Post on 06-Feb-2018
Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Fakultät
der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel
Institut für Weltwirtschaft
Prof. Dr. Joachim Scheide
Thema 10
Globalisierung und die deutsche Wirtschaft -
Gewinner und Verlierer?
Seminararbeit zur „Konjunktur- und Wachstumspolitik“
Wintersemester 2008/2009
II
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis ............................................................................................................. II Tabellenverzeichnis .........................................................................................................III Abbildungsverzeichnis ................................................................................................... IV Abkürzungsverzeichnis ....................................................................................................V 1. Problemstellung............................................................................................................ 1 2. Globalisierung und Wettbewerbsfähigkeit ................................................................... 2 2.1. Der Globalisierungsbegriff .................................................................................... 2 2.2. Internationale Wettbewerbsfähigkeit..................................................................... 4
3. Chancen und Vorteile der Globalisierung für Deutschland ......................................... 5 3.1. Absolute und komparative Vorteile....................................................................... 5 3.2. Skalen- und Verbundeffekte.................................................................................. 6 3.3. Offenheitsgrad und Exportanteile.......................................................................... 7 3.4. Direktinvestitionen ................................................................................................ 8
4. Bedrohungen und Risiken der Globalisierung sowie notwendige Anpassungen ....... 11 4.1. Arbeitsmarkt und Humankapital ......................................................................... 11 4.2. Aufstieg der Schwellenländer.............................................................................. 13 4.3. Basar-Ökonomie.................................................................................................. 16 4.4. Deindustrialisierung ............................................................................................ 17 4.5. Protektionismus ................................................................................................... 18
5. Schlussbetrachtung ..................................................................................................... 19 Literaturverzeichnis ........................................................................................................ 20
III
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Die Motivstruktur der Direktinvestitionen deutscher Industrieunternehmen...........9
IV
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Steigende Globalisierungsskepsis in Deutschland ..............................................1
Abbildung 2: Ökomonische Indikatoren der Globalisierung ....................................................3
Abbildung 3: Ausfuhr der führenden Exportländer an der Weltausfuhr in Prozent..................7
Abbildung 4: Deutsche Direktinvestitionsbestände im Ausland nach Regionen ....................10
V
Abkürzungsverzeichnis
Abb. - Abbildung
Bd. - Band
bzw. - beziehungsweise
DIHK - Deutscher Industrie- und Handelskammertag
DIW - Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung
EU - Europäische Union
f. - folgende
ff. - fortfolgende
Hrsg. - Herausgeber
ifo - Institut für Wirtschaftsforschung
Jg. - Jahrgang
No. - Number
OECD - Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit
und Entwicklung
S. - Seite
USA - United States of America
vgl. - vergleiche
Vol. - Volume
1
1. Problemstellung
Die Globalisierung ist in der heutigen Zeit ein Themengebiet, das in der öffentlichen Dis-
kussion und in den Medien sehr präsent ist. Die Internet-Suchmaschine Google liefert fast
10 Millionen Einträge für den Suchbegriff „Globalisierung“, wohingegen für den engli-
schen Begriff schon über 42 Millionen Titel bereit stehen (vgl. Hohlfeld und Rietzler,
2006, S. 646).
In Deutschland haben sich jedoch in den letzten Jahren verstärkt Sorgen und Ängste in der
Bevölkerung verbreitet. Globalisierung wird in Deutschland häufig mit steigendem interna-
tionalem Konkurrenzdruck, Mehrarbeit und Arbeitsplatzverlust verbunden. Es besteht eine
große soziale Unzufriedenheit in der deutschen Bevölkerung, weil viele Menschen be-
fürchten, dass es aufgrund des verschärften Wettbewerbs zu einem höherem Abbau an Ar-
beitsplätzen kommt, anstatt dass neue Arbeitsplätze durch die Globalisierung entstehen.
Des Weiteren herrscht große Besorgnis aufgrund der Zunahme der Einkommensungleich-
heiten innerhalb der Bevölkerung sowie eines möglichen Zusammenbruchs der sozialen
Sicherheitssysteme. Eine Umfrage des Allensbach Institutes im Jahr 2006 verdeutlicht die
steigende Globalisierungsskepsis in Deutschland. Im Zeitraum von 1998 bis 2006 hat sich
der Anteil derjenigen, die mehr Risiken als Chancen in der Globalisierung sehen, fast ver-
doppelt. Ende der 90er Jahre schätzte die Bevölkerung die Vor- und Nachteile in etwa
noch gleich groß ein.
25
31
4247
20 22 25 23
1998 2002 2004 2006
Mehr Risiken
Mehr Chancen
Abb. 1: Steigende Globalisierungsskepsis in Deutschland Quelle: eigene Darstellung, in Anlehnung an: Institut für Demoskopie Allensbach, 2006. Dieses Stimmungsbild gibt jedoch ein ungenügendes Bild über die Globalisierung. Es ver-
deutlicht allerdings, dass die öffentliche Diskussion um die Globalisierung in Deutschland
von der Angst vor potenziellen Risiken geprägt ist. Eine Vielzahl an negativen wirtschaft-
lichen Entwicklungen wird derzeit den Auswirkungen der Globalisierung zugeschrieben,
2
ohne die tatsächlichen Ursachen zu analysieren. Es eröffnen sich neben diesen Befürchtun-
gen auch deutliche Vorteile aus der Globalisierung für die deutsche Wirtschaft. Diese
Chancen sind in der öffentlichen Wahrnehmung jedoch vielfach in den Hintergrund gera-
ten (vgl. Matthes, Langhorst und Herzog, 2008, S. 10ff.) oder werden von der Bevölkerung
heutzutage schon fast als Selbstverständlichkeit angesehen (vgl. Remsperger, 2007, S. 3).
Im Rahmen dieser Seminararbeit wird untersucht, welche Gewinner und Verlierer sich in
Deutschland aus der Globalisierung ergeben. Im zweiten Kapitel werden hierzu zunächst
die begrifflichen Grundlagen des Themas - der Globalisierungsbegriff und die internationa-
le Wettbewerbsfähigkeit - vorgestellt. Im dritten und vierten Kapitel werden auf die Chan-
cen und Risiken der Globalisierung für die deutsche Wirtschaft eingegangen. Um die Vor-
teile der Globalisierung optimal zu nutzen, ist eine schnelle Anpassungsfähigkeit an verän-
derte Rahmenbedingungen notwendig. Dies setzt die Bereitschaft zum Strukturwandel und
zu Reformen in Deutschland voraus, weshalb die Darstellung der unvermeidlichen Anpas-
sungsprozesse ebenfalls Bestandteil des vierten Kapitels ist. Die Arbeit endet mit einer
Schlussbetrachtung.
2. Globalisierung und Wettbewerbsfähigkeit
Für die Bearbeitung der Fragestellung, welche Gewinner und Verlierer sich in Deutschland
aus der Globalisierung ergeben, ist es notwendig, eine definitorische Abgrenzung und Be-
stimmung des verwendeten Globalisierungsbegriffes zu erstellen.
Die Herausforderung, die sich für die deutsche Wirtschaft aus der Globalisierung ergibt,
besteht darin, die Wettbewerbsfähigkeit im internationalen Umfeld zu erhalten und zu
verbessern. Die Beantwortung der Frage, ob Deutschland international wettbewerbsfähig
sei, erfordert die Klärung, was genau unter der internationalen Wettbewerbsfähigkeit eines
Landes zu verstehen ist.
2.1. Der Globalisierungsbegriff
Es gibt viele verschiedene Definitionen oder Versuche, den Begriff der Globalisierung zu
definieren. Trotz der weit verbreiteten Begriffsanwendung gibt es bis heute weder eine
einheitliche theoretische Fundierung noch eine klare Definition des Globalisierungsbegriffs
(vgl. Subasat, 2008, S. 3). Der deutsche Ökonom Otmar Issing versteht unter der Globali-
sierung beispielsweise einen „umfassenden Prozess des immer intensiveren Austausches
von Menschen, Ideen, Gütern, Kapital mit dem Potenzial, alle Bereiche des Staates und der
Gesellschaft zu beeinflussen und gegebenenfalls vollständig zu verändern“ (Issing, 2004,
3
S. 31). Die Definitionsversuche unterscheiden sich zum Teil jedoch erheblich voneinander,
je nachdem von welchem Blickwinkel aus sich dem Begriff genähert wird. Globalisierung
beinhaltet sowohl ökonomische als auch politische und soziale Komponenten. Letztere
umfasst die zunehmende grenzüberschreitende Vernetzung von Gesellschaften, wohinge-
gen die politische Dimension aus der ansteigenden Zusammenarbeit der Regierungen auf
internationaler Ebene besteht (vgl. Matthes, Langhorst und Herzog, 2008, S. 11).
In dieser Seminararbeit wird hauptsächlich auf die ökonomische Dimension eingegangen.
Hierunter wird die zunehmende internationale Verflechtung der Märkte und Volkswirt-
schaften mit einer steigenden internationalen Arbeitsteilung und Spezialisierung verstan-
den, die durch die Öffnung zahlreicher Grenzen, den Abbau von Handelsbarrieren (z.B.
Zölle) oder durch den ansteigenden technisch bedingten Fortschritt mit der Folge sinkender
Transport- und Kommunikationskosten gefördert wurde. Als grundlegende Indikatoren der
ökonomischen Globalisierung sind die Zunahme des internationalen Handels und Kapital-
verkehrs sowie der Anstieg der globalen Exporte, der Kapitalanlagen im Ausland sowie
der grenzüberschreitenden Auslandsinvestitionen der Unternehmen zu nennen (vgl. Matt-
hes, Langhorst und Herzog, 2008, S. 11f). Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die
Globalisierung aus rein ökonomischer Sicht mit der Ausdehnung der Dimension des Mark-
tes auf die gesamte Welt gleichzusetzen ist (vgl. Issing, 2004, S. 31).
9,1
16,2 14,1
6,5
Weltwirtschafts-leistung
Weltexporte Globale privateKapitalströme ins
Ausland
WeltweiteAuslands-
investitionen
Abb. 2: Ökonomische Indikatoren der Globalisierung Quelle: eigene Darstellung, in Anlehnung an: Matthes, Langhorst und Herzog, 2008, S. 12.
Die Abbildung zeigt die jahresdurchschnittlichen Veränderungen von 1985 bis 2006 in
Prozent. Die Angaben der globalen privaten Kapitalströme in das Ausland beziehen sich
hingegen auf die Jahre 1985 bis 2005. Diese Daten spiegeln die mit dem schnell voran-
4
schreitenden Globalisierungsprozess einhergehende Internationalisierung des Wirtschafts-
lebens wider.
2.2. Internationale Wettbewerbsfähigkeit
Bis heute liegt keine allgemein akzeptierte Definition des Begriffs der internationalen
Wettbewerbsfähigkeit vor, weshalb in der öffentlichen Diskussion die Frage, ob ein Land
im grenzüberschreitenden Bereich wettbewerbsfähig sei, einerseits populär und anderer-
seits unter Ökonomen sehr umstritten ist. Es können jedoch im Wesentlichen drei Konzep-
te unterschieden werden, die im Folgenden dargestellt werden (vgl. Sachverständigenrat,
2004, S. 350, Ziffer 455).
Die Anwendung des ersten Konzepts der internationalen Wettbewerbsfähigkeit ist auf Un-
ternehmen, nicht aber auf Volkswirtschaften, beschränkt. Ein entscheidender Unterschied
besteht darin, dass Unternehmen vom Markt verschwinden können, wenn beispielsweise
der Erfolg eines Konkurrenzunternehmens auf dem gleichen Absatzmarkt zu Lasten des
Erfolges eines anderen Unternehmens geht. Dies ist jedoch nicht auf Volkswirtschaften
übertragbar, da diese nicht miteinander im Wettbewerb stehen und folglich auch nicht auf-
grund einer geringeren Produktivität aus einem Markt ausscheiden können. So wirken sich
gesamtwirtschaftliche Veränderungen in der Produktivität überwiegend auf die Entwick-
lung der Realeinkommen und damit auf die Lebensstandards im Inland aus (vgl. Sachver-
ständigenrat, 2004, S. 350f., Ziffer 455).
Das zweite Konzept der internationalen Wettbewerbsfähigkeit beinhaltet die „ability to
sell“. Hierunter wird die Fähigkeit verstanden, Produkte im internationalen Wettbewerb
abzusetzen, was sowohl durch die eigene Produktivität als auch durch die Arbeitskosten
und den nominalen Wechselkurs beeinflusst wird. Die preisliche Wettbewerbsfähigkeit
eines Unternehmens wird insofern durch eine Vielzahl von Faktoren determiniert, zu denen
neben betrieblichen auch sektorale und gesamtwirtschaftliche Preis- und Kostenfaktoren
gehören. Aus diesem Grund wird die internationale Wettbewerbsfähigkeit auch als ein ge-
samtwirtschaftliches Thema ausgelegt (vgl. Sachverständigenrat, 2004, S. 352, Ziffer 456).
Das dritte Konzept der internationalen Wettbewerbsfähigkeit schließt sich an das zweite
Konzept der „ability to sell“ an und besagt, dass die internationale Wettbewerbsfähigkeit
der Unternehmen auch von allgemeinen gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen im
Heimatland abhängt. Hierunter werden die öffentliche Infrastruktur, das Steuersystem, die
Qualität des Bildungssystems sowie Anreize für Innovationen und Investitionen verstan-
den, die sich auf die Produktionsentwicklung in einem Land auswirken und somit indirekt
5
auch die preisliche Wettbewerbsfähigkeit beeinflussen. Nach dem dritten Konzept wird die
internationale Wettbewerbsfähigkeit eines Landes insofern als die Fähigkeit verstanden,
ein möglichst hohes Einkommen und einen steigenden Lebensstandard zu erzielen. Die
Zuwachsraten der Arbeitslosigkeit oder des Bruttoinlandsprodukts stellen hierbei wichtige
Indikatoren dar (vgl. Sachverständigenrat, 2004, S. 352, Ziffer 457).
3. Chancen und Vorteile der Globalisierung für Deutschland
3.1. Absolute und komparative Vorteile
Die Vorteile der Globalisierung lassen sich auf die klassische Handelstheorie zurückführen
und werden von den meisten Ökonomen positiv eingeschätzt (vgl. Apolte, 2005, S. 367).
Die Globalisierung erweitert die Möglichkeiten der nationalen Marktwirtschaft, indem sie
einen internationalen Handel ermöglicht. Außenhandelsgewinne lassen sich durch Produk-
tivitätsvorteile generieren, die somit zu einer Steigerung der Wohlfahrt aller beteiligten
Länder beitragen. Hiermit hat sich Adam Smith (1723-1790) bereits im 18. Jahrhundert
beschäftigt. Er forderte einen freien internationalen Güteraustausch, um absolute Kosten-
vorteile in der Produktion optimal nutzen zu können. Ein Land erhält durch internationalen
Handel den größten Nutzen, wenn es Güter exportiert, die es im Vergleich zu anderen
Länder kostengünstiger produzieren kann und im Gegenzug Güter importiert, die im Aus-
land mit absolut niedrigeren Kosten hergestellt werden. Adam Smith hat damit das Prinzip
der internationalen Arbeitsteilung formuliert (vgl. Dieckheuer, 2001, S. 49f.).
David Ricardo (1772-1823) erweitert das Prinzip der absoluten Kostenvorteile zu einem
allgemeinen Ansatz. Internationaler Handel führt auch dann zu Wohlfahrtsgewinnen, wenn
es keine absoluten Kostenvorteile gibt und entwickelte hierzu Anfang des 19. Jahrhunderts
erstmals den Begriff des komparativen Kostenvorteils (vgl. Dieckheuer, 2001, S. 49f.). Ein
Land verfügt bei der Herstellung eines Gutes über einen komparativen Vorteil, wenn die
Opportunitätskosten für die Produktion dieses Gutes, verglichen mit den Produktionskos-
ten für andere Güter, niedriger sind als in einem anderen Land. Durch eine länderspezifi-
sche Spezialisierung auf die Produktion desjenigen Gutes, bei dessen Herstellung das Land
über einen komparativen Vorteil verfügt, führt internationaler Handel zu einem Anstieg der
Produktionsmenge (vgl. Krugman und Obstfeld, 2008, S. 56) sowie zu einem steigenden
durchschnittlichen Pro-Kopf-Einkommen (vgl. Deutsche Bundesbank, 2006, S. 22).
Deutschland profitiert beispielsweise von einer Spezialisierung auf seine komparativen
Vorteile bei wissens- und technologieintensiven Gütern (vgl. Matthes, 2007, S. 95).
6
3.2. Skalen- und Verbundeffekte
Der grenzüberschreitende Warenhandel innerhalb eines Sektors beruht nicht allein auf der
Ausnutzung absoluter und komparativer Kostenvorteile, sondern insbesondere auch auf der
Existenz von Skalenerträgen („economies of scale“). Dies bedeutet, dass die Produktion
eines Gutes umso effizienter ist, wenn es in größeren Mengen produziert werden kann, da
bei einer steigenden Produktionsmenge die Stückkosten sinken (vgl. Deutsche Bundes-
bank, 2006, S. 22). Zunehmende Skaleneffekte führen bei einer Verdopplung des Faktor-
einsatzes dazu, dass sich die Produktionsmenge mehr als verdoppelt (vgl. Krugman und
Obstfeld, 2008, S. 56). Des Weiteren entstehen Verbundeffekte („economies of scope“)
aus der Größe eines Netzwerkes und sind beispielsweise in der Telekommunikation sehr
bedeutsam. Außenhandel ermöglicht sowohl bei Skalen- als auch bei Verbundeffekten
sinkende Durchschnittskosten und eine größere Produktvielfalt für die beteiligten Volks-
wirtschaften (vgl. Deutsche Bundesbank, 2006, S. 22). Hierdurch ergeben sich insbesonde-
re für die Konsumenten offensichtliche Vorteile in Form von steigenden Konsummöglich-
keiten. Die Verbraucher erhalten eine größere Auswahl an angebotenen Gütern und können
sowohl bekannte inländische Produkte als auch bisweilen unbekannte ausländische Pro-
dukte erwerben (vgl. Remsperger, 2007, S. 3f.).
Der US-Ökonom Paul Krugman zeigte bereits im Jahre 1979 anhand eines mathematischen
Modells, dass Freihandel eine größere Vielfalt an Produkten und dadurch mehr Lebensqua-
lität für die Verbraucher aus allen am Handel beteiligten Ländern schafft. Das Ausmaß der
höheren Produktvielfalt war jedoch lange Zeit unklar.
Broda und Weinstein (2006, S. 541ff.) haben hierzu eine konkrete Analyse und Schätzung
durchgeführt. Auf Basis von detaillierten US-Import- und Exportdaten der Jahre 1972 bis
2001 haben sie den Außenhandel auf der Ebene einzelner Produkte analysiert und Zah-
lungsbereitschaften der amerikanischen Konsumenten für die verschiedenen Produkte ge-
schätzt. Als Ergebnis lässt sich festhalten, dass die Verbraucher in der Vergangenheit stark
vom grenzüberschreitenden Handel profitiert haben. Die Autoren haben herausgefunden,
dass die amerikanischen Importe seit Anfang der 70er Jahre von fünf auf zwölf Prozent der
Wirtschaftsleistung im Jahr 2001 gestiegen sind. Infolgedessen erhöhte sich auch die Pro-
duktvielfalt von anfangs rund 70.000 auf fast 260.000 Varianten. Allein daraus ergibt sich
für diesen Zeitraum ein Anstieg des US-Wohlstandes von etwa 2,5 Prozent der gesamten
Wirtschaftsleistung. Hieraus wird ersichtlich, dass die Konsumenten als Gewinner der Glo-
balisierung angesehen werden können, was auch auf Deutschland zutrifft.
7
3.3. Offenheitsgrad und Exportanteile
Heutzutage ist der internationale Handel umfangreicher als jemals zuvor, was sich haupt-
sächlich durch sinkende Transport- und Kommunikationskosten begründen lässt. Der größ-
te Teil des Welthandels entfällt auf Industrieprodukte, allerdings gewinnt in jüngster Zeit
der internationale Handel mit Dienstleistungen an Bedeutung (vgl. Krugman und Obstfeld,
2008, S. 51). Deutschland ist zunehmend erfolgreich in die Weltwirtschaft integriert. Hier-
bei nimmt der grenzüberschreitende Warenhandel einen entscheidenden Faktor für die au-
ßenwirtschaftliche Verflechtung ein. In den vergangen Jahren machten die deutschen Ex-
porte ca. 35 bis 40 Prozent des Bruttoinlandsprodukts aus (vgl. Remsperger, 2007, S. 6).
Im Jahr 2003 führte diese positive Entwicklung dazu, dass Deutschland als führendes Ex-
portland im Warenhandel an der Weltausfuhr mit zehn Prozent beteiligt war und somit in
der Tat „Exportweltmeister“ vor den USA und Japan wurde (vgl. Sachverständigenrat,
2004, S. 354, Ziffer 460).
Abb. 3: Ausfuhr der führenden Exportländer an der Weltausfuhr in Prozent Quelle: Sachverständigenrat, 2004, S. 354, Ziffer 460. Die Entwicklung des Offenheitsgrades, der die Summe aus Exporten und Importen von
Waren und Dienstleistungen in Relation zum Bruttoinlandsprodukt darstellt, spiegelt die
starke internationale Ausrichtung der deutschen Wirtschaft wider. Dieser Indikator wird
insbesondere durch den grenzüberschreitenden Warenhandel geprägt, der rund 83 Prozent
der deutschen Außenhandelstransaktionen bestimmt. Für Deutschland zeigt dieser Indika-
tor eine kräftige Zunahme in den vergangenen Jahren. So ist der Offenheitsgrad von 60
8
Prozent des Bruttoinlandsproduktes im Jahr 1990 auf über 75 Prozent im Jahr 2005 ange-
stiegen und liegt deutlich über den Werten anderer großer Volkswirtschaften. Die Ver-
gleichswerte für die USA und Japan lagen im Jahr 2005 bei jeweils 27 Prozent, wodurch
Deutschland als sehr offene Volkswirtschaft angesehen werden kann (vgl. Deutsche Bun-
desbank, 2006, S. 18).
Die positive Exportentwicklung hat zur Folge, dass sich die preisliche Wettbewerbsfähig-
keit der deutschen Unternehmen verbessert hat (vgl. Sachverständigenrat, 2004, S. 356,
Ziffer 463). Deutschland zieht somit als Exportweltmeister einen Vorteil aus der Globali-
sierung und verdankt ihr einen Großteil seines Wohlstandes. Ein wichtiger Aspekt hierbei
ist, dass der Exportsektor auch Arbeitsplätze in Deutschland schafft. So ist die Anzahl der
exportabhängigen Arbeitsplätze um 56 Prozent von 5,7 Millionen im Jahr 1995 auf 8,9
Millionen bis zum Jahr 2006 gestiegen (vgl. Matthes, Langhorst und Herzog, 2008, S. 25).
3.4. Direktinvestitionen
Ein weiterer Aspekt, der die Vorteile der Globalisierung für die deutsche Wirtschaft auf-
zeigt, sind grenzüberschreitende Investitionen. Neben einer steigenden Exporttätigkeit hat
die Globalisierung insbesondere auch eine zunehmende Internationalisierung der Produkti-
on und Produktionsstätten bewirkt. Die internationale Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands
wird demnach nicht allein über die „ability to sell“ bemessen, sondern bestimmt sich auch
über die Attraktivität des Standortes für international mobiles Sachkapital (vgl. Sachver-
ständigenrat, 2004, S. 365, Ziffer 469).
Internationale Kapitalbewegungen erfolgen zu einem großen Teil in Direktinvestitionen.
Hierunter werden internationale Kapitalströme verstanden, bei denen eine Vermögensanla-
ge durch einen inländischen Investor im Ausland erfolgt. Ein Unternehmen gründet oder
erweitert beispielsweise eine Niederlassung in einem Land, in dem es nicht ansässig ist.
Ein charakteristisches Merkmal der Direktinvestitionen ist, dass der Ressourcentransfer mit
einem Einfluss und einer Kontrolle der Geschäftstätigkeit im Ausland verbunden ist (vgl.
Krugman und Obstfeld, 2008, S. 218).
Direktinvestitionen aus dem Ausland haben einen positiven Effekt für Deutschland, da sie
sowohl Beschäftigung als auch Einkommen entstehen lassen und somit einen Anstieg des
Wohlstandes bewirken (vgl. Matthes, Langhorst und Herzog, 2008, S. 26). Ausländische
Unternehmen beschäftigen in Deutschland über drei Millionen Menschen (vgl. Deutsche
Bundesbank, 2008, S. 42), wobei diese positiven Beschäftigungswirkungen insbesondere
von amerikanischen Firmen ausgehen. General Motors beschäftigt beispielsweise in seinen
9
deutschen Tochtergesellschaften Ford und Opel jeweils knapp 25.000 Menschen. Bei der
Fast-Food-Kette McDonalds arbeiten in Deutschland sogar 52.000 Beschäftigte (vgl. Ame-
rican Chamber of Commerce in Germany, 2007, S. 4).
Deutschland ist international wettbewerbsfähig und verfügt über einen attraktiven Unter-
nehmensstandort, der sich zum einen aus seiner zentralen Lage in Europa mit einer guten
Infrastruktur und zum anderen aufgrund weltweit führender Spitzentechnologien in ver-
schiedenen Branchen mit produktiven Arbeitskräften ergibt (vgl. Matthes, Langhorst und
Herzog, 2008, S. 26f.). Zudem verfügt Deutschland als großes Land über einen Nachfrage-
und Vorleistungspool, der aufgrund seiner Größe viele ausländische Firmen anspricht (vgl.
Matthes, 2007, S. 94).
Direktinvestitionen deutscher Unternehmen im Ausland haben sich in der Vergangenheit
ebenfalls sehr dynamisch entwickelt. Dies erweckt in der Bevölkerung allerdings teilweise
den Eindruck, dass es zu einer Arbeitsplatzverlagerung in das kostengünstigere Ausland
wie beispielsweise nach Asien oder Osteuropa kommt. Um die Beschäftigungseffekte von
Direktinvestitionen beurteilen zu können, ist eine genaue Analyse der Ursachen notwendig.
In der Außenhandelstheorie lassen sich im Wesentlichen drei Ansätze unterscheiden, die
unterschiedliche Auswirkungen auf das Inland haben können. Bei vertikalen Direktinvesti-
tionen erfolgt eine Verlagerung der Produktion, um Kostenersparnisse zu realisieren. Hier-
von sind die horizontalen Direktinvestitionen zu unterscheiden, bei denen Unternehmen
Teile ihrer Produktion ins Ausland verlagern, um Märkte zu erschließen (vgl. Sachverstän-
digenrat, 2004, S. 367, Ziffer 473). Des Weiteren gibt es noch Direktinvestitionen, die zur
Verbesserung der Vertriebsstrukturen und des Kundendienstes erfolgen, um im Inland her-
gestellte Produkte optimal absetzen zu können (vgl. Remsperger, 2007, S. 10). Eine Um-
frage von mehr als 7.000 deutschen Industrieunternehmen im Januar 2006 zeigt, dass das
Motiv der Absatzförderung insgesamt deutlich stärker als das Motiv der Kostenersparnis
ist.
Kostenersparnis Markterschließung Vertrieb/Kundendienst Asien ohne China 18 26 56 China 25 30 45 Nordamerika 11 31 58 Russland, Ukraine, Süd-osteuropa inkl. Türkei
22
22
56
Tab. 1: Die Motivstruktur der Direktinvestitionen deutscher Industrieunternehmen1 Quelle: eigene Darstellung, in Anlehnung an: DIHK, 2006.
1 Anteil der Nennungen in Prozent.
10
In der Vergangenheit wurden deutsche Direktinvestitionen somit hauptsächlich aus Markt-
erschließungsmotiven sowie zur Unterstützung des Vertriebs getätigt und tragen wesent-
lich zur Schaffung und Sicherung inländischer Arbeitsplätze bei (vgl. Remsperger, 2007,
S. 10; Sachverständigenrat, 2004, S. 367, Ziffer 475). Erfolgen die Direktinvestitionen aus
Gründen der Kostenersparnis, so profitieren zum einen die Unternehmenseigner und Kapi-
talbesitzer (vgl. Sinn, 2004, S. 11). Arbeitsplätze können durch die Produktionsverlagerun-
gen in das Ausland zwar verloren gehen, jedoch können zum anderen im Inland durchaus
neue Arbeitsplätze entstehen. Römer (2007, S. 49ff.) hat die negativen Beschäftigungsef-
fekte der vertikalen Direktinvestitionen in die neuen EU-Staaten in einer Studie geschätzt
und kommt zu dem Ergebnis, dass im gesamten Zeitraum von 1995 bis 2004 gerade einmal
120.000 Arbeitsplätze aus Kostengründen verlagert wurden. Unternehmen verbessern
durch die Tätigung einer vertikalen Direktinvestition und der damit einhergehenden Kos-
tenersparnis ihre Wettbewerbsfähigkeit, was sich positiv auf zukünftige Investitionstätig-
keiten in Deutschland auswirken kann. Sie sichern damit die Beschäftigung der Stammbe-
legschaften, die anderenfalls aufgrund des zunehmenden Konkurrenzdrucks gefährdet wäre
(vgl. Matthes, 2007, S. 103).
Die Verteilung der Direktinvestitionsbestände nach Herkunftsländern zeigt, dass sich der
Bestand der deutschen Auslandsinvestitionen im Jahr 2006 im Wesentlichen auf die USA
und auf die ehemaligen 15 EU-Staaten bezieht (vgl. Römer, 2008, S. 43).
0 10 20 30 40 50
EU-15
USA
Asien
Südamerika
Afrika
Übrige
Abb. 4: Deutsche Direktinvestitionsbestände im Ausland nach Regionen2 Quelle: eigene Darstellung, in Anlehnung an: Deutsche Bundesbank, 2008a; Römer, 2008, S. 45).
2 im Jahr 2006, Anteile in Prozent, Übrige: darunter EU-Länder Mittel- und Osteuropas, Schweiz, Norwegen, Kanada, Australien und Russland.
11
Somit entfällt ein hoher Anteil der Direktinvestitionen auf die Industriestaaten und obwohl
die Schwellen- und Entwicklungsländer an Bedeutung gewinnen, wird ihnen bei Auslands-
investitionen nur eine geringe Rolle zugewiesen (vgl. Römer, 2008, S. 75). Die Befürch-
tung, dass nur noch in Asien und Osteuropa investiert wird, konnte folglich nicht bestätigt
werden.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Direktinvestitionen einen positiven Effekt für die
deutsche Wirtschaft haben und die Beschäftigungseffekte im Inland tendenziell eher posi-
tiv ausfallen (vgl. Remsperger, 2007, S. 10).
4. Bedrohungen und Risiken der Globalisierung sowie notwendige Anpassungen
4.1. Arbeitsmarkt und Humankapital
Die weltweite Öffnung der Güter- und Faktormärkte hat die Lage auf den Arbeitsmärkten
sehr stark und schnell gewandelt. Die Einbeziehung von China, Indien und anderen Ent-
wicklungsländern in die weltweite Entwicklung führt zu einem zusätzlichen Arbeitsange-
bot aus dem Ausland, weshalb sich die Anzahl der für den Weltmarkt produzierenden Ar-
beitskräfte in der Vergangenheit stark erweitert hat. Ein vergrößerter Pool an globaler Ar-
beitskraft bringt jedoch auch beachtliche Lohnunterschiede an den globalen Arbeitsmärk-
ten mit sich. Diese lassen sich zum einen durch Unterschiede in der Faktorausstattung, der
Produktivität sowie in der Ausbildung und Leistungsfähigkeit der Arbeitskräfte und zum
anderen in unterschiedlichen Lebensstandards und verschiedenen sozialen Absicherungen
begründen. Diese Entwicklungen führen nicht nur zu einer neuen Weltarbeitsteilung, son-
dern auch zu globalen Herausforderungen und Anpassungsproblemen, die eine umfassende
Politikgestaltung erfordern (vgl. Deutsche Bundesbank, 2006, S. 23f.).
Globalisierung bewirkt, dass neben einer teilweisen Verlagerung der Produktion in Nied-
riglohngebiete auch die Zuwanderung von ausländischen Arbeitskräften eine Bedrohung
für den deutschen Arbeitsmarkt darstellen kann. Bei einem erhöhten Arbeitsangebot in
Deutschland geraten die Löhne unter Druck. Als Folge daraus können insbesondere die
gering qualifizierten deutschen Arbeitskräfte Lohneinbußen erleiden und zählen somit zu
den Verlierern der Globalisierung (vgl. Remsperger, 2007, S. 18f.). Migration stellt jedoch
keinesfalls einen alleinigen Nachteil für die deutsche Wirtschaft dar, sondern kann auch
positive Effekte beinhalten. So tragen ausländische Arbeitnehmer mit ihrer Arbeitskraft
zum Wirtschaftswachstum in Deutschland bei. Kräftiges Wachstum kann durchaus sinken-
de Arbeitslosigkeit bewirken, was die Erfahrung anderer europäischer Länder wie bei-
12
spielsweise Spanien, Irland oder Holland zeigt (vgl. Remsperger, 2007, S. 20). Deutsch-
land sollte aus diesem Grund eine selektive Zuwanderungspolitik betreiben, wobei eine
Zuwanderung hoch qualifizierter Personen begünstigt wird, anstatt dass Anreize geschaf-
fen werden, die den Anteil gering qualifizierter Zuwanderer erhöhen (vgl. Börsch-Supan,
2006, S. 31).
Die Struktur der Arbeitsnachfrage hat sich des Weiteren dahingehend verändert, dass in
Deutschland tendenziell hoch qualifizierte Arbeit stärker als gering qualifizierte Arbeit
nachgefragt wird (vgl. Börsch-Supan, 2006, S. 21). Als mögliche Gründe dieser Verschie-
bung der Arbeitsnachfrage können zum einen produktionstechnologische Veränderungen
und zum anderen die ökonomischen Gesetze der Arbeitsteilung genannt werden (vgl.
Zimmermann, 2006, S. 66). Die Arbeitsplätze der Geringqualifizierten können im Wettbe-
werb nicht bestehen bleiben, wenn ihre Lohnkosten über ihrer Arbeitsproduktivität liegen.
Eine Lohnanpassung nach unten ist zudem oftmals aufgrund von Mindestlöhnen nicht
möglich (vgl. Deutsche Bundesbank, 2006, S. 23f.). In Deutschland ist die Arbeitslosen-
quote von Geringqualifizierten im Zeitraum 1994 bis 2004 um etwa sieben Prozentpunkte
auf über 20 Prozent angestiegen. Ein Vergleich der Arbeitslosigkeit von gering qualifizier-
ten Arbeitskräften in OECD-Ländern verdeutlicht, dass diese Entwicklung in Deutschland
nicht zufrieden stellend verlaufen ist. So konnten die Geringqualifizierten im Vergleich zu
anderen Ländern schlechter in den Arbeitsprozess integriert werden (vgl. Deutsche Bun-
desbank, 2006, S. 24; Remsperger, 2007, S. 16). Globalisierung erhöht zwar den Wettbe-
werbsdruck insbesondere auf die gering qualifizierten Arbeitnehmer, jedoch kann sie nicht
als alleinige Ursache für die schlechten Chancen auf dem Arbeitsmarkt angesehen werden.
Das Risiko der Arbeitslosigkeit steigt an, je geringer das erreichte Bildungsniveau bzw. der
Qualifikationsgrad des Arbeitnehmers ist (vgl. Remsperger, 2007, S. 17). Ein hoher Bil-
dungsstand ist Voraussetzung für gute Arbeitsmarktchancen, der nur mit einem leistungs-
starken Bildungssystem erreicht werden kann. Es ist deshalb notwendig, der deutschen
Bevölkerung eine gute Aus- und Weiterbildung zu bieten (vgl. Börsch-Supan, 2006, S. 32).
Aus ökonomischer Sicht spricht man hierbei von Investitionen in Humankapital bzw. von
Bildungsinvestitionen (vgl. Gundlach, 2006, S. 12). Eine umfassende Allgemeinbildung
sowie eine marktnahe und berufsbegleitende Qualifikation der Erwerbspersonen werden
somit im Zeitalter globaler Märkte immer wichtiger, um zum einen den Arbeitnehmern
gute Einkommens- und Beschäftigungsperspektiven zu bieten und zum anderen die Wett-
bewerbsfähigkeit Deutschlands mit einer ausreichenden Ausstattung an Humankapital zu
verbessern (vgl. Anger, Plünnecke und Seyda, 2006, S. 110). Aufgrund der Tatsache, dass
13
die Zukunftsfähigkeit der deutschen Wirtschaft zu einem hohen Grad von ihrer Innovati-
onsfähigkeit abhängt, sind auf Unternehmensseite erhöhte Investitionen in den Bereichen
Fortbildung sowie Forschung und Entwicklung notwendig, um die Innovationskraft zu
stärken (vgl. Deutsche Bundesbank, 2006, S. 26f.; Remsperger, 2007, S. 22f.). Mit einer
angemessenen Bildungspolitik bzw. Umschulung können die Geringqualifizierten ihren
Bildungsstand erhöhen und somit ebenfalls Gewinner der Globalisierung werden. Es gibt
in Deutschland durchaus Branchen, die einen deutlichen Beschäftigungsaufbau zu ver-
zeichnen haben. Insbesondere im technologie- und wissensintensiven Bereich profitieren
die höher Qualifizierten von verbesserten Beschäftigungsmöglichkeiten (vgl. Matthes,
Langhorst und Herzog, 2008, S. 31).
Um eine Abwanderung von hoch qualifiziertem Personal sowie von deutschen Unterneh-
men in das Ausland zu begrenzen, sollten zum einen die soziale Absicherung verbessert
und zum anderen die Abgabenquote, d.h. die Belastung des Arbeitnehmers durch Steuern
und Abgaben, verringert werden. Die Attraktivität des Standortes Deutschlands und die
damit einhergehende Wettbewerbsfähigkeit lässt sich des Weiteren durch eine Verringe-
rung der Ertragssteuern für Unternehmen steigern (vgl. Klohn, 2008, S. 259f.).
Die Globalisierung verstärkt die Probleme auf dem Arbeitsmarkt, als primäre Ursache ist
jedoch die geringe Flexibilität der Märkte selbst zu nennen. Als erforderliche Anpas-
sungsmaßnahmen sind zum einen insbesondere die Flexibilität der Löhne und der Lohn-
struktur zu nennen und zum anderen die erforderliche Flexibilität, um nach einem Arbeits-
platzverlust in einem schrumpfenden Sektor schnell und einfach eine neue Beschäfti-
gungsmöglichkeit in einem Bereich, der Arbeitskräfte benötigt, zu erhalten (vgl. Börsch-
Supan, 2006, S. 32; Remsperger, 2007, S. 15).
4.2. Aufstieg der Schwellenländer
In der öffentlichen Diskussion wird vielfach befürchtet, dass ein Aufstieg der Schwellen-
länder den Wohlstand der Industrienationen bedroht (vgl. Matthes, Langhorst und Herzog,
2008, S. 35). Das Einbeziehen der Schwellenländer in die internationale Arbeitsteilung
sowie deren hohe Investitionen in Bildung und Innovationen können einen schnellen tech-
nologischen Fortschritt begünstigen (vgl. Matthes, 2007, S. 45).
Insbesondere Indien, China sowie die neuen osteuropäischen Länder der Europäischen
Union entwickeln sich zu wettbewerbsfähigen Volkswirtschaften, die das weltweite Wirt-
schaftswachstum maßgeblich beeinflussen (vgl. Brügelmann, Fuest und Grömling, 2006,
S. 2).
14
Der Nobelpreisträger Paul A. Samuelson sorgte mit seinem Artikel „Where Ricardo and
Mill Rebut and Confirm Arguments of Mainstream Economists Supporting Globalization“
im Sommer 2004 für Aufsehen. Er behauptet, dass internationaler Handel nicht immer zu
Wohlfahrtsgewinnen für alle beteiligten Länder führen muss und eine Industrienation unter
bestimmten Bedingungen auch langfristige Verluste erleiden kann. Die besondere Brisanz
liegt darin, dass Samuelson sich in seinem Artikel explizit gegen andere renommierte Ö-
konomen wie Gregory Mankiw, Alan Greenspan oder Jagdish Bhagwati wendet. Samuel-
son kritisiert deren generelle Aussage, dass die USA aufgrund des Gesetzes des kompara-
tiven Vorteils per Saldo immer Gewinner von Arbeitsplatzverlagerungen in das Ausland
sei (vgl. Samuelson, 2004, S. 135f.).
Um seine Aussage zu bestätigen, stellt Samuelson ein klassisches 2-Güter-2-Länder-
Modell in der Tradition von David Ricardo auf, bei dem er als exemplarische Volkswirt-
schaften zum einen die USA als Industrienation (Inland) und zum anderen China als Ent-
wicklungsland (Ausland) wählt. Samuelson untersucht zunächst den Fall, dass die USA bei
beiden Gütern eine höhere Produktivität als China und somit absolute Vorteile haben. Sie
besitzen zudem einen komparativen Vorteil in der Herstellung von Gut 1, China hingegen
bei der Produktion von Gut 2. Samuelson zeigt in Übereinstimmung mit Ricardo, dass sich
für beide Volkswirtschaften ein Vorteil ergibt, wenn sie sich aus der Autarkie lösen und
vor dem Hintergrund komparativer Kostenvorteile miteinander Handel betreiben. Beide
Länder spezialisieren sich vollständig auf das Gut, bei dem sie einen komparativen Vorteil
haben, was eine Steigerung des Pro-Kopf-Einkommens beider Länder bewirkt (vgl. Samu-
elson, 2004, S. 137ff.).
Als nächstes betrachtet Samuelson den Fall, wie sich ein technologischer Fortschritt im
Entwicklungsland auf den Handel auswirken kann. Technisches Know-How kann bei-
spielsweise durch Outsourcing3 zu Aufholprozessen im Entwicklungsland führen. Bei einer
Produktivitätssteigerung Chinas im Exportsektor (Gut 2) lassen sich weitere Handelsge-
winne generieren und somit das Pro-Kopf-Einkommen der USA steigern, da die USA
günstiger importieren können und sich somit ihre Terms of Trade4 verbessern (vgl. Samu-
elson, 2004, S. 140).
Samuelson geht in einem nächsten Fall davon aus, dass China aufgrund einer Erfindung
oder Nachahmung seine Produktivität im Importsektor (Gut 1) erhöht und sich im Extrem-
3 Verlagerung geschäftlicher Tätigkeiten in das Ausland (vgl. Krugman und Obstfeld, 2008, S. 50). 4 Das Austauschverhältnis von Import- und Exportgütern zu realen Preisen (vgl. Krugman und Obstfeld, 2008, S. 129).
15
fall die Produktivitäten beider Länder genau angleichen. Es existieren nun keine kompara-
tiven Vorteile mehr und der Handel stellt sich ein. China konnte seine Position verbessern,
da sie nicht mehr auf Importe angewiesen sind und das Gut 1 durch Eigenproduktion billi-
ger erhalten. Für die USA hingegen bedeutet der Wegfall des Handels eine Rückkehr zum
Autarkiezustand mit der Folge, dass sämtliche Spezialisierungs- und Handelsgewinne aus
der internationalen Arbeitsteilung verschwinden und somit das reale Pro-Kopf-Einkommen
sinkt (vgl. Samuelson, 2004, S. 140ff.).
Samuelsons Artikel hat eine große öffentliche Aufregung ausgelöst. Der indische Ökonom
Jagdish Bhagwati bestreitet Samuelsons Hypothese und richtete sich gemeinsam mit seinen
Koautoren Arvind Panagariya und T.N. Srinivasan in einem Artikel gegen die Kritik des
Outsourcings. Die Autoren analysieren anhand von drei Modellen das Phänomen der Ver-
lagerung geschäftlicher Tätigkeiten in das Ausland. Sie kritisieren, dass das Modell von
Samuelson insbesondere für das gewählte Beispiel der Auslagerung von Dienstleistungen
unzutreffend sei. Eine Analyse der Autoren ergab, dass Dienstleistungen nur zu einem ge-
ringen Ausmaß in Entwicklungsländer verlagert werden (vgl. Bhagwati, Panagariya und
Srinivasan, 2004, S. 93ff.). Dieser Einwand scheint demnach berechtigt zu sein, jedoch
lässt sich Samuelsons Modell auch problemlos auf Exportgüter allgemein übertragen (vgl.
Sachverständigenrat, 2004, S. 351f., Kasten 27).
Die ausgelöste öffentliche Aufregung wird vom Sachverständigenrat zur Begutachtung der
gesamtwirtschaftlichen Entwicklung für überzogen erklärt. Samuelson stelle weder die
Ricardianische Freihandelstheorie in Frage noch fordere er die Abkehr vom Ziel weiterer
Handelsliberalisierungen. Es werde lediglich ein möglicher Fall erklärt, dass bei freiem
Handel Produktivitätsgewinne im Ausland unter bestimmten Bedingungen für das Inland
schädlich sein können. Ein Zusammenbruch des Handels ist zumindest theoretisch denkbar
und die Voraussetzungen dafür könnten durch Outsourcing näher rücken. Samuelson be-
streitet nicht, dass eine Kompensation der Verluste durch Gewinne in anderen Bereichen
möglich sei. Hierzu ist es jedoch wichtig, dass die Verlierer schnell einen neuen Arbeits-
platz in einem Bereich erhalten, in dem neue komparative Kostenvorteile entstehen (vgl.
Sachverständigenrat, 2004, S. 351f., Kasten 27). Anderenfalls könnte auch Deutschland
durch das Aufholen der Schwellen- und Entwicklungsländer unter bestimmten Bedingun-
gen Wohlfahrtsverluste erleiden.
In der Praxis bestätigt sich diese Befürchtung bislang nicht. Die deutsche Exportwirtschaft
hat sich bisweilen gegen die zunehmende Konkurrenz aus den aufstreben Schwellenlän-
dern gut behauptet. Hierbei ist den deutschen Unternehmen zu gute gekommen, dass die
16
Exporte der Schwellenländer eher in einem komplementären als in einem substitutiven
Verhältnis zum deutschen Warenangebot auf den Weltmärkten stehen (vgl. Bundesbank,
2006, S. 33). Die deutsche Wirtschaft ist demnach durch die Globalisierung keineswegs
benachteiligt, sondern profitiert in vielfältiger Weise von ihren Auswirkungen.
4.3. Basar-Ökonomie
Die Hypothese der Basar-Ökonomie geht auf den deutschen Ökonomen und Präsidenten
des Instituts für Wirtschaftsforschung Hans-Werner Sinn zurück. Sie besagt, dass der An-
teil der inländischen Wertschöpfung an der Industrieproduktion, die so genannte Ferti-
gungstiefe, immer weiter zurückgeht und im Gegenzug der Anteil der aus dem Ausland
bezogenen Vorleistungen zunimmt. Die Hypothese geht davon aus, dass viele deutsche
Industrieunternehmen arbeitsintensive Teile ihrer Wertschöpfungsketten zum einen in aus-
ländische Niederlassungen verlagern, so genanntes Offshoring, oder zum anderen bei Zu-
liefern aus dem Ausland kaufen (ausländisches Outsourcing). Als Resultat würde sich
Deutschland zu einer Basar-Ökonomie entwickeln, die einen bloßen Umschlagplatz für
Güter darstellt (vgl. Sinn, 2005, S. 5). Aus dem Industriestandort Deutschlands wäre somit
eine internationale Handelsdrehscheibe entstanden, auf der die deutschen Exportunterneh-
men Güter importieren, diese neu verpacken und sie anschließend in das Ausland verkau-
fen (vgl. Sachverständigenrat, 2004, S. 358, Ziffer 465).
Die Hypothese hat insbesondere in der Debatte um den Titel des Exportweltmeisters öf-
fentliches Interesse erregt, bei der die deutschen Exporterfolge bei gleichzeitig relativ
schwachem Arbeitsmarkt und die Wirkungen der internationalen Arbeitsteilung diskutiert
werden (vgl. Römer, 2007, S. 56). Als extremes Beispiel für den Basar-Effekt nennt Sinn
die Produktion des Porsche Cayenne, der scheinbar in Leipzig hergestellt wird. Doch in
Wahrheit wird in Deutschland kaum mehr als die Lenkung und das Getriebe eingebaut.
Der Rest des Fahrzeuges wird aus Bratislava, der Hauptstadt der Slowakei, angeliefert.
Somit enthält der Porsche Cayenne eine Wertschöpfung von 88 Prozent aus dem Ausland,
lediglich 12 Prozent entstehen im deutschen Stammwerk (vgl. Sinn, 2005, S. 5; Sinn,
2005a, S. 92). Als mögliche Gründe für diese Entwicklung nennt Sinn die hohen deutschen
Lohnkosten, die Unternehmen dazu veranlassen, Teile ihrer Wertschöpfungsketten in das
kostengünstigere Ausland zu verlagern. Die Basar-Hypothese interpretiert diese Form der
internationalen Arbeitsteilung als problematisch, weil der Verlust an Fertigungstiefe zu
einem Rückgang der inländischen Beschäftigung führt, wovon insbesondere die gering
qualifizierten Arbeitnehmer betroffen sind. In Deutschland seien demnach nur noch sehr
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wenige Arbeitskräfte für den Vertrieb und Verkauf der in den Niedriglohnländern produ-
zierten Produkte notwendig (vgl. Sinn, 2005, S. 5ff.).
Die These der Basar-Ökonomie ist umstritten. Einige Ökonomen sehen Sinns Argumenta-
tion, dass die deutschen Exporterfolge kein Indikator für eine hohe Wettbewerbsfähigkeit
seien, da es sich bei einem Großteil dieser Güter um importierte Vorleistungen handele, für
nicht haltbar an. Insbesondere das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung versucht die
These mittels einer empirischen Analyse zu widerlegen (vgl. Horn und Behncke, 2004, S.
583). Sinn versuchte, seine These anhand einer Studie für den Industriesektor nachzuwei-
sen und kommt zu dem Ergebnis, dass die Fertigungstiefe in den vergangenen Jahren ten-
denziell immer weiter gesunken ist. Horn und Behncke (2004, S. 583ff.) sind jedoch der
Ansicht, dass die Betrachtung eines einzelnen Sektors nicht ausreichend ist und sich statt-
dessen der Außenbeitrag vielmehr eignet, um die Frage zu beantworten, ob sich in
Deutschland eine Basar-Ökonomie herausbildet. Ein positiver Außenbeitrag gibt hierbei
an, dass der Wert aller exportierten Waren und Dienstleistungen den der importierten über-
steigt und somit Wertschöpfung durch Außenhandel entsteht. Bei einer Betrachtung des
realen Außenbeitrags nach dem Jahr 1990 zeigen sich bis auf drei Quartale durchgängig
positive Werte. Deutschlands Exporte übersteigen demnach fast immer die Importe. Folg-
lich ist es den deutschen Unternehmen gelungen, die deutsche Wertschöpfung und damit
Wachstum und Beschäftigung im Inland trotz Produktionsverlagerungen durch den Au-
ßenhandel zu steigern. Horn und Behncke kommen zu dem Ergebnis, dass die deutsche
Wirtschaft ein Gewinner der Globalisierung ist. Deutschland ist nicht auf dem Weg in eine
Basar-Ökonomie, da sich die deutsche Industrie nicht auf den Weiterverkauf importierter
Produkte beschränkt, sondern sich vielmehr eine ansteigende Wertschöpfung im Inland
feststellen lässt.
4.4. Deindustrialisierung
Es werden vielfach Warnungen geäußert, dass durch internationalen Handel und Produkti-
onsverlagerungen in das Ausland ein Verlust der industriellen Basis droht. Unter dem
Stichwort der Deindustrialisierung Deutschlands, die ihren Ausdruck im relativen Bedeu-
tungsverlust des Produzierenden Gewerbes findet, befürchten viele Arbeitnehmer einen
massiven Arbeitsplatzabbau. Die Anzahl der Beschäftigten im Produzierenden Gewerbe
(ohne Bau) ist in den Jahren 1995 bis 2003 um über 650.000 Personen gesunken. Im Ge-
genzug sind im Dienstleistungsbereich im selben Zeitraum fast drei Millionen neue Ar-
18
beitsplätze entstanden, was den sektoralen Strukturwandel von der Industrie- zur Dienst-
leistungsgesellschaft verdeutlicht (vgl. Sachverständigenrat, 2004, S. 371, Ziffer 480).
Der allgemeine Trend zur Dienstleistungsgesellschaft und der damit einhergehende Bedeu-
tungsverlust der Industrie ist jedoch kein spezifisch deutsches Phänomen, sondern betrifft
sämtliche Industrienationen. Wie bereits im Kapitel 3.4 erwähnt wurde, finden die Investi-
tionstätigkeiten deutscher Unternehmen im Ausland hauptsächlich in Industriestaaten statt.
Aufgrund der Tatsache, dass diese Länder den gleichen sektoralen Wandel durchlaufen,
stellen außenwirtschaftliche Einflüsse nicht die primäre Ursache dieser Entwicklung dar.
Somit ist nicht die Globalisierung für diesen Effekt verantwortlich, sondern vielmehr kön-
nen als Erklärungsgründe zum einen Nachfrageverschiebungen hin zu den Dienstleis-
tungsgütern und zum anderen Produktivitätsdifferenzen zwischen Industrie- und Dienst-
leistungen genannt werden (vgl. Sachverständigenrat, 2004, S. 372ff., Ziffer 482).
4.5. Protektionismus
Es ist unbestritten, dass nicht alle Sektoren einer Volkswirtschaft bzw. alle Bevölkerungs-
teile die Vorteile der Globalisierung für sich nutzen können. So wird oftmals die Ergrei-
fung protektionistischer Maßnahmen gefordert, die vor den Nachteilen der Globalisierung
schützen sollen. Protektionismus kann beispielsweise in Form von Zöllen, durch adminis-
trative Maßnahmen wie einer direkten Kontrolle der Güter- und Kapitalströme oder auch
durch die Schaffung von Freihandelszonen erfolgen, wenn diese als Schutzwälle gegen
Dritte eingesetzt werden (vgl. Remsperger, 2007, S. 12). Im Extremfall bewirkt ein starker
Anstieg der Handelsbarrieren eine deutliche Reduzierung des Ausmaßes der internationa-
len wirtschaftlichen Beziehungen (vgl. Matthes, 2007, S. 4). Mit protektionistischen Maß-
nahmen könnte eine Handelsbarriere bei der Einfuhr nach Deutschland geschaffen werden,
was eine Abwanderung von Teilen der Industrie in das Ausland begrenzen würde und der
Bevölkerung die Angst vor den Arbeitsplatzverlagerungen nehmen würde. Diese Art des
Protektionismus ist jedoch nicht empfehlenswert, da es Deutschland die Möglichkeit
nimmt, von der internationalen Arbeitsteilung und von einer Spezialisierung auf seine
komparativen Vorteile bei wissens- und technologieintensiven Gütern zu profitieren. Zu-
dem sind die negativen Beschäftigungseffekte einer Verlagerung eher gering und lassen
durchaus neue Arbeitsplätze im Inland entstehen (vgl. Matthes, 2007, S. 95). Protektionis-
mus bewirkt, dass die Vorteile des Außenhandels verschwinden und die Länder zur Autar-
kie zurückkehren, was, wie bereits im Kapitel 4.2. gezeigt wurde, zu negativen Wohl-
fahrtseffekten führen kann (vgl. Samuelson, 2004, S. 140ff.). Des Weiteren kann die inter-
19
nationale Wettbewerbsfähigkeit strukturschwacher Branchen durch Protektionismus nicht
verbessert werden. Ein Arbeitsplatzabbau kann somit zwar hinausgeschoben, jedoch nicht
verhindert werden. Diese Verzögerung bewirkt, dass die Kosten der Strukturanpassungen
ansteigen und somit einen negativen Effekt für die deutsche Wirtschaft haben. Zusammen-
fassend lässt sich festhalten, dass nicht die Globalisierung, sondern vielmehr das Ergreifen
von protektionistischen Maßnahmen einen Nachteil für Deutschland darstellt (vgl.
Remsperger, 2007, S. 13).
5. Schlussbetrachtung
Globalisierung ermöglicht die weltweite Öffnung und Verschmelzung von Märkten und
hat die Rahmenbedingungen für die einzelnen Volkswirtschaften verändert. Kritiker sehen
in der Globalisierung eine Bedrohung für die deutsche Wirtschaft, doch tatsächlich eröff-
nen sich auch große Chancen für eine Steigerung des Wohlstandes. Deutschland profitiert
in vielfältiger Weise von der Globalisierung und der heutigen Form der internationalen
Arbeitsteilung und Spezialisierung. Zum einen erhalten die Unternehmen neue Absatzmög-
lichkeiten, eine erhöhte Produktivität und eine effizientere Nutzung von Ressourcen und
zum anderen gewinnen die Konsumenten durch niedrigere Güterpreise und eine größere
Auswahl an Produkten. Auch die höher Qualifizierten zählen zu den Gewinnern, da ihnen
bessere Beschäftigungsmöglichkeiten geboten werden. Gleichzeitig gibt es jedoch auch
Bevölkerungsgruppen, für die die Globalisierung Nachteile mit sich bringt. Hier sind ins-
besondere die gering qualifizierten Arbeitskräfte zu nennen, die schlechtere Beschäfti-
gungsmöglichkeiten erhalten. Eine genaue Betrachtung der Risiken hat gezeigt, dass die
Globalisierung Strukturreformen, insbesondere auf dem deutschen Arbeitsmarkt, erforder-
lich macht. Eine aktive Reformpolitik ist notwendig, um die Flexibilität und damit die
Wettbewerbsfähigkeit der Märkte zu erhöhen. Die steigende Globalisierungsskepsis der
Bevölkerung in Deutschland lässt sich zudem teilweise mindern, da die differenzierte Be-
trachtungsweise einiger Risiken ergab, dass die Globalisierung nicht die primäre Ursache
dieser negativen Entwicklungen ist.
Die Globalisierung kann nicht mehr aufgehalten werden, aber die deutsche Wirtschaft kann
von ihren Chancen und Vorteilen profitieren - auch in der Zukunft.
20
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