Post on 05-Apr-2015
Didaktik der Algebra und Funktionenlehre 2
Prof. Dr. Kristina ReissLehrstuhl für Didaktik der Mathematik
Universität Augsburg
Wintersemester 2004/05
Variablen, Terme und Termumformungen
Mathebaum 2, Schroedel 1999
Mathebaum 3, Schroedel 2000
• Intuitiver Gebrauch der Sprache,
• Reflexion,
• Erkundung und Aneignung,
• Nutzung der Sprache,
• Erweiterung der Sprache,
• Neue Sprachen.
Das Erlernen der Formelsprache gliedert sich nach Vollrath (2003) in sechs Phasen:
Intuitiver Gebrauch der Sprache
Einfache Anwendungen der Formelsprache,
eher keine Reflexion, eher keine Regeln,Platzhalteraufgaben,konkret-anschauliches Vorgehen,Betonung inhaltlicher Aspekte,eher kein Umformungskalkül.
Aufgabe:
Ein Bauer hat Hühner und Pferde. Zusammen haben sie 42 Beine und 16 Köpfe.
Finden Sie viele verschiedene Lösungswege!
Reflexion
Einführung der Bezeichnungen Variable und Term,
Diskussion von Sinn und Nutzen,Betrachtung von Variablen als unbekannte
Zahlen („Gegenstandsaspekt“),Betrachtung von Variablen als Platzhalter
(„Einsetzungsaspekt“),Betrachtung von Variablen als
Rechenobjekte (Kalkülaspekt).
Neues Mathematisches Arbeitsbuch 8, Diesterweg 1993
Terme
werden als Rechenausdrücke definiert. Zahlen und Variablen sind Terme und die Verknüpfung von Variablen und/oder Zahlen ebenfalls. Je nach Formalisierung kann hier der rekursive Charakter herausgestellt werden.
Mathematik 8, Hahn/Dzewas 1990
Wie bekommt man Terme?
E. Habler et al. (2003). Mathematik für Realschulen 8. Frankfurt: Diesterweg.
Wie bekommt man Terme?
E. Habler et al. (2003). Mathematik für Realschulen 8. Frankfurt: Diesterweg.
Formeln und Terme sind sinnvoll:
• allgemeingültige Beschreibung von inner- und außermathematischen Prozessen;
• Möglichkeit, eine Situation zu explorieren und allgemeine Einsichten zu bekommen;
• abstrakte Problemlösung ist planbar und Probleme können allgemein gelöst werden;
• allgemeingültige Argumentationen (Beweise) sind möglich;
• über Wissen kann auf abstrakter Ebene kommuniziert werden.
Eine große Rolle beim Umgang mit Termen
spielt die Erkennung von Termstrukturen. Die
Schülerinnen und Schüler müssen lernen,
Terme zu analysieren und übersichtlich
darzustellen.
Das Erkennen von Termstrukturen ist die
Voraussetzung für die Anwendung von Regeln
zur Termumformung.
Termstrukturen können z.B. anhand von
Diagrammen verdeutlicht werden.
E. Habler et al. (2003). Mathematik für Realschulen 8. Frankfurt: Diesterweg.
Aufgabenbeispiele aus Malle (1993):
Gleichheit von Termen
Der nächste Schritt auf dem Weg zu Termumformungen ist das Erkennen der Gleichheit von Termen. Die Gleichheit ist dabei als „Einsetzungsgleichheit“ zu verstehen. In manchen Büchern wird auch der Begriff „Äquivalenz“ verwendet.Die Frage der Gleichheit von Termen tritt auf, wenn zur Lösung einer Aufgabe verschiedene Terme aufgestellt werden können:
Mathematik 8, Hahn/Dzewas 1990
E. Habler et al. (2003). Mathematik für Realschulen 8. Frankfurt: Diesterweg.
Termumformungen
Zwei Terme sind gleich sind, wenn sie durch Termumformungen ineinander überführbar sind.
Gleiche Terme sind in der Regel nicht identisch. Es bietet sich der Begriff Äquivalenz an.
Erkundung und Aneignung
Ordnen, Zusammenfassen, Auflösen von Klammern, Faktorisieren
1. Schritt: Ordnen
Summen: Es üblich in einem Term gleiche
Summanden möglichst in alphabetischer
Reihenfolge hintereinander zu schreiben, z.B.
x+y+x·y+y+x·y+x+y = x+x+x·y+x·y+y+y+y.
(Kommutativität der Addition)
Aufgrund der Assoziativität brauchen keine
Klammern gesetzt zu werden.
2. Schritt: Zusammenfassen
In Summen können gleichartige Summanden
zusammengefasst werden:
a+a+a+b+b = 3a+2b oder 2ab+3ab+2b+4b =
5ab+6b.
Begründet werden kann dies mit dem
Distributivgesetz:
2ab+3ab = (2+3)ab = 5ab.
Analog betrachtet man das Zusammenfassen bei
Differenzen. Dabei spielen die Rechenregeln mit
negativen Zahlen eine Rolle.
3. Schritt: Auflösen/Ausmultiplizieren von KlammernBeim Auflösen von Klammern geht es um das Subtrahieren eines Klammerausdruckes, d.h. um das Minus-Zeichen vor der Klammer.Es stellt sich die Frage, ob dies konsistent mit dem Ausmultiplizieren von Klammern über das Distributivgesetz eingeführt wird, oder ob man eine eigene Regel dafür angibt.Im ersten Fall ist der auftretende Doppelcharakter des Minus-Zeichens eine Quelle von Schwierigkeiten.
E. Habler et al. (2003). Mathematik für Realschulen 8. Frankfurt: Diesterweg.
Mathematik 8, Hahn/Dzewas, Westermann 1990
In den meisten Schulbüchern wird das Auflösen von Klammern auf die Regel des Vorzeichenwechsels zurückgeführt.
Malle (1993) schlägt vor, diese Regel nicht nur in Worten sondern auch formal anzugeben:A -(B +C) = A -B -C bzw. A -(B -C) = A -B +C.
Welche Vorteile sind damit verbunden? Welche Nachteile sind damit verbunden?
Das Ausmultiplizieren von Klammern wird
auf das Distributivgesetz zurückgeführt:
4·(3x +4y) = 4·3x + 4·4y=12x +16y
oder in einer allgemeineren Form:
3·(2x-5y+z) = 3·2x +3·(-5y) +3·z
=6x + (-15)y +3z = 6x -15y +3z.
In diesen Bereich gehören auch Aufgaben
der Art:
x·(3x +4x2) = 3x2 + 4x2.
Neues Mathematisches Arbeitsbuch 8, Diesterweg 1993
Weitere Schritte
• Kombination des Auflösens und
Ausmultiplizierens• Multiplikation von Klammern• Faktorisieren
Spezialfall: Binomische Formeln
Die binomischen Formel sind von großer Bedeutung u.a.beim „geschickten“ Vereinfachen von Termen. Die Schülerinnen und Schüler sollten sich diese Formeln deshalb einprägen.
Vollrath (1994) schlägt vor, die binomischen Formeln wegen der besonderen Bedeutung als Satz zu formulieren, dessen Beweis unmittelbar aus dem Ausmultiplizieren der Klammern folgt.
Neues Mathematisches Arbeitsbuch 8, Diesterweg 1993
Für ein sinnvolles Üben und der Vorbeugung von Schülerfehlern, spielt die Stufung der Übungsaufgaben eine zentrale Rolle.Typische Fehler, die immer wieder auftreten sind z.B.
Fehler beim Auflösen von Klammern, z.B. x-(2y+x)=x-2y+x ;Verwechseln von Termen, z.B. 2x statt x2 ;Kürzen aus Summen;...
Malle (1993) unterscheidet in drei Fehlerkategorien:
• Fehler bei der Informationsaufnahme und Informationsverarbeitung, z.B. 3 + a statt 3a;
• Fehler beim Regelaufruf oder der Regelanwendung, z.B. a 2 + b 2 = (a-b)(a+b);
• Fehler bei der Durchführung, z. B. Flüchtigkeitsfehler wie Vorzeichenfehler.
Vollrath (1994) ordnet die Tätigkeiten beim Termumformen drei Ebenen zu:
• die konkrete Handlungsebene, auf der die konkreten Handlungen ablaufen;
• die gedankliche Handlungsebene, auf der die gedachten Handlungen den konkreten vorausgehen;
• die Steuerungsebene, auf der durch Regeln, Ziele und Kontrollmechanismen bestimmt wird, was zu tun ist.
aus Vollrath, 1994
aus Vollrath, 1994
Aufgrund der auftretenden Fehlerkategorien und des Modells der Handlungsebenen sind folgende Fähigkeiten der Schülerinnen und Schüler von besonderer Bedeutung:
• das Erkennen von Termstrukturen,• sichere und flexible Verwendung der Regeln,• Aufbau von Kontrollmechanismen.
Zur Förderung dieser Fähigkeiten schlägt Vollrath folgende Maßnahmen vor:
• sorgfältige Stufung des Schwierigkeitsgrades bei Aufgaben,• anschauliche Verankerung der Begriffe und
Regeln,• Hilfen bei Fehlern, die den Kern des Problems
treffen,• Ermutigung durch Schaffen von
Erfolgserlebnissen,• Wecken von Freude am Einfachen,
Übersichtlichen durch Wahl von geeigneten Aufgaben mit passenden Ergebnissen.
Vollrath, 1994
Nutzung der Sprache
Korrekter Gebrauch der FormelspracheBetrachten der LeistungsfähigkeitAnwendungsbereiche aufzeigen
Satz des Pythagoras
(Vollrath, 1994)
Erweiterung der Formelsprache
BruchtermeWurzeltermePotenzrechnung
Bruchterme sind Terme, bei denen eine Variable im Nenner vorkommt.
Neues Mathematisches Arbeitsbuch 8, Diesterweg 1993.
Bei den Bruchtermen tritt eine Schwierigkeit neuer Qualität auf: Bruchterme sind nicht definiert für Einsetzungen, bei denen der Nenner Null wird! Hier ergibt sich die Notwendigkeit, die Definitionsmenge eines Terms einzuführen (bisher bestand die Definitionsmenge implizit oder explizit immer aus allen rationalen Zahlen!).
Mathematik 8, Hahn/Dzewas, Westermann, 1990
Wurzelterme
Wurzelterme sind Terme, in denen Wurzelausdrücke
(Quadratwurzel) vorkommen. Auch hier ist die
Definitionsmenge der Terme zu beachten, da
Wurzelausdrücke nur für nicht-negative Zahlen
definiert sind.
Ähnlich wie bei Bruchtermen werden die
Rechenregeln mit Quadratwurzeln auf die Terme
übertragen.
Regeln für Quadratwurzeln: Mathematik 9, Hahn/Dzewas, Westermann, 1991
Vollrath, 1994
Die Potenz-
rechnung als
Erweiterung der
Formelsprache
Neue Sprachen
SchaltalgebraBoolesche Algebra
Dieser Aspekt hat eine eher geringere
Bedeutung für den Mathematikunterricht.
Literatur
Malle, G. (1993). Didaktische Probleme der elementaren Algebra. Braunschweig: Vieweg.
Vollrath, H.J. (2001). Grundlagen des Mathematikunterrichts in der Sekundarstufe. Heidelberg: Spektrum.
Vollrath, H.J. (20032). Algebra in der Sekundarstufe. Heidelberg: Spektrum.