der die
Ableitung einer Forschungsstrategie unterstützt wird.
4.1 Methodische Unterstützung der Ideengewinnung
Sowohl die in Kap. 3.1.2 beschriebenen Kreativitätstechniken als auch das in Kap. 3.5 vor-
gestellte Funktionalmarktkonzept unterstützen die Bildung von Verknüpfungen zwischen dem
betrachteten technischen Potenzial und einem konkreten Anwendungsproblem. Dies setzt
voraus, dass Kenntnisse über das Anwendungsumfeld vorhanden sind, die eine Problemer-
kennung überhaupt erst ermöglichen. Damit verlangen die Methoden, dass die entsprechen-
den Anwendungsprobleme, die mit dem Potenzial gelöst werden können, zumindest unter-
bewusst bei einem Teilnehmer der Kreativitätssitzung bekannt sind. Diese Voraussetzung ist
jedoch nur erfüllt, wenn mindestens ein Teilnehmer mit dem Problem bereits in Berührung
kam. Davon kann bei Anwendungen aus dem täglichen Umfeld ausgegangen werden, bei
spezifischeren Problemstellungen sind diese Informationen dagegen nur bei Experten der
Anwendung vorhanden. In letzterem Fall sind Expertengespräche bei der Ideengenerierung
unverzichtbar.
Zur Ideengenerierung benötigen die Experten eine Vorstellung über das Problemlösungspo-
tenzial der Technologie. Somit ist zwischen den beiden im Funktionalmarktkonzept in Kap.
3.5 beschriebenen Schritten in der Explorationsphase zur Technologiebeschreibung und
Bedarfssuche ein zusätzlicher Kommunikationsschritt notwendig. Da die Experten für die
gesuchten Anwendungsfelder nicht a priori bekannt sind hat die Kommunikation durch Publi-
kationen, Fachtagungen oder auf Messen zu erfolgen. Die Kommunikationsaktivitäten stellen
dadurch einen wichtigen Erfolgsfaktor dar. Die im Funktionalmarktkonzept geforderte funktio-
nal-abstrakte Technologiebeschreibung ist im Hinblick auf die Kommunikation weniger ge-
eignet. So würden beispielsweise viele Heizungstechniker kein großes Interesse bekunden,
wenn sie auf einer Messe von einem neuen Stabilisierungsmechanismus für exotherme,
chemische Reaktionen erfahren würden. Dabei handelt es sich um eine funktional-abstrakte
Beschreibung der Porenbrennertechnologie. Die Technologiebeschreibung erfordert deshalb
neben der Abstraktion auch konkretisierende Elemente. Diese ambivalente Anforderung
kann über eine baumartige Struktur der Technologiedarstellung erfüllt werden. An der Spitze
des Baums steht dabei die abstrakt beschriebene Technologie, in der zweiten Ebene erfolgt
4 Entwicklung einer Innovationsmanagement-Methodik für Forschungseinrichtungen
42
eine funktionale Aufteilung, wonach sich die einzelnen Äste des Baums zu den einzelnen
Anwendungen trennen. Der in Abbildung 14 schematisch dargestellte Technologiebaum
dient damit als Kommunikationswerkzeug und kann zusätzlich zur strukturierten Sammlung
vorhandener Ideen bzw. zum Anstoß bei der Generierung neuer Ideen eingesetzt werden.
Abbildung 14: Der Technologiebaum in allgemeiner Darstellung
4.2 Ideenbewertung
In Kap. 3.4 wurde das Technologieportfolio vorgestellt, das als nützliches Werkzeug bei der
Bewertung von Technologien in Unternehmen eingesetzt wird. Wie bereits aufgezeigt, kann
die Methodik nicht direkt auf Forschungseinrichtungen übertragen werden, da das Kriterium
Ressourcenstärke nicht sinnvoll anwendbar ist. Somit ist an dieser Stelle eine Methodenvari-
ation für Forschungseinrichtungen durchzuführen. Darüber hinaus soll auch die in Kap. 2.3
genannte Anforderung einer pragmatischen Vorgehensweise berücksichtigt werden. Dazu
werden Vereinfachungen im Bewertungsprozess selbst diskutiert und die Möglichkeit vorge-
stellt, den Bewertungsumfang durch den Einbau einer Vorselektion zu reduzieren.
4.2.1 Einbau einer Vorselektion
Das Funktionalmarkt-Konzept sieht bei der Bewertung vor, alle denkbaren Funktionalmärkte
im Rahmen einer Nutzwertanalyse zu untersuchen. Um den damit verbundenen Aufwand zu
reduzieren, bietet sich eine Vorselektion mit qualitativen Methoden an, um Ideen mit offen-
sichtlich niedrigem Potenzial auszufiltern. In Kap. 3.2.1.1 wurde bereits die Differenzierung
zwischen Kann- und Muss-Kriterien eingeführt. Die dort genannten Muss-Kriterien werden im
Folgenden auf ihre Anwendbarkeit im Rahmen einer Vorselektion an Forschungseinrichtun-
gen überprüft.
Das erste, in Kap. 3.2.1.1 genannte Kriterium, ist die Realisierbarkeit einer Idee. In vielen
Fällen ist die Überprüfung der Realisierbarkeit das Ziel der Arbeiten an Forschungseinrich-
Anwendungs-feld 1
Funktion 1
Funktion 2
Technologie
Anwen-dung A
Anwendungs-feld 2
Anwen-dung B
Anwen-dung C
Anwen-dung D
4 Entwicklung einer Innovationsmanagement-Methodik für Forschungseinrichtungen
43
tungen. Nach dem Produktlebenszykluskonzept ist die Minimierung der Unsicherheit eine
wesentliche Aufgabe der Arbeiten im technisch-wissenschaftlichen Vorfeld. Ein hoher Grad
an Unsicherheit sollte deshalb an Forschungseinrichtungen nicht als Ausschlusskriterium für
Ideen verwendet werden. Das Kriterium ’Realisierbarkeit’ ist dadurch nur in Fällen einzuset-
zen, bei denen konkrete Problemstellungen ohne Lösungsansätze vorhanden sind und einer
Umsetzung der Idee entgegenstehen. Die Konformität mit den Unternehmensgrundsätzen
stellt das zweite Kriterium dar, wobei anstelle der Unternehmensgrundsätze die Grundsätze
der Forschungseinrichtung betrachtet werden müssen. Dieses Kriterium greift nur, wenn die
Forschungseinrichtung bestimmte Anwendungsfelder durch vorhandene Leitlinien explizit
ausschließt. Dieser Fall trifft im Rahmen der Arbeit nicht zu und wird deshalb nicht weiter
betrachtet. Das dritte Kriterium, das die Verletzung der gesetzlichen Rahmenbedingungen
durch Innovationen beinhaltet, tritt ebenfalls nur in speziellen Fällen, wie beispielsweise bei
der Gentechnik, ein. In der Porenbrennertechnologie ist keine Anwendung bekannt, die ge-
nerell gegen die gesetzlichen Rahmenbedingungen verstößt. Das vierte Kriterium, die
Schutzrechtsproblematik, kann aufgrund der unterschiedlichen Interessenlage zwischen For-
schungseinrichtung und Unternehmen die Umsetzung einer Idee verzögern oder verhindern.
Als Ausschlusskriterium ist das Kriterium jedoch nur heranzuziehen, wenn die Kommerziali-
sierung einer Anwendung durch bestehende Schutzrechte ausgeschlossen wird.
Aus diesen Überlegungen geht hervor, dass durch die Anwendung der vorgestellten Muss-
Kriterien an Forschungseinrichtungen nicht mit einer deutlichen Reduktion der Ideenanzahl
zu rechnen ist. Aus diesem Grund werden im Rahmen dieser Arbeit noch zwei weitere Muss-
Kriterien verwendet. Zum einen werden Ideen, bei denen offensichtlich zukünftig kein oder
nur ein ganz geringer Markt vorhanden ist, ausgeschlossen. Bei prinzipiellen Innovationen ist
dieses Kriterium mit Vorsicht anzuwenden, da Vorhersagen über völlig neu zu schaffende
Märkte schwer durchzuführen sind. Damit eignet sich das Kriterium besser für existierende
Märkte mit bestehenden Verwendersystemen. Weiterhin ist der Konkretisierungsgrad einer
Idee als Muss-Kriterium verwendbar. Zur Bewertung einer Idee im Rahmen der Nutzwertana-
lyse ist eine aussagekräftige Prinzipskizze notwendig. Ohne ein derartiges Konzept können
viele Bewertungskriterien nicht angegeben werden. Ideen, die nur als Schlagwort ohne kon-
zeptionellen Hintergrund bestehen, müssen deshalb entweder weiterentwickelt werden oder,
falls dies nicht kurzfristig im Rahmen des Bewertungsvorganges möglich ist, aus dem laufen-
den Bewertungsprozess ausgeschlossen werden. In letzterem Fall ist die Konzeptentwick-
lung für die ausgeschlossenen Ideen in das Handlungsprogramm aufzunehmen, so dass die
Ideen im Rahmen einer zukünftigen Bewertungsrunde berücksichtigt werden können. Es ist
4 Entwicklung einer Innovationsmanagement-Methodik für Forschungseinrichtungen
44
hierbei sicherzustellen, dass keine Ideen aufgrund fehlender Konkretisierung aus dem Inno-
vationsprozess ausgeschlossen werden.
4.2.2 Modifikation des Technologieportfolios für Forschungseinrichtungen
Wie bereits in Kap. 3.4 dargelegt, ist das Technologieportfolio aufgrund der Dimension Res-
sourcenstärke an Forschungseinrichtungen nicht sinnvoll einsetzbar. Deshalb wird der in
Abbildung 10 bereits vorgestellte S-förmigen Leistungsverlauf der Technologien mit der Port-
folio-Methodik kombiniert. Bereits auf Basis der S-Kurve können Aussagen über die Vorteil-
haftigkeit einer Technologie getroffen werden. Übertrifft die betrachtete Technologie im be-
trachteten Anwendungsfeld die konkurrierenden Technologien hinsichtlich der Technologie-
attraktivität und ist der dafür notwendige F&E-Aufwand bzw. die notwendige Zeit gering, ist
das Anwendungsfeld attraktiver als im umgekehrten Fall. Die Verwendung der gesamten
Leistungsverläufe als Entscheidungsgrundlage beinhaltet jedoch zwei wesentliche Nachteile.
Die Erstellung des zeitlichen Verlaufs erfordert einerseits einen hohen Aufwand, da eine ex-
akte Vorhersage der Zukunft nicht möglich ist und deshalb jeweils verschiedene Verlaufs-
möglichkeiten betrachtet werden müssen. Andererseits geht durch die Vielzahl an Kurven bei
einer größeren Zahl an Anwendungsfeldern die Gesamtübersicht verloren und ein Vergleich
verschiedener Funktionalmärkte wird erschwert.
Beide Nachteile können jedoch durch eine konzeptionelle Ergänzung kompensiert werden.
Durch einen Normierungsschritt ist die Komplexität ohne Informationsverlust bei der Ent-
scheidungsfindung reduzierbar. Da nicht die absolute Position, sondern die Stellung relativ
zu den konkurrierenden Technologien von Bedeutung ist, kann an dieser Stelle der Quotient
der Technologieattraktivitäten (TAneu/TAbestehend) als Parameter verwendet werden. In
Abbildung 15 ist die normierte Darstellung der Technologieattraktivität für ein Szenario auf-
gezeigt, die den Wert 1 bzw. 100% überschreitet, sobald die betrachtete Technologie mit den
Konkurrierenden gleichgezogen ist.
4 Entwicklung einer Innovationsmanagement-Methodik für Forschungseinrichtungen
45
Abbildung 15: Normierung der Technologieattraktivität
Sind mehrere alternative Technologien im Wettbewerb, wird für die Quotientenbildung die mit
der jeweils höchsten Technologieattraktivität gewählt. Durch den Normierungsschritt wird
damit ein Vergleich völlig verschiedener Anwendungsfelder ermöglicht.
Die Erstellung kompletter zeitlicher Verläufe für verschiedene Szenarien erfordert jedoch
noch immer einen hohen Aufwand. In einem zweiten Vereinfachungsschritt werden deshalb
die in Kap. 3.3.3 vorgestellten Referenzsysteme eingesetzt. Dabei sind antizipative Szena-
rien mit konkreten Zukunftsentwürfen zu entwickeln. Über diese in der Zukunft liegende Fix-
punkte wird die zukünftige Bedarfsumwelt ermittelt, die sich in Form von Bewertungskriterien
und dazugehörigen Gewichtungsfaktoren konkretisieren lässt. Analog dem Bedarfsumfeld ist
auch für die Potenzialseite eine Dynamisierung vom derzeitigen Zustand auf das Zukunftsbild
durchzuführen. Dabei können S-Kurve und Erfahrungskurve unterstützend eingesetzt wer-
den. In diesem Zukunftsbild ist der Vergleich der betrachteten mit den konkurrierenden
Technologien durchzuführen. Durch die Dynamisierung von Bedarf- und Potenzialseite kann
die Technologieattraktivität der betrachteten Technologie für das Referenzsystem bestimmt
werden.
Die Festlegung des Referenzsystems im Rahmen des Bewertungsvorgangs ist insbesondere
in einem dynamischen Umfeld ein kritischer Schritt. Hier kann durch die Betrachtung mehre-
rer Szenarien und einer häufigeren Aktualisierung entgegengewirkt werden. In Abbildung 16
ist das Referenzsystem in die Leistungskurve eingefügt.
kumulierter F&E-Aufwand bzw. Zeit
Tech
nolo
giea
ttra
ktiv
ität
0
100
norm
iert
e Te
chno
logi
eatt
rakt
ivit
ät
TA (neu)
TA (bestehend)
TA (neu) / TA (bestehend)
4 Entwicklung einer Innovationsmanagement-Methodik für Forschungseinrichtungen
46
Abbildung 16: Vereinfachung mit Referenzsystem
Entscheidungsrelevant für den Bewertungsvorgang sind die Technologieattraktivität des Re-
ferenzsystems und der Abstand des Referenzsystems zum Ist-Stand hinsichtlich Zeit bzw.
F&E-Aufwand. Der Ist-Stand der Technologieattraktivität geht damit nur indirekt über Zeit
bzw. F&E-Aufwand in die Bewertung ein. Für jedes Anwendungsfeld kann die Informations-
vielfalt dadurch auf zwei Dimensionen reduziert werden. So können die auf das Referenzsys-
tem bezogene Technologieattraktivität zusammen mit dem für eine Umsetzung benötigten
F&E-Aufwand bzw. der notwendigen Zeit in einem Portfolio dargestellt werden. Abbildung 17
zeigt beispielhaft ein modifiziertes Portfolio mit 3 Anwendungen. In Anlehnung an das Tech-
nologieportfolio, das rechts oben die attraktivsten und links unten die am wenigsten attrakti-
ven Technologien enthält, wird auf der Abszisse eine absteigende Skalierung gewählt.
0
100
kumulierter F&E-Aufwand / Zeit
no
rmie
rte
Tec
hn
olo
gie
attr
aktiv
ität
TA
zz0
Ist-Zustand
Referenz-system
benötigter F&E-Aufwand bzw. Zeit
4 Entwicklung einer Innovationsmanagement-Methodik für Forschungseinrichtungen
47
Abbildung 17: Portfoliodarstellung
In Kap. 3.4 bei der Kritik des Technologieportfolios wurde bereits erwähnt, dass die Attraktivi-
tät des mit einer Technologie erreichbaren Marktes nicht direkt in das Technologieportfolio
eingeht. So ist aus dem Technologieportfolio nicht zu entnehmen, ob eine Anwendung auf
einen Massenmarkt oder eine Marktnische abzielt. Eine einfache Visualisierung des Marktpo-
tenzials im Portfolio kann über die Größe der Portfolioinhalte realisiert werden.
Darüber hinaus wurden bei den bisherigen Betrachtungen keine Risiken berücksichtigt. Die-
se sind jedoch auf der Potenzial- und der Bedarfseite existent. Auf der Potenzialseite besteht
die Gefahr, dass die angestrebten Funktionen mit der Technologie nicht oder nur mit zusätz-
lichen Ressourcen erreicht werden können. Damit ist das Risiko der Potenzialseite als Wahr-
scheinlichkeit zu interpretieren, dass die bei der Ermittlung der Technologieattraktivität
zugrunde gelegte Leistungsfähigkeit der Technologie nicht erreicht wird. Dieses Risiko wird
im weiteren Verlauf als technologisches Risiko bezeichnet und beinhaltet technisch-
funktionale, ökonomische und Integrationsaspekte. Auf der Bedarfseite ist zum einen ein
unternehmensübergreifendes Risiko vorhanden, dass ein bestehendes Verwendersystem
substituiert wird oder dass sich ein neues Verwendersystem nicht wie erwartet am Markt
durchsetzen kann. Dieses Risiko wird als Marktrisiko bezeichnet. Daneben bestehen vielfälti-
ge Risiken bei der Umsetzung in einem Unternehmen. Da, analog zu der Argumentation in
Kap. 3.4, keine unternehmensinternen Parameter in die Bewertung einfließen, beschränkt
sich die Risikobetrachtung der Bedarfseite auf das Verwendersystem.
Tec
hnol
ogie
attr
aktiv
ität
Benötigter Zeit- bzw. F&E-Bedarfsehr hoch hoch mittel niedrig sehr niedrig
sehr
nie
drig
nied
rigm
ittel
hoch
sehr
hoc
h
Anwendung 1
Anwendung 3
Anwendung 2
4 Entwicklung einer Innovationsmanagement-Methodik für Forschungseinrichtungen
48
Wie bereits am integrierten Lebenszyklus aufgezeigt, verhalten sich die Unternehmen in der
Beobachtungsphase passiv. Erst wenn die Ergebnisse aus dem wissenschaftlichen Umfeld
einen gewissen Grad der Unsicherheit unterschreiten, werden Aktivitäten gestartet. Eine
starke Risikoorientierung der Forschungseinrichtungen hätte somit zur Folge, dass riskante
Ideen nicht weiterverfolgt werden. Bei der Innovationsbewertung an Forschungseinrichtun-
gen ist deshalb sicherzustellen, dass Ideen mit Visionscharakter, die grundsätzlich ein hohes
Risiko aufweisen, nicht automatisch aussortiert werden. Das Risiko sollte bei der Bewertung
deshalb nur zur Differenzierung von Alternativen mit ansonsten ähnlichen Bewertungen he-
rangezogen werden und kann im Portfolio durch verschiedene Farben gekennzeichnet wer-
den. In Abbildung 18 ist das Portfolio dargestellt.
Abbildung 18: Portfoliodarstellung mit Marktpotenzial und Risiko
4.2.3 Informationsbeschaffung bei der Bewertung
Für das Portfolio sind neben Technologieattraktivität und benötigtem F&E-Aufwand Informa-
tionen über Marktpotenzial und Risiko zusammenzustellen. Die Vorgehensweise bei der In-
formationsbeschaffung steht im Folgenden im Mittelpunkt.
4.2.3.1 Technologieattraktivität
Die grundsätzliche Vorgehensweise bei der Ermittlung der Technologieattraktivität kann von
dem in Kap. 3.5 vorgestellten Funktionalmarktkonzept übernommen werden. An dieser Stelle
werden die für jeden Teilschritt der Nutzwertanalyse benötigten Informationen betrachtet. Vor
Tec
hnol
ogie
attr
aktiv
ität
Benötigter Zeit- bzw. F&E-Bedarf
sehr hoch hoch mittel niedrig sehr niedrig
sehr
nie
drig
nied
rigm
ittel
hoch
sehr
hoc
h
Anwendung 1
Anwendung 3
Anwendung 2
Risiko
niedrig
mittel
hoch
Marktpotenzial
niedrig
mittel
hoch
4 Entwicklung einer Innovationsmanagement-Methodik für Forschungseinrichtungen
49
dem Beginn der Nutzwertanalyse sind die Bewertungsalternativen festzulegen. Neben inter-
nem Know-how können hierfür Informationen durch Expertengespräche und aus der Literatur
gewonnen werden. Gleiches gilt für die Ermittlung der Bewertungskriterien. Durch die Ge-
wichtung werden die Kundenanforderungen quantifiziert, was durch direkten Input eines Ex-
perten der Bedarfsseite durchgeführt werden sollte, da diese Informationen in der Regel nicht
in der Literatur zu finden sind. Zur Objektivierung ist das Hinzuziehen von mehreren Experten
sinnvoll, was jedoch bei hochspezifischen Anwendungen nicht immer möglich ist. Die zur
Bewertung der verschiedenen Alternativen erforderlichen Informationen können aus der Lite-
ratur, durch Experten und aus eigenen Arbeiten entnommen werden. Nicht existierende In-
formationen müssen abgeschätzt oder bei größeren Unsicherheiten über mehrere Szenarien
abgedeckt werden. Die in vielen Fällen zeitverzögerte Veröffentlichung von Informationen
oder gezielte Geheimhaltungen führen zu unvermeidbaren Informationslücken. Die Trans-
formierung der dimensionsbehafteten in dimensionslose Werte beinhaltet wiederum die Kun-
denanforderungen, so dass dieser Schritt im Rahmen von Expertengesprächen durchzufüh-
ren ist. In Abbildung 19 sind die im Rahmen einer Nutzwertanalyse möglichen Informations-
quellen zusammengestellt.
Abbildung 19: Informationsquellen bei dem Bewertungsprozess
Der Schritt zur Überführung in die Dimensionslosigkeit wird an dieser Stelle noch näher be-
trachtet. Nach dem in Kap. 3.2.2.1 vorgestellten Ablauf der Nutzwertanalyse ist eine Bewer-
tungsfunktion für jede Anwendung und für jedes Bewertungskriterium zu erstellen. Nur in
Ausnahmefällen lässt sich die Bewertungsfunktion an tatsächlichen Gegebenheiten, wie bei-
spielsweise an gesetzlich vorgeschriebenen Emissionswerten, festmachen. Die bei der Er-
stellung der Bewertungsfunktion einfließende Subjektivität wurde bereits in Kap. 3.2.2.1 als
Kritikpunkt vermerkt. Der in Abbildung 20 skizzierte Prozess von der dimensionsbehafteten
zu einer dimensionslosen Bewertung mit einer Bewertungsfunktion kann in vier Unterschritte
geteilt werden. Am Beginn sind Informationen durch Recherchen und Experten zu sammeln.
Ermittlung der Alternativen
Ermittlung Kriterien
Gewichtung Kriterien Bewertung
Transformierung zur Dimensions-
losigkeit
Experten
Literatur
Experten
Literatur
Experten
Internes Know-how
Experten
Literatur
Experten
Internes Know-how
Internes Know-how
4 Entwicklung einer Innovationsmanagement-Methodik für Forschungseinrichtungen
50
Auf Basis dieser Informationen findet eine Beurteilung statt, die in eine Funktion überführt
wird. Durch einsetzen der Zielertragswerte in die Funktion werden die Zielerfüllungsgrade
erhalten. Die Bewertungsfunktion bringt die bereits vorhandenen Informationen in eine forma-
lisierte Struktur.
Abbildung 20: Prozessschritte bei der Transformation dimensionsbehafteter in dimensionslose Werte mit Bewertungsfunktion
Bei einer großen Anzahl an Bewertungsalternativen können die Zielerträge durch die Funkti-
on automatisiert in die Zielerfüllungsgrade transformiert werden. Sind jedoch nur wenige
Bewertungsalternativen vorhanden, erbringt die Funktionserstellung keinen erkennbaren
Nutzen. Dadurch ist es in diesen Fällen sinnvoll, die Zielerfüllungsgrade, wie in Abbildung 21
skizziert, gemeinsam mit Experten zu ermitteln und auf die Funktion zu verzichten.
Abbildung 21: Prozessschritte bei der Transformation dimensionsbehafteter in dimensionslose Werte mit Expertengespräch
4.2.3.2 F&E-Aufwand bzw. Zeit
Bei dem in Kap. 4.2.2 entwickelten Portfolio können auf der Abszisse Zeit oder der benötigte
F&E-Aufwand verwendet werden. Die Entscheidung, welche Größe zum Einsatz kommt,
kann anhand der Reife des Verwendersystems getroffen werden. Zielt die betrachtete Tech-
nologie stärker auf die Substitution von Funktionen in bestehenden Systemen, stellt der be-
nötigte F&E-Aufwand die aussagekräftigere Größe dar, da die Zeit stark durch Erhöhung
oder Erniedrigung der F&E-Ressourcen beeinflusst werden kann. Soll die betrachtete Tech-
nologie verstärkt in Systemen zum Einsatz kommen, die erst in Zukunft die Marktfähigkeit
erlangen werden, ist die Zeitachse vorteilhaft. Da die Mehrzahl der Porenbrenneranwendun-
gen auf bestehende Verwendersysteme zielt, wird der benötigte F&E-Aufwand in dieser Ar-
beit ausgewählt.
Der benötigte F&E-Aufwand enthält grundsätzlich die Aufwendungen, die notwendig sind, um
die Technologieattraktivität vom derzeitigen auf den zukunftsorientierten Stand des Refe-
Dimensions-behaftete
BewertungExpertengespräch
Dimensions-lose
Bewertung
Dimensions-behaftete
Bewertung
Informations-suche
Beur-teilung
Aufbau Funktion
Anwendung Funktion
Dimensions-lose
Bewertung
Experten
4 Entwicklung einer Innovationsmanagement-Methodik für Forschungseinrichtungen
51
renzsystems zu bringen und bezieht sich auf die direkt mit der Technologie zusammenhän-
genden Funktionen. Für eine Quantifizierung sind die einzelnen Arbeitspakete zu formulieren
und der Bedarf an Ressourcen für jedes Arbeitspaket festzulegen. Diese Vorgehensweise ist
zum einen immer mit Unsicherheiten verbunden und zum anderen relativ aufwendig. Zur
Vereinfachung ist es zweckmäßig, bei der Skalierung keine Kardinalskala zu verwenden. Da
alle Anwendungen auf der gleichen Technologie basieren, ist zwischen den benötigten F&E-
Aufwendungen der verschiedenen Anwendungen mit Ähnlichkeiten zu rechnen. Dadurch
ergibt sich eine gute Vergleichbarkeit, so dass sich die verschiedenen benötigten F&E-
Aufwendungen mit relativ geringem Aufwand in eine Reihenfolge bringen lassen. Somit kann
eine Ordinalskala mit der Unterteilung in sehr hoch – hoch – mittel – niedrig und sehr niedrig
verwendet werden. Ein paarweiser Vergleich kann bei Bedarf zur Validierung herangezogen
werden. Der benötigte F&E-Aufwand bezieht sich stark auf die von der Forschungseinrich-
tung entwickelte Technologie und setzt damit vor allem das technologische Verständnis vor-
aus. Expertengespräche und Informationen aus der Literatur spielen deshalb bei der Ermitt-
lung der Kenngröße eine untergeordnete Rolle.
4.2.3.3 Marktpotenzial
Um die Marktseite der verschiedenen Anwendungen vergleichen zu können wird das Markt-
potenzial herangezogen. Im Gegensatz zu dem Marktvolumen, das die von allen Anbietern
abgesetzte oder absetzbare Menge bezeichnet, beinhaltet das Marktpotenzial die größtmög-
liche Aufnahmefähigkeit des Marktes für ein Produkt. Bei der Abgrenzung des Marktes be-
stehen teilweise Freiheitsgrade, wie der Entscheidungsbaum in Abbildung 22 für eine Gas-
Haushaltsheizung auf Porenbrennerbasis aufzeigt. Welche der Ebenen zu einer realistischen
Abschätzung führt, ist dabei für jeden Fall individuell festzulegen. Bei Verwendersystemen,
die sich bereits in der Phase der Marktsättigung befinden, kann darüber hinaus das Marktvo-
lumen zur Orientierung herangezogen werden.
4 Entwicklung einer Innovationsmanagement-Methodik für Forschungseinrichtungen
52
Abbildung 22: Entscheidungsbaum
Neben der Produktabgrenzung ist auch die regionale Abgrenzung festzulegen. Aufgrund der
Zugänglichkeit der Daten wird im Rahmen der Arbeit das jeweilige Marktpotenzial für
Deutschland betrachtet. Da über das Marktpotenzial keine quantitativen Rechnungen durch-
geführt werden und nur ein Vergleich der verschiedenen Porenbrenner-Anwendungen statt-
findet, hat diese Einschränkung keine großen Auswirkungen. In der Regel wird das Marktpo-
tenzial in Geldeinheiten angegeben und durch Multiplikation einer Stückzahl mit einem
Stückpreis berechnet. Um Schwierigkeiten bei der Preisfestlegung zu umgehen wird das
Marktpotenzial, wie beispielsweise im Bereich der Gasturbinen bereits praktiziert, über die
installierte Brennerleistung in kW angegeben.
4.2.3.4 Risiko
Die Risiken wurden bereits in Markt- und technologisches Risiko untergliedert. Das Marktrisi-
ko beinhaltet die bei allen Vorhersagen von Marktentwicklungen vorhandenen Prognoseunsi-
cherheiten. Bei bereits auf dem Markt eingeführten Verwendersystemen kann eine Orientie-
rung am Ist-Stand erfolgen und es sind die Einflüsse zu analysieren, die zu Veränderungen
führen können. Bei Verwendersystemen, die als radikale Innovationen einzustufen sind und
noch nicht die Marktreife erlangt haben, ist die Prognose mit größeren Unsicherheiten ver-
bunden, da keine Ist-Werte existieren. Zur Bestimmung der Marktrisiken können die bereits
vorhandenen Informationsquellen, die zur Ermittlung des Marktpotenzials genutzt wurden,
Mikro-gasturb.
TPV Verbr.-motor
BZStirling
KWK Wärme-pumpe
Solar Ver-brennung
Strom
Fernwärme
Öl Kohle Bio-masse
Gas
Gebläse-brenner
Atmosph. brenner
HaushaltsheizungDämmung
Sicherstellung einer ausreichend hohen Umgebungstemperatur
Poren-brenner
Freie Flamme
Oberflächen-strahl.-brenner
Katalyt. Brenner
Vergleich innerhalb des Verwendersystems
Vergleich des Verwendersystems mit alternativen Lösungen
4 Entwicklung einer Innovationsmanagement-Methodik für Forschungseinrichtungen
53
herangezogen werden. Beim technologischen Risiko ist die Unsicherheit zu bewerten, dass
das Referenzsystem in der geplanten Art und Weise umgesetzt werden kann. Wie bereits bei
der Ermittlung des benötigten F&E-Aufwands steht bei auch dem technologischen Risiko das
technologische Verständnis im Vordergrund, so dass das in der Forschungseinrichtung vor-
handene Know-how im Vordergrund steht.
Die Skalierung erfolgt sowohl bei dem Markt-, als auch beim technologischen Risiko analog
zu dem F&E-Aufwand mit ordinalen Skalen. Im Portfolio wird der Mittelwert aus Markt- und
technologischem Risiko gebildet und zur Darstellung in eine Farbskala überführt. Rot ent-
spricht dabei sehr hohem, gelb mittlerem und grün sehr geringem Risiko.
4.2.4 Auswahl der betrachteten technologischen Alternativen
Das Funktionalmarktkonzept sieht vor, alle funktional-äquivalenten Potenziale in der Bewer-
tung zu berücksichtigen. Eine steigende Anzahl an technologischen Alternativen führt jedoch
zu einer höheren Bewertungskomplexität und zu höherem Aufwand. Dies soll kurz am Bei-
spiel der zentralen Haushaltsheizung aufgezeigt werden. Diese erfüllt im Normalfall zwei
verschiedene Funktionen. Zum einen sorgt sie für die Beheizung der Wohnräume, was als
Sicherstellung einer ausreichend hohen Umgebungstemperatur interpretiert werden kann,
andererseits sorgt sie für die Bereitstellung von Warmwasser. Hier soll nur der erste Fall
betrachtet werden, dessen Komplexität in Abbildung 22 betrachtet werden kann. Dieses Bei-
spiel verdeutlicht, dass eine durchgängige Bewertung auf funktionaler Ebene nicht immer
praktikabel ist. In diesen Fällen ist ein Kompromiss zwischen einer möglichst vollständigen
Betrachtung aller relevanten Alternativen und dem Aufwand bzw. der Transparenz der Be-
wertung zu finden.
Eine deutliche Vereinfachung kann erzielt wird, wenn die Bewertung des Verwendersystems
von der Bewertung der technologischen Alternativen für das Verwendersystem entkoppelt
wird. Auf der übergeordneten funktionalen Ebene wird qualitativ untersucht, wie sich der ge-
samte Funktionalmarkt zukünftig verhalten wird und welche Veränderungen bei dem Ver-
wendersystem zu erwarten sind. Dabei ist zu verifizieren, ob das betrachtete Potenzial zu
Verschiebungen innerhalb des gesamten Funktionalmarktes führen kann. In dem Beispiel
wird der Bedarf an befeuerten Heizungsanlagen durch Kraft-Wärme-Kopplung, Solarheizun-
gen und besserer Dämmung gemindert. Auf dieser Ebene wird die Substitutionsgefahr für die
Haushaltsheizung erkannt. Derzeit ist jedoch noch kein Ende der Dominanz der Gas-
Gebläsebrenner im Heizungsmarkt zu erkennen. Dadurch besteht aus Marktsicht grundsätz-
lich Potenzial für die Porenbrennertechnologie im Verwendersystem Gas-Gebläsebrenner.
4 Entwicklung einer Innovationsmanagement-Methodik für Forschungseinrichtungen
54
Für den detaillierten Vergleich des Potenzials im Rahmen einer Nutzwertanalyse werden nur
die direkten technologischen Alternativen innerhalb des jeweiligen Verwendersystems be-
nutzt. Auch hierbei kann der Bewertungsaufwand durch Konzentration auf die wichtigen Al-
ternativen reduziert werden. Vernachlässigbar sind einerseits veraltete Technologien, die in
der Vergangenheit marktbeherrschend waren und durch neuere Technologien verdrängt
wurden und andererseits Technologien, deren Markteinführung offensichtlich gescheitert ist.
Im Beispiel konkurrieren drei weitere Verbrennungstechnologien mit der Porenbrennertech-
nologie. Doch es genügt eine Betrachtung der Oberflächenstrahlungsbrenner, die Brenner
mit freien Flammen vor einigen Jahren abgelöst haben. Katalytischen Brenner wurden be-
reits in den neunziger Jahren auf den Markt gebracht und konnten sich nicht durchsetzen.
4.3 Ableitung des Handlungsprogramms
Analog zu dem Funktionalmarktkonzept ist aus den bei der Bewertung generierten Informati-
onen eine Strategie zu formulieren und die zur Umsetzung notwendigen Arbeitsschritte sind
in einem Handlungsprogramm zusammenzufassen.
4.3.1 Definition der Normstrategien
Die Ableitung des Handlungsprogramms erfolgt im Technologieportfolio wie in Kap. 3.4 be-
schrieben, über Normstrategien, die für die drei Portfoliobereiche Investieren, Selektieren
und Desinvestieren definiert sind. An Forschungseinrichtungen ist der Begriff ’investieren’
grundsätzlich problematisch, da in der Regel keine Investitionen, wie beispielsweise zum
Aufbau von Produktionskapazitäten, getätigt werden. Um Missverständnisse zu vermeiden
erscheint eine Begriffsänderung an dieser Stelle, beispielsweise in Fokussieren, Selektieren
und Reduzieren, angebracht.
Neben den Begrifflichkeiten existiert bei der Abgrenzung der Bereiche ein kleiner Unter-
schied gegenüber dem Technologieportfolio. Alle Anwendungen, die unterhalb der aus dem
Normierungsschritt resultierenden horizontalen 100%-Linie liegen, haben eine geringere
Technologieattraktivität als konkurrierende Technologien. Eine Weiterentwicklung ist in die-
sen Fällen unabhängig von anderen Dimensionen wenig Erfolg versprechend. In Abbildung
23 ist das modifizierte Portfolio mit den drei Normstrategie-Bereichen dargestellt.
4 Entwicklung einer Innovationsmanagement-Methodik für Forschungseinrichtungen
55
Abbildung 23: Normstrategie-Bereiche im modifizierten Portfolio
Unter ’Fokussieren von Anwendungen’ verbergen sich zwei unterschiedliche Tätigkeits-
schwerpunkte. Einerseits kann dies bedeuten, dass die Forschungsaktivitäten für die be-
trachteten Anwendungen erhöht werden indem beispielsweise die Projektakquisition intensi-
viert wird. Insbesondere bei Innovationen im fortgeschrittenen Stadium ist jedoch auch denk-
bar, dass eine weitere Erhöhung der Technologieattraktivität durch die Forschungseinrich-
tung selbst nicht mehr möglich ist. In diesem Fall sollte die Suche nach geeigneten Koopera-
tionspartnern intensiviert werden. Für den mittleren Portfoliobereich ’Selektieren’ stehen mit
dem Marktpotenzial und der Risikobetrachtung bereits zwei weitere Entscheidungskriterien
im Portfolio zur Verfügung. Für Anwendungen im ’Reduzieren’-Bereich sollten keine weiteren
Entwicklungsschritte angestoßen werden.
4.3.2 Berücksichtigung von Synergiepotenzialen
Bei dem Technologieportfolio und auch bei den bisher durchgeführten Überlegungen werden
die einzelnen Anwendungen isoliert betrachtet und bewertet. Synergien zwischen einzelnen
Anwendungen fließen dadurch nicht in das Handlungsprogramm ein. Um Synergieeffekte bei
den noch durchzuführenden Entwicklungsarbeiten zwischen den Anwendungen sichtbar zu
machen, ist der noch vorhandene F&E-Aufwand für jede Anwendung in Arbeitspakete (AP)
zu gliedern. In einer Synergiematrix, die beispielhaft in Tabelle 5 dargestellt ist, können die
für jede Anwendung notwendigen Arbeitspakete zusammengestellt werden. Im einfachsten
Fall wird eine digitale Bewertung durchgeführt. Eine Eins bedeutet dabei, dass das entspre-
Tec
hnol
ogie
attr
aktiv
ität
Benötigter Zeit- bzw. F&E-Bedarfsehr hoch hoch mittel niedrig sehr niedrig
sehr
nie
drig
nied
rigm
ittel
hoch
sehr
hoc
h
Fokussieren
Reduzieren
Selektieren1 bzw. 100%
4 Entwicklung einer Innovationsmanagement-Methodik für Forschungseinrichtungen
56
chende Arbeitspaket für die Anwendung Relevanz besitzt, bei einer Null spielt das Arbeitspa-
ket für die Anwendung keine Rolle. Im Beispiel wird das Arbeitspaket 5 für alle Anwendungen
benötigt und ist damit erfolgskritisch für die gesamte Technologie.
Tabelle 5: Synergiematrix
Neben der digitalen Bewertung besteht auch die Möglichkeit, die Lage im Portfolio durch
verschiedene Gewichte in der Synergiematrix zu berücksichtigen. Durch die Berücksichti-
gung der Synergien enthält das Handlungsprogramm Empfehlungen sowohl für konkrete
Anwendungsfelder als auch für anwendungsübergreifende Entwicklungsschwerpunkte.
4.4 Die Vorgehensweise im Überblick
Abschließend werden die in diesem Kapitel durchgeführten Überlegungen zu einer 6-stufigen
Vorgehensweise zusammengefasst. Im ersten Schritt erfolgt die Ideengewinnung mit einer
Zusammenstellung aller Ideen im Technologiebaum, der dabei als Werkzeug zur strukturier-
ten Sammlung vorhandener Ideen dient, die Kommunikation der Technologie erleichtert und
Anstöße zur Generierung von neuen Ideen gibt. Im zweiten Schritt, der Vorselektion, werden
Ideen mit offensichtlich geringem Potenzial oder zu geringem Konkretisierungsgrad aussor-
tiert. Die Konzeptentwicklung für wenig konkrete Ideen wird dabei in das Handlungspro-
gramm aufgenommen. Der dritte Schritt beinhaltet die Bestimmung der Technologieattraktivi-
tät über eine Nutzwertanalyse, sowie die Ermittlung von F&E-Aufwand, Marktpotenzial und
Risiko durch qualitative Bewertungen. Im vierten Schritt erfolgt die Darstellung in einem Port-
folio unter Berücksichtigung von Marktpotenzial und Risiken. Über die Normstrategien wer-
den Handlungsempfehlungen für alle betrachteten Anwendungen generiert. Im fünften Schritt
werden Synergieeffekte, die bei der Weiterentwicklung zwischen den verschiedenen Ideen
auftreten, analysiert. Die sich daraus ergebenden Entwicklungsschwerpunkte werden zu-
sammen mit den wichtigsten Anwendungen im sechsten Schritt in das Handlungsprogramm
integriert und zeitlich eingeordnet. Der gesamte Prozess ist in Abbildung 24 dargestellt.
AP1 AP2 AP3 AP4 AP5 AP6 AP7 AP8Anwendung 1 0 0 1 1 1 1 1 0Anwendung 2 0 1 0 0 1 0 0 0Anwendung 3 0 0 1 1 1 0 0 1Anwendung 4 1 0 0 0 1 1 0 0
1 1 2 2 4 2 1 1
4 Entwicklung einer Innovationsmanagement-Methodik für Forschungseinrichtungen
57
Abbildung 24: Zusammenstellung der Methodik
Technologiebaum
Vorselektion
NutzwertanalyseQualitative Bewertung
Portfoliodarstellung
Synergiematrix
Anwendungs-feld 1
Funktion 1
Funktion 2
Technologie
Anwen-dung A
Anwendungs-feld 2
Anwen-dung B
Anwen-dung C
Anwen-dung D
Real. Markt Konz. Begründung Müllverbrennung ! Rußfilterreinigung ! Brenner f. Waffenentsorgung
!
Dampferzeuger im Dampfmotor zum Antrieb
!
Standheizung für Wohnmobil
!
Grill ! Campingbrenner ! Zündbrenner ! Designerleuchte ! Schrumpfschlauchbrenner !
Kriterium Gewicht Zielertrag Zielerfüllung TeilnutzwertSchritt 5: Krit. 1 0,2 4 m/s 4 0,8
Krit. 2 0,5 5 € 2 1Krit. 3 0,3 hoch 4 1,2
1,0 3
Alternative 1
Nutzwert A1
Tec
hnol
ogie
attra
ktiv
ität
Benötigter Zeit- bzw. F&E-Bedarfhoch niedrig
hoch
nied
rig
Anwendung 1
Anwendung 3
Anwendung 2
AP1 AP2 AP3Anwendung 1 0 0 1Anwendung 2 0 1 0Anwendung 3 0 0 1Anwendung 4 1 0 0
1 1 2
Ideen zur weiteren Konkretisierung
Entwicklungsschwerpunkte
Anwendungen mit hohem Potenzial
Zeit
Handlungsprogramm
Arbeitspaket 1
Arbeitspaket 2
Arbeitspaket 3
Arbeitspaket 4
4 Entwicklung einer Innovationsmanagement-Methodik für Forschungseinrichtungen
58
59
5 Bewertung der Porenbrennertechnologie und Ableitung eines Hand-
lungsprogramms
Nach einer Kurzdarstellung des Funktionsprinzips der Porenbrennertechnologie mit den
technologisch bedingten Vor- und Nachteilen werden in diesem Kapitel die bekannten Po-
renbrenneranwendungen vorgestellt, strukturiert und bewertet. Über eine Portfolioanalyse
wird aus den Bewertungsergebnissen ein Handlungsprogramm abgeleitet bevor am Ende
des Kapitels eine Interpretation des Bewertungsvorgangs erfolgt.
5.1 Funktionsprinzip der Porenbrennertechnologie
Bei der Verbrennung in porösen Medien findet die Umsetzung des Brennstoffes in den Hohl-
räumen eines inerten porösen Mediums statt. Die Grundlage für die Flammenausbreitung in
porösen Strukturen basiert auf der Erkenntnis, dass ein gewisses Mindestverhältnis von
Wärmeproduktion durch die Verbrennung zu der Wärmeabfuhr durch das umgebende Medi-
um gewährleistet sein muss. Dieses Verhältnis lässt sich durch eine modifizierte Péclet-Zahl
Pe angeben, die nicht mit der Strömungsgeschwindigkeit, sondern mit der laminaren Flam-
mengeschwindigkeit des Brennstoff-Luft-Gemisches sL gebildet wird:
f
f
λ
ρfp,effL cds Pe = (5.1)
Des Weiteren gehen in Gleichung (5.1) eine effektive Porengröße deff, sowie spezifische
Wärmekapazität cp, Dichte ρ und Wärmeleitfähigkeit λf des Gasgemisches ein. Babkin et al.
[12] geben für die Flammenausbreitung in porösen Medien die kritische modifizierte Péclet-
Zahl von ca. 65 an. Oberhalb dieser Grenze ist eine Flammenausbreitung im porösen Mate-
rial möglich, unterhalb tritt Flammenlöschung auf. Dieses Kriterium wurde ursprünglich für ein
ruhendes Gasgemisch aufgestellt, lässt sich aber auch, wie die Arbeiten von Trimis [52] zei-
gen, für stationär durchströmte Porenbrenner anwenden.
Durch die Kombination zweier poröser Schichten, von denen die eine unterhalb, die andere
oberhalb der kritischen Péclet-Zahl liegt, lässt sich eine einfache Verbrennungsstabilisierung
erzielen. In der als Region A bezeichneten zuerst durchströmten Zone mit kleinen Poren
kann keine Flammenausbreitung stattfinden. Unmittelbar daran schließt sich eine als Region
C bezeichnete Zone an, die Porengrößen aufweist, die als überkritisch gemäß obigem Krite-
rium einzustufen sind. Demzufolge erfolgt hier eine Flammenausbreitung im porösen Medi-
um.
5 Bewertung der Porenbrennertechnologie und Ableitung eines Handlungsprogramms
60
Die Region A fungiert somit in dem beschriebenen Aufbau als Flammensperre, innerhalb
derer das anströmende Gasgemisch zwar deutlich vorgewärmt, jedoch nicht entzündet wird.
Dies gilt natürlich nur solange, wie die Region A unterhalb der Zündtemperatur des Brenn-
stoff-Luft-Gemisches gehalten werden kann. Werden in der Region A die Temperaturen zu
hoch, laufen unabhängig von der Porengröße unkontrollierte Reaktionen ab, die zum Rück-
schlag der Flamme in den Mischraum führen können. Es ist deshalb bei der Gestaltung von
Porenbrennern von großer Wichtigkeit, für eine ausreichende Kühlung der Vorwärmregion A
zu sorgen. Dies kann, von Ausnahmefällen abgesehen, allein durch das anströmende kalte
Gasgemisch geschehen. Abbildung 25 zeigt schematisch den Aufbau des Porenbrenners.
Verbrennungsgebiet
Wärmeabfuhr aus der Reaktionszonedurch Stra hlung und Leitung desFestkörpers sowie durch konvektivenWärmeübergang und Dispersion
Wärmetransport zur Stabilisierung der Reaktionszone
Grobporiges Medium(Region C); Pe > 65
Abströmende Abgase
Anströmendes Gasgemisch
Zündtemperatur
VorwärmzoneFeinporiges Medium(Region A); Pe < 65
Wärmetransport in axialer Richtung durch Strahlung, Leitung, Dispersion und Konvektion
Region A
Region C
Abbildung 25: Schematischer Aufbau eines Porenbrenners nach dem Prinzip der Péclet-Zahl Stabilisierung nach Durst et al. [13]
Von Wawrzinek [18] wurde der Wert 65 für die kritische Péclet-Zahl für Methan-Luft-
Gemische bestätigt. Für andere Gase wurden jedoch teilweise deutliche Abweichungen ge-
messen. Eine Auftragung der kritischen Péclet-Zahlen über den jeweiligen Lewis-Zahlen
ergab, dass der Wert 65 nur bei Lewis-Zahlen größer 1 Gültigkeit hat. Die Lewis-Zahl Lek für
die Komponente k, die das Verhältnis zwischen Wärmetransport und Stofftransport be-
schreibt, ist dabei definiert als:
k
f
fp,k D
a
c D Le ==
fk
f
ρ
λ (5.2)
Dk ist dabei der Diffusionskoeffizient und af die Temperaturleitfähigkeit des Gemisches. Im
Folgenden werden die Vor- und Nachteile der Porenbrennertechnologie kurz erläutert.
5 Bewertung der Porenbrennertechnologie und Ableitung eines Handlungsprogramms
61
5.2 Vorteile der Porenbrennertechnik
Im Zuge des in vielen Bereichen zu beobachtenden Miniaturisierungstrends stellt die auf-
grund der hohen Leistungsdichte mögliche kompakte Bauweise des Porenbrenners einen
wichtigen Vorteil dar. Insbesondere im mobilen Bereich haben Platzeinsparungen einen sehr
hohen Stellenwert. Bei vorgegebenem Platzangebot besteht darüber hinaus in einigen An-
wendungsfällen der Bedarf nach einer hohen Leistungsdichte, um Aufheiz- oder Trocknungs-
zeiten zu verkürzen. In Porenbrennern können Leistungsdichten bis zu 3 MW/m² bzw.
30 MW/m³ erreicht werden. Demzufolge können Porenbrenner deutlich kompakter gebaut
werden als andere Brenner vergleichbarer Leistung.
Neben der Baugröße ist die Leistungsmodulation ein weiterer wichtiger Vorteil. In vielen An-
wendungen ist die benötigte Brennerleistung zeitlich nicht konstant und es ist erwünscht, die
Brennerleistung an den jeweiligen Wärmebedarf anzupassen. Bei konventionellen Brennern
ist eine derartige Anpassung nur bedingt möglich. Bei gegebener Maximalleistung kann der
Brenner nicht mit beliebig kleiner Leistung betrieben werden. Beispielsweise führt die be-
grenzte Leistungsmodulation einer Haushaltsheizung bei geringem Wärmebedarf zu einem
Intervallbetrieb mit vielen Starts und Stopps. Die Ursache für diese Einschränkung liegt in
Limitierungen des Verbrennungsprozesses. Bei einer fixen Geometrie existieren Grenzen
sowohl für die Minimal- als auch für die Maximalleistung. Das Verhältnis der oberen zur unte-
ren Grenze wird als Modulationsbereich bezeichnet und stellt somit ein Maß für die Flexibili-
tät eines Brenners im Hinblick auf die Leistung dar. Bei einfachen flachen Porenbrennern
kann eine Leistungsdynamik von 1:20 gewährleistet werden. Mit anderen Geometrien sind
nach Mößbauer [53] Modulationsbereiche bis zu 1:50 erreichbar.
Außer einer Flexibilität in der Leistung wird von Brennern auch eine möglichst große Aus-
dehnung des Luftzahlbetriebsfensters gefordert, da in vielen verbrennungstechnischen An-
wendungen zeitliche Unterschiede durch Schwankungen der Brennstoffmenge oder -qualität
bzw. der Luftmenge auftreten. Da die Vergleichmäßigung der Randbedingungen häufig einen
hohen Aufwand verursachen würde, ist es wünschenswert, dass die Verbrennung eine ge-
wisse Toleranz gegenüber diesen Einflüssen aufweist. Die Grenze bei magerer Verbrennung
im Porenbrenner ist im Gegensatz zu anderen Brennerkonzepten zu größeren Luftzahlen hin
verschoben. Bei guter Vormischung eines Methan-Luft-Gemisches werden nach Mößbauer
et al. [15] bei einem offenen Betrieb ohne Brennkammer und ohne Vorwärmung Luftzahlen
bis zu λ=1,9 von einem Porenbrenner toleriert. Bei einigen Anwendungen ist der brennstoff-
reiche Bereich von großer Bedeutung. Bei Erdgas konnte bereits gezeigt werden, dass eine
Flammenstabilisierung bei λ=0,25 noch möglich ist. Aufgrund der hohen thermischen Träg-
5 Bewertung der Porenbrennertechnologie und Ableitung eines Handlungsprogramms
62
heit des Feststoffs kann der Porenbrenner sogar kurzzeitig eine völlige Abwesenheit von
Brennstoff tolerieren, so dass bei einer erneuten Brennstoffzufuhr der normale Brennerbe-
trieb wieder hergestellt wird. Das Temperaturfeld bleibt dabei, hervorgerufen durch die große
Wärmekapazität des porösen Materials, auch bei Zuständen außerhalb des normalen Be-
triebsbereiches noch mehrere Sekunden auf ausreichend hohem Niveau, um die Verbren-
nungsreaktion aufrecht zu halten oder wieder zu starten.
Auch bei der Brennraumgestaltung bietet der Porenbrenner viele Freiheitsgrade. Da das
Stabilisierungskonzept im Wesentlichen eindimensional ist, kann als Reaktionszone der ge-
samte Raum genutzt werden, der durch das poröse Medium zur Verfügung gestellt wird. Aus
diesem Grund lassen sich mit der Porenbrennertechnologie nahezu beliebig geformte Brenn-
räume realisieren, die den geometrischen Anforderungen des Prozesses exakt angepasst
werden können. Voraussetzung hierfür ist lediglich, dass die gewünschte Geometrie aus
geeigneten porösen Materialien hergestellt werden kann. Darüber hinaus muss durch geeig-
nete strömungsmechanische Maßnahmen sichergestellt sein, dass der Porenkörper gleich-
mäßig von vorgemischtem Brennstoff-Luft Gemisch angeströmt wird. Bisher wurden zylindri-
sche, kubische, ringspaltförmige und flache Porenbrenner realisiert.
Neben den fossilen Energieträgern nimmt die Bedeutung anderer Energieträger ständig zu.
Neben dem Wasserstoff, der häufig als zukünftiger Energieträger im Rahmen einer nachhal-
tigen Wasserstoffwirtschaft diskutiert wird, sind an dieser Stelle insbesondere noch die Ener-
gieträger aus nachwachsenden Rohstoffen zu erwähnen. Diese Vielfalt der Energieträger
führt zu einem steigenden Bedarf an Brennern, die mit mehreren Brennstoffen betrieben
werden können. Das in Kap. 5.1 vorgestellte Konzept der Flammenstabilisierung in porösen
Medien bietet die Möglichkeit, durch geeignete Auswahl der Porengrößen Brenner zu reali-
sieren, in denen eine Vielzahl von verschiedensten gasförmigen Brennstoffen umgesetzt
werden kann. Dabei sind auch Hybrid-Porenbrenner möglich, die sowohl mit flüssigen als
auch mit gasförmigen Brennstoffen betrieben werden können. Am Porenbrenner selbst sind
keine Änderung an der Verbrennungs- bzw. Stabilisierungsregion vorzunehmen. Der flüssige
Brennstoff ist jedoch in einem vorgelagerten Prozessschritt in die Gasphase zu überführen.
Im Bereich der Porenbrenneranwendungen haben bei der Emissionsbetrachtung Stickoxide
und Kohlenmonoxid den höchsten Stellenwert. Daneben müssen noch der Anteil an unver-
branntem Brennstoff und die Russbildung berücksichtigt werden. Mit 25-40 mg/kWh NOx und
20-30 mg/kWh CO sind die Emissionswerte eines mit Methan/Luft betriebenen Porenbren-
ners niedriger als bei Brennern mit freien Flammen und in etwa auf dem gleichen Niveau von
Oberflächenstrahlungsbrennern [53], [54], [55].
5 Bewertung der Porenbrennertechnologie und Ableitung eines Handlungsprogramms
63
Als letzter Vorteil ist die Strahlungsleistung zu nennen, die beispielsweise bei Trocknungs-
prozessen eine wichtige Rolle spielt. Die von einem schwarzen Körper emittierte Strahlung
ist nach dem Stefan Boltzmann-Gesetz proportional zur vierten Potenz der Temperatur. Da
im porösen Medium ca. 1400°C, im Oberflächenstrahlungsbrenner maximal 1000°C erreicht
werden, besitzt der Porenbrenner etwa die dreifache Strahlungsleistung.
5.3 Nachteile der Porenbrennertechnik
Neben den Vorteilen bestehen bei der Verbrennung in porösen Medien auch einige Nachtei-
le, die im Folgenden kurz erläutert werden. Bei Gebläsebrennern sind geringe Druckverluste
erwünscht, um möglichst kleine und kostengünstige Gebläse mit niedriger elektrischer Leis-
tungsaufnahme einsetzen zu können. Durch den vorwiegend in der feinporigen Zone A
enstehenden Druckverlust ergeben sich bei diesem Kriterium Nachteile gegenüber Strah-
lungsbrennern bzw. Brennern mit freien Flammen.
Die thermische Trägheit des Porenbrenners wurde bereits aufgrund der stabilisierenden Wir-
kung bei Schwankungen der Betriebsparameter weiter oben als Vorteil erwähnt. Die hohe
Wärmekapazität kann aber auch zu Nachteilen beim Betrieb des Porenbrenners führen. Je
nach Größe des Brenners erwächst aus der heißen, porösen Matrix ein zusätzliches Gefah-
renpotenzial. Daneben wird durch die Aufheizung des porösen Mediums beim Start des Po-
renbrenners im Vergleich zu anderen Brennern eine deutlich längere Zeitspanne benötigt, bis
die Verbrennungsreaktion in einen stationären Zustand mit geringen Emissionen und voller
Leistungsabgabe übergeht. Bei einer Abschaltung des Brenners sind in einigen Fällen bei
größeren Brennern zusätzliche Maßnahmen notwendig, um Überhitzungen durch Wärmelei-
tung in die im regulären Betrieb gekühlte Vorwärmzone zu verhindern.
5 Bewertung der Porenbrennertechnologie und Ableitung eines Handlungsprogramms
64
5.4 Kurzbeschreibung der Porenbrenner-Anwendungen
In Tabelle 6 werden im Folgenden alle derzeit bekannten Porenbrenner-Anwendungen zu-
sammengestellt.
1 Industriestrahler: Industriestrahler nutzen die direkt vom Brenner ausgehen-de Infrarotstrahlung und werden vorwiegend in der indus-triellen Trocknungstechnik eingesetzt.
2 Großkessel für Dampf- und Heißwas-sererzeugung:
Großkessel werden zur Bereitstellung von Warmwasser, Prozessdampf und bei der Stromerzeugung in Dampftur-binen benötigt. Der Porenbrenner kommt dabei als Wär-meerzeuger zum Einsatz.
3 Industrieöfen: Industrieöfen werden in vielen industriellen Prozessen, beispielsweise zum Schmelzen oder Sintern von Werkstof-fen, benötigt. Der Porenbrenner kann zur Beheizung der Öfen eingesetzt werden.
4 Heißlufterzeuger: Mit dem Porenbrenner kann heiße Prozessluft erzeugt werden.
5 Grill: Gasbefeuerte Grillgeräte werden im privaten und gewerb-lichen Bereich für die Zubereitung von Fleisch und Fisch eingesetzt.
6 Campingbrenner: Porenbrenner dient als Wärmequelle in einem Camping-kocher.
7 Zündbrenner: Porenbrenner dient als Zündquelle für eine größere Haupt-flamme.
8 Gasheizung: Gasbefeuerte Haushaltsheizung zur Bereitstellung von Warmwasser und Heizleistung.
9 Ölheizung: Ölbefeuerte Haushaltsheizung zur Bereitstellung von Warmwasser und Heizleistung.
10 Warmlufterzeuger: Die Beheizung von Räumen kann durch Einblasen von heißer Luft erfolgen. Meistens wird dabei heiße über einen Gas-Gas-Wärmetauscher erhitzte Luft verwendet.
11 Hellstrahler für Ge-bäudeheizung:
Hellstrahler werden zur Beheizung eingesetzt und nutzen als Wärmeübertragungsmechanismus hauptsächlich die Strahlung. Die heiße Brenneroberfläche nimmt dabei die Funktion des Festkörperstrahlers ein.
12 Standheizung für Wohnmobile:
Standheizungen für Wohnmobile stellen Warmwasser und Heizleistung bereit.
13 Stand- oder Zusatz-heizung für Kfz:
Standheizungen dienen hauptsächlich zur Vorwärmung des Innenraums an kalten Tagen. Durch steigende Effi-zienz bei dem Antrieb ist die Abwärme zur Beheizung nicht immer ausreichend, so dass die Standheizung als Zusatz-heizung dient.
14 Mobile Heizung: Durch die Kombination eines kompakten Heizsystems mit wasserdurchströmten Radiatoren kann ein mobiles Heiz-
5 Bewertung der Porenbrennertechnologie und Ableitung eines Handlungsprogramms
65
system generiert werden.
15 Dampferzeuger im Dampfmotor für Fahr-zeugantriebe:
Aufgrund der Vorteile von stationären gegenüber instatio-nären Verbrennungsvorgängen existieren Konzepte, einen Dampfmotor (ähnlich einer Dampfmaschine), zum Antrieb von Fahrzeugen einzusetzen. Der Porenbrenner dient dabei als Wärmequelle für die Dampferzeugung.
16 Gasturbinenpilot-brenner:
Zur Stabilisierung der Hauptflamme in Gasturbinen wird ein sog. Pilotbrenner benötigt, der als Porenbrenner aus-geführt werden kann.
17 Einsatz in der Brenn-stoffzellenperipherie
In der Peripherie von PEM- und SOFC-Brennstoffzellen sind verschiedene thermische Prozesse, wie Vorwärmung, Prozesswärmebereitstellung und Abreaktion des Brenn-stoffzellenabgases notwendig. Durch den Porenbrenner können mehrere Funktionen in einem Brenner abgedeckt werden.
18 Brenner für Stirling-motoren:
Stirlingmaschinen sind Wärmekraftmaschinen, die durch einen Kreisprozess Wärmeenergie in mechanische Ener-gie umwandeln. Der Wärmeeintrag kann über einen Po-renbrenner erfolgen.
19 Kombination mit Thermo-Photovoltaik:
Bei der Thermo-Photovoltaik werden Fotozellen aus einem mit einer Wärmequelle aufgeheizten Strahler gespeist. Die Fotozellen wandeln die Strahlung in elektrische Energie um. Der Porenbrenner dient dabei als Strahlungsquelle.
20 Brenner für APU/MPU mit Dampfmotor:
Der Dampfmotor kann zur Kraft-Wärme-Kopplung in Fahr-zeugen (Auxiliary Power Unit) oder als mobiles Aggregat (Mobile Power Unit) eingesetzt werden. Eine APU wird benötigt, um ohne laufenden Motor Wärme (Standheizung) und Strom (Klimaanlage, Bordcomputer) zu erzeugen. Der Porenbrenner dient als Wärmequelle für den Dampferzeu-ger.
21 FCKW-Entsorgung: Chlorierte und fluorierte Kohlenwasserstoffe fallen in vielen chemischen Prozessen an und dürfen wegen ihrer ozon-zerstörenden Eigenschaften nicht in die Umwelt entlassen werden. Daher müssen Wege gefunden werden, diese Stoffe möglichst effektiv zu zerlegen. Eine Möglichkeit der Spaltung von FCKW ist die Verbrennung in CH4/Luft-Flammen in einem Porenbrenner.
22 Müllverbrennung: Bei der Müllbehandlung entstehende Gase können mit dem Porenbrenner verbrannt werden. Feste Müllbestand-teile sind dagegen nicht umsetzbar.
23 Brenner für Spreng-stoffentsorgung:
Die Entsorgung explosiver Stoffe erfolgt in gepanzerten Öfen. Dabei kommen Gasbrenner zum Einsatz, die die zu entsorgenden Stoffe durch Temperaturerhöhung gezielt zur Detonation bringen. Brenner mit freien Flammen nei-gen durch die Druckstöße zum Erlöschen, was bei einem Porenbrenner aufgrund dessen hoher Wärmekapazität nicht zu erwarten ist.
5 Bewertung der Porenbrennertechnologie und Ableitung eines Handlungsprogramms
66
24 Russfilter-regeneration:
Durch strengere Abgasvorschriften werden die Kfz-Hersteller gezwungen, Maßnahmen gegen die Rußpartikel zu ergreifen. Ein Konzept sieht vor, im Abgasweg einen Filter zu platzieren, der die Partikel zurückhält. Um eine Verstopfung des Filters zu verhindern, muss dieser regel-mäßig gereinigt werden. Der Porenbrenner kann bei dem thermischen Reinigungsprozess eingesetzt werden.
25 HCl-Erzeugung: Für Analysezwecke und die Halbleiterindustrie wird hoch-reine Salzsäure benötigt, die direkt aus den Elementen H2 und Cl2 erzeugt wird. Die Reaktion kann dabei in einem Porenreaktor durchgeführt werden.
26 Rußerzeugung: Bei der Rußherstellung wird in einer Brennkammer ein Heißgas erzeugt, in das ein Rußrohstoff, meist aromaten-reiche kohle- und erdölstämmige Ruß-Öle, eingedüst wird. Durch unvollkommene Verbrennung und thermische Spal-tung des Rußrohstoffs wird dabei der Ruß gebildet. Der Porenbrenner kann zur Erzeugung des Heißgases ver-wendet werden.
27 Synthesegaserzeu-gung:
Synthesegas ist ein Gemisch aus Kohlenmonoxid und Wasserstoff und kann durch verschiedene Prozesse aus Kohlenwasserstoffen erzeugt werden. Dadurch kann Was-serstoff, der beispielsweise in Brennstoffzellen zum Ein-satz kommt, aus fossilen Brennstoffen gewonnen werden. Eine Möglichkeit der Wasserstofferzeugung ist dabei die thermische partielle Oxidation, bei der Kohlenwasserstoffe durch unterstöchiometrische Fahrweise partiell oxidiert werden. Diese Reaktion kann in einem Porenreaktor durchgeführt werden.
28 Designerleuchte: Der Porenbrenner kann als optisch ansprechende Licht-quelle eingesetzt werden.
Tabelle 6: Kurzbeschreibung aller Porenbrenneranwendungen
5.5 Strukturierung der Anwendungen im Technologiebaum
Der Erfolg der Ideengewinnung hängt in starkem Maß vom Informationsaustausch mit orga-
nisationsfremden Personen ab. Aus diesem Grund ist neben der aus dem Funktionalmarkt-
konzept stammenden Forderung nach einer funktional-abstrakten Technologiebeschreibung
auch Wert auf eine leicht verständliche Formulierung zu legen. Basierend auf diesen Erfor-
dernissen entstand im Rahmen dieser Arbeit der Technologiebaum. Der in Kap. 4.1 vorge-
stellte Technologiebaum ist ein Werkzeug, in dem die Technologie in einer Baumstruktur von
einer funktional-abstrakten Sichtweise bis hin zu den konkreten Anwendungen dargestellt ist.
In
5 Bewertung der Porenbrennertechnologie und Ableitung eines Handlungsprogramms
67
Abbildung 26 ist die Porenbrennertechnologie auf diese Weise strukturiert dargestellt.
Der Technologiebaum erfüllt somit mehrere Funktionen. So wird der untere Bereich des
Technologiebaumes als zentraler Ideenspeicher genutzt, in dem alle aussichtsreichen wie
auch weniger aussichtsreichen Ideen festgehalten werden. Dadurch kann sichergestellt wer-
den, dass keine Ideen verloren gehen. Der funktional-abstrakte Aufbau des Technologie-
baumes im oberen Bereich dient darüber hinaus als einfache Technologiebeschreibung im
Sinne des Funktionalmarktkonzeptes. So sind beispielsweise einige Porenbrenner-
Anwendungen bekannt, bei denen nicht die aus der Verbrennung entstehende Wärme, son-
dern die Produkte der Reaktion im Vordergrund stehen. Das Interesse an derartigen Anwen-
dungen liegt mehr im Bereich der chemischen Reaktionstechnik als in der Verbrennungs-
technik. Potenzielle Anwender derartiger Verfahren, die sich durch den Begriff „Porenbren-
ner“ nicht angesprochen fühlen, werden durch die abstraktere Beschreibung im Technologie-
baum „Stoffumwandlung durch chemische Reaktionen“ auf ein für sie evtl. interessantes
Potenzial aufmerksam. Neben diesen Funktionen bietet es sich an, den Technologiebaum für
das Technologiemarketing einzusetzen. Durch den in Kap. 2 beschriebenen Wandel von der
institutionellen zu einer programmorientierten Förderung hängt die Vergabe von Fördergel-
dern weniger an der detaillierten Beschreibung technischer Einzelheiten, sondern verstärkt
an der wirtschaftlichen Bedeutung. Der Technologiebaum ist hierfür ein ideales Werkzeug,
die Anwendungsbreite und die damit verbundene ökonomische Bedeutung prägnant und
auch für nicht-Spezialisten verständlich zu kommunizieren.
68
Abbildung 26: Der Technologiebaum für die Porenbrennertechnologie
Therm. Abluft-
reinigung
Synthese-gas-
erzeuger
Hellstrah-ler für
Heizung
Standhei-zung für
Kfz
Designer-leuchte
Warmluft-erzeuger
Öl-heizung
Mobile Heizung
Standhei-zung für Wohnm.
Thermo-Photo-voltaikBrenner für BZ-
Peripherie
HCl-Erzeu-gung
Beseitigung von Stoffen
Prozess-wärme Heizung Antriebe Synthese-
reaktor
stationär mobil
HalleHaushalt Trans-portabel
in Fahr-zeugen
Ruß-erzeugung
Stoffumwand-lung (chemische
Reaktionen)
Bereitstellung mechanischer
Energie
Bereitstellung elektrischer
Energie
Bereitstellung Wärmeenergie Sonstiges
Porenbrennertechnologie
FCKW-Entsor-gung
Rußfilter-reinigung
Brenner f. Waffen-entsorg.
Müllver-brennung
Industrie-strahler Grill
Heißluft-erzeuger
Industrie-öfen
Dampf-erzeuger
Zünd-brenner
Brenner f. Dampf-motorGas-
turbinen-brenner
Brenner f. Stirling-motor
Camping-brenner
Gas-heizung
69
5.6 Vorüberlegungen für die Bewertung
Vor der eigentlichen Bewertung werden in diesem Unterkapitel einige anwendungsübergrei-
fende Aspekte betrachtet. Zum einen wird die Kostenentwicklung der keramischen Bauteile
abgeschätzt, daneben werden Szenarien für eine Wasserstoffwirtschaft bzw. die Kraft-
Wärme-Kopplung untersucht.
5.6.1 Kostenentwicklung der keramischen Werkstoffe
In Kap. 3.5 wurde bereits die Notwendigkeit des Zukunftsbezuges bei der Bewertung von
Innovationen beschrieben. Für die Zukunftsbetrachtung der Porenbrennertechnologie spielt
die Kostenbetrachtung der keramischen Materialien eine zentrale Rolle. Für eine grobe Ab-
schätzung der zu erwartenden Kostenstruktur kann das in Kap. 3.3.2 erläuterte Erfahrungs-
kurvenkonzept herangezogen werden. In der in Abbildung 27 dargestellten Kurve, die einen
20%-igen Rückgang der Wertschöpfungskosten bei Verdoppelung der kumulierten Menge
annimmt, werden Kosten von € 200,-- für die komplette Brennerkeramik eines mit 20 kW
betriebenen Brenners bei einem bisherigen Produktionsvolumen von 500 Stück angenom-
men. Die Kosten werden dabei grob vereinfacht den Wertschöpfungskosten gleichgesetzt.
Diese Annahme setzt voraus, dass die Energiekosten ebenfalls durch Prozessoptimierungen
reduziert werden können. Die eingesetzten Grundmaterialien sind bereits zum gegenwärti-
gen Zeitpunkt relativ preiswert.
Abbildung 27: Anwendung des Erfahrungskurvenkonzeptes auf die Keramiken für die Porenbrennertechnologie
Nach der Erfahrungskurve besteht ein Kostensenkungspotenzial auf unter 2 €/kW bereits bei
100.000 Einheiten. Eine Betrachtung der Optimierungspotenziale zeigt die Plausibilität dieses
0,0
1,0
2,0
3,0
4,0
5,0
6,0
7,0
8,0
9,0
10,0
100 1.000 10.000 100.000 1.000.000
Stück (kumuliert)
Kos
ten
[€/k
W]
5 Bewertung der Porenbrennertechnologie und Ableitung eines Handlungsprogramms
70
Ergebnisses. Der bei der Abschätzung betrachtete 20 kW-Brenner wurde im Labor bereits
mit deutlich höheren Leistungen betrieben. Durch eine Verdoppelung der Leistung gehen die
leistungsbezogenen Keramikkosten bereits auf 5 €/kW zurück. Daneben zeigt ein Kostenver-
gleich mit ähnlichen Materialien weiteren Kostensenkungsspielraum auf. Die bereits in gro-
ßen Stückzahlen zur Filtration hergestellten SiC-Keramikschäume, deren Qualität für die
Zone C im Porenbrenner jedoch zu niedrig ist, werden nach Pickenäcker et al. [56] umge-
rechnet für unter 1 €/kW angeboten. Die in Oberflächenstrahlungsbrennern enthaltenen Cor-
dierit-Platten, die qualitativ unterhalb der Zone A des Porenbrenners anzusiedeln sind, verur-
sachen umgerechnet ebenfalls Kosten unterhalb von 1 €/kW. Damit sind die aus der Erfah-
rungskurve entnommenen Kosten von 30-40 Euro bei Stückzahlen über 100.000 für einen 20
kW-Brenner durchaus realistisch.
5.6.2 Szenario Wasserstoffwirtschaft und Brennstoffzelle
Unsere derzeitige Energieversorgung basiert sehr stark auf fossilen Energieträgern wie Koh-
le, Erdgas und Erdöl. Durch die Endlichkeit dieser Vorräte sind Veränderungen in der Zukunft
unabwendbar. Darüber hinaus hat die sich aus der Nutzung ergebende Umweltproblematik
die Diskussion über eine Neugestaltung der Energieversorgung noch intensiviert. Schwer-
punkte der großen Zahl an aktuellen Entwicklungsarbeiten in diesem Bereich stellen die
Brennstoffzellentechnologie sowie eine auf Wasserstoff basierende Energiewirtschaft dar.
Nach verschiedenen Szenarien erfolgt in den nächsten Jahrzehnten eine Umstellung auf den
Energieträger Wasserstoff und eine Kommerzialisierung der Brennstoffzelle. Die Wasser-
stoffproduktion erfolgt zu Beginn über fossile Energieträger und verschiebt sich in Richtung
regenerativer Energiequellen. Abbildung 28 zeigt ein von der Europäischen Kommission
erstelltes Wasserstoff-Szenario.
5 Bewertung der Porenbrennertechnologie und Ableitung eines Handlungsprogramms
71
Abbildung 28: Wasserstoff-Szenario nach einer Studie der Europäischen Kommission [57]
Nach dieser Wasserstoffvision stehen weitreichende Veränderungen in der gesamten Ener-
giebranche bevor. Nach einem vom VDMA erstellten Szenario [58] werden zahlreiche Pro-
dukte durch Brennstoffzellenanwendungen substituiert. Hierzu zählen beispielsweise Moto-
ren, Gasturbinen, Öfen und Wärmeerzeugungsanlagen. Viele Bereiche der Verbrennungs-
technik werden sich nach diesem Szenario grundlegend ändern. Neben den Bedrohungen
für existierende Produkte eröffnet die Brennstoffzellentechnik auch Chancen für neue Pro-
dukte für die Wasserstofferzeugung, Logistik und Anwendung. Auf eine Vorstellung der
Brennstoffzellentechnik wird verzichtet, da bereits eine Vielzahl von Veröffentlichungen zu
diesem Thema, beispielsweise in der oben genannten VDMA-Studie, existiert.
Die bei der Umwandlung vorhandener Energieträger in Wasserstoff zusätzlichen technischen
und ökonomischen Hürden sowie die noch nicht vorhandene Wasserstoffbereitstellungskette
erschweren die Markteinführung der Brennstoffzellen. Die noch 1999 gestellte Prognose,
dass erste Brennstoffzellensysteme für den Haushaltsbereich bereits 2001 erhältlich sein
werden, hat sich nach Hocker [59] nicht erfüllt. Nach den in der VDMA-Studie [58] erstellten
Szenarien steht die Kommerzialisierung jedoch außer Frage. Offen bleibt dabei das Marktvo-
lumen und ob die Brennstoffzellentechnologie für Antriebskonzepte eingesetzt werden kann
oder auf Strom- und Wärmeerzeugung beschränkt bleiben wird.
5 Bewertung der Porenbrennertechnologie und Ableitung eines Handlungsprogramms
72
5.6.3 Szenario Kraft-Wärme-Kopplung
Die derzeitige Strom- und Wärmeversorgung ist geprägt durch eine zentrale Erzeugung der
elektrischen Energie in Großkraftwerken und einer dezentralen Wärmeerzeugung für Warm-
wasseraufbereitung, Gebäudeheizung oder Prozesswärme. Die bei der Stromproduktion
entstehende Abwärme kann aufgrund der Limitierungen bei der Wärmeverteilung nur zu ei-
nem geringen Anteil als Fern- oder Prozesswärme eingesetzt werden. Die Grundidee bei der
Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) besteht in der Kopplung von Strom- und Wärmeerzeugung, so
dass die bei der Stromproduktion entstehende Wärme genutzt werden kann. Aus diesem
Grund unterscheidet man bei der Kraft-Wärme-Kopplung den elektrischen Wirkungsgrad ηel,
den thermischen Wirkungsgrad ηth und den Gesamtwirkungsgrad ηges.
Für die Kraft-Wärme-Kopplung stehen verschiedene technologische Möglichkeiten zur Ver-
fügung, wobei die Porenbrennertechnologie bei mehreren Alternativen als Wärmeerzeuger
eingesetzt werden kann. Die Bewertung dieser Anwendungen hat dadurch auf drei Ebenen
stattzufinden: die Kraft-Wärme-Kopplung ist einer zentralen Stromproduktion gegenüberzu-
stellen, die Alternativen zur Kraft-Wärme-Kopplung sind zu vergleichen und die Vorteilhaftig-
keit eines Porenbrennereinsatzes im Kraft-Wärme-Kopplungs-Bereich ist zu untersuchen. Da
mehrere Porenbrenneranwendungen betroffen sind, wird in diesem Kapitel ein kurzer Über-
blick über die ersten beiden Ebenen gegeben, der später als Basis für die Einzelbewertungen
bereit steht.
Zur Berechnung der Wirtschaftlichkeit der Kraft-Wärme-Kopplung existiert eine unüber-
schaubare Vielzahl von Studien, deren Ergebnisse eine hohe Streubreite besitzen. Durch die
bei einer Monetarisierung notwendigen Energiepreise, Fördermittel und Steuervergünstigun-
gen enthält das Ergebnis politisch abhängige Komponenten. Es ist mitunter auch zu beo-
bachten, dass moderne KWK-Anlagen mit seit Jahrzehnten in Betrieb befindlichen Kohle-
kraftwerken verglichen werden. Die durch die zeitliche Verzerrung resultierende günstige
Ökobilanz für die Kraft-Wärme-Kopplung ist ebenfalls wenig aussagekräftig. Aus diesem
Grund soll an dieser Stelle eine sehr einfache objektive Betrachtung aus rein energetischer
Sicht für den Energieträger Erdgas durchgeführt werden, bei dem die Kraft-Wärme-Kopplung
einer modernen zentralen Stromproduktion mit einer dezentralen Wärmeproduktion gegen-
übergestellt wird.
Dabei werden folgende Annahmen getroffen:
5 Bewertung der Porenbrennertechnologie und Ableitung eines Handlungsprogramms
73
elektrischer Wirkungsgrad GuD-Kraftwerk (inkl. Leitungsverluste): 55%
elektrischer Wirkungsgrad KWK-Hausenergiesystem: 20-50%
Gesamtwirkungsgrad KWK-Hausenergiesystem: 95%
Wirkungsgrad Brennwertgerät 95%
Tabelle 7: Annahmen für Modellrechnung
Weiterhin wird angenommen, dass die Abwärme des GuD-Kraftwerkes nicht genutzt wird. In
der Rechnung wird zum einen der elektrische Wirkungsgrad variiert, andererseits wird der bei
der KWK erzeugte Wärmeanteil, der tatsächlich genutzt werden kann, verändert. So wird
beispielsweise in den Sommermonaten in vielen Haushalten viel Strom für Klimaanlagen,
aber nur wenig Wärme benötigt. Bei Einsatz von Solarmodulen ist teilweise für einen länge-
ren Zeitraum keine Zusatzwärme mehr notwendig. Wird die erzeugte Wärme bei der KWK
nicht genutzt, ergibt sich ein Nachteil gegenüber einer zentralen Stromproduktion, da diese
durch den höheren Wirkungsgrad des GuD-Kraftwerks effizienter ist. In Abbildung 29 sind die
Verhältnisse zwischen dem Energieeinsatz der beiden dargestellten Alternativen über dem
Anteil bei der KWK genutzten Wärme für verschiede elektrische Wirkungsgrade der KWK
aufgetragen.
0,0
0,5
1,0
1,5
2,0
2,5
3,0
0 20 40 60 80 100
Verbrauch der bei der KWK anfallenden Wärme [% ]
Ver
hält
nis
Ene
rgie
eins
atz
KW
K/(
GuD
+The
rme)
[k
Wh/
kWh]
el. Wirkungsgrad: 20%
el. Wirkungsgrad: 30%
el. Wirkungsgrad: 40%
el. Wirkungsgrad: 50%
Abbildung 29: Energetischer Vergleich zwischen zentraler und dezentraler Strom-produktion
5 Bewertung der Porenbrennertechnologie und Ableitung eines Handlungsprogramms
74
Aus dem Diagramm ist zu entnehmen, dass abhängig vom elektrischen Wirkungsgrad, ein
entsprechender Anteil der bei der KWK entstehenden Wärme genutzt werden muss, um e-
nergetische Vorteile gegenüber der zentralen Energieerzeugung zu erzielen. Trotz günstiger
Annahmen für die Kraft-Wärme-Kopplung (Gesamtwirkungsgrad 95%, keine Nutzung der
Abwärme bei zentraler Stromproduktion) ist aus energetischer Sicht ein KWK-
Hausenergiesystem mit den derzeit realistischen Wirkungsgraden von 20-30% nur bei nahe-
zu vollständiger Nutzung der anfallenden Wärme sinnvoll.
Eine Möglichkeit, den Gesamtwirkungsgrad zu steigern ist die Ausnutzung von Synergieef-
fekten, die sich bei einem virtuellen Verbund mehrerer KWK-Anlagen ergeben. Dadurch kann
die Stromerzeugung gezielt auf die Systeme übertragen werden, die einen Wärmebedarf
aufweisen. Die für eine Steuerung notwendige Infrastruktur ist mit dem Internet bereits vor-
handen. Durch Energie-Contracting wird die Tendenz zur Bündelung von KWK-Anlagen ge-
fördert. Dabei tätigt ein spezialisiertes Unternehmen ("Contractor") Energie-Investitionen in
einem Unternehmen, einer Gemeinde oder einem privaten Haushalt ("Contractingnehmer").
Für kleine Leistungsbereiche, deren untere Grenze Ein- und Mehrfamilienhäuser darstellen,
sind derzeit zwei technische Alternativen kommerziell verfügbar. Dominierend sind motorge-
triebene Aggregate, von denen bereits mehrere Tausend Einheiten in Deutschland im Betrieb
sind. Seit einigen Jahren sind konstruktiv aufwendigere Stirling-Aggregate am Markt erhält-
lich, die sich gegenüber Verbrennungsmotoren durch eine höhere Brennstoffflexibilität, ge-
ringere Emissionen und längere Wartungsintervalle auszeichnen. Nach Angaben des Markt-
führers SOLO sind derzeit ca. 40 Stirling-Anlagen im Betrieb [60], [61]. Im größeren Leis-
tungsbereich über 1 MW sind Gasturbinen und GuD-Anlagen, bei denen Gas- und Dampftur-
bine kombiniert werden, im Einsatz. In jüngster Vergangenheit wurde nach Wolkerstorfer [62]
die Gasturbinentechnologie auch für kleinere Leistungen bis ca. 30 kWel weiterentwickelt. Die
Systeme werden als Mikro-Gasturbinen bezeichnet. Neben den bereits kommerzialisierten
Technologien befinden sich weitere KWK-Technologien in der Entwicklung. An erster Stelle
ist hier die Brennstoffzelle zu nennen, die als Hausenergiesystem und als BHKW eingesetzt
werden soll. Daneben befindet sich ein Dampfmotor im Leistungsbereich von ca. 5 kWel in
Entwicklung [63]. Schließlich ist noch die Thermophotovoltaik (TPV) zu nennen, die über
Photozellen die bei der Verbrennung frei werdende Strahlung in elektrische Energie umwan-
delt. Ein über eine Notstromversorgung von Heizgeräten hinausgehender Einsatz der TPV ist
jedoch in absehbarer Zeit nicht zu erwarten. Die TPV wird deshalb nicht weiter berücksich-
tigt.
5 Bewertung der Porenbrennertechnologie und Ableitung eines Handlungsprogramms
75
Brennstoffzellen haben bei Betrieb mit Wasserstoff ein hohes elektrisches Wirkungsgradpo-
tenzial bei Voll- und insbesondere bei Teillast, können modular aufgebaut werden, benötigen
keine bewegten Teile und arbeiten nahezu ohne Lärm- und Schadstoffemissionen. Aufgrund
dieser Vorteile bieten Brennstoffzellen langfristig ein hohes Potenzial bei der Kraft-Wärme-
Kopplung. Bei Eintreten des in Kap. 5.6.2 vorgestellten Wasserstoffszenarios werden nach
der VDMA-Studie [58] im stationären Bereich die Brennstoffzellen viele andere Energiewand-
lungs-Technologien zurückdrängen. Stehen nur fossile Energieträger zur Verfügung, bedingt
der zusätzlich notwendige Reformierungsschritt einen niedrigeren Wirkungsgrad. Die von
den Herstellern angestrebten elektrischen Wirkungsgrade zwischen 30 und 40% [64], [65]
unter Beibehaltung der oben genannten Vorteile führen noch immer zu einer gegenüber den
motorischen Systemen hohen Attraktivität.
Auf der anderen Seite ist der Fall zu betrachten, wenn die technischen und wirtschaftlichen
Ziele der Brennstoffzellen nicht in absehbarer Zeit realisiert werden können. In diesem Sze-
nario werden Gasturbinen ihre marktbeherrschende Stellung weiter ausbauen. Da nach
Heinzel [66] für Hausenenergiesysteme elektrische Leistungen zwischen 1 und 5 kW ange-
strebt werden, was deutlich unter den Minimalleistungen der Mikrogasturbinen liegt, konkur-
rieren in diesem Segment Verbrennungs-, Stirling- und Dampfmotor. Die 3 Alternativen sind
in Tabelle 8 gegenübergestellt.
Gasmotor Stirlingmotor Dampfmotor el. max. Wir-kungsgrad
ca. 30% [67] ca. 24-31% [68], [69] >20% [63]
Emissionen - o + Reifegrad Marktphase Markteinführung Entwicklung Baugröße + o + Wartung o + + Invest ca. 2000 €/kW [67] >2000 €/kW [70] n.b.
Tabelle 8: Gegenüberstellung mehrerer Alternativen zur Kraft-Wärme-Kopplung für Hausenergiesysteme
Eine vom EnBW durchgeführte Studie zeigt, dass der Stirlingmotor derzeit aus ökonomischer
Hinsicht geringe Nachteile gegenüber dem Gasmotor aufweist [71]. Nach dem Erfahrungs-
kurvenkonzept und der Leistungskurve von Technologien beinhaltet der gerade auf dem
Markt eingeführte Stirlingmotor jedoch noch hohes Optimierungspotenzial. Weiterhin ist zu
erwarten, dass die geringen Schadstoffemissionen durch verschärfte Abgasgrenzwerte zu-
künftig eine höhere Bedeutung erlangen. Unter diesen Voraussetzungen und bei Eintreffen
des Negativ-Szenarios für Brennstoffzellen ist eine Renaissance des Stirling-Motors, der
bereits im 19. Jahrhundert weit verbreitet war, in größeren Stückzahlen vorstellbar. Der noch
5 Bewertung der Porenbrennertechnologie und Ableitung eines Handlungsprogramms
76
in der Entwicklung befindliche Dampfmotor erreicht einen dem Stirling-Motor vergleichbaren
elektrischen Wirkungsgrad bei noch geringeren Schadstoffemissionen und reduziertem
Platzbedarf. Bei Realisierung dieser Entwicklungsziele zu einem dem Stirling-Motor ver-
gleichbaren Preis erscheint der Dampfmotor dem Stirling-Motor überlegen. In Abbildung 30
sind die Auswirkungen in Abhängigkeit der Entwicklung der Brennstoffzellentechnik und des
Dampfmotors zusammengestellt. Abhängig vom eintretenden Szenario besitzen Gasturbine,
Stirling- und Dampfmotor das Potenzial, ihre Bedeutung zukünftig deutlich zu steigern.
Abbildung 30: Szenarien zur Entwicklung der KWK-Technologien
Basierend auf diesen Szenarien wird eine Abschätzung der jeweiligen Marktpotenziale
durchgeführt. Die technisch ausgereiften Gasturbinen profitieren von einem Trend zur Kraft-
Wärme-Kopplung und können durch die Mikrogasturbinen in kleineren Blockheizkraftwerken
eingesetzt werden. Durch die Brennstoffzellen ist eine teilweise Verdrängung zu erwarten.
Überlegungen von Steinborn [67] zur Kopplung von Gasturbine und Brennstoffzelle deuten
jedoch darauf hin, dass die beiden Alternativen am Markt koexistieren können. Da der Gas-
turbinenmarkt bereits eine beachtliche Größe erreicht hat, wird das Marktpotenzial für die
Porenbrenneranwendung auf das derzeitige Marktvolumen bezogen und das Marktrisiko mit
mittel eingestuft.
Bei allgemeinen Abschätzungen des Marktpotenzials für Kraft-Wärme-Kopplung, die nicht
das jährliche, sondern das gesamte Marktpotenzial in Deutschland betrachten, reichen die
Prognosen von insgesamt 50.000 bis 1.700.000 Anlagen [72]. Bei angenommenen 10 Jahren
Laufzeit ergibt sich ein jährlicher Bedarf zwischen etwa 5000 und 170.000 Einheiten. Speziell
für die Brennstoffzellen-Haushaltsenergiesysteme existieren weitere Abschätzungen, die
nach Krabbe [73] zwischen jährlich 80.000 und 280.000 Einheiten liegen. Durch diese Zahlen
Gasturbine
à
Gasturbine à
Verbrennungsmotor
à
Verbrennungsmotor
à
Stirlingmotor
à
Stirlingmotor à
Dampfmotor - Dampfmotor à
Gasturbine
à
Gasturbine à
Verbrennungsmotor
à
Verbrennungsmotor à
Stirlingmotor
à
Stirlingmotor àDampfmotor - Dampfmotor -
bald erfolgreich vorerst nich erfolgreich
Entwicklung Brennstoffzellen-BHKW
En
twic
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r-B
HK
W
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lgre
ich
nic
ht e
rfo
lgr.
5 Bewertung der Porenbrennertechnologie und Ableitung eines Handlungsprogramms
77
ergibt sich ein Widerspruch, da Hausenergiesysteme auf Brennstoffzellenbasis als Teilmen-
ge der KWK-Anlagen höhere Stückzahlen aufweisen. Diese Diskrepanzen weisen auf die
enormen Unsicherheiten des KWK-Marktes hin.
Aufgrund der potenziellen Vorteile der Brennstoffzellensysteme wird im weiteren Verlauf der
Arbeit mit jährlich 200.000 Brennstoffzellensystemen gerechnet. Für Dampf- und Stirlingmo-
toren werden jährlich 100.000 Einheiten angenommen. Die Werte sind in Tabelle 9 zusam-
mengestellt.
Technologie Potenzial in Deutschland Marktrisiko
Gasturbine const. Niedrig-Mittel
Brennstoffzelle 200.000 / Jahr hoch
Stirling-Motor 100.000 / Jahr Sehr hoch
Dampfmotor 100.000 / Jahr Sehr hoch
Tabelle 9: Marktpotenzial und Marktrisiko der KWK-Produkte
5.7 Bewertung der Porenbrenneranwendungen
Um den Aufwand bei der Bewertung zu reduzieren, wird, wie bereits in Kap. 4.2.1 beschrie-
ben, dem eigentlichen Bewertungsprozess eine Vorselektion mit qualitativen Methoden vor-
gezogen.
5.7.1 Ausschluss von Ideen mit geringem Potenzial durch Vorselektion
Aufgrund der technischen Realisierbarkeit können vier Anwendungen ausgeschlossen wer-
den. Bei Standheizung für Wohnmobil, Grill und Campingbrenner ist ein Betrieb ohne Strom
erwünscht. Die Brenner sind deshalb atmosphärisch zu betreiben. Dabei erzeugt ein Frei-
strahl des Brennstoffs eine Sogwirkung, wodurch die Verbrennungsluft angesaugt werden
kann. Burmeister, Janssen et al. [74] zeigten, dass dieses Prinzip beim Porenbrenner auf-
grund starker Luftzahlschwankungen zwischen Start- und Normalbetrieb ungeeignet ist. Bei
dem Brenner zur Waffenentsorgung ist mit einer Zerstörung der porösen Materialien durch
die Druckwellen zu rechnen. Aus Marktsicht können zwei Anwendungen ausgeschlossen
werden. Zum einen ist der Wärmeerzeuger im Dampfmotor zu Antriebszwecken zu nennen,
da die Entwicklungsarbeiten hierfür eingestellt wurden und damit kein Verwendersystem für
die Porenbrennertechnologie besteht. Für den Heißlufterzeuger ist kein spezieller Markt er-
kennbar. Die bestehenden, zum Schmieden eingesetzten Geräte (Abbildung 31), können
dem Ofenmarkt zugeordnet werden.
5 Bewertung der Porenbrennertechnologie und Ableitung eines Handlungsprogramms
78
Abbildung 31: Heißlufterzeuger zum Schmieden
Der Einsatz der Porenbrennertechnologie für Russfilterreinigung, Müllverbrennung, als
Zündbrenner und Designerleuchte existieren bisher nur als Schlagworte ohne konkreten
Anwendungsfall. Für eine Weiterentwicklung der Ideen ist zusätzlicher kreativer Input not-
wendig. Die Konzepterstellung für diese Ideen stellt damit den ersten Teil des Handlungspro-
gramms dar. In Tabelle 10 sind die in der Vorselektion aussortierten Ideen zusammenge-
stellt.
Realisierbarkeit Markt Fehlendes Konzept Müllverbrennung ! Rußfilterreinigung ! Brenner f. Waffenentsor-gung
!
Wärmeerzeuger im Dampfmotor zum Antrieb
!
Heißlufterzeuger ! Standheizung für Wohn-mobil
!
Grill ! Campingbrenner ! Zündbrenner ! Designerleuchte !
Tabelle 10: Vorselektion der Ideen
5.7.2 Bewertung der Anwendungen
Im Folgenden werden die nach der Vorselektion verbliebenen Anwendungen betrachtet. Da-
bei wird zuerst auf den jeweiligen Markt und das dazugehörige Marktrisiko eingegangen.
Anschließend wird die Technologieattraktivität auf Basis der Ergebnisse der Nutzwertanalyse
diskutiert. Die hierfür relevanten Informationen aus Literatur und Expertengesprächen sind
tabellarisch im Anhang dokumentiert. Anschließend wird der F&E-Aufwand abgeschätzt, der
notwendig ist, um ausgehend vom derzeitigen auf den Stand des Referenzsystems zu ge-
langen und welches Risiko die noch notwendigen Entwicklungsschritte beinhalten. Am Ende
werden die Daten in einer Übersicht zusammengefasst und die Ergebnisse kurz interpretiert.
5 Bewertung der Porenbrennertechnologie und Ableitung eines Handlungsprogramms
79
5.7.2.1 Industriestrahler
Industriestrahler werden in vielen Industriezweigen zu Heiz- und Anwärmzwecken bis hin zu
Trocknungsprozessen eingesetzt. Seit über 50 Jahren werden hierfür Gas-Infrarotstrahler
eingesetzt. Hierbei kommen meist keramische Oberflächenstrahlungsbrenner zum Einsatz.
Daneben sind katalytisch beschichtete Brenner und Metallfaserstrahler am Markt erhältlich.
Es ist zu erwarten, dass der aus SiC-Keramik bestehende Schott Ceramat-Brenner zukünftig
ebenfalls in diesem Bereich eingesetzt wird [75]. Die Gasstrahler konkurrieren mit zwei Arten
von elektrisch betriebenen Strahlern. Neben den konventionellen elektrischen IR-Strahlern,
die Strahlung im Bereich von einigen µm emittieren, sind seit einigen Jahren sog. NIR-
Strahler erhältlich, die Strahlung im nahen Infrarotgebiet aussenden. Die seit Jahrzehnten
bestehende Koexistenz von elektrischen und fossil befeuerten Strahlern wird sich voraus-
sichtlich auch in der Zukunft fortsetzen. Aus diesem Grund werden nur die Gas-
Infrarotstrahler betrachtet. In Deutschland werden zurzeit etwa 50.000 Industriestrahler mit
jeweils ca. 6,5 kW zur Trocknung insbesondere in der Papierindustrie eingesetzt. Bei einer
zweijährigen Laufzeit ergibt sich ein Potenzial von 25.000 Strahlern, was einer Leistung von
ca. 160 MW entspricht. Das Marktrisiko in der Papierindustrie ist sehr niedrig, in anderen
Branchen, beispielsweise in der Stahlindustrie besteht noch Wachstumspotenzial durch die
Verdrängung von Umlufttrocknungsanlagen [75].
Die herausragende Eigenschaft des Porenbrenners ist die hohe Strahlungsenergiedichte
durch die höhere Trocknungsgeschwindigkeiten und auch höhere Prozessgeschwindigkeiten
erzielt werden können. Dieser Vorteil bleibt auch gegenüber dem neu entwickelten Ceramat-
Brenner bestehen, der in einem zweiten Szenario in die Bewertung mit einbezogen wird.
Modulierbarkeit und Emissionen spielen bei Industriestrahlern nur eine untergeordnete Rolle.
Neben den technischen Vorteilen ist eine relativ problemlose Integration des Porenbrenners
in bestehende Anlagen möglich. Die Nutzungskosten ergeben sich zum größten Teil aus
dem Gasverbrauch. Hierbei bestehen keine signifikanten Unterschiede zwischen den be-
trachteten Alternativen. Darüber hinaus ist der Porenbrenner bereits bei den derzeitigen Ke-
ramikkosten ökonomisch konkurrenzfähig, da durch die hohe Flächenleistung ein Poren-
brennermodul drei bis vier Oberflächenstrahlermodule ersetzt. In Tabelle 37 bis Tabelle 39
sind die Details zur Technologieattraktivität aufgeführt.
Die Entwicklung des Industriestrahlers auf Porenbrennerbasis ist bereits sehr weit fortge-
schritten. In einem Feldtest kamen bereits über einhundert Porenbrenner zum Einsatz und
erreichten eine Standzeit von ca. 5000 Stunden [76]. Der Entwicklungsbedarf reduziert sich
damit im Wesentlichen auf eine Werkstoffoptimierung und wird mit sehr niedrig eingestuft.
5 Bewertung der Porenbrennertechnologie und Ableitung eines Handlungsprogramms
80
Das noch bestehende Entwicklungsrisiko ist dabei sehr niedrig. In Tabelle 11 sind die ge-
samten Bewertungsergebnisse zusammengestellt.
Industriestrahler
Marktpotenzial Lebenszyklusphase
Verwendersystem
Benötigter F&E-
Aufwand
Risiko Technologieattraktivität
>160 MW Marktdurchdringung sehr niedrig M: sehr niedrig
T: sehr niedrig
115
Tabelle 11: Ergebnistabelle Industriestrahler
Der Industriestrahler ist die am weitesten fortgeschrittene Porenbrenneranwendung, die zu-
dem eine hohe Technologieattraktivität und geringes Risiko aufweist. Ein technologischer
Vorsprung bleibt auch bei einer absehbaren Weiterentwicklung der Oberflächenstrahlungs-
brenner erhalten. Eine Kommerzialisierung durch die Fa. Gogas Goch GmbH & Co. erfolgt
sobald die geforderten Standzeiten der Keramiken gewährleistet werden können.
5.7.2.2 Großkessel für Dampf- und Heißwassererzeuger
Fossil befeuerte Kessel existieren in einer sehr großen Leistungsbandbreite und werden für
die Beheizung, zur Erzeugung von Prozessdampf sowie im Kraftwerksbereich eingesetzt.
Direkt befeuerte Dampferzeuger kommen jedoch in Großkraftwerken hauptsächlich bei dem
Energieträger Kohle zur Anwendung. Zu der Stromerzeugung tragen die Energieträger Erd-
gas und Öl in Deutschland mit 10% bzw. 4% Anteil zu der Gesamtproduktion bei [77]. Für die
Stromerzeugung aus Erdgas haben sich nach Bockhorst [78] Gasturbinen, bzw. die Kombi-
nation von Gas- und Dampfturbinen in sog. GuD-Anlagen durchgesetzt. Deshalb werden an
dieser Stelle Kessel, die vorwiegend zur Bereitstellung von Prozessdampf und Heißwasser
dienen, betrachtet. Der Betrieb von Dampfkesseln ist prinzipiell aufwendiger gegenüber
Heißwasserkesseln, da nach erfolgter Verdampfung der Wärmeübergang erniedrigt wird und
die Gefahr einer Überhitzung des Wärmetauschers besteht. Die am Markt angebotenen Kes-
sel reichen von kleinen Geräten mit Leistungen unter 100 kW beispielsweise für Sterilisati-
onsaufgaben bis hin zu Anlagen mit über 10 MW für Industrieprozesse. Zur Beheizung wer-
den fast ausschließlich öl- oder gasbetriebene Diffusionsbrenner verwendet, die von außen
an den Kessel befestigt werden und deren Flammrohr in den Brennraum des Kessels ragt. In
Deutschland werden jährlich zwischen 500 und 1000 sog. Mittel- und Großkessel verkauft
[79]. Die Leistungen liegen meist im Bereich zwischen 2 und 5 MW. Das Marktpotenzial wird
deshalb mit 3 GW bei sehr niedrigem Marktrisiko abgeschätzt.
5 Bewertung der Porenbrennertechnologie und Ableitung eines Handlungsprogramms
81
Der Porenbrenner benötigt durch die kompakte Bauweise weniger Brennraum und bietet
zudem die Möglichkeit, neben der Konvektion auch Strahlung und Wärmeleitung für den
Wärmetransport zu der Wärmetauscherfläche zu nutzen. Damit besteht Potenzial zu einer
Verkleinerung des Systems, das mit Kosteneinsparungen verbunden ist. Das Schema eines
kommerziellen Dampferzeugers ist in Abbildung 32 dargestellt. Die Brennkammer benötigt je
nach Ausführung in der Größenordung von 10-20% des Systemvolumens, so dass dadurch
ein Potenzial zur Verkleinerung in dieser Größenordnung besteht.
Abbildung 32: Prozessdampferzeuger Viessmann Vitomax 200 [80]
Bei der stark vereinfachten Annahme eines linearen Zusammenhangs zwischen Kesselgröße
und den Kessel-Investkosten ergeben sich bei einem ca. 15.000 Euro teuren 1 MW-Kessel
bis zu 3.000 Euro Kostenvorteile. Um den Vorteil trotz der zusätzlich notwendigen Keramiken
beizubehalten, können günstige keramische Kugelschüttungen anstelle der bei den kleineren
Brennern verwendeten keramischen Komponenten zum Einsatz kommen. Die Realisierung
der Platz- und Kostenpotenziale setzt außerdem voraus, dass das Gesamtsystem auf den
Porenbrenner durch eine kleine Brennkammer angepasst wird. Eine Nachrüstung von beste-
henden Dampfkesseln mit Porenbrennern ist somit wenig aussichtsreich. Bei der Ermittlung
der Technologieattraktivität wird ein bereits angepasster Kessel vorausgesetzt. Die für den
Kesselbetrieb benötigte Leistungsmodulation und die Einhaltung der aktuellen Grenzwerte
für Schadstoffemissionen werden durch die bestehende Brennertechnik bereits erfüllt [81].
Der Wirkungsgrad moderner Kesselanlagen liegt bereits bei ca. 95% und hängt hauptsäch-
lich von dem Wärmetauscher und den Wärmeverlusten des Systems ab. Die mittlerweile
erhältlichen Anlagen mit Brennwertnutzung ermöglichen eine Wirkungsgradsteigerung bis ca.
105% [82]. Durch eine mit weniger Wärmeverlusten einhergehende, kompaktere Bauweise
ist eine geringfügige Steigerung des Wirkungsgrades realisierbar. Insgesamt bestehen leich-
5 Bewertung der Porenbrennertechnologie und Ableitung eines Handlungsprogramms
82
te Vorteile für den Porenbrenner. Die Details sind in Tabelle 40 und Tabelle 41 zusammen-
gestellt.
Für ein porenbrennerbasiertes Kesselsystem besteht noch ein erkennbarer F&E-Bedarf.
Brennerseitig sind die bisher im Bereich von einigen hundert Kilowatt vorhandenen Erfahrun-
gen auf den Megawattbereich zu erweitern. Wie bereits erwähnt, ist eine Anpassung des
Kessels auf die neue Brennertechnologie durchzuführen um einerseits die Größenvorteile zu
realisieren und andererseits bei Dampfkesseln lokale Überhitzungen an den Rohrwandungen
durch den erhöhten Wärmetransport zu vermeiden. Dabei sollte die bei den konventionellen
Brennern gegebene einfache Möglichkeit zur Wartung nicht verloren gehen. Bei den bisher
durchgeführten Kurzzeitversuchen mit keramischen Schüttungen im Porenbrenner konnten
bei Erdgas keine Alterungserscheinungen beobachtet werden. Ob eine dauerhafte Stabilität
gewährleistet werden kann, ist durch Langzeitversuche zu ermitteln. Der hierfür notwendige
Aufwand wird mit mittel, das technische Risiko mit niedrig eingestuft. Die Ergebnisse sind in
Tabelle 12 zusammengestellt.
Dampf- und Heißwasserkessel
Marktpotenzial Lebenszyklusphase
Verwendersystem
Benötigter
F&E-Aufwand
Risiko Technologieattraktivität
3 GW Marktsättigung mittel M: sehr niedrig
T: niedrig
105
Tabelle 12: Ergebnistabelle Dampf- und Heißwasserkessel
Da der Platzbedarf bei Kesseln ein untergeordnetes Kriterium darstellt und die Schadstoff-
grenzwerte mit der bestehenden Technik eingehalten werden können, resultiert nur ein ge-
ringer Vorsprung hinsichtlich der Technologieattraktivität für den Porenbrenner bei dieser
Anwendung. Durch verschärfte Emissionsanforderungen ist eine Steigerung in der Zukunft
nicht ausgeschlossen. Bei der Markteinführung wirkt sich die Inkompatibilität eines konventi-
onellen mit einem für den Porenbrenner modifizierten Kessel negativ aus, da neue Kessel-
Baureihen für den Porenbrenner notwendig sind. Bis eine geeignete marktreife Verdampfer-
stufe für Öl erhältlich ist, kann ein modifizierter Porenbrenner-Kessel zudem nur mit Gas
betrieben werden. Aufgrund dieser Aspekte ist das Potenzial in diesem Bereich für die Po-
renbrennertechnologie eher langfristig zu verstehen.
5 Bewertung der Porenbrennertechnologie und Ableitung eines Handlungsprogramms
83
5.7.2.3 Industrieöfen
Fast 40% des industriellen Energieverbrauches in Höhe von ca. 80 EJ werden in Industrie-
öfen benötigt [83], [84]. Die Bezeichnung Industrieofen nach Brunklaus [85] umfasst dabei als
Sammelbegriff alle in industriellen oder gewerblichen Betrieben verwendeten Einrichtungen,
deren wesentliches Merkmal es ist, dass in einem von Wandungen umschlossenen Raum
Massen so lange und nachhaltig einer Energiezufuhr in Form von Wärme ausgesetzt wer-
den, bis bestimmte Vorgänge im Arbeitsgut oder an dessen Oberfläche abgelaufen sind. Bei
einer durchschnittlichen Betriebsdauer von 6000 h/Jahr ergibt sich eine Gesamtleistung für
Öfen von ca. 1500 GW. Bei einer 15-jährigen Lebensdauer resultiert ein jährlicher Bedarf in
der Größenordnung von ca. 100 GW für Ofenheizungen.
Eine Klassifikation der Industrieöfen ist nach den Kriterien Ofenart, Gutlagerung, Beheizung,
Hüllmittel, thermisches Verfahren und Produktionsbereich möglich. Durch die vielen techni-
schen Lösungsmöglichkeiten ergibt sich eine nahezu unüberschaubare Vielfalt von Kombina-
tionsmöglichkeiten, weshalb von Brunklaus [85] über 40 verschiedene Ofentypen genannt
werden. In erdgasbefeuerten Öfen kommen meist einfache Diffusionsbrenner zum Einsatz.
Durch die heiße Ofenatmosphäre kann ein nahezu vollständiger Ausbrand sichergestellt
werden und die Umstellung auf flüssige Brennstoffe ist leicht möglich. Eine Vorwärmung der
Verbrennungsluft mit der im Abgas enthaltenen Energie ist bei Diffusionsbrennern einfacher,
da im Gegensatz zu Vormischbrennern keine Rückschlaggefahr besteht. Daneben haben
elektrisch beheizte Öfen eine große Bedeutung. Der Markt für Industrieöfen unterscheidet
sich von den meisten anderen in dieser Arbeit betrachteten Verwendersystemen. Körting [86]
konstatiert bereits 1949, dass es kaum einen guten oder mangelhaften Brenner gibt, “son-
dern nur solche, die für eine bestimmte Aufgabe gut oder schlecht geeignet sind.“ Damit
hängt die Bewertung eines Industrieofenbrenners stark vom Produkt und der Verfahrens-
technik des Prozesses ab. Die in Öfen ablaufenden Prozesse sind vielfach noch nicht im
Detail nachvollziehbar, so dass Erfahrungswerte beim Bau und Betrieb eine große Bedeu-
tung haben. Bei vielen Betreibern besteht deshalb der Wunsch nach Kontinuität, was die
Verdrängung bestehender Technologien erschwert [87]. Die pauschale Bewertung des Ein-
satzes der Porenbrennertechnologie in einem Industrieofen ist somit nicht durchführbar.
Aus diesem Grund wird im Rahmen der Arbeit nur ein Sonderfall betrachtet, der aufzeigen
soll, dass grundsätzlich Potenzial für den Porenbrenner im Bereich der Industrieöfen besteht.
Die Bewertung erfolgt dabei direkt in der Zielerfüllungsmatrix in Tabelle 42. Dabei wird ein
Ofenprozess in einer neu zu erstellenden Ofenanlage zwischen 800 °C und 1500 °C betrach-
tet, bei dem ein Kontakt zwischen Abgas und Produkt erlaubt ist, ein Kontakt zwischen
5 Bewertung der Porenbrennertechnologie und Ableitung eines Handlungsprogramms
84
Flamme und Produkt jedoch vermieden werden soll. Darüber hinaus wird eine gleichmäßige
Temperatur im beheizten Gut erwünscht und ein hoher Wärmebedarf benötigt. Diese Anfor-
derungen bestehen beispielsweise bei der Herstellung hochwertiger Gläser. Wird eine akzep-
table Standzeit des Porenbrenners angenommen, überwiegen die Vorteile des Porenbren-
ners gegenüber konventionellen Oberflächenstrahlungsbrennern, Diffusionsbrennern und
elektrischer Beheizung. Diese Betrachtung stellt jedoch nur einen für den Porenbrenner
günstigen Sonderfall aus der Vielfalt der Industrieöfen dar. Das gesamte im Industrieofenbe-
reich vorhandene Marktpotenzial für die Porenbrennertechnologie ist damit nicht genau be-
kannt. Aufgrund der oben beschriebenen Größe des Gesamt-Ofenmarktes ist mit einem sig-
nifikanten Potenzial zu rechnen.
Die in Kap. 5.7.2.1 beschriebenen Porenbrenner-Infrarotstrahlermodule können in einer be-
reits vorhandenen, modifizierten Form zur Beheizung von Öfen eingesetzt werden. Durch
Rückstrahlung der heißen Ofenatmosphäre ist die poröse Keramik einer im Vergleich zur
offenen Betriebsweise höheren thermischen Belastung ausgesetzt, was zu einem zusätzli-
chen F&E-Bedarf in dieser Richtung führt. Darüber hinaus ist jeweils eine Abstimmung zwi-
schen Brennertechnik und dem jeweiligen Produkt durchzuführen. Der F&E-Bedarf und das
technische Risiko werden mit niedrig eingestuft.
Industrieöfen – Sonderfall
Marktpotenzial Lebenszyklusphase
Verwendersystem
Benötigter
F&E-Aufwand
Risiko Technologieattraktivität
n.b. Marktsättigung niedrig M: n.b.
T: niedrig
106
Tabelle 13: Ergebnistabelle Industrieöfen
Im Bereich der Industrieöfen sind neben der Glasverarbeitung weitere interessante Anwen-
dungsfelder für die Porenbrennertechnologie zu erwarten, die jedoch jeweils als Einzelfall
betrachtet werden müssen. Durch die lange Lebensdauer der bestehenden Technik, die kon-
servative Einstellung vieler Ofenbetreiber und einem aus vielen kleinen Betrieben bestehen-
der Industrieofenmarkt ist mit einer langsamen Ausbreitung der Porenbrennertechnologie im
Ofenbereich zu rechnen.
5.7.2.4 Gas-Haushaltsheizung
Die Haushaltsheizung dient zur Sicherstellung einer Mindest-Raumtemperatur und Bereitstel-
lung von Warmwasser. Die für diese Funktionen geeigneten technischen Lösungsmöglichkei-
5 Bewertung der Porenbrennertechnologie und Ableitung eines Handlungsprogramms
85
ten wurden bereits in Abbildung 22 dargestellt. Historisch betrachtet ist die Haushaltsheizung
als eine Weiterentwicklung des Lagerfeuers zu sehen, das bereits vor 750.000 Jahren den
Menschen Wärme spendete. Die vielen Entwicklungsstufen bis zu den heutzutage eingesetz-
ten Brennwertgeräten sind in Abbildung 33 aufgezeigt.
Abbildung 33: Entwicklungsstufen der häuslichen Heizung nach Faber und Sprenger [88], [89]
Lange Zeit wurde die Weiterentwicklung maßgeblich durch den Komfort getrieben. Durch
Einführung des Kamins konnte das Rauchproblem gelöst werden, die Umstellung auf eine
mit Gas oder Öl betriebene Zentralheizung verringerte drastisch den für die Beheizung not-
wendigen zeitlichen Aufwand. In den letzten 40 Jahren standen insbesondere Wirkungsgrad
und später die Schadstoffemissionen im Mittelpunkt der Entwicklungsarbeiten. Beide Werte
sind mittlerweile nahe dem theoretischen Optimum angelangt. Eine durch katalytischen Be-
trieb weitere Absenkung der Emissionen, die vor einigen Jahren durch erste kommerzielle
Geräte möglich war, wurde nicht durch strengere Abgasgrenzwerte unterstützt, so dass die
Geräte wieder vom Markt verschwanden. Durch Verringerung von Baugröße und Lärm wer-
den die Geräte mittlerweile häufig im Wohnbereich platziert. Für die zukünftige Entwicklung
sind bereits mehrere Tendenzen abzusehen. So wird der Verbrauch an elektrischer Hilfs-
energie zukünftig einen höheren Stellenwert erhalten, da dieses Kriterium bereits im Anforde-
rungskatalog des Umweltzeichens ’blauer Engel’ aufgenommen wurde [90]. Aufgrund der
Zeit
Lagerfeuer
Offenes Feuer im Haus
Rauchfang / Kamin
Steinofen
Eisenofen
Kohlefeuerung
Ölfeuerung
Warmw.-Zentralheizung (Umstell- u. Wechselbrandkessel)
Niedertemperaturkessel
Brennwertkessel
Öl-/Gas Spezialkessel
750.000 1800 v. 1000 n. 1200 1400 1700 1900 1960 1980 1990
5 Bewertung der Porenbrennertechnologie und Ableitung eines Handlungsprogramms
86
Liberalisierung der Energiemärkte und der verstärkten Verbrennung regenerativer Energie-
träger ist zunehmend mit Schwankungen der Gasqualität zu rechnen. Zusammen mit einem
durch die Globalisierung geforderten weltweit einsetzbaren Standardgerät wird dadurch der
Wunsch nach einem unabhängig von der Gasqualität betreibbaren Heizgerät geweckt. Eine
geregelte Therme von Vaillant mit CO-Sensor [91] und das über Ionisationsstrom arbeitende
SCOT-System der Fa. Kromschröder decken diese Anforderungen bereits ab. Die Reduzie-
rung der Lärmemissionen [89] sowie eine gesteigerte Servicefreundlichkeit sind weitere
Trends für die kommenden Jahre.
Aus der Esso-Energieprognose [92] geht hervor, dass der Energieträger Erdgas derzeit den
Heizungsbereich dominiert und seinen Vorsprung gegenüber Öl bis zum Jahr 2020 voraus-
sichtlich noch leicht ausbauen wird. Die Dominanz der Gasgeräte spiegelt sich auch bei den
Absatzzahlen für Deutschland wieder. Zwischen 1997 und 2003 ist der Gesamtabsatz nach
dem VDI [93] von 944.000 auf 715.000 Heizkessel um ca. 25% zurückgegangen. Davon sind
194.000 Ölgeräte und 521.000 Gasgeräte. Über 50% der Gasgeräte sind mittlerweile wand-
hängende Brennwertthermen. Bei einer durchschnittlichen Leistung von 25 kW erreichen die
Gasheizkessel eine Gesamtleistung von 13 GW. Die Porenbrennertechnologie konkurriert im
Haushaltsbereich überwiegend mit verschiedenen Ausführungen der von den Marktführern
eingesetzten Oberflächenstrahlungsbrennern. Durch sinkenden Gebäude-Energiebedarf,
begrenzte Zuwachsraten im Wohnungsbestand und dem in Kap. 5.6.3 beschriebenen poli-
tisch geförderten Trend zur Kraft-Wärme-Kopplung ist langfristig mit einer weiter rückläufigen
Tendenz zu rechnen [92], [94]. Die Veränderungen beziehen sich jedoch auf einen längeren
Zeitraum, so dass nach den in Abbildung 33 beschriebenen Entwicklungszyklen ausreichend
Zeit für weitere Entwicklungsstufen der Haushaltsheizung bleibt. Das Marktrisiko wird des-
halb mit niedrig eingestuft.
Im Gegensatz zu den meisten anderen Verwendersystemen ist die Haushaltsheizung ein
dem typischen Verbraucher bekanntes System. Aus diesem Grund kann ein Porenbrenner-
Referenzsystem im Rahmen einer Voruntersuchung an einem typischen Verbrauchertest
gemessen werden. Die dort verwendeten Kriterien sind in Tabelle 14 zusammengestellt.
Energie-ausnutzung
Umwelt-eigenschaften
Sicher-heit
Verar-beitung
Handhabung
Stiftung Warentest 11/2000 [95]
30% 20% 10% 15% 25%
Stiftung Warentest 8/2003 [96]
30% 20% - 15% 35%
Tabelle 14: Bewertungskriterien für Gas-Heizkessel
5 Bewertung der Porenbrennertechnologie und Ableitung eines Handlungsprogramms
87
Von den fünf Kriterien hängen nur die Umwelteigenschaften und die beim neueren Test be-
reits nicht mehr verwendete Sicherheit spürbar von dem verwendeten Brennersystem ab. Auf
die nach DIN 4702 Teil 8 festgelegte Bestimmung der Energieausnutzung durch den Norm-
nutzungsgrad hat das Brennersystem nur einen geringen Einfluss. Der Normnutzungsgrad
hängt mehr von Konstruktionsmerkmalen, Wärmeverlusten und der Nutzung der Brennwert-
technik ab. Lediglich durch die Möglichkeit einer Fahrweise mit niedrigen Luftzahlen und
geringeren Wärmeverlusten durch eine kompakte Bauweise können geringe Verbesserungen
am Normnutzungsgrad erzielt werden. Fast alle getesteten Brennwertgeräte erreichen in
dieser Kategorie bereits die Bestnote. Die Kriterien Verarbeitung und Handhabung zielen
ebenfalls auf konstruktionsbedingte Merkmale. Bei den Umwelteigenschaften werden insbe-
sondere die Schadstoffemissionen betrachtet. In der Heiztechnik gibt es neben den gesetzli-
chen Grenzwerten (BImschV) die strengeren Grenzwerte des Umweltgütezeichens ’Blauer
Engel’. Diese werden von den am Markt befindlichen Geräten deutlich unterschritten, so dass
viele bestehende Geräte eine sehr gute Bewertung hinsichtlich der Schadstoffemissionen
aufweisen. Im neueren Test wird darüber hinaus der Stromverbrauch bewertet. Durch den im
Vergleich zu Oberflächenstrahlungsbrennern höheren Druckverlust des Porenbrenners, der
durch eine höhere Gebläseleistung ausgeglichen werden muss, ergeben sich in der neuen
Disziplin Nachteile für den Porenbrenner. Der Platzbedarf geht nicht direkt in die Bewertung
ein, die Kosten werden separat aufgeführt. Auf Basis der aktuell in Verbrauchermagazinen
durchgeführten Testmethoden sind somit für den Porenbrenner keine signifikanten Vorteile
erkennbar.
Bei der Durchführung der Nutzwertanalyse wird die Gewichtung der Bewertungskriterien in
diesem Fall über eine Marktbefragung von 25 Heizungsbesitzern und 5 Heizungsbauern
(siehe Tabelle 44) durchgeführt. Über die gemittelte Gewichtung werden drei verschiedene
Szenarien betrachtet. Im ersten Szenario wird die Bewertung wie bei den oben vorgestellten
Verbrauchertests auf das Verwendersystem ’Heizkessel’ bezogen. Im zweiten Szenario wird
der Bilanzraum auf das gesamte Heizsystem mit einem Warmwasserspeicher ausgedehnt
und im dritten Szenario wird der von der Firma SCHOTT entwickelte Ceramat-
Oberflächenstrahlungsbrenner in der Betrachtung berücksichtigt. Dieser wird seit kurzer Zeit
in England von der Fa. Baxi in einer Therme eingesetzt. Bei der Bewertung in Szenario 1
bestehen Vorteile bei Größe und Modulierbarkeit für den Porenbrenner. Es wird davon aus-
gegangen, dass die durch die keramischen Bauteile und das leistungsfähigere Gebläse ver-
ursachten Mehrkosten eines Porenbrenner-Heizsystems durch Einsparungen aufgrund der
kompakten Bauweise und einer durch den hohen Modulationsbereich möglichen Standardi-
5 Bewertung der Porenbrennertechnologie und Ableitung eines Handlungsprogramms
88
sierung von Komponenten ausgeglichen werden. Weiterhin wird angenommen, dass der
durch den höheren Druckverlust hervorgerufene Mehrverbrauch an Strom durch geringere
Wärmeverluste kompensiert wird. Das erste Szenario ist in Tabelle 45 dargestellt und zeigt
analog zu den Verbrauchertests keine signifikanten Vorteile der Porenbrennertechnologie
auf. Das Bewertungsergebnis ist einerseits geprägt durch die derzeit bestehenden Rahmen-
bedingungen hinsichtlich der Berechnung von Normemissionen und andererseits durch den
Bilanzraum. Bei der Ermittlung der Normemissionen wird der obere Leistungsbereich nicht
berücksichtigt und die beim Brennerstart anfallenden Emissionen gehen ebenfalls nicht in die
Normemissionen ein. Beide Aspekte wirken sich nachteilig für den Porenbrenner aus.
Bei der bisherigen Betrachtung wird der Zusammenhang im Gesamtsystem zwischen Leis-
tungsmodulation des Brenners, Heizungskomfort und Kosten vernachlässigt. Durch einen
hochmodulierenden Brenner können Systemkosten eingespart werden, indem ein kleinerer
Warmwasserspeicher eingesetzt werden kann ohne Einbußen im Komfort hinnehmen zu
müssen. Durch geringere Wärmeverluste im Speicher sinken darüber hinaus Nutzungskos-
ten und der Platzbedarf wird durch den kleineren Speicher minimiert. Werden diese Vorteile
bei der Nutzwertanalyse berücksichtigt, ergibt sich im Szenario 2 (siehe Tabelle 46) ein er-
kennbarer Vorteil gegenüber den bereits am Markt erhältlichen Systemen mit Oberflächen-
Strahlungsbrennern. Im dritten Szenario werden die Weiterentwicklungen bei den Oberflä-
chen-Strahlungsbrennern durch den SCHOTT-Ceramat-Brenner berücksichtigt, der nach
Firmenangaben Flächenleistungen bis 4 MW/m² und einen Modulationsbereich von 1:35 bei
niedrigen Abgaswerten erreicht [97], [98]. Damit scheint er den Porenbrenner in diesen Kate-
gorien zu übertreffen. Um an dieser Stelle eine Fehlbewertung zu vermeiden, ist eine kurze
technische Detailbetrachtung notwendig. Die Angabe der Emissionen bei der Haushaltshei-
zung erfolgt über sog. Normemissionen. Diese werden durch mehrere Messungen in definier-
ten Teillastfällen des Heizsystems mit anschließender Mittelung bestimmt. Der Porenbrenner
zeichnet sich dabei durch nahezu konstante NOx-Emissionen über den gesamten Leistungs-
bereich aus, so dass der genutzte Leistungsmodulationsbereich beim Porenbrenner kaum
Einfluss auf die NOx-Normemissionen hat. Oberflächenstrahlungsbrenner weisen dagegen
mit der Brennerleistung steigende NOx-Emissionen auf, so dass eine Erweiterung der oberen
Leistungsgrenze zu einem Anstieg der NOx-Normemissionen führt. Durch den Anstieg der
Normemissionen werden bei einem bestimmten Modulationsbereich die vorgegebenen E-
missionsgrenzwerte erreicht und führen dadurch zu einer Limitierung des Betriebsbereichs.
Durch die Erhöhung der Luftzahl können aufgrund niedrigerer Verbrennungstemperaturen
die NOx-Normemissionen gesenkt werden, wobei durch diese Maßnahme der Wirkungsgrad
5 Bewertung der Porenbrennertechnologie und Ableitung eines Handlungsprogramms
89
durch höhere Abgasverluste und höheren Stromverbrauch sinkt. Somit besteht ein Zusam-
menhang zwischen NOx-Normemissionen, Wirkungsgrad und Modulationsbereich. Die Be-
stimmungen verlangen zudem, dass die Geräte auch bei Schwankungen der Gasqualität in
definierten Grenzen die Emissionsgrenzwerte einhalten. Erste Messungen zeigen, dass der
Porenbrenner bei gleichen Emissionen und gleichem Modulationsbereich mit niedrigeren
Luftzahlen betrieben werden und dadurch Wirkungsgradvorteile erzielen kann. Unter Beibe-
haltung der Annahmen gleicher Investitionskosten und Standzeiten ergeben sich in Tabelle
47 bei Szenario 3 leichte Vorteile für den Porenbrenner.
Die Realisierbarkeit einer Porenbrennertherme konnte bereits mehrfach an Funktionsmustern
aufgezeigt werden. Weiterentwicklungsbedarf für den Porenbrenner besteht bei der Lang-
zeitstabilität bzw. Kosten der keramischen Materialien, der Flammenüberwachung sowie den
noch nicht für den hohen Leistungsmodulationsbereich erhältlichen Peripheriekomponenten.
Eine Optimierung des Druckverlustes ist ebenfalls wünschenswert. Der dafür notwendige
Aufwand wird mit niedrig-mittel, das dabei vorhandene technische Risiko aufgrund der Kera-
miken mit mittel eingestuft. Die Ergebnisse sind in Tabelle 15 zusammengefasst.
Gas-Haushaltsheizung
Marktpo-
tenzial
Lebenszyklusphase
Verwendersystem
Benötigter F&E-
Aufwand
Risiko Technologie-
attraktivität
Szenario 1:
Bilanzraum
Heizkessel
13 GW Marktsättigung niedrig-mittel M: niedrig
T: mittel
102
Szenario 2:
Bilanzraum
Heizsystem
13 GW Marktsättigung niedrig-mittel M: niedrig
T: mittel
111
Szenario 3:
Optimierte
Oberflächen-
strahler
13 GW Marktsättigung niedrig-mittel M: niedrig
T: mittel
102
Tabelle 15: Ergebnistabelle Gas-Haushaltsheizung
Die Vermarktung der aufgrund des Marktpotenzials und des fortgeschrittenen Entwicklungs-
stadiums interessanten Haushaltsheizung wird von der venturekapitalfinanzierten Fa. prome-
os vorangetrieben. Aufgrund des relativ geringen Vorsprungs zu den konkurrierenden Heiz-
systemen wird der Porenbrenner durch weitere Innovationen ergänzt.
5 Bewertung der Porenbrennertechnologie und Ableitung eines Handlungsprogramms
90
5.7.2.5 Öl-Haushaltsheizung
Im Ölbereich wird mit den im vorangegangenen Kapitel genannten 194.000 Einheiten bei der
Annahme von 25 kW Brennerleistung eine Gesamtleistung von ca. 5 GW erbracht. Das
Marktrisiko kann, wie bei den Gasheizungen, mit niedrig eingestuft werden. Als Stand der
Technik in den kommerziell verfügbaren Ölheizungen gilt der Blau- bzw. Raketenbrenner, bei
dem die Verbrennung des in einer Düse zerstäubten Heizöls mit nichtleuchtender blauer
Flamme erfolgt. Die Blaubrenner sind gekennzeichnet durch im Vergleich zu Gasbrennern
höheren Lärm- und Schadstoffemissionen und einer sehr geringen Leistungsmodulation. Seit
kurzer Zeit wird von der Fa. Windhager ein Gerät angeboten, das die Gemischbildung von
der Verbrennung trennt. Das in einem Rotationszerstäuber verdampfte Öl wird dabei über
einem Flammenhalter verbrannt. Nachteilig wirken sich bei diesem Gerät der hohe elektri-
sche Leistungsbedarf beim Start, die Gefahr von Ablagerungen und hohe Startemissionen
aus.
Bei der Ermittlung der Technologieattraktivität muss berücksichtigt werden, dass dem Poren-
brenner ein Verdampfungsaggregat vorgeschalten werden muss, da kein flüssiges Heizöl in
die Stabilisierungszone eingebracht werden kann. Der Brenner arbeitet dadurch ähnlich dem
in Kap. 5.7.2.4 beschriebenen Gasbrenner. Durch die Kombination eines leistungsfähigen
Verdampfers mit dem Porenbrenner kann der derzeitige Stand der Technik der Blaubrenner
hinsichtlich Schadstoff- und Lärmemissionen, sowie Modulierbarkeit deutlich übertroffen wer-
den. Bei Verfügbarkeit von geeigneten Ölverdampfern können die Vorteile einer Trennung
von Gemischbildung und Verbrennung jedoch auch mit anderen Brennerkonzepten, wie z.B.
dem bereits erwähnten Oberflächenstrahlungsbrenner, genutzt werden. Damit ist bei der
Ermittlung der Technologieattraktivität ein Vergleich mit diesen Brennertypen durchzuführen
und die im Gasbereich ermittelte Technologieattraktivität kann in weiten Zügen auf die Öl-
Haushaltsheizung übertragen werden. Geringfügige Änderungen ergeben sich, da in diesem
Fall der Integrationsaufwand für Oberflächenstrahlungsbrenner und Porenbrenner gleich
hoch ist und der Porenbrenner eine höhere Sicherheit hinsichtlich eines Flammenrück-
schlags bietet, was einen höheren Modulationsbereich erlaubt. Wird das Szenario 3 der Gas-
Haushaltsheizung als Basis herangezogen, ergibt sich dadurch im Ölbereich in Tabelle 48
eine spürbar höhere Technologieattraktivität.
Die prinzipielle Machbarkeit der Verbrennung von Heizöl in einem Porenbrenner mit einem
Kalte-Flamme-Verdampfer konnte bereits durch einen mehrere hundert Stunden andauern-
den Labortest nachgewiesen werden. Dabei wurde mit NOx-Emissionen von 40 mg/kWh und
einem Leistungs-Modulationsbereich von 1:10 der Stand der Technik weit übertroffen. Die
5 Bewertung der Porenbrennertechnologie und Ableitung eines Handlungsprogramms
91
Vorteile werden jedoch durch einen höheren Platzbedarf, hohe Startemissionen und eine im
Vergleich zu Blaubrennern deutlich höhere Systemkomplexität gemindert, so dass für eine
Kommerzialisierung entweder weitere Optimierungsarbeiten an dem Kalte-Flamme-
Verdampfer notwendig sind oder ein anderes Verdampfungskonzept implementiert werden
muss. Zusammen mit den bei der Gasheizung erwähnten Aspekten ergibt sich im Ölbereich
ein sehr hoher F&E-Aufwand bei mittlerem Risiko, da die Ölverdampfung mit Start- und
Russproblematik eine große Herausforderung darstellt. In Tabelle 16 sind die Ergebnisse
zusammengestellt.
Öl-Haushaltsheizung
Marktpotenzial Lebenszyklusphase
Verwendersystem
Benötigter
F&E-Aufwand
Risiko Technologieattraktivität
5 GW Marktsättigung sehr hoch M: niedrig
T: mittel
108
Tabelle 16: Ergebnistabelle Öl-Haushaltsheizung
Die Ölheizung bietet damit eine im Vergleich zum Gas höhere Technologieattraktivität ver-
bunden mit höherem F&E-Aufwand und geringerem Marktpotenzial.
5.7.2.6 Warmlufterzeuger
Für die Beheizung von Hallen und anderen Großräumen mit Gas stehen drei unterschiedli-
che Prinzipien zur Verfügung. So kommen sog. Hell- und Dunkelstrahler zum Einsatz, die
Energie in Form von Strahlung abgeben. Niedrige Hallen mit kleinen Raumvolumina werden
häufig mit direktbefeuerten Warmlufterzeugern beheizt [99]. Die kommerziell erhältlichen
Warmlufterzeuger verwenden nach Herstellerangaben atmosphärische Brenner [16], [100],
[101], [102]. Der Markt in Deutschland umfasst jährlich ca. 2000 Geräte mit einer durch-
schnittlichen Leistung von 30 kW [76], was einem Potenzial von 60 MW entspricht. In größe-
ren Hallen wurden Warmlufterzeuger bereits durch Hell- und Dunkelstrahler verdrängt. Eine
Substitution der Warmlufterzeuger in niedrigen Hallen ist nicht abzusehen. Das Marktrisiko
wird deshalb mit sehr niedrig eingestuft.
Warmlufterzeuger sind Low-tech-Produkte, die fast ausschließlich über den Preis verkauft
werden. Die technischen Anforderungen an das Brennersystem sind, abgesehen von hohen
Erwartungen bezüglich der Lebensdauer, nicht besonders hoch. Aus diesem Grund werden
atmosphärische Brenner eingesetzt, die kein zusätzliches Gebläse benötigen. Die Baugröße
der Warmluftheizung wird durch den Luft-Luft-Wärmetauscher bestimmt und der Anteil des
5 Bewertung der Porenbrennertechnologie und Ableitung eines Handlungsprogramms
92
Brenners am Bauraum ist klein. Der geringfügige Platzgewinn bei Einsatz eines Porenbren-
ners wird durch ein zusätzlich benötigtes Gebläse zunichte gemacht. Die Emissionen spielen
bei dieser Anwendung nahezu keine Rolle solange die Grenzwerte eingehalten werden.
Daneben können atmosphärische Brenner mittlerweile gute Emissionswerte erzielen, wie die
mit dem blauen Engel ausgezeichneten atmosphärisch betriebenen Haushaltsheizungen
zeigen [103]. Die Details sind in Tabelle 49 und Tabelle 50 zusammengestellt. Eine Ände-
rung der Rahmenbedingungen ist in absehbarer Zeit nicht zu erwarten.
Der Entwicklungsbedarf beschränkt sich auf die Werkstoffe und die Integration des Poren-
brenners in das Warmlufterzeuger-System. Das Entwicklungsrisiko ist dabei gering. Die Ü-
bersicht der Bewertung befindet sich in Tabelle 17.
Warmlufterzeuger
Marktpotenzial Lebenszyklusphase
Verwendersystem
Benötigter
F&E-Aufwand
Risiko Technologieattraktivität
60 MW Marktsättigung niedrig M: niedrig
T: niedrig
86
Tabelle 17: Ergebnistabelle Warmlufterzeuger
Die technische Realisierung eines porenbrennerbasierten Warmlufterzeugers kann mit gerin-
gem Aufwand durchgeführt werden. Es besteht jedoch kein akuter Handlungsbedarf, die
atmosphärischen Brenner durch aufwendigere Vormischbrenner zu ersetzen. Der Warmluft-
erzeugermarkt bietet somit kein großes Potenzial für die Porenbrennertechnologie.
5.7.2.7 Hellstrahler für Gebäudeheizung
Bei der Beheizung von höheren Hallen mit Warmlufterzeugern wirkt sich das Aufsteigen der
warmen Luft in der Regel nachteilig aus, da die Wärme in Bodennähe erwünscht ist. Aus
diesem Grund werden Hellstrahler eingesetzt, die bei einer Oberflächentemperatur von ca.
900 °C arbeiten. Erst im Aufenthaltsbereich wird die in Form von Strahlung transportierte
Energie in Wärme umgewandelt. Zum Einsatz kommen in der Regel die bereits in Kap.
5.7.2.1 beschriebenen keramischen Oberflächenstrahlungsbrenner. Der Markt in Deutsch-
land umfasst jährlich ca. 3000-5000 Strahlermodule mit jeweils ca. 20-30 kW, was einer Ge-
samtleistung von ca. 100 MW entspricht [104]. Von der Marktseite sind keine Risiken be-
kannt, die zu einer baldigen Marktdegeneration führen könnten [75].
Da Hellstrahler, wie die im vorhergehenden Kapitel beschriebenen Warmlufterzeuger, zur
Beheizung von Hallen eingesetzt werden, ergibt sich eine nahezu identische Gewichtung der
5 Bewertung der Porenbrennertechnologie und Ableitung eines Handlungsprogramms
93
Bewertungskriterien. Analog zu dem Warmlufterzeuger erfordert der Porenbrenner ein zu-
sätzliches Gebläse, das sich ungünstig auf die Bewertung auswirkt. Im Gegensatz zu vielen
Anwendungen können zudem kleinere Keramik-Abplatzungen bei Hellstrahlern nicht toleriert
werden, da diese eine große Gefahr für den Bereich unterhalb des Strahlers darstellen. Dies
erfordert einen gewissen Mehraufwand im Vergleich zu dem Industriestrahler und birgt ein
zusätzliches technisches Risiko. Die Details sind in Tabelle 51 und Tabelle 52 zusammenge-
stellt, die Übersicht der Bewertung befindet sich in Tabelle 18.
Hellstrahler für Gebäudeheizung
Marktpotenzial Lebenszyklusphase
Verwendersystem
Benötigter
F&E-Aufwand
Risiko Technologieattraktivität
100 MW Marktsättigung mittel M: sehr niedrig
T: mittel
93
Tabelle 18: Ergebnistabelle Hellstrahler für Gebäudeheizung
Unter den gegebenen Voraussetzungen ist es unwahrscheinlich, dass sich die Porenbren-
nertechnologie bei Hellstrahlern durchsetzen kann.
5.7.2.8 Stand- und Zusatzheizung für Kfz
Stand- bzw. Zusatzheizungen stellen in Fahrzeugen zusätzliche Wärmeenergie zur Verfü-
gung. Bei der Standheizung geschieht dies vor, bei der Zusatzheizung während der Nutzung
des Fahrzeuges. Zum einen spielen nach Schlott [105] bei der Standheizung Komfortaspekte
durch das Wohlbefinden der Nutzer an kalten Tagen von Beginn der Fahrzeugnutzung und
das entfallene Abkratzen der Scheiben von Eis eine wichtige Rolle. Da das Blickfeld nicht
durch angelaufene Scheiben eingeschränkt und die Reaktionszeit durch höhere Temperatu-
ren verkürzt wird, erhöht eine Standheizung auch die Sicherheit. Zusätzlich mindert sie Ver-
schleiß und Emissionen beim Kaltstart des Motors. Eine Zusatzheizung bekommt erst durch
Effizienzsteigerungen moderner Motoren eine Berechtigung, da bei tiefen Außentemperatu-
ren eine den Komfortansprüchen genügende Heizleistung nicht mehr gewährleistet ist. Alter-
nativ zu fossil befeuerten Standheizungen sind elektrische Systeme erhältlich, die jedoch
einen Anschluss an das Stromnetz benötigen. Aufgrund dieser infrastrukturellen Anforderung
ist diese Lösungsalternative nicht sehr verbreitet. Eine weitere Alternative stellt das Warmlau-
fen des Motors im Leerlauf, auch als ’Idling’ bezeichnet, in Kombination mit einer Fernsteue-
rung des Anlassers dar. Dadurch kann ohne Zusatzaggregat der Komfortaspekt der Stand-
heizung abgedeckt werden. Der schlechte Wirkungsgrad beim Idling und insbesondere die
hohen Emissionen sprechen gegen diese Alternative. Im LKW-Bereich, wo Idling weit ver-
5 Bewertung der Porenbrennertechnologie und Ableitung eines Handlungsprogramms
94
breitet ist, sind nach einem Bericht des U.S. Department of Energy in den USA bereits ge-
setzliche Maßnahmen zum Verbot eingeleitet [106].
Das Marktpotenzial der Stand- und Zusatzheizungen lehnt sich an den Fahrzeugzulassungs-
zahlen an. 2003 wurden in Deutschland ca. 3,2 Mio. PKW und 260.000 Nutzfahrzeugen neu
zugelassen [107]. Im Gegensatz zu anderen Komfortkomponenten, wie beispielsweise der
Klimaanlage, hat die Standheizung noch nicht den Sprung in den Massenmarkt vollzogen.
Der Standheizungsmarkt ist bisher stark auf Deutschland konzentriert und die Ausrüstungs-
quote liegt im einstelligen Prozentbereich. Weitere Effizienzsteigerungen des Antriebes und
der kontinuierlich wachsende Komfortbedarf sprechen für einen zukünftig steigenden Bedarf
an fossil befeuerten Zusatzheizungen [105]. Aus diesem Grund werden die oben genannten
Zulassungszahlen verwendet. Das Potenzial der fossil befeuerten Standheizungen mit
durchschnittlich 5 kW liegt nach dieser Abschätzung bei ca. 16 GW für PKW und 1,3 GW für
LKW. Ernsthafte Bedrohungen für die auf Verbrennung basierende Standheizung gehen von
der APU (auxiliary power unit), einem Aggregat das gleichzeitig Strom und Wärme im Fahr-
zeug produziert, sowie dem Fahrzeugantrieb mit Brennstoffzellen aus. Das Marktrisiko wird
aus diesem Grund mit mittel bewertet.
Bei den marktgängigen Standheizungen werden die Wärmetransportmedien Wasser und Luft
eingesetzt. Der Betrieb der Einheiten erfolgt meist mit Benzin oder Dieselkraftstoff. Der Auf-
bau ist in beiden Fällen nahezu identisch. Klassische Druckzerstäuberbrenner sind für diese
Anwendung nicht geeignet, da deren Leistung von dem Durchmesser der Düsenbohrung
sowie dem Brennstoffdruck abhängt. Aufgrund von im Brennstoff enthaltenen Verunreinigun-
gen muss der Düsendurchmesser einen Mindestwert überschreiten um Verstopfungsproble-
me zu vermeiden. Eine beliebige Absenkung des Brennstoffdrucks ist ebenfalls problema-
tisch, da sich hierdurch eine Verschlechterung der Sprayqualität ergibt. Aufgrund dieser Ef-
fekte sind Druckzerstäuberbrenner erst bei Leistungen oberhalb von 10 kW einsetzbar. In
Standheizungen kommen deshalb speziell entwickelte Verdampferbrenner zum Einsatz. Ein
derartiger Brenner mit Metallvlies ist in Abbildung 34 dargestellt.
Abbildung 34: Aufbau einer Standheizung
5 Bewertung der Porenbrennertechnologie und Ableitung eines Handlungsprogramms
95
Seit 2003 ist darüber hinaus ein 5 kW-Standheizungsmodul am Markt, das den Brennstoff in
einer Venturidüse zerstäubt [108].
Wie bei der Öl-Haushaltsheizung ist zum einen die Konkurrenzsituation zwischen den beste-
henden Brennern und Vormischbrennern zu betrachten, daneben sind die verschiedenen
Vormischbrenner, insbesondere Porenbrenner und Oberflächenstrahlungsbrenner, zu unter-
suchen. Das Potenzial des Porenbrenners gegenüber Oberflächenstrahlungsbrennern bei
Ölbetrieb wurde bereits für die Haushaltsheizung in Kap. 5.7.2.5 untersucht und die dort ge-
troffenen Schlussfolgerungen lassen sich auf die Standheizung übertragen. Bei der Bewer-
tung wird eine Porenbrenner-Standheizung den derzeit verfügbaren Modulen mit Metallvlies
gegenübergestellt. Die dort bestehende Problematik einer zusätzlich notwendigen Ölver-
dampferstufe, die zu erhöhtem Platzbedarf und steigenden Kosten führt, besteht auch bei der
Standheizung. Bei einem Betrieb mit Benzin konnten bei der in Kap. 5.7.2.11 beschriebenen
Anwendung für die Brennstoffzellenperipherie bereits Porenbrenner mit einer sehr einfachen
integrierten Verdampfung realisiert werden. Dabei wird angenommen, dass es gelingt, eine
kompakte multistofffähige Verdampferstufe zu entwickeln, die nur zu einer geringen Erhö-
hung von Kosten und Platzbedarf führt. Durch die Vormischverbrennung erzielt der Poren-
brenner bei den weiteren technischen Bewertungskriterien Vorteile, insbesondere die Emis-
sionswerte können deutlich gesenkt werden. Der die Nutzungskosten bestimmende Wir-
kungsgrad hat aufgrund der geringen Betriebsdauer keine hohe Bedeutung, die geforderten
Standzeiten von 2000 h sind mit Porenbrennern im stationären Betrieb bereits übertroffen
worden.
Ein Labormuster für eine porenbrennerbasierte Diesel-Standheizung wurde bereits vor eini-
gen Jahren entwickelt. Die Verdampfung des flüssigen Brennstoffes auf kleinstem Raum und
die Bewältigung der Startphase stellten dabei eine große technische Herausforderung dar,
die bisher noch nicht endgültig gelöst werden konnte. Neben der Ölverdampfung sind noch
Untersuchungen an den porösen Materialien notwendig, da bisher keine Erkenntnisse über
deren Verhalten im mobilen Betrieb vorliegen [109]. Die Ölverdampfung auf begrenztem
Raum bei kleinen Leistungen ist nicht trivial. Aus diesem Grund wird der benötigte F&E-
Aufwand mit sehr hoch, das technische Risiko mit hoch bewertet.
5 Bewertung der Porenbrennertechnologie und Ableitung eines Handlungsprogramms
96
Stand- oder Zusatzheizung
Marktpotenzial Lebenszyklusphase
Verwendersystem
Benötigter
F&E-Aufwand
Risiko Technologieattraktivität
PKW: 16 GW
LKW: 1,3 GW
Marktdurchdringung sehr hoch M: mittel
T: hoch
105
Tabelle 19: Ergebnistabelle Stand- oder Zusatzheizung
Aufgrund der niedrigen Ausrüstungsquote der Fahrzeuge ist zu erwarten, dass die Hersteller
von Standheizungen bestrebt sind, das gegebene Marktpotenzial stärker auszuschöpfen
indem die Komponente für den Kunden preislich attraktiv gestaltet wird. Ein mit höheren Kos-
ten verbundener Technologiewechsel wird unter diesen Umständen erschwert und durch die
aktuellen Emissionsgrenzwerte auch nicht gefordert.
5.7.2.9 Mobile Heizung
Durch die kompakte Bauweise und die große Leistungsmodulation des Porenbrenners ent-
stand die Idee, die Technologie für ein mobiles Warmwasser-Heizsystem einzusetzen. Das in
einer Porenbrenner-Wärmequelle erhitzte Wasser wird dabei über flexible Wärmeübertrager-
systeme zu dem Verwendungsort geführt. Das Marktpotenzial für mobile Heizsysteme in
Deutschland lag im Jahr 1998 bei ca. 43000 mobilen direkten und indirekten mobilen Heizge-
räten [110]. Die ca. 26000 mobilen Geräte mit Gasbetrieb wurden dabei zu einem durch-
schnittlichen Preis von ca. 300 Euro verkauft, was in etwa einem Zehntel von Heizsystemen
mit Wasserkreislauf entspricht. Somit dominieren sehr einfache und billige Geräte ohne
Wasserkreislauf den Markt. Durch eine Marktstudie und durch die Suche nach Partnern für
einen Feldtest musste erkannt werden, dass nur ein sehr geringer Bedarf nach einem mobi-
len Heizsystem mit Wasserkreislauf besteht. In den anvisierten Bereichen Gartenbau, Vieh-
zucht und in Wintergärten steht in den meisten Fällen bereits Warmwasser durch ein bereits
vorhandenes Heizsystem zur Verfügung. Im Baubereich wird Warmluft bevorzugt. In Wohn-
containern oder temporären Verkaufseinrichtungen können handelsübliche Heizsysteme,
beispielsweise wandhängende Brennwertthermen, verwendet werden. Mobile Heizungen
werden in der Regel an den Endkunden vermietet. Der Bedarf wird bundesweit durch einige
hundert Heizgeräte abgedeckt [111]. Dabei werden handelsübliche Haushaltsheizungen, die
in einem fahrbaren Gestell montiert sind, verwendet. Geräte mit einer höheren Leistung sind
in einem PKW-Anhänger untergebracht.
5 Bewertung der Porenbrennertechnologie und Ableitung eines Handlungsprogramms
97
Abbildung 35: Mobile Heizungen [112]
Von der technischen Seite bestehen keine Unterschiede zu den in Kap. 5.7.2.4 vorgestellten
Gas-Haushaltsheizungen. Das Marktpotenzial liegt um mehrere Größenordnungen unter
dem der Haushaltsheizung. Das Anwendungsfeld ’mobiles Heizsystem’ wird deshalb nicht
separat betrachtet.
5.7.2.10 Gasturbinenpilotbrenner
Gasturbinenkraftwerke haben sich aufgrund der geringen Investitionskosten, des hohen Wir-
kungsgrades und der günstigen Schadstoffemissionswerte zu einem wichtigen Baustein der
Energieversorgung entwickelt. Ende 1998 waren in Deutschland über 300 Gasturbinen mit
einer elektrischen Leistung von ca. 4,5 GW in Betrieb [113]. Bei Wirkungsgraden um 30%
ergibt sich eine thermische Gasturbinenleistung von 15 GW. Die Hauptbrenner der Gasturbi-
nen arbeiten mittlerweile mit vorgemischten Flammen. Dadurch konnten die Schadstoffemis-
sionen gegenüber dem Diffusionsbetrieb erheblich reduziert werden, die Verbrennungsstabi-
lität, insbesondere bei Leistungsänderungen, wurde durch diese Maßnahme jedoch verrin-
gert. Um ein Verlöschen des Brenners ausschließen zu können, besitzt jeder Hauptbrenner
einen Pilotbrenner mit hoher Verbrennungsstabilität. Diese sind häufig noch als Diffusions-
brenner ausgeführt und obwohl in ihnen nur etwa 5% Prozent der gesamten Leistung umge-
setzt werden, sind die Pilotbrenner je nach Betriebszustand für mehr als 50% der NOx-
Emissionen verantwortlich. Aus diesem Grund sollen zukünftig die Pilotbrenner ebenfalls als
Vormischbrenner ausgeführt werden. Bei 12 Jahren Lebensdauer ergibt sich für die Pilot-
brenner ein jährlicher Bedarf für Brenner-Nachrüstungen von 62,5 MW. Die Verbrennung in
Gasturbinen findet bei mittlerweile bis zu 17 bar statt [114]. Wird die Leistung auf normales
Druckniveau bezogen, ergibt sich eine Gesamtleistung der Pilotbrenner unter 5 MW. Dabei
konkurriert der Porenbrenner mit einfachen Brennern mit freien Flammen und katalytischen
5 Bewertung der Porenbrennertechnologie und Ableitung eines Handlungsprogramms
98
Brennern, die mittlerweile kommerziell erhältlich sind [115]. Langfristig steht die Gasturbine in
direkter Konkurrenz zur Brennstoffzelle. In einem VDMA-Szenario [58] wird ein merklicher
Einfluss auf das Gasturbinengeschäft ab 2010 prognostiziert. Durch mögliche Kombinationen
von Gasturbine und Brennstoffzelle ist jedoch eine Marktdegeneration nicht zu erwarten. Das
Marktrisiko wird aus diesem Grund mit mittel eingestuft.
Bei der Verbrennung unter hohem Druck wird nicht das in Kap. 5.1 vorgestellte Stabilisie-
rungskonzept, sondern eine Geschwindigkeitsstabilisierung verwendet. Auf die Bewertung
(siehe Tabelle 55) hat diese Änderung jedoch keinen nennenswerten Einfluss. Die ausge-
hend von dem Gasturbinensystem an den Pilotbrenner gestellten Anforderung werden
grundsätzlich von verschiedenen Vormischbrennerausführungen erfüllt, hinsichtlich der tech-
nischen Kriterien weist der Porenbrenner Vorteile gegenüber den Alternativen auf. Bei der
Integration in das Gesamtsystem bestehen keine Unterschiede gegenüber anderen Vor-
mischbrennern. Die Investitionskosten, die beim Porenbrenner aufgrund der benötigten Po-
renkörper höher sind, sind beim Pilotbrenner verglichen mit anderen Anwendungen weniger
bedeutend, da er gegenüber den anderen wesentlich kostenintensiveren Komponenten kaum
ins Gewicht fällt. Die mit 100.000 Stunden geforderte Standzeit ist dagegen ein entscheiden-
des Kriterium und es wird angenommen, dass die betrachteten Brenner diese Anforderung
erfüllen können.
Ein Poren-Pilotbrenner wurde bereits unter Laborbedingungen unter Druck und in einer Nie-
derdruck-Brennkammer erfolgreich ersten kurzen Tests unterzogen. Der bestehende F&E-
Aufwand beschränkt sich auf Tests und Werkstoffoptimierungen, um den hohen Anforderun-
gen hinsichtlich der Lebensdauer gerecht werden zu können. In Tabelle 20 sind die Bewer-
tungsergebnisse zusammengestellt.
Gasturbinenpilotbrenner
Marktpotenzial Lebenszyklusphase
Verwendersystem
Benötigter
F&E-Aufwand
Risiko Technologieattraktivität
62,5 MW (17 bar)
<5 MW (1 bar)
Marktsättigung mittel M: mittel
T: mittel
107
Tabelle 20: Ergebnistabelle Gasturbinenpilotbrenner
Aufgrund der hohen Verbrennungsstabilität stellt der Porenbrenner eine vorteilhafte Lösung
der Pilotflamme in einer Gasturbine dar. Durch extreme Belastungen und hohe Anforderun-
gen an die Standzeit ist der Pilotbrenner darüber hinaus eine technische Herausforderung.
5 Bewertung der Porenbrennertechnologie und Ableitung eines Handlungsprogramms
99
5.7.2.11 Porenbrenner in der Brennstoffzellenperipherie
Je nach Ausführung und Anwendung benötigen Brennstoffzellen Wärme für den Startbetrieb,
den Reformerbetrieb oder zur Abdeckung von Spitzen im Wärmebedarf. Weiterhin ist sicher-
zustellen, dass brennbare oder toxische Brennstoffzellenabgase (Off-gas) eliminiert werden.
Bei Speicherung von flüssigem Wasserstoff in sog. Kyrotanks müssen geringe Mengen an
Wasserstoff an die Umgebung abgegeben werden. Das hieraus resultierende Gefährdungs-
potenzial ist durch Oxidation des Wasserstoffes zu minimieren. Dadurch ergeben sich in der
Peripherie von Brennstoffzellen mehrere Einsatzgebiete für Brennerkomponenten, die für die
beiden wichtigsten Brennstoffzellentypen in verschiedenen Einsatzgebieten mit unterschied-
lichen Energieträgern in Tabelle 21 zusammengestellt sind.
Mobil PEM SOFC Energieträger H2 CH4 Flüss. (H2) CH4 Flüss. Wärmezufuhr für Start x x x x x Wärmezufuhr Reformer/Luft x x x x Wärme für Spitzenlast Off gas-Verbrennung x x x x H2 aus Tank oxidieren x x
Stationär PEM SOFC Energieträger H2 CH4 Flüss. (H2) CH4 Flüss. Wärmezufuhr für Start x x x x x Wärmezufuhr Reformer/Luft x x x x Wärme für Spitzenlast x x x x x x Off gas-Verbrennung x x x x H2 aus Tank oxidieren
Tabelle 21: Einsatzgebiete von Brennerkomponenten in Brennstoffzellensys-temen
Im mobilen Bereich für den Fahrzeugantrieb konzentrieren sich die meisten Entwicklungen
auf eine Wasserstoffbetankung. Als Vorstufe zum Brennstoffzellenantrieb werden kleinere,
als APU (auxiliary power unit) bezeichnete, Brennstoffzellenmodule angestrebt, die Strom
und Wärme im Fahrzeug bereitstellen. Durch den Siegeszug der Elektrik und Elektronik soll
der ständig steigende Strombedarf im Fahrzeug dadurch sichergestellt werden, da die Gren-
zen der Kombination aus Lichtmaschine und Batterie erreicht sind. Eine Markteinführung wird
voraussichtlich in der Luxusklasse erfolgen, danach ist der Einsatz der APU auch im Mas-
senmarkt denkbar. An dieser Stelle wird speziell eine mit Benzin betriebene APU mit Dampf-
reformierung betrachtet, bei der eine Wärmezufuhr beim Start und während des Betriebs,
sowie eine Off-gas-Verbrennung erforderlich sind. Für diese Anwendung ist es gelungen, mit
einem Porenbrenner prinzipiell alle drei Funktionen abzudecken. In den derzeit bestehenden
5 Bewertung der Porenbrennertechnologie und Ableitung eines Handlungsprogramms
100
Funktionsmustern werden in der Regel katalytische Brenner für die Nachverbrennung der
Brennstoffzellenabgase und Zusatzkomponenten für den Startbetrieb eingesetzt [116]. Die
Bewertung beschränkt sich auf den Vergleich des Katalyt-Brenners mit dem Porenbrenner.
Wird das Marktpotenzial auf die in 2003 zugelassenen 1,9 Mio. Benzin-PKW bezogen, ergibt
sich bei einer Brennerleistung von 10 kW ein Gesamtpotenzial von 19 GW. Da noch offen ist,
ob sich brennstoffzellenbetriebene APU’s am Markt etablieren werden, wird das Marktrisiko
mit hoch eingestuft.
Die APU führt zu einem höheren Fahrzeuggewicht, was sich negativ auf die Fahrdynamik
und den Energieverbrauch auswirkt. Das Gewicht spielt aus diesem Grund insbesondere im
PKW-Bereich eine entscheidende Rolle. Durch die höhere Integration hat der Porenbrenner
Gewichtsvorteile gegenüber der derzeitigen Lösung. Weiterhin zeichnen eine hohe Modulier-
barkeit und gute Kaltstartfähigkeit den Porenbrenner gegenüber katalytischen Brennern aus.
Bei den Emissionen, die im Vergleich zu den Emissionen des Antriebs kaum ins Gewicht
fallen, haben die katalytischen Brenner dagegen leichte Vorteile. Hinsichtlich der benötigten
Infrastruktur bestehen keine Unterschiede zwischen den Alternativen, die Anbindung an das
Gesamtsystem wird durch eine höhere Integration beim Porenbrenner erleichtert. Aufgrund
der Temperaturempfindlichkeit des Katalysators können Betriebszustände auftreten, die eine
Erhöhung der Luftzahl zur Temperaturabsenkung erfordern. Dies führt zu einer Erhöhung der
Abgasverluste und damit zu einer Minderung des Wirkungsgrades. Eine höhere Integration
reduziert ebenfalls die Wärmeverluste und wirkt sich darüber hinaus günstig auf die Investiti-
onskosten aus. Bei der Standzeit können sich Vorteile für den Porenbrenner ergeben, da
keine Gefahr einer Katalysatordeaktivierung besteht. Aus der Bewertung, die direkt in der
Zielerfüllungsmatrix in Tabelle 56 durchgeführt wird, sind signifikante Vorteile für den Poren-
brenner zu erkennen.
Die grundsätzliche Realisierbarkeit eines Porenbrenners zur Off-gas-Verbrennung, der
gleichzeitig als Startbrenner eingesetzt werden kann, wurde bereits an mehreren Labormus-
tern erfolgreich demonstriert. Die Integration des Brenners in ein Gesamtsystem erfordert
ebenso wie Flammenüberwachung und Regelung noch weitere Entwicklungsarbeiten. Auf
der Materialseite ist der Nachweis der Langzeitstabilität im mobilen Einsatz mit wasserhalti-
gen Brennstoffen zu erbringen. Der benötigte F&E-Bedarf sowie das technische Risiko wer-
den jeweils mit mittel eingestuft. Die für den Porenbrenner in der Peripherie einer mobilen
Brennstoffzelle erhaltenen Ergebnisse zeigt Tabelle 22.
5 Bewertung der Porenbrennertechnologie und Ableitung eines Handlungsprogramms
101
Brennstoffzellenperipherie – Brenner für mobile BZ
Marktpotenzial Lebenszyklusphase
Verwendersystem
Benötigter
F&E-Aufwand
Risiko Technologieattraktivität
PKW: 19 GW Entstehung mittel M: hoch
T: mittel
128
Tabelle 22: Ergebnistabelle Brenner für mobile BZ
Als kaltstartfähiger Brenner, der gleichzeitig als Start- und Off-gas-Brenner eingesetzt wer-
den kann, hat der Porenbrenner bei dieser Anwendung ein Alleinstellungsmerkmal, da keine
anderen Brennertechnologien für die Abdeckung dieser Funktionen bekannt sind. Durch ho-
he Technologieattraktivität bei gleichzeitig hohem Marktpotenzial stellt der Einsatz in der
Brennstoffzellenperipherie eine der interessantesten Anwendungen für den Porenbrenner
dar.
Im stationären Fall wird ein mit Erdgas betriebenes Brennstoffzellen-Hausenergiesystem
betrachtet. Die von verschiedenen Herstellern geplanten Brennstoffzellensysteme werden 1-
5 kW elektrische Leistung und Wärme etwas oberhalb dieser Größenordnung liefern. Dabei
besteht wie bei der oben beschriebenen APU der Bedarf nach einem Start- und Off-gas-
Brenner. Im stationären Bereich spielen Größe, Gewicht und die Dynamik des Systems je-
doch eine geringere Rolle, so dass die Vorteilhaftigkeit durch den Porenbrennereinsatz ge-
ringer ausfällt. Aus diesem Grund wird der Fokus an dieser Stelle auf einen anderen Wärme-
bedarf gesetzt. Die oben genannte thermische Leistung der Brennstoffzellensysteme reicht
nicht aus, um Spitzen im Wärmebedarf abzudecken, weshalb neben der Brennstoffzelle ein
Spitzenlastkessel eingesetzt wird [117]. Bei den derzeit existierenden Funktionsmustern ü-
bernimmt eine zusätzliche Therme diese Funktion. Die Integration dieser Zusatzheizung in
das Brennstoffzellensystem wird bereits von Steinborn [67] als ein wichtiger Schritt hinsicht-
lich ökonomischer Konkurrenzfähigkeit der Brennstoffzelle genannt. Das Marktpotenzial für
den Spitzenlastbrenner gleicht den bereits in Tabelle 9 genannten 80.000 – 280.000 Brenn-
stoffzellen-Systemen pro Jahr. Bei 200.000 Einheiten ergeben sich bei einer Spitzenleistung
von 20 kW insgesamt 4 GW. Nach aktuellen Szenarien vom VDMA ist die Einführung der
Brennstoffzellentechnologie im stationären Bereich sehr wahrscheinlich [58]. Ein wirtschaftli-
cher Betrieb ist zuerst bei größeren Einheiten für so genannte Blockheizkraftwerke zu erwar-
ten. Ob der Einsatz für kleinere Wohneinheiten rentabel gestaltet werden kann, ist noch of-
fen. Das Marktrisiko wird deshalb mit mittel eingeschätzt.
5 Bewertung der Porenbrennertechnologie und Ableitung eines Handlungsprogramms
102
Die Ermittlung der Technologieattraktivität lehnt sich stark an die Gas-Haushaltsheizung an.
Änderungen ergeben sich durch eine höhere Gewichtung der Größe, da das Platzangebot
durch die Vielzahl an Komponenten abnimmt. Die Bedeutung von Standzeit und Nutzungs-
kosten sinken, da der Spitzenlastbrenner im Vergleich zu einem Brenner in einer konventio-
nellen Therme eine wesentlich geringere Betriebszeit aufweist. Die Einzelheiten der Bewer-
tung sind in Tabelle 57 dargestellt.
Entwicklungsaufwand und Entwicklungsrisiko des Spitzenlastbrenners unterscheiden sich
kaum von der Haushaltsanwendung und werden deshalb übernommen. Die Ergebnisse sind
in Tabelle 23 dargestellt.
Brennstoffzellenperipherie – stationärer Spitzenlastbrenner
Marktpotenzial Lebenszyklusphase
Verwendersystem
Benötigter
F&E-Aufwand
Risiko Technologieattraktivität
4 GW Entstehung mittel M: hoch
T: niedrig
103
Tabelle 23: Ergebnistabelle Brennstoffzellenperipherie (stationär)
Neben der konventionellen Haushaltsheizung bieten Hausenergiesysteme auf Brennstoffzel-
lenbasis durch den Spitzenlastbrenner eine weitere interessante Möglichkeit, die Porenbren-
nertechnologie zukünftig im Haushaltsbereich vorteilhaft einzusetzen.
5.7.2.12 Stirlingmotor
Der 1816 von Robert Stirling patentierte Stirlingmotor ist nach der Dampfmaschine die zweit-
älteste Wärmekraftmaschine. Die Einsatzgebiete des Stirlingmotors sind vielfältig und rei-
chen von Blockheizkraftwerken über Wärmepumpenantriebe bis zu Stromerzeugungsaggre-
gaten und Fahrzeugantrieben. Im 19. Jahrhundert wurden bereits mehrere hunderttausend
auf dem Stirling-Prinzip basierende Heißluft-Motoren gebaut und erfolgreich eingesetzt. Die
Konkurrenz von leistungsstarken Dampfmaschinen, die rasante Entwicklung von Otto- und
Dieselmotoren sowie die Verbreitung von elektrischen Antrieben verdrängten die Stirling-
Technologie [118]. Insbesondere zwischen 1960 und 1975 wurde eine Vielzahl von Funkti-
onsmustern von Unternehmen wie Philips, General Motors, General Electric, Ford und MAN
im Leistungsbereich von 0,2 – 200 kWel entwickelt [119]. Das damalige Ziel, den Otto- bzw.
Dieselmotor in Fahrzeugen zu substituieren, konnte aus regelungstechnischen und Kosten-
gründen nicht realisiert werden [120]. Seit den siebziger Jahren wird an mit Solarenergie
betriebenen Stirlingmaschinen geforscht. In den neunziger Jahren wurde ein Stirlingmotor
5 Bewertung der Porenbrennertechnologie und Ableitung eines Handlungsprogramms
103
von General Motors in ein Hybrid-Konzeptfahrzeug eingebaut. Das Konzept wird jedoch nicht
weiter verfolgt [121]. Im stationären Bereich sind derzeit einige Aktivitäten zu verzeichnen.
Seit einigen Jahren sind Stirlingmodule zur Kraft-Wärme-Kopplung von der Firma Solo (Sin-
delfingen) und von STM Power (USA) am Markt. Einige weitere Unternehmen arbeiten an
der Entwicklung von Stirling-Modulen [61], [122], [123]. Nach Steinborn [61] sind bisher in
Deutschland etwa 40 Anlagen installiert. Mit dem in Kap. 5.6.3 abgeschätzten Bedarf für
100.000 fossil befeuerte KWK-Einheiten ergibt sich bei durchschnittlich 35 kW Brennerleis-
tung eine Gesamtleistung von 3,5 GW. Da die Gefahr einer vollständigen Verdrängung des
Stirlings durch die Brennstoffzelle besteht, die aus Sicht des Wirkungsgrades ein deutlich
höheres Potenzial besitzt, wird für den Stirlingmotor ein sehr hohes Marktrisiko eingeschätzt.
Der Stirlingmotor ist dabei ein geschlossenes System, das bei jedem Arbeitsspiel dasselbe
Arbeitsgas verwendet. Die Wärme wird von außen über den sog. Erhitzerkopf zugeführt, so
dass prinzipiell keine Einschränkungen bezüglich der Beheizung bestehen. Dieser prinzipiel-
len Offenheit für die Ausführung der Wärmequelle bei Stirlingmotoren stehen häufig Anforde-
rungen nach hohen elektrischen Wirkungsgraden entgegen, die eine Rekuperation des Ab-
gases erfordern. Die Luftvorwärmung führt jedoch bei der Verbrennung zu höheren Prozess-
temperaturen verbunden mit steigenden Stickoxidemissionen, darüber hinaus wird der Ein-
satz von vormischenden Brennern durch Flammenrückschlag bzw. Selbstzündung limitiert.
Aus diesem Grund sind nur wenige Brennerkonzepte für den Einsatz in Stirlingmaschinen
geeignet. Im Rahmen dieser Arbeit wird ein Porenbrenner dem bereits auf dem Markt befind-
lichen und von der Fa. Solo eingesetzten FLOX-Brenner und einem Diffusionsbrenner, der
von STM Power eingesetzt wird, gegenübergestellt.
Die bei Vormischbrennern beschriebenen Probleme mit Flammenrückschlag und Selbstzün-
dung sind auch bei Einsatz eines Porenbrenners zu erwarten. Aus diesem Grund ist das in
Kap. 5.1 vorgestellte Funktionsprinzip des Porenbrenners als gestufte Verbrennung auszu-
führen. Dabei wird angenommen, dass die Eigenschaften der Verbrennung in porösen Me-
dien mit kompakter Bauweise, hoher Leistungsmodulation und geringen Emissionen bei ei-
nem Stufungskonzept erhalten bleiben. Die Geräuschentwicklung bei dem FLOX- und Diffu-
sionsbrenner eröffnen dem Porenbrenner die Möglichkeit einer weiteren Differenzierung bei
den Lärmemissionen. Bei den bestehenden Systemen sind Brenner, Erhitzerkopf und Regel-
konzept abgestimmt, so dass ein einfacher Brenneraustausch nicht möglich ist, was den
bestehenden Systemen entgegenkommt. Der Porenbrenner weist gegenüber den anderen
Brennerkonzepten einen erhöhten Anteil an Strahlung auf, wodurch sich ein besserer Wär-
metransport zu dem Erhitzerkopf realisieren lässt. Zusammen mit der kompakten Bauweise
5 Bewertung der Porenbrennertechnologie und Ableitung eines Handlungsprogramms
104
des Brenners selbst ist dadurch eine Minimierung der Wärmeverluste möglich, was sich posi-
tiv auf den Systemwirkungsgrad auswirkt. Bei den Investitionskosten ist je nach Komplexität
des Stufungskonzeptes ein Vorteil gegenüber dem aufwendigen FLOX-Brenner zu erzielen.
Die Belastung der porösen Materialien hängt stark von der Betriebsweise und dem Stufungs-
konzept ab. Bei der Bewertung wird angenommen, dass die Standzeiten der alternativen
Brennersysteme die des Porenbrenners geringfügig übertreffen. Der Einsatz des Porenbren-
ners für einen Stirlingmotor befindet sich noch in der Konzeptphase. Aufgrund des niedrigen
Informationsstandes wird für den Stirlingmotor eine Abschätzung direkt in der Zielerfüllungs-
matrix in Tabelle 58 vorgenommen.
Die grundsätzliche Realisierbarkeit eines gestuften Porenbrenners wurde bereits von Pi-
ckenäcker [124] nachgewiesen. Die Realisierung eines für den Stirlingmotor geeigneten ge-
stuften Porenbrenners mit entsprechender Regelung, sowie die Einhaltung der für die KWK-
Systeme angestrebten langen Lebenszeiten stellen dabei noch große Herausforderungen
dar. Der benötigte F&E-Aufwand wird deshalb mit hoch, das technische Risiko ebenfalls mit
hoch eingeschätzt. Die Ergebnisse sind in Tabelle 24 zusammengefasst.
Stirling-Motor
Marktpotenzial Lebenszyklusphase
Verwendersystem
Benötigter
F&E-Aufwand
Risiko Technologieattraktivität
3,5 GW
Einführung hoch M: sehr hoch
T: hoch
118
Tabelle 24: Ergebnistabelle Stirling-Motor
Die Porenbrennertechnologie bietet interessante Potenziale, den aktuellen Stand der Stirling-
Motoren spürbar zu verbessern. Ob der Stirling-Motor in der Kraft-Wärme-Kopplung zukünftig
eine Rolle spielen wird, ist jedoch noch offen.
5.7.2.13 Kopplung Thermophotovoltaik (TPV) und Porenbrennertechnologie
Heizgeräte benötigen neben dem Brennstoff zum Betrieb elektrische Energie. Um die Heiz-
leistung auch bei einem Zusammenbruch der Stromversorgung sicherstellen zu können, ist
eine Stromproduktion zum Eigenverbrauch wünschenswert. Zu diesem Zweck können Pho-
tozellen in den Brennraum eingebracht werden, die mit einem durch eine Wärmequelle auf-
geheizten Strahler gespeist werden. Der für diese Anwendung relevante Zielmarkt umfasst
somit insbesondere Gebiete, in denen eine dauerhafte Stromversorgung nicht garantiert
werden kann. Dazu gehören zum einen abgelegene Gebiete wie beispielsweise Bergregio-
5 Bewertung der Porenbrennertechnologie und Ableitung eines Handlungsprogramms
105
nen, sowie Regionen mit instabilen Versorgungsnetzen. Vom gesamten Gasheizungsmarkt
triff dies auf ca. 1% der Nutzer zu [125], so dass in Deutschland nach den in Kap. 5.7.2.4
genannten Zahlen ein Potenzial von jährlich ca. 5000 Einheiten besteht. Derzeit sind jedoch
keine großen Aktivitäten im Heizungsbereich mit Thermophotovoltaik-Systemen erkennbar.
Aus diesem Grund wird das Marktrisiko mit sehr hoch eingestuft. Die TPV mit Porenbrenner
konkurriert in diesem Fall mit mit Oberflächenstrahlungsbrennern [126] und nach funktionaler
Betrachtung kann elektrische Energie auch mit thermoelektrischen Modulen [127] erzeugt
werden. Diese ermöglichen durch den thermoelektrischen Effekt eine direkte Umwandlung
von thermischer in elektrische Energie.
Bei der Ermittlung der Technologieattraktivität werden neben dem Porenbrenner ein Strah-
lungsbrenner mit TPV und ein Strahlungsbrenner mit thermoelektrischen Modulen betrachtet.
Der maximal erreichbare Wirkungsgrad, der die Stromausbeute der Photozellen zu der für
die Beheizung der Wärmequelle eingesetzten Energie ins Verhältnis sitzt, liegt nach Volz
[128] bei 36%. Dabei wird stark idealisiert angenommen, dass nahezu die gesamte im
Brennstoff gespeicherte Energie in Strahlung umgewandelt werden kann. Bei TPV-
Heizungssystemen werden nach Durisch et al. [126] derzeit ca. 1% erreicht. Aufgrund der im
Vergleich zum Porenbrenner niedrigeren Strahlungstemperatur hat die TPV mit Strahlungs-
brenner einen deutlich niedrigeren elektrischen Wirkungsgrad. Bei der Integration ist zu be-
rücksichtigen, dass bei der TPV Einschränkungen durch Wellenlängenabhängigkeiten beste-
hen. Daneben wird berücksichtigt, dass eine Erweiterung auf die Kraft-Wärme-Kopplung mit
einer über dem Eigenbedarf liegenden Stromproduktion bei der TPV möglich ist. Ein Ver-
gleich der für einen autarken Betrieb notwendigen Zusatzinvestitionskosten wird unter der
Annahme eines Leistungsbedarfes von 100 W durchgeführt. Bei dem TPV-Szenario ohne
Porenbrenner werden Systemkosten von € 300,-- nach einer von Palfinger et al. [129] durch-
geführten Kostenschätzung angenommen, dabei entfallen bei dieser Schätzung ca. € 20,--
auf den Emitter. Für den Porenbrenner wird dieser Betrag verdoppelt; die anderen Kosten
bleiben unverändert. Gegenüber thermoelektrischen Modulen, die bei den oben angegebe-
nen Stückzahlen einen Kostenfaktor von über € 400,-- [130] darstellen, kann somit ein leich-
ter Preisvorteil realisiert werden. Die in beiden Anwendungen bestehenden Kostensen-
kungspotenziale werden nicht weiter berücksichtigt. Die Nutzungskosten für die Strompro-
duktion bestehen aus einem minimalen Mehrverbrauch an Brennstoff und treten bei allen drei
Alternativen auf. Sie gehen deshalb nicht in die Bewertung in Tabelle 59und Tabelle 60 ein.
Ein vom Stromnetz autarkes Haushaltsheizungssystem ist bisher noch nicht am Markt. Erste
Versuche für ein System mit TPV wurden bei der Fa. Hovalwerk zusammen mit dem Paul
5 Bewertung der Porenbrennertechnologie und Ableitung eines Handlungsprogramms
106
Scherrer Institut durchgeführt [126]. Das System befindet sich in der Konzeptphase im Ent-
stehungszyklus. Erste experimentelle Untersuchungen mit dem Porenbrenner wurden bereits
erfolgreich durchgeführt. Die Photozellen haben dabei eine von der Wellenlänge der Strah-
lung abhängige Photonenempfindlichkeit. Bei den üblichen Si-Photozellen, liegt der optimale
Wellenlängenbereich in der Größenordnung von 1 µm – was ein schwarzer Strahler erst bei
ca. 6000 K erreicht. Aus diesem Grund müssen für den Emitter spezielle Materialien, wie
Ytterbiumoxid, eingesetzt werden, die einen Emissionspeak im relevanten Wellenlängenbe-
reich aufweisen [126]. Durch die Entwicklung dieser keramischen Bauteile unterscheidet sich
der F&E-Aufwand von der Haushaltsheizung und wird, ebenso wie das technische Risiko, mit
mittel eingestuft. Die Ergebnisse sind in Tabelle 25 zusammengestellt.
TPV
Marktpotenzial Lebenszyklusphase
Verwendersystem
Benötigter
F&E-Aufwand
Risiko Technologieattraktivität
125 MW Entstehung mittel M: sehr hoch
T.: mittel
110
Tabelle 25: Ergebnistabelle TPV
Die Porenbrennertechnologie bietet brennerseitig ideale Bedingungen für die TPV. Das Po-
tanzial kann jedoch nur ausgenutzt werden, wenn das Verwendersystem weiterentwickelt
und vermarktet wird.
5.7.2.14 Brennersystem für Dampfmotor
Ziel dieser Anwendung ist eine kompakte Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlage auf der Basis ei-
nes Dampfantriebs. Die von der Firma Enginion AG entwickelte Steam-Cell ist als mobile
Strom- und Wärmequelle, APU oder als Blockheizkraftwerk einsetzbar. Das Marktpotenzial
für die Steam-Cell im stationären Bereich kann den in Kap. 5.6.3 angestellten Überlegungen
entnommen werden. Bei jährlich 100.000 Einheiten ergibt sich bei 30 kW Brennerleistung
eine Gesamtleistung von 3 GW. Bei der Anwendung als APU können die bereits bei der
Standheizung verwendeten Zulassungszahlen verwendet werden. Bei einer thermischen
Leistung von 10 kW pro Einheit ergeben sich ca. 35 GW. Daneben sind weitere Anwendun-
gen, wie Schiffe oder Campingfahrzeuge denkbar, die jedoch ein deutlich kleineres Marktpo-
tenzial aufweisen. Das Verwendersystem Steam-Cell befindet sich noch in der Entwicklungs-
phase, ein Feldtest ist für 2005, die Markteinführung für 2007 geplant [63]. Die Realisierung
des oben genannten Marktpotenzials ist damit mit sehr hohem Marktrisiko verbunden. Der
5 Bewertung der Porenbrennertechnologie und Ableitung eines Handlungsprogramms
107
Porenbrenner konkurriert bei dieser Anwendung insbesondere mit dem bereits erwähnten
Ceramat-Oberflächenstrahlungsbrenner der Fa. Schott.
Bei der Ermittlung der Technologieattraktivität wird nur der stationäre Einsatzfall untersucht,
da die Anforderungen an das Brennersystem im mobilen Gerät sehr ähnlich sind. Dabei wird
angenommen, dass eine deutliche Kostenreduktion des Porenbrenners bei hoher Liefersi-
cherheit auf ein dem Ceramt-Brenner vergleichbares Niveau erzielt werden kann. Für beide
Systeme wird vorausgesetzt, dass die geforderte Lebensdauer bei geringem Ausfallrisiko
erreicht wird. Unter diesen Annahmen ergeben sich analog zu der Haushaltsheizung durch
die Nutzwertanalyse leichte Vorteile für den Porenbrenner. Die Details der Bewertung sind in
Tabelle 61 und Tabelle 62 aufgelistet.
Ein Dampfmotor-Funktionsmuster mit einem Porenbrenner wurde bereits von Mößbauer [53]
entwickelt und erfolgreich getestet. Der Entwicklungsbedarf am Brennersystem konzentriert
sich ähnlich wie bei der Haushaltsheizung auf die jeweils um ca. eine Größenordnung zu
optimierenden Faktoren Kosten und Lebensdauer der Keramiken. Darüber hinaus wird eine
praktikable, über den gesamten Betriebsbereich einsetzbare Flammenüberwachung benötigt.
Der Entwicklungsbedarf und das technische Risiko werden aufgrund der Herausforderungen
auf der Keramikseite mit mittel eingestuft. Die Ergebnisse sind in Tabelle 26 zusammenge-
stellt.
Brennersystem für Dampfmotor
Marktpotenzial Lebenszyklusphase
Verwendersystem
Benötigter F&E-
Aufwand
Risiko Technologie-
attraktivität
Stationär: 3 GW
Mobil: 35 GW Entstehung mittel M: sehr hoch
T.: mittel
102
Tabelle 26: Ergebnistabelle Brennersystem für Dampfmotor
Aufgrund des hohen Marktpotenzials und einer bereits fortgeschrittenen Porenbrennerent-
wicklung bei der Enginion AG ist die Steam-Cell trotz hohem Marktrisiko und relativ geringem
Abstand zu alternativen Verbrennungstechnologien ein interessantes Anwendungsfeld.
5.7.2.15 FCKW-Spaltung
Nach dem Bekannt werden der ozonschädigenden Wirkung der lange Zeit als unproblema-
tisch betrachteten fluorierten und chlorierten Kohlenwasserstoffe (FCKW) wurde die Produk-
tion in den Industrieländern ab 1996 verboten. Mehrere Studien zeigen, dass in Deutschland
ab 1994 ein Rückgang der zu entsorgenden FCKW-Menge zu verzeichnen ist und die Ent-
5 Bewertung der Porenbrennertechnologie und Ableitung eines Handlungsprogramms
108
sorgungsproblematik noch bis etwa 2020 anhalten wird [131]. Dadurch befindet sich die
FCKW-Spaltung, zumindest in den Industrieländern, bereits in der Marktdegenerationsphase.
Ein Großteil der FCKW-Spaltung erfolgt in Deutschland zentral in einer Anlage bei Frankfurt
durch Verbrennung mit Wasserstoff und Sauerstoff, wo ca. 1000 t FCKW jährlich entsorgt
werden können [132]. Das Verfahren ist von Hug [133] beschrieben und entspricht in etwa
einer Leistung von 1 MW. Aufgrund des oben genannten Verbots für FCKW besteht ein sehr
hohes Marktrisiko. Dezentrale Lösungen, die beispielsweise eine Entsorgung direkt bei Ver-
wertungsunternehmen von Kühlgeräten ermöglichen und einen Transport überflüssig ma-
chen haben sich bisher nicht durchgesetzt. Nach Hug [134] ist lediglich eine kleine Plas-
maanlage zur FCKW-Spaltung in Deutschland in Betrieb. Das Verfahren ist von Nentwig
[135] beschrieben. Neben den thermischen Verfahren existieren noch zwei weitere Möglich-
keiten zur FCKW-Spaltung ohne Verbrennung, die jedoch keine Bedeutung haben und auf-
grund der baldigen Marktdegeneration nicht weiter berücksichtigt werden [136], [137].
Grundsätzlich wird bei der FCKW-Spaltung angestrebt, die geforderten Emissionsgrenzwerte
bei möglichst geringem Aufwand einzuhalten. Neben den Emissionen sind eine einfache
Steuerung sowie eine Integration in die bestehenden Anlagen zu beachten. Standzeit und die
zum Großteil aus den Energiekosten bestehenden Nutzungskosten haben eine hohe Ge-
wichtung. Die Spaltung stellt bei der FCKW-Aufbereitung nur einen kleinen Teil des gesam-
ten Verfahrens dar [135]. Nach Hug [132] entfallen nur etwa 5% der Investitionskosten bei
der bereits bestehenden Anlage auf das Verbrennungssystem. Aufgrund dieses Verhältnis-
ses und der schweren Zugänglichkeit zu genauen Preisangaben werden die Investitionskos-
ten als identisch betrachtet und nicht weiter berücksichtigt. Ein Vergleich der bei dem Poren-
brennereinsatz entstehenden Erdgaskosten mit den Kosten für Wasserstoff und Sauerstoff
bei der bestehenden Anlage in Tabelle 36 zeigt, dass die Wirtschaftlichkeit der bestehenden
Anlage nicht übertroffen wird. Durch die bereits bestehende Infrastruktur bei der existieren-
den Anlage ist ein Technologiewechsel bei diesem Szenario nicht zu erwarten. Wird in einem
zweiten Szenario eine dezentrale FCKW-Entsorgung betrachtet, die den Transport zu einer
zentralen Anlage überflüssig macht, ergibt sich ein anderes Bild. Im Gegensatz zu der gut
ausgebauten Erdgasinfrastruktur gibt es nur an wenigen Stellen Zugang zu Wasserstoff und
Sauerstoff, so dass im dezentralen Betrieb hohe Transportkosten anfallen. Aus diesem
Grund sind hierfür Plasmaanlagen oder die Lösungsalternative mit einem Porenbrenner bes-
ser geeignet. Die Plasmaanlagen haben Vorteile durch sehr einfachen Umgang mit dem für
den Betrieb benötigten Strom und die dadurch einfache Handhabung und Regelbarkeit.
Deutlich geringere Energiekosten und Potenzial zu längeren Standzeiten sprechen für den
5 Bewertung der Porenbrennertechnologie und Ableitung eines Handlungsprogramms
109
Porenbrenner. Die Gegenüberstellung der beiden Szenarien erfolgt in Tabelle 63 bis Tabelle
65.
Die Machbarkeit der Porenbrenneranwendung wurde bereits anhand eines Labormusters
aufgezeigt. Dabei wurden 2 kg R114 pro Stunde mit einem 17 kW-Brenner gespalten. Die
von Wawrzinek [18] durchgeführten Versuchsreihen zeigten noch Entwicklungsbedarf bei
den eingesetzten Werkstoffen, der aufgrund der korrosiven Eigenschaften der Produkte mit
hoch bewertet wird. Dabei besteht auf der technischen Seite ein mittleres Risiko. Die Ergeb-
nisse sind in Tabelle 27 zusammengestellt.
FCKW-Spaltung
Marktpo-
tenzial
Lebenszyklusphase
Verwendersystem
Benötigter
F&E-Aufwand
Risiko Technologieattraktivität
Dezentral 1 MW Markt-
degeneration
hoch M: sehr hoch
T: mittel
108
Zentral,
Nachrüstung
1 MW Markt-
degeneration
hoch M: sehr hoch
T: hoch
90
Tabelle 27: Ergebnistabelle FCKW-Spaltung
Aufgrund des vergleichsweise kleinen Marktes und der bereits absehbaren Marktdegenerati-
on ist ein mit einer Dezentralisierung verbundener Technologiewechsel in der verbleibenden
Zeit nicht zu erwarten. Die bei der FCKW-Spaltung gewonnenen Erkenntnisse können jedoch
zukünftig bei der Entsorgung von chlorierten oder fluorierten Kohlenwasserstoffen eingesetzt
werden, die nicht von dem FCKW-Verbot betroffen sind und in der Kunststoffproduktion an-
fallen [138].
5.7.2.16 Chlorwasserstoffsynthese
Für Analysezwecke und die Halbleiterindustrie werden weltweit jährlich ca. 1 Mio. t [138]
hochreine Salzsäure benötigt, die direkt aus den Elementen H2 und Cl2 erzeugt werden. Dies
entspricht weltweit einer Leistung von ca. 80 MW [18]. Das Potenzial in Deutschland wird in
der Größenordnung von 10 MW abgeschätzt. Der Markt für Rein-HCl ist als konservativ zu
betrachten und beinhaltet keine großen Risiken. Die HCl-Herstellung läuft meistens gekop-
pelt mit anderen chemischen Prozessen ab. So wird in vielen Fällen die hochreine Säure
zum Eigenverbrauch hergestellt oder aus anderen Prozessen anfallendes Chlor aufgewertet
[138]. Durch eine im Vergleich zu Methan-Luft-Gemischen höhere Flammentemperatur, einer
etwa viermal höheren laminaren Flammengeschwindigkeit, einer Zündtemperatur von ca.
5 Bewertung der Porenbrennertechnologie und Ableitung eines Handlungsprogramms
110
200°C und der Gefahr einer Zündung durch UV-Strahlung werden die Brenner für die HCl-
Synthese üblicherweise als Diffusionsbrenner ausgeführt. Durch den Einsatz des Porenbren-
ners ergeben sich zwei alternative Möglichkeiten zur Optimierung der Chlorwasserstoffsyn-
these. Im ersten Szenario wird ein Betrieb mit vorgemischtem Wasserstoff und Chlor be-
trachtet, wodurch eine Minimierung des beim konventionellen Verfahren notwendigen Was-
serstoffüberschusses bei einer gleichzeitigen deutlichen Reduktion der Reaktorgröße erzielt
werden kann. Eine weitere Alternative der Rein-HCl-Synthese im Porenbrenner, die in einem
zweiten Szenario betrachtet wird, ist die Reaktion zwischen Chlor, Luft und Methan.
Das erste Szenario ist realistisch, wenn vorhandener Wasserstoff genutzt werden kann und
keine Zusatzkosten für Transport und Lagerung anfallen. Bei der Bewertung wird angenom-
men, dass bei der Reaktion keine Verunreinigungen des Produkts durch Reaktion der Salz-
säure mit den Keramikkörpern entstehen. Die Baugröße der Reaktoren wird bei dem Einsatz
des Porenbrenners deutlich reduziert und da das Reaktorvolumen zwischen 30 und 50% der
gesamten Anlage beträgt, kann das Gesamtsystem signifikant verkleinert werden. Neben
dem Austausch des Brenner-Brennkammer-Moduls sind zusätzlich ein Gaskühler und ein
Kreisgasgebläse in das bestehende System zu integrieren, so dass zusammen mit den Zu-
satzkosten für die in diesem Anwendungsfall verwendbaren kostengünstigen Schüttungen
die Einsparungen aufgrund der Reaktorverkleinerung ausgeglichen werden. Der relativ einfa-
che Aufbau der Reaktoren ermöglicht eine nachträgliche Umrüstung auf die Porenbrenner-
technologie. Durch geringeren Wasserstoffüberschuss werden die Betriebskosten durch den
Porenbrennereinsatz deutlich reduziert. Wird eine ausreichende Standzeit und die Beherr-
schung der Flammenstabilität auch in Extremsituationen vorausgesetzt, hat der Porenbren-
ner einen deutlichen technologischen Vorsprung. Die Details sind in Tabelle 66 und Tabelle
67 enthalten.
In einem Labormuster konnte die grundsätzliche Funktionalität der HCl-Synthese im Poren-
brenner erfolgreich demonstriert werden. Bei der Übertragung auf ein Funktionsmuster im
Industriemaßstab wurde aus Sicherheitsgründen die Mischung in der Zone A durchgeführt.
Bei ersten Versuchen konnten aufgrund der schlechteren Vormischung die guten Laborresul-
tate nicht erreicht werden. Die Sicherheitsproblematik konnte bisher noch nicht endgültig
gelöst werden und stellt damit die größte Herausforderung bei dieser Anwendung dar.
Daneben ist eine Erhöhung der Standzeiten und eine Überprüfung, ob die Produkte durch
Reaktion mit der Keramik verunreinigt werden, durchzuführen. Der F&E-Aufwand wird mit
mittel, aufgrund der Sicherheitsproblematik das technische Risiko mit sehr hoch einge-
schätzt.
5 Bewertung der Porenbrennertechnologie und Ableitung eines Handlungsprogramms
111
Im zweiten Szenario wird ein Betrieb mit Methan anstelle von Wasserstoff betrachtet. Wegen
der geringeren Rückschlaggefahr tritt die im ersten Szenario beschriebene Sicherheitsprob-
lematik nicht auf. Bei den Nutzungskosten ergibt sich in diesem Fall ein noch größerer Vor-
sprung gegenüber der konventionellen Technik mit Diffusionsbrennern. Neben dem nicht
notwendigen Wasserstoffüberschuss ergeben sich weitere Einsparungen bei den Betriebs-
kosten, da Methan vergleichsweise günstig gegenüber dem durch Transport teuren Wasser-
stoff ist, wie eine im Anhang durchgeführte Kostenabschätzung zeigt. Aufgrund einer zusätz-
lich notwendigen Nachbehandlung des CO-haltigen Abgases treten geringfügig höhere In-
vestitionskosten auf. Die Details sind in Tabelle 66 und Tabelle 68 enthalten.
Die grundsätzliche Machbarkeit der HCl-Synthese mit Methan wurde durch numerische Be-
rechnungen von Wawrzinek [18] aufgezeigt, erste experimentelle Ergebnisse mit einem Po-
renbrenner liegen ebenfalls vor. Der F&E-Bedarf besteht aus einer weiteren Charakterisie-
rung des Betriebsverhaltens, sowie der Optimierung der in Szenario 1 bereits beschriebenen
Keramikaspekte. Die Ergebnisse für beide Szenarien sind in Tabelle 28 zusammengestellt.
HCl-Synthese
Marktpo-
tenzial
Lebenszyklusphase
Verwendersystem
Benötigter
F&E-Aufwand
Risiko Technologie-
attraktivität
Szenario 1:
PB – H2/Cl2
10 MW
Marktsättigung mittel M: gering
T: sehr hoch
109
Szenario 2:
PB – CH4/Cl2/
Luft
<10 MW
Marktsättigung mittel M: gering
T: mittel
121
Tabelle 28: Ergebnistabelle HCl-Synthese
Die Chlorwasserstoff-Synthese ist ein sehr viel versprechendes Anwendungsfeld für die Po-
renbrennertechnologie, da in beiden Fällen die Betriebskosten signifikant gesenkt werden
können. Der alternative Herstellungsprozess über Chlor, Luft und Methan fällt zudem in eine
bisher nicht erschlossene Marktnische mit großem Vorsprung in der Technologieattraktivität
und einem vergleichsweise geringen Entwicklungsrisiko. Durch das kleine Marktpotenzial ist
die Bedeutung des Anwendungsfeldes ’HCl-Synthese’ für die Verbreitung der Porenbrenner-
technologie jedoch eingeschränkt.
5.7.2.17 Rußerzeugung
Industrieruße werden hauptsächlich als Füllstoff in der Gummiindustrie und als Farb-
Pigmente eingesetzt. Die Rußherstellung ist ein seit vielen Jahren bewährter industrieller
5 Bewertung der Porenbrennertechnologie und Ableitung eines Handlungsprogramms
112
Prozess und erfolgt durch unvollständige Verbrennung oder thermische Zersetzung von aro-
matischen Ölen oder anderen flüssigen oder gasförmigen Kohlenwasserstoffen. Das wich-
tigste Herstellverfahren ist der Furnace-Prozess, daneben sind noch das Degussa-
Gasrußverfahren und der Lamp-Black-Prozess bekannt [139]. In Deutschland werden ca.
350.000 t/Jahr [140], weltweit ca. 7 Mio. t/Jahr [141] hergestellt. Dazu werden in der Größen-
ordnung 1 GW Gasbrennerleistung weltweit bzw. 50 MW in Deutschland benötigt. Bei einer
Laufzeit von 10 Jahren beträgt das jährliche Marktpotenzial ca. 5 MW.
Im Furnace-Prozess wird in einer Brennkammer Heißgas durch Verbrennung von Erdgas mit
einem Diffusionsbrenner erzeugt. In den Heißgasstrom wird ein Ruß-Öl eingedüst, so dass
durch unterstöchiometrische Verbrennung Ruß entsteht. Nach einer bestimmten Verweilzeit
erfolgt eine schlagartige Abkühlung durch Eindüsung von Wasser. Der Porenbrenner kann
dabei zur Erzeugung des Heißgasstroms eingesetzt werden. In Abbildung 36 ist der Furnace-
Prozess abgebildet.
Abbildung 36: Der Furnace-Prozess zur Ruß-Herstellung [139]
Der Gasbrenner hat bei dieser Anwendung eine untergeordnete Rolle, da er als Vorstufe für
den Hauptprozess dient. Durch die nachgeschaltete Ölverbrennung, die als Hauptverursa-
cher der NOx- und CO-Emissionen angesehen werden kann, spielen die Emissionen der
Gasverbrennung eine eher untergeordnete Rolle. Ziel des Porenbrenner-Einsatzes ist die
Reduktion der Investitionskosten durch eine kleinere Brennkammer. Durch eine gleichmäßi-
gere Temperaturverteilung im Heißgasstrom wird zudem eine Absenkung des Gasverbrau-
ches sowie eine engere Korngrößenverteilung des Produkts erwartet. Dabei wird in Szenario
1 eine Neuanlage, in Szenario 2 die Umrüstung einer bestehenden Anlage betrachtet.
Durch den nicht notwendigen Bau der Brennkammer können in Szenario 1 die Mehrkosten
für den Porenbrenner ausgeglichen werden. Eine gleichmäßigere Temperaturverteilung des
Porenbrenners und geringere Wärmeverluste aufgrund der kleineren Bauweise ermöglichen
Brennstoffeinsparungen. Der Diffusionsbrenner ist geometrisch sehr einfach und robust auf-
5 Bewertung der Porenbrennertechnologie und Ableitung eines Handlungsprogramms
113
gebaut und ist dem Porenbrenner hinsichtlich der Lebensdauer überlegen. Insgesamt ergibt
sich beim Neubau ein kleiner Vorteil für den Porenbrenner. Bei bestehenden Anlagen können
im zweiten Szenario nur Brennstoffeinsparungen in geringem Umfang durch die gleichmäßi-
gere Temperaturverteilung realisiert werden. Dieser Vorteil wird durch den zusätzlichen Um-
rüstungsaufwand, höhere Brennerkosten und geringere Standzeiten zunichte gemacht. Die
direkt in der jeweiligen Zielerfüllungsmatrix durchgeführten Bewertungen befinden sich in
Tabelle 69 und Tabelle 70.
Bis auf die Langzeitstabilität, können die bereits verfügbaren Porenstrahler für diese Anwen-
dung eingesetzt werden. Neben Optimierung der Keramikkomponenten ist zu untersuchen,
ob die angestrebte Brennstoffeinsparung durch den Einsatz des Porenbrenners realisiert
werden kann. Der F&E-Aufwand wird als gering bei mittlerem Risiko eingestuft. Die Ergeb-
nisse sind in Tabelle 29 zusammnegefasst.
Russerzeugung
Marktpo-
tenzial
Lebenszyklusphase
Verwendersystem
Benötigter
F&E-Aufwand
Risiko Technologieattraktivität
Umrüstung 5 MW Marktsättigung gering M: gering
T: mittel
86
Neuanlage < 5 MW Marktsättigung gering M: gering
T: mittel
102
Tabelle 29: Ergebnistabelle Rußerzeugung
Aufgrund des geringen Marktpotenzials mit Neuanlagen und des geringen Zusatznutzens ist
das Anwendungsfeld Russerzeugung für die Porenbrennertechnologie weniger bedeutend.
5.7.2.18 Synthesegaserzeugung
Wie in Kap. 5.6.2 dargestellt, sind mit Wasserstoff betriebene Brennstoffzellen ein häufig
diskutiertes Szenario in der Energiewirtschaft. Bis ausreichend Wasserstoff aus regenerati-
ven Energiequellen bereitgestellt werden kann, wird die Produktion über fossile Energieträger
verlaufen. Bereits heute werden weltweit ca. 500 Mrd. Nm³ Wasserstoff vorwiegend aus fos-
silen Quellen durch chemische Prozesse umgesetzt [142]. Hierfür können Dampfreformie-
rung oder partielle Oxidation, bzw. eine Mischung aus den beiden Verfahren, die autotherme
Reformierung, eingesetzt werden [116]. Im großtechnischen Maßstab sind die Verfahren für
die Wasserstofferzeugung aus gasförmigen und flüssigen Kohlenwasserstoffen, sowie aus
Kohle, technisch ausgereift [143]. Im kleineren Maßstab ist mit flüssigen Brennstoffen noch
kein Reformer kommerziell erhältlich. Die partielle Oxidation wird aufgrund der niedrigen
5 Bewertung der Porenbrennertechnologie und Ableitung eines Handlungsprogramms
114
Wasserstoffausbeute zusammen mit SOFC-Brennstoffzellen eingesetzt. Häufig läuft die Re-
aktion unter Anwesenheit eines Katalysators ab (CPOX), eine thermische, nicht-katalytische
Betriebsweise in einem poröse-Medien-Reaktor (TPOX) ist ebenfalls realisierbar. Bedarf für
die Reformierung ist sowohl bei stationären, zur Kraft-Wärme-Kopplung eingesetzten als
auch bei mobilen Brennstoffzellen vorhanden. Im stationären Bereich kann das in Kap. 5.6.3
ermittelte Marktpotenzial von jährlich 200.000 stationären Brennstoffzelleneinheiten über-
nommen werden. Bei einer Leistung von jeweils 10 kW ergeben sich 2 GW Gesamtleistung.
Im mobilen Bereich ist ein Einsatz in der bereits mehrfach erwähnten APU geplant, so dass
das für die Steam-Cell in Kap. 5.7.2.14 ermittelte Potenzial übernommen werden kann.
Die TPOX konkurriert auf mehreren Ebenen mit alternativen Lösungen zur Bereitstellung
elektrischer Energie im Fahrzeug, was in Abbildung 37 aufgezeigt wird. Das Marktrisiko für
den als Verwendersystem betrachteten mobilen POX-Reformer wird deshalb mit hoch einge-
stuft.
Abbildung 37: APU und weitere Konzepte zur Bereitstellung elektrischer Energie in Fahrzeugen
Die Ermittlung der Technologieattraktivität für die TPOX findet damit in einem sehr komple-
xen Umfeld mit geringem Informationsstand über die Porenbrenneranwendung statt. Aus
diesem Grund wird die Gegenüberstellung mit der CPOX direkt in der Zielerfüllungsmatrix
durchgeführt. Die Problematik der Verdampfung der flüssigen Brennstoffe, die in beiden Fäl-
Dampfmotor Brennstoffzelle Verbrennungs-motor
APU
Partielle Oxidation
Autotherme Reformierung
Dampf-reformierung
TPOXCPOX
PEM
Lichtmaschine / Batterie
Brennstoffzellen-antrieb
SOFC
Bereitstellung elektrischer Energie im Fahrzeug
Diesel / BenzinWasserstoff
5 Bewertung der Porenbrennertechnologie und Ableitung eines Handlungsprogramms
115
len notwendig ist, wird bei der Betrachtung nicht berücksichtigt. Auf Basis der bisherigen
Erkenntnisse wird angenommen, dass sich der Einsatz des Katalysators bei der CPOX güns-
tig auf die Baugröße auswirkt. Bei vorgegebenem Reformierungswirkungsgrad benötigt ein
CPOX-Reformer somit weniger Bauraum. Bei der Modulierbarkeit bietet die Porenbrenner-
technologie Vorteile, ebenso wie bei der Regelung, da beim Katalysatoreinsatz bereits ein
kurzzeitiges Verlassen des Betriebsbereiches zu einer irreversiblen Katalysatordeaktivierung
führen kann. Die Qualität des erzeugten Synthesegases hinsichtlich unerwünschter Stoffe,
wie beispielsweise Ruß oder Stickoxide, ist bei dem Katalysatoreinsatz etwas höher. Da bis-
her keine marktfähigen mobilen Synthesegaserzeuger existieren und die beiden betrachteten
alternativen Systeme die gleiche Infrastruktur benötigen, bestehen bei der Integrationseig-
nung keine Unterschiede. Die Nutzungskosten korrelieren stark mit dem Reformerwirkungs-
grad, der bei beiden Alternativen auf das gleiche Niveau gesetzt wird. Bei den Investitions-
kosten und der Standzeit bestehen noch viele Freiheitsgrade, weshalb zwei Szenarien be-
trachtet werden. Im ersten Szenario wird angenommen, dass der Katalysator deutlich höhere
Kosten verursacht und die Standzeit durch Katalysatordeaktivierung gemindert wird. In die-
sem Fall ist die TPOX vorzuziehen. Im zweiten Szenario werden Kostennachteile aufgrund
des Katalysators durch die Kosten für poröse Medien, die Mehrkosten durch größere Bau-
weise und die aufgrund der hohen Temperaturbelastung notwendigen aufwendigeren Materi-
alien egalisiert. Des Weiteren wird davon ausgegangen, dass eine rasche Katalysatordeakti-
vierung verhindert werden kann und bei den beiden Alternativen gleiche Standzeiten erreicht
werden können. In diesem Szenario hat die CPOX Vorteile. Die Bewertung der beiden Sze-
narien ist in Tabelle 71 und Tabelle 72 dargestellt.
Von Wawrzinek [18] wurde bereits experimentell an einem Labormuster erfolgreich gezeigt,
dass der Porenbrenner als Reaktor für die partielle Oxidation von Methan eingesetzt werden
kann. Erste Vorversuche mit flüssigen Brennstoffen sind ebenfalls bereits durchgeführt wor-
den. Ergebnisse, die eine ausreichende Charakterisierung der thermischen partiellen Oxida-
tion mit flüssigen Brennstoffen und einen aussagekräftigen Vergleich mit anderen Verfahren
ermöglichen, liegen bis jetzt noch nicht vor und sind noch durchzuführen. Daneben wird wie
bei der Öl-Haushaltsheizung in Kap. 5.7.2.5 und der Standheizung in Kap. 5.7.2.8 ein kom-
pakter Ölverdampfer benötigt. Die bisher erreichten Standzeiten der keramischen Materialien
sind, zumindest im PKW-Bereich, ausreichend, die Auswirkungen der zusätzlichen mechani-
schen Belastungen im Betrieb sind jedoch noch nicht systematisch untersucht. Schließlich ist
eine Regelung des Prozesses unter den im mobilen Betrieb vorliegenden Randbedingungen
und unter Berücksichtigung des Regelverhaltens des Gesamtsystems mit Ölverdampfer,
5 Bewertung der Porenbrennertechnologie und Ableitung eines Handlungsprogramms
116
partieller Oxidation und Brennstoffzelle zu entwickeln. Der F&E-Aufwand und das technische
Risiko werden deshalb mit hoch eingestuft. In Tabelle 30 sind die Ergebnisse zusammenge-
stellt.
Synthesegaserzeugung mit POX-Reformer
Marktpotenzial Lebenszyklusphase
Verwendersystem
Benötigter
F&E-Aufwand
Risiko Technologieattraktivität
stationär: 2 GW
mobil: 35 GW Entstehung hoch M: hoch
T: hoch
Szenario 1: 113
Szenario 2: 95
Tabelle 30: Ergebnistabelle Synthesegaserzeugung mit POX-Reformer
Die technischen Probleme bei der Reformierung flüssiger Brennstoffe stellen einen wesentli-
chen Grund für Verzögerungen im Markteinführungsprozess der Brennstoffzelle im mobilen
Bereich dar. Aus diesem Grund besteht Bedarf an innovativen technisch umsetzbaren Re-
formerkonzepten.
5.8 Handlungsprogramm für die Porenbrennertechnologie
Aus den Einzelbewertungen im vorangegangenen Unterkapitel geht das große Potenzial der
Porenbrennertechnologie hervor. Wie bei der in Kap. 4.4 zusammengestellten Vorgehens-
weise, erfolgt im nächsten Schritt die Portfoliodarstellung der Bewertungsergebnisse in
Abbildung 38.
5 Bewertung der Porenbrennertechnologie und Ableitung eines Handlungsprogramms
117
Abbildung 38: Modifiziertes Portfolio für die Porenbrennertechnologie
Bei der Analyse des Portfolios können die drei aufgrund der Normstrategien wichtigen Berei-
che gut abgegrenzt werden. Im Bereich rechts oben mit der Fokussierungsempfehlung befin-
den sich Industriestrahler, die HCl-Synthese und der Brenner in der Brennstoffzellenperiphe-
rie. Dabei ist klar zu erkennen, dass der Industriestrahler kurzfristig das höchste Potenzial
bietet. Durch eine hohe Technologieattraktivität kombiniert mit geringem F&E-Bedarf und
Risiko besitzt der Industriestrahler ideale Voraussetzungen als erste kommerzielle Poren-
brenner-Anwendung vermarktet zu werden. Die höchste Technologieattraktivität bietet der
Einsatz des Porenbrenners in der Peripherie mobiler Brennstoffzellen. Im Gegensatz zu den
meisten Verwendersystemen ist diese Anwendung selbst noch in der Entwicklung. Dem ver-
gleichsweise geringen F&E-Bedarf seitens des Porenbrenners stehen noch grundlegende
Probleme im Verwendersystem entgegen. Diese Anwendung ist deshalb langfristig zu ver-
stehen. Die HCl-Synthese mit Methan hat aufgrund des geringen Marktpotenzials keine hohe
strategische Bedeutung.
Tec
hn
olo
gie
attr
akti
vitä
t
Benötigter F&E-Bedarfsehr hoch
sehr
hoc
hse
hr n
iedr
ig
Brenner für mobile BZ
Stand- und Zusatzheizung
Öl-Haushaltsheizung
Synthesegaserzeuger
Stirling
Steam-Cell
BZ-Spitzenlastbrenner
Rußerzeugung
TPV
Gasturbinen-pilotbrenner
Industriestrahler
FCKW-Spaltung
Industrieöfen
Hellstrahler
HCl-Synthese
Gas-Haushaltsheizung
Dampf- und Warmwasserkessel
HCl-Synthese (aus Methan)
Warmlufterzeuger
sehr niedrig
Risiko
niedrig
mittel
hoch
sehr hoch
sehr niedrigMarktpotenzial
< 1 MW
1-10 MW
10-100 MW
0,1 -1 GW
>10 GW
1 -10 GW
1
5 Bewertung der Porenbrennertechnologie und Ableitung eines Handlungsprogramms
118
Der Großteil der Anwendungen befindet sich im mittleren Bereich des Portfolios, so dass
jeweils eine fallweise Entscheidung getroffen werden muss. Trotz einer vergleichsweise ge-
ringen Technologieattraktivität stellt die Gas-Haushaltsheizung die mittelfristig wichtigste
Anwendung in diesem Portfoliobereich dar, da hier die größten Chancen bestehen, den Po-
renbrenner in den kommenden Jahren als Massenprodukt zu etablieren. Die bei höheren
Stückzahlen aufgrund der Erfahrungskurve zu erwartende Kostenentwicklung der kerami-
schen Bauteile kann die Vermarktung weiterer Anwendungen unterstützen. Die hohe techni-
sche Ähnlichkeit des Brenners zu den Wärmeerzeugern der Steam-Cell bzw. dem Brenn-
stoffzellen-Spitzenlastbrenner erhöhen zusätzlich die Bedeutung dieser Anwendung. Die
höchste Technologieattraktivität im mittleren Bereich des Portfolios weist der Porenbrenner
im Stirlingmotor auf. Wie bereits erläutert hat der Stirling derzeit nur eine geringe Bedeutung
in der Kraft-Wärme-Kopplung und die Renaissance des Stirlingmotors wird durch die Brenn-
stoffzelle massiv bedroht. Die aufwendige und spezifische Entwicklung eines Porenbrenners
zielt damit auf ein sehr riskantes Verwendersystem. Auf der anderen Seite stellt der Stirling
eine interessante Alternative beim Scheitern der Brennstoffzelle dar. Aufgrund der problema-
tischen Marktlage sollten nur Entwicklungsaktivitäten mit umsetzungsstarken Industriepart-
nern durchgeführt werden.
Die Synthesegaserzeugung hat ebenfalls eine hohe Technologieattraktivität und daneben ein
sehr großes Marktpotenzial. Die technische Bewertung basiert jedoch auf einer Reihe von
Annahmen, da bisher keine detaillierten experimentellen Ergebnisse zur Verfügung stehen.
Nach einer Validierung der Annahmen durch grundlegende Untersuchungen sollte die hier
durchgeführte Bewertung aktualisiert werden.
Die Öfen nehmen im Portfolio eine Sonderstellung ein, da es sich nicht um eine Standardan-
wendung, sondern um eine Vielzahl auf das jeweilige Produkt abgestimmte Einzelanlagen
handelt. Über die Werkstoffoptimierung hinausreichende Entwicklungsaufgaben sind dabei
nicht durchzuführen. Somit gilt es im Ofenbereich Industriepartner für eine Vermarktung der
Porenbrennertechnologie zu etablieren.
Die Heißwasser- und Dampferzeuger stellen zusammen mit der HCl-Erzeugung und der
FCKW-Spaltung die Gruppe von Verwendersystemen mit hohen Brennerleistungen dar. Die-
se Anwendungen liegen vom Marktpotenzial deutlich unter der Haushaltsheizung und der
Brennstoffzellenperipherie und sind eine interessante Alternative für den Fall, dass die Be-
mühungen, den Porenbrenner in einem Massenmarkt zu platzieren, erfolglos bleiben. Die
Technologieattraktivität eines porenbrennerbasierten Heißwasser- und Dampferzeugers er-
höht sich gegenüber dem betrachteten Betrieb mit Erdgas, wenn Schwachgase als Energie-
5 Bewertung der Porenbrennertechnologie und Ableitung eines Handlungsprogramms
119
quelle eingesetzt werden. Die übrigen Anwendungen in diesem Portfoliobereich sind Ni-
schenanwendungen mit geringerer Bedeutung.
Im dritten Portfoliobereich befinden sich Hellstrahler und Warmlufterzeuger, bei denen unter
den angenommenen Voraussetzungen keine Nutzenvorteile durch die Porenbrennertechno-
logie entstehen. Standheizung und Öl-Haushaltsheizung erscheinen bei der Einzelbetrach-
tung im Portfolio aufgrund des hohen F&E-Bedarfs ebenfalls weniger attraktiv.
In der Synergiematrix werden die Entwicklungsaktivitäten betrachtet, die sich aus der Diffe-
renz zwischen dem jeweiligen Ist-Stand und den im Referenzsystem angestrebten Zustand
ergeben. Drei der sieben Themenfelder beziehen sich auf die im Porenbrenner verwendeten
Werkstoffe. Für den stationären Betrieb steht die Standzeit bei ortsfestem Brenner im Mittel-
punkt. Die bei mobilen Anwendungen geforderten Betriebszeiten sind in der Regel deutlich
geringer und die bisher erzielten Standzeiten sind in vielen Fällen bereits ausreichend. Im
mobilen Betrieb treten jedoch zusätzliche mechanische Belastungen auf, über deren Auswir-
kungen noch keine gesicherten Erkenntnisse vorliegen. Aus diesem Grund werden die im
mobilen Betrieb auftretenden Belastungen getrennt betrachtet. Neben der Stabilität der Po-
renkörper sind die Kosten ein für viele Anwendungen wichtiges Kriterium. In der Synergie-
matrix werden weiterhin die Anwendungen berücksichtigt, die mit flüssigen Brennstoffen be-
trieben werden können und eine Ölverdampfung benötigen. In einigen Fällen, wie der Stand-
heizung und der Öl-Haushaltsheizung, ist eine Verdampfung zwingend erforderlich. Bei an-
deren Anwendungen, wie beispielsweise bei Öfen, ermöglicht ein Ölverdampfer den zusätzli-
chen Einsatz von flüssigen Brennstoffen. Weiterhin werden Flammenüberwachung und Peri-
pheriekomponenten für die Brennstoff- und Luftzuführung betrachtet, die notwendig sind, um
den vollen Modulationsbereich des Porenbrenners ausschöpfen zu können. Schließlich wird
noch der Druckverlust in der Synergiematrix berücksichtigt. Durch eine Reduzierung des
Druckverlusts können die in mehreren Anwendungen auftretenden Nachteile durch höhere
Gebläseleistungen verringert werden. Da die Druckverlustminimierung für eine Markteinfüh-
rung nicht zwangsläufig notwendig ist, wird dieser Aspekt in der Synergiematrix, die in
Abbildung 39 dargestellt ist, geringer gewichtet.
5 Bewertung der Porenbrennertechnologie und Ableitung eines Handlungsprogramms
120
Abbildung 39: Synergiematrix für die Porenbrennertechnologie
Neben der dominierenden Bedeutung der Werkstoffentwicklung korrigiert die Synergiematrix
die Bewertung der Porenbrenneranwendungen mit flüssigen Brennstoffen, die in der Einzel-
betrachtung im Portfolio aufgrund des hohen F&E-Bedarfs eine niedrige Priorität erhielten.
Durch die Synergieeffekte zwischen vielen Anwendungen ist der Entwicklung einer Ölver-
dampfung eine hohe Priorität einzuräumen.
In Tabelle 31 werden die für das Handlungsprogramm ermittelten Schwerpunkte mit den
aktuellen Tätigkeiten abgeglichen. Aus dieser Gegenüberstellung können die notwendigen
Aktionen abgeleitet werden. Ein ’+’ weist in der Tabelle auf eine Erhöhung der Aktivitäten, ein
’=’ auf gleich bleibende Aktivitäten hin.
Anwendung / Entwick-lungsaktivität
Aktueller Stand Aktion
Industriestrahler Markteinführung wird von der Fa. Gogas Goch GmbH & Co. vorbereitet
=
Brennstoffzellenperipherie Mehrere Kooperationsprojekte sind gestartet bzw. beantragt
=
Gas-Haushaltsheizung Entwicklung wird von der Fa. Promeos weitergetrie-ben
=
Werkstoffe Einzelne Unterarbeitspakete in einigen Entwick-lungsprojekten
+
Ölverdampfung Schwerpunkt der Aktivitäten liegen auf Kalte-Flamme-Verdampfern
= / +
Flammenüberwachung Keine speziellen Aktivitäten + Peripheriekomponenten Werden im Rahmen der Heizungsentwicklung von
der Fa. Promeos entwickelt =
Druckverlustminimierung Keine speziellen Aktivitäten +
Tabelle 31: Vergleich zwischen Handlungsprogramm und bestehenden Aktivi-täten
Standzeit Porenk.
Porenkörper rüttelfest
Ölver-dampfung
Kostenred. Porenk.
Flammen-überw.
Brenner-peripherie
Druckverlust
Industriestrahler 1Synthesegaserzeugung 1 1 0,5Steam-Cell 1 1 1 1 1 1 0,5Gas-Haushaltsheizung 1 1 1 1 0,5Öl-Haushaltsheizung 1 1 1 1 1 0,5Warmlufterzeuger 1 1 1 0,5Hellstrahler für Gebäudeheizung 1 1 1 0,5Stand- und Zusatzheizung 1 1 1 1 0,5Industrieöfen 1 1 1Brenner für mobile BZ 1 1 1 1 1 0,5BZ-Spitzenlastbrenner 1 1 1 1 1 0,5Stirlingmotor 1 1 1 1 0,5TPV 1 1 1 1 1 0,5Dampf- und Warmwasserkessel 1 1FCKW-Spaltung 1HCl - Synthese mit Wasserstoff 1HCl - Synthese mit Methan 1Russerzeugung 1 1 1Gasturbinenpilotbrenner 1 1
16 4 12 11 9 8 5,5
5 Bewertung der Porenbrennertechnologie und Ableitung eines Handlungsprogramms
121
Die Erkenntnisse lassen sich, wie in Abbildung 40 gezeigt, zu einer übersichtlichen Roadmap
zusammenfassen.
Abbildung 40: Roadmap für die Porenbrennertechnologie
Abschließend soll noch eine Einordnung der Porenbrennertechnologie nach der in Kap. 2.1
erläuterten Differenzierung zwischen prinzipiellen und graduellen Innovationen durchgeführt
werden. Durch eine Betrachtung der verschiedenen Anwendungen wird deutlich, dass z.T.
deutliche Unterschiede bestehen. Die Weiterentwicklung des konventionellen Industriestrah-
lers zum Porenstrahler ist beispielsweise als reine graduelle Innovation einzuordnen. Das
grundsätzliche Lösungsprinzip, durch Verbrennung von Erdgas Infrarotstrahlung zu erzeu-
gen, bleibt dabei ebenso erhalten wie die dafür notwendige Infrastruktur. Die konventionellen
Module können dabei einfach gegen die Porenbrennermodule ausgetauscht werden. Eine
andere Situation ist bei der FCKW-Spaltung vorzufinden. Hier differenziert sich der Poren-
brenner grundsätzlich von den bestehenden technischen Alternativen; eine Integration in
bestehende Anlagen ist nur mit hohem Aufwand möglich. Damit hat die FCKW-Spaltung mit
dem Porenbrenner einen starken prinzipiellen Charakter.
5.9 Interpretation der Bewertungsergebnisse
Am Beispiel der Porenbrennertechnologie kann gezeigt werden, dass Innovationsmanage-
ment-Methoden an Forschungseinrichtungen zur Planung der zukünftigen Aktivitäten einge-
setzt werden können. Bei der Darstellung im Portfolio wird eine gute Differenzierung der ver-
Öl-Porenbrenner
Werkstoffe - Standzeit
Druckverlustminimierung
Ölverdampfung
Flammenüberwachung
Peripheriekomponenten
Werkstoffe - Kosten
Brennstoffzellenperipherie
Gas-Haushaltsheizung
Industriestrahler
Öl-Porenbrenner
Werkstoffe - Standzeit
Druckverlustminimierung
Ölverdampfung
Flammenüberwachung
Peripheriekomponenten
Werkstoffe - Kosten
Brennstoffzellenperipherie
Gas-Haushaltsheizung
Industriestrahler
20.000 h bei kont. Betrieb
>20.000 h bei diskont. Betrieb mobiler Betrieb
Leistungsmod.-bereich: 1:5 1:20
Leistungsmod.-bereich: 1:5 1:20
2005 2010
10 €/kW <5 €/kW ca. 1 €/kW
X
XX
X
Generierung neuer und Konkretisierung vorhandener Ideen
X= Markteinführung
5 Bewertung der Porenbrennertechnologie und Ableitung eines Handlungsprogramms
122
schiedenen Anwendungen erreicht, die eine plausible Portfoliointerpretation ermöglicht. Die
über die Normstrategien aus dem Portfolio gewonnenen Aussagen ergeben einen ersten
Entwurf, der durch die Synergiematrix und weitere, durch die verdichtete Zusammenstellung
vernachlässigte Informationen, ergänzt werden muss.
Ein wichtiges Merkmal der systematischen Vorgehensweise ist die starke Orientierung am
jeweiligen Verwendersystem bei der Definition der Bewertungskriterien. Dieser Aspekt kann
beispielhaft an der kompakten Bauweise des Porenbrenners betrachtet werden. Die Quantifi-
zierung dieses Vorteils erfolgte in der Vergangenheit meistens über die Flächenleistung. Für
den Anwender entsteht jedoch nur ein Nutzen durch die neue Technologie, wenn es gelingt,
aus der hohen Flächenleistung des Brenners Größenvorteile für das Gesamtsystem zu erzie-
len. Weiterhin wird durch die im Rahmen der Bewertung zu führenden Expertengespräche
sichergestellt, dass frühzeitig Informationen von der Bedarfsseite einfließen. Die zu planen-
den Entwicklungsaktivitäten können dadurch gezielt auf alle relevanten Eigenschaften ausge-
richtet werden. Die Möglichkeit einer Verwendung bestehender Bewertungskriterien, sowie
die Einbindung einer Marktstudie zur Gewichtung der Kriterien für bekannte Verwender-
systeme konnten am Beispiel der Haushaltsheizung demonstriert werden. Bei der Planung
von Entwicklungsvorhaben für einzelne Anwendungen erweist sich als sehr hilfreich, dass
das Arbeitsprogramm aus der Differenz zwischen dem Ist-Stand und dem im Referenzsys-
tem angestrebten Zustand abgeleitet werden kann. Durch diese Vorgehensweise werden
sowohl alle notwendigen Funktionen der angestrebten Komponente, als auch die im Ver-
wendersystem notwendigen Änderungen erkannt. Die Zukunftsorientierung der Bewertung ist
ein weiterer wichtiger Aspekt der vorgeschlagenen Vorgehensweise. Neben dem Bedarf sind
dabei sowohl das eigene Potenzial, als auch die alternativen Lösungsmöglichkeiten zu dy-
namisieren. Aufgrund dieser Vielschichtigkeit besteht ohne eine systematische Vorgehens-
weise die Gefahr von Fehleinschätzungen. Die Extrapolation der Bedarfe in die Zukunft wird
in der Arbeit ausführlich an der Kraft-Wärme-Kopplung im Praxisbeispiel aufgezeigt. Grund-
legend verschiedene Verlaufsmöglichkeiten können dabei durch verschiedene Szenarien
abgedeckt werden. Für das eigene technische Potenzial ist die Zukunftsbetrachtung eben-
falls von hoher Bedeutung. Mit der Erfahrungskurve, die bei der Abschätzung der Kosten für
die keramischen Bauteile zum Einsatz kommt, steht zudem ein sehr einfaches Werkzeug für
die Generierung begründbarer Aussagen bezüglich zukünftiger Kosten zur Verfügung. Be-
rücksichtigt werden müssen jedoch auch die Fortschritte bei den alternativen Lösungsmög-
lichkeiten. Hierdurch können komplette Verwendersysteme von einer Substitution betroffen
sein, was beispielsweise beim Stirlingmotor beobachtet werden kann. In anderen Fällen, wie
5 Bewertung der Porenbrennertechnologie und Ableitung eines Handlungsprogramms
123
am Beispiel des Ceramat-Strahlungsbrenners aufgezeigt, werden durch Weiterentwicklungen
bei den direkten technologischen Alternativen spürbare Verbesserungen erzielt.
Neben der Vielzahl an Vorteilen werden auf der anderen Seite jedoch auch die Grenzen und
Schwierigkeiten des Methodeneinsatzes deutlich. Grundsätzlich treten die allgemeinen
Nachteile auf, die bei der Vorstellung von Technologieportfolio, Nutzwertanalyse und qualita-
tiven Bewertungsmethoden in Kap. 3 bereits erwähnt wurden. So basiert die Bewertung auf
mit Unsicherheiten behaftete Daten, die unter Vernachlässigung komplexer Zusammenhänge
verdichtet werden. Trotz dieser allgemein bekannten Schwierigkeiten finden die Methoden
häufig Anwendung in Wissenschaft und Praxis. Aus diesem Grund werden an dieser Stelle
insbesondere die Aspekte beleuchtet, die speziell an Forschungseinrichtungen eine Anwen-
dung behindern.
Die Beschaffung von Informationen der Bedarfsseite wird an Forschungseinrichtungen
grundsätzlich erschwert, da kein direkter Marktzugang vorhanden ist. Bei vielen hochspezifi-
schen Verwendersystemen fällt es zudem schwer, eine größere Anzahl an Experten mit dem
notwendigen Wissen aufzufinden. Dadurch basieren die Bewertungen häufig auf den Aussa-
gen weniger Experten und sind nicht statistisch belastbar. Darüber hinaus hatten mehrere
Experten Schwierigkeiten mit der vollständigen Auflistung der relevanten Bewertungskriterien
und einer plausiblen Gewichtung. Die in vielen Fällen bestehenden Geheimhaltungsverpflich-
tungen erschweren zusätzlich die Zusammenstellung der Informationen.
Durch den Einsatz von Szenarien können verschiedene Verlaufsmöglichkeiten berücksichtigt
werden. Die dadurch im Portfolio auftretenden Mehrfachnennungen minderen jedoch die
Übersichtlichkeit spürbar und erhöhen den Interpretationsaufwand. Diese Schwierigkeit kann
umgangen werden, indem die jeweils optimistischen, die Innovation unterstützenden Szena-
rien herangezogen werden. Da bei der Darstellung im Portfolio Potenzial und Risiko getrennt
aufgeführt werden, ist die Existenz alternativer Szenarien durch ein erhöhtes Risiko zu ver-
merken. Die Gültigkeit der Szenarien ist dabei regelmäßig zu überprüfen. Die Problematik
der Szenarienvielfalt wird insbesondere bei den Porenbrenneranwendungen zur Kraft-
Wärme-Kopplung deutlich. In diesem Markt konkurrieren drei verschiedene Porenbrenner-
anwendungen untereinander, für die jeweils das gesamte Marktvolumen angesetzt wurde.
Somit sind mindestes zwei Szenarien in der Zukunft anzupassen.
Die Verschiedenheit der Anwendungen erschwert die Ermittlung des jeweiligen Marktpoten-
zials. Durch die Betrachtung der jährlich benötigten Brennerleistung konnte diese Problema-
tik elegant umgangen werden. Dadurch können die Anwendungen im Portfolio durch sechs
Marktpotenzialklassen differenziert werden. Bei dieser Vereinfachung wird ein in der Realität
5 Bewertung der Porenbrennertechnologie und Ableitung eines Handlungsprogramms
124
unwahrscheinlicher linearer Zusammenhang zwischen Brennerleistung und Preis angenom-
men und der Unterschied zwischen Schaumkeramiken und Schüttungen wird vernachlässigt.
Da bei der Portfoliobewertung keine exakten Werte benötigt werden, sondern die Größen-
ordnungen entscheidungsrelevant sind, ist die im Praxisbeispiel gewählte Vorgehensweise
tolerabel. Eine derartige Vereinfachung ist jedoch nicht grundsätzlich durchführbar. In diesen
Fällen ist das Potenzial in Geldeinheiten anzugeben, so dass für jede Anwendung eine Sys-
temgrenze festzulegen ist. Am Beispiel der Haushaltsbrenner (siehe Abbildung 22) wird das
dabei auftretende Abgrenzungsproblem deutlich. So können der im Wesentlichen nur aus
zwei porösen Zonen bestehende Brenner, der Brenner zusammen mit der Brennstoffzufüh-
rung, die aus Brenner und Wärmetauscher bestehende Wärmezelle, das Heizgerät oder das
gesamte Heizsystem mit Wärmespeicher betrachtet werden. Eine über alle Anwendungen
hinwegreichende plausible und anwendbare Abgrenzung zu finden kann dabei zu Schwierig-
keiten führen.
Ein grundlegender Unterschied zwischen Forschungseinrichtungen und Unternehmen liegt,
wie bereits erwähnt, in der Finanzierung der Forschungsvorhaben und bei der Vermarktung.
In beiden Fällen liegt die Entscheidungsgewalt nicht in der Hand der Forschungseinrichtung
selbst, sondern bei einem Drittmittelgeber bzw. bei einem an der Innovation interessierten
Unternehmen, was die Umsetzung des erstellten Handlungsprogramms erschwert. Ein sys-
tematischer Innovationsprozess an Forschungseinrichtungen kann diese Planungsunsicher-
heiten nicht grundsätzlich egalisieren. Die Methodenanwendung trägt jedoch dazu bei, die
Bemühungen auf potenzialträchtige Anwendungen zu konzentrieren und hierfür überzeugen-
de Argumente vortragen zu können.
Die vorgestellten Innovationsmanagement-Methoden sind somit Werkzeuge, die eine syste-
matische Steuerung der Innovationsprozesse an Forschungseinrichtungen in einem unvoll-
ständigen und unsicheren informatorischen Umfeld erleichtern. Dabei wird an vielen Stellen
deutlich, dass es sich dabei um keine starren Vorgehensweisen handelt, sondern bei der
Informationsverdichtung und der Ergebnisinterpretation eine Anpassung an die jeweiligen
Gegebenheiten erforderlich ist. Die Methoden garantieren bei diesem Prozess einerseits
einen strukturierten Ablauf der Planungsaktivitäten und stellen darüber hinaus sicher, dass
für die Innovationsbetrachtung wichtige Aspekte wie Zukunftsorientierung oder die Ausrich-
tung am Verwendersystem berücksichtigt werden. Durch die Vielzahl an Freiheitsgraden bei
der Festlegung von Referenzsystemen und Systemgrenzen, der Erstellung verschiedener
Szenarien sowie für Portfoliointerpretation und Risikoeinschätzung kann jedoch auf umfang-
reichen technischen internen und externen Sachverstand nicht verzichtet werden.
125
6 Exemplarische Umsetzung des Handlungsprogramms
Das in Kap. 5.8 erstellte Handlungsprogramm zeigt, dass die Werkstoffoptimierung im Po-
renbrenner als wichtigster Schritt bei der Weiterentwicklung der Porenbrennertechnologie
betrachtet werden kann, da sie für alle Anwendungen eine sehr hohe Relevanz besitzt. Ähn-
liches gilt für die Flammenüberwachung, die in der Peripherie der meisten Porenbrenneran-
wendungen notwendig ist. Aus diesem Grund zielen die im Rahmen dieser Arbeit durchge-
führten Entwicklungsschritte auf die Werkstoffoptimierung und die Untersuchung der Flam-
menüberwachung im Porenbrenner.
6.1 Werkstoffoptimierungen für die Porenbrennertechnologie
In den vergangenen Jahren sind bereits umfangreiche Arbeiten zur Entwicklung langzeitsta-
biler keramischer und auch metallischer Werkstoffe für die Verbrennung in porösen Medien
durchgeführt worden. Diese Aktivitäten verliefen dabei meist im Rahmen von einzelnen
Brennerentwicklungen. Im Vordergrund dieser Projekte stand das Aufzeigen der prinzipiellen
Machbarkeit, die Weiterentwicklung der Werkstoffe war nur ein Unterziel. Aus diesem Grund
besteht noch ein Bedarf an längerfristigen und systematischen Werkstoffuntersuchungen, die
eine Analyse der Zusammenhänge zwischen den eingesetzten Keramiken und der Lebens-
dauer erlauben.
Um eine systematische Weiterentwicklung der Keramiken zu ermöglichen, werden im weite-
ren Verlauf dieses Kapitels einige Grundlagen für die im Porenbrenner eingesetzten Werk-
stoffe erläutert. Danach werden die bereits durchgeführten Entwicklungsschritte der Werk-
stoffoptimierung kurz zusammengefasst und die bekannten und dokumentierten Schadens-
fälle analysiert. Aufbauend auf den bisherigen Entwicklungsergebnissen wird schließlich ein
Maßnahmenpaket zur systematischen Weiterentwicklung der keramischen Materialien im
Porenbrenner konzipiert und umgesetzt.
6.1.1 Reaktionsverhalten der eingesetzten Hochtemperaturkeramiken
Zur systematischen Schadensanalyse ist die Kenntnis des Reaktionsverhaltens der in der
Porenbrennertechnik eingesetzten Keramiken notwendig, da Schäden an der Keramik durch
strukturelle oder chemische Veränderungen hervorgerufen bzw. begünstigt werden können.
Hierbei werden insbesondere Gaskorrosion, Wasserdampfkorrosion, Schmelzpunkterniedri-
gung durch Mehrkomponentensysteme und Sinterprozesse näher betrachtet.
6 Exemplarische Umsetzung des Handlungsprogramms
126
6.1.1.1 Gaskorrosion nichtoxidkeramischer Werkstoffe
Analog zu metallischen Werkstoffen sind nichtoxidische Keramiken oxidativen Angriffen aus-
gesetzt. Am Beispiel des im Porenbrenner eingesetzten Siliziumcarbides ist im Folgenden
eine Auswahl möglicher Reaktionen nach Quirmbach [144] zusammengestellt:
SiC + 0,5 O2 ßà Si + CO (6.1)
SiC + 0,5 O2 ßà SiO + C (6.2)
SiC + O2 ßà Si + CO2 (6.3)
SiC + O2 ßà SiO + CO (6.4)
SiC + O2 ßà SiO2 + C (6.5)
SiC + 1,5 O2 ßà SiO + CO2 (6.6)
SiC + 1,5 O2 ßà SiO2 + CO (6.7)
SiC + 2 O2 ßà SiO2 + CO2 (6.8)
SiC + CO ßà SiO + 2 C (6.9)
SiC + 2 CO ßà SiO2 + 3 C (6.10)
SiC + CO2 ßà Si + 2 CO (6.11)
SiC + CO2 ßà SiO + CO + C (6.12)
SiC + CO2 ßà SiO2 + 2 C (6.13)
Im Gegensatz zu Metallen geht bei Keramiken die Korrosion nicht immer mit einer formalen
Wertigkeitserhöhung einher. In einigen Fällen, wie in Gleichung 6.4, wird das Silizium bei
dem Korrosionsprozess sogar reduziert. Metallspezifische Korrosionsschutzmaßnahmen, wie
der kathodische Schutz, sind daher bei diesen Keramiken nicht anwendbar.
Die Produkte der Gaskorrosion können einen gasförmigen oder festen Zustand einnehmen.
Im ersten Fall, der auch als aktive Korrosion bezeichnet wird, führt der Prozess zu einem
Zerfall bzw. zu einer Auflösung der Keramik. Bei der passiven Korrosion bildet sich durch die
kondensierten Korrosionsprodukte eine Schutzschicht aus, die ein Fortschreiten der Korrosi-
on erschwert. Bei den im Porenbrenner herrschenden Bedingungen ist bei Siliziumcarbid
nach Nickel und Quirmbach [144] und Kriegesmann [145] passive Korrosion zu erwarten.
Der Korrosionsprozess ist durch eine Modellierung der dabei ablaufenden Diffusionsschritte
quantifizierbar. Bei aktiver Korrosion bezieht sich die Quantifizierung auf den Materialverlust,
bei passiver Korrosion auf die Dicke der sich bildenden Passivierungsschicht. Der geschwin-
6 Exemplarische Umsetzung des Handlungsprogramms
127
digkeitsbestimmende Schritt bei passiver Korrosion ist häufig die Diffusion durch die Schutz-
schicht der entstehenden Korrosionsprodukte. Über das Fick’sche Gesetz lässt sich nach
Quirmbach [144] das parabolische Wachstumsgesetz ableiten:
x2 = kp t (6.14)
Dabei ist x die Dicke der Schutzschicht, kp die parabolische Ratenkonstante und t die Zeit.
Die Ratenkonstante kp zeigt dabei starke Abhängigkeiten hinsichtlich der Temperatur, der
Atmosphäre und der spezifischen Keramikeigenschaften wie der Korngröße. Für einige spe-
zielle Fälle sind Literaturwerte für die parabolische Ratenkonstante vorhanden [144].
Neben dem parabolisch verlaufenden Aufbau der Schutzschicht kann die Korrosion auch
nach anderen Wachstumsgesetzen ablaufen. Bildet sich eine hochporöse Schutzschicht, die
dem Stoffaustausch keinen nennenswerten Diffusionswiderstand entgegensetzt, stellt sich
ein, zeitlich betrachtet, linearer Verlauf der Schutzschichtdicke ein. Neben Mischformen zwi-
schen linearem und parabolischem Verhalten stellt ein als ’pseudo-linear’ bezeichneter Ver-
lauf einen Sonderfall dar. Dieser Fall tritt ein, wenn durch stetige Rissbildung die Schutz-
schicht lokal und temporär durchlässig wird und dadurch immer wieder neue Reaktionen
ermöglicht. In Abbildung 41 sind einige mögliche Korrosionsverläufe einer ebenen Platte
dargestellt.
Abbildung 41: Gewichtsveränderung bei SiC als Funktion der Zeit bei der Gaskor-rosion einer ebenen Fläche
Zeit
Gewichts-änderung
linear
logarithmisch
pseudo-linear
parabolisch
6 Exemplarische Umsetzung des Handlungsprogramms
128
Ein weiterer Sonderfall der Gaskorrosion tritt beim Zusammentreffen der im Porenbrenner
enthaltenen Werkstoffe Siliziumcarbid und Aluminiumoxid ein. Unter oxidierenden Bedingun-
gen kommt es nach Quirmabch [144] zur Mullitbildung:
2 SiC + 3 Al2O3 + 2 O2 ßà 3 Al2O3 · 2 SiO2 + CO (6.15)
Die Verbindung ist nach dem Ort seines Entdeckens, die Isle of Mull in Schottland, benannt
und gehört zur großen Gruppe der Alumosilikate. Mullit ist die einzige unter Normaldruck und
hohen Temperaturen stabile kristalline Verbindung im System SiC-Al2O3, schmilzt erst bei
Temperaturen oberhalb von 1800 °C und zeichnet sich durch eine niedrige Kriechrate, gute
chemische Stabilität, niedrige Dichte sowie niedrigen thermischen Ausdehnungskoeffizienten
aus. Weiterhin ist nach Opila, Fox et al. [146] bekannt, dass Mullit unter reduzierenden Be-
dingungen zu einer selektiven Zersetzung der SiO2-Komponente neigt:
3 Al2O3 · 2 SiO2 + 2 H2 ßà 3 Al2O3 + SiO(g) + 2 H2O (6.16)
6.1.1.2 Wasserdampfkorrosion und Einfluss anderer Reaktionspartner
Bei hohen Temperaturen zeigt Wasserdampf eine sehr hohe Reaktionsbereitschaft und zer-
setzt die bei der passiven Korrosion von SiC entstehende SiO2-Schutzschicht. Nach Opila,
Fox et al.[146] sind dabei die folgenden drei Reaktionen zu betrachten:
SiO2 (s) + H2O (g) ßà SiO(OH)2 (g) (6.17)
SiO2 (s) + 2 H2O (g) ßà Si (OH)4 (g) (6.18)
2 SiO2 (s) + 3 H2O (g) ßà Si2O(OH)6 (g) (6.19)
Reaktion 6.17 wird nach Hildenbrand und Lau [147] bei niedrigem Druck als dominierend
betrachtet, während bei atmosphärischem Druck nach Hashimoto [148] Reaktion 6.18 über-
wiegt.
Daneben ist nach Scholze [149] seit langem bekannt, dass Wasserdampf in oxidierender
Atmosphäre zur Verdampfung von Aluminiumoxid unter Bildung von leicht flüchtigen Hydro-
xiden führt. Neben Wasserdampf beeinflussen eine Reihe weiterer Elemente und Verbindun-
gen die Stabilität der hier betrachteten Keramiken. So wurden bereits von Wawrzinek [18] die
Mechanismen zusammengestellt, die in einer chlor- und fluorhaltigen Atmosphäre bei SiC-
oder Al2O3-Keramiken ablaufen.
6.1.1.3 Sinterprozesse
Sinterprozesse sind nach Krause [150] physikalische Vorgänge, bei denen lose Kornkontakte
der einzeln nebeneinander liegenden Teilchen bei Temperaturerhöhung durch Stoffübergang
6 Exemplarische Umsetzung des Handlungsprogramms
129
geschlossen werden. Die Schließung von losen Kornkontakten bewirkt Kornwachstum und
eine Verfestigung des Materials ohne chemische Reaktionen. Die treibende Kraft bei der
Sinterung ist die Abnahme der Oberflächenenergie, der geschwindigkeitsbestimmende
Schritt bei Sinterprozessen ist der Stofftransport [150]. In Abbildung 42 wird ein einfaches
Sintermodell mit einer Kugel und einer ebenen Fläche betrachtet.
k t rx
m
n
=
Abbildung 42: Sinterprozess zwischen Kugel und ebener Platte
Dabei ist x der Radius des sich zwischen Kugel und Platte ausbildenden Sinterhalses, r der
Kugelradius, t die Zeit und k eine temperaturabhängige Konstante. Die Sinterexponenten n
und m sind Faktoren, die durch den vorherrschenden Stofftransportmechanismus festgelegt
werden. Dabei treten Oberflächendiffusion, Volumendiffusion, Verdampfung bzw. Kondensa-
tion sowie viskoses Fließen auf.
Bei der Herstellung von Keramikbauteilen nehmen Sinterprozesse eine wichtige Rolle ein.
Ungewünschte Sintervorgänge können jedoch auch zu Schäden an keramischen Bauteilen
führen. Hierfür sind verschiedene Effekte verantwortlich, wie in dem folgenden Abschnitt
verdeutlicht wird. So findet durch das bei Sintervorgängen stattfindende Kornwachstum eine
unkontrollierte Veränderung der keramischen Matrix statt. Dies kann sowohl zu einer Zu-
nahme, aber durch die Umlagerungen auch zu einer Abnahme der Festigkeit führen [144].
Weiterhin können Sinterprozesse nach Scholze [149] zur Schwindung des Materials führen.
Dieser Vorgang ist in Abbildung 43 verdeutlicht.
Abbildung 43: Schwindung bei Sinterprozesses
Vor Sinterung Nach SinterungSchwindung
x
r
6 Exemplarische Umsetzung des Handlungsprogramms
130
Durch Kornwachstum, das zu einer Dichteerhöhung führt, nimmt das Volumen bei gleich
bleibender Masse ab. Können die dabei im Material entstehenden Spannungen nicht abge-
baut werden, führt die Schwindung zur Rissbildung. Speziell bei faserverstärkten Oxidkera-
miken verursachen Sinterprozesse eine Versprödung des Werkstoffes, da die versinterten
Fasern, die als elastische Komponente in ein Bauteil eingebracht werden, ihre Funktion ver-
lieren. Als Folge der Versinterung einer faserverstärkten Keramik nimmt deren Thermo-
schockbeständigkeit ab.
6.1.1.4 Schmelzpunkterniedrigung durch Mehrkomponentensysteme
In Kap. 6.1.1.1 wurde bereits das aus SiO2 und Al2O3 bestehende Zweikomponentensystem
Mullit vorgestellt, das als spezieller Fall einer Gaskorrosion betrachtet wurde. Bei Zweikom-
ponentensystemen treten, vereinfacht betrachtet, zwei unterschiedliche Fälle auf. Bei der
Mischkristallbildung entstehen aus den beiden Ausgangskomponenten binäre Verbindungen.
Im anderen Fall gehen die beiden Komponenten keine Verbindung miteinander ein. Die Er-
läuterung dieses Falles erfolgt anhand Abbildung 44.
Abbildung 44: Phasendiagramm für Zweistoffsystem nach Scholze [149]
Auf der Abszisse des Diagramms sind die relativen Anteile der beiden Komponenten gegen-
läufig aufgetragen. Das linke Ende der Abszisse stellt somit die Reinkomponente A, das
rechte Ende die Reinkomponente B dar. Auf der Ordinate ist die Temperatur aufgetragen.
In dem Diagramm können vier verschiedene Bereiche abgegrenzt werden. Oberhalb der
Liquiduskurve liegt eine Schmelze vor. Der Schnittpunkt der Liquiduskurven wird als eutekti-
A + B
B + Schmelze
A + Schmelze
Schmelze
T T
Schmelz-punkt
Komp. A
Schmelz-punkt
Komp. B
Eutektikum
Liquiduskurve
Komp. A 100 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 Komp. AKomp. B 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 Komp. B
6 Exemplarische Umsetzung des Handlungsprogramms
131
scher Punkt bezeichnet, an dem ein Gleichgewichtszustand zwischen den beiden festen
Komponenten und der Schmelze vorliegt. Der Bereich unterhalb der Liquiduskurve und ober-
halb der Temperatur des Eutektikums besteht aus flüssiger Schmelze und je nach Konzent-
ration aus fester Komponente A oder B. Im Bereich unterhalb des Eutektikums liegen beide
Komponenten in fester Form als Gemisch vor. Die Schmelztemperatur am eutektischen
Punkt eines Zweikomponentengemisches liegt tiefer als die Schmelzpunkte der beiden Rein-
komponenten. Dieser Effekt wird als Schmelzpunkterniedrigung bezeichnet.
Die bereits erwähnte Mullitbildung, die ein Zweikomponentengemisch aus Al2O3 und SiO2
darstellt, führt damit auch zu einer Schmelzpunkterniedrigung von 2050 °C des reinen Al2O3
auf ca. 1800 °C. Neben Mullit spielen noch weitere Mehrkomponentengemische eine Rolle in
der Porenbrennertechnik. Je nach Qualität kann technisches Aluminiumoxid signifikante An-
teile an anderen keramischen Komponenten enthalten, die die Schmelztemperatur nach un-
ten verschieben. An dieser Stelle ist insbesondere auf Calciumoxid zu verweisen, das in
Reinform einen Schmelzpunkt von 2570 °C aufweist. Zusammen mit Aluminiumoxid, das bei
2050 °C schmilzt, ergibt sich eine Schmelzpunkterniedrigung bis auf ca. 1400 °C [151].
6.1.2 Stand der Werkstoffentwicklung für die Verbrennung in porösen Medien
Die Optimierung der keramischen Werkstoffe wurde bereits im Rahmen vieler Porenbrenner-
Entwicklungsprojekte vorangetrieben. An dieser Stelle werden die wichtigsten dabei erzielten
Entwicklungsfortschritte der letzten Jahre herausgegriffen.
Für die ersten Porenbrenner-Labormuster wurden von Trimis [52] keramische Schüttungen,
keramische Schäume und Metallgestricke verwendet. Dabei kamen Werkstoffe wie Alumini-
umoxid, Magnesiumoxid, Siliziumcarbid, Zirkoniumoxid, Cordierit, Tantal u.a. zum Einsatz.
Die Erfahrungen zeigten, dass die eingesetzten metallischen Werkstoffe den hohen Tempe-
raturen und den oxidierenden Bedingungen nicht dauerhaft standhalten können. Aus diesem
Grund konzentrierte sich die weitere Entwicklung mehr auf Al2O3-, ZrO2- und SiC-Werkstoffe,
die von Pickenäcker [152] näher charakterisiert werden.
In den letzten Jahren wurden die Weiterentwicklungsaktivitäten für die Verbrennungszone
stark auf SiC fokussiert. Zuerst kamen dabei Schaumstrukturen aus gesintertem SiC (SSiC)
zum Einsatz, die nach dem bereits 1963 patentierten Schwartzwalder-Verfahren [153] herge-
stellt werden. Dabei wird ein Polymerschaum in einer Keramiksuspension getränkt. Durch
Trocknung und anschließende Sinterung wird der Polymerschaum ausgebrannt und die
Schaumkeramik verfestigt. Die Keramikstege sind aufgrund des entfernten Polymerschau-
mes hohl. Die für die preiswert erhältlichen SSiC-Schäume angegebene Temperaturbestän-
6 Exemplarische Umsetzung des Handlungsprogramms
132
digkeit bis 1600°C in sauerstoffhaltiger Atmosphäre ist für den Porenbrennereinsatz nur für
kurze Zeiträume gültig. Durch die hohe Mikroporosität wird die Struktur durch Oxidationsre-
aktionen geschwächt, was zuerst zu einer Erniedrigung der Festigkeit bis hin zu einem Zerfall
der kompletten Strukturen führt.
Eine weiterentwickelte Variante des SSiC ist das siliziuminfiltrierte bzw. reaktionsgebundene
Siliziumcarbid (SiSiC bzw. RBSiC), bei dem elementares Si-Metall den inneren Hohlraum
und die Mikroporen in den Zellstegen ausfüllt [154]. Dabei wird elementares Silizium im Va-
kuum verdampft und im gasförmigen Zustand in die Keramik infiltriert. Durch Diffusionspro-
zesse gelangt das verdampfte Silizium in den Hohlraum und in die Mikroporen. Dort wird es
in die bereits vorhandene SiC-Matrix eingelagert. Durch die Einbettung des Siliziums führt
eine Erhitzung des Bauteils über den Schmelzpunkt von elementarem Silizium (ca. 1420 °C)
abhängig von der Struktur der keramischen SiC-Matrix nicht unbedingt zum sofortigen Aus-
fließen des elementaren Siliziums.
Eine weitere Verfahrensoptimierung wurde von der Schweizer Firma PTC durchgeführt. De-
ren Untersuchungen ergaben, dass sich nach dem Ausbrennen des Polymerschaumes
scharfkantige Übergänge ausbilden können, die auch nach der Infiltrierung des elementaren
Siliziums zur Rissbildung neigen. Durch einen weiteren Verfahrensschritt, bei dem ein koh-
lenstoffhaltiges Polymer vor der Silizium-Infiltrierung in das Bauteil infiltriert wird, ist es ge-
lungen, eine Glättung der Übergänge zu erzielen.
In Abbildung 45 sind typische SiSiC-Keramiken und eine Rasterelektronen-Aufnahme des
Querschnittes eines Steges abgebildet. Der mit ’1’ bezeichnete äußere Bereich besteht aus
porösem SiC, dessen Mikroporen mit elementarem Silizium gefüllt sind. Der mit ’2’ bezeich-
nete innere Stegbereich, der die Konturen des Polymerschaumes aufweist, besteht aus ele-
mentarem Silizium.
Abbildung 45: Poröse SiC-Schaumkeramik (links) und Rasterelektronenmikro-skop-Aufnahme eines Stegquerschnittes (rechts)
6 Exemplarische Umsetzung des Handlungsprogramms
133
Neben den Schaumstrukturen werden auch Lamellen- und Mischerstrukturen in Zone C ein-
gesetzt, die einen geringeren Druckverlust aufweisen aber im Vergleich zu den Schäumen
mechanisch weniger stabil sind. Bei Labortests traten bisher nach einigen hundert Stunden
bereits Erweichungsprobleme auf. Schüttungen aus Kugeln oder Füllkörper kommen derzeit
nur noch in Sonderfällen zum Einsatz, da die Gesamtporosität dieser Materialien vergleichs-
weise gering ist, so dass hohe Druckverluste entstehen und die Brenner aufgrund der großen
Wärmekapazität des Porenkörpermaterials sehr träge reagieren.
In der ersten Entwicklungsphase kamen in der Stabilisierungszone hauptsächlich Kugel-
schüttungen zum Einsatz. Aufgrund der bereits genannten Nachteile wurden die Schüttungen
mittlerweile durch keramische Lochplatten ersetzt. Diese bestehen in der Regel aus Alumini-
umsilikatfasern. Dabei kommen verschiedene Fasermischungen zum Einsatz, die letztlich die
Qualität der Lochplatten bestimmen. Dabei werden die Bezeichnungen HT 140 für Standard-
qualität bis HT 180 für höherwertige Fasern verwendet. Bei der Herstellung der Lochplatte
wird, wie in Abbildung 46 verdeutlicht, eine wässrige Fasersuspension mit organischen Bin-
demitteln über ein Nadelbett angesaugt. Die Fasern lagern sich dabei um die bereits im
Werkzeug integrierten Nadeln an. Als Füllstoff wird Tonerde verwendet, wodurch der Silizi-
umanteil der Lochplatte steigt. Dieser liegt, gemessen in Atomprozent ohne Berücksichtigung
des Sauerstoffs, zwischen 20 und 30 Atomprozent, der von Aluminium zwischen 70 und 80
Atomprozent.
Abbildung 46: Skizze zur Herstellung der Lochplatte
Zur Erhöhung der mechanischen Festigkeit und zur Vermeidung von Erosionseffekten kann
die Lochplatte einem Härteprozess unterzogen werden. Dabei wird die Keramik in ein silikat-
haltiges Härtemittel getaucht und anschließend in einem Ofen getrocknet.
Die Ausdehnung einer ebenen Lochplatte bei höheren Temperaturen führt aufgrund der
Wärmeausdehnung zu einer Wölbung der Oberfläche. Da die Verbrennungszone, wie in
Abbildung 47 gezeigt, häufig über ein Haltegitter fixiert wird, drückt die Wölbung der Stabili-
Faser-Suspension
Saugen durch Unterdruck
Zone A
Nadeln
Metallplatte mit kleinen Löchern
6 Exemplarische Umsetzung des Handlungsprogramms
134
sierungszone die Verbrennungszone gegen das Haltegitter. Die Druckstellen können sowohl
zu Rissen in der Stabilisierungs- oder Verbrennungszone, als auch zu Verformungen des
Haltegitters führen. Durch eine Vertiefung in der Stabilisierungszone, die ebenfalls in
Abbildung 47 angedeutet ist, kann dieser Effekt vermieden werden.
Abbildung 47: Wölbung der Stabilisierungszone bei hohen Temperaturen
2001 wurden Feldtests mit über einhundert Porenstrahlungsbrennern gestartet. Dabei wur-
den neben mehreren diskontinuierlich betriebenen kleineren Anlagen zwei im Dauerbetrieb
arbeitende Trocknungsanlagen mit jeweils über 50 Porenstrahlern bestückt. Nach ca. 5000 h
Dauerbetrieb mussten die Tests in beiden kontinuierlich laufenden Anlagen abgebrochen
werden, da mehrere Porenbrenner zurückgeschlagen waren. Die beiden Trocknungsanlagen
der kontinuierlich durchgeführten Tests werden im Folgenden näher betrachtet.
6.1.3 Analyse der Schadensfälle aus den Feldtests
Nach dem Abbruch des Feldtests wurden sowohl die zurückgeschlagenen als auch die noch
funktionsfähigen Porenbrenner demontiert und standen für eine Schadensanalyse zur Verfü-
gung. Die im Folgenden beschriebenen Analysen wurden an beschädigten, aber noch funkti-
onstüchtigen Brennern durchgeführt, da die zurückgeschlagenen Brenner durch Schmelzen
des Metallgehäuses völlig zerstört wurden. Die Stabilisierungszonen der Porenbrenner waren
aus HT 140 gefertigt und gehärtet. In der Verbrennungszone kam ein SiSiC-Schaum zum
Einsatz.
In Abbildung 48 sind Schadensbilder von Zone A und C der ersten Anlage dargestellt. Die
Zone A ist dabei stark angegriffen und auf der Zone C ist eine weiß-graue Verkrustung zu
erkennen. Aus dem Schadensbild ließ sich nicht direkt die Ursache für den Ausfall der Bren-
ner erklären. So war zunächst unklar, ob die Belagbildung in Zone C zu einer Überhitzung
geführt hat oder ob die Zersetzung der Zone A die Ausfallursache darstellt. Daneben befand
sich auf Zone A ein sandartiges Material, dessen Herkunft und Zusammensetzung ebenso
ungeklärt war.
Kalter Zustand Heißer Zustand
Ohne Vertiefung
Mit Vertiefung
Zone AZone C
Halterungs-gitter Druckstellen
6 Exemplarische Umsetzung des Handlungsprogramms
135
Abbildung 48: Poröse Werkstoffe aus einem ausgebauten Brenner der Anlage A – stark angegriffene Zone A mit sandartiger Verunreinigung (links) und zugesetzte Zone C (rechts)
Um die offenen Fragen zu klären, wurde zuerst, wie in Abbildung 49 dargestellt, eine verkrus-
tete Zone C in einen Porenbrenner integriert. Bereits nach kurzer Betriebszeit war keine Ver-
krustung mehr zu erkennen.
Abbildung 49: „Freibrennen“ der Verkrustung (links) und Zone C nach dem „Frei-brennen“ (rechts)
Zusätzlich wurde eine Probe der Verkrustung entnommen, in einem Rasterelektronenmikro-
skop analysiert und mit einer neuwertigen Zone A verglichen. Die Ergebnisse sind in
Abbildung 50 dargestellt.
Vor Freibrennen
Nach Freibrennen
6 Exemplarische Umsetzung des Handlungsprogramms
136
Abbildung 50: Analyseergebnis der Zusammensetzung des Belags (links) und Analyseergebnis der Zusammensetzung einer neuen Zone A (rechts)
Die Peaks der beiden Analysen sind nahezu identisch und unterscheiden sich lediglich durch
den Calcium-Peak, der bei der weißen Verkrustung sehr deutlich, bei der neuwertigen Platte
dagegen nur gering ausgeprägt ist. Die Verkrustung besteht somit mit hoher Wahrscheinlich-
keit aus in Zone A heraus gelöstem Material. Das Material wurde durch eine in Kap. 6.1.1.2
beschriebene Siedepunktserniedrigung aufgrund der Anwesenheit von Calcium ausgetragen.
Die Analyse des sandartigen Materials (Abbildung 51), das auch auf der stromaufwärts der
Zone A befindlichen Verteilerplatte gefunden wurde, ergab einen Calciumanteil von knapp 50
Gew.-%.
Abbildung 51: Analyseergebnis der Zusammensetzung des sandartigen Materials (links) und sandartiges Material auf der Anströmseite der Verteiler-platte (rechts)
Die Ergebnisse weisen auf einen Eintrag des Materials von außen hin. Um diese These zu
bestätigen wurde der absolute Calciumgehalt einer neuwertigen Zone A mit der in dem
sandartigen Material befindlichen Calciummenge verglichen.
Calcium-Peak
Calcium-Peak
Calcium-Peak
6 Exemplarische Umsetzung des Handlungsprogramms
137
Die bisher durchgeführten Analysen mit dem Rasterelektronenmikroskop eignen sich für die
Konzentrationsbestimmung punktueller Bereiche. Da in diesem Fall nicht eine lokale Kon-
zentration bestimmt werden soll und aufgrund des heterogenen Aufbaus der Stabilisierungs-
zone mit starken Konzentrationsschwankungen innerhalb der Platte gerechnet werden muss,
wurde der durchschnittliche Calciumgehalt der Zone A mittels ICP untersucht. ICP (Inductive-
ly Coupled Plasma) ist ein Verfahren der optischen Atomspektroskopie, bei dem durch Ener-
giezufuhr ein Emissionsspektrum der Analysenprobe erzeugt wird. Zur quantitativen Analyse
werden die Intensitäten der erzeugten Spektrallinien gemessen. Das ICP besteht aus drei
konzentrisch angeordneten Rohen. Das innerste wird nach Doerffel, Geyer et al. [155] von
der in Lösung gebrachten Analysenprobe durchströmt, im mittleren wird Plasmagas einge-
strömt und durch das äußere wird ein Kühlgasstrom zugeführt.
Die an 6 verschiedenen Stellen der Lochplatte durchgeführte ICP-Analyse ergab überein-
stimmend, dass in einer neuwertigen Zone A ca. 0,1 Gew.-% Calcium enthalten sind, was
einer Gesamt-Calciummenge pro Zone A von etwa 0,1 g entspricht. Zur Abschätzung des
Calciumgehalts in der beschädigten Platte wurde eine Gewichtsbestimmung sowohl von dem
sandartigen Material auf der Verteilungsplatte als auch von dem Belag, der abgekratzt wur-
de, durchgeführt. Über die durch die Rasterelektronenanalyse bestimmte Zusammensetzung
des sandartigen Materials wurde festgestellt, dass mehrere Gramm Calcium in der zerstörten
Keramikplatte enthalten waren.
Somit konnte nachgewiesen werden, dass Calcium durch die Verbrennungsluft von außen in
den Brenner eingetragen wurde und durch die in Kap. 6.1.1.4 beschriebene Schmelzpunkt-
erniedrigung zu den Schädigungen geführt hat. Die Schadensfälle wurden durch äußere
Einwirkungen verursacht und treten nur in Sonderfällen auf, wenn die Verbrennungsluft mit
calciumhaltigen Stäuben verunreinigt ist.
Bei der zweiten Anlage kam es ebenfalls zu einigen Brennerausfällen durch Rückschlag. Die
Schadensbilder des in Abbildung 52 gezeigten Brenners unterscheiden sich jedoch von den-
jenigen der Brenner aus der ersten Anlage. Von acht untersuchten, noch nicht zurückge-
schlagenen Porenbrennern waren vier noch völlig intakt, zwei zeigten leichte Risse in der
Zone A auf und nur die restlichen zwei Brenner wiesen deutliche Abtragungsspuren in den
Randbereichen und insbesondere an den Ecken auf. Die Verbrennungszonen der Brenner
waren bis auf einige Risse optisch unbeschädigt und lediglich durch unterschiedlich starke
weiße Belege bedeckt.
6 Exemplarische Umsetzung des Handlungsprogramms
138
Abbildung 52: Im Randbereich angegriffene Zone A aus Anlage 2 (links) und die dazugehörige, nahezu unversehrte Zone C (rechts)
Die Analyse der Zone A im Bereich der Schädigung mit dem Rasterelektronenmikroskop
(Abbildung 53) deutet auf einen vergleichsweise geringen Calciumgehalt hin. Die Verteiler-
platte ist darüber hinaus nicht belegt, so dass in diesem Fall offensichtlich keine Kontamina-
tion mit Calcium von außen stattgefunden hat.
Abbildung 53: Analyseergebnis der Zusammensetzung der zerstörten Stelle auf Zone A (links) und Verteilerplatte ohne Verschmutzung (rechts)
Durch visuelle Untersuchungen der Randbereiche konnten jedoch Hohlräume im Materialge-
füge entdeckt werden. Die Ursache für diese Inhomogenitäten ist im Herstellungsprozess der
Platte zu finden. Durch die eng stehenden Nadeln bei dem in Abbildung 46 beschriebenen
Herstellungsprozess wird die Anlagerung der Fasern erschwert, was insbesondere in den
Randbereichen zu der Ausbildung von Hohlräumen führt, was in Abbildung 54 betrachtet
werden kann.
Calcium-Peak
6 Exemplarische Umsetzung des Handlungsprogramms
139
Abbildung 54: Inhomogenitäten im Randbereich der Lochplatte
Aus der Schadensanalyse resultierte, dass zwei verschiedene Schadensfälle vorlagen. Zum
einen wurden die Stabilisierungszonen durch von außen mit der Verbrennungsluft eingetra-
genem Calcium zerstört, andererseits führten herstellbedingte Dichtefluktuationen am Loch-
plattenrand zu Ausfällen. Beide Schädigungsmechanismen führen damit zu einem Versagen
der Stabilisierungszone. Die Verbrennungszonen aus SiSiC waren in beiden Fällen noch
einsatzbereit.
6.1.4 Optimierungskonzept für Werkstoffe
Durch die bereits im Feldtest erreichten 5000 Betriebsstunden ist bei der Materialkombination
Oxidkeramik-Lochplatte mit SiSiC-Schaumkeramik ein deutliches Potenzial zu erkennen. Da
einige Brenner nach dem Test noch völlig unversehrt waren, erscheint es realistisch, dass
durch Optimierungsschritte eine für mehrere Anwendungen ausreichende Werkstoffstandzeit
erreicht werden kann.
Um eine auch über diese Materialpaarung hinausgehende systematische Werkstoffoptimie-
rungen betreiben zu können, sind eine Reihe weiterer Maßnahmen notwendig. Hierzu gehört
der Aufbau einer Testinfrastruktur, die Langzeittests unter definierten und kontrollierbaren
Bedingungen ermöglicht. Dadurch können die Zeitkonstanten der in Kap. 6.1.1 vorgestellten
Schädigungsmechanismen experimentell ermittelt und belastbare Aussagen zur Langzeitsta-
bilität generiert werden. Zudem sind standardisierte Testverfahren zu entwickeln, die einen
aussagekräftigen Vergleich ermöglichen. Schließlich ist noch die Suche nach weiteren für
den Einsatz in der Porenbrennertechnologie geeigneten Werkstoffen zu nennen. Zum einen
werden Werkstoffe für Anwendungen mit höheren Anforderungen, beispielsweise durch Vor-
wärmung oder aggressive Stoffe, benötigt. Andererseits erfordern die wirtschaftlichen Rand-
bedingungen auch Fortschritte auf der Kostenseite.
Aufgrund dieser Voraussetzungen wurde die Keramikweiterentwicklung in kurzfristige und
langfristige Maßnahmen unterteilt. Ziel der kurzfristigen Maßnahmen ist die Optimierung der
6 Exemplarische Umsetzung des Handlungsprogramms
140
in Kap. 6.1.3 analysierten Zone A aus Al2O3 hinsichtlich der Qualität, um die bei mehreren
Anwendungen fälligen Dauer- und Feldtests durchführen zu können. Ziel der langfristigen
Maßnahmen ist die kontinuierliche und systematische Werkstoffoptimierung zur Erreichung
der in Kap. 5.8 angegebenen Zielgrößen.
6.1.5 Umsetzung der Maßnahmen
Die Umsetzung der Maßnahmen ist eine langfristige und umfangreiche Aufgabe, die auch die
Keramikhersteller, sowie die an einer Vermarktung der Porenbrennertechnologie interessier-
ten Unternehmen betrifft. Die Aktivitäten sind in dem vom Bundesministerium für Wirtschaft
und Arbeit geförderten Innonet-Kooperationsprojekt CERPOR (IN 3534) gebündelt. Im Rah-
men der vorliegenden Arbeit wurden die kurzfristigen Maßnahmen umgesetzt und die länger-
fristigen Maßnahmen konzipiert und initiiert. Die Infrastruktur für die Langzeittests befindet
sich bereits im Aufbau.
6.1.5.1 Umsetzung der kurzfristigen Maßnahmen
Die kurzfristigen Maßnahmen konzentrieren sich auf die Optimierung der Stabilisierungszo-
ne, um einen Betrieb des Porenbrenners über die bisher erreichten 5000 h zu ermöglichen.
Aus der in Kap. 6.1.3 durchgeführten Schadensanalyse geht hervor, dass sowohl in der
Verbrennungsluft enthaltenes Calcium, als auch Dichtefluktuationen in der Lochplatte zu den
Ausfällen führten. Ersteres ist als Sonderfall zu sehen, da nur in besonderen Einsatzfällen
große Calciummengen über die Verbrennungsluft zu der Keramik gelangen. Über Luftfilter
kann dies relativ unkompliziert unterbunden werden.
Um die Anlagerung der Fasern durch die eng stehenden Nadeln nicht zu behindern und da-
mit die Dichtefluktuationen zu verursachen wurde der in Abbildung 46 abgebildete Herstel-
lungsprozess geändert, indem das Nadelbett entfernt wurde. Die Einbringung der Löcher
erfolgt seit der Änderung in einem nachgelagerten Prozessschritt. Aufgrund von Problemen
bei der Locheinbringung mit dem Material HT 140, wurde HT 180 verwendet.
Eine Überprüfung der Dichte im Randbereich und in der Mitte einer nach dem neuen Verfah-
ren hergestellten Lochplatte ergab, dass eine sehr homogene Dichteverteilung über die ge-
samte Lochplatte erhalten wird. Größere Hohlräume wurden nach der Umstellung des Her-
stellungsverfahrens nicht mehr beobachtet. Da die Lochplatte, wie in Kap. 6.1.2 beschrieben,
eine Wölbung nach innen benötigt, die in diesem Fall durch Eindrücken der Oberfläche ein-
gebracht wurde, ist die Dichte im mittleren Bereich etwa 10% höher. In Abbildung 55 sind die
Messergebnisse dargestellt.
6 Exemplarische Umsetzung des Handlungsprogramms
141
Abbildung 55: Lokale Dichtemessungen einer ungehärteten Lochplatte (HT 180) in g/cm³
Tests mit einer größeren Anzahl ohne Nadelbett produzierten Lochplatten im Porenbrenner
führten jedoch bereits nach wenigen Betriebsstunden zum Abplatzen von Material an der
heißen Seite. Teilweise fand, wie in Abbildung 56 gezeigt, eine Delamination über große
Bereiche der Oberfläche statt.
Abbildung 56: Delamination der Lochplatte nach Umstellung des Herstellverfah-rens
Zur Erklärung der Delaminationserscheinungen wurde ein umfangreiches Analysenpro-
gramm zusammengestellt. Die Durchführung der Untersuchungen fand bei der DLR in Köln-
Portz statt.
Dabei wurde der strukturelle Aufbau der Lochplatte mit einem Rasterelektronenmikroskop
und mit Röntgenaufnahmen untersucht. Durch den in Abbildung 46 beschriebenen Herstel-
lungsprozess ist ein schichtartiger Aufbau der Lochplatte zu erwarten. Daneben wurde ver-
mutet, dass sich die Fasern in einer Vorzugsrichtung anlagern. Somit galt es festzustellen, ob
die Delamination durch eine Vorzugsrichtung der Fasern bzw. einen schichtartigen Aufbau
der Lochplatte begünstigt wird. In Abbildung 57 sind Rasterelektronenmikroskopaufnahmen
von zwei verschiedenen Lochplatten Nr. 1 und Nr. 2 sowie eine Röntgenaufnahme von
Lochplatte Nr. 1 dargestellt.
ca. 2 mm
20 mm 0,41
0,39
0,41
0,37
0,36
0,40
6 Exemplarische Umsetzung des Handlungsprogramms
142
Abbildung 57: Rasterelektronenaufnahme Lochplatte Nr. 1(links) und Nr. 2 (mitte) sowie Röntgenaufnahme von Nr. 1 (rechts)
Auffallend ist, dass die Fasern bei der Rasterelektronenaufnahme von Lochplatte Nr. 1 keine
eindeutige Vorzugsrichtung aufweisen, während dies bei der Lochplatte Nr. 2 der Fall ist.
Durch die Röntgenaufnahme zeigt sich jedoch auch für die Lochplatte Nr. 1 ein schichtartiger
Aufbau über einen größeren Bereich der Lochplatte. Offensichtlich ist der schichtartige Auf-
bau nicht über die gesamte Lochplatte mit gleich bleibender Intensität vorhanden.
Um dem schichtartigen Aufbau entgegenzuwirken, wurde eine Modifikation an der in
Abbildung 46 bereits erwähnten metallischen Ansaugplatte durchgeführt, an der sich die
Fasern bei der Herstellung der Lochplatte anlagern. Die wellenförmige Oberfläche der Me-
tallplatte setzt sich in der Lochplatte fort und verhindert eine ebene Schichtung der Fasern.
Abbildung 58: Wellige Ansaugplatte für die Herstellung der Stabilisierungszone
Durch weitere Untersuchungen mit dem Rasterelektronenmikroskop wurde das Ergebnis des
Härteprozesses analysiert. Der Härter wird über eine wässrige Phase in die Faserplatte ein-
gebracht. Durch einen Trocknungsprozess verdampft die wässrige Phase und der silikatba-
sierte Härter bleibt in dem keramischen Bauteil zurück, was zu einer Erhöhung des Si-Anteils
führt. In Abbildung 59 ist das Ergebnis von ersten Messungen dargestellt. Darauf ist zu er-
kennen, dass sich in beiden Fällen Konzentrationsgradienten ausbilden, die bei der ofenge-
trockneten Lochplatte jedoch deutlich stärker ausfallen.
6 Exemplarische Umsetzung des Handlungsprogramms
143
Abbildung 59: Si-Konzentration (in Atomprozent ohne Sauerstoff) einer ofenge-trockneten und einer mikrowellengetrockneten Lochplatte
Die Ausbildung eines Konzentrationsgradienten ist darauf zurückzuführen, dass durch die
inhomogene Erwärmung im Randbereich bereits Flüssigkeit in die Dampfphase übergeht,
während im Inneren des Bauteils die Temperatur noch unter dem Siedepunkt liegt. Der ent-
stehende Konzentrationsunterschied gleicht sich durch einen von der Mitte zum äußeren
Rand gerichteten Stofftransport der flüssigen Phase aus. Dadurch wandern die im Wasser
gelösten silikatischen Bestandteile des Härtemittels zum Rand, wo sie sich durch die Ver-
dampfung des Wassers aufkonzentrieren. Da bei der Mikrowelle ein Teil der der Strahlungs-
energie erst im Inneren des Materials in Wärme umgewandelt wird, ergeben sich kleinere
Temperaturunterschiede und dadurch auch kleinere Konzentrationsunterschiede.
Weitere Untersuchungen wurden durchgeführt, um Erosionserscheinungen in den Löchern
der Lochplatte zu quantifizieren. Zu diesem Zweck wurden 10 Löcher einer ungehärteten
Lochplatte im neuen Zustand und nach 160 Betriebsstunden mit Erdgas bei einer Flächenlast
von etwa 1 MW/m² und einer Luftzahl von 1,3 mit einem Mikroskop vermessen. Die Auswer-
tung ergab, wie in Abbildung 60 dargestellt, dass selbst bei einer ungehärteten Lochplatte
keine erkennbare Aufweitung der Löcher stattgefunden hat.
0
10
20
30
40
50
60
70
80
90
100
0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20
Probendicke [mm]
Sil
iziu
man
teil
(at.
% o
hne
Sau
erst
off)
Ofen
Mikrowelle
6 Exemplarische Umsetzung des Handlungsprogramms
144
Abbildung 60: Zeitverhalten des Lochdurchmessers bei einer ungehärteten Loch-platte (HT 180)
Auf Basis der gewonnenen Erkenntnisse wurden mehrere Brenner mit nach dem neuen Her-
stellverfahren gefertigten Lochplatten getestet. Dabei kamen gehärtete, mikrowellengetrock-
nete Lochplatten zum Einsatz. Die wellige, in Abbildung 58 gezeigte, Ansaugplatte wurde
dabei noch nicht verwendet. Nach mehreren hundert Betriebsstunden traten bisher keine
Delaminationserscheinungen oder andere Schadensbilder auf. In Tabelle 32 ist der derzeiti-
ge Erkenntnisstand über die Stabilisierungszone zusammengefasst.
A B C D
Ansaugprozess ohne Nadelbett Nein Ja Ja Ja
Härtung Ja Ja Nein
Mikrowellentrocknung Nein Ja
Gewellte Ansaugplatte Nein Nein Nein
Material HT 140 HT 180 HT 180 HT 180
Dichtefluktuationen Ja Nein Nein Nein
Delamination Nein Ja Nein Nein
Erosion Nicht gemes-sen
Nicht gemessen
Nicht ge-messen
Nicht nach-weisbar nach 160 h
Tabelle 32: Zusammenfassung des derzeitigen Erkenntnisstandes bei der Op-timierung der Stabilisierungszone
Neben den mikrowellengetrockneten und gehärteten Lochplatten erscheinen die ungehärte-
ten Lochplatten ebenfalls geeignet, da zumindest nach 160 h Betriebszeit die erwarteten
Erosionserscheinungen nicht auftraten. Damit stehen zwei Alternativen für die Stabilisie-
rungszone zur Auswahl. Die kurzfristigen Maßnahmen zur Optimierung der Lochplatte konn-
ten somit erfolgreich abgeschlossen werden.
0
0,2
0,4
0,6
0,8
1
1,2
1,4
1,6
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10
mm
Ausgang 160 h
Ausgang 160 h
6 Exemplarische Umsetzung des Handlungsprogramms
145
6.1.5.2 Erarbeitung eines Testkonzepts für Al2O3-Faserkeramik
Da Gaskorrosion bei den verwendeten Oxidkeramiken nicht zu berücksichtigen ist, sind bei
der Stabilisierungszone nur Gewichtsverluste durch Wasserdampfkorrosion, Erosion oder
Abplatzungen zu erwarten. Eine Zunahme des Gewichts der Stabilisierungszone ist nur
durch Verschmutzungen vorstellbar, die beispielsweise durch die in Druckluft vorhandenen
Öltropfen verursacht werden können. Die Gewichtsreduktion ist bei Ausschluss derartiger
Verschmutzungseffekte als ein einfaches Maß zur Schadensbeurteilung zu sehen.
Während kleinere Risse oder lokale Abplatzungen in der Verbrennungszone keine signifikan-
ten Auswirkungen auf das Brennerverhalten haben, kann bereits ein kleiner Defekt in der
Stabilisierungszone zu einem Flammenrückschlag und damit zu einer Zerstörung des Poren-
brenners führen. Somit ist eine integrale Betrachtungsweise zur Beurteilung des Schädi-
gungszustandes nur bedingt aussagekräftig. Die Schädigungsmechanismen können dabei
durch verschiedene Schadensbilder zu Brennerausfällen führen. Dabei sind im Wesentlichen
drei Schadensbilder zu differenzieren. So ist an erster Stelle die Abnahme der Plattenhöhe
(Abmessungen der Platte in Strömungsrichtung) zu nennen. Dies kann entweder über die
gesamte Platte erfolgen oder, wie in Kap. 6.1.3 dokumentiert, nur lokal an bestimmten Stel-
len. Durch den Wärmetransport in der Keramik gegen die Strömungsrichtung erwärmt sich
die kalte Seite der Stabilisierungszone bei abnehmender Plattenhöhe bis die Temperatur für
eine Selbstzündung ausreichend hoch ist. Ein anderes Schadensszenario ist die Aufweitung
der Bohrungen. Sobald die in Kap. 5.1 beschriebene Péclet-Zahl durch den größeren Boh-
rungsdurchmesser den Wert 65 überschreitet, stellt sich ein Flammenrückschlag ein. Dabei
kann die Keramik äußerlich einen völlig unbeschädigten Eindruck hinterlassen. Während die
beiden genannten Schadensbilder über einen längeren Zeitraum entstehen, können Risse
oder im Randbereich der Keramik entstehende Spalträume ohne eine sichtbare Schadens-
historie zu einem Brennerausfall führen. Voraussetzung hierfür ist, dass in dem entstehenden
Riss die Péclet-Zahl den Wert 65 überschreitet und eine Flammenausbreitung im Riss er-
möglicht.
Die Abnahme der Plattenhöhe und die Lochvergrößerung kann durch Wasserdampfkorrosi-
on, Erosion und Sinterung verursacht werden. Im ersten Fall tritt Materialschwund durch die
Gasphase, im zweiten Fall durch die feste Phase auf. Bei der Sinterung ändern sich die Ab-
messungen durch die interne Verdichtung des Materials. Dadurch sind die geometrischen
Änderungen durch reine Sintereffekte limitiert. Die Rissbildung wird durch die von Sinterpro-
zessen hervorgerufene Versprödung des Faserwerkstoffes begünstigt. Die Zusammenhänge
6 Exemplarische Umsetzung des Handlungsprogramms
146
zwischen den Schädigungsmechanismen und den Schadensbildern ist in Tabelle 33 aufge-
zeigt.
Abnahme der
Plattenhöhe
Lochvergrößerung Risse, Spaltbil-
dung
Wasserdampfkorrosion x x
Erosion/Abplatzung x x
Sinterung (x) x x
Tabelle 33: Schädigungsmechanismen und Auswirkungen bei der oxidkerami-schen Stabilisierungszone
Da aus Gründen des Aufwandes bei den Analyseschritten keine vollständige Bestimmung
der Struktur und Zusammensetzung erfolgen kann, ist es zweckmäßig, die chemische Zu-
sammensetzung bzw. die Struktur des Materials an einigen Stellen lokal zu bestimmen. Bei
sichtbaren Schäden kann die Untersuchung in den geschädigten Bereichen intensiviert wer-
den. Bei der Analyse der Lochdurchmesser steht die in Kap. 6.1.5.1 bereits verwendete Me-
thode zur Lochdurchmesserbestimmung zur Verfügung. In Abbildung 61 ist das Testkonzept
zusammengestellt.
Abbildung 61: Testkonzept für eingesetzte Faser-Oxidkeramiken
6.1.5.3 Erarbeitung eines Testkonzepts für SiSiC-Keramik
Nach den in Kap. 6.1.1 untersuchten Mechanismen ist bei der SiSiC-Keramik mit Gas- und
Wasserdampfkorrosion zu rechnen. Darüber hinaus kann die durch die passiv verlaufende
Korrosion einsetzende Versprödung zu Abplatzungen von Partikeln führen. Weiterhin ist da-
mit zu rechnen, dass elementares Silizium bei hohen Temperaturen durch Sublimation ent-
weicht oder aus der flüssigen Phase verdampft. Letzteres konnte in einigen Fällen durch die
Ausbildung von Schmelzperlen auf der Keramikoberfläche beobachtet werden, die nach ei-
ner Analyse im Rasterelektronenmikroskop aus reinem Si bestehen. Die Schäden führen in
letzter Konsequenz zu einer Minderung der mechanischen Stabilität sowie zu einer geringe-
ren Beständigkeit gegenüber Thermoschocks durch die Versprödung. Zur systematischen
Gesamtgewicht
Minimale Höhe
Lochdurchmesser
Risse?
Zusammensetzung/Struktur Stichproben
Analyse Analyse Analyse
Bel
astu
ng
Bel
astu
ng
Gesamtgewicht
Minimale Höhe
Lochdurchmesser
Risse?
Zusammensetzung/Struktur Stichproben
Gesamtgewicht
Minimale Höhe
Lochdurchmesser
Risse?
Zusammensetzung/Struktur Stichproben
6 Exemplarische Umsetzung des Handlungsprogramms
147
Untersuchung der Keramiken im Porenbrenner ist somit einerseits der Zusammenhang zwi-
schen Verbrennungsbedingungen und Keramikzusammensetzung, andererseits der Zusam-
menhang zwischen Keramikzusammensetzung und den Schadensbildern zu analysieren.
Eine qualitative Massenbilanz über die Elemente ist in Abbildung 62 dargestellt. Dabei weist
(-) auf eine Gewichtsab-, und (+) auf eine Gewichtszunahme durch das jeweilige Element
hin.
Si C O
Gaskorrosion (-) - +
Wasserdampfkorrosion - -
Abplatzungen - - -
Si-Entweichung -
Abbildung 62: Bilanz über Elemente durch Schädigungsmechanismen
Durch die gegenläufigen Effekte der Gewichtsänderungen reicht eine einfache Analyse der in
Abbildung 41 beschriebenen Gewichtsbestimmung nicht aus, um die Reaktionen der Kera-
mik zu beschreiben. Hierfür ist eine Bestimmung des Si-, C-, und O-Anteils neben dem Ge-
samtgewicht in zeitlichen Intervallen während des Tests notwendig. Neben den Konzentrati-
onsbestimmungen sind dabei auch mechanische Festigkeit und Thermoschockbeständigkeit
zu bestimmen. Durch verschiedene Belastungsfälle können damit die Zusammenhänge zwi-
schen Verbrennungsbedingungen, Keramikzusammensetzung und Schadensbilder bestimmt
werden. In Abbildung 63 ist die Vorgehensweise dargestellt.
Si, C, O (f) - Partikelabplatzungen
O (g) Si (g) O (g) C (g)
6 Exemplarische Umsetzung des Handlungsprogramms
148
Abbildung 63: Testkonzept SiSiC-Keramik
Die beschriebene Vorgehensweise setzt die Möglichkeit einer mehrmaligen Probenentnahme
für die Analysen voraus. Durch eine bereits vor Testbeginn durchgeführte Teilung der Kera-
mik kann dies realisiert werden.
6.1.6 Zusammenfassung der Werkstoffoptimierung
Durch die ausgeführten Arbeiten ist es gelungen, die Ursachen für die bisher in Feldtests
erfolgten Brennerausfälle zu klären. In beiden Fällen sind die Schäden auf ein Versagen der
Stabilisierungszone durch von außen eingetragenes Calcium bzw. herstellbedingte Dichte-
fluktuationen zurückzuführen.
Der Calciumeintrag ist ein Sonderfall und kann bei Bedarf durch die Verwendung eines Luft-
filters verhindert werden. Zur Vermeidung von Dichtefluktuationen war eine systematische
Modifikation des Herstellungsprozesses notwendig. Der Erfolg dieser Modifikationen konnte
bereits experimentell aufgezeigt werden.
Darüber hinaus wurde durch die Erarbeitung von Testkonzepten und der Bereitstellung der
für weitere Optimierungsschritte benötigten Infrastruktur die Basis für zukünftige Fortschritte
bei der Werkstoffentwicklung für die Porenbrennertechnologie geschaffen.
Gesamtgewicht
Si-Anteil
C-Anteil
O-Anteil
Mech. Festigkeit
Thermoschockbest.
Gesamtgewicht
Si-Anteil
C-Anteil
O-Anteil
Mech. Festigkeit
Thermoschockbest.
Gesamtgewicht
Si-Anteil
C-Anteil
O-Anteil
Mech. Festigkeit
Thermoschockbest.
Analyse Analyse Analyse
Bel
astu
ng
Bel
astu
ng
6 Exemplarische Umsetzung des Handlungsprogramms
149
6.2 Flammenüberwachung bei der Verbrennung in porösen Medien
Ein wichtiger Baustein in der Sicherheitskette von Haushaltsheizungen ist die Flammenüber-
wachung. Diese stellt sicher, dass im Fall einer Flammenverlöschung die Gaszufuhr unver-
züglich gestoppt wird. Ohne diese Sicherheitseinrichtung kann zündfähiges Gemisch weiter
in den Brennraum strömen und bei einer Fremd- oder Selbstzündung zu einer Verpuffung
oder Explosion führen. Zum Schutz vor derartigen Schadensfällen wird aus dem Kreis der
technischen Möglichkeiten in der Praxis hauptsächlich die zeitliche Begrenzung der zuge-
führten ungezündeten Brennstoffmenge herangezogen [156].
6.2.1 Vorstellung der technischen Alternativen zur Flammenüberwachung
Neben der Temperaturmessung, die nur in Sonderfällen eingesetzt wird, dominieren optische
Messmethoden und Ionisationsstrommessung bei der Flammenüberwachung. Daneben kön-
nen Schalldetektoren zur akustischen Flammenüberwachung eingesetzt werden. Letztere
sind nach Martin und Albrecht [157] nicht für den Dauerbetrieb geeignet, kommen nur in
Sonderfällen zum Einsatz und werden deshalb an dieser Stelle nicht weiter betrachtet. Die
anderen Alternativen werden im Folgenden kurz vorgestellt.
6.2.1.1 Überwachung durch Temperaturmessung
Eine Temperaturmessung kann entweder direkt in der Verbrennungszone mit Thermoele-
menten oder außerhalb der Verbrennungszone mit Thermistoren durchgeführt werden.
6.2.1.1.1 Thermoelektrische Überwachung
Thermoelemente sind für die Messung von hohen Temperaturen geeignet, so dass die Mes-
sung in der Flamme oder direkt oberhalb der Verbrennungszone in einem Brenner stattfinden
kann. Sie besitzen eine relativ hohe Trägheit, durch die in vielen Anwendungen aufgrund von
Normen geforderte Sicherheitszeiten von einer Sekunde bereits bei freien Flammen nicht
eingehalten werden können. Aus diesem Grund findet dieses Verfahren sowohl im Industrie-,
als auch im Haushaltsbereich kaum Anwendung [158].
Die bei der Flammenüberwachung geltenden Sicherheitszeiten sind den gängigen Brenner-
konzepten angepasst, bei denen bereits eine kurzzeitige Unterbrechung der Brennstoffzufuhr
zum Erlöschen des Brenners führt. Im Porenbrenner wirkt der heiße Porenkörper dagegen
wie eine Zündquelle, die selbst nach Unterbrechungen der Brennstoffzufuhr von mehreren
Sekunden erhalten bleibt. Solange die Temperatur des Porenkörpers ausreicht, das Gemisch
über der Zündtemperatur zu erwärmen, ist ein sicherer Abbrand des Brennstoffes sicherge-
6 Exemplarische Umsetzung des Handlungsprogramms
150
stellt. Somit ist es aus technischer Sicht durchaus möglich, bei Porenbrennern mit einer
Temperaturmessung das Austreten von zündfähigem Gemisch sicher zu verhindern. Auf-
grund der bestehenden Normen, die explizit eine Überwachung der Flamme fordern, ist diese
Vorgehensweise jedoch derzeit nicht realisierbar.
6.2.1.1.2 Überwachung mit Thermistoren
Thermistoren sind wärmeempfindliche Widerstände, die eine große Widerstandsänderung
über einen relativ kleinen Temperaturbereich abgeben. Dabei wird zwischen dem NTC, des-
sen Widerstand in einem bestimmten Verhältnis in Abhängigkeit von der steigenden Tempe-
ratur sinkt und dem PTC, der sich umgekeht verhält, unterschieden. Aufgrund der geringeren
Temperaturbeständigkeit können Thermistoren jedoch nicht direkt in der Flamme angeordnet
werden. Daneben ergibt sich die gleiche Problematik hinsichtlich der Ansprechzeiten wie
beim Thermoelement.
6.2.1.2 Optische Flammenüberwachung
Optische Flammenüberwachungseinrichtungen werten die beim Verbrennungsprozess frei
werdende elektromagnetische Strahlung im ultravioletten, sichtbaren oder infraroten Bereich
aus. Diese Kategorisierung wird bei der folgenden Beschreibung beibehalten.
6.2.1.2.1 Überwachung im UV-Bereich
Ultraviolett-Detektoren erfassen die von der Flamme ausgehende Strahlung unterhalb von
400 nm [157]. Grundsätzlich senden sowohl die heißen Bauteile als auch die Verbrennungs-
reaktion selbst Strahlung aus. Die Wellenlänge hängt dabei von der chemischen Reaktion
bzw. der Temperatur des Emitters ab. Bei den übllichen in Brennern erreichten Temperatu-
ren wird von den Bauteilen jedoch nur Infrarotstrahlung und Strahlung im sichtbaren Bereich
abgegeben. Die UV-Strahlung geht somit nur von Flammen und nicht von heißen Bauteilen
aus, so dass eine hohe Sicherheit gegenüber Fremdlichteinflüssen besteht.
Diese Art der Flammenüberwachung wurde bereits mehrfach in der Porenbrennertechnik
eingesetzt. In qualitativen Versuchen mit einem volumetrischen Brenner mit Zone C aus
Al2O3–Keramik wurde von Pickenäcker [54] die prinzipielle Machbarkeit einer UV-
Flammenüberwachung im Porenbrenner aufgezeigt. Dabei platzierte sie die UV-Sonde im
konvektiv gekühlten Anströmbereich vor der Zone A („pre-flame“-Anordnung) und nutzte die
durch die Löcher der Lochplatte tretende UV-Strahlung. Mit dieser Anordnung konnte ein
Leistungs-Modulationsbereich von ca. 1:10 abgedeckt werden. Mößbauer [53] erreichte mit
der pre-flame-Anordnung in einem kubischen Brenner im Laborbetrieb eine Flammenerken-
6 Exemplarische Umsetzung des Handlungsprogramms
151
nung in einem Leistungsmodulationsbereich von 1:20. Allerdings konnten dabei keine Stan-
dardkomponenten verwendet werden, da sich bei steigender Leistung die Verbrennungszone
von Zone A weg bewegt und das UV-Signal auf der kalten Seite des Brenners sehr schwach
wird. Aus diesem Grund wurde eine über die Standardkomponenten hinausgehende Signal-
verstärkung eingebaut. Bei einer Vorwärmung der Verbrennungsluft ist die Temperaturemp-
findlichkeit der UV-Sensoren zu berücksichtigen. In diesem Fall kann, wie ebenfalls von
Mößbauer [53] gezeigt, die UV-Strahlung durch Glas-Lichtwellenleiter direkt aus der Brenn-
kammer zu dem an einer kälteren Stelle platzierten Sensor geleitet werden.
Damit ist die technische Machbarkeit der UV-Flammenüberwachung bei der Verbrennung in
porösen Medien bereits aufgezeigt. Aus Kostengründen ist der Einsatz jedoch mit Nachteilen
verbunden, da einerseits keine verfügbaren Standardkomponenten eingesetzt werden kön-
nen und andererseits bereits diese im Vergleich zu den weiter unten beschriebenen Ionisati-
onselektroden preislich deutlich höher liegen [159].
6.2.1.2.2 Überwachung im sichtbaren Spektralbereich
Bei Verbrennungsvorgängen entsteht Strahlung auch im sichtbaren Bereich. Besonders aus-
geprägt ist dies bei leuchtenden Flammen. Gasflammen weisen dagegen im sichtbaren Be-
reich nur eine geringe Strahlungsintensität aus, so dass diese Art der Überwachung in Gas-
brennern mit freien Flammen nicht einsetzbar und nach den geltenden Produktnormen nach
Martin und Albrecht [157] auch nicht zulässig ist. Da durch glühende Teile im Brennraum
Fehlsignale entstehen können, hat die Flammenüberwachung im sichtbaren Bereich keine
nennenswerte Bedeutung.
6.2.1.2.3 Überwachung im IR-Bereich
Die größte Strahlungsintensität von Gasflammen liegt im infraroten Bereich. Aufgrund des
Rückzündverhaltens in der Flamme kommt es zu einem dynamischen Vorgang, der sich
durch Intensitätsschwankungen äußert. Dieses, auch Flammenflackern genannte, Phänomen
verursacht bei freien Flammen eine pulsierende Strahlung im Frequenzbereich von ca. 3 bis
600 Hz [156]. Die so genannte Flackerfrequenz wird in speziellen Flackerdetektoren ausge-
nutzt, um eine Selektivität gegenüber glühenden Festkörpern im Brennraum zu erhalten
[158]. Die Detektion der IR-Strahlung erfolgt meist über einen Fotowiderstand, seit einiger
Zeit sind auch Thermosäulen [158] im Einsatz. Dabei handelt es sich um eine Reihenschal-
tung von Thermoelementen mit einem optischen IR-Filter.
Im Porenbrenner wirkt der Porenkörper dämpfend auf die Pulsationserscheinungen. Deshalb
wurden im Bereich der Porenbrennertechnologie bisher keine IR-Sensoren zur Flammen-
6 Exemplarische Umsetzung des Handlungsprogramms
152
überwachung eingesetzt. Preislich liegen die IR-Detektoren in der Größenordnung der UV-
Sensoren [159].
6.2.1.3 Ionisationsstromüberwachung
Neben der Temperaturmessung ist nach Spüler [160] die Messung des Ionisationsstroms
eine der ältesten Methoden zur Gasflammenüberwachung. Das Prinzip der Ionisationsstrom-
überwachung nutzt den Effekt, dass ein Teil der Moleküle eines Gas/Luft-Gemisches und
seiner Reaktionsprodukte bei dem Verbrennungsvorgang in elektrische Ladungsträger, Ionen
und Elektronen, aufgespalten wird [161]. Beim Anlegen einer Spannung an zwei in der
Flamme befindliche Elektroden stellt sich ein Stromfluss ein. Beim Verlöschen der Flamme
bricht der Stromfluss unverzüglich zusammen, da sich keine Ladungsträger mehr zwischen
den Elektroden befinden und das Gas als Isolator dient. Bei der Ionisationsstromüberwa-
chung wird der Stromfluss als digitales Signal genutzt: Überschreitet der Strom einen defi-
nierten Schwellwert, erkennt der Detektor eine Flamme; wird der Schwellwert unterschritten,
wird keine Flamme erkannt.
Um eine sichere Arbeitsweise der Flammenüberwachungseinrichtung zu gewährleisten, wird
von den Normen gefordert, dass die Sicherheitseinrichtung sich selbst überwachen muss
und in keinem Fall, beispielsweise bei einem Kurzschluss, eine Flamme vorgetäuscht werden
kann. Diese Anforderung ist mit der Ionisationsstromüberwachung ohne großen Zusatzauf-
wand erfüllbar, da eine Flamme in Verbindung mit einer geeigneten Elektrodengeometrie
eine Gleichrichterfunktion ausübt. Wird eine Wechselspannung an die Flamme angelegt,
fließt bei intakter Anordnung ein asymmetrischer Wechselstrom, der eine Gleichstromkom-
ponente enthält. Im Gegensatz dazu liefert ein Elektrodenkurzschluss, analog zu dem Ur-
sprungssignal, einen symmetrischen Wechselstrom. Durch die Detektion des Gleichstroman-
teils kann eine sichere Unterscheidung zwischen Normalbetrieb und Elektrodenkurzschluss
vorgenommen werden. Konventionelle Einrichtungen zur Ionisationsstromüberwachung ar-
beiten in der Regel mit der Netzspannung von 230 V bei der Netzfrequenz 50 Hz. Dabei wer-
den Ionisationsströme in der Größenordnung von zehn µA erhalten; der untere Schwellwert
liegt bei vielen kommerziellen Geräten bei 6 µA, bei einigen auch bei 1 µA.
Über die digitale ja/nein-Erkennung der Flamme hinaus enthält der Ionisationsstrom noch
weitere Informationen über den Verbrennungszustand, unter anderem über die Luftzahl.
Durch Kalibrierung wird bei dem von der Firma Kromschröder AG entwickelten SCOT-
System eine Referenz zum stöchiometrischen Betriebspunkt hergestellt, der durch den Ma-
ximalwert des Ionisationsstroms gekennzeichnet ist. Der überstöchiometrische Arbeitspunkt
6 Exemplarische Umsetzung des Handlungsprogramms
153
wird dabei nach Herrs [162] relativ zu diesem Referenzwert festgelegt und bildet die Basis
der Regelung.
Die Ionisationsstromüberwachung kam bereits mehrfach in Porenbrenner-Entwicklungen
zum Einsatz. Pickenäcker [54] und Athenstaedt [163] untersuchten den Ionisationsstrom in
einem volumetrischen Porenbrenner mit Al2O3-Keramik in Zone C. Zu diesem Zeitpunkt war
das weiter unten in Kap. 6.2.3.2 untersuchte Widerstandsverhalten der verwendeten Alumi-
niumoxidkeramiken noch nicht bekannt, das zeigt, dass die eingesetzten Aluminiumoxid-
Keramiken bei hohen Temperaturen elektrisch leitend werden. Aus diesem Grund bestand
bei der verwendeten Konstruktion ein direkter Kontakt zwischen den verwendeten Elektroden
und dem keramischen Material. Die damals gemessenen hohen Ströme, die zu Störungen im
Feuerungsautomat führten, sind mit hoher Wahrscheinlichkeit auf Kurzschlüssströme über
die Keramik zurückzuführen.
Daneben wurde von Pickenäcker [54] ein Gasheizgerät auf Porenbrennerbasis vorgestellt.
Der im System integrierte Porenbrenner ist im Laborbetrieb zwischen 3 und 30 kW modulier-
bar. Aufgrund von Problemen bei der in der Planung vorgesehenen Ionisationsstromüberwa-
chung wurde bei dieser Entwicklung eine UV-Überwachung eingesetzt.
Auch bei anderen Porenbrennerentwicklungen führte der Einsatz der Ionisationsstromüber-
wachung im Porenbrenner zu Schwierigkeiten [55]. So musste ein Loch in die Verbren-
nungszone für die Ionisationselektrode eingebracht werden. Im unteren Leistungsbereich des
Porenbrenners war keine ausreichende Signaldetektion möglich, was letztlich zu einer Limi-
tierung des Leistungsmodulationsbereiches führte. Die untere Leistungsgrenze, bei der gera-
de noch ein ausreichendes Ionisationssignal vorhanden ist, unterlag dabei beachtlichen
Schwankungen. Des Weiteren wurde in einigen Fällen beobachtet, dass in den ersten Se-
kunden nach der Zündung ein ausreichend hohes Signal vorhanden war, jedoch nach kurzer
Betriebszeit das Ionisationssignal zusammenbrach. Vereinzelt konnte auch nach dem Start
bei konstanten Brennerbedingungen ein stetig sinkender Ionisationsstrom festgestellt wer-
den, der nach einigen Minuten zu einem Brennerstopp führte.
Die Ionisationsstromüberwachung ist somit eine in anderen Brennersystemen bewährte,
robuste und preisgünstige Technik zur Flammenüberwachung. Der Einsatz in der Poren-
brennertechnologie war bisher mit Schwierigkeiten verbunden, durch die eine Reihe von
Fragen aufgeworfen werden. Ziel der hier durchgeführten Maßnahmen ist die Erklärung der
Vorgänge bei der Ionisationsstromüberwachung und die Untersuchung der im Porenbrenner
bestehenden Einsatzgrenzen.
6 Exemplarische Umsetzung des Handlungsprogramms
154
6.2.2 Ionisationsvorgänge in Flammen
Zur Ionisation von Atomen oder Molekülen ist eine Zufuhr von Energie notwendig. Das Ioni-
sationspotenzial liegt in einer Größenordnung von 4 bis 20 eV und kann durch thermische
oder radioaktive Strahlung, bzw. durch die bei einer chemischen Reaktion freiwerdende
Reaktionsenthalpie, überwunden werden. In Kohlenwasserstoffflammen sind im Wesentli-
chen Thermo- und Chemiionisation als Ursache für die Ionisation bekannt [164].
Bei der Thermoionisation sind zwei unterschiedliche Effekte zu betrachten. Zum einen setzt
thermische Ionisation im Gas ein, wenn die kinetische Energie der thermischen Teilchenbe-
wegung ausreicht, die Gasmoleküle bei Zusammenstößen zu ionisieren. Nach Aithal, White
et al. [165] reicht dieser Effekt nicht zur Erklärung der in Kohlenwasserstoffflammen messba-
ren Ionisationsströme. Andererseits treten bei hohen Temperaturen Elektronen aus den fes-
ten Bestandteilen des Brenners aus und führen ebenso zu Thermoionisation. Rusche [164]
schätzt den Einfluss für einen Strahlungsbrenner ab und zeigt, dass bei normalen Betriebs-
bedingungen die Chemieionisation die Thermoionisation um vier Größenordnungen über-
steigt. Die bisher vorliegenden Erfahrungen zeigen, dass das Ergebnis dieser Abschätzung
auf den Porenbrenner übertragbar ist. Durch die thermische Trägheit der porösen Materialien
sinkt das Temperaturniveau nach Beendigung der Brennstoffzufuhr nur sehr langsam ab. Im
Fall einer Relevanz der Thermoionisation würde sich eine Verzögerung beim Ausschaltvor-
gang ergeben, die bei den bisher durchgeführten Untersuchungen nicht beobachtet werden
konnte [55].
Somit ist die Chemieionisation der für die Bildung von Ionen relevante Bildungspfad. In Koh-
lenwasserstoffflammen dominieren bei den positiven Ladungsträgern H3O+- und HCO+-Ionen,
bei den Negativen die Elektronen. Die Bildung der Ladungsträger erfolgt dabei nach Rusche
[164] über die folgenden Reaktionsgleichungen:
CH + O → HCO++ e- (6.20)
HCO++H2O → CO + H3O+ (6.21)
Die CH-Bildung erfolgt dabei über folgende Reaktion:
CH3 + O → CH + H2O (6.22)
Der Abbau der Ionen wird durch die folgende Rekombinationsreaktion dominiert.
H3O++e- → H2O + H (6.23)
6 Exemplarische Umsetzung des Handlungsprogramms
155
6.2.2.1 Einfluss des elektrischen Feldes auf Ionen
Der Strom-Spannunungsverlauf in einem ionisierten Gas zeigt unabhängig von der Gasart
ein charakteristisches Verhalten, das nachfolgend in Abbildung 64 skizziert ist.
Abbildung 64: Zusammenhang zwischen Ionisationsspannung und Ionisations-strom in einem ionisierten Gas nach Hering [166]
Der Verlauf kann dabei in drei verschiedene Bereiche unterteilt werden. Im Bereich I stellt
sich ein linearer Zusammenhang zwischen Strom und Spannung ein. In diesem Bereich er-
reicht nur ein Teil der ionisierten Ladungsträger die jeweilige Elektrode. Durch das schwache
elektrische Feld reicht die Beschleunigung der Ladungsträger nicht immer aus, um eine Re-
kombination zu neutralen Spezies zu vermeiden. Im Bereich II konvergiert der Ionisations-
strom gegen einen konstanten Wert. Alle Ladungsträger werden durch das stärkere elektri-
sche Feld zu der jeweiligen Elektrode bewegt. Der Ionisationsstrom ist durch die Zahl der
Ladungsträger limitiert und eine weitere Erhöhung der Ionisationsspannung hat zunächst
keine Auswirkungen. Erst bei deutlich höheren Spannungen steigt der Strom im Bereich III
wieder an. Hierfür verantwortlich sind Sekundäreffekte. Durch das starke elektrische Feld
werden die Ladungsträger derart stark beschleunigt, dass bei Kollisionen ausreichend Ener-
gie vorhanden ist, um neue Ladungsträger entstehen zu lassen.
Der Strom-Spannungsverlauf stellt eine wichtige Grundlage für die Ionisationsstromüberwa-
chung dar. Der optimale Arbeitsbereich für die Ionisationsspannung hierfür liegt im Sätti-
gungsbereich am Übergang zwischen Bereich I und II. Hier wird bereits der maximale Strom-
fluss mit einer vergleichsweise geringen Spannung erhalten. Eine weitere Erhöhung der
Spannung wirkt sich nicht auf den zu messenden Strom aus, so dass dadurch keine Vorteile
entstehen. Der Bereich der Sekundärionisation ist für die Ionisationsstromüberwachung nicht
Bereich I Bereich IIIBereich II
Rekombination Ionisation sek. Ionisation U
I
6 Exemplarische Umsetzung des Handlungsprogramms
156
geeignet, da ein sofortiges Erkennen einer Flammenerlöschung aufgrund der Sekundäreffek-
te nicht gewährleistet werden kann.
6.2.2.2 Messmethoden zur Bestimmung von Ionenkonzentrationen
Für die experimentelle Bestimmung der Ionenkonzentrationen stehen zwei unterschiedliche
Verfahren zur Verfügung.
Bei dem Verfahren nach Langmuir wird wie bei der Flammenüberwachung ein elektrisches
Feld zwischen dem Brenner und einer Elektrode erzeugt. Dabei wird der Stromverlauf bei
einer Variation der Spannung vom negativen Bereich über die Nullmarke bis zur bei positiven
Spannungen liegenden Sättigungsgrenze (Bereich II in Abbildung 64) gemessen. Eine ge-
naue Beschreibung der Messapparatur befindet sich in einer Veröffentlichung von Fialkov
[167]. Über relativ aufwendige von Lawton und Weinberg [168] beschriebene Auswertever-
fahren können aus dem Strom-Spannungsverlauf die Ionenkonzentrationen bestimmt wer-
den. Die Zusammenhänge sind dabei nicht vollständig bekannt, so dass Annahmen für die
Ergebnisberechnung getroffen werden müssen. Hierfür stehen nach Fialkov [167] verschie-
dene Auswerteverfahren zur Verfügung, die aufgrund der unterschiedlichen Annahmen zu
verschiedenen Ergebnissen führen. Der größte Nachteil dieses Verfahrens ist, dass nur die
positiven und negativen Gesamtkonzentrationen bestimmt werden können. Eine Differenzie-
rung zwischen verschiedenen Ladungsträgern ist mit der Langmuir-Sonde nicht möglich. Die
in Abbildung 65 vorgestellten Literaturwerte zeigen, dass trotz gleicher Bedingungen bei
Messungen nach Langmuir große Abweichungen auftreten können.
6 Exemplarische Umsetzung des Handlungsprogramms
157
Abbildung 65: Vergleich verschiedener Literaturwerte
Die Bestimmung der Ladungsträger ist daneben mit einem Massenspektrometer, das auch
als MBMS (mass beam mass spectrometer) bezeichnet wird, möglich. Dabei wird neben dem
Spektrometer eine Vorrichtung benötigt, die die Ladungsträger vom Messort zum Mas-
senspektrometer transportiert. Dies wird über sequenziell angeordnete Vakuumkammern
realisiert, die die Ladungsträger vom Messort in der Verbrennungszone absaugen. Eine ge-
naue Beschreibung des Verfahrens findet sich bei Fialkov [167].
Die Massenspektroskopie erlaubt im Gegensatz zu der Langmuir-Sonde eine Bestimmung
der einzelnen positiven und negativen Ladungsträger mit akzeptabler räumlicher Auflösung
und hoher Selektivität. Das Ergebnis ist unabhängig von den zur Auswertung notwendigen
theoretischen Ansätzen. Die bisher mit Massenspektrometern durchgeführten Untersuchun-
gen haben gezeigt, dass Wechselwirkungen zwischen der Verbrennungsregion und der
Messeinrichtung aufgrund von Kühleffekten zu Messfehlern führen können. Zusätzlich ent-
stehen Messfehler durch den notwendigen Transport der Ladungsträger von der Verbren-
nungsregion zur Messeinrichtung [167].
6.2.2.3 Berechnung des Ionisationssignals
Zur Berechnung des Ionisationsstromes wird ein in Abbildung 66 skizziertes Modell mit ver-
einfachten Annahmen verwendet. Zwei Elektroden, zwischen denen sich Ladungsträger be-
6 Exemplarische Umsetzung des Handlungsprogramms
158
finden, mit dem Abstand d und der Fläche A erzeugen über die Spannung U ein elektrisches
Feld. Dabei wird eine gleichmäßige Ladungsträgerdichte vorausgesetzt. Die Ladungsträger
bewegen sich nur orthogonal zu der Fläche A.
Abbildung 66: Einfaches Modell zur Berechnung des Ionisationsstromes
Im Vakuum werden Ladungsträger durch die Anwesenheit eines elektrischen Feldes dauer-
haft beschleunigt. Sind jedoch weitere Spezies präsent, verlieren die beschleunigten La-
dungsträger bei Kollisionen einen Teil ihrer kinetischen Energie. Die Kollisionen wirken somit
der Beschleunigungskraft entgegen, was in einer konstanten Geschwindigkeit der Ladungs-
träger resultiert. Die Beschreibung der Kollisionen erfolgt nach Lawton und Weinberg [168]
über die Mobilität µ mit v als Geschwindigkeit der Ladungsträger und dem elektrischen Feld
E:
E v ⋅= µ (6.24)
Wird der Strom als Ladung pro Zeit geschrieben, kann der durch Elektronenfluss erzeugte
Stromfluss über die Ladung interpretiert werden, die pro Zeiteinheit mit der Geschwindigkeit v
auf die Fläche A trifft.
dU
A n e E A n e vA n e tQ
I e ⋅⋅⋅⋅=⋅⋅⋅⋅=⋅⋅⋅== µµ (6.25)
Dabei ist e die Elementarladung und n die Ionendichte. Vergleichbare Ansätze sind bei Law-
ton und Weinberg [168] und bei Aithal, White et al. [165] enthalten. Die Mobilität kann nach
Aithal, White et al. über die Theorie der mittleren freien Weglänge berechnet werden. Auf-
grund der geringeren Masse haben Elektronen eine um ca. den Faktor 1000 größere Mobili-
tät als Ionen, für Elektronen wird von Axford und Goodings [169] 0,4 m²/Vs, für das H3O+-Ion
8×10-4 m²/Vs angegeben. Die Ionendichte kann, wie in Kap. 6.2.2.2 beschrieben, experimen-
tell ermittelt oder, wie weiter unten in Kap. 6.2.4 beschrieben, numerisch berechnet werden.
d
A
I U
6 Exemplarische Umsetzung des Handlungsprogramms
159
6.2.3 Experimentelle Untersuchungen zur Ionisationsstrommessung im Poren-brenner
Ziel dieses Kapitels ist die Untersuchung aller in der Praxis bei der Ionisationsstromüberwa-
chung in einem Porenbrenner relevanten Parameter. Dabei werden sowohl verbrennungs-
technische Parameter, wie Leistung oder Luftzahl, als auch bauteilabhängige Kenngrößen
untersucht.
6.2.3.1 Aufbau des Messsystems
Um die Versuchsdurchführung und die Parametervariationen möglichst einfach gestalten zu
können, wurde die Steuerung des Brenners von der Ionisationsstrommessung getrennt. Die
Zufuhr von Methan und Verbrennungsluft wurde über zwei Massendurchflussreger kontrol-
liert. Die Mischung erfolgte in einem Rohr vor dem Eintritt in den Porenbrenner. Der Grund-
aufbau des Brenners entsprach dem Porenstrahler Radimax der Fa. Gogas Goch mit folgen-
den Abmessungen:
Stabilisierungszone: 175 mm x 126 mm = 220,50 cm²
Verbrennungszone: 185 mm x 135 mm = 249,75 cm²
Um eine Vergleichbarkeit aller Versuche zu ermöglichen, wurde bei der Berechnung der Flä-
chenleistung die Fläche der Stabilisierungszone zu Grunde gelegt, da einige Messreihen
ohne die Verbrennungszone durchgeführt wurden. Die Höhe der Stabilisierungszone betrug
20 mm, die der Verbrennungszone 15 mm. Die Stabilisierungszone von der Fa. Duotherm
mit Bohrungen von 1 mm Durchmesser bestand aus HT 180 (unverdichtet und gehärtet). Die
Verbrennungszone aus SiSiC wurde von der Firma PTC hergestellt. Das Gitter zur Befesti-
gung der Verbrennungszone wurde entfernt, um einen einfachen Austausch der Verbren-
nungszone zu ermöglichen. Da alle Versuche in horizontaler Lage durchgeführt wurden,
konnte auf die Befestigungsfunktion des Gitters verzichtet werden. Um den durch das Gitter
ursprünglich bestehenden elektrischen Kontakt zwischen Stromquelle und Keramik wieder
herzustellen, wurde neben der eigentlichen Ionisationselektrode eine zweite Elektrode einge-
setzt. Die Elektroden bestanden aus dem hochtemperaturbeständigen Kanthal, einer Legie-
rung bestehend aus Eisen, Chrom und Aluminium. Der Versuchsaufbau ist in Abbildung 67
dargestellt.
6 Exemplarische Umsetzung des Handlungsprogramms
160
Abbildung 67: Versuchsaufbau zur Ionisationsstrommessung
Die Messung der Luftzahl erfolgte über eine paramagnetische Messung des Sauerstoffs mit
dem Model Binos 100 der Fa. Rosemount GmbH & Co. Bei der Messung des Ionisations-
stromes wurden verschiedene Methoden angewendet. Bei einigen Messreihen, beispielswei-
se bei der Untersuchung des Einflusses der Polarität, wurde mit Gleichstrom gearbeitet. Hier-
für wurden eine von 0-250 V regelbare Spannungsquelle und zwei Multimeter zur Messung
und Anzeige von Strom und Spannung eingesetzt. Für die Messreihen mit Wechselstrom
wurde eine 230 V Wechselstromquelle verwendet. In diesem Bauteil waren bereits eine
Gleichstrommessung sowie ein Display integriert. Um eine genauere Analyse des Ionisati-
onssignals zu ermöglichen, wurde ein zusätzlicher Elektronikbaustein, der einen Trennver-
stärker, sowie 3 true-RMS-Gleichrichterstufen beinhaltete, eingesetzt. Damit konnten die
positiven und negativen Signalanteile unterschieden werden. Außerdem ermöglichte der
Baustein eine Analyse des Signals über ein Oszilloskop. Der detaillierte Aufbau dieser Kom-
ponente ist bei Cabeleira [170] zu finden.
6.2.3.2 Voruntersuchungen zur Leitfähigkeit der eingesetzten Keramiken
Die prinzipielle Funktionsfähigkeit der Ionisationsstromüberwachung bei der Verbrennung in
porösen Medien ist bereits mehrfach experimentell aufgezeigt worden. Dabei wurde, wie bei
konventionellen Brennern, das Brennergehäuse als Gegenelektrode verwendet. Während bei
anderen Brennersystemen leitende metallische Komponenten in direkter Umgebung der
Flamme vorhanden sind, hat die Verbrennungsreaktion im Porenbrenner teilweise keinen
direkten Kontakt mit elektrisch leitenden Werkstoffen. Aus diesem Grund spielt die elektri-
sche Leitfähigkeit der Keramiken im Porenbrenner bei der Ionisationsstromüberwachung eine
besondere Rolle und wird an dieser Stelle genauer untersucht.
Brenner
Halterung
Elektroden
6 Exemplarische Umsetzung des Handlungsprogramms
161
Der Gesamtwiderstand bei der in Abbildung 67 gezeigten Ionisationsstrommessung setzt
sich aus den Leitungswiderständern RL1 und RL2, dem Elektrodenwiderstand RE, dem Wider-
stand der Flamme RF, dem Gehäusewiderstand RG und dem Widerstand der Keramik RK
zusammen. Der Keramikwiderstand RK bezieht sich im Rahmen der Voruntersuchungen nur
auf die Stabilisierungszone aus Faseroxidkeramik. Die Leitungswiderstände RL und der Wi-
derstand der Elektrode RE sowie der Gehäusewiderstand RG sind gegenüber dem Wider-
stand der Flamme RF sehr klein. Somit wirkt sich der Keramikwiderstand auf das Ionisations-
signal aus, wenn er in der Größenordnung des Flammenwiderstandes liegt. In Abbildung 68
ist der Stromkreis, der bei der Ionisationsstromüberwachung zur Anwendung kommt, ohne
den Diodeneffekt, skizziert.
Abbildung 68: Widerstände im Stromkreis bei der Ionisationsstromüberwachung
Die im Porenbrenner eingesetzten SiSiC-Keramiken besitzen bereits im kalten Zustand eine
gute elektrische Leitfähigkeit. Über das Widerstandverhalten der Al2O3-Keramiken sind bisher
keine Daten bekannt. Aus diesem Grund wurden Widerstandskurven von einigen verschie-
dene Keramikvarianten in einem Ofen aufgenommen. Die Ergebnisse sind in Abbildung 69
aufgetragen.
RL1 RG RL2 RF RK RE
Spannung U
6 Exemplarische Umsetzung des Handlungsprogramms
162
Abbildung 69: Widerstand verschiedener Keramiken auf Al2O3-Basis für Zone A
Für eine einfache Abschätzung des Flammenwiderstandes wird angenommen, dass bei
Brennern ohne keramische Bauteile Ionisationsströme in der Größenordnung von 10 µA er-
halten werden. Über das Ohm’sche Gesetz resultiert bei der Netzspannung von 230 V ein
Flammenwiderstand in der Größenordnung von 23 MΩ. Die Messergebnisse zeigen, dass
bei den üblichen Porenbrenner-Betriebstemperaturen von ca. 1400°C der Widerstand der
oxidischen Keramiken sehr klein gegenüber dem Flammenwiderstand ist und die Oxidkera-
mik praktisch als elektrischer Leiter betrachtet werden kann. Somit wirken die im Porenbren-
ner eingesetzten oxidkeramischen Bauteile im normalen Betrieb als Gegenelektrode zu der
metallischen Ionisationselektrode.
In der Startphase, in der die oxidischen Keramiken noch nicht ihre Endtemperatur erreicht
haben, sind sie jedoch als Isolator zu betrachten. Hier erweist sich der Einsatz von SiSiC in
der Verbrennungszone aus der Sicht der Ionisationsstromüberwachung als vorteilhaft, da das
verwendete Si-Siliziumcarbid bereits im kalten Zustand eine gute elektrische Leitfähigkeit
aufweist. Dabei ist jedoch eine elektrische Verbindung zwischen dem Gehäuse und der Ke-
ramik notwendig. Um in einem nur aus Oxidkeramiken bestehenden Porenbrenner direkt
nach der Zündung ein Ionisationssignal zu erhalten, ist ein zusätzlicher elektrischer Leiter im
Bereich der Verbrennungszone zu integrieren.
0
5
10
15
20
25
400 500 600 700 800 900 1000 1100 1200 1300 1400
T [° C]
R [?
O/c
m]
Duoform HT180 Unverdichtet und gehärtet
Duoform HT180 Unverdichtet
Duoform HT 1700 Unverdichtet
6 Exemplarische Umsetzung des Handlungsprogramms
163
6.2.3.3 Einfluss des porösen Mediums
Wie bereits erwähnt, kann oberhalb des porösen Mediums nur bei sehr hohen Flächenlasten
ein ausreichendes Ionisationssignal detektiert werden. Eine Möglichkeit, die Ionisations-
stromüberwachung auch bei geringeren Flächenlasten einzusetzen, ist die Platzierung der
Ionisationselektrode in einem speziell für diesen Zweck in die Verbrennungszone einge-
brachten Loch. Der Einfluss des Lochdurchmessers ist dabei ein wichtiger Parameter, wie
aus Abbildung 70 zu erkennen ist.
0
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
13
120 140 160 180 200 220 240
P/A [kW/m²]
I [ µ
A]
D= 6 mmD= 20 mmD= 40 mm
Abbildung 70: Einfluss des Lochdurchmessers in der Verbrennungszone auf das
Ionisationssignal bei P/A = 225 kW/m², λ = 1,1 (230 V AC)
Eine Vergrößerung des Lochdurchmessers führt dabei zu einem steigenden Ionisationssig-
nal. Ein linearer Zusammenhang zwischen dem Ionisationsstrom und der freien Fläche bzw.
dem Lochdurchmesser ist nicht zu erkennen. Auffällig ist das vergleichsweise hohe Signal
bei einem Lochdurchmesser von 6 mm. Da in der Mitte des Loches noch die Ionisationselekt-
rode mit 2 mm Durchmesser zu berücksichtigen ist, bleibt nur ein 2 mm breiter Ringspalt
übrig. Dieses Maß gleicht bereits den Abmessungen der Poren, so dass im eigentlichen Sin-
ne nicht mehr von einer freien Flamme gesprochen werden kann. Das Signal bei dem kleins-
ten Lochdurchmesser zeigt, dass offensichtlich auch bei der Verbrennung in porösen Medien
Ladungsträger vorhanden sind.
Somit ist der Einfluss des Lochdurchmessers auf das Ionisationssignal über zwei verschie-
dene Effekte erklärbar. Zum einen behindert das poröse Medium den Ladungstransport, zum
6 Exemplarische Umsetzung des Handlungsprogramms
164
anderen treten bei der Verbrennung in porösen Medien im Vergleich zu freien Flammen nied-
rigere Maximaltemperaturen auf. Durch die Temperaturabhängigkeit der Chemieionisation
führen die höheren Temperaturen in der freien Flamme zu einer größeren Zahl von Ionen
und folglich zu einem höheren Ionisationsstromsignal. Eine Vergrößerung des Loches führt
zu einem größeren Bereich mit freien Flammen und ungehindertem Ladungsträgertransport.
Durch die Vergrößerung des Lochdurchmessers in der Verbrennungszone ist es möglich,
den Einsatzbereich der Ionisationsstromüberwachung im Porenbrenner zu kleineren Leistun-
gen hin zu verbessern und das Ionisationssignal in Richtung der Größenordnung bei freien
Flammen zu erhöhen. Da die Vergrößerung des Lochdurchmessers mit einer Verschlechte-
rung der Brennerperformance einhergeht, ist bei der Auslegung je nach Anwendungsgebiet
ein Kompromiss zwischen Brennercharakteristik und der unteren Grenze der Ionisations-
stromüberwachung einzugehen.
6.2.3.4 Ionisationsspannung und Polarität
In Abbildung 71 sind die Ergebnisse für Messungen am Brenner bei verschiedenen Ionisati-
onsspannungen mit und ohne Verbrennungszone dargestellt. Die Messungen wurden mit
Gleichstrom durchgeführt, um auch die Polarität und den Gleichrichtereffekt untersuchen zu
können.
-10
0
10
20
30
40
50
60
-300 -200 -100 0 100 200 300
Gleichspannung [V]
I [µA
]
ohne poröses Medium
mit porösem Medium, Lochdurchmesser 20 mm
Abbildung 71: Abhängigkeit des Ionisationsstromes bei Variation der Ionisations-spannung bei P/A = 225 kW/m², λ = 1,1 (DC)
6 Exemplarische Umsetzung des Handlungsprogramms
165
Bei kleinen positiven Spannungen ist der bereits in Abbildung 64 vorausgesagte und in Glei-
chung 9.2 beschriebene lineare Zusammenhang zwischen Spannung und Ionisationsstrom
gut zu erkennen. Der Übergang zu einer Sättigung erfolgt bei der freien Flamme erst in der
Größenordnung der Netzspannung von 230 V, während bei dem Fall mit porösem Medium
die Sättigung bereits unter 100 V eintritt. Der Endwert des Ionisationsstroms bei der freien
Flamme liegt bei etwa dem Dreifachen des Wertes mit porösem Medium. Weiterhin kann der
in Kap. 6.2.1.3 beschriebene Gleichrichtereffekt der Flamme anhand Abbildung 71 studiert
werden, der bei der Flammenüberwachung genutzt wird, um den normalen Betrieb und einen
Kurzschluss zwischen den Elektroden zu unterscheiden. Der Gleichrichtereffekt bewirkt, dass
nahezu kein Strom bei Umkehrung der Polarität fließt.
Kommerzielle Ionisationsstromdetektoren arbeiten meist mit den netzüblichen 230 V. Auf-
grund der gezeigten Sättigung kann durch eine Erhöhung der Ionisationsspannung keine
Verbesserung der Flammenüberwachung im Porenbrenner erzielt werden.
Bei den bisher durchgeführten Versuchen bestand ein elektrischer Kontakt zwischen der
Keramik und der Gegenelektrode. Aufgrund der in Kap. 6.2.3.2 gezeigten Leitfähigkeit des
Aluminiumoxides wirkte somit die gesamte Keramikoberfläche als Elektrode. Nachfolgend
wird die Bedeutung der Größe der Gegenelektrode untersucht. Ausgangssituation bei dieser
Versuchsreihe ist eine Anordnung mit zwei Elektroden. Die Ionisationselektrode fungiert als
Anode und befindet sich einige Millimeter oberhalb der Stabilisierungszone. Die zweite Elekt-
rode berührt die Keramik, so dass diese als Gegenelektrode wirkt. Die Anordnung ist in
Abbildung 72 schematisch dargestellt.
Abbildung 72: Schematische Darstellung der Versuchsdurchführung
Bei dem mit Gleichstrom durchgeführten Versuch wurden einmal die Anode und einmal die
Kathode in Strömungsrichtung bewegt. Die Versuchsergebnisse sind in Abbildung 73 aufge-
tragen.
Anode wird verschoben Kathode wird verschoben
Zone A
AnodeAnodeKathode Kathode
Anode wird verschoben Kathode wird verschoben
Zone A
AnodeAnodeKathode Kathode
6 Exemplarische Umsetzung des Handlungsprogramms
166
0
10
20
30
40
50
60
0 10 20 30 40 50 60 70 80
Abstand zur Oberfläche der Zone A [mm]
I [µA
]
Anode(+) wird verschoben, Kathode hat Kontakt mit Keramik
Kathode(-) wird verschoben
Abbildung 73: Einfluss der Gegenelektrode bei P/A = 225 kW/m², freie Flamme, λ = 1,1 (230 V DC)
Bei Verschiebung der Anode und bleibendem Kontakt der Kathode zu der Keramik ergibt
sich in den ersten Millimetern ein konstantes Ionisationssignal, das danach mit größer wer-
dendem Abstand zur Zone A absinkt. Wird die Ausgangssituation wieder hergestellt und der
Kontakt zwischen der Kathode und der keramischen Stabilisierungszone gelöst, geht der
Ionisationsstrom drastisch zurück. Bei einer Bewegung der Kathode in Strömungsrichtung ist
bereits nach wenigen Millimetern kein Ionisationsstrom mehr messbar. Dieses Verhalten ist
über die in Kap. 6.2.2.3 beschriebenen Mobilitätsdifferenzen zwischen den Ionen und den
Elektronen zu erklären. Die positiven Ladungsträger mit einer im Vergleich zu Elektronen
etwa 1000-fach niedrigeren Mobilität benötigen zum einen eine deutlich höhere Elektroden-
fläche und sind zum anderen nach der Verbrennungszone kaum mehr vorhanden.
Im Rahmen der hier durchgeführten Parametervariationen werden sowohl Gleich-, als auch
Wechselspannungen als Ionisationsspannung verwendet. In Abbildung 74 ist der Unter-
schied der beiden Spannungstypen verdeutlicht.
6 Exemplarische Umsetzung des Handlungsprogramms
167
0
10
20
30
40
50
60
0 10 20 30 40 50 60 70 80
Abstand der Elektrode zur Oberfläche der Zone A [mm]
I / µ
A
DC Feld
AC Feld
Abbildung 74: Vergleich zwischen Gleich- und Wechselspannung (230 V) bei 225 kW/m² und λ=1,1 in einer freien Flamme
Dabei ist zu erkennen, dass das Ionisationsstromsignal bei der Verwendung von Gleich-
spannung deutlich höher liegt. Der Grund hierfür liegt in der Tatsache, dass bei Wechsel-
strom die negative Halbwelle durch den Gleichrichtereffekt der Flamme abgeschnitten wird.
Theoretisch ist bei der Wechselspannung etwa 31% des Gleichspannungssignals zu erwar-
ten, da, wie in Abbildung 75 skizziert, die Integration über die positive Halbwelle zu einem
Wert 2, bei der Integration über den Gleichstrombereich zu 2π führt.
Abbildung 75: Ursache für die Unterschiede zwischen Gleich- und Wechselspan-
nung
Die in Abbildung 74 experimentell ermittelten Werte liegen etwas über dem theoretischen
Wert, da die Maximalwerte aufgrund von Sättigungseffekten nicht erreicht werden. Dieses
-1
0
1
-1
0
1
2 2π
π 2π
6 Exemplarische Umsetzung des Handlungsprogramms
168
Verhalten wurde durch Untersuchungen mit dem Oszilloskop in Abbildung 76 Bild 3 bestätigt.
Daneben enthält Abbildung 76 einen Vergleich zwischen freier Flamme und Verbrennung in
porösem Medium.
Abbildung 76: Untersuchung des Verhaltens zwischen Ionisationsstrom und Ioni-sationsspannung mit einem Oszilloskop
Der Vergleich zwischen freier Flamme (Bild 1) und der Verbrennung in porösen Medien (Bild
2) bei ansonsten gleichen Bedingungen zeigt das signifikant höhere Signal bei der freien
Flamme. Der Gleichrichtereffekt ist in beiden Fällen gut zu erkennen. Die Fluktuationen in
dem Signal des porösen Mediums sind deutlich stärker ausgeprägt. Bei höheren Leistungen
und geringeren Luftzahlen (Bild 3) steigt das Ionisationssignal bis zu einer Sättigungsgrenze
an, wodurch kein ausgeprägtes Maximum zu erkennen ist. Die Untersuchungen mit dem
Oszilloskop bestätigen damit die Resultate der vorangegangenen Messungen.
1) 180 kW/m², λ = 1,3 / freie Flamm 2) 180 kW/m², λ = 1,3 / porös. Medium
3) 225 kW/m², λ = 1,1 / poröses Medium
6 Exemplarische Umsetzung des Handlungsprogramms
169
6.2.3.5 Position der Ionisationselektrode
Der Einfluss der Elektrodenposition in Strömungsrichtung wurde bereits in Abbildung 73 und
Abbildung 74 erläutert, und es konnte eine Abhängigkeit des Ionisationsstroms bezüglich der
Elektrodenposition in Strömungsrichtung festgestellt werden. Die Verläufe geben den in Glei-
chung 9.2 berechneten linearen Verlauf gut wieder. Nur in den ersten Millimetern ist das Ioni-
sationssignal unabhängig von dem Abstand zur Oberfläche der Zone A. Die Abhängigkeit
dieses abstandsunabhängigen Bereichs von der Brennerleistung ist in Abbildung 77 darge-
stellt.
0
5
10
15
20
25
30
0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 55 60 65 70 75
Abstand zur Oberfläche Zone A [mm]
I [µA
]
Lochdurchmesser 20 mm / P/A = 550 kW/m²
Lochdurchmesser 20 mm / P/A = 225 kW/m²
Lochdurchmesser 20 mm / P/A = 135 kW/m²
Abbildung 77: Leistungsabhängigkeit des abstandsunabhängigen Bereiches bei λ = 1,1 (AC)
Das Verhalten der drei untersuchten Leistungen ist sehr ähnlich. Bei 550 kW/m² ist der
abstandsunabhängige Bereich mit ca. 5 mm etwas größer als bei den beiden kleineren Flä-
chenlasten mit 2-3 mm. Es ist anzunehmen, dass im abstandsunabhängigen Bereich die
gesamte Verbrennungsreaktion stattfindet und sich deshalb bei größeren Flächenlasten aus-
dehnt.
Aus Platzgründen ist es teilweise erforderlich, die Elektrode von der kalten Seite her durch
die Stabilisierungszone in den Brenner einzuführen. Dieses Konzept ist in Abbildung 78
schematisch dargestellt.
6 Exemplarische Umsetzung des Handlungsprogramms
170
Abbildung 78: Schematische Darstellung der Elektrodenzuführung von der kalten Seite durch die Stabilisierungszone
Die Elektrode befindet sich dabei in einer isolierenden Ummantelung aus Keramik. Außer-
dem muss die Dichtheit zwischen Stabilisierungszone und Keramik der Elektrode sicherge-
stellt werden. Über einen Dichtungsring, der mit einer Feder von der kalten Seite aus ange-
presst wird, kann dies realisiert werden. Durch diese Anordnung entsteht ein relativ großes
Gebiet um die Elektrode, das nicht mit Frischgas versorgt wird. Die Auswirkungen dieses
“Totgebietes“ sind in Abbildung 79 dargestellt. Darüber hinaus kann sich durch Verschmut-
zung eine Materialbrücke zwischen der metallischen Elektrode und der Stabilisierungszone
ausbilden, die zu Kurzschlussströmen führen kann. Dieser Fall wurde im Experiment durch
feine Keramikpartikel, die um die Elektrode gestreut wurden, simuliert.
Elektrode
Zone A
Elektrodenisolierung
Dichtring
Zone C Totgebiet
6 Exemplarische Umsetzung des Handlungsprogramms
171
0
10
20
30
40
50
60
0 100 200 300 400 500 600 700
P/A [kW/m²]
I [µA
]
Platzierung der Elektrode von der kaltenSeite durch Zone A
Platzierung der Elektrode von der kaltenSeite durch Zone A mit Verschmutzungen
Platzierung der Elektrode von der heißenSeite
Abbildung 79: Vergleich zwischen der Elektrodenzuführung von der heißen und kalten Seite bei λ = 1,1 (AC)
Bei kleinen Leistungen ist ein deutlicher Unterschied zwischen der Elektrodenpositionierung
von der heißen bzw. von der kalten Seite zu erkennen. Bei der Elektrodenzuführung von der
kalten Seite werden durch das Totgebiet geringere Ionisationsströme erhalten. Bei größeren
Belastungen gleichen sich die beiden Kurven an. Ein signifikanter Rückgang des Ionisations-
signals ist bei der simulierten Verschmutzung zu beobachten. Da bei der Ionisationsstrom-
messung nur der Gleichstromanteil gemessen wird, der Kurzschlussstrom jedoch nicht
gleichgerichtet ist, sinkt der Ionisationsstrom.
Die Elektrodenzuführung von der kalten Seite birgt somit neben konstruktiven Problemen
durch die Schwächung der Zone A auch seitens der Ionisationsstromüberwachung Nachteile,
falls der Brenner bei kleinen Flächenbelastungen betrieben wird. Sollte eine alternative Kon-
struktion nicht möglich sein, kann der durch den Totraum bedingte Nachteil durch einen
schrägen Einbau, bzw. durch eine gebogene Elektrode, die aus dem Totraum hinausreicht,
ausgeglichen werden. Um einen Kurzschluss durch Verunreinigungen zu verhindern, sollte
die Keramikummantelung etwas über die keramische Stabilisierungszone hinausragen.
6.2.3.6 Geometrie der Elektroden
Zur Untersuchung des Einflusses der Elektrodengeometrie wurde der Unterschied zwischen
einer geraden und einer gebogenen Elektrode mit und ohne porösem Medium festgestellt. In
6 Exemplarische Umsetzung des Handlungsprogramms
172
Abbildung 80 sind die Ergebnisse für verschiedene Messreihen mit einer geraden und einer
am heißen Ende abgewinkelten Elektrode aufgetragen.
0
10
20
30
40
50
60
70
0 50 100 150 200 250
Ionisationsspannung (Gleichspannung) [V]
I [µA
]
mit Zone C, gerade Elektrodemit Zone C, gebogene ElektrodeNur Zone A, gerade ElektrodeNur Zone A, gebogene Elektrode
Abbildung 80: Auswirkungen der Elektrodengeometrie auf das Ionisationsstrom-signal bei verschiedenen Ionisationsspannungen bei P/A = 225 kW/m², λ = 1,1 (DC)
Während die Elektrodengeometrie bei der Messung in freier Flamme einen spürbaren Ein-
fluss hat und bei dieser Messung zu einem etwa 20% höheren Wert des Ionisationsstromes
führt, ist bei der Messung im Hohlraum der Zone C kein Unterschied erkennbar. Der Verlauf
bei den freien Flammen ist dadurch erklärbar, dass die gebogene Elektrode eine größere
Ausdehnung in dem für die Ionisation relevanten Bereich besitzt und dadurch leichter Elekt-
ronen von entfernten Gebieten aufnehmen kann, da der Transport der Ladungsträger nicht
behindert wird. Für das Verhalten mit der Verbrennungszone spielen offensichtlich die bereits
in Kap. 6.2.3.3 beschriebenen Einflüsse des porösen Mediums eine wichtige Rolle. Ein
Transport von Ladungsträgern aus der porösen Verbrennungszone zu der Elektrode wird
demnach in diesem Fall stark behindert und führt zu keiner sichtbaren Erhöhung des Ionisa-
tionssignals. Dadurch bestätigt sich die in Kap. 6.2.3.3 getroffene Aussage, dass neben der
Temperatur der gehemmte Ladungsträgertransport im porösen Medium zu niedrigen Ionisa-
tionsströmen führt.
6 Exemplarische Umsetzung des Handlungsprogramms
173
6.2.3.7 Abhängigkeit von der Luftzahl
Wie in Kap. 6.2.1.3 bereits angedeutet, hat die Luftzahl einen wesentlichen Einfluss auf das
Ionisationssignal. In Abbildung 81 ist der Zusammenhang für drei Flächenlasten dargestellt.
0
10
20
30
40
50
60
70
80
0,70 0,80 0,90 1,00 1,10 1,20 1,30 1,40 1,50 1,60 1,70
Luftzahl λ
I [µA
]
P/A = 550 kW/m²
P/A = 225 kW/m²
P/A = 135 kW/m²
brennstoffarmbrennstoffreich
Abbildung 81: Abhängigkeit des Ionisationssignals im Porenbrenner von der Luft-zahl (AC)
Dabei ist die starke Abhängigkeit des Ionisationsstroms von der Luftzahl klar zu erkennen.
Bei 550 kW/m² beträgt der Wert des Signals bei einer Luftzahl von 1,3 nur noch etwa 25%
des Wertes bei einer Luftzahl von 1,0. Die für den kommerziellen Einsatz relevante 1 µA-
Grenze wird bei einer Flächenbelastung von 225 kW/m² und einer Luftzahl von etwa 1,5 un-
terschritten. Daneben ist zu erkennen, dass das Maximum des Ionisationsstromes nicht wie
erwartet bei Luftzahl 1,0, sondern deutlich zum brennstoffreichen Bereich hin verschoben ist.
Dieser Effekt wird durch den offenen, nicht von der Umgebungsluft getrennten Betrieb des
Brenners ausgelöst. Dadurch entsteht bei unterstöchiometrischer Betriebsweise eine Nach-
verbrennung direkt oberhalb der Verbrennungszone mit dem Luftsauerstoff aus der Umge-
bung.
6.2.3.8 Verhalten in der Startphase
Die bisher diskutierten Messpunkte wurden bei stationären Bedingungen aufgenommen.
Wesentlich ist aber auch, beim Starten eine möglichst schnelle Flammenerkennung zu reali-
sieren. Daher wird an dieser Stelle die Zeitabhängigkeit des Ionisationsstromes beim Start
6 Exemplarische Umsetzung des Handlungsprogramms
174
des Brenners untersucht. Die konträren Verläufe für die freie Flamme und die Verbrennung in
porösen Medien sind in Abbildung 82 dargestellt. Bei dem Versuch ohne poröses Medium
wurde die Gegenelektrode mit der Zone A in der heißen Zone in Kontakt gebracht, im ande-
ren Fall bestand ein elektrischer Kontakt mit der SiC-Keramik.
0
10
20
30
40
50
60
0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100
Zeit [s]
I [µA
]
Nur Zone AMit Zone C
Bereich A Bereich B Bereich C
Abbildung 82: Zeitliches Verhalten beim Start des Brenners bei P/A = 225 kW/m², λ = 1,1 (DC)
Bei der freien Flamme ist nach der Zündung des kalten Brenners ein vergleichsweise niedri-
ges Signal vorhanden, das rasch ansteigt und nach ca. 60 s gegen den Endwert konvergiert.
Dieses Verhalten ist durch die Aufwärmung der Zone A in der Anfangsphase zu erklären. In
den ersten Sekunden wirkt Zone A noch nicht als Gegenelektrode, da sie aufgrund der nied-
rigen Temperaturen noch einen zu hohen Widerstand besitzt. Dadurch fehlt, wie in Kap.
6.2.3.4 aufgezeigt, die für ein optimales Ionisationssignal auf der Kathodenseite notwendige
Fläche. Zusätzlich ist die Verbrennungstemperatur in den ersten Sekunden gegenüber dem
stationären Betrieb etwas erniedrigt, da ein Teil der freiwerdenden Wärme für die Aufheizung
der Zone A genutzt wird. Durch die Temperaturabhängigkeit der Chemieionisation resultiert
ein niedrigeres Ionisationssignal.
Der Verlauf des Ionisationsstroms bei der Verbrennung in porösen Medien kann in 3 Berei-
che unterteilt werden. Im Bereich A sinkt das Signal von einem relativ hohen Wert deutlich ab
und erreicht ein Minimum. Im Bereich B steigt der Ionisationsstrom wieder etwas an, bevor er
im Bereich C konstant bleibt.
6 Exemplarische Umsetzung des Handlungsprogramms
175
Das anfänglich hohe Signal ist dadurch zu erklären, dass sich nach der Zündung des kalten
Brenners für eine kurze Zeit über die als Gegenelektrode wirkende SiSiC-Keramik freie
Flammen ausbilden. Durch den Übergang zur Verbrennung in porösen Medien verschwinden
die freien Flammen und das Ionisationssignal fällt im Bereich A ab. Im Minimum sind keine
freien Flammen mehr vorhanden, die Verbrennungstemperatur und damit das Ionisationssig-
nal werden durch die noch nicht erreichte Endtemperatur der Keramik in Bereich B herabge-
setzt. Nach der Aufwärmung der Keramiken werden in Bereich C stationäre Bedingungen
erreicht.
Beim Start des Porenbrenners ist demnach ein im Vergleich zur freien Flamme deutlich hö-
heres Signal vorhanden. Die Startphase stellt somit kein Hindernis für den Einsatz der Ionisa-
tionsstromüberwachung im Porenbrenner dar.
6.2.4 Numerische Berechnungen der Ionenkonzentrationen
Zu der numerischen Berechnung von Ladungsträgern in Flammen liegen bisher nur wenige
Informationen vor. In Kombination mit der Verbrennung in porösen Medien wurde diese
Thematik bisher noch nicht behandelt. Die im Rahmen dieser Arbeit durchgeführten Berech-
nungen stellen dadurch einen ersten Schritt auf dem Weg zur numerischen Unterstützung bei
der Auslegung einer Ionisationsstromüberwachung für Porenbrenner dar. Dabei wird die
Überprüfung der Plausibilität numerisch berechneter Ionenprofile und nicht die quantitative
Berechnung als Ziel gesehen.
6.2.4.1 Modellierung der Verbrennung unter Berücksichtigung von Ionen
Die Berechnungen wurden mit dem Modul ’Premix’ des Programmpaketes ’CHEMKIN’ Versi-
on 3.7 durchgeführt. Dabei werden die Reaktionen als stationär, isobar und eindimensional
betrachtet. Bei der Modellierung werden Kontinuitätsgleichung, Energiegleichung, Spezies-
Erhaltung, Arrhenius-Gleichung und das ideale Gasgesetz verwendet. Eine Zusammenfas-
sung befindet sich bei Wawrzinek [18], eine ausführliche Beschreibung in [171].
Als Basis für die Berechnung wird ein Reaktionsmechanismus benötigt. Dieser verknüpft die
beteiligten Spezies über Gleichgewichtsreaktionen, deren Richtung und Geschwindigkeit von
der Temperatur und Konzentration abhängt. Für die hier durchgeführten Berechnungen wur-
de auf verschiedene Mechanismen für die Methanverbrennung des Gas Research Institutes
(GRI) [172] zurückgegriffen. Die verschiedenen Mechanismen besitzen eine unterschiedliche
Anzahl an Spezies und Reaktionsgleichungen. Da Ladungsträger die Verbrennungsreaktion
nur in geringem Umfang beeinflussen, sind in den gängigen Reaktionsmechanismen keine
6 Exemplarische Umsetzung des Handlungsprogramms
176
Ionen oder Elektronen berücksichtigt. Aus diesem Grund wurden die wichtigsten, in Kap.
6.2.2 vorgestellten, Reaktionsgleichungen und Spezies für die Chemieionisation in die beste-
henden Mechanismen integriert.
Neben dem Reaktionsmechanismus werden noch Transport- und thermodynamische Daten
für die betrachteten Spezies benötigt. Für die üblichen ungeladenen Spezies sind diese Da-
ten zusammen mit den Mechanismen in Datenbanken abgelegt, für die in den Mechanismus
zusätzlich integrierten Ladungsträger sind jedoch nicht für alle Ionen Literaturwerte bekannt.
In diesen Fällen wurden die Werte über die jeweiligen ungeladenen Spezies abgeschätzt.
Die verwendeten Reaktionsmechanismen mit den dazugehörigen Transport- und thermody-
namischen Daten sind von Cabeleira [173] zusammengestellt.
Grundsätzlich kann bei Premix ausgewählt werden, ob die Energiegleichung gelöst oder ein
vorgegebenes Temperaturprofil verwendet werden soll. Im ersten Fall wird eine freie Flamme
unter adiabaten Bedingungen berechnet. Die Wechselwirkungen zwischen der Verbrennung
und der porösen Struktur können dabei bei Premix nicht direkt berücksichtigt werden. Zur
Untersuchung des Einflusses der betrachteten Spezies, Reaktionen und Ladungsträger so-
wie der Luftzahl wird diese Vereinfachung toleriert, da es sich um generelle, nicht speziell auf
die Verbrennung von porösen Medien bezogene Aussagen, handelt. Ein Vergleich zwischen
freier Flamme und Verbrennung in porösen Medien unter adiabaten Bedingungen durch Lö-
sen der Energiegleichung ist in Premix nicht durchführbar.
Um trotzdem zwischen freier Flamme und der Verbrennung in porösen Medien zu differen-
zieren wurde in Premix mit vorgegebenen Temperaturprofilen ohne Lösung der Energieglei-
chung gearbeitet. Die dafür benötigten Temperaturprofile für die Verbrennung in porösen
Medien wie auch für die freie Flamme wurden dabei mit dem CFD-Code FASTEST, der von
Weber [174] beschrieben wird, berechnet. Bei der Modellierung der porösen Struktur wurde
dabei aus Gründen des Rechenaufwandes ein pseudohomogenes Modell und keine exakte
geometrische Abbildung des Porenkörpers verwendet. Bei dieser Vorgehensweise werden
alle Stoffdaten über ein Volumen gemittelt. Die Details für die Berechnung in porösen Medien
sind von Mishra, Steven et al. [175], die genaue Vorgehensweise bei der Modellierung der
freien Flamme von Weber [174] beschrieben.
6.2.4.2 Einfluss der verwendeten Reaktionsmechanismen
Im ersten Schritt wurde überprüft, wie stark sich die Auswahl der betrachteten Spezies, Re-
aktionen und Ladungsträger auf das Ergebnis auswirkt. Da bei diesem Vergleich nur die rela-
tiven und nicht die absoluten Werte relevant sind, wurde der adiabate Fall berechnet. Zur
6 Exemplarische Umsetzung des Handlungsprogramms
177
Validierung wurden 3 verschiedene GRI-Mechanismen mit jeweils 3 zusätzlichen Ladungs-
träger-Spezies und ein Mechanismus mit 6 zusätzlichen Ladungsträgern bei adiabaten Be-
dingungen gerechnet. Zwischen GRI 1.2 und GRI 2.11 erhöhen sich sowohl die Anzahl der
Spezies als auch die Anzahl der Reaktionen. Zwischen GRI 2.11 und GRI 3.0 nimmt die An-
zahl der Reaktionen weiter zu, während die Zahl der Spezies nur geringfügig steigt. In den
ersten drei Fällen wurden H3O+, CHO+ und Elektronen berücksichtigt, im letzten Fall zusätz-
lich O-, O2- und C3H3
+. Eine Übersicht der gerechneten Varianten ist in Tabelle 34 dargestellt.
Ausgangs-
mechanismus
Anzahl Spe-
zies gesamt
Anzahl Reakti-
onen
Anzahl Reakti-
onen mit La-
dungsträgern
Anzahl La-
dungsträger
GRI 1.2 35 180 3 3
GRI 2.11 52 282 3 3
GRI 3.0 56 328 3 3
GRI 3.0 60 341 14 6
Tabelle 34: Übersicht über die verwendeten Mechanismen
Abbildung 83 zeigt den Vergleich der errechneten Temperaturen der ersten drei Mechanis-
men mit jeweils 3 Ladungsträgern unter adiabaten Bedingungen.
0
500
1000
1500
2000
0,00 0,05 0,10 0,15 0,20 0,25 0,30
y [cm]
T [K
]
GRI_V1.2
GRI_V2.11
GRI_V3.0
Abbildung 83: Vergleich der Temperaturverläufe verschiedener Reaktionsmecha-nismen mit jeweils 3 Ladungsträgern
6 Exemplarische Umsetzung des Handlungsprogramms
178
Dabei treten nahezu keine Abweichungen zwischen den drei Verläufen auf und die Tempera-
tur konvergiert gegen einen plausiblen Endwert von ca. 2200 K. Neben der Temperatur wird
zusätzlich eine Validierung hinsichtlich der Ladungsträgerprofile durchgeführt. In Abbildung
84 sind die Verläufe für die Elektronenkonzentrationen dargestellt.
0,0E+00
2,0E-08
4,0E-08
6,0E-08
8,0E-08
1,0E-07
1,2E-07
0,00 0,05 0,10 0,15 0,20 0,25 0,30
y [cm]
Ele
ktro
nenk
onze
ntra
tion
[mol
/ m
ol]
GRI_V1.2GRI_V2.11GRI_V3.0
Abbildung 84: Validierung der Elektronenkonzentrationsprofile verschiedener Reaktionsmechanismen mit 3 Ladungsträgern
Die beiden Mechanismen GRI 2.11 und GRI 3.0 führen dabei zu einem nahezu identischen
Ergebnis, die ältere Version GRI 1.2 weicht etwas nach größeren Werten hin ab. Für die
H3O+-Ionen ergibt sich bei der Validierung ein sehr ähnliches Bild.
In Abbildung 85 wird der Einfluss der Änderung der Anzahl der Ladungsträger dargestellt.
Neben H3O+, CHO+ und Elektronen werden zusätzlich O-, O2- und C3H3+ berücksichtigt.
6 Exemplarische Umsetzung des Handlungsprogramms
179
0,0E+00
1,0E-08
2,0E-08
3,0E-08
4,0E-08
5,0E-08
6,0E-08
7,0E-08
8,0E-08
9,0E-08
1,0E-07
0 0,05 0,1 0,15 0,2 0,25 0,3
y [cm]
Ele
ktro
nenk
onze
ntra
tion
[mol
/ m
ol
GRI_V3.0 / 3 Ladungsträger
GRI_V3.0 / 6 Ladungsträger
Abbildung 85: Validierung der Elektronenkonzentrationsprofile bei Änderung der Anzahl der Ladungsträger
Bei der Maximalkonzentration der Elektronen wird bei der Berechnung mit 3 Ladungsträgern
ein etwa 20% niedrigerer Wert im Vergleich zu der Berechnung mit 6 Ladungsträgern erhal-
ten.
Die Abweichungen liegen mit 10-20% in einem für diese erste Untersuchung durchaus tole-
rierbaren Bereich. Die Wahl des Mechanismus sowie die Anzahl der Ladungsträger wirken
sich somit nur geringfügig auf die errechneten Ionenkonzentrationen aus. Für die nachfol-
genden Berechnungen wird GRI 3.0 mit 3 Ladungsträgern verwendet.
6.2.4.3 Vergleich der numerischen mit experimentellen Ergebnissen
Ein direkter Vergleich der numerischen Ergebnisse mit experimentellen Daten ist nicht mög-
lich, da eine experimentelle Bestimmung der Ionenkonzentrationen sehr aufwendig ist und im
Rahmen dieser Arbeit nicht durchgeführt wurde. Aus diesem Grund wird das Verhalten des
experimentell bestimmten Ionisationsstroms dem Verhalten der numerisch ermittelten maxi-
malen Ionenkonzentrationen gegenübergestellt.
6.2.4.3.1 Vergleich der Luftzahlabhängigkeit des Ionisationsstromes
In Kap. 6.2.3.7 wurde eine starke Abhängigkeit des Ionisationssignales von der Luftzahl auf-
gezeigt. An dieser Stelle wird untersucht, inwieweit diese starke Abhängigkeit auch bei den
6 Exemplarische Umsetzung des Handlungsprogramms
180
berechneten Ionenkonzentrationen auftritt. In Abbildung 86 sind die berechneten Ionenkon-
zentrationen für verschiedene Luftzahlen bei adiabaten Bedingungen dargestellt.
0
500
1000
1500
2000
2500
0,8 0,85 0,9 0,95 1 1,05 1,1 1,15 1,2 1,25 1,3
Luftzahl λ
T [K
]
0,E+00
1,E-08
2,E-08
3,E-08
4,E-08
5,E-08
6,E-08
7,E-08
8,E-08
9,E-08
Ione
nkon
zent
ratio
n [m
ol /
mol
]
Adiabate Verbrennungstemperatur
Elektronenkonzentration
Hydroniumionen-Konzentration
Abbildung 86: Vergleich von verschiedenen Luftzahlen
Analog zu den experimentellen Ergebnissen (siehe Abbildung 81) weisen die berechneten
Werte ebenfalls eine starke Abhängigkeit von der Luftzahl auf. Bei höheren Luftzahlen sinken
die Ladungsträgerkonzentrationen signifikant gegenüber dem stöchiometrischen Fall ab. Der
quantitative Vergleich ist in diesem Fall wenig aussagefähig, da bei der Berechnung adiabate
Verhältnisse angenommen wurden, bei der Messung jedoch unter realen Bedingungen
Wärmeverluste vorlagen.
6.2.4.3.2 Vergleich von freier Flamme mit Verbrennung in porösen Medien
Wie in Kap. 6.2.2 und Kap. 6.2.3.3 beschrieben, hängt das Ionisationssignal von der Tempe-
ratur, aber auch von der Größe des um die Elektrode befindlichen Loches in der Verbren-
nungszone ab. Bei dem hier durchgeführten Vergleich zwischen freier Flamme und porösem
Medium wurde lediglich der Temperatureffekt, nicht aber die Auswirkungen der porösen Ke-
ramik auf das Ionisationssignal berücksichtigt. Hierfür wurde als Basis jeweils ein Tempera-
turprofil für eine freie Flamme (Abbildung 89) und die Verbrennung in porösen Medien
(Abbildung 90) herangezogen, die mit dem Programm FASTEST berechnet. In beiden Fällen
wurde nicht-adiabat gerechnet und die Wärmeauskopplung aus der Verbrennungszone be-
6 Exemplarische Umsetzung des Handlungsprogramms
181
rücksichtigt. Die beiden Ausgangstemperaturprofile befinden sich im Anhang. Die resultie-
renden Elektronenprofile sind in Abbildung 87 dargestellt.
0,0E+00
1,0E-08
2,0E-08
3,0E-08
4,0E-08
-0,2 -0,15 -0,1 -0,05 0 0,05 0,1 0,15 0,2 0,25 0,3
y [cm]
Ele
ktro
nenk
onze
ntra
tion
[mol
/ m
ol]
Elektronenkonzentration, porösesMedium
Elektronenkonzentration, FreieFlamme
Abbildung 87: Vergleich von freier Flamme mit Verbrennung in porösen Medien
Das Verhältnis der beiden Maxima liegt in der Größenordnung 1:2. Nach Kap. 6.2.3 liegt die
experimentell ermittelte Relation zwischen den Ionisationsströmen bei freier Flamme und
Verbrennung in porösen Medien zwischen 1:2 und 1:3 und ist damit etwas höher als bei der
Berechnung. Die Ursache hierfür ist, dass bei der Berechnung nur Temperatureffekte be-
rücksichtigt wurden. Der in Kap. 6.2.3.3 und Kap. 6.2.3.6 beschriebene behinderte Ladungs-
trägertransport bei der Verbrennung in porösen Medien, ging nicht in die Berechnung mit ein.
6.2.5 Zusammenfassung der Ergebnisse zur Ionisationsstromüberwachung
Durch die im Rahmen der Arbeit durchgeführten Untersuchungen konnten viele für die Aus-
legung einer Flammenüberwachung mittels Ionisationsstrom für die Porenbrennertechnologie
relevanten Fragestellungen geklärt werden. Die Ionisationsstromüberwachung kann im Po-
renbrenner bei der Verbrennung von Methan in einem großen Bereich des Betriebsfensters
eingesetzt werden. Lediglich bei sehr kleinen Flächenlasten und hohen Luftzahlen ist das
Ionisationssignal für eine sichere Flammenüberwachung zu schwach. Bei den Versuchen trat
diese Limitierung bei einer Flächenbelastung von 225 kW/m² und einer Luftzahl von 1,5 auf.
Die poröse Verbrennungszone im Porenbrenner führt dabei zu einer deutlichen Verringerung
des Ionisationssignals gegenüber einer freien Flamme. Nach der Verbrennungszone ist ein
6 Exemplarische Umsetzung des Handlungsprogramms
182
im Vergleich zur freien Flamme sehr schwaches Signal messbar, so dass zur Ionisati-
onsstromdetektion ein Hohlraum in der Verbrennungszone notwendig ist. Der Durchmesser
dieses Hohlraumes beeinflusst maßgeblich das Ionisationssignal wobei ein größerer Durch-
messer zu größeren Ionisationsströmen führt. Des Weiteren wurde gezeigt, dass die Geo-
metrie der Ionisationselektrode keine wesentliche Rolle spielt, die Gestaltung der Gegen-
elektrode jedoch von hoher Bedeutung ist. Aufgrund der niedrigeren Mobilität der positiven
Ladungsträger gegenüber den Elektronen, die als wichtigster negativer Ladungsträger be-
trachtet werden, sollte die Gegenelektrode deutlich größer als die Ionisationselektrode sein.
Da neben diesem Verhältnis auch die absolute Größe einen Einfluss hat, ist eine Ionisations-
strommessung ohne leitfähige poröse Materialien, die als Elektrode dienen, schwer zu reali-
sieren. Die Lage der eingesetzten Elektrode hat ebenfalls Einfluss auf das Ionisationssignal.
Die Platzierung der Elektrode mit geringem Abstand zur Stabilisierungszone erwies sich als
vorteilhaft.
Aus Platzgründen wird die Elektrode in einigen Anwendungen von der kalten Seite her durch
die Stabilisierungszone eingebracht. Diese Variante wirkt sich nachteilig auf das Ionisations-
signal aus, da im Bereich der Elektrode kein Frischgas nachströmen kann und dadurch die
Elektrode in einem weniger durchströmten Gebiet liegt. Außerdem besteht bei dieser Anord-
nung die Gefahr von Kurzschlüssen. Weiterhin wurde gezeigt, dass eine Erhöhung der Ioni-
sationsspannung über die üblichen 230 V zu keinen Verbesserungen des Ionisationssignals
führt.
Abschließend konnte gezeigt werden, dass eine qualitative Vorhersage des Ionisationssig-
nals mit numerischen Berechnungen bereits mit den derzeit zur Verfügung stehenden Be-
rechnungswerkzeugen möglich ist. Um eine Quantifizierung dieser Aussagen zu ermögli-
chen, sind weitere grundlegende Arbeiten notwendig.
183
7 Zusammenfassung und Ausblick
Die vorliegende Arbeit beschäftigte sich mit der Fragestellung, wie Methoden des Innovati-
onsmanagements nutzbringend zur Steuerung von Aktivitäten an Forschungseinrichtungen
eingesetzt werden können. Im Mittelpunkt stand dabei der durch die Forschungsergebnisse
erzielbare ökonomische Nutzen. Die Motivation der Arbeit ergab sich durch eine im Vergleich
zu anderen Ländern sinkende Innovationsleistung Deutschlands, weshalb verstärkt neue
Impulse aus dem Bereich der Forschung erwartet und gefordert werden. Eine Besonderheit
der Arbeit stellte ein hoher Praxisbezug dar, da die Überlegungen an dem konkreten Beispiel
der Porenbrennertechnologie, einer innovativen Verbrennungstechnologie mit hoher Anwen-
dungsbreite, durchgeführt wurden. Die Schwerpunkte wurden dabei auf die Bewertung und
Auswahl von Ideen und die Erstellung eines Handlungsprogrammes gelegt. Die praktische
Umsetzung einiger strategisch wichtiger Arbeitspakete des Handlungsprogramms war eben-
falls ein wichtiger Bestandteil der Arbeit.
Mit der ökonomisch ausgerichteten Zielvorgabe für die Forschung besteht eine große Ähn-
lichkeit zu unternehmerischen Zielen, bei denen der monetäre Nutzen von Forschungs- und
Entwicklungsaufgaben in der Regel an erster Stelle steht. Zur Unterstützung des Prozesses
zwischen Ideengenerierung und Vermarktung existieren bereits zahlreiche Management-
Methoden für die Anwendung in Unternehmen. Deshalb wurde keine grundsätzliche Metho-
den-Neuentwicklung, sondern eine Verwendung der bestehenden und bewährten Verfahren,
falls notwendig in modifizierter Form, angestrebt.
Im Rahmen der Arbeit wurde in Anlehnung an das Funktionalmarktkonzept eine speziell für
Forschungseinrichtungen angepasste Innovationmanagement-Methodik entwickelt. Den Kern
der erarbeiteten Vorgehensweise bildet dabei eine Portfolioanalyse, deren Inhalte durch
Nutzwertanalyse und qualitative Methoden ermittelt werden. Da Forschungseinrichtungen in
der Regel nicht direkt am Markt auftreten und keine eigenen Ressourcen für die Vermarktung
bereitstellen, ergeben sich einige Unterschiede zu Unternehmen. So konnte das Technolo-
gieportfolio mit den Dimensionen Technologieattraktivität und Ressourcenstärke nicht direkt
übernommen werden. Im Rahmen der dadurch notwendigen Methodenvariation wurde die
Dimension Ressourcenstärke gegen den für eine Realisierung der Innovation benötigten
F&E-Bedarf ausgetauscht. Durch eine Normierung der Technologieattraktivität konnte zudem
ein Vergleich völlig unterschiedlicher Anwendungsfelder ermöglicht werden. Als Ergänzung
zu dem Portfolio, in dem jedes Anwendungsfeld isoliert betrachtet wird, wurde eine Syner-
giematrix eingeführt, die eine Berücksichtigung von Synergieeffekten zwischen verschiede-
nen Anwendungen ermöglicht.
7 Zusammenfassung und Ausblick
184
Die Praxistauglichkeit der entwickelten Vorgehensweise wurde anschließend an dem Praxis-
beispiel der Porenbrennertechnologie ausführlich demonstriert. Die verwendete Methodik
erlaubte eine strukturierte Gegenüberstellung und Bewertung völlig unterschiedlicher Ideen.
Im Portfolio wurde eine gute Differenzierung der Anwendungen erhalten und durch die
Normstrategien konnten Handlungsempfehlungen für die verschiedenen Porenbrenner-
Anwendungen generiert werden. Die wichtigsten Ergebnisse wurden zu einer Porenbrenner-
Roadmap zusammengefasst. Am Beispiel wurden auch die bei der praktischen Anwendung
auftretenden Schwierigkeiten deutlich. Neben den bekannten Nachteilen von Bewertungsme-
thoden und Portfoliotechniken führten insbesondere die Informationsbeschaffung und Markt-
abgrenzungen zu Problemen.
Durch die Zusammenstellung aller möglichen Anwendungen konnte das große Potenzial der
Porenbrennertechnologie verdeutlicht werden. Im Detail ergab die Bewertung, dass kurzfris-
tig Industriestrahler auf Porenbrennerbasis und langfristig Anwendungen in der Peripherie
von Brennstoffzellen die größten Potenziale bieten. Eine Gas-Haushaltsheizung auf Poren-
brennerbasis eröffnet die größten Chancen, als erste Porenbrenneranwendung in einem
Massenmarkt platziert zu werden und nimmt deshalb ebenfalls eine hohe strategische Be-
deutung ein. Die Anwendungen mit flüssigen Brennstoffen erscheinen bei der Einzelbetrach-
tung im Portfolio weniger attraktiv, erst durch Synergiebetrachtungen konnte das Potenzial
sichtbar gemacht werden. Durch den Einsatz der Synergiematrix wurde verdeutlicht, dass die
Weiterentwicklung der im Porenbrenner eingesetzten keramischen Bauteile hinsichtlich
Standzeit und Kosten die mit Abstand wichtigste Aufgabe ist. Eine Flammenüberwachung,
die Ölverdampfung, sowie für den gesamten Modulationsbereich geeignete Peripheriekom-
ponenten für die Gas- und Luftseite sind weitere Themenfelder, von deren erfolgreicher Be-
arbeitung die Vermarktung mehrerer Porenbrenneranwendungen abhängen wird.
Einige Aspekte des erstellten Handlungsprogramms wurden im technisch-operativen Teil der
Arbeit aufgegriffen und umgesetzt. Das erste Schwerpunktthema zielte auf die Optimierung
der für den Betrieb von Porenbrennern notwendigen Porenkörper. Da die Standzeiten der
Keramiken neben der Werkstoffzusammensetzung auch von Verbrennungsparametern ab-
hängen, ist der Optimierungsprozess eine interdisziplinäre Aufgabe. In Kooperation mit Ent-
wicklungspartnern ist es gelungen, basierend auf einer Schadensanalyse die Ursachen für
Brennerausfälle zu ergründen und spürbare Verbesserungen hinsichtlich der Standzeit zu
erzielen. Die Zusammenarbeit erbrachte bereits erste greifbare Erfolge, da die Markteinfüh-
rung für den porenbrennerbasierten Industriestrahler durch die Fa. Gogas Goch GmbH & Co.
7 Zusammenfassung und Ausblick
185
gestartet wurde. Eine Anlage mit 52 Porenbrennermodulen ist seit Februar 2004 in Betrieb,
weitere Anlagen befinden sich in der Vorbereitung, wie in Abbildung 88 zu sehen ist.
Abbildung 88: Kommerzielle Porenbrenner beim Aufbau einer Trocknungsanlage (links) und im Betrieb (rechts)
Die erzielten Ergebnisse stellen jedoch nur den Anfang einer systematischen Weiterentwick-
lung der Porenbrenner-Keramiken dar. Um die noch bestehenden Herausforderungen im
Werkstoffbereich erfüllen zu können, wurde das vom BMWi geförderte Projekt CERPOR
initiiert, bei dem Keramikfachleute und Brennerspezialisten gemeinsam an der Optimierung
der Werkstoffe arbeiten. CERPOR ist derzeit gemessen am Projektvolumen das größte Pro-
jekt im Porenbrennerbereich, so dass sich die hohe Bedeutung der Werkstoffthematik in dem
aktuellen Projektportfolio widerspiegelt.
Den zweiten Schwerpunkt der Umsetzungsaufgaben stellte die Untersuchung der Flammen-
überwachung im Porenbrenner mit Ionisationsstrom dar. Diese, in der Sicherheitskette für
eine Vermarktung vieler Anwendungen absolut notwendige Funktion, führte bereits in der
Vergangenheit bei mehreren Funktionsmustern zu Schwierigkeiten. Im Rahmen der Arbeit
wurden die Einflüsse der relevanten Parameter auf das Ionisationssignal untersucht. Dabei
konnte experimentell und numerisch gezeigt werden, dass das Ionisationssignal bei der
Verbrennung in porösen Medien im Vergleich zu freien Flammen deutlich absinkt. Die Ionisa-
tionsstromüberwachung deckt ein weites Betriebsfenster des Porenbrenners ab. Um jedoch
das gesamte Leistungs- und Luftzahlfenster des Porenbrenners bei Erdgasbetrieb nutzen zu
können, sind alternative Überwachungstechniken heranzuziehen.
Abschließend kann festgehalten werden, dass viele der im Rahmen der Arbeit gewonnenen
Aussagen über Innovationsmanagement an Forschungseinrichtungen sich auf das verwen-
dete Beispiel beziehen. Da keine weiteren Technologien betrachtet wurden, ist eine Verall-
gemeinerung an dieser Stelle nicht durchführbar. Ein weiterer Aspekt, der im Rahmen der
vorliegenden Arbeit nicht explizit thematisiert wurde, ist der Nutzen, der durch den Metho-
7 Zusammenfassung und Ausblick
186
deneinsatz in Forschungseinrichtungen entsteht. Die Beantwortung dieser Frage ist ebenfalls
nicht auf der Basis eines Einzelbeispiels möglich. Eine Reihe von Arbeiten über die Produkt-
entwicklung in Unternehmen zeigt, dass empirische Methoden zur Klärung dieser Fragestel-
lung gute Ansatzmöglichkeiten darstellen. Auf der Suche nach Erfolgsfaktoren werden Korre-
lationen zwischen einzelnen Kriterien und den angestrebten Zielen an einer großen Zahl von
Untersuchungsobjekten erforscht. Ernst [176] fasst in seiner Arbeit die Erkenntnisse mehre-
rer Einzelstudien zusammen und kommt zum Ergebnis, dass die Existenz eines formellen
oder informellen Innovationsprozesses die Basis für den Erfolg neuer Produkte darstellt. Eine
klare Beschreibung des Zusatznutzens und die Auswahlentscheidung vor Beginn der Ent-
wicklungsarbeiten sind danach weitere wichtige Elemente. Über eine Übertragbarkeit dieser
Ergebnisse auf Forschungseinrichtungen liegen bisher keine Erkenntnisse vor. Die offenen
Fragestellungen bieten somit noch ausreichend Raum für weitere Untersuchungen zum
Thema Innovationsmanagement an Forschungseinrichtungen.
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[179] Anfrage bei der Fa. Oertli auf der Intherm am 23.04.2004 in Nürnberg
[180] Expertengespräch mit Kolmos, A., Fa. TÜV Nord, Hamburg am 19.04.2004
[181] Expertengespräch mit Meurer, J., Fa. ERC, Buchholz am 19.04.2004
[182] Homepage der Fa. Acotech, http://www.acotech.com/acotech_duits/
[183] Fa. Vaillant, Produktdatenblatt VC 136 E
[184] Fa. Viessmann, Produktdatenblatt Vitodens 200
[185] Fa. Buderus, Produktdatenblatt Logamax plus
[186] Fa. Weishaupt, Produktdatenblatt Thermo Condens
[187] Expertengespräch mit Cappelletti, C., Fa. Fraccaro, Castelfranco Veneto, Italien, am
19.04.2004
[188] Expertengespräch mit Sündermann, B., Fa. Schwank, Köln am 19.04.2004
[189] Expertengespräch mit John, M., Fa. Leoni, Kitzingen am 22.12.2003
[190] Expertengespräch mit Streb H., Fa. Siemens Power Generation, Mühlheim/Ruhr am
28.04.2004
[191] Expertengespräch mit Schäfer J., DaimlerChrysler AG, Stuttgart am 8.04.2004
[192] Expertengespräch mit Seifert M., Schweizerischer Verein des Gas- und Wasserfa-
ches, Schwerzenbach, Schweiz am 22.12.2003
[193] http://www.hi-z.com/websit04.htm
[194] Expertengespräch mit Mößbauer, S., Fa. Enginion AG, Berlin am 22.12.2003
[195] Expertengespräch mit Wawrzinek K., Fa. Enginion AG, Berlin am 22.12.2003
[196] Homepage der Fa. Hug-Engineering, Wiesbaden, http://www.hug-engineering.de/
[197] Expertengespräch mit Jahn, M; Webasto Thermosysteme GmbH, Neubrandenburg
am 19.2.2004
199
9 Anhang
9.1 Anhang A: Temperaturprofile für Vergleich zwischen freier Flamme und
Verbrennung in porösen Medien
0
500
1000
1500
2000
2500
0 0,05 0,1 0,15 0,2 0,25 0,3
y [cm]
T [K
]
Abbildung 89: Temperaturprofil freie Flamme
0
200
400
600
800
1000
1200
1400
1600
1800
2000
-0,2 -0,15 -0,1 -0,05 0 0,05 0,1 0,15 0,2 0,25 0,3
y [cm]
T [K
]
Abbildung 90: Temperaturprofil Verbrennung in porösen Medien
9 Anhang
200
9.2 Anhang B: FCKW - Einfacher Kostenvergleich der Energien
Stöchiometrische Reaktionsgleichung für H2/O2-Verbrennung:
CCl2F2 + 2H2 + O2 à CO2 + 2HCl + 2HF (9.1)
Stöchiometrische Reaktionsgleichung für Methan-Verbrennung:
CCl2F2 + CH4 + 2O2 à 2CO2 + 2HCl + 2HF (9.2)
Molgewicht Kosten Energieinhalt
CCl2F2: 64 g/mol
H2: 2 g/mol 0,025 €/kWh [177]
Ca. 120 MJ/kg
O2: 32 g/mol (0,025)-0,057 €/kg [178]
CH4: 16 g/mol 0,014 €/kWh [177] Ca. 50 MJ/kg
Tabelle 35: Datengrundlage für Berechnung
H2/O2-Verbrennung
(stöchiometrisch)
Methan-Verbrennung bei
Methanüberschusszahl 3 (2)
H2: 0,052 -
O2: <0,028 -
CH4: - 0,146 (0,097)
Summe: <0,08 0,146 (0,097)
Tabelle 36: Gegenüberstellung Eduktkosten in € pro kg CCl2F2
9 Anhang
201
9.3 Anhang C: HCl-Synthese - Kostenvergleichsrechnung zwischen Methan und
Wasserstoff
Ziel des Kostenvergleichs ist die Gegenüberstellung der beiden Edukte Wasserstoff und Me-
than. Als Basis dient dabei jeweils die vereinfachte Reaktionsgleichung bei Stöchiometrie.
Verfahrensbedingte Eduktüberschüsse werden erst bei der Gegenüberstellung der konkurrie-
renden Verfahren berücksichtigt.
2H2 + 2Cl2 à 4 HCl (9.3)
CH4 + 2Cl2 +O2 à 4 HCl + CO2 (9.4)
Über (9.3) und (9.4) und die in Tabelle 55 angenommenen Daten ergibt sich bei Stöchio-
metrie ein Kostenvorteil für Methan gegenüber Wasserstoff in der Größenordung von 7%.
Dabei sind Kosten für Transport und Zwischenlagerung noch nicht eingerechnet.
9 Anhang
202
9.4 Anhang D: Tabellen zur Berechnung der Technologieattraktivität
Industrie-Strahler [75], [76] Kriterium Porenbrenner Konventioneller
Oberflächenstrahler Ceramat-Strahlungsbrenner
Max. Flächenleistung / Größe
> 1000 kW/m² Standardmodul: 20-50 kW
100-300 kW/m² Standardmodul: 6,5 kW
> 300 kW/m² im Strah-lungsmodus Standardmodul: < 20 kW
Modulierbarkeit Derzeit: 1:6 Möglich: 1:20 1:3 Ca. 1:5 im Strah-
lungsmodus Emissionen 20 mg/kWh NOx >20 mg/kWh NOx Ca. 20 mg/kWh NOx Aufheiz- / Abkühlzeit des Brenners lang mittel Kurz
Einbau in bestehen-de Anlagen
Anpassung auf höhere Energiedichte Anpassung auf höhe-
re Energiedichte Infrastruktur Gasversorgung Gasversorgung Gasversorgung Nutzungskosten Keine nennenswerten Unterschiede
Invest
Keramikkosten: Derzeit:Ca. 10 €/kW Ziel: 5 €/kW Modulpreis: Derzeit: 600 €/20 kW-Modul (30 €/kW) Ziel: 500 €/20 kW-Modul (25 €/kW)
Keramikkosten: <1 €/kW Modulpreis: 250 € / 6,5 kW-Modul (38, 5 € / kW)
Keramikkosten: <1 €/kW Modulpreis: 250 € / 6,5 kW-Modul (38, 5 € / kW)
Standzeit Derzeit: 5000 h Ziel: >2 Jahre Ca. 2 Jahre n.b.
Tabelle 37: Zielertragsmatrix Industrie-Strahler norm. Technologieattr.
115Kriterium G1 G2 Gewicht PB Oberfl.-
strahlerFlächenleistung 16 17 17 5 2Modulierbarkeit 10 10 10 4 2Emissionen 3 3 3 3 2Aufheizzeit / Abkühlzeit des Brenners 10 3 7 1 3Einbau in bestehende Anlagen 16 10 13 4 5Infrastruktur 10 10 10 4 4Nutzungskosten 10 17 13 5 5Invest 16 17 17 4 3Standzeit 10 10 10 4 5
Summe Gewichte 100 100 100NUTZWERTE 407 353
Industrie-Strahler >300-500 kW
Integration
Technische Kriterien
Ökonomische Kriterien
Tabelle 38: Zielerfüllungsmatrix Industrie-Strahler mit bestehenden Oberflä-
chenstrahlern [76,77]
norm. Technologieattr.
106Kriterium G1 G2 Gewicht PB Oberfl.-
strahlerCeramat
Flächenleistung 16 17 17 5 2 3Modulierbarkeit 10 10 10 4 2 3Emissionen 3 3 3 3 2 3Aufheizzeit / Abkühlzeit des Brenners 10 3 7 1 3 4Einbau in bestehende Anlagen 16 10 13 4 5 4Infrastruktur 10 10 10 4 4 4Nutzungskosten 10 17 13 5 5 5Invest 16 17 17 4 3 4Standzeit 10 10 10 4 5 4
Summe Gewichte 100 100 100NUTZWERTE 407 353 383
Integration
Ökonomische Kriterien
Industrie-Strahler >300-500 kW
Technische Kriterien
Tabelle 39: Zielerfüllungsmatrix Industrie-Strahler mit optimierten Oberflä-
chenstrahlern [76,77]
9 Anhang
203
Dampf- und Heißwasserkessel [180], [181] Kriterium Porenbrenner Diffusionsbrenner Flächenleistung/ Platz-bedarf Ziel: Platzeinsparung: ca. 20% Brennkammer benötigt ca. 20%
des System-Gesamtvolumens Modulierbarkeit > 1:20 Meist < 1:3 Emissionen 20 mg/kWh NOx >20 mg/kWh NOx Einbaulage / Wartung Einbaulage bei Kugelschüttungen,
Reinigung, Austausch der Poren-körper
Unproblematisch
Steuerung / Sicherheit Wasser kann die in Kugelschüt-tung gespeicherte Wärme bei Störung aufnehmen – geringes Gefährdungspotenzial
Unproblematisch
Einbau in bestehende Anlagen
Platzgewinn bei bestehenden Anlagen nicht realisierbar Stand der Technik
Nutzungskosten Keine signifikanten Unterschiede Invest Dampfkessel (1 MW): 12.000 € -
15.000 € Gasbrenner (1 MW): 5.000 € [179] Keram. Schüttung: 1.000 €
Dampfkessel (1 MW):15.000 € [79] Gasbrenner (1 MW): 5.000 € [179]
Standzeit Ziel: mehrere Jahre Mehrere Jahre
Tabelle 40: Zielertragsmatrix Dampf- und Heißwasserkessel norm. Technologieattr.
105 Kriterium G1 G2 Gewicht PB Diff.br.Flächenleistung/Platzbedarf 3 3 3 4 3Modulierbarkeit 17 17 17 5 4Emissionen 3 3 3 5 3Einbaulage / Wartung 14 10 12 3 5Steuerung / Sicherheit 10 17 14 5 5
IntegrationNutzungskosten 17 17 17 5 4Invest 17 17 17 4 3Standzeit 17 17 17 4 5
Summe Gewichte 100 100 100NUTZWERTE 439 419
Dampf- und Heißwasserkessel
Ökonomische Kriterien
Technische Kriterien
Tabelle 41: Zielerfüllungsmatrix Dampf- und Heißwasserkessel [180], [181]
norm. Technologieattr.
106 Kriterium Gewicht PB Oberfl.-br Diff.-br ElektroFlächenleistung/Größe 19 5 2 2 2Modulierbarkeit 15 4 1 5 5Emissionen 8 3 3 2 5Steuerung/Sicherheit/Regelverhalten 8 2 2 1 4Robustheit 15 2 2 5 3
IntegrationNutzungskosten 19 5 5 3 2Invest 4 2 2 4 4Standzeit 12 2 2 4 3
Summe Gewichte 100NUTZWERTE 354 250 335 319
Ökonomische Kriterien
Technische Kriterien
Beheizung von Öfen (800-1500 °C, Kontakt Abgase-Produkt erlaubt, gleichmäßige Temperatur benötigt, hoher Wärmebedarf, Strahlung erwünscht, Neubau)
Tabelle 42: Zielerfüllungsmatrix Industrieöfen [87]
9 Anhang
204
Gas-Haushaltsheizung Kriterium Porenbrenner Oberflächenstrahler
konventionell Oberflächenstrahler Ceramat
Flächenleistung/Größe Bis 3 MW/m² Bis 30 MW/m³ Ca. 1 MW/m² [182] Bis 4 MW/m² [98]
Modulierbarkeit Brenner: > 1:20 System: Ziel: 1:20
System: 1:3 – 1:5 [183], [184], [185], [186]
Brenner: 1:35 [98]
Emissionen 20 mg/kWh NOx 20 mg/kWh NOx [183], [186]
ca. 20 mg/kWh NOx
Steuerung/Sicherheit Flammenüberwa-chung
Einbau in bestehende Thermen
Anpassung der Peri-pherie auf hohe Modulation
Anpassung der Peri-pherie auf hohe Mo-dulation
Nutzungskosten Abhängig von Randbedingungen, siehe Beschreibung Invest Brenner:
Derzeit: 10 €/kWth Ziel: <1 €/kWth
Brenner: Ca. 0,5 €/kWth [75]
Brenner: <0,3 €/kWth [195]
Standzeit Ziel: mehrere Jahre Mehrere Jahre Ziel: mehrere Jahre
Tabelle 43: Zielertragsmatrix Gas-Haushaltsheizung
Nr. IntegrationGröße (gleiche Leistung)
Modulierbarkeit Emissionen Steuerung /Sicherheit
Nutzungskosten Invest Standzeit
Größe des Brenners bezogen auf die Therme
Leistungsvariation Stickoxide Brennstoff, Strom, Wartung
Kaufpreis
Experte 1 5 2 3 5 5 5 51 3 1 5 5 3 5 3 52 3 3 5 5 3 5 5 53 3 5 5 5 3 5 5 34 3 3 3 3 1 5 5 35 1 1 1 3 1 5 5 36 3 3 3 3 3 5 5 57 1 1 1 3 3 5 5 38 1 3 3 5 1 5 5 59 3 3 3 5 3 5 5 510 1 5 5 5 5 5 5 511 3 5 5 3 4 5 3 512 1 3 3 5 5 5 3 513 1 5 5 3 5 5 3 314 3 5 5 5 5 5 3 515 3 5 5 5 5 5 3 516 3 3 3 3 3 5 5 517 3 5 5 5 3 5 3 518 3 5 5 5 5 5 5 519 1 5 5 3 1 5 3 520 5 3 1 5 5 5 3 521 5 5 1 5 3 5 3 522 3 5 5 5 3 5 3 323 3 5 5 5 1 5 3 324 1 3 3 4 5 5 1 525 1 3 5 5 5 5 3 5
Durchschnitt privat 2,4 3,7 3,8 4,3 3,4 5,0 3,8 4,41 1 5 5 5 3 5 5 52 1 5 3 5 5 5 53 1 4 5 5 5 5 5 54 1 5 5 5 5 5 5 55 3 5 5 5 5 5 5 5
Durchschnitt gewerblich 1,4 4,8 4,6 5 4,5 5 5 5Gesamt 1,6 4,5 3,5 4,1 4,3 5,0 4,6 4,8
Ökonomische KriterienKompatibilität mit bestehender Technik
Technische Kriterien
Tabelle 44: Marktbefragung für Gas-Haushaltsheizung
9 Anhang
205
norm. Technologieattr.
102 Kriterium GewichtPoren-brenner
Oberflächen-brenner
Flächenleistung/Größe 5 5 4Modulierbarkeit 14 5 3Emissionen 11 5 5Steuerung/Sicherheit 13 4 5
Integration Einbau in bestehende Thermen 13 4 5Nutzungskosten 15 4 4Invest 14 4 4Standzeit 15 4 4
Summe Gewichte 100NUTZWERTE 430 423
Technische Kriterien
Ökonomische Kriterien
Gas-Haushaltsheizung Szenario 1
Tabelle 45: Zielerfüllungsmatrix Gas-Haushaltsheizung Szenario 1 [192]
norm. Technologieattr.
111 Kriterium GewichtPoren-brenner
Oberflächen-brenner
Flächenleistung/Größe 5 5 3Modulierbarkeit 14 5 3Emissionen 11 5 5Steuerung/Sicherheit 13 4 5
Integration Einbau in bestehende Thermen 13 4 5Nutzungskosten 15 4 3Invest 14 4 3Standzeit 15 4 4
Summe Gewichte 100NUTZWERTE 430 404
Gas-Haushaltsheizung Szenario 2
Technische Kriterien
Ökonomische Kriterien
Tabelle 46: Zielerfüllungsmatrix Gas-Haushaltsheizung Szenario 2 [192]
norm. Technologieattr.
102Kriterium Gewicht Poren-
brennerCeramat
Flächenleistung/Größe 5 5 4Modulierbarkeit 14 5 5Emissionen 11 5 5Steuerung/Sicherheit 13 4 5
Integration Einbau in bestehende Thermen 13 4 4Nutzungskosten 15 4 3Invest 14 4 4Standzeit 15 4 4
Summe Gewichte 100NUTZWERTE 430 422
Gas-Haushaltsheizung Szenario 3
Technische Kriterien
Ökonomische Kriterien
Tabelle 47: Zielerfüllungsmatrix Gas-Haushaltsheizung Szenario 3 [192]
norm. Technologieattr.
108Kriterium Gewicht Poren-
brennerCeramat
Flächenleistung/Größe 5 5 4Modulierbarkeit 14 5 4Emissionen 11 5 5Steuerung/Sicherheit 13 5 5
Integration Einbau in bestehende Thermen 13 4 4Nutzungskosten 15 4 3Invest 14 4 4Standzeit 15 4 4
Summe Gewichte 100NUTZWERTE 442 408
Technische Kriterien
Ökonomische Kriterien
Öl-Haushaltsheizung
Tabelle 48: Zielerfüllungsmatrix Öl-Haushaltsheizung
9 Anhang
206
Warmlufterzeuger [75], [76] Kriterium Porenbrenner Atmosphärischer Brenner Flächenleistung > 1000 kW/m², zusätzlicher Platz-
bedarf für Gebläse < 500 kW/m²
Modulierbarkeit Standardperipherie: 1:10 Optimierte Peripherie: 1:20 -
Emissionen 20 mg/kWh NOx >20 mg/kWh NOx Steuerung/Sicherheit Flammenüberwachung, Rück-
schlag
Einbau in bestehende Geräte Integration von Gebläse notwendig
Infrastruktur Gas / Strom / Abgas Gas / Strom / Abgas Nutzungskosten Zusätzlich Strom für Gebläse
notwendig
Invest Keramikkosten: Derzeit: Ca. 10 €/kW Gebläsekosten: 0,3-3 €/kW
Brennerkosten: Ca. 1 €/kW
Standzeit Ziel: 20000 h > 20000 h
Tabelle 49: Zielertragsmatrix Warmlufterzeuger
norm. Technologieattr.
86Kriterium G1 G2 G3 Gewicht PB atmosph.
BrennerFlächenleistung / Platzbedarf 4 3 6 4 4 3Modulierbarkeit 12 10 6 9 5 2Emissionen 4 3 12 6 3 1Steuerung/Sicherheit 4 10 15 10 3 4Einbau in bestehende Geräte 12 16 9 12 3 5Infrastruktur 12 10 9 10 3 3Nutzungskosten 12 16 15 14 3 4Invest 20 16 15 17 3 5Standzeit 20 16 12 16 4 5
Summe Gewichte 100 100 100 100NUTZWERTE 339 393
Technische Kriterien
Ökonomische Kriterien
Warmlufterzeuger
Integration
Tabelle 50: Technologieattraktivität Warmlufterzeuger [75], [187], [188]
Hellstrahler [75], [76] Kriterium Porenbrenner Oberflächenstrahler Flächenleistung > 1000 kW/m² + Platz für Gebläse 100-200 kW/m² Modulierbarkeit Standardperipherie: 1:10
Optimierte Peripherie: 1:20 -
Emissionen 20 mg/kWh NOx >20 mg/kWh NOx Steuerung/Sicherheit Flammenüberwachung, Rück-
schlag
Einbau in bestehende Geräte Integration von Gebläse notwendig
Infrastruktur Gas / Strom Gas / Strom Nutzungskosten Zusätzlich Strom für Gebläse
notwendig
Invest Keramikkosten: Derzeit:Ca. 10 €/kW Gebläsekosten: 0,3-3 €/kW
Keramikkosten: Ca. 1 €/kW
Standzeit Ziel: 20000 Betriebsstunden > 20000 Betriebsstunden
Tabelle 51: Zielertragsmatrix Hellstrahler
9 Anhang
207
norm. Technologieattr.
93Kriterium G1 G2 G3 Gewicht PB Oberfl.-
StrahlerFlächenleistung / Platzbedarf 4 3 6 4 5 2Modulierbarkeit 12 10 6 9 5 2Emissionen 4 3 12 6 3 2Steuerung/Sicherheit 4 10 15 10 3 4Einbau in bestehende Geräte 12 16 9 12 3 3Infrastruktur 12 10 9 10 3 3Nutzungskosten 12 16 15 14 3 4Invest 20 16 15 17 3 5Standzeit 20 16 12 16 4 5
Summe Gewichte 100 100 100 100NUTZWERTE 343 370
Hellstrahler
Integration
Technische Kriterien
Ökonomische Kriterien
Tabelle 52: Technologieattraktivität Hellstrahler [75], [187], [188]
Stand- und Zusatzheizung [109] Kriterium Vormischbrenner (Porenbrenner) Konv. Standheizung Größe >100 Volumeneinheiten 100 Volumeneinheiten Emissionen 20 mg/kWh NOx >100 mg/kWh NOx Lärm Etwas leiser als konv. Standheizung
Steuerung Flammenüberwachung weniger kritisch bei Standheizung
Luftzahlmod. hoch mittel
Leistungsmod. Standardperipherie: 1:10 Optimierte Peripherie: 1:20 zweistufig
Integration in beste-hende Systeme Integration des Verdampfers Bestehendes System
Multistofffähigkeit Ziel: Für Benzin und Diesel ohne große Modifikationen einsetzbar
Für Benzin und Diesel ohne große Modifikationen einsetzbar
Geometrieflexibilität vorhanden Bedingt vorhanden Investitionskosten Brennerkomponenten >10 € Brennerkomponenten <1 €
Nutzungskosten Etwas niedriger als konventionelle Geräte
Lebensdauer Ziel: 2000 h > 2000h
Tabelle 53: Zielertragsmatrix Stand- und Zusatzheizung
norm. Technologieattr.105 Kriterium G1 G2 Gewicht PB Konv.
Größe 15 14 14 3 4Emissionen 3 8 6 5 2Lärm 9 8 9 4 3Steuerung 9 8 9 4 4Luftzahlmod. 9 8 9 4 3Leistungsmod. 3 8 6 5 2Integration in bestehende Systeme 9 8 9 4 5Multistofffähigkeit 9 8 9 4 4Geometrieflexibilität 3 3 3 4 3Investitionskosten 15 14 14 3 4Nutzungskosten 3 3 3 4 3Lebensdauer 15 8 12 5 5
Summe Gewichte 100 100 100NUTZWERTE 394 375
Integration
Standheizung
Technische Kriterien
Ökonomische Kriterien
Tabelle 54: Technologieattraktivität Stand- und Zusatzheizung [109], [189]
9 Anhang
208
norm. Technologieattr.
107Kriterium Gewicht Porenbr. Vormisch-
brennerGröße 14 3 3Emissionen 14 4 3Lärm/Schwingungen 9 4 3Luftzahlmod. 14 4 3Leistungsmod. 3 5 3Integration in bestehende Systeme 14 5 5Geometrieflexibilität 9 4 4Investitionskosten 9 2 4Lebensdauer 14 4 4
Summe Gewichte 100NUTZWERTE 386 360
Gasturbinenpilotbrenner
Technische Kriterien
Ökonomische Kriterien
Integration
Tabelle 55: Technologieattraktivität Gasturbinenpilotbrenner [190]
norm. Technologieattr.
131
Kriterium G1 G2 Gewicht PB Kat-Br. + Start-
brennerGröße / Gewicht 16 15 15 4 2Modulierbarkeit 9 9 9 5 2Emissionen/Nebenprodukte 3 9 6 4 5Steuerung/Sicherheit 9 9 9 4 3Multifuelfähigkeit 9 9 9 3 3Kaltstartfähigkeit 9 15 12 5 5
Integration Anbindung an Systemkomponenten 9 9 9 3 3Einfluss auf Systemwirkungsgrad 16 9 12 4 2Invest 9 9 9 4 3Standzeit 9 9 9 4 3
Summe Gewichte 100 100 100NUTZWERTE 392 300
Brenner für mobile Brennstoffzelle
Ökonomische Kriterien
Technische Kriterien
Tabelle 56: Technologieattraktivität Brenner für mobile BZ [191], [189]
norm. Technologieattr.
103 Kriterium GewichtPoren-brenner
Oberflächen-brenner
Flächenleistung/Größe 12 5 4Modulierbarkeit 14 5 5Emissionen 11 5 5Steuerung/Sicherheit 12 4 5
Integration Einbau in bestehende Geräte 13 4 4Nutzungskosten 12 4 3Invest 14 4 4Standzeit 12 4 4
Summe Gewichte 100NUTZWERTE 436 425
Stationäre BZ
Technische Kriterien
Ökonomische Kriterien
Tabelle 57: Technologieattraktivität Spitzenlastbrenner für stat. BZ
norm. Technologieattr.
118 Kriterium GewichtPoren-
brennerFLOX Diff.-
brennerFlächenleistung/Größe 14 4 2 3Modulierbarkeit 9 4 2 2Emissionen 9 4 4 1Steuerung/Sicherheit 9 3 3 4Lärm 14 4 3 2
Integration Einbau in bestehende Geräte 3 1 3 3Nutzungskosten 14 4 3 3Invest 14 3 2 4Standzeit 14 3 5 4
Summe Gewichte 100NUTZWERTE 354 300 297
Technische Kriterien
Ökonomische Kriterien
Stirling
Tabelle 58: Technologieattraktivität Brenner für Stirling [192]
9 Anhang
209
TPV Kriterium TPV-PB TPV-Str. TEM
el. Wirkungsgrad Theorie: 36% [128] Derzeit: 1-2%
Theorie: << 36% [128] Derzeit: <1%
4,5 [193]
Modulierbarkeit
Standardperipherie: 1:10 Optimierte Peripherie: 1:20
<1:2 <1:5
Emissionen 20 mg/kWh NOx 20 mg/kWh NOx 20 mg/kWh NOx Arbeitsbereich Ca. 50 °C [126]
Spezifische Lichtwellen-längen benötigt [126]
Ca. 50 °C [126]
Spezifische Lichtwellen-längen benötigt [126]
Kalte Seite: 30-100°C
Warme Seite: 250-400°C [193]
Erweiterbarkeit des Konzeptes
Ja, da noch Potenzial aufgrund des theor. erreichbaren Wirkungs-grades
Nein – zu geringe Stromproduktion
Bedingt
Invest (für 100 W) Ziel: 320 € [125], [129] Ziel: 300 € [125], [129] >300 € [130] Standzeit Ziel: mehrere Jahre Ziel: mehrere Jahre Viele Jahre
Tabelle 59: Zielertragsmatrix TPV
norm. Technologieattr.110 Kriterium Gewicht TPV-PB TPV-Str. TEM
el. Wirkungsgrad 24 4 1 3Modulierbarkeit 5 5 3 4Emissionen 5 3 3 3Arbeitsbereich 14 2 2 3Erweiterbarkeit des Konzeptes 5 4 1 1Nutzungskosten 0 3 3 3Invest (für 100 W) 24 3 4 2Standzeit 24 3 3 4
Summe Gewichte 100NUTZWERTE 324 252 295
Technische Kriterien
Ökonomische Kriterien
TPV Notstrom
Integration
Tabelle 60: Technologieattraktivität TPV
Steam Cell Kriterium Porenbrenner Ceramat Größe / Gewicht Systemgröße: 95-100%
Gewicht: >100% Systemgröße: 100% Gewicht: 100%
Schadstoffemissionen ca. 20 mg/kWh NOx ca. 20 mg/kWh NOx Luftzahlmodulierbarkeit Sehr hoch bei festgelegter
Leistungsmodulation und Emissionsgrenzen
Hoch bei festgelegter Leis-tungsmodulation und Emis-sionsgrenzen
Leistungsmodulierbarkeit Standardperipherie: 1:10 Optimierte Peripherie: 1:20 1:10
Steuerung, Überwachung und Diagnose Hoch (Flammenüberwachung problematisch) Sehr hoch
Brennstoff(flexibilität) - Multistofffähigkeit Hoch mittel Liefersicherheit der Komponenten, Ersatz
Derzeit: niedrig Ziel: hoch hoch
Wartungsfreundlichkeit Hoch hoch Lebensdauer Derzeit: 5.000h
Ziel: 40.000h Ziel: 40.000h Ausfallrisiko Ziel: gering Ziel: gering Anschaffungskosten Derzeit: 10 €/kWth
Ziel: <1 €/kWth <0,3 €/kWth Nutzungskosten Gering mittel
Tabelle 61: Zielertragsmatrix Steam Cell [194], [195]
9 Anhang
210
norm. Technologieattr.102 Kriterium Gewicht PB Ceramat
Größe / Gewicht 6 5 4Schadstoffemissionen vor Ort 13 5 5Luftzahlmodulierbarkeit 4 5 4Leistungsmodulierbarkeit 9 5 5Steuerung, Überwachung und Diagnose 13 4 5Brennstoff(flexibilität) - Multistofffähigkeit 3 4 3Liefersicherheit der Komponenten, Ersatz 13 4 4Wartungsfreundlichkeit 6 4 4Lebensdauer 13 4 4Ausfallrisiko 6 4 4Anschaffungskosten 6 4 4Nutzungskosten 6 4 3
Summe Gewichte 100NUTZWERTE 432 426
Integration
Steam Cell
Technische Kriterien
Ökonomische Kriterien
Tabelle 62: Technologieattraktivität Steam Cell
FCKW-Spaltung Kriterium Porenbrenner H2/O2 Plasma
Emissionen (TA Luft) o.k. [18] o.k. [196] o.k. [135]
Steuerung / Prozess-kontrolle Gashandling Gashandling, Sicherheit
wegen Sauerstoff ++
Einbau in bestehende Anlage Umbau des Reaktors Kein Umbau notwendig Umbau des Reaktors
Mobiler/Dezentraler Einsatz Erdgas notwendig
Wasserstoff- und Sau-erstoffinfrastruktur not-
wendig
Nur elektrischer Strom notwendig
Energiekosten (cent/kg FCKW) (siehe oben) 0,097-0,146 0,08 >0,2 nach [135]
Standzeit (Wartung) Jetzt: Einige Stunden
[18] Ziel: 2 Jahre
1-2 Jahre [132] 30-200 Stunden, [132], [135]
Tabelle 63: Zielertragsmatrix für FCKW-Spaltung
norm. Technologieattr.90 Kriterium Gewicht PB H2/O2 Plasma
Emissionen 7 4 4 4Steuerung 20 3 3 5
Integration Einbau in bestehende Anlagen 7 4 5 4Energiekosten (cent/kg FCKW) 33 3 4 1Standzeit 33 5 5 2
Summe Gewichte 100NUTZWERTE 380 420 253
Technische Kriterien
Ökonomische Kriterien
FCKW-Spaltung - zentral, Nachrüstung
Tabelle 64: Technologieattraktivität für zentrale FCKW-Spaltung [138]
norm. Technologieattr.108 Kriterium Gewicht PB H2/O2 Plasma
Emissionen 7 4 4 4Steuerung 20 3 3 5
Integration Mobiler/Dezentraler Einsatz 33 4 2 5Energiekosten (cent/kg FCKW) 20 3 1 1Standzeit 20 5 5 2
Summe Gewichte 100NUTZWERTE 380 273 353
Ökonomische Kriterien
FCKW-Spaltung - dezentral
Technische Kriterien
Tabelle 65: Technologieattraktivität für dezentr. FCKW-Spaltung [138]
9 Anhang
211
HCl-Synthese [138] Kriterium PB – H2/Cl2 PB – CH4/Cl2/Luft Diff. Reinheit Ist: n.b.
Ziel: hoch Ist: n.b. Ziel: hoch
hoch
Reaktorhöhe (30t) Boden bis Ende Brennkammer
2 m 2,5 m 3,5 m
Sicherheit (Flammen-rückschlag)
Ist: gering Ziel: hoch
Ist: n.b. Ziel: hoch
Keine Rück-schlaggefahr
Umrüstaufwand Kreisgasförderung, Trockner
Abgasbehandlung
„Wasserstoffpreis“ (Index, siehe Kosten-vergleich)
Ca. 80 (3-5% Über-schuss)
Ca. 75 (3-5% Über-schuss)
100 (bei 5-50% H2-Überschuss) [138]
Investitionskosten (Index)
Ca. 100 100-120 Ca. 100
Standzeit Ist: n.b. Ziel: 1-2Jahre (dau-erhaft wegen Rein-heit)
Ist: n.b. Ziel: 1-2 Jahre (dauerhaft wegen Rein-heit)
1-2 Jahre [138]
Tabelle 66: Zielertragsmatrix für HCl-Synthese [138]
norm. Technologieattr.109 Kriterium Gewicht PB Diff.
Reinheit 16 5 5Reaktorgröße 10 5 2Sicherheit 16 4 5
Integration Umrüstaufwand 10 4 5„Wasserstoffpreis“ als H2 bzw. CH4 16 4 2Investitionskosten 16 4 4Standzeit 16 4 4
Summe Gewichte 100NUTZWERTE 426 390
Technische Kriterien
Ökonomische Kriterien
HCl mit Wasserstoffinfrastruktur - Nachrüstung
Tabelle 67: Technologieattraktivität H2/Cl2 [138]
norm. Technologieattr.121 Kriterium Gewicht PB Diff.
Reinheit 18 5 5Reaktorgröße 11 4 2Sicherheit 18 5 5
Integration Umrüstaufwand„Wasserstoffpreis“ als H2 bzw. CH4 18 5 1Investitionskosten 18 3 4Standzeit 18 4 4
Summe Gewichte 100NUTZWERTE 436 361
Technische Kriterien
Ökonomische Kriterien
HCl ohne Wasserstoffinfrastruktur
Tabelle 68: Technologieattraktivität für Methan, Chlor, Luft [138]
9 Anhang
212
norm. Technologieattr.102 Kriterium Gewicht PB Diff.
Rußqualität 6 4 4Kompaktheit 6 4 3
IntegrationInvest (Baukosten) 29 4 4Betriebskosten 29 4 3Lebensdauer 29 3 4
Summe Gewichte 100NUTZWERTE 371 365
Rußherstellung Neuanlage
Technische Kriterien
Ökonomische Kriterien
Tabelle 69: Technologieattraktivität Rußerzeugung (Neuanlage) [141]
norm. Technologieattr.86 Kriterium Gewicht PB Diff.
Rußqualität 5 4 4Kompaktheit 5 3 3
Integration 15 3 5Invest (Baukosten) 25 3 4Betriebskosten 25 4 3Lebensdauer 25 3 4
Summe Gewichte 100NUTZWERTE 330 385
Rußherstellung Umrüstung
Technische Kriterien
Ökonomische Kriterien
Tabelle 70: Technologieattraktivität Rußerzeugung (Umrüstung) [141]
norm. Technologieattr.113 Kriterium G1 G2 G3 Gewicht PB CPOX
Flächenleistung/Größe/Gewicht 12 12 15 12 3 5Modulierbarkeit 12 12 9 12 4 3Emissionen/Nebenprodukte 15 15 15 15 2 3Steuerung/Sicherheit 15 15 12 15 4 3
Integration Benötigte Infrastruktur 15 15 12 15 4 4Reformerwirkungsgrad 12 12 15 12 3 3Invest 9 9 12 9 4 2Standzeit 12 12 9 12 4 1
Summe Gewichte 100 100 100 100NUTZWERTE 347 306
Ökonomische Kriterien
POX-Reformer für APU mit 15 kW thermisch - Szenario 1
Technische Kriterien
Tabelle 71: Technologieattraktivität Synthesegaserzeugung Szenario 1 [197],
[189] norm. Technologieattr.
95 Kriterium G1 G2 G3 Gewicht TPOX CPOXFlächenleistung/Größe/Gewicht 12 12 15 13 3 5Modulierbarkeit 12 12 9 11 4 3Emissionen/Nebenprodukte 15 15 15 15 2 3Steuerung/Sicherheit 15 15 12 14 4 3
Integration Benötigte Infrastruktur 15 15 12 14 4 4Reformerwirkungsgrad 12 12 15 13 3 3Invest 9 9 12 10 4 4Standzeit 12 12 9 11 3 3
Summe Gewichte 100 100 100 100NUTZWERTE 334 350
POX-Reformer für APU mit 15 kW thermisch - Szenario 2
Technische Kriterien
Ökonomische Kriterien
Tabelle 72: Technologieattraktivität Synthesegaserzeugung Szenario 2 [197],
[189]
213
Lebenslauf
Persönliche Daten:
Name: Josef Wolfgang Glaß
Geburtsdatum: 13. September 1973
Geburtsort: Augsburg
Familienstand: ledig
Schulbildung:
09/79 – 07/83: Grundschule Welden
09/83 – 07/92: Gymnasium Wertingen
Zivildienst:
08/92 – 10/93: Zivildienst in der AWO-Sozialstation in Wertingen
Hochschulstudium:
11/93 – 03/99: Chemieingenieurwesen mit Fachrichtung Verfahrenstechnik an
der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen- Nürnberg
Abschluss als Diplom-Ingenieur
Berufliche Tätigkeiten:
04/99 – 12/01: Berater und Projektleiter bei Axel Schröder und Partner Unter-
nehmensberatung bzw. Celerant Consulting in München
01/02 – 09/04 Wissenschaftlicher Mitarbeiter und Promotionsstudent am Lehr-
stuhl für Strömungsmechanik der Friedrich-Alexander-Universität
Erlangen- Nürnberg im Bereich „Strömungen mit chemischen
Prozessen“
seit 10/04: Berater bei The Boston Consulting Group
Erlangen, Oktober 2004
9 Anhang
214