Post on 17-Sep-2018
Als Omas Oma zur Schule ging
Emma Cyris besuchte 2007 die Kl.1b. Sie brachte ein Bild aus ihrer Familie von
ca. 1896 mit. Es zeigt wie ihre Uroma zur Schule ging.
Im Kaiserreich
Die meisten Omas heute sind 50 bis 60 Jahre alt. Als Oma klein war,
war ihre Oma auch 50 bis 60 Jahre alt. Omas Oma lebte also vor
etwa 120 Jahren am Anfang des 20. Jahrhunderts.
Wie man auf diesem Bild sieht, waren die Menschen damals total
anders gekleidet als heute. Computer, Fernseher und das Radio waren
noch unbekannt.
Damals lebten ungefähr 60 Millionen Menschen in Deutschland, heute
sind es etwa 82 Millionen. An der Spitze des Landes stand Kaiser
Wilhelm II., der das Land von Berlin aus regierte. Uniformen und
Soldaten waren ihm sehr wichtig. Deutschland war ein Kaiserreich.
Wilhelm II. Kaiser von Deutschland,
König von Preußen
Deutsches Bundesarchiv,
Bild 183-R95251 / CC BY-SA 3.0
1886 wurde das Auto erfunden.
In den ersten Jahren danach
wurden wenige Autos gebaut,
die sich nur sehr reiche Leute
leisten konnten.
So sahen vor 100 Jahren Autos
aus, hier ein Maurer-Union, der in
Nürnberg gebaut wurde - Bild:
gemeinfrei
Das erste Flugzeug erhob sich 1903 in die Luft. Das wichtigste
Verkehrsmittel war die Eisenbahn. Aber es gab auch noch viele
Fahrzeuge, die von Pferden gezogen wurden. Große Fabriken
entstanden. Man nennt diese Zeit die Zeit der Industriellen
Revolution.
1882 begann
man in Halle mit
dem Bau von
Gleisanlagen.
Fuhren anfangs
noch
Pferdebahnen,
wurden
1891 (vor 126
Jahren)
die Straßenbahnen elektrifiziert und das Straßenbahnnetz erweitert.
In Halle lebten damals schon 65.000 Einwohner.
Triebwagen der Stadtbahn
zwischen Riebeckplatz und
Hauptbahnhof in Halle (Saale)
Straßenbahnen in Halle (1891)-
gemeinfrei
Viele Menschen zogen in die Städte
Sie hofften, in den Fabriken Arbeit zu finden. Die Arbeitszeit
betrug noch mehr als 60 Stunden in der Woche. Die Löhne der
Arbeiter waren niedrig. Etwas besser erging es den Angestellten, die
in Büros arbeiteten. Schreibmaschinen, Telefon oder gar Computer
gab es dort allerdings noch nicht.
Industrialisierung und wirtschaftlicher Aufschwung
(19. Jahrhundert) Dampfmaschine und Eisenbahn
(Ein Dienst von www.halle.de)
Allmählich kündigte sich die
Industrialisierung in Halle an.
Bezeichnenderweise kam die
erste Dampfmaschine 1831 im
ältesten Gewerbe, in der
Salzproduktion, zum Einsatz.
Der frühe Anschluss
an das Eisenbahnsystem
und günstige
Standortbedingungen, wie
die auf industrielle
Verarbeitung
ausgerichtete
Landwirtschaft und der
Braunkohlebergbau,
beschleunigten die
Entwicklung so rasch,
dass sich Halle schon
wenige Jahre später von
einer mittelprächtigen, verschlafenen - Saline -
Bürgerstadt zu der mitteldeutschen Industriemetropole etabliert
hatte.
Neben Maschinenbau und Eisengießerei, Armaturen- und
Dampfkesselbau, siedelten sich zahlreiche Firmen der
Leichtindustrie an, die zum Beispiel Kaffee, Kakao, Zichorie, Soda,
Seife, Parfüm oder Papier produzierten.
Das mittelalterliche Stadtbild verschwindet
Die rasante
Vergrößerung der
Stadt erfolgte in
drei Abschnitten
(vor 1850, 1850 bis
1880, nach 1880).
Im Westen durch die
Saale,
im Osten durch die
Eisenbahngleise
eingeschränkt,
breitete sich die Stadt zunächst nach Norden und Süden aus.
Größe und Ausstattung der Bauten richteten sich natürlich nach dem
finanziellen Vermögen der Bewohner.
Villa mit den
Häusern der
Luisenstraße 1-5 -
gegenüber dem
Stadtgymnasium.-
1890 - 1920
Großzügige, attraktive Villen (vor allem im Norden) wurden ebenso
errichtet wie enge, kaum zumutbare Mietskasernen (vor allem im
Süden und im alten Stadtgebiet).
Kleine Wallstraße
Der mit der Industrialisierung einhergehende Arbeitskräftebedarf
führte zu einem ungeheuren Bevölkerungsanstieg. 1840 lebten etwa
28.000 Menschen in Halle, um 1900 waren ca. 150.000.
Die Arbeiter, Beamten, Angestellten, Wissenschaftler, Studenten
und Militärangehörigen drängten auf der Suche nach Arbeit und
Unterkunft in die Stadt. Diesem Zustrom war das mittelalterliche
Stadtgebiet nicht gewachsen. So entstanden vor der alten
Stadtgrenze neue Viertel. Die öffentlichen Bauvorhaben, die sowohl
der Repräsentation als auch der Verbesserung der
Wohnbedingungen dienten (Gasbeleuchtung, Kanalisation), bezeugten
den wirtschaftlichen Aufschwung in der Stadt.
Foto: Geschäftshaus ‚Tausch & Große‘ um 1910 in der Großen Steinstraße;
Nachweis: Stadtarchiv Halle
Schauspiel und Musik gewannen
das zunehmende Interesse der
Hallenser. Der Universitäts-
Musikdirektor Robert Franz (1815
bis 1892) belebte die Aufführung
der Oratorien Georg Friedrich
Händels, der 1685 in Halle
geboren wurde. Seit 1859 stand
das Händeldenkmal auf dem
Markt.
Händeldenkmal 1885
Von unbekannt - Ansichtskarte,
Sammlung Dr. P. Pollandt,
Das Theater um 1900 mit der imposanten Kuppel über dem Bühnenhaus und davor
die Promenade
Kinderarbeit
Die meisten Eltern hatten damals viele Kinder. Es kam vor, dass zu
einer Familie 10 oder mehr Kinder gehörten. Viele starben jedoch
bereits im Kindesalter. Im Durchschnitt wurde man damals nur 47
Jahre alt.
Fast alle Kinder
mussten damals
arbeiten.
Sie machten
Botengänge,
lieferten Waren
aus oder halfen im
Lager. Sie
brachten den
Arbeitern in
der Werkstatt, in der Fabrik oder im Bergwerk Wasser und
Essen. Auf dem Land hüteten sie das Vieh, halfen bei der Ernte und
beim Dreschen. Wenn die Kinder aus der Schule entlassen
wurden, waren die meisten erst 14 Jahre alt. Oft mussten sie
dennoch wie Erwachsene in einer Fabrik arbeiten.
Auf dem Land
Auf dem Land hatte sich noch nicht sehr viel verändert. Die
Menschen lebten von der Landwirtschaft. Fast alle Arbeit wurde von
den Menschen selbst oder von Zugtieren erledigt.
Erntearbeit um 1910 war reine Handarbeit
1925 - Heuernte bei Guggenberg(Allgäu)
Dölauer Windmühle um 1880 in der jetzigen Stadtforststraße (http://halle-doelau.de/geschichte%20des%20ortes.htm)
Eislebener Straße -Nietleben um 1900 (Unser Halle damals bis heute @unserhalledamalsbisheute)
In den Häusern auf dem Lande
war die Küche der wichtigste
Raum.
Dort stand der Herd, auf
dem gekocht und heißes
Wasser bereitet wurde.
In den übrigen Räumen gab es
noch keine Heizung.
In der Arbeiterküche wurde Anfang 1900 auch Heimarbeit verrichtet
Schwarzweißzeichnung: Drei Dienstmädchen arbeiten in einer großbürgerlichen
Küche | Bildquelle: Interfoto
Eine Dorfschule vor 170 Jahren
Albert Anker, "Die Dorfschule von 1848" - Bild: gemeinfrei
Das Bild hat der Schweizer Maler Albert Anker gemalt. Er hat es
"Die Dorfschule von 1848" genannt.
Es zeigt eine Schule vor ungefähr 170 Jahren. Etwa 40 Kinder
befinden sich in dem Raum. Sie sitzen auf engen Holzbänken. Alle
Klassen werden gemeinsam unterrichtet.
Die Mädchen verhalten sich sehr brav. Die Jungen auf der hinteren
Bank interessieren sich jedoch kaum für den Unterricht. Der Lehrer
hält einen Stock in der Hand. An der Wand hängt Werkzeug.
Es verrät uns, dass der Lehrer ein Küfer war, also ein Fassmacher.
Morgens unterrichtete er die Kinder, am Nachmittag machte er
Holzfässer.
Eine Schule in der Stadt
Friesenschule Halle - 1896/97 erbaut und am 1.4.1897 als 24 - klassige
Volksschule eröffnet (aus Chronik)
Ostern 1901 - Lehrerschaft beim Abgang des Rektors (aus Chronik)
1. Mädchenklasse 1909-1910 (aus Chronik)
Die Lehrerinnen der Schule wurden "Fräulein" genannt. Sie waren in
der Regel nicht verheiratet. Die Lehrer waren sehr streng.
Die Mädchen durften nur in Kleidern und Schürzen zur Schule
kommen. Die Lehrer kontrollierten, ob die Kinder saubere Hände und
Fingernägel hatten. Die Schule teilte sich in Knaben - und
Mädchenklassen, deshalb auch zwei Treppenaufgänge.
1. Mädchenklasse 1929 (aus Chronik)
ca. 1915 - von Fam. Cyris - Familienbesitz
ca. 1920 - von Fam. Cyris - Familienbesitz
Urenkelin Emma ging 2007 in 1b
altes Klassenzimmer - nachgestellt - zum 110. Schuljubiläum 2007
alte Schulbänke mit Schiefertafeln und Ranzen
Lehrerpult
Frau Dippold erklärte im
Kostüm Schülern und
Kindergartenkindern, wie es im
Unterricht vor ca. 100 Jahren
zugegangen ist.
Die Schrift
Omas Oma schrieb in einer anderen Schrift als wir heute. Man
nannte sie die Sütterlin-Schrift oder die Deutsche Schrift.
Das i lernten die Kinder mit einem
Reim: Rauf, runter, rauf, Pünktchen drauf!
Es wurde sehr viel Wert darauf gelegt,
dass die Kinder sauber und ordentlich
schrieben. Manche Leute sagen, dass die
Schrift der Kinder damals besser
aussah als heute.
In den darauf folgenden Jahren hatte sich die Schrift vereinfacht.
Aus überlassenem Material von
Günther Kühne, geb. 17.02.1922.
Er wurde am 1.4.1928 in die
Friesenschule aufgenommen.
Später lernte er Lehrer und begann
seinen Dienst an der Friesenschule für
Knaben im Juli 1950.
Volksschulen und "höhere Schulen"
Vor dem Jahr 1800 gingen viele Kinder in Deutschland gar nicht zur
Schule. Oder es gab Unterricht nur im Winter.
Vor ungefähr 200 Jahren wurde in fast allen deutschen Ländern die
Schulpflicht eingeführt. Das heißt, die Kinder mussten eine Schule
besuchen. In der Kaiserzeit gingen die meisten Kinder in öffentliche
Schulen, die man Volksschulen nannte.
In vielen Orten gab es jedoch schon lange private Schulen. Oft
bezeichneten sie sich als "Lateinschulen". Aus manchen dieser
Schulen wurden später Realschulen, aus einigen auch Gymnasien.
Einige Schulen wurden gleich als Gymnasien gegründet.
Mädchen waren für diese "höheren" Schulen lange nicht zugelassen.
Später gab es Klassen nur für Jungen oder Mädchen.
Gegründet wurde das Herder Gymnasium 1909 als
Reformrealgymnasium.
Strafen und Belohnungen
Aus „Hamsterkiste“
Im Kriminalmuseum in Rothenburg zeigt diese Abbildung, wie Kinder
früher in der Schule bestraft wurden.
Die Bilder zeigen die Zustände in einer Zeit, die ungefähr 250 Jahre
zurück liegt. Da war Omas Oma noch nicht geboren. Aber manches
wird sie in ihrer Schulzeit auch noch kennen gelernt haben.
Dieses Kind muss in der Ecke stehen.
Manchmal gab es Stockschläge auf den Po oder auf die Finger.
Dieses Kind muss auf einem Holzscheit knien.
Das war sehr schmerzhaft.
Dieser Junge trägt eine Eselsmütze und sitzt auf einem Schandesel.
Wahrscheinlich hatte er nicht fleißig genug gelernt.
Bei besonders schlimmen
Vergehen kamen Kinder in
den Karzer. Das war
eine abgesperrte Ecke
im Schulgebäude.
Kinder, die belohnt wurden, durften vorn beim Lehrer sitzen.
Manchmal wurden sie auch in ein besonderes Buch eingetragen oder
sie bekamen ein kleines Bild geschenkt, ein so
genanntes "Fleißkärtchen".
Zusammengestellt von S. Dippold - Mai 2017
anlässlich des 120. Schuljubiläums