Post on 15-Jan-2016
description
Denken - Sprache - Kultur
Sprachproduktion: Sprechen & Schreiben
Geschichtlicher Überblick Studien Rethinking linguistic relativity
Sprachproduktion: Sprechen & Schreiben
1. Einführung: Sprache als Mittel zur Kommunikation
Prozesse der Sprachproduktion
2. Sprechen: Theorie der Sprachproduktion von Bock &
Levelt (1994)
3. Schreiben: Theorie der Prozesse beim Schreiben von
Hayes & Flower (1980)
„Speech is the representation of the experience of the mind, and writing is the representation of speech.“
(Aristoteles)
Sprache als Mittel zur Kommunikation
„Kooperationsprinzip“ nach Grice (1967):
1. Quantität:Sprecher vermittelt so viele Informationen wie für das
Verständnis beim Zuhörer notwendig sind und nicht mehr
2. Qualität:Sprecher äussert sich wahrheitsgemäss
3. Relation:Sprecher äussert sich der Situation angemessen
4. Stil:Sprecher drückt sich leicht verständlich aus
Prozesse der Sprachproduktion
Sprechen erfordert verschiedene Fähigkeiten:• Überlegung, was gesagt werden soll• Auswahl der passenden Wörter• Überführung in die korrekte grammatikalische
Form• Umsetzung in Sprache
Forschung konzentrierte sich auf Fehler beim Sprechen, dazu Dell (1986):
„The inner workings of a highly complex system are often revealed by the way in which the system breaks down.“
2. Sprechen: Theorie der Sprachproduktion von Bock & Levelt (1994)
Hauptaussage:Informationen über Syntax und Bedeutung des Satzes werden
generell vor Informationen über den Klang gewonnen
-> „2-Phasen-Theorie“ des lexikalischen Zugangs:1) semantische Informationen werden aktiviert2) phonologische Informationen werden erworben
Unterscheidung zwischen: „lemma“ (Bedeutung und Syntax eines Wortes) „lexeme“ (Klang eines Wortes)
-> abgeleitet von dem „Tip-of-the-Tounge“-Phänomen, insofern, als dass lemma das mentale Konzept repräsentiert und lexeme für die Suche nach dem geeigneten Wort steht
4 Ebenen der Sprachproduktion:
1. NachrichtAspekte der vom Sprecher intendierten Bedeutung
2. Funktionale Verarbeitung– lexikalische Selektion (Wortkonzepte mit
passender Bedeutung werden ausgewählt)– funktionale Zuordnung (grammatikalische und
syntaktische Funktionen wie Subjekt/Objekt werden zugewiesen)
hier werden noch nicht die einzelnen Wörter, die später gesprochen werden, ausgewählt!
4 Ebenen der Sprachproduktion
3. Positionale Verarbeitung
Struktur des Satzes, der geäussert werden soll, wird festgelegt:
– Zuordnung der Satzteile (die einzelnen Satzelemente werden in die richtige Reihenfolge gebracht)
– Inflexion (die geeigneten Flexionen werden gewählt, d.h. Deklination, Konjugation etc.)
4. Phonologische Enkodierungdie Klangstruktur der Äusserung wird ausgearbeitet
(Rhythmus, Intonation, etc.)
Versprecher
Theorie vornehmlich durch die Analyse von Versprechern gestützt, die z.T. unter Laborbedingungen künstlich erzeugt wurden
Interpretationen der Versprecher sind stets vorsichtig zu behandeln
dennoch kann man sagen, dass die meisten Versprecher auf spezifische Fehler bei der Sprachproduktion hinweisen!
Versprecher1. Versprecher bei der funktionalen Verarbeitung
• semantische Substitution (ein Wort wird durch ein anderes derselben Wortklasse ersetzt, v.a. Nomen)
• Vermischung („Der Himmel scheint.“ statt „...ist blau.“ oder „Die Sonne scheint.“)
• Austauschfehler („das Haus aus der Katze lassen“ statt „die Katze aus dem Haus“)
2. Versprecher bei der positionalen Verarbeitung und der phonologischen Enkodierung
• Morphemaustauschfehler (Inflexionen oder Suffixe = Endungen bleiben an der richtigen Stelle, werden aber den falschen Wörtern angehängt: „He has already trunked two packs.“ statt „...packed two trunks.“)
Versprecher• Spoonerismus (Anfangsbuchstaben eines Wortes oder die
Buchstaben mehrerer Wörter werden vertauscht: „You have hissed all
my mystery lectures.“ statt „...missed all my history lectures.“)
93% der Versprecher geschehen innerhalb eines Satzes,
somit stellt der Satz die wichtigste Einheit bei der Sprachproduktion dar!
Aber: Konzentration auf Versprecher bringt Einschränkungen mit sich
– die meisten Informationen wurden aus Studien gewonnen, die experimentell nicht kontrolliert wurden
– im normalen Redefluss treten manche Versprecher nur mit der Wahrscheinlichkeit von 1/10.000 auf, d.h. sie tragen nichts zum Verständnis der Sprachproduktion bei
– Informationen über die Prosodie fehlen völlig
Evaluation+ 4 Stadien der Verarbeitung bei der Sprachproduktion
konform zu anderen Theorien+ Studien zu Versprechern (im Labor sowie an Patienten mit
Hirnschädigungen) stützen die Theorie+ Betonung der Prosodie bei der Sprachproduktion - Versprecher können auf verschiedene Arten interpretiert
werden- Kognitive Prozesse und Strukturen, von denen eine
Beteiligung an der Sprachproduktion bereits bekannt ist (z.B.: Arbeitsgedächtnis) werden nicht berücksichtigt
- vermutlich kann man nicht von einer strikten Trennung der 2 Phasen ausgehen
3. Schreiben:Theorie der Schreibprozesse von Hayes & Flower (1980)
Schreiben sollte nicht separat von anderen sprachlichen Aktivitäten betrachtet werden
am Schreiben sind Prozesse beteiligt, die auch bei anderen kognitiven Tätigkeiten gebraucht werden: Gedächtnis, Zielsetzung, Planung, Problemlösen und Evaluation
3 Betrachtungsebenen:– spezifische Ebene (Fokus auf einzelnen Wörtern)
– generelle Ebene (Struktur und Hauptziel des Verfassers)
– intermediale Ebene (Prozesse zw. Zielsetzung und Schreiben) systematische Überlegungen zu den am Schreiben beteiligten
Prozessen wurden aus „Protokollanalysen“ abgeleitet; der Schwerpunkt der Forschung richtet sich auf die Zielorientierung beim Schreiben.
Prozesse beim Schreiben
1. Planung– hängt wesentlich vom Wissen über das fragliche
Themengebiet ab (Informationsgenerierung aus dem LZG)– strategisches Wissen spielt eine grosse Rolle bei der
Konstruktion eines Schreibplans (Organisation der Ziele und Subziele)
-> versierte Schreiber setzen dieses Wissen flexibel ein; sie ändern den Plan während dem Schreiben, wenn dieser unbrauchbar wird oder neue Ziele sich auftun
Prozesse beim Schreiben
2. Satzgenerierung– die Sätze werden konform zum erstellten Plan formuliert, nur
ist die Lücke zwischen Plan und Schreiben gross– endgültige Text ist ca. 8x so lang wie der Abriss– Kaufer et al. (1986) verglichen die Generierungsstile von
Schreibexperten und Laien:• beide Gruppen blieben in 75% der Fälle bei dem Satz,
den sie laut verbalisiert hatten• Unterschiede ergaben sich jedoch in der Satzeinheiten:
für Experten waren diese ca. 11.2 Wörter lang, für Laien nur ca.7.3 Wörter (entspricht der Kapazität des KZG!)
Prozesse beim Schreiben
3. Revision / Prüfung– Experten brauchen länger als Laien, weil sie sich eher auf
die Kohärenz und die Struktur der vorgebrachten Argumente konzentrieren, wohingegen Laien eher einzelne Sätze und Wörter betrachten.
– Experten fanden in ihren Texten 60% mehr Schwierigkeiten; sie erkannten die Ursache des Problems im Text in 74%, Laien nur in 42% aller Fälle
– die Schwierigkeit bei der Revision besteht darin, den Text so zu verändern, dass er für den intendierten Leser verständlicher wird (auch bei Lehrbüchern!)
Warum können manche besser schreiben als andere?
Befunde sprechen dafür, dass sich Unterschiede v.a. auf das Stadium der Planung beziehen
das Konzept, das in der Planungsphase entwickelt wurde, entscheidet über die Qualität des späteren Textes -> ein sorgfältiges Konzept schliesst die Planung virtuell ab, bevor mit dem Schreiben begonnen wird
2 Strategien werden beim Planen angewandt1. „Knowledge-Telling“-Strategie (alles zum Thema bekannte wird
ohne Organisation aufgeschrieben)
2. „Knowledge-Transformation“-Strategie (rhetorische und inhaltliche Probleme werden schon in der Planung berücksichtigt)
Experten wenden die 2. Strategie an, die zu Texten von hoher Qualität und guter Strukturierung führt!
Evaluation
+ grosser Beitrag der Theorie zum allgemeinen Verständnis der Prozesse beim Schreiben
+ Vergleich von guten und schlechten Schreibern erleichtert die Identifikation der Faktoren, die zu guten Texten führen -> Ableitung praktischer Tips
+ zentrale Bedeutung der Planungsphase wurde in anderen Studien bestätigt
- Protokollanalysen geben nur über bewusst ablaufende Prozesse Auskunft
- Trennung der einzelnen Phasen ist nicht möglich- sozialer Aspekt beim Schreiben wird vernachlässigt („the
writer as an agent in a literate community of discourse“)
Vergleich Sprechen - Schreiben
1. Ähnlichkeiten– der 1. Schritt beim Sprechen und Schreiben besteht darin, den
Sinngehalt festzulegen, bevor die konkreten Wörter ausgewählt werden
– Gould (1978)• fand heraus, dass Menschen ca. 5-6x schneller sprechen als
schreiben• verglich u.a. das Diktieren eines Briefes mit dem Schreiben eines
Briefes -> in beiden Fällen erfordert die Planung 2/3 der aufgewendeten Zeit
Niveau des Briefs hing immer vom Verfasser ab: das Wissen (Vokabular, Grammatik / Themenwissen) ist für Personen stets verfügbar, unabhängig davon, ob sie schreiben, sprechen oder diktieren
Vergleich Sprechen - Schreiben2. Unterschiede
– Sprechen und Schreiben dienen der Kommunikation, setzen sich aber andere Mittel ein:
• beim Sprechen bedient man sich der Prosodie, um den Sinngehalt und grammatikalische Informationen zu transportieren; auch kann Gestik eingesetzt werden
• beim Schreiben muss man sich auf die Interpunktion verlassen, um dasselbe zu erreichen
– 3 Hauptunterschiede• Sprecher weiss genau, wer Adressat ist
• Sprecher erhält i.d.R. sofortiges Feedback vom Zuhörer (Nicken, Stirnrunzeln etc.)
• Sprecher haben weniger Planungszeit zur Verfügung
-> gesprochene Sprache ist informell und einfach strukturiert, die Information wird schnell mitgeteilt
-> Schriftsprache ist formal und komplex strukturiert; da das Feedback fehlt, muss klar formuliert werden, was länger dauert
„Die Sprache bedeutet die Grenze meiner Welt.“
(Wittgenstein)
2. Geschichtlicher Überblick
2 Denkansätze– „Common Sense“:
Die Welt ist eine Tatsache, die unserem Denken und auch unserer Sprache ihre Struktur auferlegt.
-> linguistische Differenzen sind leicht zu beseitigen
– „Linguistische Relativität“:Wir klassifizieren die Welt, die wir wahrnehmen, durch die
Sprache, die in allen Kulturen verschieden ist.
-> Denken wird durch Sprache bedingt
Frage nach dem „Common Sense" hat die abendländische Geistesgeschichte immer beeinflusst
2. Geschichtlicher Überblick
Augustinus (354-430)Sprache ist schlicht die Nomenklatur für existierende
Konzepte:„Nannten die Erwachsenen irgend einen Gegenstand und wandten
sie sich ihm dabei zu, so nahm ich das wahr und begriff, dass der Gegenstand durch die Laute, die sie aussprachen, bezeichnet
wurde, da sie auf ihn hinweisen wollten. Dies aber entnahm ich aus ihren Gebärden, der natürlichen Sprache aller Völker, der Sprache,
(...) die Empfindungen der Seele anzeigt, (...). So lernte ich nach und nach verstehen, welche Dinge die Wörter bezeichneten, (...).
Und ich brachte, als nun mein Mund sich an diese Zeichen gewöhnt hatte, durch sie meine Wünsche zum Ausdruck.“
Confessiones I/8
Universalitätsgedanke: jedes Wort hat eine Bedeutung und die Bedeutung weist auf einen Gegenstand-> diese kann man lernen!
2. Geschichtlicher Überblick
Roger Bacon (1220-92)Unterschiede in der Semantik der verschiedenen Sprachen
machen korrekte Übersetzungen unmöglich
Port Royal Grammarians (17.Jhdt)rationalistischer Zugang zur Sprache: gingen von
universalen Denkstrukturen in der zivilisierten Welt aus, aus der sich auch Universalien für die Sprache ergeben
Johann Gottfried von Herder (1744-1803)Denken und Sprache sind untrennbar miteinander
verbunden - starker Einfluss seiner Lehre auf Whorf
2. Geschichtlicher Überblick
Wilhelm von Humboldt (1767-1835)Sprache als Produkt der Kreativität des menschlichen Geistes; die
innere Sprachform jeder Sprache ist verantwortlich für die Kategorisierung des Wahrgenommenen -> Sprecher verschiedener Sprachen leben in verschiedenen Welten und haben andere Denksysteme - Einfluss auf Whorf
Edward Sapir (1884-1939) und Benjamin Whorf (1897-1941)„Das linguistische Relativitätsprinzip“ - „Sapir-Whorf-Hypothese“: die Grammatik formt den Gedanken, somit kann kein Individuum die
Natur objektiv und unparteilich beschreiben, da der Geist durch die Sprache auf eine bestimmte Interpretationsweise beschränkt ist;
->verschiedene Beobachter können nicht durch die gleichen physikalischen Sachverhalte zu dem gleichen Weltbild kommen
2. Geschichtlicher Überblick
Kognitive Wende (60er Jahre)durch die kognitiven Wissenschaften, die den Geist als
Kapazität für die Informationsverarbeitung sahen, wurde die Sapir-Whorf-Hypothese wieder verworfen;man fand, dass es gewisse Universalien der menschlichen Wahrnehmung gab (Berlin & Kay (1969) „Basic colour terms“)
Heutedie Universalien werden in einem verstärkt interdisziplinären
Austausch differenzierter betrachtet
=> moderate sprachliche Relativität ( vgl. Wassmann & Dasen, 1998)
Denken & Sprache
Räumliche Repräsentation im interkulturellen Vergleich
Bali
Papua Neuguinea
Australien
Mexiko
Denken & Sprache
Ist links = links? Ist rechts = rechts?
Egozentrisch vs. Geozentrisch
Warum „denken“ andere Kulturen anders über den Raum als wir ?
Wenn uns ein Yupno in Papua Neuguinea den Weg erklärt, verlaufen wir uns dennoch?
Inwiefern beeinflusst der Gebrauch einer Sprache das Denken?
Denken & Sprache
Räumliche Repräsentation und räumliches Verstehen
Erlernen von Kindes Beinen auf
Räumliche Vorstellungen unterliegen vorgegebenen Zwängen
=> natürlich und universal aus egozentrischer Perspektive die Welt wahrzunehmen ?!?!
Denken & SpracheKant (1768)
„ Von dem ersten Grunde des Unterschiedes der Gegenden „:
„In dem körperlichen Raum lassen sich wegen seiner drei Abmessungen drei Flächen denken, die einander insgesamt rechtwinklig schneiden… Die eine dieser Verticalhälften theilt den Körper in zwei äusserliche ähnliche Hälften und giebt
den Grund des Unterschieds der rechten und linken Seite ab…“
Kanonische Position
Denken & Sprache
Was ist egozentrisch, geozentrisch und intrinsisch?
1) egozentrisch/ relativ: körperzentriert
2) geozentrisch/ absolut: umweltzentriert
3) intrinsisch: objektzentriert
Wassmann, J. & Dasen, P. (1998)
Räumliche Orientierung in Bali
moderate sprachliche Relativität
=>
Denken & Sprache
Bali Präferenz für das absolute und
intrinsische Orientierungssystem Links – rechts Terminologie nur i.Bezug
auf die eigenen Hände und Dinge darin Räumliche Orientierung = spirituelle
Orientierung Erziehung legt viel Wert auf den Erwerb
dieses Bezugssystems Zubettgehen: Kopfseite -> kaja!
Denken & Sprache
Geozentrismus in Bali
GUNUNG AGUNG ist zentraler Vulkan und Sitz aller Hindugötter
eine Richtung beschreibt einen Vektor=>vier Richtungen => vier Vektoren
=> vier Quadranten
Denken & Sprache
Geozentrismus in (Süd)Bali
kaja -> in Richtung des Berges = heilige reine Richtung (Norden) kelod -> in Richtung des Meeres = unreine Richtung (Süden)
kanging -> Sonnenaufgang= heilig kauh -> Sonnenuntergang
MT Gunung Agung
Zurück
variable Hauptachse = kaja – kelod
fixe Achse = kangin - kauh
kaja (Wisnu)
kaja kauh kaja- kangin
centre Siwa kauh (Mahadewa) kangin (Iswara)
kelod- kauhkelod –kangin
kelod (Brahma)
Denken & Sprache
Kosmologie
Hoch kaja Universum Sozialstrk.
Mittel => => =>
Nieder kelod Mensch Dorfstrk.
Studie zur Enkodierung einer nicht-sprachlichen, räumlichen Präsentation
Paradigma: Präsentation von Stimuli, die räumliche Info enthalten!
Stichprobe: n= 28 Vpn Alter: n = 8 von 7-9
n = 8 von 11-15 n = 12 von 20- 50 Methode: Space Games (MPI Nijmengen) 1). Animal Row + Steves‘ Mazes
2). posthoc Befragung
Denken & Sprache
Implikation Relative Enkodierung => kongruente
Stimuluswahl Absolute Enkodierung => inkongruente
spiegelbildliche Stimuluswahl Beispiel: 1. Ausgangsstumulus
180° C => 2.a)
absolute Enkodierung
2.b) relative Enkodierung
Denken & SpracheErgebnisse
1. Animals Row alle Vpn zeigten geozentrische Reaktion keine Vp zeigte eine systematische
egozentrische Reaktion
2. Steve´s Mazes ¼ Vpn zeigten absolute kombiniert mit
relativen Reaktionen ¼ der Vpn zeigten nur relative ReaktionenABER: Kinder gebrauchen auch hier
systematisch das absolute Bezugssystem !
Denken & SpracheInterpretation der Effekte
Animal Row 1.eine sprachliche Enkodierung in einem
nicht-sprachlichen Test 2. eine einfache sprachliche
Enkodierungstrategie und ein sprachliches Memorieren der Info (Anordnung der Tiere) ist möglich.
Bsp: „Ente vorn, Schildkröte mittig und alle schauen nach kaja.“
3. ein einziges Wort aus dem geozentrischen OS reicht aus, um die Info zu enkodieren
Denken & Sprache
Interpretation der EffekteSteve‘s Mazes1. der fehlende Weg zum Haus ist schwierig in
Worte zu fassen
2. Der Weg wurde kinästhetisch memoriert ( Mnemonic mit dem Finger )„I remember the shape; the path goes first left
to right. It cannot be described with kaja- kelod“
ABER: bei Kindern verstärkte diese Strategie die egozentrischen Antworten nicht !!!
Denken & Sprache
Fazit
Alle Vpn können beide Systeme nutzen
Präferenz für das absolute Orientierungssystem - Präsenz des Geozentrismus
Relative Enkodierung bei Steve‘s Mazes, wo absolute Enkodierung Grenzen aufweist.
Denken & SpracheDiskussion
ein schwacher Alterstrend zur egozentrischen Enkodierung ( vs. Piaget od. Inhelder)
die Art zu Enkodieren ist dann von Sprache und Kultur abhängig, wenn die zu erinnernde Info damit übersetzbar ist
Der Beweis einer sprachlichen Relativität?
Denken & Sprache
Räumliche Orientierung bei den
Tenejapans in Chiapas/Mexico
Levinson & Brown (1994)
Denken & Sprache
„xin – wa‘el“ (rechts – links)
Auf Körperteile beschränkt (Arm, Fuß, Ohr, Auge) Anwendung auf Gegenden im Raum nicht möglich
Nur restriktiver Gebrauch von „xin – wa‘el“ keine Einteilung des Raumes, Projektion der
kanonischen Position auf Raum
Denken & Sprache
„ta ajk‘ol – ta alan“ (bergaufwärts – bergabwärts)
Ableitung von Süd-Nord Gefälle des lokalen Terrains
Absolute/geozentrische Raumkonzeption: Als kardinale Richtungen auch auf flaches Terrain oder anderes Gebiet anwendbar
Denken & Sprache
„ta jejch“ (Orthogonale zu bergauf/abwärts)
bezeichnet Orthogonale zum Süd-Nord Gefälle Beinhaltet keine Unterscheidung zwischen
West und Ost
Denken & Sprache
Räumliche Orientierung an Hand von 3 Richtungen:
Bergaufwärts (Süden) Bergabwärts (Norden) Orthogonal (Westen & Osten)
Denken & Sprache
A
C B D
bergaufwärts
bergabwärts
orthogonalorthogonal
Denken & Sprache
Fehlen von rechts/links wird durch den Gebrauch von ‚landmarks‘ kompensiert (topographische Besonderheiten, z.B. Dörfer, Berge, etc.)
Nur mit Hilfe der ‚landmarks‘ ist eine differenziertere Beschreibung der Orthogonale möglich
´ Denken & Sprache Enantiomere (inkongruente
Gegenstücke/Spiegelbilder)
b d
Denken & Sprache
Problematik der Beschreibung von inkongruenten Gegenstücken in der Tzeltal-Sprache (Fehlen von links/rechts, West/Ost)
These: Fehlende sprachliche Möglichkeiten führen zu einer unterschiedlichen Wahrnehmung von inkongruenten Gegenstücken.
Werden die Unterschiede überhaupt wahrgenommen?
Denken & Sprache
Überprüfung der These an Hand von ‚space games‘:
Beschreibung von inkongruenten Gegenstücken auf Fotos (z.B. 2 Personen, jeweils unterschiedlich angeordnet)
Oft identische Beschreibung für beide Gegenstücke benutzt
Links/rechts Beschreibung wurde auch teilweise benutzt (nicht für Gegenstände)
Wurden sie explizit nach den Unterschieden auf beiden Fotos gefragt, weigerten sich die Informanten anfangs die Asymmetrie anzuerkennen
Denken & Sprache 2. Beschreibung von zwei identischen 3-dimensonalen
Gegenständen (z.B. 2 Flaschen)
3 Strategien: Wenn möglich, wurde von der bergaufwärts/abwärts-
Beschreibung Gebrauch gemacht Wenn Gegenstände genau auf der Orthogonalen
platziert waren, wurde entweder ein deiktisches System benutzt, oder ein drittes, welches auf der Übertragung von Körperteilen auf Gegenständen beruht (am Ohr, Lippen des Tisches)
Alle Strategien waren nutzlos, wenn Gegenstände genau auf der Orthogonalen und der Mitte des Tisches platziert wurden (kein Gebrauch von rechts/links)
Denken & Sprache
3. Mit Hilfe sprachlicher Instruktionen durch Informanten muss zweite Person eine hölzerne Puppe in eine bestimmte Position bringen
Nur selten wurde rechts/links in dieser Aufgabe gebraucht, obwohl dies doch als sehr nahe liegend erscheint
Fast ausschließlich Gebrauch von ‚bergauf/abwärts‘ und ‚landmarks‘
Scheint auf die Unsicherheit im Gebrauch von links/rechts zurückzuführen sein
Denken & Sprache
4. Person (mit verbundenen Augen) wird mit Hilfe der sprachlichen Instruktionen eines Informanten (Direktor) über ein flaches Terrain dirigiert
Vergleich mit den 10-jährigen Sohn der Ethnologen zeigt, dass die absolute/geozentrische Raumorientierung der Tenejapan für diese Aufgabe keinerlei Nachteile mit sich bringt (obwohl es flaches Terrain ist und die Person beide Augen verbunden hat)
Beobachtungen im Alltag bestätigen dies (z.B. beim Häuserbau), hier findet Gebrauch von links/recht nur sehr selten statt
Denken & Sprache
Konklusion‚The linguistic gap, actually determines a partial perceptual gap‘:
Schwierigkeit in der Beschreibung von inkongruenten
Gegenstücken führt offenbar zu einer Art Blindheit gegenüber den Unterschieden
Haben Fähigkeit die Unterschiede wahrzunehmen (cf. space game 1), diese werden aber offenbar nicht als grundlegendes
Unterscheidungsmerkmal gewertet (Schwierigkeit der Identifizierung von linker und rechter Hand).
Rechts/links ist nur auf Körperteile und Lebewesen anwendbar
Hauptsächlich Gebrauch von absolutem räumlichen Bezugssystem, sowie von landmarks und einem intrinsischen
System (Übertragung von Körperteilen auf Gegenstände)
The Yupno as Post-Newtonian Scientists:The Question Of What Is „Natural“ In Spatial Describtion.Wassmann,J. (1994)
Karte Papua Neuguinea
Denken & Sprache
Körperkonzept
amin = Mensch
ngodin = Körper
freie Seele (Schatten)
= womp
Seele des Körpers
= moňan
Denken & Sprache
» kanonische Position ist „downstream“ Blick Moraps
»Trennungslinie von der Nase zum Penis => asymmetrische Teile rechts und links des Körpers
Denken & Sprache
Studie zur räumlichen Repräsentation in Gua (Dorf im Yupnotal) n = 14 Vpn Methode: 1. Space Game „Foto- Foto“
28 Paar Fotografien
ein „Director“ beschreibt
ein „Matcher“ wählt identisches Foto aus
2. Spielpaare variierten in Alter, Schulbildung und Geschlecht
Denken & Sprache
1. Orientierungssystem in Gua uphill (überall) ~ West
the sidebelow~ Süd the side above
~Nord
downhill ~ Ost
Denken & Sprache
Zwei Quadranten
Hauptachse uphill/downhill sind horizontale feste Punkte
1. osodeň:
oso -> up
deň ->the whole area
2.omodeň:
omo-> down
deň-> the whole area
Zwei Quadranten
kürzere transverse Achse
3. ngwisideň:
ngwi-> an area nearby
si-> up…
4. ngwimedeň:
ngwi-> an area nearby
me-> down…
Denken & Sprache2. Orientierungssystem in Gua
Präpositionen zur Lokalisierung von Objekten im Raum:
->dahinter, in Richtung, zwischen mir und einer „Grenze“, der höhere Teil des Hauses etc.
Feldnamen oder „Landmarks“-> Dorfnamen und 250 Feldnamen werden
alternativ zum absoluten Bezugsystem genutzt
WICHTIG : sichtbar (ňi) oder nicht ( nang)sowie die Distanz
Denken & Sprache Ergebnisse
204179 (122)149124 (63)TOTAL
2111 (8)296 (0)Yavit/Virinone,NS,60
6124 (11)227 (0)Nanguot/Sivik, NS, ~50
1347 (20)718 (16)Megau/Jim, NS, ~50
2212 (10)333 (0)Walkine/Gumeyu,NS,~40
1847 (28)3553 (27) Pol/Koki, S,28; NS,35
618 (8)214 (0)Gumban/Kandat, II., 18
830
(27uphill/do) 233
(3 left/right)
Nayakot/ Yangogwak NS, 16
absolut +
field-name
absolut angles
field-names
relative angles
Players
Denken & Sprache
Beispiele Nayakot/ Yangogwak
Relatives Bezugssystem:„…he is wearing a green (blue) T-shirt and his
right hand holds a stick…..he is standing there and turning his buttocks (to me).“
Pol/ Koki Feldnamen od. örtliche „Landmarks“„…he stands and look down to Mundogon and
a shrub (…) on the side of Teptep village.“
Denken & Sprache
Beispiele
Sivik/ Nanguot
absolutes Bezugssystem:„A man; a very green shrub is to the side
higher up (North), (…)extending his arms higher up (North) and is looking downhill (East) to Mundogon.“
Denken & Sprache
Interpretation Yupnos gebrauchen drei
Bezugssysteme gleichzeitig
jede Sprache bietet Raum für mehrere Bezugs- & Orientierungssysteme
die Anwendung eines Systems ist vom topographischen sowie kulturellen Kontext abhängig
Denken & Sprache
Die räumliche Verankerung der Gestik bei den Guugu Yimidhirr in Nord-Queensland
John B. Haviland (1992)
Denken & Sprache
Unterschiedliche ‚Fälle‘ (Lokativ, Ablativ..), sowie vorangestellte/angehängte Wortstämme erlauben im alltäglichen
Gebrauch eine äußerst differenzierte Beschreibung von räumlichen Gegebenheiten (Richtung, Ausgangspunkt, Ziel, Länge, usw.)
Kein egozentrisches, sondern geozentrisches Bezugssystem, an Hand von 4 Richtungen
Müssen als 4 Ecken eines horizontalen Rechtecks verstanden werden (Quadranten)
Innerhalb der 4 kardinale Richtungen selbst wiederum Differenzierungen in der Bestimmung von räumlichen
Gegebenheiten möglich (Bewegung, Ziel, Ausgangspunkt..)
Denken & Sprache
Guugu Yimidhirr cardinal directions
gunggaarr
naga
dyibnaarr
guwa
N
W
SO
Denken & Sprache
Räumliche Verankerung der Gestik: Gleiche Person wurde an zwei verschiedenen
Zeitpunkten (1980/82) dabei gefilmt, wie er die gleiche Geschichte eines Schiffbruchs erzählt.
Gestik der Guugu Yimidhirr ist fest im geozentrischen Bezugssystem verankert
Lokale räumliche Ausrichtung (zum Zeitpunkt der Erzählung) wird nicht von der räumlichen Bewegung
(zum Zeitpunkt, wo sich die Gegebenheit ereignet hat) abgekoppelt
Denken & Sprache
gunggarr
nagadyibaarr
guwa
gunggaarr
naga
Hopevale Mission
Jack
Jack
1982
1980
Boot
Denken & Sprache Untersuchung der beiden Aufnahmen lässt 3 räumliche
Bezugssysteme der Gestik unterscheiden:
„free“ gesture space: Raum direkt vor dem Sprecher, in welchem von ihm unterschiedliche Protagonisten seiner Erzähnlung situiert
werden können (cf. Gebärdensprache) Locally anchored space: unmittelbare Umgebung des Sprechers,
auf welche dieser an Hand des geozentrischen Bezugsystems verweisen kann
Narratively anchored space: ist ebenfalls im geozentrischen Bezugsystem verankert. Ausgangspunkt befindet sich allerdings nicht in der lokalen Umgebung, sondern dem Ort, an welchem
sich die eigentlichen Geschehnisse ereignet haben.
Denken & Sprache
Selbst die Gestik scheint sich somit dem Einfluss der Sprache nicht entziehen zu
können. Die geozentrische Raumkonzeption führt offensichtlich zu einer Verankerung der Gestik in diesem absoluten Bezugssystems.
Eine grundlegende Frage ist allerdings, ob sich diese Beobachtung in anderen
Sprachgruppen wiederholen lässt, die ebenfalls ein absolutes Bezugsystem
bevorzugen!
Denken & Sprache
Rethinking linguistic relativity?
Denken & Sprache
Gibt es dennoch zugrundeliegende
Universaien?