Post on 04-Oct-2019
I
Die vorliegende Leitlinie wurde im Auftrag der Anstaltsleitung des LKH – Univ.
Klinikums Graz im Rahmen von „Evidence-based Nursing“ erstellt und finanziert.
Diese Leitlinie kann in der Praxis und für Schulungszwecke verwendet werden; es
dürfen jedoch keine inhaltlichen Veränderungen/Streichungen/Umformulierungen/
Ergänzungen und dergleichen vorgenommen werden.
Die Nutzung zu kommerziellen Zwecken bedarf der ausdrücklichen Zustimmung der
AutorInnen.
© Steiermärkische Krankenanstaltengesellschaft mbH 2012, Stiftingtalstraße 4 – 6,
8010 Graz.
II
AutorInnen Schoberer D. BSc, MSc, DGKS, Mitarbeiterin im Fachbereich Evidence-based Nursing, LKH-Univ. Klinikum Graz. Pflegewissenschafterin, Mitglied beim Deutschen Netzwerk EbM im Fachbereich Leitlinien, Hauptverantwortliche für die Leitlinienentwicklung. Mitwirkung an allen Aspekten der Leitlinienentwicklung. Findling E. T., DGKP an der Univ. Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin, Mitarbeiter im Fachbereich Evi-dence-based Nursing, LKH-Univ. Klinikum Graz. Mitwirkung an der Konzeptentwicklung, an fachlichen Diskussio-nen, dem Gegenlesen der Abstracts, dem kritischen Bewerten der Studien, den Konsensuskonferenzen, dem Ver-fassen der Rohfassungen und Algorithmen. Uhl C., DGKS, Oberschwester an der Univ. Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin, Univ. Klinik für Blut-gruppenserologie und Transfusionsmedizin, Univ. Klinik für Dermatologie und Venerologie, Leitung des Fachbe-reichs Evidence-based Nursing, LKH-Univ. Klinikum Graz. Mitwirkung an der Konzeptentwicklung, an fachlichen Diskussionen, dem Gegenlesen der Abstracts, dem kritischen Bewerten der Studien und dem Korrekturlesen der Rohfassungen. Mag. Dr. Schaffer S. , DGKS, Lehrerin für Gesundheits- und Krankenpflege, Direktorin der Schule für allgemeine Gesundheits- und Krankenpflege am LKH-Univ. Klinikum Graz, Vortragende an der MUG und in Universitätslehr-gängen. Mitwirkung an der Konzeptentwicklung, an fachlichen Diskussionen, dem Gegenlesen der Abstracts, dem kritischen Bewerten der Studien und dem Korrekturlesen der Rohfassungen. Semlitsch B. MSc , DGKS, Weiterbildung „Diabetesberatung“, Diabetesambulanz, Abteilung Endokrinologie & Stoffwechsel, Univ. Klinik für Innere Medizin, EBN Mitglied im Fachbereich Evidence-based Nursing, LKH-Univ. Klinikum Graz. Mitwirkung an der Konzeptentwicklung, an fachlichen Diskussionen, dem Gegenlesen der Abs-tracts, dem kritischen Bewerten der Studien und dem Korrekturlesen der Rohfassungen. Haas W., DGKS, Weiterbildung „Diabetesberatung“, zertifizierte Wundmanagerin, Diabetesambulanz, Abteilung Endokrinologie & Stoffwechsel, Univ. Klinik für Innere Medizin, EBN Mitglied im Fachbereich Evidence-based Nur-sing, LKH-Univ. Klinikum Graz. Mitwirkung an der Konzeptentwicklung, an fachlichen Diskussionen, dem Gegenle-sen der Abstracts, dem kritischen Bewerten der Studien und dem Korrekturlesen der Rohfassungen. Schrempf S., DGKS an der Univ. Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin, Mitarbeiter im Fachbereich Evi-dence-based Nursing, LKH-Univ. Klinikum Graz, derzeit Karenz. Mitwirkung an der Konzeptentwicklung, an fachli-chen Diskussionen, dem Gegenlesen der Abstracts, dem kritischen Bewerten der Studien. Mag. (FH) Walder M., DKKS im Ambulanzbereich der Univ. Klinik für Kinder- und Jugendheilkunde, Mitarbeiterin im Fachbereich Evidence-based Nursing, LKH-Univ. Klinikum Graz. Mitwirkung an der kritischen Bewertung der Studien und dem Korrekturlesen der Rohfassungen. Hierzer A. BSc, MSc, Pflegewissenschafterin, Schülerin der Gesundheits- und Krankenpflege, Geriatrische Ge-sundheitszentren der Stadt Graz. Mitwirkung an der kritischen Bewertung der Studien und den Konsensuskonfe-renzen. Lami C., DKKS, Studentin der Gesundheits- und Pflegewissenschaft, Medizinische Universität Graz. Unterstützung bei der Literaturrecherche und dem Gegenlesen der Abstracts. TeilnehmerInnen Konsensustreffen Mag. Gutounig R ., Moderator Wurzinger R., Physiotherapeut, Geriatrische Gesundheitszentren der Stadt Graz. Punkes M., Physiotherapeut, Geriatrische Gesundheitszentren der Stadt Graz. Prim. Priv.-Doz. Dr. Schippinger W., Facharzt für Innere Medizin, Additivfacharzt für Hämatologie und internisti-sche Onkologie, Additivfacharzt für Geriatrie, Arzt für Allgemeinmedizin, Leiter der Abteilung für Innere Medi-zin/Akutgeriatrie und Remobilisation, Albert Schweitzer Klinik, Geriatrische Gesundheitszentren der Stadt Graz. Mitarbeit an der Erstellung des österreichischen geriatrischen Basis-Assessments in der Österreichischen Gesell-schaft für Geriatrie und Gerontologie. OA Dr. Saurugg R., Facharzt für Neurologie, Leiter der Station für Akutgeriatrie und Remobilisation der Abteilung für Neurologie, Geriatrische Gesundheitszentren der Stadt Graz. Hierzer A. BSc, MSc, Pflegewissenschafterin, Schülerin der Gesundheits- und Krankenpflege, Geriatrische Ge-sundheitszentren der Stadt Graz.
III
Schreiner R., DGKS, allgemein beeidete und gerichtlich zertifizierte Sachverständige für Gesundheits- und Kran-kenpflege, Referentin der PatientInnen- und Pflegeombudsschaft des Landes Steiermark im Bereich Pflege. Findling T., DGKP, LKH-Univ. Klinikum Graz, EBN-Experte. Schoberer D. BSc, MSc, DGKS, LKH-Univ. Klinikum Graz, 8 Jahre DGKS in der geriatrischen Pflege. Bachner M., Hausfrau, Angehörige von Pflegeheimbewohnerin mit Sturzanamnese. Bürge V., Pflegehelferin an der Univ. Klinik für Dermatologie und Venerologie, LKH-Univ. Klinikum Graz. 3 Jahre Erfahrung im stationären Bereich der Dermatologie. Patientin (keine Namensangabe erwüscht), Pensionistin, derzeit Patientin an der Tagesklinik, Geriatrische Ge-sundheitszentren Graz. Derkits A., DGKS, Univ. Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin, LKH-Univ. Klinikum Graz. 9 Jahre DGKS an der Univ. Klinik für innere Medizin und 1 Jahr DGKS an der chirurgischen Abteilung am LKH Stolzalpe, zertifi-zierte Risikomanagerin für Pflegeprobleme, Praxisanleiterin. Mag.a Flanschger J., Ernährungspädagogin und Erwachsenenbildnerin, Pädagogische Hochschule Steiermark, betreuende Angehörige von älterer Dame mit Sturzanamnese.
Externe BegutachterInnen: Granitz E., DGKS, Oberschwester an der Univ.Augenklinik und Univ. Klinik für Unfallchirurgie, LKH Univ. Klinikum Graz. Hirschböck M., Pflegehelferin an der Univ.-Augenklinik, LKH-Univ. Klinikum Graz. Kohlhofer A., DKKS an der Univ.Augenklinik, Qualitätsbeauftragte der Pflege, LKH-Univ. Klinikum Graz. Weinmann M., DGKS an der Univ. Klinik für Unfallchirurgie, LKH-Univ. Klinikum Graz. Tropper M., DGKS, Oberschwester auf der Univ. Klinik für Neurologie, auf der Univ. Klinik für Psychiatrie und auf der Univ. Klinik f. Strahlentherapie und Radioonkologie. Krawinkler M. L., DGKS, Stationsleitung an der der Univ. Klinik für Neurologie.
Steiner S., DGKS, Stationsleitung auf der Univ. Klinik f. Strahlentherapie und Radioonkologie.
Prof. Dr. rer. cur. Lohrmann C., DGKS; Diplomierte Pflegepädagogin, Vorständin des Instituts für Pflegewissen-schaft, Medizinische Universität Graz. Haas-Wippel W., DGKS, Pflegedienstleiterin der Geriatrischen Gesundheitszentren der Stadt Graz. Frießnegg A., DGKS, Pflegedienstleiterin der Albert-Schweitzer-Klinik, Geriatrische Gesundheitszentren der Stadt Graz. Sauseng M., DGKS im Pflegewohnheim Geidorf, Geriatrische Gesundheitszentren der Stadt Graz. Bigler M., Pflegehelferin in der Memory-Klinik, Geriatrische Gesundheitszentren der Stadt Graz.
Lektorat: Mag. Wiesenhofer C. Lektorielle Unterstützung: Schriebl K. Titelillustration: Baumgartner K.
IV
Inhaltsverzeichnis 1 Allgemeine Hinweise ............................................................................................. 1
1.1 Wissenschaftliche Unabhängigkeit und Interessensoffenlegung.................... 1 1.2 Zielgruppe der Leitlinie ................................................................................... 1
2 Einleitung............................................................................................................... 2 2.1 Relevanz des Themas Sturz .......................................................................... 2 2.2 Definition Sturz ............................................................................................... 3 2.3 Ziele der Leitlinie ............................................................................................ 3 2.4 PatientInnenpräferenzen ................................................................................ 3
3 Methodik................................................................................................................ 4 3.1 Literaturrecherche und kritische Bewertung der Literatur............................... 4 3.2 Evidenceklassifizierung und Empfehlungsgraduierung .................................. 7 3.3 Externe Begutachtung.................................................................................... 8
4 Evidence-based Empfehlungen zur Sturzprophylaxe ............................................ 9 4.1 Risikofaktoren für Stürze .............................................................................. 12 4.2 Assessmentinstrumente zur Erhebung des Sturzrisikos .............................. 19 4.3 Sturzangst .................................................................................................... 23 4.4 Multifaktorielle Interventionsprogramme....................................................... 26 4.5 Sturzpräventive Maßnahmen bei kognitiv eingeschränkten Personen ......... 29 4.6 Orientierungstraining .................................................................................... 30 4.7 Bewegungsübungen..................................................................................... 30 4.8 Umgebungsgestaltung ................................................................................. 34 4.9 Beseitigung externer Risikofaktoren............................................................. 35 4.10 Eingeschränkte Sehfähigkeit ........................................................................ 37 4.11 Synkopiale Stürze oder plötzliche Stürze durch Ohnmacht.......................... 38 4.12 Freiheitsbeschränkungen ............................................................................. 38 4.13 Gehäufte/gezielte Observanz....................................................................... 39 4.14 Aufklärung und Schulung von PatientInnen/BewohnerInnen und Angehörigen................................................................................................. 40 4.15 MitarbeiterInnenschulung ............................................................................. 41 4.16 Medikamentenreview durch MedizinerInnen ................................................ 43 4.17 Sturz- und verletzungspräventive Hilfsmittel ................................................ 43 4.18 Sturzprävention und Lebensqualität ............................................................. 46 4.19 Analyse des Sturzgeschehens ..................................................................... 47
5 Verfügbarkeit der Leitlinie.................................................................................... 49
6 Implementierung der Leitlinie .............................................................................. 49
7 Ressourcen für Implementierung......................................................................... 50
8 Evaluierung des Leitlinieneinsatzes..................................................................... 50
9 Fortschreibung .................................................................................................... 52
10 Danksagung ........................................................................................................ 52
11 Referenzen.......................................................................................................... 53
V
Abkürzungsverzeichnis
ABC Activities-specific Balance Confidence
ATL Aktivitäten des Täglichen Lebens
CI Confidence Interval
EBN Evidence-based Nursing
FRR Fall Rate Ratio
GRADE Grading of Recommendations Assessment, Development and
Evaluation Working Group
HR Hazard Ratio
HTA Health Technology Assessment
I² Inconsistency
ICC Intra Class Correlation
IRR Incidence Rate Ratio
MWD Mean Weight Difference
N TeilnehmerInnenzahl
NPV Negative Predictive Value
OR Odds Ratio
PPV Positive Predictive Value
RCT Randomized Controlled Trial
RR Relative Risk
STRATIFY St. Thomas's risk assessment tool in falling elderly inpatients
VAS Visual Analog Scale
VI
Tabellenverzeichnis Tabelle 1: Ein-/Ausschlusskriterien für Evidence-basierte Bücher und Evidence-
basierte Guidelines: ..................................................................................... 5
Tabelle 2: Kriterien zur Studienselektion ...................................................................... 6
Tabelle 3: Interne Risikofaktoren für Stürze im Setting Krankenhaus......................... 12
Tabelle 4: Interne Risikofaktoren im Setting Langzeitpflegeeinrichtung ..................... 14
Tabelle 5: Neurologisch erkrankte Personengruppen mit einem erhöhten Sturzrisiko 16
Tabelle 6: Risikofaktoren für Patienten mit der Diagnose Krebs................................. 17
Tabelle 7: Risikofaktoren für Stürze und Verletzungen durch Stürze bei Demenz ..... 18
Tabelle 8: Auswirkungen von Sturzangst.................................................................... 24
Tabelle 9: Messgrößen zur Evaluierung des Leitlinieneinsatzes ................................ 51
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Methodische Entwicklung der Leitlinie ................................................... 4
Abbildung 2: „6S“ Modell .............................................................................................5
Abbildung 3: Evidenceklassen.....................................................................................7
Abbildung 4: Stärkegrad der Empfehlungen................................................................8
Abbildung 5: Schlüsselempfehlungen zur Sturzprophylaxe im Krankenhaus ............10
Abbildung 6: Schlüsselempfehlungen zur Sturzprophylaxe in
Langzeitpflegeeinrichtungen .................................................................11
Abbildung 7: Förderliche und hemmende Faktoren der
Leitlinienimplementierung .....................................................................50
1
1 Allgemeine Hinweise
Diese Evidence-based Leitlinie ist das Update der 2009 erschienenen Evidence-based
Leitlinie Sturzprophylaxe für ältere und alte Menschen in Krankenhäusern und
Langzeitpflegeeinrichtungen. Sie stellt eine systematisch entwickelte Entscheidungshilfe
für Pflegepersonen dar, um sturzgefährdete PatientInnen/BewohnerInnen in
Krankenhäusern und Langzeitpflegeeinrichtungen angemessen zu versorgen. Die
enthaltenen Handlungsempfehlungen sind praxisorientiert und, sofern möglich, durch
wissenschaftliche Literatur begründet. Dennoch muss jede Leitlinienempfehlung vor der
Anwendung in der jeweiligen Praxis geprüft und unter Berücksichtigung von
PatientInnenpräferenzen individuell entschieden werden. Die Einhaltung von
Empfehlungen einer Leitlinie entlastet nicht vor der Haftung; jede Pflegeperson muss
ihre/seine Handlungen verantworten, unabhängig davon, ob man sich an Empfehlungen
von Leitlinien hält oder nicht (Behrens & Langer 2006, S. 216).
1.1 Wissenschaftliche Unabhängigkeit und Interessen soffenlegung
Die Leitlinie wurde von der Anstaltsleitung des LKH-Universitätsklinikums Graz in Auftrag
gegeben. Die Auftraggeber waren bei der Leitlinienerstellung nicht beteiligt und hatten
auch im Vorfeld keinen Einfluss auf die Erstellung und Inhalte der Leitlinie. Die Leitlinie
wurde nicht durch Drittmittel finanziert.
Alle AutorInnen der Leitlinie sowie Beteiligte bei den Konsensustreffen haben Formblätter
(http://www.ebn.at/cms/beitrag/10218156/5081774) bezüglich potenzieller Interessenskonflikte
ausgefüllt und unterzeichnet. Für die Leitlinienentwicklung ergeben sich daraus keine
Interessenskonflikte. Die Formblätter sind bei der Erstautorin einzusehen.
1.2 Zielgruppe der Leitlinie
Die Zielgruppe, bei der die Leitlinie Anwendung finden soll, sind ältere und alte
Menschen, die mit oder ohne Gehhilfe gehfähig sind. Unter älteren und alten Menschen
sind insbesondere Personen über 65 Jahre zu verstehen.
Die Empfehlungen der Leitlinie dienen Pflegepersonen, die in der Betreuung von älteren
und alten Menschen in Langzeitpflegeeinrichtungen und Akut-Krankenhäusern tätig sind,
in ihrer täglichen Entscheidungsfindung. Unter geriatrischen Langzeitpflegeeinrichtungen
sind im Sinne der Leitlinie sowohl Alten- und Pflegeheime, Rehabilitationseinrichtungen
für Ältere sowie geriatrische Krankenhäuser zu verstehen. Die Leitlinie soll weiters zur
2
Qualitätssicherung in Gesundheitsinstitutionen und zur Wissensgenerierung in Aus-,
Fort- und Weiterbildungseinrichtungen dienen.
2 Einleitung
Nachfolgend wird die Wichtigkeit des Themas Sturz im Krankenhaus und
Langzeitpflegebereich thematisiert, Sturz definiert und auf Ziele der Leitlinie sowie
PatientInnenpräferenzen eingegangen.
2.1 Relevanz des Themas Sturz
Stürze und deren Folgen sind ein bedeutendes pflegerisches, medizinisches und soziales
Problem. Durch Folgen von Stürzen bzw. durch Angst vor Sturzereignissen können
Personen in ihrer Selbstständigkeit eingeschränkt sein und eine Verminderung der
Lebensqualität erfahren (Tideiksaar 2008). Die Häufigkeit von Stürzen nimmt mit dem
Alter und dem Grad der Gebrechlichkeit zu. Über 65-jährige Menschen sind
sturzgefährdeter als andere Bevölkerungsgruppen. Internationalen Studien zufolge
stürzen 28–35 % der über 65-jährigen jährlich; bei den über 70-Jährigen sind es bereits
32–42 %. PatientInnen/BewohnerInnen von Langzeitpflegeinrichtungen haben ein
besonders stark erhöhtes Sturzrisiko, wobei bis zu 50 % der PatientInnen/BewohnerInnen
jährlich stürzen (World Health Organization 2007). Laut einer österreichischen
Pflegequalitätserhebung im Jahr 2011 stürzten während der letzten
30 Tage ihres Aufenthalts 2.1 % der KrankenhauspatientInnen (N = 2122) und 8.4 % der
PflegeheimbewohnerInnen (N = 689). Zu sturzbedingten Verletzungen kam es bei etwa
einem Drittel der gestürzten KrankenhauspatientInnen und PflegeheimbewohnerInnen
(Lohrmann & Schönherr 2011). Stürze führen neben körperlichen und psychischen
Folgen zu erheblichen ökonomischen Lasten. Eine Systematische Übersichtsarbeit
ergab, dass international zwischen 0.85 % und 1.5 % der jährlichen
Gesundheitsausgaben für sturzbezogene Kosten aufgewendet werden (Ergebnis aus 12
Studien). Die durchschnittlichen Kosten für eine gestürzte Person belaufen sich
international zwischen 1513 € und 19.211 € pro Jahr (Ergebnis aus 13 Studien) (Heinrich
et al. 2010).
3
2.2 Definition Sturz
Ein Sturz wird als Ereignis definiert, bei dem eine Person unbeabsichtigt auf dem Boden
oder auf einer tieferen Ebene zu liegen kommt (Kellogg International Working Group
1997).
2.3 Ziele der Leitlinie
Das Ziel der Leitlinie ist, die laut wissenschaftlicher Literatur wirksamsten Interventionen
zur Sturzprophylaxe aufzuzeigen und demgemäß Empfehlungen für eine effektive
Sturzprophylaxe zu geben. Bisherige sturzpräventive Maßnahmen sollen durch Einbezug
der Empfehlungen der Leitlinie optimiert bzw. durchgeführt werden. Durch die
Anwendung der Leitlinie sollen Pflegeforschungsergebnisse bei pflegerischen
Entscheidungen miteinbezogen werden.
Spezifische Ziele sind
� Gefahrenquellen, die einen Sturz bedingen können, werden aufgezeigt.
� Stürze von PatientInnen und BewohnerInnen im Krankenhaus und
Langzeitpflegebereich werden minimiert.
� Mögliche Folgen von Stürzen (z. B. hüftgelenksnahe Frakturen, Schädel-Hirn-
Traumata) sowie Spätfolgen wie Immobilität werden vermieden.
� Sturzpräventive Empfehlungen für PatientInnen und BewohnerInnen mit spezifischen
Bedürfnissen (z. B. kognitiv eingeschränkte Personen, ängstliche Personen) werden
gegeben.
2.4 PatientInnenpräferenzen
Zur Berücksichtigung von PatientInnenpräferenzen beim Erstellungsprozess wurden die
von den AutorInnen festgelegten Outcomes (Ergebnisse von sturzpräventiven
Maßnahmen) dem Cochrane Consumer Network zugesandt, mit der Bitte, die Outcomes
auf ihre Relevanz hin zu überprüfen und gegebenenfalls zu modifizieren. Laut
Rückschreiben wurde die Auswahl der Outcomes als bedeutsam bestätigt, mit dem
Vermerk, den Outcomes Verletzungen durch Stürze (insbesondere Frakturen) und
Verbesserung der Lebensqualität eine besondere Bedeutung zukommen zu lassen.
Bei der Empfehlungsgraduierung wurde versucht, möglichst viele Perspektiven und
demnach Akteure aus den verschiedenen Bereichen einzubeziehen. So beteiligten sich
bei den Konsensuskonferenzen zur Empfehlungsgraduierung neben den
4
Formulierung Schlüsselfragen�
Systematische Literaturrecherche nach Systematischen Übersichtsarbeiten, Evidence-
basierten Büchern und Evidence-basierten Guidelines
�Kritische Literaturbewertung
�Ergebnissynthese
�Systematische Literaturrecherche nach
Randomisiert Kontrollierten Studien�
Kritische Literaturbewertung�
Ergebnissynthese�
Evidenceklassifizierung�
Empfehlungsformulierung� �
Empfehlungsgraduierung (Konsensuskonferenzen)
�Gestaltung der Leitlinie
�Externe Begutachtung
Formulierung Schlüsselfragen�
Systematische Literaturrecherche nach Systematischen Übersichtsarbeiten, Evidence-
basierten Büchern und Evidence-basierten Guidelines
�Kritische Literaturbewertung
�Ergebnissynthese
�Systematische Literaturrecherche nach
Randomisiert Kontrollierten Studien�
Kritische Literaturbewertung�
Ergebnissynthese�
Evidenceklassifizierung�
Empfehlungsformulierung� �
Empfehlungsgraduierung (Konsensuskonferenzen)
�Gestaltung der Leitlinie
�Externe Begutachtung
medizinischen/pflegerischen ExpertInnen eine PatientInnenombudsfrau, Angehörige von
PatientInnen in Pflegeheimen/Krankenhäusern und eine Patientin aus der geriatrischen
Pflege. Obwohl die Konsensuskonferenzen multidisziplinär und unter Berücksichtigung
von PatientInnenpräferenzen stattgefunden haben, muss jede Leitlinienempfehlung vor
der Anwendung in der jeweiligen Praxis geprüft und individuell, je nach Präferenzen der
PatientInnen, entschieden werden.
3 Methodik
Zur Erstellung dieses Leitlinienupdates wurden die Methoden der ersten Version der
Leitlinie optimiert, um internationalen
Qualitätsanforderungen (International Institute
of Medicine 1990, S. 100/101) gerecht zu
werden. Ein Methodenpapier mit sämtlichen
Anhängen dieses Leitlinienupdates ist auf der
EBN Homepage verfügbar
(http://www.ebn.at/cms/beitrag/10218156/5081774). In
Abbildung 1 ist der methodische
Erstellungsprozess des Leitlinienupdates
grafisch dargestellt.
Die in der ersten Version behandelten
Interventionen und Outcomes sowie weitere
aus der Praxis als relevant rückgemeldete
Maßnahmen wurden aufgegriffen und als
Schlüsselfragen formuliert. Die Schlüsselfragen
(Methodenpapier Anhang 1, S. 1–2) wurden
gemeinsam mit PflegepraktikerInnen diskutiert
und adaptiert.
3.1 Literaturrecherche und kritische Bewertung der Literatur
Zur Identifizierung von Belegen wurde die „6S“ Modell (Di Censo, Bayley & Haynes 2009)
verwendet (siehe Abbildung 2). Da derzeit keine PC-gestützten Informationssysteme zur
Abbildung 1: Methodische Entwicklung der Leitlinie
5
Verfügung stehen, wurde demnach zuerst
nach Evidence-basierten Zusammenfassungen
(Evidence-basierte Leitlinien, Evidence-
basierte Bücher) recherchiert. Im Anhang 2, S.
3–4 des Methodenpapiers können gescreente
Guidelinedatenbanken und Webseiten
eingesehen werden, in welchen mit dem
Suchbegriff „Sturz“ bzw. dem englischem
Begriff „fall“ und den in Tabelle 1 angeführten
Ein- und Ausschlusskriterien gesucht wurde.
Tabelle 1: Ein-/Ausschlusskriterien für Evidence-basierte Bücher und Evidence-basierte Guidelines:
Keine Guideline erfüllte die geforderten Einschlusskriterien (Methodenpapier Anhang 2,
S. 3–4). Zwei Evidence-basierte Bücher erfüllten die Einschlusskriterien und wurden zur
Erstellung dieses Leitlinienupdates eingeschlossen.
Zur Identifizierung von Systematischen Übersichtsarbeiten und HTA-Berichten wurde
eine sensitive Suchstrategie gewählt. Das bedeutet, dass für jede Schlüsselfrage eine
eigene Suchrecherche generiert und in den Datenbanken Pubmed und CINAHL
durchgeführt wurde. In der Cochrane Library wurde, aufgrund der geringen Trefferzahl,
mit lediglich dem MeSH-Term „accidental fall“ recherchiert (Methodenpapier Anhang 3, S.
5–15). Insgesamt konnten 737 Studien identifiziert werden, welche in Bezug auf Erfüllung
der Ein- und Ausschlusskriterien (Tabelle 1) geprüft wurden.
Einschlusskriterien o Systematische Literaturrecherche wurde durchgeführt (mindestens Angaben zu den
Datenbanken, in denen recherchiert wurde) o Kriterien für den Ein-/Ausschluss von Publikationen sind angeführt o Bei jeder Aussage/Empfehlung in der Leitlinie ist klar ersichtlich, auf welcher Stärke von Studien
(Evidencegrad) diese beruht. o Zeitraum der Recherche mindestens bis 2006 o Sprache: Deutsch, Englisch
Ausschlusskriterium o Empfehlungen basieren auf Synthese von Empfehlungen anderer Leitlinien
Abbildung 2: „6S“ Modell (übersetzt aus Di Censo, Bayley & Haynes)
6
Tabelle 2: Kriterien zur Studienselektion
PatientIn Einschlusskriterien: Ältere und alte PatientInnen im Setting Krankenhaus, Langzeitpflege-einrichtung, Pflegeheim, Altenheim Ausschlusskriterien: Nicht institutionalisierte PatientInnen (community, home care)
Intervention Einschlusskriterien: Sturzpräventive Pflegemaßnahmen, spezifisch je Schlüsselfrage Ausschlusskriterien: Interventionen, die an andere Berufsgruppen adressiert sind
Ergebnisse Spezifisch je Schlüsselfrage (z. B. Sturz, Sturzangst, Wissen zum Thema Sturz), Risikofak-toren für Stürze
Studien-design
Einschlusskriterien: Systematische Übersichtsarbeiten von RCTs, Systematische Über-sichtsarbeiten von prospektiven Kohortenstudien bei Fragen nach Risikofaktoren, und As-sessmentinstrumenten, HTA Berichte Wenn keine Sekundärliteratur verfügbar: RCTs
Publikations-details, qua-litative An-forderun–gen
Zeitraum: 01. 2008 bis 07. 2011 Ausschlusskriterien für Systematische Übersichtsarbeiten: Fehlende Angaben zur Methodik bzw. Datenbanken, in denen recherchiert wurde, fehlende Angaben zu Ein-/Ausschlusskriterien, fehlende Qualitätsbewertung der Primärliteratur Ausschlusskriterien für RCTs: Glaubwürdigkeit nicht gegeben
Das Flussdiagramm zur Literaturrecherche ist im Methodenpapier (Anhang 4, S. 16)
dargestellt. Es wurden 53 Systematische Übersichtsarbeiten mit der Bewertungshilfe für
Systematische Übersichtsarbeiten (Behrens & Langer 2010a) von jeweils zwei
AutorInnen unabhängig voneinander bewertet. Von diesen erfüllten 27 Systematische
Übersichtsarbeiten die geforderten Einschlusskriterien und entsprachen den qualitativen
Anforderungen. Die eingeschlossenen Evidence-basierten Bücher und Systematischen
Übersichtsarbeiten sind im Methodenpapier (Anhang 5, S. 17–32) beschrieben und
Aspekte der Glaubwürdigkeit angeführt. Die Ergebnisse der Systematischen
Übersichtsarbeiten wurden den Schlüsselfragen zugeordnet.
Sofern keine Systematische Übersichtsarbeit zur Beantwortung der jeweiligen
Fragestellungen gefunden werden konnte, wurde eine sensitive Recherche nach
Randomisiert Kontrollierten Studien (RCTs) in denselben Datenbanken durchgeführt
(Methodenpapier Anhang 6, S. 33–38). Vier RCTs wurden von zwei AutorInnen
unabhängig voneinander bewertet und erfüllten die Einschlusskriterien (Tabelle 2). Im
Flussdiagramm (Methodenpapier Anhang 7, S. 39) sind die Ergebnisse der RCT
Recherche dargestellt. Die vier eingeschlossenen RCTs aus der Update Recherche
sowie die herangezogenen RCTs aus der Recherche der ersten Version der Leitlinie sind
im Methodenpapier (Anhang 8, S. 40–44) beschrieben.
7
3.2 Evidenceklassifizierung und Empfehlungsgraduier ung
Die Graduierung der Belege (Evidenceklasse) und Empfehlungen (Empfehlungsgrad)
wurde in Anlehnung an die Methoden der GRADE-Workinggroup vorgenommen (vgl.
Jaeschke et al. 2008, Schünemann, Fretheim & Oxman 2006, Atkins et al. 2004).
Demnach wurden bei der Erstellung der Evidenceklassen das Studiendesign und die
Studienqualität berücksichtigt (siehe Abbildung 3).
Kriterien für die Abstufung der Evidenceklassen sowie Begründungen für die jeweiligen
Evidenceklassen der Empfehlungen sind im Methodenpapiers (Anhang 9, S. 45–69)
angeführt. Im Rahmen von zwei Konsensustreffen wurden die Empfehlungen durch ein
multidisziplinäres Team (Ärzte, Physiotherapeuten, Diplomierte Pflegepersonen,
Pflegehelferin, Angehörige, Patientin, PatienInnenombudsfrau) graduiert und
gegebenenfalls formale Änderungen vorgenommen. Die Konsensusfindung wurde im
nominalen Gruppenprozess (vgl. Rycraft-Mallone 2001) durch einen externen Moderator
durchgeführt. Bei der Graduierung der Empfehlungen wurden folgende Faktoren
berücksichtigt:
� Qualität der zugrundeliegenden Studien (Evidenceklasse)
� Abwägung zwischen dem Nutzen und unerwünschten Wirkungen
� Erforderliche Kosten, Ressourcen
� Anwendbarkeit der Maßnahme in der Praxis
� Werte und Präferenzen (insbesondere vermutete PatientInnen-/BewohnerInnen-
präferenzen)
Evidenceklasse I Studiendesign: RCT, Qualität: hoch
Evidenceklasse II Studiendesign: RCT, Qualität: mäßig
Evidenceklasse III Studiendesign: Beobachtungsstudie oder RCT
Qualität: niedrig (RCT), mäßig bis hoch (Beobachtungsstudie)
Abbildung 3: Evidenceklassen (vgl. Schünemann, Fretheim & Oxman 2006)
8
Für Maßnahmen, bei denen sich die Studienlage eindeutig gegen die Anwendung
ausspricht, konnte keine positive Empfehlung („Tue es“ oder „Tue es vielleicht“) graduiert
werden. Empfehlungen für die Praxis, die auf keinem wissenschaftlichen Hintergrund
beruhen, sogenannte ExpertInnenempfehlungen, sind farblich gelb gekennzeichnet und
ohne Evidenceklasse versehen. Empfehlungen für die Praxis, die auf wissenschaftlicher
Literatur basieren sind farblich blau gekennzeichnet und mit einer Evidenceklasse
versehen. Nach einstimmigem Wunsch des Konsensusteams, formale Veränderungen
bei einer Empfehlung vorzunehmen, wurde diese abgeändert, wobei die Kernaussage
aus den Belegen der Literatur beibehalten werden musste. ExpertInnenempfehlungen
konnten ebenfalls nur nach einstimmiger Zustimmung abgeändert bzw. neu formuliert
werden. Der Ablauf des nominalen Gruppenprozesses sowie die Ergebnisse der
Konsensuskonferenzen (Abstimmungen, Abänderung von Empfehlungen) sind im
Methodenpapier (Anhang 9, S. 45–69) einsehbar. Der Stärkegrad der jeweiligen
Empfehlung ist durch das „Daumen-Symbol“ erkennbar und gemäß Abbildung 4 zu
interpretieren (vgl. Jaeschke et al. 2008, Atkins et al. 2004).
3.3 Externe Begutachtung
Die Rohfassung der Leitlinie wurde externen GutachterInnen zur Beurteilung der
Verständlichkeit, Transparenz und Anwendbarkeit übermittelt. Als BegutachterInnen
wurden potenzielle AnwenderInnen aus verschiedenen Bereichen der Pflegepraxis, der
Pflegewissenschaft und dem Pflegemanagement gewählt (siehe externe
BegutachterInnen S. III). Aufgrund der Beurteilungen wurden sprachliche, inhaltliche oder
formale Veränderungen vorgenommen. Die offenen Fragestellungen, Kommentare der
Abbildung 4: Stärkegrad der Empfehlungen
Tue es
Diese Maßnahme sollte in der jeweiligen Pflegepraxis Anwendung finden.
Tue es vielleicht
Diese Maßnahme kann angewandt werden – es ist jedoch mit Risiken zu rechnen bzw. die Maßnahme erfordert zusätzliche Ressourcen.
Tue es nicht
Diese Maßnahme bringt mehr Risiken bzw. erfordert mehr Aufwand als Nutzen gegeben ist und sollte daher nicht angewandt werden.
9
BegutachterInnen sowie vorgenommene Veränderungen können im Methodenpapier
(Anhang 10, S. 70–74) eingesehen werden.
4 Evidence-based Empfehlungen zur Sturzprophylaxe
In den Abbildungen 5 und 6 sind die Schlüsselempfehlungen der Leitlinie jeweils für das
Setting Krankenhaus und Pflegeheim, in Form von Schritt-für-Schritt-Anleitungen
(Algorithmen), dargestellt. Diese Schritt-für-Schritt-Anleitungen sollen die Kurzversion der
Leitlinie ersetzen und können als solche in der Praxis angewandt werden. Die
Abbildungen stehen ferner auf der EBN-Homepage in Form von Postern zum
Downloaden zur Verfügung (http://www.ebn.at/cms/beitrag/10162225/5081745). Erläuterungen
und Belege aus der Literatur (Evidence) zu den jeweiligen Empfehlungen finden Sie in
den nachfolgenden Ausführungen in der Leitlinie.
12
4.1 Risikofaktoren für Stürze
Ein Sturz ist ein Ereignis, das viele Risikofaktoren in sich birgt. Sturzrisikofaktoren können
in interne (physiologische) Faktoren, wie altersphysiologische oder krankheitsbedingte
Veränderungen, und externe Faktoren, wie gefährliche Umgebungsbedingungen,
unterteilt werden. Weiters können situationsbedingte Umstände, wie beispielsweise die
Personalstruktur auf einer Abteilung, einen Einfluss auf die Sturzgefahr haben
(Tideiksaar, S. 39–40, 2008). Die Gefahr zu stürzen erhöht sich mit der Anzahl der
Risikofaktoren (Hill et al. 2004).
Welche Risikofaktoren führen im Setting Krankenhaus am häufigsten zu Stürzen?
Tabelle 3: Interne Risikofaktoren für Stürze im Setting Krankenhaus Evidenceklasse III
Evidence: Oliver et al. (2004) konnten in einer Systematischen Übersichtsarbeit, welche
sich auf 13 Fall-Kontroll- und Kohortenstudien stützt und sich auf die Identifikation von
Risikofaktoren für ältere und alte PatientInnen im Krankenhaus bezieht, Faktoren
eruieren, die signifikant häufiger bei gestürzten PatientInnen vorzufinden waren, als bei
nicht gestürzten Personen: Stürze in der Anamnese, Gangunsicherheit, Schwäche in den
unteren Extremitäten, Harninkontinenz, erhöhte Harnfrequenz und Unterstützungsbedarf
beim Toilettenbesuch, Agitiertheit, Verwirrtheit und vermindertes Urteilsvermögen sowie
die Einnahme von bestimmten Medikamenten, die Stürze begünstigen.
• Stürze in der Anamnese
• Gang- und Gleichgewichtsstörungen, Gangunsicherheit (insbesondere bei
Aufmerksamkeit fordernder Übung, wie sprechen)
• Verwendung von Gehhilfen
• Schwäche in den unteren Extremitäten
• Harninkontinenz, erhöhte Harnfrequenz und Unterstüt zungsbedarf beim
Toilettenbesuch
• Agitiertheit, Verwirrtheit und vermindertes Urteils vermögen
• Einschränkung der Sehfähigkeit
• Einnahme von Medikamenten, die Stürze begünstigen, insbesondere
o zentral aktive sedative Hypnotika
o nichtsteroidale Antirheumatika
13
PatientInnen mit Gang- und Gleichgewichtsstörungen haben laut den Ergebnissen von
zwei Kohortenstudien einer Systematischen Übersichtsarbeit ein erhöhtes Risiko zu
stürzen (OR = 3.0 bzw. 6.2). Der Gebrauch von Gehhilfen konnte in einer Studie als
Sturzrisikofaktor identifiziert werden (RR = 2.5, 95 % CI = 1.4–4.4) (Thurman, Stevens &
Rao 2008).
Beauchet et al. (2009) untersuchten, ob eine Veränderung des Ganges bei einer die
Aufmerksamkeit fordernden Übung (z. B. Veränderung des Ganges bei gleichzeitigem
Sprechen) ein Indikator für Stürze sei. Sie sind zu dem Ergebnis gekommen, dass die
Chance zu stürzen, bei PatientInnen mit Veränderungen des Ganges durch eine
Aufmerksamkeit fordernde Übung im Verhältnis zu PatientInnen, die keine
Gangveränderung bei einer Aufmerksamkeit fordernden Übung aufweisen, um das 7-
Fache erhöht ist. Die höchste Vorhersagekraft hatte der Indikator bei institutionalisierten
PatientInnen.
Das erhöhte Sturzrisiko durch Einschränkungen der Sehfähigkeit wurde in der
Systematischen Übersichtsarbeit von Thurman, Stevens & Rao 2008 untersucht, wobei
eine Kohortenstudie gefunden wurde, welche eine Sehkraftverminderung als signifikanten
Risikofaktor identifiziert (RR = 1.7, 95 % CI = 1.2–2.3).
Laut der Systematischen Übersichtsarbeit von Hegeman et al. (2009) kommt es durch die
Einnahme von nichtsteroidalen Antirheumatika zu einem erhöhten Sturzrisiko (13
Studien, OR = 1.13–4.35) bei PatientInnen in allen Einrichtungen.
In der Literatur werden hauptsächlich interne Faktoren in Verbindung mit einem erhöhten
Sturzrisiko untersucht. Qualitativ hochwertige Studien zu externen Risikofaktoren fehlen
laut dieser Recherche. Dennoch stellen externe Gefahrenquellen wie schlechtes Licht,
fehlende Haltegriffe, nicht gekennzeichnete Stufen oder unpassendes Schuhwerk aus
Erfahrungen der PraktikerInnen ein besonderes Risiko für sturzgefährdete Personen dar.
Da Ursachen für Stürze von internen Faktor en der PatientInnen und externen
Faktoren auf der Abteilung abhängig sind, gibt es i n jedem Bereich signifikante
Faktoren, die gehäuft mit Stürzen in Verbindung ste hen. Durch die Erhebung
häufiger Sturzursachen auf der eigenen Abteilung kö nnen spezifische
Risikofaktoren für Ihr Setting identifiziert werden .
14
Welche Risikofaktoren führen im Setting Langzeitpfl egebereich am häufigsten zu
Stürzen?
Menschen in Langzeitpflegeeinrichtungen weisen ein höheres Sturzrisiko aufgrund der
häufigen multiplen internen Beeinträchtigungen auf. Allein die Situation des Lebens in
einer Pflegeeinrichtung geht mit einer Verdoppelung des Risikos zu stürzen einher (Norris
et al. 2003).
Tabelle 4: Interne Risikofaktoren im Setting Langzeitpflegeeinrichtung Evidenceklasse III
Evidence: In der Leitlinie des National Institute for Clinical Excellence (NICE 2004) wird
beschrieben, dass Stürze in der Anamnese in prospektiven Kohortenstudien als
häufigster Risikofaktor für das weitere Sturzgeschehen gilt.
Laut der Systematischen Übersichtsarbeit von Thurman, Stevens & Rao (2008) gelten
demente und kognitiv beeinträchtigte Personen als besonders stark sturzgefährdet
(demente Personen OR = 1.9–6.7, kognitiv beeinträchtigte Personen OR = 1.4–15.2).
Spezielle Risikofaktoren bei dementen und kognitiv eingeschränkten
PatientInnen/BewohnerInnen werden auf S. 17–19 behandelt.
Weitere Risikofaktoren bei institutionalisierten Senioren sind vorausgegangene Stürze,
wanderndes Verhalten, Gebrauch von Gehhilfen, Einschränkungen in den Aktivitäten des
täglichen Lebens, sehr hohes Lebensalter (über 87 Jahre), unsicherer Gang,
• Stürze in der Anamnese
• Demenz und/oder kognitive Beeinträchtigung
• Unsicherer Gang (insbesondere bei Aufmerksamkeit fordernder Übung, wie sprechen)
• Wanderndes Verhalten (wandering behavior)
• Verwendung von Gehhilfen
• Abhängigkeit im Transfer und der Rollstuhlmobilität
• Einschränkungen in den Aktivitäten des täglichen Le bens
• Sehr hohes Alter (älter als 87 Jahre)
• Einnahme von Medikamenten, die Stürze begünstigen
o angstlösende Medikamente
o Einnahme mehrerer psychotroper Medikamente
o Antidepressiva
o nichtsteroidale Antirheumatika
15
Abhängigkeit im Transfer und der Rollstuhlmobilität, angstlösende Medikamente und die
Einnahme von Psychopharmaka. (Hill et al. 2004).
Sterke et al. (2008) untersuchten Auswirkungen von psychoaktiven Medikamenten bei
BewohnerInnen von Langzeitpflegeeinrichtungen mit Demenz. Die Einnahme mehrerer
psychotroper Medikamente ist in drei von drei Kohorten mit einem signifikant höheren
Sturzrisiko assoziiert (RR = 1.3–10.3). Das Sturzrisiko erhöht sich bei der Einnahme von
zwei psychotropen Medikamenten auf ein RR von 3.2, bei drei psychotropen
Medikamenten auf ein RR von 6.7 und bei vier psychotropen Medikamenten auf ein RR
von 10.3. Die Einnahme von Antidepressiva wurde in zehn von zwölf Kohorten mit
vermehrten Stürzen in Verbindung gebracht (RR = 1.1–7.6), angstlösende Medikamente
in zwei von zwei Kohorten (RR = 1.22–1.32).
Die Ergebnisse der Systematischen Übersichtsarbeit von Hegeman et al. (2009) und
Beauchet et al. (2009) beziehen sich auf PatientInnen/BewohnerInnen im
Langzeitpflegebereich und Krankenhaus und wurden bereits im Kapitel Risikofaktoren im
Setting Krankenhaus (S.12/13) erläutert.
In der internationalen Literatur werden in Langzeitpflegeeinrichtungen als auch in
Krankenhäusern hauptsächlich interne Faktoren in Verbindung mit einem erhöhten
Sturzrisiko untersucht. Qualitativ hochwertige Studien zu externen Risikofaktoren fehlen
bislang. Dennoch stellen externe Gefahrenquellen wie schlechtes Licht, fehlende
Haltegriffe, nicht gekennzeichnete Stufen oder unpassendes Schuhwerk, aus
Erfahrungen der PflegepraktikerInnen, ein besonderes Risiko für sturzgefährdete
Personen dar.
Da Ursachen für Stürze von internen Faktor en der BewohnerInnen und
externen Faktoren auf der Abteilung abhängig sind, gibt es in jedem Bereich
signifikante Faktoren, die gehäuft mit Stürzen in V erbindung stehen. Durch die
Erhebung häufiger Sturzursachen auf der eigenen Abt eilung können spezifische
Risikofaktoren für Ihr Setting identifiziert werden .
16
Erhöhtes Sturzrisiko bei spezifischen Personengrupp en
� Neurologische Erkrankungen (alle Settings)
PatientInnen/BewohnerInnen mit neurologischen Erkrankungen haben ein besonders
hohes Sturzrisiko, da häufig mehrere interne Risikofaktoren gegeben sind (Thurman,
Stevens & Rao 2008).
Tabelle 5: Neurologisch erkrankte Personengruppen mit einem erhöhten Sturzrisiko Evidenceklasse III
Evidence: Thurman, Stevens & Rao (2008) untersuchten in ihrer Systematischen
Übersichtsarbeit Studien zu neurologischen Erkrankungen, bei denen es zu einem
signifikant erhöhten Sturzrisiko kommt. In vier Kohortenstudien wird der Insult als
Risikofaktor untersucht, wobei drei Studien ein signifikant erhöhtes Sturzrisiko belegen
(RR = 1.9–2.4). Eine prospektive Kohortenstudie bestätigt ein erhöhtes Sturzrisiko für
Personen, die an Parkinson erkrankt sind (OR = 9.5) und sechs Kohortenstudien
untersuchten das Sturzrisiko bei dementen und/oder kognitiv eingeschränkten Personen
in verschiedenen Settings. Bei dementen und kognitiv eingeschränkten Personen ist das
Sturzrisiko um ein Vielfaches erhöht (Demenz: OR = 1.9–6.7, kognitive
Beeinträchtigungen OR = 1.4–15.2). Moderat Demente haben ein höheres Risiko zu
stürzen als gering demente Personen (OR = 2.5). Eine Kohortenstudie kommt zu einer
signifikant erhöhten Sturzgefahr bei Personen mit peripherer Neuropathie (RR = 3.9).
Campell & Matthews (2010) untersuchten, welche Faktoren bei InsultpatientInnen
besonders häufig zu Stürzen führen. Signifikante Sturzprädiktoren sind demnach
einschränkte Balancefähigkeit (in vier von fünf Studien gab es einen signifikanten
Zusammenhang mit Stürzen; in zwei Studien einen signifikant niedrigeren Wert auf der
• PatientInnen/BewohnerInnen nach einem Insult insbes ondere mit
o eingeschränkter Balancefähigkeit
o Hemineglect (Vernachlässigung einer Körperseite)
o Selbstversorgungsdefizit bzw. Einschränkungen bei d en Aktivitäten täglichen
Lebens (ATL)
• PatientInnen/BewohnerInnen, die an Parkinson erkran kt sind
• PatientInnen/BewohnerInnen mit Demenz und/oder kogn itiven Einschränkungen
• PatientInnen/BewohnerInnen mit einer peripheren Neu ropathie
17
Berg-Balance Scala p < 0.01, in einer Studien HR = 4.5, in einer Studie OR = 3.85),
Hemineglect (in fünf von neun Studien gab es einen signifikanten Zusammenhang mit
Stürzen) und Selbstversorgungsdefizit bzw. Einschränkungen bei den ATL (bei sechs
Studien war die Chance zu stürzen bei einem Selbstversorgungsdefizit erhöht,
OR = 2.59–8.9).
� PatientInnen/BewohnerInnen mit der Diagnose Krebs:
Stürze sind ein häufiges, unerwünschtes Ereignis bei PatientInnen/BewohnerInnen im
fortgeschrittenen Krebsstadium auf Palliativpflegeeinrichtungen.
Tabelle 6: Risikofaktoren für Patienten mit der Diagnose Krebs Evidenceklasse III
Evidence: PatientInnen mit der Diagnose Krebs waren Gegenstand der Systematischen
Übersichtsarbeit von Stone, Lawlor & Kenny (2011). Signifikante Sturzrisikofaktoren
(p < 0.05) auf Grundlage der Ergebnisse der identifizierten prospektiven und
retrospektiven Kohortenstudien im Setting Krankenhaus sind in der Tabelle 6 angeführt.
Gibt es spezifische Risikofaktoren für Stürze bei d ementen und kognitiv
eingeschränkten PatientInnen/BewohnerInnen?
PatientInnen/BewohnerInnen mit Demenz und/oder kognitiven Einschränkungen haben
generell ein erhöhtes Risiko zu stürzen, wobei PatientInnen mit einem höheren Grad der
• Alter > 80 Jahre
• Niedriger Blutdruck im Liegen und/oder Sitzen
• Gebrauch von Sehhilfen
• Kognitive Beeinträchtigungen
• Keine Opiateinnahme
• Verwirrtheit
• Fatigue
• Delirium
• Chronisch obstruktive Lungenerkrankung
• Einnahme von Neuroleptika
18
Demenz ein höheres Sturzrisiko haben als geringgradig demente Personen (Thurman,
Stevens, Rao 2008).
Tabelle 7: Risikofaktoren für Stürze und Verletzungen durch Stürze bei Demenz Evidenceklasse III
Evidence: In drei Systematischen Übersichtsarbeiten von Kohortenstudien und Fall-
Kontrollstudien wurden Sturzrisikofaktoren bei dementen und/oder kognitiv
eingeschränkten älteren Menschen untersucht.
Härlein et al. (2009) untersuchten Risikofaktoren für Stürze und sturzbedingte
Verletzungen bei dementen und kognitiv eingeschränkten Personen. Eine Studie konnte
identifiziert werden, die im Pflegeheim durchgeführt wurde und Risiken für sturzbedingte
Verletzungen untersuchte. Unterschiedliche Schrittlängen während des Ganges
(Schrittlängenvariabilität) wurden als signifikanter Risikofaktor (p < 0.01) für sturzbedingte
Verletzungen erkannt. Keine signifikanten Zusammenhänge mit Verletzungen durch
Stürze ergaben die Faktoren Schrittgeschwindigkeit, Schrittlänge und Muskelkraft. Eine
Studie, ohne Angabe zum Setting, identifizierte als Risikofaktoren für Stürze: Stürze in
der Anamnese (OR = 16.0, 95 % CI = 4.4–58.0), Lewy-Körper-Demenz (OR = 3.8,
95 % CI = 1.3–10.8) und Parkinson Syndrom (p=0.003). Risikofaktoren für
hüftgelenksnahe Frakturen waren Fokus einer Kohortenstudie der Übersichtsarbeit von
Erhöhtes Stu rzrisiko
• Stürze in der Anamnese
• Lewy-Körper-Demenz
• Parkinson Syndrom
• Hochgradige Demenz
• Bestimmte Medikamentengruppen, die Stürze begünstig en
o angstlösende Medikamente (Anxiolytika)
o Einnahme mehrerer psychotroper Medikamente
o Antidepressiva
Erhöhtes Risiko für sturzbedingte Verletzungen
• Schrittlängenvariabilität (verschiedene Schrittläng en während des Gangs)
Erhöhtes Risiko für hüftgelenksnahe Frakturen
• Niedrige Knochendichte
• Geringere Aufnahme von Vitamin D
• Niedrige Serumkonzentration von ionisiertem Kalzium
• Geringe Sonnenlichtdisposition
19
Härlein et al. (2009), wobei niedrige Knochendichte (p < 0.0001), niedrige
Serumkonzentration von ionisiertem Kalzium und 25-hydroxy-Vitamin D (p < 0.0001),
geringe Sonnenlicht-disposition (p = 0.0046) signifikante Prädiktoren für hüftgelenksnahe
Frakturen waren.
PatientInnen mit Demenz oder kognitiven Einschränkungen waren Gegenstand von
sechs Kohortenstudien der Systematischen Übersichtsarbeit von Thurman, Stevens &
Rao (2008). Demente Personen haben ein bis zu 6-fach erhöhtes Sturzrisiko
(OR = 1.9–6.7); kognitiv beeinträchtigte Personen ein bis zu 15-fach erhöhtes Risiko
(OR = 1.4–15.2). Moderat Demente haben ein höheres Risiko zu stürzen als geringgradig
demente Personen (OR = 2.5).
Sterke et al. (2008) untersuchten Auswirkungen von psychoaktiven Medikamenten bei
BewohnerInnen von Langzeitpflegeeinrichtungen mit Demenz. Die Ergebnisse der Studie
sind im Kapitel Risikofaktoren im Setting Langzeitpflegebereich (S. 14/15) angeführt.
4.2 Assessmentinstrumente zur Erhebung des Sturzris ikos
Ist die Einführung von Assessmentinstrumenten wirks am, um Stürze zu
verhindern?
Hintergrund: Der Einsatz von Risikoskalen zur Verhinderung von Stürzen und zur
Identifizierung sturzgefährdeter Personen wurde insbesondere in den letzten Jahren
kritisch diskutiert (Köpke & Meyer 2009, Oliver & Healey 2009). Die Bewertung von
Risikoskalen mit den typischen prognostischen Kenngrößen (Sensitivität und Spezifität)
ist kritisch zu sehen, da das Auftreten eines Sturzes in der Zukunft liegt und demnach
nicht zeitgleich mit der Risikoerhebung messbar ist. Zahlreiche Einflussfaktoren, wie
prophylaktische Maßnahmen, können in dieser Zeit das Auftreten eines Sturzes
Die Einführung eines bestimmten Assessment instruments kann nicht
empfohlen werden.
Es konnten keine Interventionsstudien identifiziert werden, die untersuchten, ob
die Einführung von Assessmentinstrumenten Stürze ve rhindern. Prognostische
Eigenschaften von Sturzrisikoassessmentinstrumenten sind zu gering, um Stürze
vorherzusagen. Evidencelevel III
20
beeinflussen. Es wird daher gefordert, den klinischen Nutzen von Risikoskalen mittels
RCTs zu überprüfen (vgl. Behrens & Langer 2010, S.173).
Evidence: Es konnte keine Systematische Übersichtsarbeit von RCTs und keine RCT
identifiziert werden, welche die Wirksamkeit des Einsatzes von
Risikoassessmentinstrumenten auf die Reduktion von Stürzen untersucht hat.
Erfahrungen aufgrund der Implementierung am LKH-Univ. Klinikum Graz: Im Rahmen der
Leitlinienimplementierung in der klinischen Praxis wurde die Morse Sturzrisikoskala auf
den Abteilungen zur Identifizierung sturzgefährdeter Personen verwendet. Trotz
Einschulung über Grenzen und Nutzen von Assessmentinstrumenten wurden
PatientInnen meist ausschließlich aufgrund der Ergebnisse der Risikoskala als
sturzgefährdet diagnostiziert ohne Augenmerk auf weitere Sturzrisikofaktoren (Schrempf
2011). Das Risikoassessmentinstrument wurde demnach nicht als Hilfsmittel verwendet
und birgt somit die Gefahr, sturzgefährdeten Personen keine adäquate Versorgung
zukommen zu lassen.
Evidence: Es wurden zahlreiche Systematische Übersichtsarbeiten und ein Evidence-
basiertes Buch identifiziert, welche sich mit der Genauigkeit von verschiedenen
Risikoskalen auseinandersetzen. Die Genauigkeit von diagnostischen Tests wird in der
Regel mit den Kenngrößen der Sensitivität und Spezifität beurteilt, wobei möglichst hohe
Werte erreicht werden sollen. Behrens & Langer (2004, S. 171), empfehlen eine
Testgenauigkeit von mindestens 80 % für die Sensitivität, als auch für die Spezifität.
Jede(r) PatientIn/BewohnerIn sollte bei de r Aufnahme in ein
Krankenhaus/eine Langzeitpflegeeinrichtung hinsicht lich Sturzrisikofaktoren
beobachtet und befragt und demnach als sturzgefährd et behandelt werden. Eine
ausführliche Anamnese kann eine Grundlage zur Ermit tlung von Risikofaktoren
sein, wobei PatientInnen/BewohnerInnen mit einer po sitiven Sturzanamnese ein
besonders hohes Sturzrisiko haben.
Während des gesamten Aufenthalts im Krankenhaus/in der
Langzeitpflegeeinrichtung sind PatientInnen/Bewohne rInnen hinsichtlich
Risikofaktoren zu beobachten und in regelmäßigen Ab ständen neu einzuschätzen.
21
Currie (2008) identifizierte 15 Sturzrisikoinstrumente und sechs Tests zum Erheben von
Mobilitätseinschränkungen, die zur Identifizierung von sturzgefährdeten Personen
untersucht wurden. Als die genauesten und praktikabelsten Instrumente im Setting
Krankenhaus wurden das STRATIFY Risikoassessmentinstrument (Sensitivität: 66–83
%, Spezifität: 47 %, PPV: 30 %), die MORSE Sturzrisikoskala (Sensitivität: 83 %,
Spezifität: 29 %, PPV: 18 %) und das Hendrich Fall Risk Model II (Sensitivität: 75 %,
Spezifität: 74 %) identifiziert. Die Einschätzung des Sturzrisikos durch die professionelle
Pflegekraft (ohne Skala) erreichte ähnlich hohe Werte wie die Einschätzung mit
Sturzrisikoskalen.
Die höchste Vorhersagekraft für Stürze konnte erzielt werden, indem die professionelle
Pflegekraft den Risikofaktor „Stürze in der Anamnese“ zur Vorhersage weiterer Stürze
heranzog. Oliver et al. (2008) untersuchten das STRATIFY Risikoassess-mentinstrument
bei stationären PatientInnen in geriatrischen Rehabilitationseinrichtungen. Das Ergebnis
ihrer Metaanalyse aus vier Studien zeigte eine zu niedrige Sensitivität und einen zu
niedrigen PPV, um dieses Instrument zur Identifizierung sturzgefährdeter PatientInnen
heranzuziehen (Sensitivität: 67,2 %, PPV: 23 %).
Im Langzeitpflegebereich hat das Downtown Instrument (Faktoren: erhöhte
Pflegeabhängigkeit, kognitive Einschränkungen, erhöhte Anzahl von körperlichen
Symptomen, Angst, Depression) die höchste prospektive Validität zur Vorhersage von
Stürzen (Sensitivität: 81–95 %, Spezifität: 35–40 %). Sturzrisikoinstrumente bei
neurologisch auffälligen PatientInnen waren Fokus der Systematischen Übersichtsarbeit
von Thurman, Stevens & Rao (2008), wobei die Frage nach Stürzen in der Vergangenheit
ähnlich hohe prospektive Werte der Validität erreichte (Sensitivität: 37–76 %, Spezifität:
63–91 %) wie Sturzrisikoassessmentinstrumente. Kehinde (2009) untersuchte
Instrumente zum Messen des Sturzrisikos bei älteren Menschen in der Langzeitpflege. Zu
diesem Thema konnten 16 Instrumente identifiziert werden, bei acht Instrumenten lagen
Angaben zur prospektiven Validität vor. Instrumente mit der höchsten Genauigkeit waren
der Mobility Fall Chart (Sensitivität: 43–85 %, Spezifität: 69–82 %), der Downtown Index
(Sensitivität: 91 %, Spezifität: 39 %), der Elderly Fall Screening Test (Sensitivität: 93 %,
Spezifität: 78 %) welcher durchschnittlich in 17 Minuten durchgeführt werden kann und
die MORSE Sturzrisikoskala (Sensitivität: 83 %, Spezifität: 83 %).
22
Wie genau können das STRATIFY Risikoassessmentinstr ument und die MORSE
Sturzrisikoskala Stürze voraussagen?
Die Unzulänglichkeit von Sturzrisikoerhebungsinstrumenten wurde bereits bei der Frage
nach der Wirksamkeit von Sturzrisikoinstrumenten diskutiert. Sogar der Entwickler des
STRATIFY Risikoassessmentinstruments (David Oliver) hat sich in einem Editorial gegen
die Verwendung eines Sturzrisikoerhebungsinstruments im Setting Krankenhaus
ausgesprochen (Köpke & Meyer 2009).
Evidence: Das STRATIFY Risikoassessmentinstrument wurde in mehreren Studien im
Setting Krankenhaus untersucht und erreichte Werte für die Sensitivität von 19–91 %, für
die Spezifität von 47–88 %, für den PPV von 6–48 % und NPV von 80–99 % (Kehinde
2009, Oliver et al. 2008). Die MORSE Sturzrisikoskala wurde im Setting Krankenhaus
und im Setting Pflegeheim prospektiv validiert. Die Werte im Setting Krankenhaus lagen
für die Sensitivität bei 83 %, für die Spezifität bei 29 % und für den PPV bei 18 % (Currie
2008); im Setting Pflegeheim bei einem Grenzwert von 55 bei einer Sensitivität von 83%
und einer Spezifität von 83 % (Kehinde 2009).
Um eine angemessene Versorgung sicherzustellen, ist es von Bedeutung, möglichst allen
sturzgefährdeten PatientInnen eine Sturzprophylaxe zukommen zu lassen. Eine
Sensitivität von 83 % würde bedeuten, dass 83 % der gestürzten PatientInnen mit dem
Instrument richtig als sturzgefährdet eingeschätzt wurden. Das heißt, dass 17 % der
gestürzten PatientInnen mit dem Instrument nicht als sturzgefährdet eingeschätzt wurden
und demnach keine präventiven Maßnahmen erhalten hatten.
Eignen sich Tests zum Erheben von Gleichgewichtsstö rungen und Gangstörungen
zur Identifizierung von sturzgefährdeten Personen?
Evidence: Prognostische Eigenschaften von Tests zum Erheben von Gleichgewichts- und
Gangstörungen (Berg-Balance-Skala, Get up and Go Test, Standing unassisted Test,
Tinetty Mobility Scale) sind zu gering, um sturzgefährdete Personen zu identifizieren.
Verwenden Sie keine Tests zum Erheben von Gleichgewichts- und
Gangstörungen (Berg-Balance-Skala, Get up and Go Te st, Standing unassisted
Test, Tinetty Mobility Scale), um das Sturzrisiko I hrer PatientInnen/BewohnerInnen
zu erheben. Evidenceklasse III
23
Neuls et al. (2011) untersuchten in ihrer Systematischen Übersichtsarbeit die Berg-
Balance Skala in Bezug auf ihre Vorhersagekraft für Stürze. Laut AutorInnen zeigen die
Ergebnisse der zwei gefundenen Diagnosestudien, dass die Vorhersagekraft
unzureichend ist (Sensitivität: 85–92 %, Spezifität: 49–65 %) und die Berg-Balance Skala
kein geeignetes Instrument ist, um Stürze vorherzusagen.
Thurman, Stevens & Rao (2008) untersuchten Tests zum Erheben von Gleichgewichts-
und Gangstörungen bei neurologisch erkrankten PatientInnen zur Identifizierung
sturzgefährdeter Personen, wobei folgende Werte für die prospektive Validität erreicht
wurden: Get up and Go Test: Sensitivität 77–91 %, Spezifität 22 %; Standing unassisted
Test: Sensitivität 31 %, Spezifität 90 %; Tinetty Mobility Scale: Sensitivität 62–96 %,
Spezifität von 11–96 %.
Zijlstra et al. (2008) untersuchten, ob zwei Balancefähigkeitserhebungen zur Erfassung
des Sturzrisikos besser geeignet sind als eine einzelne Balancefähigkeitserhebung. Es
konnte keine Studie identifiziert werden, welche die unterschiedlichen
Erhebungsmethoden bei institutionalisierten PatientInnen/BewohnerInnen untersuchte.
4.3 Sturzangst
Welche Auswirkungen hat die Angst zu stürzen auf Pa tientInnen/BewohnerInnen?
Angst vor Stürzen ist sowohl ein signifikanter Risikofaktor für zukünftige Stürze als auch
eine Folge von Stürzen (NICE 2004). Personengruppen, die signifikant häufiger an
Sturzangst leiden, sind PatientInnen/BewohnerInnen mit Einschränkungen in den ATL
(p < 0.001), Stürzen in der Anamnese (p < 0.05) und Personen mit funktionalen
Einschränkungen (p < 0.005) (Visschedijk et al. 2010).
24
Tabelle 8: Auswirkungen von Sturzangst Evidenceklasse III
Evidence: Visschedijk et al. (2010) untersuchten Auswirkungen von Sturzangst bei
PatientInnen/BewohnerInnen mit hüftgelenksnahen Frakturen. Betroffene Personen mit
Sturzangst hatten zum einen eine signifikant höhere Mortalität (p = 0.02 bzw. OR = 4.22)
als Personen ohne Sturzangst und zum anderen ein signifikant höheres Risiko für
Einweisungen in Pflegeeinrichtungen (OR = 2.23). Geringe körperliche Aktivität (z. B.
wenig Bewegung im Freien) galt als signifikantes Merkmal zur Vorhersage weiterer
Stürze (OR = 1.96). PatientInnen/BewohnerInnen mit Sturzangst und funktionaler
Limitation stürzten signifikant häufiger als PatientInnen/BewohnerInnen mit Sturzangst
ohne funktionaler Limitation (p = 0.004).
Welche Instrumente eignen sich, um Sturzangst zu me ssen?
Evidence: Zur Messung von Sturzangst werden in Studien verschiedene Skalen
verwendet (Activity-related Balance Confidence Scale, Fall Efficiacy Scale), deren
psychometrische Testung bisher jedoch ausständig ist (Visschedijk et al. 2010).
Visschedijk et al (2010) haben in ihrer Systematischen Übersichtsarbeit zu
Sturzerhebungsinstrumenten sieben Studien identifiziert, bei denen Sturzangst durch
einfache Fragen erhoben wurde. Ebenso wird in der Guideline vom NICE (2004)
empfohlen, Sturzangst durch eine einfache Frage „Haben Sie Angst vor Stürzen?“ oder
Auswir kungen von Sturzangst (insbesondere bei Patient Innen/BewohnerInnen mit
hüftgelenksnaher Fraktur in der Anamnese)
• Höhere Mortalität
• Höheres Risiko für Einweisung in eine Pflegeeinrich tung
Risikofaktoren für weitere Stürze bei PatientInnen mit Sturzangst
• Funktionale Limitation
• Geringe körperliche Aktivität (z. B. wenig Bewegung im Freien)
Erheben Sie Sturzangst indem Sie Ihre Pati entInnen/BewohnerInnen kon-
kret nach der Angst vor Stürzen fragen.
25
durch die Einschätzung auf einer verbalen Rating Skala (von nicht ängstlich bis sehr
ängstlich) zu erheben.
Wie kann Sturzangst reduziert werden?
Evidence: Jung, Lee & Lee (2009) untersuchten in ihrer Systematischen Übersichtsarbeit
Interventionen, um Sturzangst zu reduzieren, wobei drei Studien mit institutionalisierten
Personen gefunden wurden. Die Mittelwertdifferenz (MWD) aller drei Studien ergab, dass
es durch sturzpräventive Maßnahmen nicht zur Reduktion von Sturzangst kommt (MWD
= 0.022, 95 % CI = -0.245–0.290, p > 0.05). Die nach Art der Intervention gepoolten
Subgruppenanalysen ergaben, dass es durch die Intervention Körperübung zu keiner
Reduktion von Sturzangst kommt (Metaanalyse von drei Studien – zusätzlich eine Studie
bei nicht institutionalisierten Personen – MWD = 0.024, 95 % CI = -0.251–0.298, p >
0.05).
Eine systematische Übersichtsarbeit zur Wirksamkeit von Tai-Chi identifizierte eine RCT,
bei der es zu einer signifikanten Reduktion von Sturzangst durch Bewegungsübungen mit
Tai-Chi kam (ABC-Scale p < 0.001), welche in der Übersichtsarbeit von Jung, Lee & Lee
(2009) nicht inkludiert ist (Harling & Simpson 2008).
Hüftprotektoren, zur Reduktion von Sturzangst, waren Fokus in einer Studie. Diese kam
zu dem Ergebnis, dass es durch das Tragen von Hüftprotektoren zu einer signifikanten
Reduktion von Sturzangst, gemessen mit der Falls Efficiacy Scale, einer einfachen Frage
und der Balance Confidence Scale, kam (MWD = 0.418, 95 % CI = 0.071–0.764, p <
0.05) (Jung, Lee & Lee 2009).
Andere Formen von Bewegungsübungen sind ni cht geeignet, um Sturzangst
zu reduzieren. Evidenceklasse II
Obwohl laut Literatur Bewegungsübungen mit Komponenten von Tai-Chi
Sturzangst reduzieren können (Evidenceklasse I), werden diese nicht empfohlen,
da Bewegungsübungen mit Komponenten von Tai-Chi der zeit als nicht praktikabel
angesehen werden.
Bieten Sie PatientInnen/BewohnerInnen mi t Angst vor Stürzen das Tragen
von Hüftprotektoren an. Evidenceklasse I
26
4.4 Multifaktorielle Interventionsprogramme
Ist ein multifaktorielles Interventionsprogramm wir ksam, um Stürze und
Sturzfolgen zu reduzieren?
Unter einem multifaktoriellen Interventionsprogramm versteht man
Sturzpräventionsstrategien, die aus mehreren Interventionen bestehen und auf die
individuellen Risikofaktoren der PatientInnen/BewohnerInnen bzw. PatientInnengruppen
abgestimmt sind. Zahlreiche Systematische Übersichtsarbeiten von RCTs beschäftigten
sich mit der Wirksamkeit von multifaktoriellen Präventionsprogrammen, wobei man zu
unterschiedlichen, teilweise kontroversen Ergebnissen gekommen ist (Currie 2008,
Cusiamo, Kwok & Spadafora 2008, Stern & Jayasekara 2009, Sawka et al. 2010).
Evidence: Setting Krankenhaus: Cameron et al. (2010) untersuchten in ihrer
Systematischen Übersichtsarbeit multifaktorielle Sturzpräventionsprogramme, um Stürze
und sturzbedingte Verletzungen zu reduzieren. Gepoolte Ergebnisse aus vier RCTs
belegen die Wirksamkeit von Sturzpräventionsprogrammen zur Reduktion von Stürzen
und gestürzten Personen im Setting Krankenhaus (Anzahl der Stürze: RR = 0.69, 95 %
CI = 0.49–0.96; Anzahl der gestürzten Personen: RR = 0.73, 95 % CI = 0.56–0.96).
Coussement et al. (2008) kommen in ihrer Metaanalyse zu dem Ergebnis, dass es durch
multifaktorielle Interventionen zu signifikant weniger Stürzen kommt (RR = 0.74, 95 % CI
= 0.58-0.96), wobei bei Einbezug der Intraclasskorrelation von 0.01 aufgrund der
Clusterrandomisierung,die Signifikanz nicht mehr gegeben ist (RR = 0.82, 95 % CI =
0.65–1.03). Keine signifikanten Verbesserungen konnten durch die multifaktoriellen
Interventionen für die Outcomes sturzbedingter Verletzungen (zwei RCTs), Schweregrad
von sturzbedingten Verletzungen (eine RCT) und Zeitpunkt bis zum ersten Sturz (zwei
RCTs) erreicht werden.
Alle älteren und alten PatientInnen/Bewohne rInnen in Krankenhäusern und
Langzeitpflegeeinrichtungen mit Stürzen in der Anam nese oder als sturzgefährdet
eingeschätzt sollten individuelle multifaktorielle Maßnahmen zur Sturzrisiko-
reduktion erhalten. Evidenceklasse II
27
Stern & Jayasekara (2009) inkludierten in ihrer Übersichtsarbeit drei RCTs zu
multifaktoriellen Interventionen im Setting Akutkrankenhaus, wobei es in zwei Studien zu
einer signifikanten Reduktion von Stürzen durch die Interventionen kam (IRR = 0.38, 95
% CI = 0.20–0.76 bzw. p = 0.045). In einer RCT konnte die Krankenhausaufenthalts-
dauer in der Interventionsgruppe zudem signifikant verkürzt werden (p = 0.028).
Setting Langzeitpflegeeinrichtung: Die gepoolten Ergebnisse aus sieben RCTs der
Systematischen Übersichtsarbeit von Cameron et al (2010) zeigten, dass es durch
multifaktorielle Interventionen zu einer nicht signifikanten Reduktion von Stürzen und
Stürzern kommt (Anzahl der Stürze: RR = 0.82, 95 % CI = 0.62–1.08, gestürzte Personen
RR = 0.93, 95 % CI = 0.86–1.01), wobei die gepoolten Studien statistisch starke bis
mäßige Heterogenität aufzeigten (I² = 85% bzw. I² = 54%). Die Anzahl von
hüftgelenksnahen Frakturen konnte durch die multifaktoriellen Maßnahmen signifikant
reduziert werden (Metaanalyse aus drei Studien: RR = 0.48, 95 % CI = 0.24–0.98).
Cusiamo, Kwok & Spadafora (2008) untersuchten für Langzeitpflegeeinrichtungen
multifaktorielle Interventionsprogramme, definiert als mindestens zwei
Interventionsstrategien, welche mindestens sechs Monate andauerten. Die fünf
eingeschlossenen RCTs kamen zu widersprüchlichen Ergebnissen. In zwei von vier
Studien konnte die Anzahl der Stürze signifikant reduziert werden (RR = 0.78,
95 % CI = 0.64–0.96 bzw. RR = 0.55, 95 % CI = 0.41–0.73), in einer von fünf Studien
konnten Verletzungen durch Stürze signifikant reduziert werden (OR = 0.23,
95 % CI = 0.06–0.94) und in drei von fünf Studien konnte die Anzahl von PatientInnen mit
multiplen Stürzen signifikant reduziert werden (OR = 0.58, 95 % CI = 0.38–0.89) bzw. RR
= 0.56, 95 % CI = 0.35–0.89 bzw. p = 0.03).
Um hüftgelenksnahe Frakturen durch Stürze zu reduzieren, legten Sawka et al. (2010)
ihren Fokus auf multifaktorielle Interventionen und kamen dabei zu ähnlichen
Ergebnissen wie Cusiamo, Kwok & Spadafora 2008. In einer der drei identifizierten
Studien kam es zu einer signifikanten Reduktion von hüftgelenksnahen Frakturen
(RR = 0.23, 95 % CI = 0.06–0.94) (Sawka et al 2010).
28
Aus welchen Komponenten sollte ein multifaktorielle s Interventionsprogramm
bestehen?
Evidence: Setting Krankenhaus: Stern et al. (2009) identifizierten zwei wirksame
multifaktorielle Präventionsprogramme zur Reduktion von Stürzen. Ein multidisziplinäres,
multifaktorielles Präventionsprogramm beinhaltete eine individuelle Sturzrisikoerhebung,
physio- und ergotherapeutische Maßnahmen, das Aushändigen von
Informationsbroschüren zum Thema Sturzprävention und das Angebot, Hüftprotektoren
zu tragen. Durch die Interventionen kam es zu signifikant weniger Stürzen (p = 0.045)
und zu 28 % weniger Verletzungen durch Stürze. Zu einer signifikanten Reduktion von
Stürzen kam es weiters durch ein Programm bei PatientInnen nach hüftgelenksnaher
Fraktur in orthopädischen und geriatrischen Abteilungen. Das postoperative,
multidisziplinäre Programm beinhaltete ein umfassendes geriatrisches Assessment,
Management von Sturzrisikofaktoren sowie Rehabilitation, Prävention, Erhebung und
Behandlung von postoperativen Komplikationen wie Sturz, Schmerz und Delir. Durch die
Interventionen konnten Stürze signifikant reduziert (IRR = 0.38, 95 % CI = 0.20–0.76) und
die Krankenhausaufenthaltsdauer verkürzt werden (p = 0.028) (Stern et al. 2009).
Evidence: Setting Langzeitpflegeeinrichtung: Cameron et al. (2010) untersuchten in
Subgruppenanalysen welche Komponenten von multifaktoriellen Präventionsstrategien
effektiv zur Reduktion von Stürzen sind.
Setting Langzeitpflegeinrichtung: Multifakt orielle Interventions-programme
sollten multidisziplinär geplant werden und, wenn m öglich, eine Komponente mit
Körperübungen beinhalten. Grundlage der multifaktor iellen Interventionen sollte
eine umfassende Erhebung der Sturzrisikofaktoren s ein. Evidenceklasse I
Setting Krankenhaus: Planen Sie multifakto rielle Interventionsprogramme
multidisziplinär. Im Vorfeld sollten Sturzrisikofak toren Ihrer PatientInnen
umfassend erhoben werden und Grundlage für die Plan ung der Interventionen
sein. Evidenceklasse II
29
Die Subgruppenanalyse ergab, dass es durch multidisziplinär angelegte Interventionen zu
einer signifikanten Reduktion von Stürzen kommt, im Gegensatz zu monodisziplinären
Interventionen (RR = 0.60, 95 % CI = 0.51–0.72 versus RR = 1.11, 95 % CI = 0.90–1.37).
Eine Metaanalyse, basierend auf vier Studien, ergab weiters eine signifikante
Sturzreduktion durch multifaktorielle Programme mit der Komponente Körperübungen
(RR = 0.60, 95 % CI = 0.51–0.72). Multifaktorielle Maßnahmen, basierend auf einem
umfassenden Assessment, erreichten in einer weiteren Subgruppe signifikante
Ergebnisse für das Outcome Anzahl der Stürze (zwei Studien, RR = 0.59, 95 % CI =
0.48–0.73) (Cameron et al. 2010).
Sawka et al. (2010) untersuchten multifaktorielle Interventionen, um hüftgelenksnahe
Frakturen zu reduzieren. In einer Studie mit den Komponenten Schulung der
MitarbeiterInnen, Umgebungsmodifikation durch Pflegepersonen und
PhysiotherapeutInnen, Körperübungen (Balance-, Gang-, Kräftigungs- und
Transferübungen), Anpassen von Gehhilfen, Medikamentenreview, Angebot von
Hüftprotektoren und Problemlösungskonferenzen nach Sturzereignissen kam es zu einer
signifikanten Reduktion (RR = 0.23, 95 % CI = 0.06–0.94).
4.5 Sturzpräventive Maßnahmen bei kognitiv eingesch ränkten Personen
Welche Maßnahmen sind bei kognitiv eingeschränkten sturzgefährdeten
PatientInnen/BewohnerInnen indiziert?
Evidence: Multifaktorielle Sturzpräventionsprogramme wurden von Cameron et al. (2010)
bei kognitiv eingeschränkten Personen untersucht. Das gepoolte Ergebnis aus zwei
RCTs ergab keine signifikante Reduktion von Stürzen durch die Intervention (RR = 0.92,
95 % CI = 0.81–1.05). In einer der RCTs kam es jedoch durch multidisziplinäre
Interventionen bestehend aus Körperübungen, Medikamentenreviews, Beseitigen von
Gefahrenquellen, Anbieten von Hüftprotektoren, MitarbeiterInnenschulungen und
Gestalten Sie Maßnahmen zur Prävention von Verletzungen durch Stürze bei
kognitiv eingeschränkten Personen multifaktoriell, nach bestehenden
Risikofaktoren, und multidisziplinär. Evidenceklasse II
30
Problemlösungskonferenzen nach Sturzgeschehen zu einer signifikanten Reduktion von
Verletzungen durch Stürze (p = 0.006).
4.6 Orientierungstraining
Kann man bei desorientierten PatientInnen Stürze du rch ein Orientierungstraining
reduzieren?
Die ungewohnte Umgebung im Krankenhaus oder der Langzeitpflegeeinrichtung kann
Desorientierung verstärken. Durch umgebungsbedingte Faktoren wie fluoreszierendes
Licht, das Schatten wirft und blendet, wird das Urteilsvermögen beeinflusst. Daher fällt es
PatientInnen/BewohnerInnen schwer, Distanzen abzuschätzen (McCarter-Bayer, Bayer,
Hall 2005):
Evidence: Es konnte keine Studie identifiziert werden, die Orientierungstraining als
Intervention oder Teilintervention in Bezug auf Sturzprophylaxe untersuchte.
4.7 Bewegungsübungen
Welche Bewegungsübungen können im Krankenhaus dazu beitragen, Stürze zu
verringern?
Bewegungsübungen in Krankenhäusern und Reh abilitations-einrichtungen
sollten durch PhysiotherapeutInnen betreut werden. Evidenceklasse II
Geben Sie älteren und alten PatientInnen/B ewohnerInnen Orientierung,
indem Sie sich Zeit nehmen, ihnen das Zimmer, sanit äre Anlagen sowie die
gesamte Abteilung zu zeigen. Weisen Sie auf potenzi elle umgebungsbedingte
Sturzrisiken hin. Beobachten Sie sturzgefährdete Pa tientInnen/BewohnerInnen
hinsichtlich ihrer Orientierung und bieten Sie bei Bedarf Unterstützung an.
31
Evidence: Cameron et al. (2010) untersuchten die Wirksamkeit von betreuten
Körperübungen bei PatientInnen in Krankenhäusern und Rehabilitationseinrichtungen.
Sie sind in einer Metaanalyse, bestehend aus drei RCTs, zu dem Ergebnis gekommen,
dass betreute Übungen durch PhysiotherapeutInnen zu signifikant weniger Stürzen
führen (RR = 0.44, 95 % CI = 0.20–0.97).
Eine Subgruppe einer RCT untersuchte körperliches Training zur Sturzreduktion und war
in der Systematischem Übersichtsarbeit von Stern et al. (2009) inkludiert. Demnach führt
ein einmal wöchentlich durchgeführtes Gruppentraining mit Elementen von Tai-Chi zu
keiner Sturzreduktion im Setting Krankenhaus. Weiters kam es zu keiner signifikanten
Verbesserung der Balancefähigkeit, Mobilität und Muskelkraft.
Fokus der Systematischen Übersichtsarbeit von Batchelor et al. (2010) war es, wirksame
Maßnahmen zur Sturzprävention bei PatientInnen nach einem Insult zu identifizieren.
Drei RCTs beschäftigten sich mit Körperübungen. Keinen Effekt auf die Verringerung von
Stürzen zeigte eine RCT, bei welcher dreimal wöchentlich Gruppenübungen (Situp and
Stand Übungen) zu je 45 Minuten durchgeführt wurden (p = 0.7). Eine weitere Studie, bei
der die Intervention aus Frühmobilisation (Mobilisation mindestens zweimal täglich)
bestand, ergab keine signifikante Sturzreduktion (p = 0.81). In einer Untersuchung zeigte
sich eine signifikante Reduktion der Anzahl der gestürzten Personen (p < 0.05). Die
Intervention bestand aus Symmetrieübungen und Sit up and Stand Übungen (fünfmal pro
Woche für drei Wochen) mit Biofeedback (Batchelor et al. 2010).
Das Angebot von Gruppenübungen mit Element en von Tai-Chi stellt im
Setting Krankenhaus keine wirksame Maßnahme zur Stu rzprophylaxe dar.
Evidenceklasse III
Eine Frühmobilisation bei PatientInnen nac h Insulten, bei der PatientInnen
mehrmals täglich mobilisiert werden, sollte nicht z ur Sturzprophylaxe
durchgeführt werden, da Stürzen damit nicht vorgebe ugt wird. Evidenceklasse I
32
Welche Bewegungsübungen im Langzeitpflegebereich kö nnen dazu beitragen,
Stürze zu verringern?
Evidence: Laut der Metaanalyse von Cameron et al. (2010) kam es durch betreute
Körperübungen im Setting Langzeitpflegeeinrichtungen (sieben Studien) zur keiner
Reduktion von Stürzen (RR = 1, 95 % CI = 0.74–1.35). Ähnliche Ergebnisse erlangten
Sherrington et al. 2008, welche sechs Studien bei PflegeheimbewohnerInnen mit hohem
Pflegebedarf miteinander poolten (RR = 1.17, 95 % CI = 0.92–1.49).
Körperübungen, bestehend aus einer Komponente (z. B. Gehübungen, Kraftübungen,
Balancetraining), führen zu keiner Sturzreduktion (drei Studien RR = 0.66,
95 % CI = 0.37–1.21) oder Reduktion von gestürzten Personen (fünf Studien RR = 0.92,
95 % CI = 0.74-1.14). Ebenso hat die Kombination von verschiedenen Körperübungen
keinen Effekt auf die Reduktion der Stürze (vier Studien RR = 1.37, 95 % CI = 1.01–1.85)
und Anzahl der gestürzten Personen (drei Studien RR = 1.15, 95 % CI = 0.94–1.40). In
der Subgruppenanalyse mit zwei Studien konnte durch Körperübungen mit mechanischen
Hilfsmitteln (Laufband, Feedback via Computer) eine signifikante Reduktion von Stürzen
(RR = 0.45, 95 % CI = 0.24–0.85), nicht jedoch die Anzahl gestürzter Personen
(RR = 0.72, 95 % CI = 0.43–1.19) erzielt werden (Cameron et al. 2010).
Eine Studie, bei der die Intervention aus dreimal täglich für jeweils zwei Minuten auf
einem Bein zu stehen bestand, wurde in zwei Systematische Übersichtsarbeiten
Bieten Sie BewohnerInnen in Langzeitpflege einrichtungen mit einem er-
höhten Sturzrisiko Körperübungen nicht als alleinig e Maßnahme zur Reduktion
von Stürzen an. Evidenceklasse I
Körperübungen bei weniger sturzgefährdet en BewohnerInnen können
Gleichgewichtsübungen, Bewegungsübungen mit einer T ai-Chi-Komponente
oder Bewegungsübungen mit mechanischen Hilfsmitteln (Laufband, Feedback
via Computer) beinhalten. Evidenceklasse II
Gebrechliche Personen benötigen bei Gehübu ngen besondere
Aufmerksamkeit, um die in der Literatur beschrieben e Erhöhung des
Sturzrisikos zu minimieren.
33
eingeschlossen. Durch die Intervention kam es zu keiner Reduktion von gestürzten
Personen (RR = 0.9, 95 % CI = 0.65–1.23) (Cameron et. al 2010, Sawka et al. 2010)
Sherrington et al. 2008 untersuchten in ihrer Metaanalyse mit insgesamt 44 RCTs
verschiedene Aspekte von Bewegungsübungen bei älteren und alten Menschen
hinsichtlich ihrer Effektivität. Bezüglich des Settings wurde bei den Metaanalysen jedoch
nicht spezifiziert. Wirksame Effekte konnten in der Metaanalyse mit
Gleichgewichtsübungen aufgezeigt werden (25 RCTs RR = 0.76, 95 % CI = 0.62–0.93),
nicht hingegen bei den Metaanalysen zu Stretching Programmen (zwölf Studien
RR = 0.89, 95 % CI = 0.69–1.15) und Gehübungsprogrammen, bei denen es sogar zu
vermehrten Stürzen kam (27 Studien RR = 1.19, 95 % CI = 0.96–1.46). Keine Reduktion
von Stürzen konnten bei PatientInnen mit einem sehr hohen Sturzrisiko, unabhängig von
der Art der Körperübungen, erzielt werden (29 Studien RR = 1.21, 95 % CI = 0.79–1.5);
bei PatientInnen mit mehr als zwei Stürzen pro Jahr in der Anamnese kam es zu einer
Erhöhung der Sturzrate durch Körperübungen (zehn Studien RR = 1.36,
95 % CI = 1.05–1.77) (Sherrington et al. 2008).
Körperübungen mit Tai-Chi im Langzeitpflegebereich waren Fokus von vier
Systematischen Übersichtsarbeiten, wobei Cameron eine Metaanalyse aus zwei RCTs
durchführte und keinen Effekt zur Sturzreduktion aufzeigten konnte (Anzahl der Stürze
RR = 0.96, 95 % CI = 0.77–1.19, gestürzte Personen RR = 1.1, 95 % CI = 0.74–1.61).
Low et al. (2009) und Gregory & Watson (2009) inkludierten dieselben zwei RCTs, bei
denen es durch Tai-Chi im Vergleich zu anderen Körperübungen zu keiner Vermin-
derung von Stürzen kam (p = 0.27 bzw. p = 0,28). Bei gebrechlicheren älteren Menschen
kam es in einer RCT durch Tai-Chi sogar zu einer Erhöhung des Sturzrisikos (HR = 2.95,
95 % CI = 1.64–5.32). Im Gegensatz dazu kam es bei der Gruppe der weniger
Gebrechlichen zu einer signifikanten Reduktion von Stürzen (HR = 0.39,
95 % CI = 0.18–0.88) (Low et al. 2009, Gregory & Watson 2009). In der Systematischen
Übersichtsarbeit von Harling et al. (2008) wurde eine weitere RCT inkludiert, die Tai-Chi
versus Wellness Schulungsprogramm verglich. In der Tai-Chi-Gruppe kam es zu weniger
Stürzen, Signifikanz wurde jedoch nicht erreicht (RR = 0.75, 95 % CI = 0.52–1.08).
34
Sind Einzelübungen als sturzpräventive Maßnahme eff izienter als
Gruppenübungen?
Es konnten keine RCTs identifiziert werden, welche die Effektivität von Gruppenübungen
im Vergleich zu Einzelübungen untersuchen.
4.8 Umgebungsgestaltung
Wie soll die pflegetherapeutische Umgebung in Krank enhäusern und
Langzeitpflegeeinrichtungen gestaltet sein, um Stür zen vorzubeugen?
Umgebungsbedingte Risikofaktoren für Stürze in Krankenhäusern und
Langzeitpflegeeinrichtungen sind schlechtes Licht, nasse, rutschige und polierte Böden,
unebene Wege, nicht festgestellte Rollstühle oder Betten, unsicheres, unpassendes
Schuhwerk und der unsachgemäße Gebrauch von Gehhilfen (Hill et al. 2004).
Evidence: Keine RCT untersuchte als alleinige Maßnahme die Wirksamkeit der
Umgebungsmodifikation, um Stürze zu verhindern. In zwei RCTs stellten „Veränderungen
Gestalten Sie die pflegetherapeutische Umg ebung so, dass
umgebungsbedingte Risiken für Stürze minimiert werd en. Evidenceklasse III
• Stellen Sie nach Pflegetätigkeiten die Betthöhe auf das niedrigste Niveau.
Bei Verwendung von Niederflurbetten ist eine der Si tuation angemessene
Betthöhe einzustellen.
• Sorgen Sie für trockene Fußböden (Augenmerk auf übe rgeschwapptes
Waschwasser, verschüttete Getränke, Harn …).
• Stellen Sie bei nassen Böden Warntafeln auf.
• Tragen Sie dafür Sorge, dass keine Gegenstände auf dem Boden
herumliegen.
35
der pflegetherapeutischen Umgebung“ Komponenten der multifaktoriellen Intervention dar
(Healey et. al 2004, Jensen et al. 2003).
Haeley et al. (2004) haben im Rahmen eines Sturzrisikofaktoren-Präventionsprogramms
gezielte Maßnahmen gesetzt, um umgebungsbedingten und individuellen Risikofaktoren
entgegenzuwirken. Bei den umgebungsbedingten Risikofaktoren wurde darauf geachtet,
dass Böden trocken waren und keine Gegenstände herumlagen, Betten immer auf dem
niedrigsten Niveau eingestellt waren und sicheres Schuhwerk getragen wurde. Durch die
Interventionen konnten Stürze signifikant reduziert werden (RR = 0.71,
95 % CI = 0.55–0.90), nicht jedoch Verletzungen durch Stürze. Auch bei Jensen et al.
(2003) stellte die Beseitigung von Gefahrenquellen eine Komponente des multifaktoriellen
Interventionsprogramms dar, wobei eine signifikante Reduktion von Stürzen erzielt
werden konnte (OR = 0.78, 95 % CI = 0.64–0.96). Batchelor et al. (2010) identifizierten
eine RCT, bei der als sekundäres Outcome untersucht wurde, ob der tägliche 15-minütige
Aufenthalt im Freien zu weniger Stürzen führt. Stürze konnten durch diese Intervention
nicht reduziert werden (RR = 1.08, 95 % CI = 0.86–1.36).
4.9 Beseitigung externer Risikofaktoren
Welches Schuhwerk trägt bei sturzgefährdeten Person en zu einem sicheren Gang
bei?
Eine Übersichtsarbeit hat ergeben, dass 86 % der PatientInnen im Krankenhaus kein
passendes Schuhwerk tragen; die Hälfte der KrankenhauspatientInnen tragen Pantoffeln
(Hill et al. 2004).
Laut Koepsell et al. (2004) haben PatientInnen/BewohnerInnen, die Socken oder
Pantoffel ohne ordentliche Sohle tragen, ein vier Mal höheres Sturzrisiko. Das Gehen
ohne Schuhe und das Tragen von Seidenstrümpfen führte zu einem zehnmal höheren
Sturzrisiko. Die geringsten Stürze wurden durch das Tragen von Sportschuhen
verzeichnet (Koepsell et al. 2004).
Achten Sie darauf, dass PatientInnen/Bewoh nerInnen gut passende Schuhe
tragen, die ausreichend Halt geben, nicht einengen, die Ferse umschließen und
eine rutschfeste Sohle haben.
36
Evidence: Keine RCT untersuchte, welches Schuhwerk zu weniger Stürzen führt.
Welche Komponenten zeichnen eine geeignete Gehhilfe aus?
Durch inadäquate Gehhilfen kann es zu Einschränkungen in der Mobilität und zu einer
Verminderung der Lebensqualität kommen (Hill et al. 2004).
Evidence: Keine Forschungsarbeit hat den Stellenwert von Gehhilfen oder Rollstuhl als
alleinige Intervention zur Sturzprophylaxe untersucht.
In der RCT von Jensen at al. (2003), bei der die Unterstützung mit Gehhilfen bzw. das
Intakthalten der Gehhilfen in funktionstüchtigem Zustand ein Teil eines multiplen
Sturzpräventionsprogramms war, kam es zu einer signifikanten Reduktion der Stürze (OR
= 0.78, 95 % CI = 0.64–0.96).
Ist es sinnvoll, Teppichböden oder Teppiche in Kran kenhäusern/
Langzeitpflegeeinrichtungen zur Sturzprophylaxe zu verwenden?
Evidence: In zwei Systematischen Übersichtsarbeiten wurde die RCT von Donald
inkludiert, bei der es durch das Austauschen von Teppich- gegen Vinylböden in einem
Krankenhaus zu einer Steigerung der Stürze kam (RR = 14.77, 95 % CI = 1.89–115.36)
(Cameron et al. 2010, Coussement et al. 2008). Keine RCT untersuchte die Verwendung
von Teppichen im Bezug auf Stürze.
Gehhilfen müssen in funktionstüchtigem Zust and (Kontrolle des
Reifendrucks, der Bremsen …) gehalten werden und fü r die jeweilige Person
angepasst sein (z. B. Höhe). Evidenceklasse III
Teppiche können zur Stolperfalle werden un d sollten daher vermieden
werden.
MitarbeiterInnen und potenzielle BenützerI nnen von Gehhilfen sollten im
richtigen Umgang mit Gehhilfen geschult sein.
37
Beschluss Konsensuskonferenz: Da das Austauschen von Vinylböden gegen
Teppichböden keine eigenverantwortlich pflegerelevante Maßnahme darstellt, wird keine
Empfehlung für oder gegen das Austauschen von Böden gegeben.
4.10 Eingeschränkte Sehfähigkeit
Welche sturzpräventiven Maßnahmen sind bei einer ei ngeschränkten Sehfähigkeit
indiziert?
Eine eingeschränkte Sehfähigkeit ist ein interner Risikofaktor für Stürze (Hill et al. 2004).
Hierzu gehören auch Sehprobleme bei Dunkelheit und in der Dämmerung.
Seitenunterschiede in der Sehschärfe beider Augen schränken die Sehfähigkeit
besonders ein (Runge 2005).
Evidence: In Batchelor et al. (2010) wurde eine RCT eingeschlossen, welche untersuchte,
ob das Tragen von Fresnel-Linsen (sehr leichte und flache Linsen) bei PatientInnen mit
Gesichtsfeldeinschränkungen zu einer Verringerung der Sturzrate führt. Durch die
Intervention kam es zu einer Steigerung von Stürzen (RR = 1.17, 95 % CI = 0.29–4.72).
Achten Sie darauf, dass PatientInnen/Bewoh nerInnen beim Verlassen des
Bettes ihre Sehhilfen tragen und dass Sehhilfen ste ts in gereinigtem Zustand sind.
Weisen Sie PatientInnen/BewohnerInnen, die eine Verbesserung der Sehfä-
higkeit erfahren (z. B. durch geeignete Sehhilfe, K atarraktoperation), darauf hin,
besonders achtsam zu sein, da sich die Sturzgefahr in der Phase der Anpassung
an die neue Sehstärke erhöhen kann. Evidenceklasse III
38
4.11 Synkopiale Stürze oder plötzliche Stürze durch Ohnmacht
Welche Maßnahmen sind bei PatientInnen/BewohnerInne n mit der Gefahr von
synkopialen Stürzen oder plötzlichen Stürzen durch Ohnmacht indiziert?
Evidence: Es konnte keine RCT gefunden werden, die pflegerelevante Maßnahmen
untersuchte, um synkopiale Stürze vorzubeugen.
4.12 Freiheitsbeschränkungen
Ist eine Freiheitsbeschränkung eine wirksame Maßnah me zur Sturz- und
Verletzungsreduktion?
Evidence: Freiheitsbeschränkungen greifen in erheblichem Ausmaß in den persönlichen
Lebensbereich des betroffenen Menschen ein. Aus diesem Grund hat die Österreichische
Rechtsordnung Regelungen geschaffen, wonach nur unter eng umschriebenen, strengen
Voraussetzungen eine Beeinträchtigung der persönlichen Bewegungsfreiheit erfolgen
darf (nähere Informationen finden Sie unter:
(http://www.oegkv.at/fileadmin/docs/Publikationen/gepart_Freiheitsbeschraenkungen.pdf letzter Zugriff: 26.
05. 2012).
Freiheitsbeschränkungen zur Sturzprophylax e sollten nur in Einzelfällen
erwogen werden.
Fordern Sie PatientInnen/BewohnerInnen mit bekannten plötzlichen
unvorhersehbaren Stürzen (z. B. Synkopen, bestimmte neurologische
Erkrankungen) auf, bei der Mobilisation Hilfestellu ng durch das Pflegepersonal in
Anspruch zu nehmen. Instruieren Sie PatientInnen/Be wohnerInnen, sich bei
Schwindel, Schwäche oder Übelkeit beim Personal zu melden.
39
Evidence: Es konnte keine RCT gefunden werden, die belegt, dass sich
Freiheitsbeschränkungen zur Sturzprophylaxe eignen. In der Systematischen
Übersichtsarbeit von Healey et al. (2008) werden Auswirkungen des Anbringens von
Seitenteilen, auf Stürze und Verletzungen durch Stürze untersucht. Die AutorInnen
konnten keine RCT finden, welche diese Intervention als alleinige Maßnahme untersucht.
Ebenso konnten Oliver et al. (2006) in ihrer Systematischen Übersichtsarbeit keine RCT
mit dem Thema „Reduktion freiheitsbeschränkender Maßnahmen“ zur Sturzprävention
identifizieren. Die Recherche nach RCTs ergab keine weiteren relevanten Treffer.
4.13 Gehäufte/gezielte Observanz
Ist es möglich, durch gehäufte/gezielte Observanz d urch das Pflegepersonal bei
sturzgefährdeten PersonenStürze zu reduzieren?
In einer retrospektiven Analyse von Sturzprotokollen (N = 2146) wurde festgestellt, dass
knapp 80 % der PatientInnen in der Langzeitpflegeeinrichtung häufiger als einmal
stürzten. Durch die Analyse der Sturzprotokolle (z. B. durch eine Sturzdatenbank)
konnten individuelle Sturzmuster der PatientInnen (Sturzzeitpunkt, Sturzort,
Sturzursachen) erkannt werden (Hierzer 2011).
Erhöhen Sie bei PatientInnen/BewohnerInnen mit gehäuften Sturzgeschehen
die Häufigkeit der Observanz. Sind bei PatientInnen /BewohnerInnen mit
gehäuftem Sturzgeschehen zeitliche Sturzmuster zu e rkennen, sollte die
vermehrte Observanz in diesen Zeiträumen stattfinde n.
Wenn sich eine freiheitsbeschränkende Maßn ahme nicht vermeiden lässt,
sollte sie von einem Arzt/einer Ärztin oder einem/e iner damit betrauten
Angehörigen der Gesundheits- und Krankenpflege ange ordnet, dokumentiert und
regelmäßig in ihrer Angemessenheit evaluiert werden . Die Entscheidung sollte mit
Angehörigen kommuniziert werden. Weiters darf nur d as gelindeste Mittel
Anwendung finden.
40
Evidence: Es konnte keine RCT gefunden werden, welche die Intervention vermehrter
Observanz zur Sturzprävention untersuchte.
Können durch die Positionierung des Zimmers von stu rzgefährdeten
PatientInnen/BewohnerInnen nahe am Schwesternstützp unkt Stürze vermieden
werden?
Evidence: Es wurde keine RCT identifiziert, bei der die nahe Positionierung
sturzgefährdeter PatientInnen/BewohnerInnen am Schwesternstützpunkt hinsichtlich
Sturzreduktion untersucht wurde.
4.14 Aufklärung und Schulung von PatientInnen/Bewoh nerInnen und Angehörigen
Kann man durch die Aufklärung und Schulung der Pati entInnen und deren
Angehörigen Stürze vermeiden?
Evidence: Stern et al. (2009) identifizierten eine RCT, bei der es in einer Subgruppe (N =
226), durch Schulung ausgewählter PatientInnen im Krankenhaus zu einer signifikanten
Reduktion der Sturzinzidenz im Vergleich zur Kontrollgruppe kam (p = 0.007). Die
Schulung fand durch ErgotherapeutInnen zweimal wöchentlich statt und hatte zur
Intervention, PatientInnen für jeweils 15 bis 30 Minuten über das Thema Sturz,
Sturzgefährdete PatientInnen/BewohnerInnen sowie deren Angehörige
sollten über das Bestehen eines erhöhten Sturzrisik os aufgeklärt werden und
Informationen über Sturzrisiken und Präventionsstra tegien erhalten.
Evidenceklasse III
Wählen Sie für PatientInnen/BewohnerInne n, die gehäuft stürzen, ein
Zimmer nahe dem Schwesternstützpunkt, um die Prakti kabilität der gesteigerten
Observanz zu erhöhen und im Falle eines Sturzereign isses rasch Hilfestellung
leisten zu können.
41
Sturzrisiken und Präventionsstrategien zu informieren. Zusätzlich erhielten die
PatientInnen eine Informationsbroschüre zum Thema Sturz.
Trägt eine PatientInneninformationsbroschüre zum Th ema Sturz zur Sturzreduktion
bei?
Evidence: PatientInneninformationsbroschüren wurden in einer RCT als Teil eines
umfassenden Programms angeboten. Die von Stern et al. (2009) identifizierte Studie
wurde bei der Frage nach der Wirksamkeit von PatientInnenaufklärung und Schulung
(S. 40/41) beschrieben.
Werden durch das Miteinbeziehen von Angehörigen, Be kannten und freiwilligen
HelferInnen Stürze verhindert?
Evidence: Es wurde keine RCT gefunden, die das Miteinbeziehen von Angehörigen,
Bekannten und freiwilligen Helfern als Intervention oder Teilintervention zur
Sturzprävention untersuchte.
4.15 MitarbeiterInnenschulung
Kann eine MitarbeiterInnenschulung zum Thema Sturzp rävention das Wissen in
Bezug auf Stürze erweitern und Stürze reduzieren?
Um Stürze zu reduzieren, sind knappe Schulu ngsprogramme für einzelne
MitarbeiterInnen keine effektive Ma ßnahme. Evidenceklasse II
Machen Sie Besucher und Angehörige von Pat ientInnen/BewohnerInnen auf
eine bestehende erhöhte Sturzgefahr aufmerksam und weisen Sie darauf hin, bei
Bedarf (z. B. Mobilisation, Transfer, Gehübungen) H ilfe zu holen.
Bieten Sie Ihren PatientInnen/BewohnerIn nen und deren Angehörigen In-
formationen in schriftlicher Form zum Thema Sturz an. Evidenceklasse III
42
Evidence: Cameron et al. (2010) inkludierten in ihrer Systematischen Übersichtsarbeit
zwei RCTs, die sich mit der Schulung von MitarbeiterInnen zur Sturzprävention
auseinandersetzten. In einer dieser RCTs wurde eine Pflegeperson je Abteilung für acht
Stunden über Sturzprävention geschult, was zu keiner Reduktion von Stürzen führten
(RR = 1.17, 95 % CI = 0.86–1.58). Bei der zweiten RCT konnte ebenfalls keine
signifikante Reduktion von Stürzen durch eine halbtägige Schulung der Pflegepersonen,
Pflegehelfer und Stationsleitungen erzielt werden (IRR = 0.94, 95 % CI = 0.71–1.26).
Meyer & Köpke (2010) identifizierten eine weitere Studie, die eine Schulung der
MitarbeiterInnen in Pflegeheimen untersuchte. Durch das zweitägige
Schulungsprogramm für das Personal kam es nach 18 Monaten Follow-up zu keiner
Reduktion von Stürzen (RR = 0.98, 95 % CI = 0.83–1.16).
Bouwen, Lepeleire & Buntinx (2008) untersuchten, ob MitarbeiterInnenschulungen Stürze
bei PflegeheimbewohnerInnen reduzieren. Durch die Interventionen, Schulungen über
Sturzrisikofaktoren und möglichen umgebungs- sowie verhaltensbedingten
Modifikationen, Erinnerungshilfen und Analysen der Sturzgeschehen kam es zu einer
signifikanten Reduktion von Stürzen (OR = 0.46, 95 % CI = 0.26–0.79).
Koh et al. (2009) berichteten in ihrer RCT von der Implementierung einer Leitlinie durch
eine aktive Strategie. Diese Strategie bestand aus einer Arbeitsgruppe „Sturzprophylaxe“,
Verantwortlichen auf den jeweiligen Abteilungen, Erinnerungshilfen (z. B. Poster zur
Sturzrisikoerhebung auf Stützpunkt) und der Darstellung der aktuellen Sturzinzidenz in
Form eines Posters am Stützpunkt. In dem Kontrollkrankenhaus wurde die Leitlinie zwar
verbreitet, nicht jedoch strukturiert implementiert. Sechs Monate nach der
Implementierung kam es in der Interventionsgruppe zu einer signifikanten Verbesserung
der Wissensscores im Vergleich zur Kontrollgruppe (p = 0.001). Stürze konnten in der
Interventionsgruppe zwar reduziert werden (von 1.4 auf 1.1 Stürze pro 1000
PatientInnentage), jedoch konnte keine statistische Signifikanz erreicht werden.
Sensibilisieren Sie MitarbeiterInnen für d ie Thematik Sturz z. B. durch
Darlegen von Sturzhäufigkeiten Ihrer Abteilung oder Erinnerungshilfen wie Poster
zu Sturzrisikofaktoren am Stützpunkt. Machen Sie St urz zu einem Thema auf Ihrer
Abteilung und beziehen Sie alle MitarbeiterInnen ak tiv in die Entwicklung und die
Umsetzung von Sturzpräventionsprogrammen mit ein. Evidenceklasse III
43
4.16 Medikamentenreview durch MedizinerInnen
Kann ein Medikamentenreview durch MedizinerInnen da zu beitragen, Stürze in
Krankenhäusern und Langzeitpflegeeinrichtungen zu r eduzieren?
Die Einnahme von Medikamenten, insbesondere von psychoaktiven, stellt ein Risiko für
Stürze dar (Hegeman et al. 2009, Sterke et al. 2008). Eine deutsche Untersuchung in 30
Pflegeheimen ergab, dass über 50 % der HeimbewohnerInnen mindestens ein
psychotrop wirkendes Medikament einnehmen (Meyer et al. 2009).
Evidence: Cameron et al. (2010) inkludierten in ihrer Übersichtsarbeit zwei RCTs, welche
die Wirksamkeit eines Medikamentenreviews durch MedizinerInnen/Phar-mazeutInnen in
Langzeitpflegeeinrichtungen untersuchten. Die Anzahl der Stürze konnte durch die
Intervention signifikant reduziert werden (eine Studie: RR = 0.62, 95 % CI = 0.53–0.72),
nicht jedoch die Anzahl der gestürzten Personen (Metaanalyse aus zwei Studien: RR =
0.90, 95 % CI = 0.62–1.32).
4.17 Sturz- und verletzungspräventive Hilfsmittel
Sind Stoppersocken eine geeignete Maßnahme, um Stür zen vorzubeugen?
Evidence: Es konnte keine RCT identifiziert werden, die Stoppersocken zur
Sturzreduktion untersuchte.
Bieten Sie PatientInnen/BewohnerInnen, d ie nachts häufig aufstehen (zum
Beispiel, um die Toilette aufzusuchen) und denen da s Anziehen von Schuhen
Probleme bereitet, Socken mit einer rutschfesten So hle bzw. eingearbeiteten Nop-
pen für die Nacht an.
Bei sturzgefährdeten PatientInnen/Bewohner Innen, die regelmäßig
Medikamente erhalten, sollte die vorgeschriebene Me dikation von MedizinerInnen
regelmäßig auf deren Notwendigkeit und Dosierung hi n überprüft und
gegebenenfalls angepasst werden. Evidenceklasse III
44
Können durch Betten-, Sessel-, Mattenalarme Stürze reduziert werden?
Evidence: Cameron et al. (2010), Coussement et al. (2008) und Currie (2008) inkludierten
in ihren Übersichtsarbeiten jeweils eine Studie, bei der die Wirksamkeit eines
Bettenalarmsystems zur Reduktion von Stürzen untersucht wurde. Durch den
Bettenalarm, der bei Verlassen des Bettes aktiviert wurde, reduzierte sich die Anzahl der
Stürze um 68 % im Vergleich zur Kontrollgruppe, was jedoch nicht statistisch signifikant
war (OR = 0.32, 95 % CI = 0.1–1.03).
Currie (2008) inkludierte eine weitere RCT, bei der Betten- und Sesselalarmsysteme zur
Reduktion von Freiheitsbeschränkungen und sekundär zur Reduktion von Stürzen
untersucht wurden. Durch die Intervention konnten keine signifikanten Unterschiede
zwischen den Gruppen erzielt werden (keine Angaben zu Effektmaßen verfügbar).
Sind Hüftprotektoren eine effektive und effiziente Maßnahme, um hüftgelenksnahe
Frakturen zu vermeiden?
Evidence: Systematische Übersichtsarbeiten, welche bei Meyer & Köpke (2010) sowie in
der ersten Version dieser Leitlinie (Schoberer et al. 2010) inkludiert wurden, deuteten
darauf hin, dass es durch das Tragen von Hüftprotektoren zu einer signifikanten
Reduktion von hüftgelenksnahen Frakturen kommt. Beim aktuellen Cochrane Review
kamen Gillepsie, Gillepsie & Parker (2010) zu dem Ergebnis, dass das Risiko für
Bieten Sie PatientInnen/BewohnerInnen, b ei denen Stürzen nicht wirksam
vorgebeugt werden kann, das Tragen von Hüftprotekto ren an, um
hüftgelenksnahe Frakturen zu vermeiden. Evidenceklasse II
Betten-, Sessel- und Mattenalarme sollten nur gezielt Anwendung finden. Die
Anwendung bezweckt, dass Pflegepersonen sturzgefähr deten bzw. gestürzten
Menschen bei Bedarf rasch Hilfestellung leisten kön nen.
Betten-, Sessel- und Mattenalarme sind kei ne effektiven Maßnahmen, um
Stürzen vorzubeugen. Evidenceklasse III
45
hüftgelenksnahe Frakturen zwar signifikant reduziert werden kann (RR = 0.81, 95 % CI =
0.66–0.99), beim Poolen der Studien mit verdeckter Zuteilung der TeilnehmerInnen
Signifikanz jedoch nicht mehr erreicht wird (acht Studien RR = 0.93, 95 % CI = 0.74–
1.18). Sawka et al. (2010) inkludierten in ihrer Metaanalyse fünf RCTs, wobei sich ein
signifikanter Effekt für das Tragen von Hüftprotektoren ergab (OR = 0.4, 95 % CI = 0.27–
0.56).
Bei zwölf Studien der Übersichtsarbeit von Gillepsie, Gillepsie & Parker (2010) wurden
ökonomische Evaluationen vorgenommen. Im Großteil der Studien kamen die AutorInnen
zu dem Ergebnis, dass das Anbieten von Hüftprotektoren Kosten reduzieren kann. Bei
den Kostenberechungsmodellen wurden jedoch Effektmaße herangezogen, welche die
Wirksamkeit von Hüftprotektoren zur Reduktion von hüftgelenksnahen Frakturen belegen.
Wie kann die Akzeptanz bei PatientInnen/BewohnerInn en zum Tragen von
Hüftprotektoren erhöht werden?
Die Akzeptanz zum Tragen von Hüftprotektoren wird in einigen Studien als gering
bezeichnet und lag, bei den inkludierten Primärstudien von Gillepsie, Gillepsie & Parker
(2010), zwischen 24 und 79 %. Als unerwünschte Wirkungen, welche die Akzeptanz
beeinflussen, wurden leichte Hautirritationen, leichte Abschürfungen, Schmerzen und
Unbehagen geäußert. Weiters klagten PatientInnen über eine erhöhte Abhängigkeit beim
Toilettengang und Probleme beim selbstständigen An- und Auskleiden (Gillepsie,
Gillepsie & Parker 2010).
Evidence: Bentzen et al. (2008) untersuchten in ihrer RCT die Akzeptanz zum Tragen von
Weichschalenprotektoren gegenüber Hartschalenprotektoren. Es konnte kein signifikanter
Unterschied bei der Akzeptanz der unterschiedlichen Protektoren festgestellt werden
Schulen Sie PatientInnen/BewohnerInnen und deren Angehörige im Tragen
von Hüftprotektoren und bieten Sie Informationsmate rial über Hüftprotektoren
an. Passen Sie Hüftprotektoren individuell an die j eweiligen
PatientInnen/BewohnerInnen an bzw. lassen Sie Prote ktoren von geschultem
Personal anpassen. Berücksichtigen Sie hierbei indi viduelle Wünsche der
PatientInnen/BewohnerInnen in Bezug auf Größe und A usführung der
Protektoren. Evidenceklasse II
46
(47 % versus 45 %). Elf Prozent der BewohnerInnen, die Weichschalenprotektoren
trugen, stoppten die Intervention nach einem Monat, im Vergleich zu 16% der
BewohnerInnen mit Hartschalenprotektoren (p = 0.084). Es gab keine signifikanten
Unterschiede bei den Begründungen für das Beenden des Hüftprotektortragens zwischen
den Gruppen. Signifikant mehr BewohnerInnen mit Weichschalenprotektoren trugen
diese über 24 Stunden am Tag im Vergleich zu den BewohnerInnen mit
Hartschalenprotektoren.
Cameron et al. (2011) untersuchten drei verschiedene Interventionen in Bezug auf die
Akzeptanz des Tragens von Hüftprotektoren. Die Interventionsgruppe I erhielt das
Angebot von drei Paar Hartschalenprotektoren, die vorab angepasst wurden, eine kurze
Schulung zur Handhabung und eine Informationsbroschüre zu deren Anwendung. Die
Interventionsgruppe II erhielt das Angebot von drei Hartschalen- oder drei
Weichschalenprotektoren (je nach Wunsch), Schulungseinheiten zur Förderung der
Akzeptanz durch geschultes Pflegepersonal und Informationsmaterial in Form einer
Broschüre und Videos. Die Kontrollgruppe erhielt eine Broschüre zu Hüftprotektoren mit
einer Kontaktnummer eines Anbieters von Hüftprotektoren. Nach drei Monaten Follow-up
trugen signifikant mehr BewohnerInnen in den Interventionsgruppen Hüftprotektoren im
Vergleich zur Kontrollgruppe (Kontrollgruppe 0 %, Interventionsgruppe I 40 %,
Interventionsgruppe II 39 %; p < 0.001); die Unterschiede zwischen den
Interventionsgruppen waren nicht signifikant (p > 0.5). Nach sechs-monatigem Follow-up
war die Akzeptanz in den jeweiligen Gruppen ähnlich hoch (Kontrollgruppe 0 %,
Interventionsgruppe I 42 %, Interventionsgruppe II 40 %).
4.18 Sturzprävention und Lebensqualität
Wie können sturzpräventive Maßnahmen dazu beitragen , die Lebensqualität von
älteren und alten Menschen zu verbessern?
Informieren Sie PatientInnen/BewohnerInnen umfassend über Sturzrisikofak-
toren und sturzpräventive Maßnahmen und planen Sie die Sturzprophylaxe ge-
meinsam mit PatientInnen/BewohnerInnen. Sichern Sie PatientIn-
nen/BewohnerInnen zu, bei Fragen Kontakt mit dem Kr ankenhaus- bzw. Langzeit-
pflegeeinrichtungspersonal aufnehmen zu können. Evidenceklasse II
47
Evidence: Vappio et al. (2008) untersuchten in ihrer Übersichtsarbeit die Auswirkungen
von Sturzpräventionsmaßnahmen auf die Lebensqualität. Zwei RCTs konnten gefunden
werden, die in Krankenhäusern durchgeführt wurden und das Outcome Lebensqualität
als sekundäres Outcome untersuchten. Durch ein informationsorientiertes
Entlassungsmanagement bei PatientInnen nach Hüftfrakturen, welches aus der Planung
der Entlassung, Informationen zum Thema Sturz, dem Aushändigen von
Informationsmaterial zum Thema Sturz und der Zusicherung, jederzeit Kontakt nach der
Entlassung aufnehmen zu können bestand, konnte die Lebensqualität der PatientInnen
signifikant erhöht werden (signifikant höhere Scores bei 6 von 8 Subskalen des Short
Form 36). Wiederholte Stürze konnten jedoch nicht signifikant reduziert werden.
In einer weiteren RCT konnte durch ein Balancetraining mit der Physiotherapie und
konventionellen Bewegungsübungen (Gehen mit Stützkrücken, Stiegen steigen,
allgemeine Schulung zur Bettmobilität und zum Transfer) im Vergleich zu konventionellen
Bewegungsübungen alleinkeine signifikante Sturzreduktion sowie Verbesserung der
Lebensqualität (gemessen mit visueller Analogskala und EuroQuol) erzielt werden.
4.19 Analyse des Sturzgeschehens
Trägt eine Analyse des Sturzgeschehens dazu bei, we itere Stürze zu vermeiden?
Evidence: Es konnte keine Studie identifiziert werden, welche die Analyse des
Sturzgeschehens als alleinige Intervention untersuchte. Sawka et al. (2010) untersuchten
die Effektivität von multifaktoriellen Interventionen, um hüftgelenksnahe Frakturen durch
Stürze zu reduzieren. Eine RCT der Systematischen Übersichtsarbeit beinhaltete als
Teilkomponente der multifaktoriellen Intervention Problemlösungskonferenzen nach
Sturzgeschehnissen im multidisziplinären Team. Durch die multifaktorielle Intervention
kam es zu einer signifikanten Reduktion von hüftgelenksnahen Frakturen durch Stürze
(RR = 0.23, 95 % CI = 0.06–0.94). Ebenso als Teilkomponente wurden
Problemlösungskonferenzen nach Sturzgeschehen untersucht (Jensen et al. 2003).
Veranlassen Sie nach Sturzgeschehen Bespre chungen im multidisziplinären
Team, um die Sturzursache zu analysieren und sturzp räventive Maßnahmen zu
planen bzw. zu adaptieren. Evidenceklasse III
48
Durch die gesamten multifaktoriellen Interventionen kam es zu einer signifikanten
Reduktion von Stürzen (OR = 0.78, 95 % CI = 0.64–0.96).
49
5 Verfügbarkeit der Leitlinie
Die Leitlinie, Hilfsmittel zur Anwendung (Algorithmen in Form von Postern, Glossar zu
verwendetem Fachvokabular) sowie das Methodenpapier sind in elektronischer Form auf
der EBN Homepage unter http://www.ebn.at/cms/beitrag/10218156/5081774 kostenfrei verfügbar.
Aufgrund des separaten Methodendokuments wurde auf eine Kurzform der Leitlinie
verzichtet.
6 Implementierung der Leitlinie
Die erste Version der Leitlinie wurde passiv (durch Informationsveranstaltungen und
Bestätigung der Durchsicht durch Signatur) am gesamten LKH-Univ. Klinikum
implementiert. Da Schulungsmethoden und aktive Implementierungsansätze einen
größeren Effekt als passive Strategien der Informationsverbreitung haben (Sachs 2006),
wurde die erste Version der Leitlinie zusätzlich auf zwei Pilotkliniken (Neurologie und
Nephrologie) unter Prozessbegleitung mit dem „3-Phasen-Modell nach Lewin“ (Martin
2007) und auf zwei weiteren Kliniken (Augenklinik und Unfallklinik) im Rahmen einer
Studie zur Aktionsforschung implementiert. An den Pilotkliniken war die Partizipation aller
MitarbeiterInnen zentral. Die Veränderungen durch die Implementierung wurden mittels
qualitativen Interviews vor und nach der Implementierung gemessen. Durch die aktive
Implementierung konnte erreicht werden, dass pflegerische Maßnahmen gezielter und
leitlinienkonform eingesetzt werden und sich die interdisziplinäre Zusammenarbeit
verbessert (Schrempf 2011, Schoberer 2011). Weiters ergab sich auf einer Abteilung, ein
Jahr nach Abschluss des Projektes, eine Reduktion der Stürze (von 70 Stürzen auf 52 bei
selber Bettenauslastung). Ergebnisse der Implementierung waren ferner, dass
standardisierte Arbeitsabläufe den individuellen pflegerischen Einzelfallentscheidungen
vorgezogen und Empfehlungen der Leitlinie als verpflichtend anzuwendende Richtlinien
verstanden wurden (Schrempf 2011). Um die effektive und korrekte Implementierung von
Leitlinien gewährleisten zu können, sind Grundkenntnisse zur Leitlinienanwendung
erforderlich. Fehlende Kenntnisse zur Leitlinienanwendung können eine Barriere für die
Anwendung darstellen.
An den Kliniken, die im Rahmen der Studie zur Aktionsforschung die Leitlinie
implementierten, ergaben sich besondere Herausforderungen durch den
unterschiedlichen Wissensstand der MitarbeiterInnen und unterschiedliche Motivationen
und Engagements. Als förderliche Faktoren für die Implementierung wurden genannt:
Begriffe im Vorfeld zu klären, den Arbeitsaufwand klar für alle MitarbeiterInnen
50
darzulegen, Anregungen der MitarbeiterInnen ernst zu nehmen und zu diskutieren und
die PraktikerInnen vor Ort laufend durch ExpertInnen der Kleingruppen zu unterstützen
(Granitz 2011). In der Abbildung 7 sind förderliche und hemmende Faktoren für die
Leitlinienimplementierung dargelegt.
Abbildung 7: Förderliche und hemmende Faktoren der Leitlinienimplementierung
In der Empfehlung „MitarbeiterInnenschulung“ (S. 41–42) werden weiters förderliche
Faktoren zu Implementierung von Wissen/Leitlinien erläutert. Die verfügbaren Hilfsmittel
(Algorithmen, Auditkriterien, Glossar) sollen dazu beitragen die Anwendbarkeit für
PraktikerInnen zu erleichtern und die Implementierung zu fördern.
7 Ressourcen für Implementierung
Bei der Graduierung der Leitlinienempfehlungen wurden erforderliche Kosten und
Ressourcen berücksichtigt. Die Beseitigung von externen Risikofaktoren, wie fehlende
Haltegriffe oder mangelnde Beleuchtung, kann dabei nicht als zusätzliche Ressource
bezeichnet werden, da in Gesundheitseinrichtungen aufgrund gesetzlicher Vorgaben (z.
B. Steiermärkische Pflegeheimverordnung 2004) gewisse Risikofaktoren nicht gegeben
sein dürfen.
Die Optimierung von Pflegemaßnahmen (z. B. erhöhte Observanz nur in bestimmten
Zeitintervallen) können Veränderungen der üblichen Organisation in der Einrichtung
notwendig machen (z. B. mehr Personaleinsatz während der Nacht). Weiters kann die
Vermittlung von Grundkenntnissen zur Leitlinienanwendung zeitlich Ressourcen des
Pflegepersonals erfordern.
8 Evaluierung des Leitlinieneinsatzes
Die nachfolgenden Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualitätskriterien (vgl. Donabedian
1982), basierend auf den Empfehlungen dieser Leitlinie, dienen zur Unterstützung bei der
Förderliche Faktoren
�Partizipation aller MitarbeiterInnen�Arbeitsaufwand klar darlegen�Begriffe klären �Anregungen der MitarbeiterInnen ernst nehmen�ExpertInnen als Unterstützung für die Praxis �Erinnerungshilfen (Poster, Algorithmen für alle ersichtlich)�Rückmeldung geben (z.B. Sturzinzidenz)
Hemmende Faktoren
�Fehlende Kenntnisse zur Leitlinien-
/Empfehlungsanwendung (Was ist eine Leitlinie,
Richtlinie? Wie verbindlich sind Empfehlungen?)
�Fehlende Motivation der MitarbeiterInnen
�Unterschiedlicher Wissensstand der
MitarbeiterInnen
Förderliche Faktoren
�Partizipation aller MitarbeiterInnen�Arbeitsaufwand klar darlegen�Begriffe klären �Anregungen der MitarbeiterInnen ernst nehmen�ExpertInnen als Unterstützung für die Praxis �Erinnerungshilfen (Poster, Algorithmen für alle ersichtlich)�Rückmeldung geben (z.B. Sturzinzidenz)
Hemmende Faktoren
�Fehlende Kenntnisse zur Leitlinien-
/Empfehlungsanwendung (Was ist eine Leitlinie,
Richtlinie? Wie verbindlich sind Empfehlungen?)
�Fehlende Motivation der MitarbeiterInnen
�Unterschiedlicher Wissensstand der
MitarbeiterInnen
51
Umsetzung und Evaluation der Leitlinie. Die Messmethoden sind lediglich Beispiele zur
Messung der Qualitätskriterien.
Tabelle 9: Messmethoden zur Evaluierung des Leitlinieneinsatzes
Strukturqualität Beispiele zur Messung der Qualität
• Bereitschaft des interdisziplinären Teams zur Beteiligung an der Sturzprävention ist gegeben
• Vorgehen zur Erhebung des Sturzrisikos und Sturzangst von Pati-entInnen/BewohnerInnen ist geregelt (Beobachtung, Befragung, Anamnese)
• Hilfsmittel zur Sturzprävention und Prävention sturzbedingter Ver-letzungen sind vorhanden (Gehhilfen, Hüftprotektoren, Stopper-socken u. a.)
• Stationsinterne Gehhilfen sowie mitgebrachte Gehhilfen der Pati-entInnen/BewohnerInnen sind in funktionstüchtigem Zustand
• Handlungen nach Sturzgeschehen sind geregelt
• Sturzhäufigkeiten der Abteilung liegen MitarbeiterInnen zur Ein-sicht auf
Schriftliche Vereinbarung
Schriftliche Anforderungen gemäß Empfehlungen der Leitlinie
Anzahl an Hilfsmitteln
Wöchentliche Überprüfung aller Gehhilfen
Sturzanalyseprotokoll
Sturzauswertungen auf Station
Prozessqualität • Alle MitarbeiterInnen sind aktiv an der Entwicklung und Umset-
zung von Sturzpräventionsprogrammen beteiligt
• Sturzursachen (externe und interne) auf der eigenen Abteilung sind identifiziert
• Risikofaktoren für Stürze und Sturzangst sind bei PatientInnen/Be-wohnerInnen erhoben
• Maßnahmen gemäß individueller Risikofaktoren bzw. zur Redukti-on von Sturzangst sind geplant und werden durchgeführt
• Sturzgefährdete PatientInnen/BewohnerInnen und Angehörige sind über das erhöhte Sturzrisiko aufgeklärt und über Sturzrisiken sowie Präventionsmaßnahmen informiert
• Hilfsmittel zur Sturz- und sturzbedingten Verletzungsprävention sind gezielt eingesetzt
• Nach einem Sturzgeschehen sind Stürze im multidisziplinären Team analysiert und sturzpräventive Maßnahmen geplant bzw. adaptiert
• MitarbeiterInnen wissen über Stürze (Häufigkeiten, Umstände) auf Ihrer Abteilung Bescheid
Wöchentliche Teamsitzungen „Sturz“
Poster Sturzrisikofaktoren
Durchsicht Anamnese (Stichproben)
Durchsicht Pflegeplanung (Stich-proben)
Protokoll Sturzanalyse
Gespräch mit MitarbeiterInnen
Ergebnisqualität • Sturzgefährdete Personen werden als solche erkannt • Anzahl der Stürze ist gesenkt
• Anzahl der gestürzten Personen ist gesenkt
• Sturzangst der PatientInnen/BewohnerInnen ist gesenkt
• Sturzbedingte Verletzungen sind reduziert
• Sturzbezogene Lebensqualität ist bei Sturzgefährdeten verbessert
Übereinstimmung Anamnese mit Pflegediagnose „Sturz“
jährliche Auswertung der Sturzdaten
Gespräch mit PatientInnen durch stationsfremde Person
Auswertung der Sturzanalysen
Short Form 36, VAS
52
9 Fortschreibung
Die Gültigkeitsdauer der Leitlinie beträgt fünf Jahre. Ab August 2017 liegt die Leitlinie in
aktualisierter Form vor. Im Falle, dass vor der nächsten geplanten Fortschreibung
Änderungen aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse vorgenommen werden
müssen, wird dies auf der EBN Homepage angekündigt.
10 Danksagung
An der Erstellung und Realisierung dieser Leitlinie haben viele Menschen mitgewirkt,
denen wir an dieser Stelle recht herzlich danken möchten.
Allen voran gilt unser Dank unserer Pflegedirektorin Christa Tax, MSc. Sie hat die
Entwicklung dieser Leitlinie immer positiv unterstützt und die erforderlichen zeitlichen
Ressourcen zur Erstellung der Leitlinie zur Verfügung gestellt.
Weiters möchten wir uns bei allen Beteiligten der Konsensuskonferenzen bedanken,
insbesondere bei den MitarbeiterInnen der Geriatrischen Gesundheitszentren der Stadt
Graz, die ihre Expertise bei der Empfehlungsformulierung und -graduierung einbracht und
somit einen wertvollen Beitrag zur Umsetzbarkeit der Empfehlungen geleistet haben.
Auch bei den externen BegutachterInnen möchten wir uns herzlich bedanken, denn ihre
konstruktiven Kritiken haben wesentlich dazu beigetragen, dass die Leitlinie verständlich
und praxisnah für die AnwenderInnen gestaltet wurde.
53
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