Post on 17-Aug-2019
Andreas Rottach, Theresa Riechert, Thomas Miller, Micha Jung
Forschungsprojekt „Jugendarbeit mit Perspektive“ (JumP)
Tandem Teaching
Konzept für die kooperative Lehre im Studiengang „Soziale Arbeit mit dem Schwerpunkt Jugendarbeit“ an der Hochschule Kempten im Sommersemester 2019
- Arbeitspapier -
Hochschule Kempten, 2018
Das Forschungsprojekt JumP wird mit Mitteln des Bundesministeriums für Bildung, und Forschung unter dem Förderkennzeichen 16OH22028 gefördert.
Inhalt
2.1 Tandem Teaching als Format kooperativer Lehre: eine begriffliche Annäherung ............................................................................ 1
2.2 Potenziale kooperativer Lehre an Hochschulen................................................ 2
2.3 Vorteile des Tandem Teaching für die Theorie-Praxis-Verzahnung ................. 4
2.4 Herausforderungen bei der Umsetzung des Tandem Teaching ....................... 5
3.1 Spezifika des Studienganges SJ an der Hochschule Kempten ........................ 7
3.2 Eckpunkte des Konzeptes: Theorie-Praxis-Verzahnung für die Jugendarbeit .. 8
3.3 Erweiterung des Tandem Teaching: Erstellung hochschulischer Lehr-, Lernmaterialien ................................................................................................. 9
3.4 Konkrete Umsetzungsvorschläge und Zeitplanung ......................................... 10
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1 Einleitung
Dieses Arbeitspapier aus dem Projekt „Jugendarbeit mit Perspektive“ (JumP) stellt die
Konzeption eines kooperativen Lehrformats dar, das an der Hochschule Kempten im
berufsbegleitenden Studiengang „Soziale Arbeit mit dem Schwerpunkt Jugendarbeit“ (SJ)
erprobt werden soll.1
Im Fokus des vorliegenden Papiers steht zum einen die Darstellung der Vorteile des
kooperativen Lehrens in der hochschulischen Lehre. Darauf aufbauend geht es zum anderen
um die Konzeption eines konkreten Lehrformats für den oben genannten Studiengang, in
welchem das Tandem Teaching als spezifische Art der kooperativen Lehre erprobt werden soll,
um die Theorie-Praxis-Verzahnung im Studium noch weiter zu verbessern. Gerade für das
Arbeitsfeld Jugendarbeit ist eine solche Verzahnung aufgrund der oft bemängelten Empirie- und
Theorieabstinenz besonders wichtig. Auch sollen dadurch die grundlegenden Ziele des Projekts
JumP, die Professionalitätsentwicklung in der Jugendarbeit und die weitere Öffnung der
Hochschulen für neue Zielgruppen gefördert werden. Zudem ist die Erprobung des Tandem
Teaching mit dem Vorhaben gekoppelt, begleitend Lehr-, Lernmaterial zur Jugendarbeit für die
hochschulische Lehre zu sammeln und zu erarbeiten.
Im Folgenden werden unter Punkt 2.1 die Begriffe geklärt und die allgemeinen Potenziale
kooperativer Lehre erläutert. Das Kapitel 2.3 widmet sich der Darstellung der Vorteile, welche
das Tandem Teaching für die Theorie-Praxis-Verzahnung mit sich bringen kann. In Kapitel 2.4
wird auf die mit dem Konzept verbundenen Herausforderungen eingegangen. Kapitel 3 bildet
dann die Beschreibung der vorgeschlagenen konkreten konzeptionellen Überlegungen für den
Studiengang SJ an der Hochschule Kempten. Ein zusammenfassendes und ausblickendes
Fazit schließt das Arbeitspapier ab.
2 Theorie-Praxis-Verzahnung durch Tandem Teaching an Hochschulen
2.1 Tandem Teaching als Format kooperativer Lehre: eine begriffliche Annäherung
Das hier vorgestellte Lehr-, Lernkonzept mit der Bezeichnung Tandem Teaching kann definiert
werden als ein kooperatives Lehrformat bei dem zwei Lehrpersonen aus dem praktischen
und theoretischen Bereich des Arbeitsfeldes Jugendarbeit in einem nicht hierarchischen
Verhältnis zwischen Theorie und Praxis gemeinsam unterrichten, also gleichzeitig anwesend
sind.
Eine in der aktuelleren Literatur sehr häufig zitierte Definition des kooperativen Lehrens ist die
von Wenzlaff et al. (2002). Sie bezeichnet ein Lehrarrangement, bei dem zwei oder mehrere
Lehrpersonen in eine kollaborative Beziehung treten, um gemeinsam zu arbeiten und zu lehren.
Dabei entsteht ein Ergebnis, welches eine Lehrperson allein nicht hätte erreichen können. Ein
wichtiger Hinweis hierbei ist die Bedeutung der gleichzeitigen Anwesenheit oder der face-to-
face Begegnung in einem realen Raum (Cook und Friend 1995).
1 Die Basis dieses Papiers bildet ein Arbeitspapier, das bereits im Rahmen des Projektes „JuB_Imp_So“, des
Vorgängerprojektes von JumP veröffentlicht wurde (vgl. Rottach 2018).
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Zeichner (2009) führte für Praxisfeld und Hochschule verbindende Lehr- Lernkonstellationen
den Begriff des „Third Space“ ein. Der entscheidende Aspekt dieses Konzepts ist, dass die
Trennung zwischen Hochschule und Praxisfeld überbrückt wird. Bezeichnend für
entsprechende Anstrengungen ist, dass Tandems zwischen Ausbildungspersonen der Praxis
und der Hochschule mit dem Ziel zusammenwirken, Studierende zu begleiten und zu fördern.
Es wird angenommen, dass wechselseitiges Balancieren zwischen den scheinbar
gegensätzlichen Erkenntnisformen des akademischen und des praktischen Wissens dazu
beitragen kann, neues Wissen und erweiterte Möglichkeiten für praktisches Handeln zu
generieren. Man kann deshalb von einer Symmetrie der beteiligten Akteurinnen und Akteure
sprechen, da beide Partner über das jeweilige Wissen verfügen, das dem anderen zumindest
teilweise verborgen ist. In diesem Kontext soll es den Studierenden möglich werden, das an der
Hochschule erworbene Wissen mit den in der Praxis gewonnenen realen Erfahrungen zu
verknüpfen (Konzept von Zeichner 2009, hier zitiert nach Niggli et al. 2012, S. 274).
Dabei geht es insbesondere auch um das Aufbrechen eines hierarchischen Verständnisses des
Verhältnisses zwischen Theorie und Praxis. „Third spaces bring practitioner and academic knowledge together […] to create new learning opportunities” (Zeichner 2009, S. 92). Das
Potential solcher Konzepte liegt auch nach Shulman (1986) vor allem darin, dass es in jedem
Bereich der beruflichen Praxis Ideen und Prinzipien gibt, welche nie Gegenstand
wissenschaftlicher Betrachtung waren und grundsätzlich nicht wissenschaftlich begründbar
sind. Nichtsdestoweniger stellen diese Ideen und Prinzipien das angesammelte
Erfahrungswissen dar und sind ebenso wichtig für die Praxis wie die Theorie oder empirische
Prinzipien, Shulman bezeichnet dieses Wissen als „accumulated wisdom of practice“ (Shulman
1986, S. 11). Cendon und Flacke (2013) benennen als Orientierungspunkt für die kooperative
Lehre den Grundsatz des „Reflective Practitioner“ (Schön 1983, 1987) und betonen dabei
ebenfalls die Gleichwertigkeit von Theorie und Praxis. Dabei hilft der Einbezug in beruflicher
Praxis aktiver Lehrender dies nicht nur als Lippenbekenntnis, sondern als „gelebtes Prinzip zu verankern“ (Cendon und Flacke 2013, S. 37).
2.2 Potenziale kooperativer Lehre an Hochschulen
Die kooperative Lehre und das Tandem Teaching - als eine ihrer spezifischen Formen -
besitzen viele Potenziale für eine zeitgemäße Lehre. Derartige Konzepte sind besonders
geeignet, den Herausforderungen zu begegnen, welche sich vor allem in den letzten beiden
Jahrzehnten für die Lehre ergeben haben. Diese positiven Effekte sollen im Folgenden anhand
einiger Beiträge auf diesem Gebiet genauer betrachtet werden.
Insbesondere die Wirksamkeit und der Nutzen kooperativer Lehrarrangements wurden bereits
empirisch erforscht und bestätigt. Dabei fokussieren einige Autoren auf die Lernerfolge der
Studierenden (Benjamin 2010; Plank 2013; Maharajha et al. 2013; Clancy et al. 2015; Cohen
und DeLois 2008), betonen in diesem Zusammenhang aber ganz unterschiedliche Effekte des
kooperativen Lehrens, wie zum Beispiel die Theorie-Praxis-Verzahnung oder Interdisziplinarität
(Buckley 2000; Jessen-Marshall und Lescinsky 2011), die Abwechslung und damit die
Vermeidung von Langeweile (Bergman 1990), die gesteigerte didaktische Qualität der Lehre
(Plank 2013). Andere Ansätze heben die integrative Funktion entsprechend ausgestalteter
kooperativer Lehrformen hervor und zeigen deren Eignung als Mittel des Ausgleichs ungleicher
Bildungschancen (Halfhide 2009). Andere Ansätze haben auch explizit die Lehrenden und die
ausbildenden Institutionen selbst im Blick (Bacharach und Heck 2007; Ferguson und Wilson
2011; Palfreyman et al. 2016). So zielt zum Beispiel das „Tandem-Coaching“ als Form der
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Kooperation nur auf die fachliche Weiterqualifizierung der Lehrenden ab (Palfreyman et al.
2016) während das „Co-teaching“ die Begeisterungsfähigkeit der Lehrenden für ihre Profession beleben kann (Bacharach und Heck 2007). Wieder anderen Autoren geht es vor allem um die
Effektivität des Mitteleinsatzes also um Ressourcenschonung durch kooperatives Lehren
(Yanamandram und Noble 2005), oder um die Bewältigung der Lehrherausforderung überhaupt
(Kricke und Reich 2016). Insgesamt kann als empirisch belegt betrachtet werden, dass die
kooperative Lehre ihre Potentiale sowohl im Hinblick auf die Studierenden als auch Lehrenden
entfalten kann, sofern sie überlegt und gut geplant zum Einsatz kommt.
Nach Buckley (2000) begegnet die kooperative Lehre gerade den aktuellen Herausforderungen
in der hochschulischen Lehre, insbesondere dem Widerspruch zwischen fachlicher
Spezialisierung einerseits und der Vermittlung eines umfassenden Verständnisses für die
übergeordneten Zusammenhänge andererseits. Buckley skizziert, dass sich alle akademischen
Felder in Richtung einer immer kleinteiligeren Spezialisierung entwickeln, was vor allem zwei
Konsequenzen für die Hochschullehre hat. Professorinnen und Professoren müssen sich
einerseits vor Augen halten, dass sie nicht alles wissen können und andererseits besteht ein
wachsender Bedarf an der Vermittlung von disziplinübergreifendem Wissen. Vor diesem
Hintergrund wächst die Offenheit in der Hochschullehre, dass Professorinnen und Professoren
ihr Podium mit Expertinnen und Experten innerhalb oder außerhalb der Hochschulen teilen.
Gerade in der Kooperation verschiedener Lehrpersonen, die verschiedene Perspektiven auf ein
Lehrthema richten (sei es interdisziplinär oder eben aus Perspektive von Theorie und Praxis),
liegt eine Möglichkeit dieser Entwicklung in der Hochschullehre adäquat zu begegnen.
Modernes Lernen ist aus heutiger Sicht kein rein individueller Vorgang der Aneignung von
Wissen und Verhalten mehr, der nur durch die Begabung der Person, ihren Fleiß, ihre
Aufmerksamkeit, ihre Ausdauer, ihr Durchhaltevermögen und ihre Motivation vorrangig geprägt
wird (Kricke und Reich 2016). In diesem Zusammenhang werden nach Kricke und Reich im
Sinne eines guten und effektiven Lernens die kooperativen Lehrformen immer wichtiger, da sie
den heute benötigten Ansprüchen des Kompetenzerwerbs entgegen kommen, nämlich
zahlreiche unübersichtliche, nicht immer widerspruchsfreie Wissensbestände zu verarbeiten,
die nur mit Verständnis für größere Zusammenhänge und einer Deutung ihrer Kontexte und
Anwendungsmöglichkeiten hinreichend sicher und qualitativ ausreichend verstanden werden
können.
Teamarbeit in der Lehre verbessert deren Qualität, da das gleiche Thema aus verschiedenen
Blickwinkeln behandelt wird, zum Beispiel aus wissenschaftlich-theoretischer und
arbeitspraktischer Perspektive. Nach Buckley (2000) ergänzen sich die Dozierenden
gegenseitig, ihre Stärken werden kombiniert, ihre Schwächen können ausgeglichen werden.
Und auch die Lehrenden profitieren, sie erhalten neue Einsichten, wenn sie sich gegenseitig bei
der Lehre beobachten. Plank (2011) spricht in diesem Zusammenhang von der Möglichkeit
durch die kooperative Lehre die eigene Lehre aus einer anderen Perspektive zu sehen, da sie
dazu zwingt, die eigenen Ideen einem Gegenüber zu artikulieren, die Argumentation sichtbar zu
machen und offen für andere Ansätze zu sein sowie Kompromisse zu schließen und so selbst
viel zu lernen.
Nach Buckley (2000) können die Lehrenden auch während der Planung der Lehrveranstaltung
Ideen austauschen und ihr Lehrmaterial und ihr didaktisches und pädagogisches Vorgehen
gemeinsam vorbereiten und erhalten nach diesen Arbeitstreffen wertvolles Feedback - die „Self-Evaluation“. Des Weiteren fördert nach Buckley im Team zu arbeiten auch die Kreativität und
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stärkt das Gemeinschaftsgefühl. Und auch die Studierenden gewinnen, denn das
Aufeinandertreffen von verschiedenen Ansichten und Persönlichkeiten aber auch das der
Lehrstile und die Stimm- und Rhythmusänderungen sind anregend und spannend, fördern so
die Aufrechterhaltung der Aufmerksamkeit und verhindern Langeweile und lassen die
Studierenden die Zusammenhänge des Arbeitsfeldes entdecken. Auf diese Weise werden die
Fähigkeiten in Analyse und Synthese und das selbständige und kritische Denken geschult.
Auch fördert dieser Kontrast der Standpunkte und die Vermittlung von Wissen im Team die
aktive Teilnahme der Studierenden und das Arbeiten in Gruppen (Buckley 2000, S. 13f.).
Nach Parson (1994) befördert die kooperative Lehre auch die Redefinition der Rolle als
Lehrende oder Lehrender weg von reinen Wissensvermittlerinnen oder Wissensvermittlern hin
zu Moderatorinnen und Moderatoren der Selbstaneignung von Wissen (Parson 1994, S. 63).
Damit reicht sie über das Vertraute und Vorhersehbare hinaus und schafft ein Umfeld von
Unsicherheit, Dialog und Entdeckung. Und schließlich geht es beim Lernen genau um diesen
Aspekt (Plank 2011, S. 2f.). Weiter argumentiert Plank, dass kooperative Lehre eine
Lernumgebung schaffen kann, in der die Studierenden anspruchsvollen vielleicht sogar sie
einschüchternden wissenschaftlichen Themen sicher begegnen können, wenn sie sehen, dass
selbst ihre Dozentinnen oder Dozenten voneinander lernen können und sich unter Umständen
überhaupt nicht einig sind, dies aber völlig in Ordnung ist (S. 5).
Zusammenfassend kann über die allgemeinen Potentiale der kooperativen Lehre gesagt
werden, dass sie gut an die Herausforderungen des Erwerbs der modernen Wissensbestände
angepasst ist. Außerdem wurde deutlich, dass sie auf vielen Ebenen die Qualität der Lehre in
didaktischer Hinsicht verbessern kann. Des Weiteren stärkt sie das Gemeinschaftsgefühl und
fördert das Selbstvertrauen der Studierenden. Schließlich ist die kooperative Lehre auch in
besonderer Weise für die Verzahnung von Theorie und Praxis geeignet, welcher im
berufsbegleitenden Studiengang SJ besondere Bedeutung zukommt. Daher soll dieser Aspekt
im Folgenden ausführlicher beleuchtet werden.
2.3 Vorteile des Tandem Teaching für die Theorie-Praxis-Verzahnung
Kooperatives Lehren kann in vielen Kontexten und Formen sinnvoll sein, für das hier
vorgeschlagene Lehrkonzept des Tandem Teaching liegt der Fokus neben den eben
dargestellten allgemeinen Vorteilen kooperativer Lehrformate, besonders auf den Potentialen,
welche sich für die Verzahnung zwischen Theorie und Praxis ergeben. Es geht also um eine
Verbindung von Konzepten zur kooperativen Lehre und der Bezugnahme auf die Berufspraxis
in der Hochschullehre. Das eine hat nicht notwendigerweise etwas mit dem anderen zu tun.
Doch können beide Konzepte in idealer Weise miteinander kombiniert werden.
Übergeordnetes Ziel der Einrichtung eines kooperativen Lehr- Lernarrangements wie dem
Tandem Teaching ist es, das wissenschaftliche Lernen als hochschulinterne Praxis mit dem
Handeln in der hochschulexternen Praxis, also der Arbeitsfeldtätigkeit der Studierenden und
Absolventinnen und Absolventen, zu verbinden. Besondere Bedeutung kommt diesem Ansatz
bei berufsbegleitenden Studiengängen und im Hinblick auf berufserfahrene Studierende zu, wie
auch die im Folgenden aufgeführten Potenziale verdeutlichen.
Zum einen kann die Ansprache der Zielgruppe des Studienangebots durch Lehrende, die
gegenwärtig in der Praxis aktiv sind direkter erfolgen, da diese über eine gute Einschätzung der
relevanten Themen verfügen und auch die Praxiserfahrungen der Studierenden auf einer
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anderen Ebene authentischer würdigen können als Lehrende, die nicht alltäglich in der
Berufspraxis stehen (Cendon und Flacke 2013, S. 37).
Nach Roswitha Grassl, der Leiterin der Programmentwicklung an der Deutschen Universität für
Weiterbildung, lassen sich auf Hochschulebene folgende Mehrwerte festhalten
(Leitfadengestütztes Expertinneninterview mit R. Grassl, zitiert nach Cendon und Flacke 2013):
Der Zugang zu den Zielgruppen kann durch Praktikerinnen und Praktiker in der Lehre besser
erschlossen werden. Die Lehrenden können durch ihre eigene Nähe zur Praxis die Lern-
Ausgangslage und den Praxiszugang zu einem Thema von Lernenden besser einschätzen und
auch würdigen. Inhalte werden den berufserfahrenen Lernenden zielgruppengerecht vermittelt.
Cendon und Flacke zeigen weiter, dass die Studierenden vielgestaltige Berufs- und
Bildungsbiografien haben und aus unterschiedlichen Arbeitsfeldern und Positionen kommen.
Sie sind bereits praxiserfahren und haben zumeist sehr konkrete Vorstellung darüber, was sie
lernen und welchen Nutzen sie daraus ziehen wollen. Verwiesen sei in diesem Zusammenhang
auch auf dazu analoge eigene Befunde für den Studiengang SJ an der Hochschule Kempten
aus dem Forschungsprojekt JuB_Imp_So (vgl. Miller et al. 2017). Damit muss sich nach
Cendon und Flacke die akademische Ausbildung an der Schnittstelle von Theorie und Praxis
verorten und durch das Wechselspiel von theoretischer Auseinandersetzung und praktischer
Anwendung sowohl der wissenschaftlichen Standards sowie den Erfordernissen der modernen
Arbeitswelt als auch der Lebenssituation berufstätiger Studierender gerecht werden. Der
reflektierte Umgang mit bereits vorhandenem Wissen und die Verknüpfung dieses Wissens mit
neu zu erkundenden Wissensbeständen ist das wesentliche Ziel der akademischen Ausbildung.
Vor diesem Hintergrund nehmen „Praktikerinnen und Praktiker als hochschulexterne Lehrende
[…] eine zentrale Rolle für den Erfolg von Lehr-Lernprozessen ein“ (Cendon und Flacke 2013,
S. 36).
In Übereinstimmung damit formuliert Grassl, dass Tandem Teaching die Möglichkeit bietet,
Theorien kritisch in Praxiszusammenhängen zu überprüfen. Außerdem kann die Praxis zum
Reflexionsgegenstand der theoretischen Auseinandersetzung werden. Schließlich gewährleistet
Tandem Teaching die Nähe der Lehre zu Trends und Herausforderungen in der Praxis und den
zeitnahen Transfer aktueller Themen und daraus resultierender neuer beruflicher
Anforderungen in die Hochschule.
Zusammengefasst liegen die Potentiale, welche durch ein Tandem aus Theorie und Praxis für
die Lehre entfaltet werden können, erstens in der Möglichkeit der authentischeren Würdigung
der Praxiserfahrungen der Studierenden, zweitens in der besseren Berücksichtigung ihrer
vielfältigen Bildungsbiographien, drittens in einer Überbrückung der Trennung zwischen
Berufspraxis und Hochschule sowie viertens im Aufbruch eines hierarchischen Verständnisses
zwischen Theorie und Praxis.
2.4 Herausforderungen bei der Umsetzung des Tandem Teaching
Die Umsetzung des Tandem Teaching als Theorie und Praxis verbindendes kooperatives
Lehrformat birgt viele Vorteile, wie soeben ausgeführt wurde. Dass es nicht längst zum
Normalfall in der Hochschullehre geworden ist, lässt sich durch den erhöhten Bedarf an
personellen und auch finanziellen Ressourcen begründen, die eine grundlegende
Herausforderung darstellen.
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Zumeist werden fehlende Ressourcen als der entscheidende Hinderungsgrund für die
Umsetzung kooperativer Lehrformate im Hochschulbereich identifiziert (Reich 2016). Neben
den pekuniären Mehrkosten sind auch weitere Hürden zu identifizieren. So sind sich nach Plank
(2013) die meisten Autoren darüber einig, dass diese sehr viel aufwendiger in der Umsetzung
sind, als traditionelle Lehrformen. Die kooperative Lehre ist komplex (Clancy et al. 2015, S. 73),
überaus arbeitsintensiv (Parson 1994, S. 63), eine anspruchsvolle Form der Kooperation
(Halfhide 2009, S. 109) und bedarf einer sehr sorgfältigen Planung, wenn gelingen soll, dass
sie eben mehr ist, als die bloße Anwesenheit zweier Lehrpersonen (Laughlin et al. 2011, S. 12).
Nach Buckley (2000) erfordert die kooperative Lehre von den Beteiligten Aufgeschlossenheit,
Phantasie und Kreativität sowie die Bereitschaft die eigene Didaktik zu hinterfragen. Auch die
Verzahnung von Theorie und Praxis erfordert nach Cendon und Flacke (2013) von den
Hochschullehrenden auf der einen Seite die Offenheit gegenüber den Praxiserfahrungen der
Studierenden und die Berücksichtigung dieser Erfahrungen in der eigenen Lehre sowie auf der
anderen Seite von den hochschulexternen lehrenden Praktikerinnen und Praktikern, die eigene
Berufserfahrung als auch die der Studierenden in den wissenschaftlichen Kontext einzubetten.
Die Grundvoraussetzung für ein Gelingen von Tandem Teaching ist vor diesem Hintergrund
sicherlich, Lehrende wie auch die Verantwortlichen auf Hochschulebene für das Konzept zu
begeistern.
All die bisherigen Ausführungen werden im Wesentlichen in der nachfolgenden Grafik
verdeutlicht (siehe Abbildung 1). Aufbauend auf diesen Grundlagen kann nun im nächsten
Kapitel eine Konzeption des Tandem Teaching für den Studiengang SJ an der Hochschule
Kempten entwickelt werden.
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3 Konzeptionelle Überlegungen für den Studiengang SJ
3.1 Spezifika des Studienganges SJ an der Hochschule Kempten
Der Studiengang „Soziale Arbeit mit dem Schwerpunkt Jugendarbeit“ ist in mehrfacher Hinsicht spezifisch, sowohl in organisatorischer Hinsicht als auch bezüglich seiner thematischen
Ausrichtung. Unter organisatorischen Gesichtspunkten ist anzuführen, dass es sich um einen
berufsbegleitenden Studiengang handelt, der spezifisch auf Personen ausgerichtet ist, die
Berufstätigkeit und Studieren kombinieren. Außerdem ist er insbesondere für berufserfahrene
Personen konzipiert, die ihre bereits erworbenen Kompetenzen (insbesondere aus einer
vorangegangenen Ausbildung an einer Fachakademie für Sozialpädagogik) für dieses Studium
geltend machen können. Daraus resultiert, dass es sich bei den Studierenden zum Großteil um
bereits berufserfahrene und derzeit berufstätige Personen handelt. Dass gerade für diese
Studierendengruppe kooperative Lehrformen besonders vielversprechend sind, wurde bereits
ausgeführt. Zugleich gehen mit dem berufsbegleitenden Studieren besondere Studienformate
einher: bestehend aus Blocktagen der Präsenzlehre, ergänzt um digitale Lehr-, Lernformen
(Chatseminare) und kollegiale Formate (sogenannte Regionaltage), bei denen sich die
Abbildung 1: Übersicht zum Konzept des Tandem Teaching
Potentiale für die Lehre:
für die Lehrpraxis Dozierende ergänzen sich
in ihren Stärken Dozierende lernen selbst gemeinsame Planung der
Lehrveranstaltung Self-Evaluation im Tandem Steigerung der Lehrqualität
auf sozialer Ebene Redefinition der Rolle als
Lehrende stärkt Gemeinschaftsgefühl fördert das Selbstvertrauen
für die Theorie Praxis Verzahnung Brücke zwischen Hochschule
und Praxisfeld Gleichrangigkeit zw. Theorie
und Praxis Abbau von Berührungsängsten
authentische Würdigung der Praxiserfahrung der Studierenden
Angepasstheit an unterschiedliche Bildungsverläufe
Praxiserfahrung als Reflexionsgegenstand nutzbar
Tandem Teaching
Kooperatives und kollaboratives Lehrformat
zwei Personen aus dem praktischen und theoretischen Bereich des Arbeitsfeldes Jugendarbeit
gemeinsame Anwesenheit
Lehrkonstellation ist nicht hierarchisch
Ziel: Schaffung eines bedarfsgerechten Studienangebots Professionalisierung
und Anpassung an Zielgruppe
Rahmenlage: Erwerb moderner Wissensbestände
umfangreich unübersichtlich nicht immer widerspruchsfrei berufsbegleitend lebenslanges Lernen
Herausforderungen:
Herausforderungen für die Institution
Kosten Zeitaufwand Infrastruktur
Anforderungen an die Beteiligten
zeitlicher Aufwand
Aufgeschlossen-heit, Phantasie und Kreativität
Offenheit gegenüber den Praxis-erfahrungen der Studierenden
Integration der Praxis in den wissenschaft-lichen Kontext
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Studierenden in kleinen Gruppen selbst, zumeist ohne Lehrperson, treffen, um vorbereitete
Themen und Aufgaben zu bearbeiten.
Der Studiengang ist generalistisch auf die Soziale Arbeit ausgerichtet, zugleich liegt sein
inhaltlicher Schwerpunkt auf der Jugendarbeit. Die bereits oben angeführte Herausforderung
heutiger hochschulischer Lehre zwischen umfassendem Verständnis und Spezialisierung
abzuwägen und die Potenziale, die das kooperative Lehren diesbezüglich besitzt, lassen sich
auch für die Soziale Arbeit formulieren. Auch die in der Sozialen Arbeit zu erwerbenden
Wissensbestände können in dieser Weise charakterisiert werden, dementsprechend vermag
gerade hier kooperatives Lehren die Lehre zu bereichern. Außerdem ist bezüglich der
Verzahnung von Theorie- und Praxiswissen durch das Tandem Teaching eine besondere
Notwendigkeit für die Themen der Jugendarbeit zu identifizieren. Angeführt wird beispielsweise
die „nach wie vor unzureichende Forschungskultur“ in der Kinder- und Jugendarbeit (Lindner
2008, S. 193), aber es wird auch beklagt, dass die Beschäftigten in der Jugendarbeit sich
oftmals den spezifischen Prinzipien und Theorien des Feldes nicht bewusst sind (Dewe et al.
2001; Sturzenhecker und Scherr 2014). Auch deshalb scheint ein berufspraxisintegrierendes
kooperatives Lehrmodell wie das Tandem Teaching hier besonders relevant, da die Praktiker
und Praktikerinnen aus dem Arbeitsfeld der Kinder- und Jugendarbeit in der Zusammenarbeit
mit den Hochschullehrenden eine Schnittstelle bilden können, um etwa dem „Vorwurf der Empirieabstinenz“ (Lindner 2008, S.193) und Theorieabstinenz etwas entgegensetzen zu
können. Somit leistet das Tandem Teaching und die Verknüpfung von Theorie- und
Praxiswissen einen wichtigen Beitrag zur Professionalitätsentwicklung der Studierenden.
Diese Spezifika, sowohl in organisatorischer als auch in thematischer Hinsicht werden bei der
Festlegung der konzeptionellen Eckpunkte berücksichtigt.
3.2 Eckpunkte des Konzeptes: Theorie-Praxis-Verzahnung für die Jugendarbeit
Allgemeines Ziel ist dabei, dass das Tandem Teaching einerseits den Prozess der Vermittlung
der in der Jugendarbeit erforderlichen Kompetenzen und damit die Professionalisierung für
dieses Arbeitsfeld fördert und andererseits den Ansprüchen berufstätiger Studierender
entgegenkommt. Letzteres vor allem durch die Gleichrangigkeit von Theorie und Praxis in der
Lehre, was etwaige Berührungsängste dieser Studierendengruppe mit theoretischen
Wissensbeständen abbaut und die Wertschätzung der beruflichen Praxis herausstellt.
Eckpunkte2 des hier konzipierten Tandem Teaching sind, dass die Lehre kooperativ von zwei
Lehrpersonen durchgeführt wird. Eine Lehrkraft hat ihren Arbeitsschwerpunkt dabei in der
beruflichen Praxis und bringt somit konsequent ihr Praxiswissen und ihre Perspektive in die
Lehre ein. Die zweite Lehrkraft beschäftigt sich insbesondere theoretisch bzw.
hochschuldidaktisch mit der Jugendarbeit und gewährt diese Perspektive in der gemeinsamen
Lehre. Somit sind das Praxis-, als Handlungswissen und das Theorie-, als Begründungswissen
stets in der Lehre repräsentiert. Damit wird nicht behauptet, dass eine klare Zuordnung von
Personen zur Theorie, bzw. Praxis von Jugendarbeit möglich wäre, sondern es wird vielmehr
auf ihre jeweiligen derzeitigen, primären Handlungskontexte und ihre spezifischen Rollen
2 Hier insbesondere in Anlehnung an die konzeptionellen Ideen von Eva Cendon und Luise B. Flacke, welche die
Autorinnen in ihrem in der Kooperation des Deutschen Instituts für Internationale Pädagogische Forschung (DIPF) und der Deutschen Gesellschaft für Wissenschaftliche Weiterbildung und Fernstudium (DGWF) entstandenen Beitrag in der Zeitschrift Hochschule und Weiterbildung unter dem Titel „Praktikerinnen und Praktiker als hochschulexterne Lehrende in der wissenschaftlichen Weiterbildung, eine notwendige Erweiterung des Lehrkörpers“ 2013 veröffentlicht haben.
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abgezielt. Das hier konzipierte Tandem Teaching geht dabei deutlich über Formen der
Involvierung von Praxisvertreterinnen und Praxisvertretern in Seminaren hinaus, wie sie
beispielweise durch die Einladung von Referentinnen und Referenten relativ verbreitet sind. Der
Unterschied besteht darin, dass beide Lehrende in jeder Sitzung gemeinsam anwesend sind,
die Konzeption, Vorbereitung und Ausgestaltung der Lehrveranstaltung gemeinsam
übernehmen. Dabei soll im Anschluss an Kricke und Reich (2016) diese Lehrkonstellation nicht
hierarchisch verstanden werden, das heißt, dass beide Tandempartner gleichrangig
unterrichten, führen, assistieren und fördern. Wesentlich ist außerdem, dass auch das
Verhältnis zwischen Theorie und Praxis seitens der Tandempartner als gleichrangig betrachtet
und vermittelt wird (Zeichner 2009; Shulman 1986; Cendon und Flacke 2013; Schön 1983,
1987).
In Anschluss an die oben genannten Argumente, dass eine solche Verknüpfung von Theorie
und Praxis gerade im Hinblick auf die Jugendarbeit von besonderer Relevanz ist, soll das
Tandem Teaching in einer Lehrveranstaltung erprobt werden, die die Jugendarbeit zum Thema
hat.
Die finanziellen Rahmenbedingungen für die konkrete, einmalige Erprobung und die
Evaluierung des Formats an der Hochschule Kempten sind dabei durch das Forschungsprojekt
JumP gewährleistet. Die angestrebte dauerhafte Implementierung des Formats soll von Anfang
an mitgedacht werden. Ein weiterer Aspekt in punkto Nachhaltigkeit ist die geplante Nutzung
der Erprobung für die Erstellung von hochschulischen Lehr-, Lernmaterialien zur Jugendarbeit.
3.3 Erweiterung des Tandem Teaching: Erstellung hochschulischer Lehr-, Lernmaterialien
Die Erprobung und Begleitung des Tandem Teaching sowie als weitere Zielsetzung die
Erstellung hochschulischer Lehr-, Lernmaterialien zur Jugendarbeit, die zukünftig von
Lehrenden anderer Hochschulen zur Vermittlung von Themen der Jugendarbeit genutzt werden
können, wird seitens des Projekts verfolgt. Dies stellt einen aktuellen Bedarf angesichts des
Verschwindens von Jugendarbeit aus der hochschulischen Lehre dar, wie sie die
Bundesarbeitsgemeinschaft der Landesjugendämter oder auch das Bundesjugendkuratorium
diagnostizieren (Bundesarbeitsgemeinschaft der Landesjugendämter 2005;
Bundesjugendkuratorium 2017). Dass gerade Formen der kooperativen Lehre zur Erstellung
guter Lehr-, Lernmaterialien geeignet sind, wurde bereits angeführt. Auch die konzeptionelle
Beschreibung des Tandem Teaching selbst wird Bestandteil der zu erarbeitenden Lehr-,
Lernmaterialien sein. Diese Ausrichtung, die den Rahmen des einzelnen umzusetzenden
Seminars dabei deutlich überschreitet, ist sicherlich herausfordernd, zugleich bietet sie aber das
Potenzial, dass der Austausch von Praxis- und Theoriepartner eine grundsätzlichere
Perspektive einnehmen kann, die nicht nur auf die konkrete Seminargestaltung zielt. So können
davon zukünftig auch andere Lehrende profitieren. Eine Erstellung dieser Lehr-, Lernmaterialien
ist nur aufgrund der Begleitung und der Ressourcen des Forschungsprojektes möglich. Auch für
die Abdeckung des diesbezüglichen Aufwands der Tandempartner werden zusätzliche
Projektressourcen eingeplant.
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3.4 Konkrete Umsetzungsvorschläge und Zeitplanung
Im Folgenden sollen die bereits bestehenden Umsetzungsvorschläge und der angedachte
Zeitplan für eine Umsetzung im Studiengang SJ an der Hochschule Kempten dargestellt
werden.
Eine Erprobung scheint gerade im Modulbereich B.2 „Geschichte der Sozialen Arbeit / Jugendarbeit“ besonders sinnvoll, einerseits weil es allgemein auf die Jugendarbeit ausgerichtet und zugleich auf die Soziale Arbeit bezogen ist. Diese inhaltliche Ausrichtung und die Verortung
im Studienverlauf für das zweite Semester erscheinen prädestiniert, nicht nur für das Tandem
Teaching als solches, sondern auch für die Entwicklung von Lehr-, Lernmaterialien, die
aufgrund dessen für viele Studiengänge relevant sein könnten.
Konkret ist eine Erprobung des Tandem Teaching zum Sommersemester 2019 angedacht,
dieser Zeitpunkt resultiert gerade auch aus zeitlichen Überlegungen des Forschungsprojektes
im Hinblick auf den Arbeits- und Zeitplan einerseits und der Gewährleistung von genügend Zeit
für die Evaluation und bestenfalls Verstetigung noch während der Projektlaufzeit andererseits.
Die genaue Festlegung erfolgt aber natürlich in Abstimmung mit den Lehrenden des
Studienganges.
Die Gewinnung geeigneter Lehrpersonen stellt einen wesentlichen Erfolgsfaktor für die
Umsetzung des Tandem Teaching dar, weil das Gelingen des gesamten Prozesses von der
Ausarbeitung gemeinsamer Lehr-Lernstandards über die inhaltliche Modulentwicklung bis hin
zur Gestaltung der Lehr-, Lernmaterialien von der engen Kooperation der Tandempartner
abhängig ist.
Strategien für die Werbung von potenziellen Tandempartnerinnen und Tandempartner für die
Lehre ist die Hervorhebung des persönlichen Gewinns, welcher mit der akademischen Lehre
verbunden ist. Cendon und Flacke (2013) nennen hier folgende Punkte: Tandem Teaching
bietet die Möglichkeit der Weitergabe von Wissen und Erfahrungen, die Reflexion des eigenen
Wissens, einen Einblick in die Berufspraxis der Studierenden und den impulsgebenden
Austausch mit Kolleginnen und Kollegen. In ähnlicher Weise lässt es sich auch für potenzielle
Vertreterinnen und Vertreter der Theorie formulieren. Diese Potenziale sollen bei der Anfrage in
Frage kommender Lehrender hervorgehoben und natürlich auch bei der Begleitung konsequent
mitgedacht werden.
Für eine erfolgreiche Umsetzung des Tandem Teaching bedarf es einer guten gemeinsamen
Vorbereitung und auch die dazu erforderlichen zeitlichen Ressourcen. Ein wesentlicher Punkt
ist dabei zuallererst eine Einigung auf gemeinsame Lehr-Lernstandards zwischen den Partnern.
Dies erfordert eine Auseinandersetzung mit der eigenen hochschulischen Lehre und den
Vorstellungen darüber, denn die Gelingensbedingung erfolgreicher gemeinsamer Lehre ist das
gemeinsame Verständnis von Hochschullehre aller in die Planung, Gestaltung und Steuerung
des Lehr-Lernprozesses Involvierten (Cendon und Flacke 2013, S. 38).
Dazu gehört nach Cendon und Flacke gerade auch eine gut funktionierende Beziehungsebene
als Grundlage für eine konstruktive Sach- und Arbeitsebene, die in einer erleichterten
Zusammenarbeit durch gegenseitige Anerkennung und Wertschätzung der Personen und ihrer
jeweiligen Expertise mündet. Intensive Kommunikationsarbeit wirkt vertrauensbildend, fördert
den Aufbau eines gemeinsamen Lehr-Lernverständnisses und das gemeinsame (Weiter-)
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Entwickeln von Ideen und Impulsen für die Lehre. Diese notwendigen Schritte sollen bereits bei
der Zeitplanung mitberücksichtigt werden.
Ein weiterer wesentlicher Aspekt der Vorbereitung ist natürlich die didaktische Konzeption des
konkreten Seminars. Das Lehrveranstaltungskonzept soll im Dialog der beiden Lehrenden
entwickelt werden und dieser Prozess durch das Forschungsprojekt organisiert und moderiert
werden.
Als weiterer Gesichtspunkt, der bereits vor Beginn des Semesters mitzudenken ist, fungiert die
Festlegung der geplanten Lehr-, Lernmaterialien in Eckpunkten. Dies geht einerseits mit der
Festlegung der inhaltlichen Ausrichtung des Seminars einher und ist zugleich notwendig, um
die Entwicklung von Lehr-, Lernmaterialien parallel zur Seminargestaltung seitens des
Forschungsprojektes zu begleiten.
Für diese notwendigen Abstimmungspunkte im Vorfeld des Seminars, die über den normalen
Aufwand einer Seminarvorbereitung hinausgehen, ist ein zusätzlicher Arbeitstag beider
Lehrender und zudem die Ressourcen des Projektes miteingeplant.
Die Umsetzung des Tandem Teaching soll fortlaufend durch das Forschungsprojekt begleitet
werden. Die Aufgaben dieser Prozessbegleitung liegen einerseits in der Unterstützung der
Lehrenden und ihrer geplanten Lehrformate einerseits und der konsekutiven Erstellung der
Lehr-, Lernmaterialien andererseits.
Auch nach dem Semester sind Ressourcen für einen gemeinsamen Nachbereitungstag des
Tandems der Lehrenden und des Forschungsprojektes vorgesehen. Die Inhalte dieses Treffens
werden nebst der Reflexion des Tandem Teaching aus Perspektive der Umsetzenden auch die
Überlegung von Möglichkeiten der Verstetigung und die Finalisierung des Konzeptes für die
Lehr-, Lernmaterialien bzw. deren tatsächliche Fertigstellung sein.
Außerdem sollen die Studierenden zu den unterschiedlichen Aspekten des Tandem Teaching
in einer nach dem Abschluss der Lehrveranstaltung durchzuführenden ausführlichen Evaluation
um ihre Einschätzungen gebeten werden. Auch die Beurteilungen der beiden Lehrenden sollen
durch Interviews oder eine gemeinsame Reflexionsrunde in Erfahrung gebracht werden.
Inhaltlich beziehen sich diese Befragungen auf Rahmenlage und Kontext des Tandem
Teaching, die Einschätzung des Nutzens für die Lehre, die Lehrenden und die Studierenden,
insbesondere auch bezüglich der Theorie-Praxis-Verzahnung und die Frage nach sozialen
Aspekten, der Bewältigung der Herausforderungen und die konkrete Ausgestaltung. Damit greift
die Evaluation auch Forschungsdesiderate aus der aktuellen Literatur auf. Die Befunde werden
in einem Ergebnisbericht zusammengefasst, dieser dient dann als Grundlage für eine mögliche
Weiterentwicklung des Konzepts und für die Berichterstattung an die Verantwortlichen der
Hochschule, auch vor dem Hintergrund einer nachhaltigen Verankerung des Tandem Teaching
im Studiengang.
Die derzeitige Zeitplanung sieht Folgendes vor: Bis Mitte Oktober 2018 soll ein erstes
Konzeptpapier stehen (vorliegendes Dokument), welches dann in die Abstimmungs- und
Feedbackrunde zunächst mit den Lehrenden und Verantwortlichen im Studiengang SJ
eingebracht wird und dann auch mit am Konzept interessierten Praxisvertreterinnen und -
vertretern diskutiert werden soll. In diesem Prozess soll das Konzept weiter konkretisiert
werden, sodass bis Mitte Februar 2019 alle Details geklärt sind. Ab November 2018 beginnt die
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konkrete Vorbereitung der Durchführung (Lehrpersonen anfragen, Verträge schließen, Inhalte
ausarbeiten, Klärung praktischer Fragen), sodass dann zu Sommersemesterstart 2019 Mitte
März die Durchführung beginnen kann. Im letzten Monat der Vorlesungszeit und unmittelbar
danach findet die Evaluation statt. Schließlich erfolgt die Auswertung und Berichtlegung bis
Mitte September 2019 (siehe Abbildung 2). Begleitend dazu wird fortwährend an der Erstellung
der Lehr-, Lernmaterialien gearbeitet werden. Diese sollen dann ebenfalls Mitte September zur
Verfügung stehen.
Abbildung 2: Grobe Zeitplanung
2018 2019
Sep Okt Nov Dez Jan Feb Mar Apr Mai Jun Jul Aug Sep
Konzeptpapier
Feedbackrunde(n)
Vorbereitung
Durchführung
Evaluation
Auswertung
Lehr-, Lernmaterial
Bericht
13
4 Fazit
Allgemein kann an dieser Stelle festgehalten werden, dass das Tandem Teaching nicht nur
zahlreiche Potenziale für eine zeitgemäße hochschulische Lehre besitzt, sondern gerade auch
für die Verzahnung zwischen Theorie- und Praxiswissen und somit zur
Professionalitätsentwicklung der Studierenden vielversprechend erscheint. Gerade auch für den
Studiengang SJ besitzt es besondere Relevanz hinsichtlich der Wissensvermittlung zum
heterogenen Feld Jugendarbeit und im Hinblick auf die berufsbegleitend Studierenden und
berufserfahrenen Personen im Studiengang. Insofern ist auch auf Grund der in der Literatur
formulierten Aspekte die für den Studiengang „Soziale Arbeit mit dem Schwerpunkt
Jugendarbeit“ geplante Kombination von Tandem Teaching mit der Praxisintegration durch
Theorie-Praxis-Tandems folgerichtig. Auch konnte gezeigt werden, dass kooperative
Lehrformen gerade auch eine integrative Funktion entfalten können, das heißt, dass sie sich in
besonderem Maße als Mittel des Ausgleichs ungleicher Bildungschancen eignen (Halfhide
2009).
Die Erprobung des Tandem Teaching und die damit kombinierte Erstellung von
hochschulischen Lehr-, Lernmaterialien zur Jugendarbeit stellen einen ersten wichtigen Schritt
dar und können gerade aufgrund der Ressourcen des Projektes gewährleistet werden.
Perspektivisch ergeben sich daraus neue Möglichkeiten der Kooperation zwischen Praxis und
Theorie in der Lehre. Beispielweise schlagen Cendon und Flacke vor, dass die in die Lehre
involvierten Praktikerinnen und Praktiker perspektivisch stärker in die Struktur von
Studiengängen eingebunden werden könnten, zum Beispiel durch die Möglichkeit der
Betreuung von Bachelorarbeiten oder auch als Modulverantwortliche (Cendon und Flacke 2013,
S. 39). Allgemein plädieren sie für den Aufbau einer „erweiterten Praxisgemeinschaft“, denn diese ermögliche eine Vernetzungsstruktur (ebd.). Eine Praxisgemeinschaft verbindet
idealerweise den beruflichen und den hochschulischen Raum in einem Arbeits- oder
Themenfeld, Mitglieder können lehrende und nicht-lehrende Praktikerinnen und Praktiker, sowie
Dozentinnen und Dozenten, Professorinnen und Professoren, aber auch Studentinnen und
Studenten sein, die sich über aktuelle Themen und Herausforderungen im jeweiligen Feld
austauschen (Markowitsch 2001). Gerade für die Jugendarbeit und ihre derzeitigen
Herausforderungen scheinen solche Überlegungen vielversprechend.
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projekt-jump@hs-kempten.de
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